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Mittwoch, 1. Januar 2025

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  80 Jahre leben wir nun in Frieden und - nach langen schwierigen Anfangsjahren - auch in Wohlstand.

Viele der Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte für unsere Zivilgesellschaft, unsere Wirtschaft, ja sogar unsere Demokratie scheinen durch die unterschiedlichsten Krisen - hier bei uns im Lande und vor allem auch  weltweit - ein Stück in Gefahr zu geraten. 
Vielleicht ist es daher geraten, auf eine wirkliche "Stunde Null" zurückzublicken und zu sehen, was passierte, als die Frontlinie des Zweiten Weltkriegs im April 1945 dann auch im Bayerischen Wald angekommen war.
Ich möchte mich bei meinen Ausführungen nur auf den Raum um Kötzting konzentrieren und mit Bildmaterial belegen.

 Weil hier  - neben all den grundsätzlichen Entbehrungen und Verlusten während des Krieges - unsere Vorfahren durch all das, was über sie ab Ende April 1945 hereinbricht, sehr leicht als Opfer erscheinen könnten, ist es für mich unerlässlich darauf hinzuweisen, dass all das nur die Folge dessen gewesen war, was Ende der Dreißiger Jahre seinen Anfang von Deutschland aus genommen hatte, und zwar durchaus auch von Kötzting aus.

Und so schaue ich zusammen mit Ihnen durch den Fotoapparat des Kötztinger Hauptlehrers Josef Bock von dessen Terrassenbrüstung herab auf die Kötztinger Bahnhofstraße, als  am 1.10.1938 - die Überschrift der Zeitung lautete: Führer befiel, wir folgen!  - das angrenzende Sudetenland besetzt wurde.

Foto Josef Bock


Foto Josef Bock


 

Foto Josef Bock

Eigentlich ist es eine Sensation, dass wir in unserer Sammlung sogar ein Foto von der Sprengung des ehemaligen Grenzsperre in Neumark haben.

Foto Josef Bock: Die später gesprengte Schlagbaumvorrichtung gehört ebenfalls nach Neumark.


Und dann war es soweit, der Betonblock des Grenzüberganges wurde gesprengt. Hier konnte Josef Bock sogar den Moment der Sprengung im Bild festhalten.

Foto Josef Bock: Die Sekunde der Sprengung 

Und dann gings hinein nach Neue4rn, dem Gebiet, das zukünftig von den westlichen Landkreisen mitverwaltet werden sollte. 

Foto Josef Bock: Der Einmarsch in Neuern 1.10.1938

Während die nördlichen und östlichen Teile des Sudetenlandes eine eigene Kreiseinteilung erhielten, wurden die Gebiete, die an die "Bayerische Ostmark" grenzten, einfach von dieser mit verwaltet.
 

Um den "Großbereich" Neuern hatten sich die Behörden von Cham und Kötzting zu kümmern.
 Und nun, nach dem Anfang der deutschen Eroberungen, der Sprung ans bittere Ende, in den April 1945.

Die 3. US-Armee, die  hier in den Süden drängte  bestand aus 5 Divisionen, von denen nur 2 für unseren Raum wichtig werden.  Eine davon, die 90. Infanteriedivision stand am 22.04. noch in Weiden und Amberg; am nächsten Tag bereits, am 23.04.wird  Cham eingenommen, von wo aus dann auch die 11th Armored Div. ihren weiteren Auftrag bekam.. 

Karte aus dem Buch XII Corps History vom Col. Reed Museum in Vilseck



Die 11th Armored Division hatte den Auftrag, die heutige B85 bis nach Passau hinunter zu ziehen, um der 11. Deutschen Panzerdivision, die zu der Zeit noch bei Pilsen lag, den Weg abzuschneiden und diese kam dabei auch schnell vorwärts; noch am 24. April waren sie in Viechtach, am 26. April dann schon auf dem Weg in Richtung Linz. 
Bei der seitlichen Sicherung dieser Aufgabe zog dann am 25. April eine starke Kolonne von Miltach aus auch in das Regental hinein, wo das Vorauskommando aus Kreuzbach heraus beschossen wurden, wobei ein US- Offizier starb. Die US-Soldaten kehren um und belegten anschließend für 1 1/2 Stunden zunächst Kreuzbach und danach auch Blaibach mit schwersten Geschützfeuer. Viele Wohnhäuser und Scheunen brannten in beiden Orten und viele weitere Häuser hatten einen Artillerievolltreffer.  Danach spielte diese Division hier bei uns keine Rolle mehr, sie erreichte, wie oben erwähnt, in kurzer Zeit Regen und am Ende Passau.
Die 2nd Cavalry war zu dem Zeitpunkt immer - auf der deutschen Seite der Grenze - auf der jeweiligen Höhe der 11. PD, weshalb auch durch diese Einheit die Rettung der Lipizzaner durchgeführt wurde.
Die 90. Inf.Divivision.  wiederum hatte zunächst die Aufgabe, den Bereich nördlich und Östlich von Cham zu sichern und anschlißend ebenfalls gegen die 11. PD vorzugehen.

Entnommen dem "Beitrag zur Geschichte im Landkreis Cham": Band von 2005


Und so erreichte die Kampfgruppe des 357. Inf. Regiments  - laut deren eigenen Aufzeichnungen - am 26. April Kötzting und zwar über Lederdorn und Gehstorf. KB Krämer schreibt in seinem Bericht im Jahre 1955, die Amerikaner wären bereits am 25. April in Kötzting einmarschiert.
Von meinem Großvater existiert eine Meldung an die "Amerikanische Ortskommandantur", aus der hervorgeht, dass wohl der 26. April das korrekte Datum gewesen ist. 

 
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1948



Bepp Fischer - damals wohnhaft beim "Zigan"  - hat mir als Augenzeuge berichtet, dass die US Amerikaner zu Fuß in einer Doppelreihe die Marktstraße - damals noch Hindenburgstraße genannt - heruntermarschierten; alle Mann die Gewehre im Anschlag, die linke Reihe der Soldaten hatte die rechte Häuserzeile im Blick und die rechte Reihe eben die andere. Die Einheit bog in die Herrenstraße ab - damals noch Adolf Hitler Straße genannt - wo sie vom damaligen Bürgermeister Kroher und vom Landrat Dr. Fiesenig erwartet wurden. Die Stadt wurde übergeben und das wars dann. Der Kötztinger Volkssturm - man verzeihe mir,  durchwegs "alte" Männer, wurde zwar vorher noch an Panzerfäusten trainiert, aber als es dann soweit war, verliefen sich die Männer und gingen nach Hause. Panzersperren wurden in Kötzting nur an der Engstelle der Oberbergerbrücke errichtet, was ein gefährliches Hin-und Her mit auswärtigen SS- Männern mit sich brachte.
Beispiel: Otto und Karl Gerstl
 Es hat offensichtlich eine funktionierende Absprache zwischen den zivilen Stellen und dem militärischen Kommandeur für Kötzting und Viechtach, einem Oberstleutnant Bauer im Wehrmeldeamt (heutzutage Marktstraße 30) wegen der kampflosen Übergabe gegeben.  


