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Montag, 16. Juni 2025

Die Jahreschronik 1955 1. Teil

1955 Januar bis Juni  

Unabhängig von dieser Jahreschronik sind bereits zwei große Bildbeiträge aus dem Jahre 1955 veröffentlich worden.

Der Kinderfestzug des Jahres 1955.
Pfingsten 1955 

Hier nun ein Überblick über das erste Halbjahr 1955 wie Dokumenten aus den Zeitungen und Vereinschroniken. Was bewegte die Menschen Kötztings im Jahre 1955 und was war los im Winter und Frühling dieses Jahres. Eine Durchsicht der beiden Kötztinger Lokalausgaben bringt viel Vergessenes zutage. Zunächst sind es fast unvorstellbare Zahlen von Menschenschicksalen, die sich aus der Statistik der Flüchtlings- und Vertreibungsbewegungen nach dem zweiten Weltkrieg herauslesen lassen.
Zu den 28593 Einwohnern, die der Landkreis Kötzting im Jahre 1939 zählte, mussten 1946 10218 Menschen zusätzlich versorgt werden. Diese Zahl stellte jedoch nicht den Höherpunkt der Wanderungsbewegung dar, da in den chaotischen Tagen nach dem Zusammenbruch sogar 20.000 Menschen - wenn auch nur kurzfristig - im Altlandkreis landeten. Nun, 1955, geht die Entwicklung Schritt für Schritt zurück in die andere Richtung und viele der hier Gestrandeten versuchen ihr Glück in anderen Teilen Westdeutschlands.

Die ge/benutzen Zeitungsausschnitte stammen alle von den beiden Kötztinger Lokalredaktionen, der Kötztinger Umschau und der Kötztinger Zeitung, letztere hatte in den 50er Jahren das wesentlich bessere Druckbild, vor allem beider Abbildung von Fotos.

KÖZ vom Januar 1955

Die Kötztinger waren aber sicherlich mehr dran interessiert, dass der Fasching - wie immer schon - mit dem Burschenball seinen Anfang genommen hatte.
Barth Schorsch, der damalige Burschenvorstand und Traudl Kroher, die Pfingstbraut des Vorjahres, eröffneten diesen Ball.

StA Kötzting Burschenvereinschronik Foto Kretschmer

StA Kötzting Burschenvereinschronik Foto Kretschmer Bgm Hans Kroher, der Vater der Pfingstbraut von 1954 auf der Tanzfläche.

Haymo Richter und Marianne Haushofer, das Prinzenpaar des Jahres 1955 wurden beim Feuerwehrball feierlich inthronisiert. Dieser Ball stand all die Jahre immer unter einem ganz besonderen Motto. 1955 waren es die Ausserirdischen, die Kötzting einen Besuch abstatteten.

Chronik der FFW Kötzting aus dem Jahre 1955: Vorbericht


Chronik der FFW Kötzting aus dem Jahre 1955: Einladungstelegramm für den Faschingsball der FFW Kötzting


Foto Kretschmer: Marianne Haushofer und Haymo Richter




Foto Kretschmer: Marianne Haushofer und Haymo Richter


Foto Kretschmer: Marianne Haushofer und Haymo Richter




So wurden 1955 die "Außerirdischen" dargestellt.



Berichte über Messerstechereien schaden dem Fremdenverkehr.

In der Kötztinger Umschau wird ein ganz besonderer Aspekt des bunten Treibens an Silvester und im Fasching herausgestellt und dies mit einem - eigentlich unverständlichen - verharmlosenden Tonfall: die Unsitte der Messerstecherei im bayerischen Wald und dem Einfluss, den dieser "unschöne Brauch" auf den Fremdenverkehr haben könnte, eine durchaus interessante Ansicht zu diesem blutigen Thema.