Apropos Wehrmeldeamt, im Jahre 1939, noch vor Kriegsbeginn wurden auch auf dem flachen Land Wehrmeldeämter eingerichtet und so kam damals die Anfrage an meinen Großvater, der kurz zuvor das Nachbaranwesen des Sattlers Rebstöck am Marktplatz gekauft hatte ( nun Marktstraße 30), dieses Haus für die Ansprüche eines Wehrmeldeamtes  ( mit Dusch- und Waschräumen) umzubauen und zu vermieten.
Dies geschah und es kam dann auch noch zum Wunsch im, eigentlich zum Hause Markstraße 28 
 gehörenden, großen und vor allem langen Hofe eine Kleinkaliberschießanlage errichten zu dürfen.


StA Landshut Rep 164/8 BZA/LRA Kötzting: links auf dem Plan wäre die Rückwand des Gasthauses OSL
Da eben, wie oben angeführt, auch Herr Bauer für die bedingungslose Übergabe gewonnen werden konnte, ging auch dies reibungslos über die Bühne, außer für die Blumenkästen meiner Oma.

Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner - obwohl es ein sehr kaltes und feuchtes Frühjahr gewesen war-, hatte meine Großmutter bereits die hölzernen, großen und langen Blumenkästen auf der Hofseite auf den Fensterbretter bereitgestellt. Als die Amerikaner das WMA besetzt und damit eine erkleckliche Anzahl deutscher Gewehre erbeutet hatten, leerten sie einfach die Blumenkästen meiner Oma, füllten diese mit den Gewehren, nagelten sie zu und nahmen diese als Souvenirs mit.

Wie oben bei der Baubeschreibung bereits angedeutet, haben die beiden Häuser Zugang zu einem gemeinsamen Hof und dieser wiederum kann nur durch ein dicht schließendes Tor von der Metzstraße - so wie heutzutage auch noch - befahren und eingesehen werden. Jedesmal wenn die amerikanischen Soldaten hinten in den ruhigen Bereich des Hofes traten blickten sie mitten hinein in unsere Backstube und, so wie es eben in Bäckereien der Fall ist, hatten den ganzen Vormittag den Duft von Frischgebackenem in der Nase.
"No fraternisation" ist die eine Sache  "Liebe geht durch den Magen" eine andere und meine Oma hatte ein sehr einnehmendes Wesen und ihrer Aufforderung zum Kaffetrinken - vermutlich von den Amerikanern gestiftet - und Frühstücken folgten die amerikanischen Soldaten anscheinend sehr gerne und mit voller Montur und auch bewaffnet - so der Bericht meines Vaters, damals 16 Jahre alt - , man weiß ja nie, was so eine bayerische, wohlgenährte Bäckermeisterin so im Schilde führen kann. 
 
Entnommen dem "Beitrag zur Geschichte im Landkreis Cham": Band von 2005
 

 

  Am nächsten Tag ging es dann nicht nur darum, das bisher Erreichte zu sichern und weiter zu erkunden, sondern vor allem über die Cham-Further Senke direkt und von Kötzting aus indirekt, die 11.PD zu bekämpfen, die selber mittlerweile bereits bis Vseruby und St. Katharina vorgerückt war. 
Genau diesem Zweck diente das der 345ten Feldartillerie Abteilung beigeschlossene Artillerie Batallion, das in der Senke bei Grub mit ihren Haubitzen und - gesichert mit MG-Nestern - Stellung bezogen hatte, um, über den Kaitersberg und den Hohenbogen hinweg, die deutschen Stellungen in Böhmen zu beschießen. 
Und nun kommt der Bericht aus dem Tagebuch des befehlshabenden Offiziers Leon Crenshaw ins Spiel
Dieses tiefer liegende Gebiet, die Weiherwiese genannt, stieß im Norden an die Arndorfer Grenze, wand sich zuerst östlich und bildete dann immergrüne Hänge, die an einen berühmten Berg auf der Landkarte von Georgia erinnerte, den Berg Kennesaw, berühmt aus dem Befreiungskriegen. Captain Crenshaw sah auf der Karte die Bezeichnung Kaitersberg, dessen dunkle Umrisse sich abzeichneten..
In 800 Meter Entfernung ragte er über die umgebenden Hügel und bestimmte den östlichen Horizont. Zwischen seinen Bäumen gut verborgen wurden deutsche Einheiten als mögliche Gefahr vermutet. Im Angesicht des unsichtbaren Feindes befahl Cpt. Crenshaw was notwendig war.
Ohne besondere Anweisungen, sondern nur aus ihrer Erfahrung heraus gingen die 4 Kanonenabteilungen an die Aufgabe, gegen den Hügel hin, eine kleine Geschützreihe aufzubauen. Ungefähr 75 m voneinander entfernt wurden die Haubitzen in zick-zack Formation aufgestellt um ein auseinander gezogenes Ziel für mögliche Gegenangriffe zu bieten. Die Geschütze wurden abgeladen und auf den Hebevorrichtungen befestigt. Treibstoff Behälter, Projektile und Sicherungskisten wurden bereitgestellt. Um die Geschütze herum wurden außerdem Tragen mit der Ladung, Rammschäfte und anderes Zubehör gelagert. Verblichene grüne Zelte wurden zwischen den Kanonen und der Straße aufgestellt. Vorgezogene Außenposten, ausgerüstet mit Maschinengewehren vom Kaliber 50, wurden an den beiden vorderen Ecken zur Sicherung der Geschützstellung eingegraben.
Der Kaitersberg glich einem schlafenden Ungetüm das langsam am Horizont kroch und das Vollmondlicht am wolkenlosem Himmel machte es noch unheimlicher. Gerade als der Schlaf die Artilleristen der C(harly) Batterie zu übermannen drohte, hämmerte schweres Maschinengewehrfeuer in Wellen über das Feld. Aus den Zelten stürzten die Soldaten wie Hornissen aus einem zerstörten Nest, die Kanoniere bemannten ihre 155iger und spähten in die mondbeschienenen Schatten. Der vorgeschobene Außenposten hatte Bewegungen und Geräusche entlang der Gehölzreihen der hingeduckten Abhänge beobachtet. Tödliche Stöße von Leuchtspurmunition fuhren aus der amerikanischen Stellung. Vorfeldbeleuchtung wurde in den Himmel geschickt und erhellten mit kaltem Licht die Szene. Feindliche Gewehrfeuerstöße streuten in unsere Batterie und Fontänen von Erde spritzten zwischen den Kanonen auf.


Britt Taylor Collins: Das "Gefecht bei Grub" 2005 aus Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham im Original ca 150 cm lang. Er selber schreibt in seiner Dokumentation über die Entstehung dieses Bildes: Mr. Britt Tayler Collins reiste 2 mal mit Metalldetektoren nach Deutschland und erhob Nachforschungen in Grub, um das wirkliche Schlachtfeld zu finden. Die Arbeit war nur möglich durch die Vorbereitung, Unterstützung und die Übersetzung von der im Stadtarchiv Kötzting arbeitenden Frau Inge Pongratz.