Der Bau der evangelischen Pfarrkirche beginnt


Ab dem März diesen Jahres wird es endlich konkret mit dem Bau der evangelischen Matthäuskirche.
Die Grundsteinlegung wird im April angekündigt und im Mai ist es dann soweit. Die Vorarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Bebauungsplanes für Kötztings Neubaugebiet "Auf der Platte" liefen bereits seit 1953.




Im Jahre 2025 feierte die Kötztinger evangelische Pfarrgemeinde gleich zwei Jubiläen, vor 100 Jahren wurde ein eigenständige Kötztinger Kirchengemeinde gegründet und vor 70 Jahren eben der Bau der Matthäuskirche. Wer Genaueres über die Anfänge der Evangelischen Religionsgemeinschaft erfahren will, kann die gut im Beitrag über dieses selten Pfarreijubiläum nachlesen. Hier der >>>>>>> Link.

Eine weitere große Neuerung trat im Jahre 1955 in Kraft, nach vielen Versuchsfahrten und einigen Rückschlägen (sprich Straßenunfällen auf der engen Zellertalstraße -  wurde endlich der Schi-Stra-Bus, der Schienen-Straßen-Bus, auf der Strecke Cham-Passau in Betrieb genommen.
Alles über dieses Zwitterfahrzeug, das sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße fahren konnte, zusammen mit sogar einigen Filmausschnitten im Blog über den Schi-Stra-Bus.

Ebenfalls im April 1955 erschienen einige Artikel über die - damals - jüngste Bauentwicklung Kötztings, über einen ganz besonderen Bauernhof in Weißenregen und über ein Dienstjubiläum eines in Kötzting sehr wichtigen Mannes, des Kreuzträgers beim Pfingstritt, der als "Schmidtbräuschweitzer" schon mal eine Tradition begründete.

KU vom April 1955

KU vom Mai 1955

KÖZ vom Februar 1955

Weitere interessante Details aus den Aprilveröffentlichungen sind die Situation in den Flüchtlingslagern von Miltach, Oberndorf, Blaibach, Kötzting und Arrach und dies in Verbindung mit den Erinnerungen an das Kriegsende nach 10 Jahren, durchaus interessant mit all den Einschätzungen über diese vergangene Zeit, als die Erinnerungen noch sehr frisch gewesen waren.




KU vom April 1955, man erkennt ganz deutlich den von mir bereits angesprochenen Unterschied der Druckergebnisse bei Bildern im direkten Vergleich mit dem nachfolgenden Beispiel aus der KÖZ.


KÖZ vom April 1955

Erinnerungen an 10 Jahre Kriegsende: 

KÖZ vom April 1955

In direkten Zusammenhang mit den Erinnerungen an das Kriegsende in Kötzting vom 26. April 1945 stehen natürlich auch die schicksalsträchtigen Tage für die 11. deutsche Panzerdivision, der - ANfang Mai 1945 -  gut eine Woche später der Großraum Kötzting als Einmarschgebiet nach ihrer Kapitulation zugewiesen worden war (in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai 1945). Bereits vier Mal hatten sich Angehörige dieser Wehrmachtseinheit mittlerweile bereits in Kötzting wieder eingefunden. Nun zum "runden" Jubiläum stand ein 5. und großes Wiedersehenstreffen auf der Tagesordnung,  das die Stadt Kötzting mit einem großen Programm begleitete.




KÖZ vom Juni 1956

KU vom Juni 1955

 
Bericht über das Traditionstreffen der 11. PD im Juni 1955 in Kötzting 

Weitere berichtenswerte Kleinigkeiten aus dem frühen Frühjahr 1955 betreffen den Ostmarkonkel und seine Sammlung von Pfingstbrautpaarbildern, die wir in Teilen heute noch in unserer Sammlung besitzen.

Dann wurde die ehrwürdige hölzerne Drehleiter der FFW Kötzting restauriert, der Pappelanbau empfohlen und es kommt zu einer großzügigen Spende durch die Familie Wanninger, die mit dem  Anwesen der Frau Lex am oberen Markt auch eine antike Statue übernommen hatten ..