Nach dem Kriegstagebuch dauerte das Gefecht vom Freitag den 27. April 24.00 Uhr bis zum Samstagmorgen den 28. April 01.30 Uhr. Offiziell wurde dieses Ereignis nur in einer knappen Notiz am Ende des Tagesberichtes erwähnt.
Der Eintrag von der 90. Infanterie Division nach der Aktion lautete:
„ Kurz vor Mitternacht wurde das 345. FA Bn (Feld Artillerie Bataillon) nahe Grub (U734755) in ein Feuergefecht mit geschätzten 200 Deutschen verwickelt, die versuchten bei uns einzudringen. Die Artillerie riss die Zünder heraus und richtete ihre Kanonen in direkte Feuerstellung zum Wald wo der Feind lauerte. Mehrere davon wurden getötet und das bewirkte dass sich 150 Angreifer ergaben.“

Nach diesem Gefecht wurde die Einheit in Richtung Madersdorf abgezogen, um der eigentlichen Aufgabe nachzukommen, der Bekämpfung der 11. PD., die sich nun bereits  im direkten Grenzbereich befand.

Es gibt aber auch noch eine Bestätigung von ganz anderer Seite über diesen Vorgang, auch wenn der Zeuge hier die Reste der 11.PD mit dem möglichen Resten dieses Gefechtes bei Grub verwechselt.
Dr. Rupert Sigl schrieb in der Kötztinger Zeitung über Conrad Krämer dÄ  und zitiert und berichtet dabei aus dessen persönlichen Niederschriften und Erinnerungen. 
In diesen Erinnerungen ist auch der oben beschriebene Zeitraum erwähnt und auch am Rande das Gefecht bei Grub, an dessen Ende Krämer durch die Ortschaft Grub zurück nach Kötzting fliehen wollte.

Kötztinger Zeitung von 1989 mit der Schilderung des Einmarsches der amerikanischen
Truppen in das Zellertal.

Nun zunächst ein Sprung zurück auf den 24. und 25. April 1945.

Der Fall Stöger


Alexius Schwab, der Wettzeller Pfarrer schreibt in seinen Tagebuchaufzeichnungen, dass es in Wettzell hieß, dass die Amerikaner bereits an Georgii - 23. April - in Kötzting seien. 
Am Georgitag (23, April) heißt es plötzlich: die Amerikaner sind schon in Kotzting!
Allgemeine Aufregung!
Straßensperren hatten errichtet werden sollen, um die amerikanischen Auto schon in Kötzting aufzuhalten.
Die Wettzeller tun nichts, da zu fürchten war, dass die Amerikaner unser
Dorf zusammenschießen. Die Weißenregener hatten im Wald auf der Straße Kötzting- Wettzell unterhalb der Grenztafel (etwa 300 Meter unterhalb der Straßenkurve von Gstockat und
ist die Gemeindegrenze von Wettzell und Weißenregen) eine solche Sperre errichtet. Die Wettzeller, darunter der Schmied Josef Stöger, haben sie in der Nacht wieder entfernt. An der Schulhausmauer war das Hackenkreuz gemalt, auch dieses kratzte der Schmied herunter, da mit nicht etwa das Schulhaus von den Amerikanern zusammengeschossen wird. Hitlerbilder lind Parteifahnen wurden trotz des Sträubens des Stützpunktleiters Andreas Fischl aus dem- Parteizimmer entfernt und verbrannt. Da kam am 24. April „SS", das heißt Leute von der Sturmtruppe Hitlers, verhafteten unseren kerndeutschen Schmied Josef Stöger und lieferten ihn ins Kötztinger Gefängnis ein. Am anderen Morgen holen die SS unseren Schmied aus dem Gefängnis, fahren ihn in einem Auto fort und erschießen ihn in der Nahe des Zellertaler Bahnhofes.
Eine Woche vorher waren hatten SS- Einheiten (eine Stuttgarter Offiziersanwärtersschule) Kötzting verlassen und war nach Neukirchen b hl Blut abgerückt. KB Krämer spricht von 2x 400 Mann. General von Hotzendorf, der Anführer dieser Truppe errichtete in einem Gasthaus in Neukirchen ein Standgericht von 20-30 Mann. Aus dieser Gruppierung scheinen die Mörder Stögers gekommen zu sein.
Von der Ermordung des Schmieds gibt es sogar eine Augenzeugin, die mir diese schreckliche Tat erst vor wenigen Wochen erzählt hat.
 Weil I hon no g´seng, weijs an Dings vo Wettzell daschossn ham.
Do hamma mir Kinda om g´stanna am Berg (oben an der Geländekante beim neu gebauten Unterschlupf) woas I heit no, mir hamma als erst (die Ersten)  g´seng, weij d´Ami d´Geijstoafare Heij obag g´forn sand mit de Panzer. Weij ma mir do... is ja weit und broad nix gwen und mir hamma ja so hou om g ´wen, direkt auf dem Feld om do, und eitz kemmand d Ami. und d´Marile und I samma holt do gstanna und hamma g´schaut, ob vielleicht wieder ebs lous is, nand hots wieder g´hoissn: "Vasteckts eich blos, bleibts ned steij" und mir hamma do steij bliem und mir, Marile und I hamma g´seng, weij a Jeep mit - hamma ja scho g´wisst, dass d´SS do ist - weij a Jeep langsam do wou eitzat s´ Brei Lagerhaus steijt, do is lediglich vo uns a Stoll do g´wen, wousas Hei einedo ham, und links  is da Stodl wou heit no durt steijt, und do is - koa Auto is ja neamads g´forn, eitz hamma mir nur des g´seng, weij de mit dem Jeep daher kemmand und Den hammands hint drom bunden, des war so scheij klar, des hamma mir gseng und dawei wird se der g´riert hom und genau do am Stodl vom Wierbindter is er erna owag´folln, der war do davo. Do hand de owa (herunter) und hammnd´n daschossn, I seg des heit no, weij´s na int heij zong hamm und hammand´n in Jeep eineg´worfa. Mir hammand aber net gwisst, dass des da Steger g´wen is, owa dann hot mas g´hert. , na hamms g´sagt, mir warma eitz do Zeugen, mir hamma des g´seng.

Von Frau Christa Rabl Dachs gibt es noch eine bessere Darstellung des alten "Marterls", auch wenn der Zahn der Zeit sehr an dem Bild genagt hat.

Foto Rabl-Dachs Das Marterl des Stöger-Schmieds am Totenbacherl

Einschub
Wenn man die verschiedenen Tagebucheinträge und Gedächtnisprotokolle vergleicht, die es aus unserer Umgebung über die letzten Kriegstage gibt, so scheinen es im Wesentlichen die Angehörigen der Offiziersschule gewesen zu sein, die für den  SS-Terror der letzten Kriegstage verantwortlich gewesen waren. 
In den entscheidenden Kriegstagen Ende April waren diese "Abteilung" noch mehrere Hundert Mann stark und in ihrem Rückzug zunächst nach Neukirchen und sogar hinauf auf den Arber/Brennes bereit und in der Lage, ohne eigentliche Aussicht auf Erfolg und ohne Rücksicht auf die Bevölkerung gegen die Amerikaner vorzugehen.
Von Weißenregen verdrängt, weil dort eine Sanitätsabteilung untergekommen war, von denen eine kämpfende Truppe ausreichend Abstand zu halten hatte,  steht zu vermuten, dass die SS-Männer, die den Anschlag von Kreuzbach und die Sprengung der Eisenbahnbrücke (Rettung der Blaibacher Brücke und Wasserversorgung anlässlich der Sicherstellung der Dauerkonserven aus der Konservenfabrik Kreuzbach).
Neben der Sprengung der Hindenburgkanzel  sind diese deutschen Offiziersanwärter auch für einen der letzten tödlichen Angriffe auf die US-Amerikaner verantwortlich:
XII Corps: OCS ist ein anderer Begriff für ""Officer-Candidate-School" 

Einschub Ende



Die Kapitulation der 11. Panzerdivision


Ende April sind Teile von General Pattons Armee schon auf den Weg nach Linz in Österreich, andere Truppenteile biegen auf der Linie Cham Kötzting scharf nach links ab und dringen an mehreren Stellen in das damals noch zum Deutschen Reich gehörige Sudetenland und weiter tief hinein in das so genannte Protektorat Böhmen und Mähren ein. 
Mit diesem schnellen Vorrücken und dem Sperrriegel der US Armee wird der Versuch der, östlich von den US Streitkräften, ebenfalls nach Süden eilenden 11. Deutschen Panzerdivision vereitelt, noch vor der US Heeresspitze nach  Westen einschwenken zu können. 
Dies alles vor dem Hintergrund der schnell von Osten her anstürmenden sowjetischen Streitkräfte, der stark anschwellenden Flüchtlingsströme in dem momentanen Einflussgebiet der 11. PD - wir sind hier in der Cham-Further Senke,  und den vermehrt in Grenzgebiet auftauchenden und sich auflösenden anderen deutschen Einheiten.
Das war nun die militärische Situation zum Monatswechsel April/Mai 1945. In der Führung der Division hatte es in den vergangenen zwei Wochen - genauer seit dem 15.April - einen Wechsel gegeben. GLt von Wietersheim war eigentlich abberufen worden, um die Schlacht um Berlin mit dem 41. Panzerkorps zu führen. Generalmajor von Buttlar war nun der neue Kommandeur. Wend von Wietersheim entschloss sich in dieser Situation, - und im Wissen um die Ausweglosigkeit überhaupt nach Berlin durchzukommen - dazu, "krank" und damit unabkömmlich zu werden. GLt von Wietersheim war also noch vor Ort, aber eigentlich nicht mehr der rechtmäßige Kommandeur der 11. Panzerdivision.
Wie gut die Spionage der US Seite zu diesem Zeitpunkt bereits war, zeigt ein Flugblatt, dass offensichtlich über den deutschen Truppen abgeworfen worden war und das sich im Stadtarchiv in Kötzting im Material des Traditionsvereins der 11. Panzerdivision erhalten hat. Der Inhalt lässt darauf schließen, dass die Amerikaner in manchen Fällen sehr genau darüber Bescheid wussten, was auf der deutschen Seite geschah.
StA Kötzting Sammlung Traditionsverein 11. PD: Flugblatt der US Army vom Jahreswechsel 44/45

StA Kötzting Sammlung Traditionsverein 11. PD: Flugblatt der US Army vom Jahreswechsel 44/45
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Wie dann doch nicht ganz so gut die US Spionage war, zeigt sich an der anfänglichen Fehleinschätzung über die Mannschaftsstärke der Panzerdivision, welche die Amerikaner anfänglich auf  1500-3000 Mann schätzten. Allein mit der Kampfgruppe Wietersheim kapitulierten am Ende jedoch 9050 Mann.

GM von Buttlar, der rechtmäßige Kommandeur der 11. PD, steckte mit dem kleineren Teil der Soldaten und Material, aber ohne ausreichend Treibstoff, weiter südlich fest und konnte seinen Abmarsch in Richtung Passau daher nicht durchführen.
Der Großteil der Division war im Kommandobereich von GLt von Wietersheim und dieser - nun sind wir endgültig im Mai 1945 angekommen - versammelte am 2.Mai, durch seine eigene Funkstelle über die Aussichtslosigkeit der Kämpfe gut im Bilde, seine Offiziere im Divisionsgefechtsstand.
Vorausgegengen war ein einlaufender Tagesbefehl von General Schöner, dem Oberkommandeur des Heeres, welcher befahl, dass die 11. Panzerdivision sich sofort in Richtung Osten in Marsch zu setzen habe, wenn nötig zu Fuß unter Zurücklassung der Panzer und Geschütze, falls nicht mehr ausreichend Treibstoff vorhanden sei.
GLt Wend von Wietersheim

In dieser Besprechung mit seinem Stab und seinen Offizieren machte GLt von Wietersheim den Vorschlag, bei Zustimmung, mit den Amerikanern in Kontakt zu treten und eine ehrenvolle Waffenruhe auszuhandeln. Die Kampfgruppe von Buttlar sollte in diese Vereinbarungen miteingeschlossen werden. Dieser Vorschlag wurde in vollem Bewusstsein gemacht, dass es ein militärischer Hochverrat war, den er damit initiierte. Als alle in der Runde ihre Zustimmung signalisierten, übernahm von Wietersheim ausdrücklich wieder das Kommando über die gesamte Division, um die Verhandlungen auch über die KG von Buttlar führen zu können, der ja bereits 60 km weiter südlich und eigentlich - in Bezug auf die Verhandlungen mit den Amerikanern  -  nicht mehr im Einflussbereich der 90. Inf Division war.








StA Kötzting Sammlung Traditionsverein 11. PD:  Col. Reed von der 2nd Cav.



Oberleutnant der Reserve a.D. Klaus Knorr führte in in der Festschrift zum 45 Jahrestreffen 1990 die Bedingungen auf, die die Unterhändler den Amerikanern abtrotzen sollten.