KÖZ vom April 1955: Der Weber Luck bei der Arbeit

KÖZ vom April 1955, leicht bis stellenweise stark zerfleddert haben wir sein Album ins Stadtarchiv übernommen können.


Alles was mit dem Pfingstfest im Jahre 1955 zu tun hat, wurde in einem eigenen Beitrag behandelt.

Im Mai 1955 wäre das Gipfelkreuz am Kaitersberg schon beinahe einem Blitzschlag zum Opfer gefallen (erst 1968 wurde es dann Opfer eines unvorsichtig abgebrannten Sonnwendfeuers). 1955 erwischte es jedoch einige Ausflügler, die sich in der Nähe des Kreuzes aufgehalten hatten.
Zur Geschichte des Kreuzes am Kaitersberg, hier wieder der link.


Auf der Platte wurde nun nach der Grundsteinlegung der Matthäuskirche kräftig gebaut und unten in der Stadt freuten sich die katholischen Pfarrkinder über die neue Glocke für die Pfarrkirche.



Ebenfalls noch im Mai wird die neue Dorfkapelle in Arndorf eingeweiht:



Nicht nur die Kötztinger Zeitung mit ihrem umtriebigen Fotoreporter  KB Krämer, auch die Umschau berichtete detailliert über einzelne Epochen aus Kötztings Geschichte wie die beiden folgenden Artikel über frühere Gasthäuser und das Neubaugebiet " Auf der Platte"



Was es noch - außer natürlich Pfingsten 1955 - Interessantes vom ersten Halbjahr 1955 zu berichten ist, sind ein paar Besonderheiten, wie der Bau der Straße Weißenregen-Hafenberg, der Weltreise einer Dose Pfifferlinge aus der Kötztinger Konservenfabrik (zu wissenschaftlichen bzw. nahrungsmittel-sicherheitlichen Zwecken), einem ganz besonderen Streckengeher und einem wunderschönen Wanderbericht.




Der Schulrat aD Eichhof berichtet in einer zweiteiligen Reihe von seinen Wandererlebnissen rund herum um Kötzting. Hinauf auf den Kaitersberg, den Haidstein und rüber zum Höllensteinsee, ein schön zu lesender Erlebnisbericht..




Wird fortgesetzt mit einem Bericht über  das zweite Halbjahr von 1955




Donnerstag, 12. Juni 2025

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 97 das Mesnerhaus

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.

Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 97
beim Mesner


Vermessungsamt Cham 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_1831_Beilage_M2500_1_1-01

Seit dem Jahre 1651 ist das kleine Haus in der heutigen Herrenstraße als das Mesnerhaus bekannt und fast bis heran an die Gegenwart wohnte dort auch der Kötztinger Mesner. In früheren Jahrhunderten wurde dort auch Schule gahalten.
Durch den Verkauf des Hauses kennen wir auch die Familie, die vorher das Haus besessen hatte, es war dies die Familie der Parella.


Martin Parella



Der Name "Parella" deutet bereits auf eine italienische Herkunft hin und tatsächlich ist der erste Eintrag mit diesem Familiennamen ein "welscher" Mauerer mit dem Namen Martin Parella, der Vater unseres Oswald. Im Jahre 1908 taucht Martin Parella zum ersten ;Male in den Kötztinger Akten auf und, wie es sich für einen Mauerer gehört, im Zusammenhang mit Bauarbeiten.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing R 2479 Kastenamtsrechnung von 1608

"Martin Parell welschen Maurer von Ablöschung obangedeuths Kalchs, auch das er ein Tag am Padthaus bey Fyrstl: Schloß gearbeit Innhalt seines Zetl Nr. 12 verraicht