- keine Auflösung der einzelnen Einheiten in der Gefangenschaft.
- alleinige Kommandobefugnisse der deutschen Vorgesetzen bis zur Entlassung
- Belassen aller Rangabzeichen, Orden und Ehrenzeichen
- Behalten der Offiziers Handfeuerwaffen
- eigene Gerichtsbarkeit
- eigene Verpflegung
- schnellste Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft

Festlegung einer Route auf der die Fahrzeuge der Division in den bayerischen Raum einrücken sollten.
Am Morgen des 4. Mai machten sich der 2. Generalstabsoffizier und der Divisionsadjutant zusammen mit zwei Dolmetschern auf den Weg, überschritten die Hauptkampflinie und trafen auf den ersten amerikanischen Posten. Von dort ging die Informationsstaffette schnell weiter und mit verbundenen Augen wurden die Unterhändler zum amerikanischen Divisionsgefechtsstand - in Cham - gefahren.
Ausgewiesen durch die schriftliche Vollmacht von Wietersheim war das einzige Pfund mit dem sie wuchern konnten, die vollständige  Kampfbereitschaft der Division und stellten ihre vorher abgesprochenen Forderungen.
StA Kötzting Sammlung Traditionsverein 11. PD: Vollmacht von GLt von Wietersheim für seine Verhandlungsdelegation


Die amerikanischen Offiziere in Cham  konnten und wollten solch eine weitreichende Entscheidung nicht alleine treffen, unterbrachen die Verhandlungen kurzerhand und informierten den Bataillonskommandeur General Patton.
Hier fällt nun der bekannte Ausspruch General Pattons, welcher von den mit Spannung rückerwarteten Parlamentären den deutschen Offizieren berichtet wurde:
General Patton ist der Überzeugung, dass die 11. Panzerdivision die fairste und tapferste deutsche Division ist, gegen die er in diesem Krieg gekämpft hat. Er ist daher bereit, die von den deutschen Unterhändlern für die sofortige Waffenniederlegung vorgetragenen Bedingungen anzunehmen.

Die einzigen Änderungen, die die Amerikaner wünschten, war die Festlegung der Grenzübergänge und damit der Wegeführung der Kapitulation und so kamen schwiegen die Waffen am 4. Mai und von 17.00 bis zum frühen Morgen des 5. Mai 3.00 Uhr kamen zur Überraschung der Amerikaner am Ende 9050 Mann mit 1400 Fahrzeugen in Kötzting an.
XII Corps Spearhead of Pattons Third Army
 
  
Ein Melder benachrichtigte anschließend auch GM von Buttlar und dieser erreichte zwei Tage später mit dem 111. Panzergrenadierregiment - nachdem die US Streitkräfte noch 135000 Liter Sprit geliefert hatten - ebenfalls den zugewiesenen Bereich im Raume Kötzting.
 Bis zum 12. Mai standen die deutschen Soldaten unter der Kontrolle der 90th Inv. Div. Danach wurde diese Aufgabe schrittweise den Soldaten der 2nd Caval. übertragen, die allerdings zunächst noch eine ganz besondere Aufgabe zu bewältigen hatten, die Evakuierung des gesamten Zuchtbestandes der Lipizzaner, die in Hostau auf einem Gestüt untergebracht waren. 

Die Rettung der Lipizzaner


Ganz nüchtern heißt es in der umfangreichen Chronik der 2. Cav., dass die ersten Soldaten nach Kötzting am 12. 5. abgerückt waren, um die neue Aufgabe zu erfüllen,  der Rest aber erst am 14. Mai aus Hostau abzog, und dabei 500 Pferde teilweise mit  LKWs und teilweise zu Fuß 30 Meilen bis nach Schwarzenberg gebracht wurden
Diese Rettung der Pferde war für eine Kavallerieeinheit natürlich auch eihe gewisse Ehrensache und diese filmreife Aktion wurde später auch in Hollywood verfilmt. Ein Teil  dieser Pferdeherde wurde nun ebenfalls nach Kötzting gebracht und musste dort auch versorgt werden, was in dem feuchten Frühjahr nicht einfach gewesen war. Die Auffindung der Pferde war jedoch ein Nebenprodukt einer wichtigeren Befreiungsaktion und somit bzw. dem Zufall geschuldet, spektakulär war es jedoch allemal.
Stichpunkt: Anna Rosmus und Gehlen, dem Chef der Abteilung des Geheimdienstes: "Fremde Heere Ost"

 
Col. Reed Museum Vilseck: Sammlung O`Leary
Col. Reed Museum Vilseck: Sammlung O`Leary Briefkopf des Schreibens von Co. Reed an den Vater seines Fahrers O`Leary, Geschrieben am 29.9.1945 in s Kötzting 




Col. Reed Museum Vilseck: Sammlung O`Leary Eigenhändige Unterschrift Col Reed unter den Brief an den Vater seines Fahrers O`Leary

 


Foto Anna Rosmus: Ragnarök:


Die Kötztinger Bauern mit ihrer Futtermittelknappheit waren nicht erfreut über die zusätzlichen Mitesser und waren sehr froh, als diese peu a peu in ihren Zielort in Österreich abtransportiert wurden.
An Pfingsten 1945 jedoch waren noch einige der Pferde in Kötzting, doch dazu später.
Im Laufe der folgenden Tage ersetzte die 2nd Cav. überall im LK Kötzting die Soldaten der 90ten Inf. Div. 

 

Nun waren also  - organisiert ab nun von der 2nd Cav - die fast 10000 Mann der 11. PD in Kötzting angekommen - begleitet im Tross natürlich auch noch von vielen Flüchtlingen und "eingesickerten" Soldaten anderer Truppenteile und der dafür vorgesehen Platz reichte hinten und vorne nicht, da die Amerikaner, wie oben bereits erwähnt, nur mit 1500 bis max 3000 Man gerechnet hatten.
Erschwerend kommt auch noch hinzu, dass im LK Kötzting sich mehr als 11000 Flüchtlinge eingefunden hatten:
Wir wissen von umfangreichen Einquartierungen der Soldaten in Haus, in Sperlhammer, in Gehstorf und natürlich in Kötzting. Und 1400 Fahrzeuge mussten ja auch noch untergebracht werden.
Auch hier kann ich auf Bilder von Veröffentlichungen der Frau Rosmus zurückgreifen:

Col. Reed Museum Vilseck: The Ghosts of Patton`s Third Army: Ankunft der Soldaten in Gehstorf

Auch weibliche Hilfskräfte gehörten zur 11. PD und kamen zusammen mit dem Tross der Soldaten in den Westen.

 
Col. Reed Museum Vilseck: The Ghosts of Patton`s Third Army: The personnel surrendering included these women nauxiliarie of the division.



Foto Anna Rosmus: Ragnarök: Dieses Bild muss sehr kurz nach der Kapitulation entstanden sein da die beschlagnahmten Fahrzeuge noch schön in Reih und Glied stehen.

Die moderneren Panzer der Deutschen, die die Amerikaner noch benutzen/untersuchen wollten, wurden am Bahnhof Kötzting verladen.
Foto aus: Anna Rosmus: Valhalla Finale

Foto aus: Anna Rosmus: Valhalla Finale



Dann begann das gro0e Ausschlachten und das Kriegsmaterial war nur noch Alteisen.

StA Kötzting Sammlung Serwuschok 



Foto Barth


Sammlung Serwuschok
GLt von Wietersheim vor seinem Büro in der Marktstraße im Gespräch mit Cpt. Sperl, links mit der dunklen Mütze. Die beiden wurden Freunde fürs Leben.
 