1 Gulden 17 Kreuzer 1 Heller"
1611 unterzeichnet er als ein Zeuge bei einer Schuldverschreibung des Mayr Adam von Simpering, die beim Kötztinger Vogtgericht beurkundet wurde.(StA Landshut Regierung Straubing A 4392)
Im Jahre 1614 ist sein Haus Tatort einer saftigen Beleidigung gegenüber einem Kötztinger Mitbürger.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing R 2331 von 1614
"Hanß Schöz burger zu Khözting, hat bey Marthin Parella wellischen Mauerer alda in bezechter Weiß geredt, Hannß Schindler hette alle Weyber außer 4 beschlaffen, Obwoln er nun hernach fürgeben, das er sich yhe (dann er aller bezecht gewest) dergleichen Reden nit zuerindern wisse, auch ein solliches auf ihme Schindler nit sagen khüne. Als sein solche Reden von Obrigkheit wegen aufgehoben, und er Schöz gestrafft worden per 1 fl 3 ß."
1619 tritt er als Bürge für eine Grundschulde über 20 Gulden von Seiten der Kötztinger Pfarrkirche für Blasius Brunner auf.

Oswald Parella und Eva


Es spricht vieles dafür, dass Martin Parella kurz nach dem Schwedeneinfall im November 1633 verstorben ist, denn im Jahre 1635 fordert der Sohn - Oswald Parella - vom Markt eine Kompensation für eine Bierlieferung, die seine Vater hatte zwangsweise hatte abgeben müssen.
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1635

"Oswalden Parella, umb das sein Vatter seel. 4 Viertl Praunpier, so man einem Leuttenant nach Mosspach spendieren müessen für 7 Gulden hergeben, bezalt 28 Gulden."
Einschub
1 Viertl als Bierfassgröße entsprach lt. Reinhard Riepl damals 224 Münchener Maß. Der Betrag von 7 Gulden für solch eine Biermenge stimmt zumindest von der Größenordnung her überein mit den überlieferten Bierpreisen. Im Wirtshaus bekam man damals für den Gulden 20 Maß Bier. Ein  Schadenersatz bei einer solchen "Großlieferung" - vermutlich war Martin Parella damals für die Kommunbrauerei zuständig - von 30 Maß pro Euro ließe sich dann bereits auf 210 Maß pro Viertl hochrechnen.
Einschubende

Der Kötztinger Pfarrer stellte, beginnend im Jahre 1636, eine Liste seiner verbliebenen Schäfchen nach dem verheerenden Einfall der "schwedischen" Truppen im November 1633 zusammen. Vermutlich fielen mehr als 2/3 aller Kötztinger Bewohner diesem Rachefeldzug zum Opfer.
Ein früherer - unbekannter - Archivar und Analyst der unterschiedlichen Handschriften in diesem "Status Animarum", also einer Seelenbeschreibung, konnte bereits herausstellen, dass an dieser Liste drei Personen im Zeitraum von ca. 20 Jahren gearbeitet hatten.
Wir haben hier nun zuerst eine "Familienbeschreibung ca. von 1636.
Bei Parella war dies sehr auffällig. Wir wissen, dass seine Ehefrau Eva geheißen hat.
1636 bestand die junge Familie erst aus den Eltern und einem kleinen Sohn, mit Namen Benedikt.
Pfarrmatrikel Kötzting Band 1
"Oswalt Parella   Eva ux (=uxor Ehefrau) Benedict inf: (=infans Kind)"
Bei ihm, im selben Hausstand, wohnte offensichtlich Hannß Rab mit der Magd Anna (anc. = Ancilla= Magd) und seinen vier Kindern.

Seit 1637 war Oswald Parella bereits der Besitzer eines Marktlehens im oberen Markt - später die Bäckerei Graßl in der Metzstraße - und der zweite Eintrag - nun mit anderer Handschrift stammt ca. aus dem Jahre 1655. Nun wohnte die Familie Parella bereits im Oberen Markt. 

Hier steht "Oswalt Pareller ", ohne Ehefrau Frau, aber mit seiner Magd Veronica und drei Kindern. Hans mit 17, Ursula mit 20 und Margaretha mit 19 Jahren.

In den Kötztinger Geburtsmatrikeln finden sich Ursula (* 9.12.1637), 
Pfarrmatrikel Kötzting Band 1 vom 9.12.1637
"Nona hujus (also am neunten desselben MonatsOsvualdo Parella Baptizata est filia Ursula, Patrina Ursula Uxor Joannis Schreiners etc." Die Taufpatin war die Ehefrau des Hans Schreiner, Ursula.

 Margaretha (*18.6.1639)

18. Osuwaldo Parella baptizata est filia Margaretha, patrina Usrula Uxor Joannis Schreiner pistoris.
Auch bei der Tochter Margaretha war Ursula Schreiner die Taufpatin, nun ist der Beruf ihres Mannes angegeben: Pistor, also Bäcker.
 
 Geburt des Hans: (* 9.2.1642) 


"den 9. dito dem Oßwalt Parella, und Eva seiner Haußfrau ein Sohn getauft mit Namen Joannes, Patrinus ist genannt Hans Schreiner Peckh und Burger in Közting."

Nun haben wir also auch den Namen der Mutter und Ehefrau bestätigt und wissen, dass der Ersteintrag aus dem Jahre 1636 mit Ehefrau Eva und Kleinkind Benedikt tatsächlich dieser Familie zuzuordnen ist und aus dem Jahre 1636 stammt.
Der zweite Eintrag kann somit grob dem Zeitraum von 1657 - bzw. 1659-  zugeordnet werden, wie es der unbekannte Chronist auch bereits auf der Seite 1 der Seelenbeschreibung vermerkt hat. 

Handschriftenanalyse eines unbekannten Archivars über die Einträge in der Seelenbeschreibung












Aus dem Jahre 1638, nun seit einem Jahr bereits ein 

Am 5.8.1651 - die Familie wohnte schon lange in der heutigen Metzstraße -  kam es zum Verkauf des Elternhauses. 460 Gulden bezahlte die "Kötztinger Kirchenverwaltung" unter verantwortlicher Leitung des "Äußeren Rats und Kirchenprobstes" Georg Vogl für die "Behausung am Kuerchwege zwischen Jakob Petwitsch und Paulussen Reimers Häusern liegent." Bei der als Mitbesitzerin genannten Margaretha Urban, Ehefrau des Wilhelm Urban, müsste es sich um die Schwester unseres Oswald gehandelt haben. In den Kötztinger Kirchenrechnungen des Jahres 1642 ist ein Wilhelm Urban als Gerichtsprokurator angegeben. 
Und auch hier ist uns die Seelenbeschreibung eine Hilfe.
Gleich am Anfang der Liste steht, leider durch eine Reparatur leicht überklebt, das Ehepaar Urban und auch der Name der Ehefrau des Wilhelm ist noch ausreichend entzifferbar.
Pfarrmatrikel 

Die Zuordnung dieses Hausverkaufes auf ein bestimmtes Haus war für mich eine gute Erfahrung, dass es keinen Sinn macht, ausschließlich von den heutigen  (Besitz-) Verhältnissen  auszugehen, wenn man ein historisches Gebäude lokalisieren will.
Es war für mich grundsätzlich schnell klar, dass es sich bei dem Haus um das spätere Mesnerhaus gehandelt hatte. ABER, dann müsste einer der beiden genannten Nachbarn der früher Besitzer des heutigen Hotels zur Post gewesen sein. Deren Besitzerreihenfolge war aber gesichert bekannt und ein "Reimer" kam nicht vor, da ich den Jakob Petwitsch bereits auf dem heutigen Gartneranwesen belegen kann. 
Die Lösung fand sich in den Briefprotokollen zwei Besitzergenerationen später, als zu Beginn des 18. Jahrhunderts der damalige Besitzer der Privatbrauerei, Johann Krieger, das Nachbarhaus kaufte und in seinen Gebäudekomplex integrieren konnte. Spätestens mit seinem Stiefenkel, Samuel Luckner, war das vorher einzelne Haus dann nicht mehr als ein solches erkennbar.