Sammlung Serwuschok: GLt von Wietersheim verabschiedet einen Teil seiner Soldaten auf der Spitziwiese, im Hintergrund der Raithstadel und der Weg nach Zeltendorf



Ein deutscher Feldjäger als Fahrer der Amerikaner 



Sammlung Serwuschok: So sah teilweise das "Camp" der Soldaten aus, hier auf dem heutigen Jahnplatz.



Am Tage der Kapitulationsvereinbarung war zwar klar, dass der Krieg nicht mehr lange dauern könne, dass er aber bereits 2 Tage später zu Ende sein würde war nicht bekannt. Die Vereinbarung beinhaltete, dass die Soldaten der 11.PD - und nur diese - vier Wochen nach Kriegsende in die Freiheit entlassen werden und nicht in Kriegsgefangenschaft gehen sollten.
Dies alles muss man in Zusammenhang bringen, mit den vielen Tausenden an Kriegsgefangenen, die in Cham auf offenem Feld zusammengepfercht waren und wohin auch weiterhin all die Deutschen Soldaten gebracht wurden, die sich bei anderen Gelegenheiten den US-Soldaten ergaben.
Soweit war es aber noch nicht, denn zunächst einmal kam das Pfingstfest 1945, 13 Tage nach dem Kriegsende. 

 

Die Militärregierung


Mit der Übergabe Kötztings endete für lange Jahre die Zeit der Selbstverwaltung sowohl des Markts als auch des  Landkreises Kötzting.
Bgm Kroher und der Landrat Fiesenig wurden wegen ihrer Parteizugehörigkeit sofort vom Amt entfernt und der Forstsrat Dr. Dr. Weiger wurde als der neue Landrat und der - von den Nationalsozialisten im April 33 aus dem Amt gezwungene - frühere Bürgermeister Hans Schödlbauer wieder als Kötztinger Bürgermeister eingesetzt.
Für die neue Verwaltung galt es nun, immer in Abstimmung mit der Militärregierung der Amerikaner, mit den vielfältigen Mängeln des Alltags fertig zu werden.
Zuerst die Versorgung mit all den Dingen des täglichen Bedarfs
Die Unterbringung der vielen Flüchtlinge, der Zuwachs betrug fast 40 Prozent 
Die Anmeldungen für die neue Schulzeit im September, obwohl viele der Schulräume als Notunterkünfte verwandt wurden.
Die Beschaffung von Heizmaterial für den kommenden Winter.
Die vielen Umquartierungen in Kötzting selber, da die Militärregierung viele Anwesen in Kötzting für ihre Zwecke beschlagnahmt hatte.
Die Unmengen an scharfer Munition, die in der Umgebung lagen.
Sofort wurde die Herrenstraße für die Bevölkerung - außer für die Angestellten im Landratsamt - auf "off limits" gesetzt und auch im " Amerikahaus" - heute die Volksbank - herrschten strenge Regeln, hier war das Betreten des ersten Stockwerkes bei Strafe verboten worden, dort war zunächst das Reich des CIC, dem Vorläufer der CIA, die für die Entnazifizierung zuständig war.
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StA Kötzting Militärregierung 680/1

Gleich zu Beginn gingen täglich die unterschiedlichsten Anordnungen an das Landratsamt, welches diese dann an die Gemeinden weiterzuleiten hatte.

 
StA Landshut: 164-8 Nr. 1948_0002

StA Landshut: 164-8 Nr. 1948_0002
 
StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0011




StA Landshut: 164-8 Nr. 1948_0002






StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1948_0002


Rep 164-8 Nr. 1980Verwaltungsverfügung Nummer 1 Juni 1945

StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0004

StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0005






In allen diesen Punkten waren die Behörden verpflichtet, zunächst wöchentliche später monatlich und dann vierteljährlich der Militärregierung Rechenschaft abzulegen. 
Am 29. Mai öffnete das Arbeitsamt wieder,  

Rep 164-8 Nr. 1952_0019
und für den 11. Juni wurden die Banken aufgefordert, unter den Bedingungen der MR wieder zu öffnen.
Im Bahnhof in Miltach standen noch immer über 70 Eisenbahnwaggons mit den unterschiedlichsten Inhalten, die teilweise bereits ausgeplündert worden waren, und die nun in kleinen Zugeinheiten nach Cham oder Kötzting angeliefert wurde.

 
StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0011


StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0011

 
StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1952_0015



StA Landshut: Rep 164-8 Nr. 1948_0006



Es galt, die Wirtschaft wieder anzukurbeln,  eine Hilfspolizei aufzubauen -  diese erreichte eine Stärke von 160 Mann -  und auch die Feuerwehren mit Kraft- und Schmierstoffen zu versorgen.

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1953  Erlasse Militärregierung



Struktur der Kötztinger Hilfspolizei vom 11.Mai 1945
Am Rande steht bei den beiden Polizeibeamten in Haft:
"Diese 2 sollen aus der Haft entkommen sein u. sich versteckt in Kö. aufhalten. 
 
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1953  Erlasse Militärregierung  Hilfspolizei Seite 1


StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1953  Erlasse Militärregierung Hilfspolizei Seite 2


Vom Mai 1945 haben wir sogar eine Liste der Kötztinger Feuerwehrmänner.
StA Landshut: Rep Rep 164-8 Nr. 1952_0003

 

Am schlimmsten war natürlich die Situation der vielen, vielen Flüchtlinge und der nun ankommenden Vertriebenen. Deren prekäre Situation näherte sich bei weitem nicht so schnell wieder der "Normalität" an, wie dies einigermaßen bei den ortsansässigen Kötztingern gelang, zumindest im vergleich zum Vorkriegsniveau. Der Armutsschwerpunkt Deutschlands  (mit einer Winterarbeitslosigkeitszahl von knapp unter 50 Prozent im Jahre 1975)  blieb der Bayerische Wald noch für viele Jahrzehnte. .
Noch im Winter 1947 musste der "Flüchtlingskommissar im Landkreis  Kötzting" seinem Chef melden, wie katastrophal die Situation für die Flüchtlinge und Vertriebenen war.
Rep 164-8 Nr. 1830_0001

Rep 164-8 Nr. 1830_0001

Nach wie vor gab es im Landkreis mit Flüchtlingen belegte Wirtshäuser, Schulzimmer und natürlich viele Barackenlager, wie das in Kötzting, Oberndorf, Sperlhammer und Arrach. Zumindest konnten zum Jahreswechsel 46/47 hin einige dieser Massenquartiere aufgelöst werden.
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Hier ein Ausschnitt über die Entwicklung der registrierten Flüchtlingszahlen von Jan. bis März 1947, die an allen Gemeinden sogar noch anstiegen, auch wenn die Zahlen insgesamt sich in etwa bereits  halbiert hatten gegenüber Sommer 1945, auch, weil inzwischen die Zonengrenzen in die französische und britische Besatzungszone geöffnet worden waren, so dass viele Flüchtlinge zu Angehörigen in anderen Landesteilen ziehen konnten.
Aber auch die Kötztinger Bürger halfen mit, vor Weihnachten kursierten Listen, in die die Kötztinger eintragen konnten, wie viele Kinder aus den Flüchtlingsfamilie sie zu Weihnachten bewirten würden.