Serwuschok 522 Das Haus mit dem Postkutschensgrafitti war früher ein eigenständiges Anwesen und beherbergt heutzutage eine Kaffeerösterei.

Dass auch Oswald Parella bis zum Verkauf des Hauses noch Mitbesitzer gewesen ist, lässt sich gut aus der Übertragung der Grundschuld belegen.
 
StA Kötzting Spitalrechnung von 1650

"Die bey Oßwalden Parella burgers alhir gelegene 20 fl Haubtsach, haben Georg Vogl und Marthin Mülpauer als unser lieben Frauen Gottshaus und Pfarrkürchen alda verordnete Kirchenpröbst, in Erkaufung deß Schuel: und Mößnerhauß zu bezahlen ybernommen und zallen hier zu Mitfassten den Züns". Die Kirchenverwaltung hatte - vertreten durch die beiden Kirchenpröbst - mit dem Kauf des Hauses auch die Grundschuld bei der Pfarrkirche übernommen. 

Kirchenverwaltung


Der erste Mesner (und abwechselnd als Schulmeister bezeichnet), der nach dem Hauskauf  in Kötzting dokumentiert ist, ist Michael Großkopf und seine Frau Maria, die wohl bereits verheiratet nach Kötzting gekommen waren und erst mit der Geburt ihrer Tochter Anna am 2.3.1653 "aktenkundig" werden. 
Der nächste Kötztinger Mesner und Schulmeister wird ein Georg Freihammer, der offensichtlich bereits in den 1640er Jahren das Amt innegehabt hatte.  (1656)
1657 ist ein Georg Kern als Mesner belegt und schon 1659 kommt der nächste Name: Christoph Weiß.
Mit dem Jahre 1660 kommt nun zum ersten Male ein Mesner nach Kötzting, der auch mal etwas länger auf seinem Posten bleibt. Georg Peter (Piter,Pittrich) wird erst 1666 von Hans Stangenstager ersetzt, der nun bis 1691 der Kötztinger Mesner ist.
Mit dem Jahre 1690 kommt nun eine Familie nach Kötzting und hier kann ich auf die wunderbare Vorarbeit von Ludwig Baumann zurückgreifen, der das für Kötzting so segensreiche Wirken dieser Familie bereits dokumentiert hat.
Ludwig Baumann

 Die Brüder Prälisauer: Mesnersöhne, Mönche, Musiker
Um 1690 stellten die Benediktiner des Priorats zu Kötzting einen neuen Mesner ein, den aus Sach­seln in der Schweiz zugewanderten Johann Joseph Anton Prälisauer. Der heiratete am 7. Juni 1691 Anna Maria Strigl, die Tochter des Schullehrers und Organisten. Elf Kindern schenkten sie das Leben. Von den acht, die nicht im Kleinkindalter starben, ergriffen fünf Söhne einen geistlichen Beruf, und sie förderten an ihren Wirkungsorten die Musikkultur in hohem Maße. Das musikalische Erbe hatte ihnen nicht nur die Mutter mitgebracht. Auch der Vater war aktiver Musiker, nur solchen wurde damals in Kötzting das Mesneramt anvertraut. Laut Kirchenrechnung von 1692 bekam der Mesner eine Jahreszulage, „daß er dem Schulmeister mit Abrichtung der Kinder uf die Music möglichst anhand gehen soll“. Aber auch die Benediktiner, deren Prioratsgebäude in der Herrenstraße direkt gegenüber dem Mesnerhaus stand, werden in den Buben mancherlei Interessen geweckt und Anlagen gefördert haben.