 
StA Kötzting Flüchtlingskartei des ehemaligen Landkreises Kötzting mit über 11000 Namen.

Eine beeindruckende Zahl von zu Versorgenden und den aufgewandten Leistungen bringt der Jahresbericht 1946/47 zur Vorlage für den Kreistag Kötzting. 10791 Personen waren es zwei Jahre nach dem Kriege immer noch, die - alleine im Altlandkreis Kötzting in prekären Verhältnissen zu leben/existieren hatte.
 
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1830_0005



In Kötzting gab es seit Anfang der 40er Jahre eine Barackenanlage - heutzutage die Fahrschule Schmidt -, die damals für weibliche Angehörige des Reichsarbeitsdienstes errichtet worden war.
 
Foto Josef Bock: das RAD-Lager an der Blaibacher Straße


DIA-Repro 2112 Versorgung in der Baracke an der Blaibacher Straße





Der Pfingstritt des Jahres 1945



Bleiben wir zunächst noch im Mai 1945, in diesem Jahr war Pfingsten besonders früh  - der Pfingstmontag war der 20.5.1945 - und im Markt Kötzting war bekannt, dass sich unter den Soldaten der 11. PD auch der Bürgerssohn Franz Oexler befand. 

Einschub
Als die Riesenkolonne der 11.PD von Rittsteig und Vseruby kommend sich Kötzting näherte,  kam ein Teil über die "Hauser Straße" in den Markt herein.
Da es zu dem Zeitpunkt weder die Dampfbachstraße noch die ausgebaute Westumgebungsstraße gab, musste ein nicht geringer Teil der Fahrzeuge über die Marktstraße hinunterfahren und - so die mündliche Aussage meiner Tante, der Frau Betti Schödlbauer, saß auf einem der ersten Fahrzeuge oben drauf unser Franz Oexler - dies machte durchaus auch Sinn, da er der einzige SOldat der Division war, der aus Kötzting stammte - , eine sehr guter Freund unserer Familie und vor allem seines erst vor wenigen Monaten gefallenen Jugendfreundes Heinrich Pongratz, meines Onkels. 
Meine Tante berichtete jedenfalls, das Franz Oexler schnell ins Haus der Bäckerei Pongratz hineinrannte und von meiner Oma sofort zum Dableiben und Essen eingeladen wurde, was er lachend ablehnte, da er eine ganze Division hinter sich hätte.
Einschub Ende
In der Pfingstbeilage von 1970 heißt es, dass der Bgm Kroher - war schon längst abgesetzt - und der Kötztinger Pfarrherr Dietl angesichts des chaotischen Zustandes auf den Pfingstritt verzichten wollten, die Amerikaner jedoch diesen sogar befohlen hätten.
Von anderen Zeitzeugen wurde mir berichtet, dass der Ritt zwar genehmigt worden war, diese Nachricht jedoch gar nicht im Umland verbreitet wurde, sondern die Pfingstreiter am Pfingstmontag einfach kamen.
Genehmigt wurde der Ritt von der Militärregierung jedenfalls schon, denn das einzige Blatt, was in den Kötztinger Pfingstakten aus dem Jahre 1945 existiert, ist folgende Anweisung des Bürgermeisters.



 
Pfingstbeilage 1970 Franz Oexler auf einem Lipizzaner auf dem Bleichanger vor der Kranzlübergabe.
Ein beeindruckendes Zeitdokument wurde vom Maler Henneberger, einem Onkel des Kötztinger Künstlers August Philipp Henneberger geschaffen. Die Rittspitze reitet die Marktstraße herunter und vor dem Hause, in dem heute die Apotheke untergebracht ist und gegenüber bei der früheren Metzgerei Graf , stehen Kampfpanzer der US- Armee mit aufgesessenen Soldaten als Zuschauer.
 
Ölgemälde Henneberger: Ausgestellt im Büro Sepp Barth im Kötztinger Kur- und Gästeservice
In der Schwarz/weiß Aufnahme kommen die seitlich stehenden US-Soldaten sogar noch besser heraus.

KUSW413

 Während also die Kötztinger Bürger ihren Pfingstritt durchführen können, sitz in einem Kriegsgefangenenlager in Frankreich der Neffe des Malers, der oben bereits angesprochene Kötztinger Künstler August Philipp Henneberger. Das Kriegsgefangenenlager bringt eine eigene Lagerzeitschrift heraus und für die Pfingstbeilage zeichnet August Philipp Henneberger das Titelbild.


Pfingstbild in der Lagerzeitung des französischen Kriegsgefangenenlagers

Dies ist das Bild des Gefangenenlagers, das in derselben Ausgabe veröffentlicht wird.

Eigentlich war die Herrenstraße "off limits" für die deutschen Zivilisten. Doch daran haben sich die Pfingstreiter des Jahres 1945 offensichtlich nicht gehalten und ritten, wie immer hinein in die Herrenstraße und vor bis zur Pfarrkirche.




Die Hinterlassenschaften des Kriegs 


In den Wäldern rings um Kötzting fanden sich in den folgenden Wochen Mengen an Munition, Granaten und Panzerfäusten. Die Munition der 11.PD wurde von deren Soldaten gezielt in abgelegenen Waldstücken nahe Blaibach vernichtet, wobei dies offensichtlich sehr nachlässig durchgeführt worden war, da es zu Anfang der 50er Jahre notwendig wurde, diese Sammelgrundstücke erneut zu untersuchen und die Blindgänger zu entfernen.

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1953  Erlasse Militärregierung

Im Landratsamt häuften sich Meldungen über Munitionsfunde:

 
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1953  Erlasse Militärregierung

Es traten aber selbst im Jahre 1971 noch an unvermuteter Stelle noch Mengen an Munition zutage. Als die neu gegründete Kötztinger Schülerband, die Montanas, (mit Gohel Manfred - Kellner Dieter - Kroner Wolfgang - Bomann Franz - Oexler Wilfried) in der Kirchenburg einen Übungsraum ausräumen wollte, stießen sie im Fußboden auf MG-Munition.


Die Demokratisierung und die Entnazifizierung


Eine Mammutaufgabe hatte die Militärregierung vor sich, die zunächst ausreichend zu tun hatte, das schiere Überleben der Bevölkerung mit ihrem fast 40Prozentigen Zuwachs durch die Flüchtlinge und zunehmend auch durch Vertriebene sicher zu stellen. 
Bals danach kamen auch die Mitglieder der CIC - aus diesen wurde später die CIA - nach Kötzting und deren Angestellten oblag die Aufgabe die ehemaligen Mitglieder der NSDAP aufzuspüren und den Spruchkammerverfahren zuzuführen.
Grundlage dieser Verfahren war das Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus vom 5.3.1946. 


2391 Verfahren wurden im Laufe der folgenden Jahre gegen ehemalige Mitglieder der NSDAP geführt, die  aus dem Landkreis Kötzting stammten und auch hier noch wohnten. Der größte Anteil der Verurteilungen führte zur Einteilung als sogenannte Mitläufer (Gruppe 4), was bedeutete, dass die Betroffenen sofort ohne jede Einschränkung oder Strafen ins Zivilleben zurückkehren konnten.
Die Meisten derer, die dann zur Gruppe der Minderbelasteten geschlagen wurden, konnten dann in ihrer Revision bzw. mit den einsetzenden Amnestien (Winteramnestie, Kriegsheimkehreramnestie) ebenfalls erreichen, als Mitläufer runtergestuft zu werden.
Nur sehr wenige Einzelpersonen aus unserer Gegend kamen wegen ihrer Mitgliedschaft  - und gleichzeitig ihrer Funktionen die sie in der Partei wahnahmen - in Haft und hatten schwere Einschränkungen zu erleiden, was die Berufsausübung anging. 


Jedes Mitglied der NSDAP musste zunächst einen Meldebogen ausfüllen, dessen Angaben einem geleisteten Eid gleichgestellt wurde, eine Fehlangabe - v.a. wenn absichtlich - damit einem Meineid gleichgestellt war.
StA Landshut Spruchkammer Kötzting A 1037


Anschließend wurden die Daten in ein Arbeitsblatt übertragen, das abwechselnd von den Sachbearbeitern - die Zugriff auf die zentralisierten Daten der NSDAP-Mitglieder hatten - , der Militärregierung, dem Bürgermeister, der Polizei, den anderen politischen und seit 1933 verbiotenen Parteien (die CSU für das Zentrum und die BVP), bei Bedarf auch die Gewerkschaften, das Arbeits- und das Finanzamt begutachtet und kommentiert wurde. 



Die Verhandlungen fanden vor einem Schöffengericht statt und die dabei entstandenen Akten stellen eines der wenigen Möglichkeiten dar, im positiven wie negativen Sinne Details aus dem Alttagsleben in Kötzting unter der Herrschaft der NSDAP zu erfahren.

Die CIC, die die Basis für diese Verhandlungen vorbereitete,  undzuerst im ersten Stock der heutigen Volksbank, später, mit einer bereits stark verkleinerten Mannschaft, im Hause zwischen der Bäckerei Pongratz und dem Gasthaus  Osl eingemietet war, gab dann Anfang der 50er Jahre den Standort in Kötzting ganz auf und zog sich nach Cham zurück.

Die eigentliche Zielrichtung der Amerikaner lag jedoch nicht in der Bestrafung von Mitgliedern der NSDAP, sondern vielmehr im Aufbau einer funktionierenden Demokratie. 
Im Dritten Reich wurde sehr schnell nach der systematischen Ausschaltung der Opposition und der danach folgenden totalen Machtübernahme im März 1933 (die Kanzlerschaft ab Januar war ja erst der Einstieg zur totalen Kontrolle) auch auf allen nachgeordneten Ebenen des politischen und zivilen Lebens das sogenannte Führerprinzip eingeführt. Auch bei Vereinen wurde nicht mehr, wie vorher und nachher üblich, eine Vorstandschaft gewählt, sondern ein(!) Vorsitzender, der sich danach seine Mannschaft zusammenstellte. Mit diesem "Kadavergehorsam" - staatlich gelenkt durch Institutionen wie, Jungschar, BdM (Bund deutscher Mädchen) und HJ (die Hitlerjugend)-,   wuchs somit eine ganze Generation junger Deutscher heran. Der Wille der Bürger bzw. der Mitglieder zu Einzelfragen war nicht mehr relevant. Nun sollte auf Druck der Siegermächte in Deutschland die "verlorene" Generation aber auch die älteren Deutschen von den Vorteilen einer Basisdemokratie überzeugt werden. Die Kommunen wurden verpflichtet, regelmäßig Bürgerversammlungen und -befragungen durchzuführen. Themen, die den Bürgern unter den Nägeln brannten gab es natürlich genügend, schließlich war der Altlandkreis Kötzting noch überfüllt mit Flüchtlingen, die Arbeitslosigkeit war extrem hoch, die Wirtschaft begann nach der Währungsreform erst langsam wieder durchzustarten, der vergangene Winter war hart und der nächste stand vor der Tür. Die Teilnahme an den ersten "Abenden" ließ wohl zu wünschen übrig, denn schon im Oktober stellte sich die Frage: "was sollen die bringen"?





Das nächste Format, welches ebenfalls verpflichtend eingeführt wurde, waren Bürgerversammlungen. Nach einem Einwurf des damaligen Bundestagsabgeordneten Ludwig Volkholz stellte der damalige Resident Officer Mr. Holstein in einer Rechtfertigung den Zweck der Bürgerversammlungen heraus.



Amerika und die Jugend


Ein ganz besonderes Augenmerk richteten die Behörden auf die Jugendarbeit, da sie natürlich wussten, dass die deutschen Kinder und Jugendlichen durch die NSDAP und ihren Jugendverbänden der Hitlerjugend -HJ - ,  dem Bund deutscher Mädchen - BdM -  und dem verpflichtenden Übergang zum Reichsarbeitsdienst (RAD) regelrecht indoktriniert wurden. 
Diesem Ziel einer freien Jugenderziehung stand natürlich die katastrophale Lage der Schulen und der fehlenden Lehrer gegenüber. Die wöchentlichen Berichte des Landratsamtes an die Militärregierung stellten die Situation der Jugendlichen in einem fürchterlichen Licht dar. Sie wurden als orientierungslos und als Streuner und Diebe bezeichnet.  
Noch Ende des Jahre 1945 wurden die ersten Sportvereine wieder zugelassen.  Auch die kirchliche Jugendarbeit wurde unterstützt und dafür war mit dem GYA  (German Youth Activities) eine Plattform geschaffen worden, die u.a. mit Jugendcamps und Seifenkistenrennen versuchte, den Kids interessante Angebote zu machen. 

 

 

 

 
KU vom Oktober 1949

KU vom Januar 1950
 

KU vom Februar 1950 




Der Große Preis von Kötzting



das offizielle Plakat
 Dieses Rennen wird von amtlicher Seite sehr ernst genommen.
Im Archiv des Landratsamtes Kötzting im Staatsarchiv Landshut befindet sich noch das offizielle Begleitheft zum Rennen, sozusagen der Flyer der Veranstaltung.

Titelblatt des Rennprogramms


und nun gings los:
Teilnehmerfeld, links vorne Erich Dattler



Dattler Erich aus Kötzting, der zweite von links, wurde zweiter bei dem Rennen





Die Lebensfreude kommt zurück


Nicht zuletzt - eigentlich vor allem - durch die vielen Flüchtlinge und Vertriebenen erhält das kulturelle Leben in Kötzting einen Aufschwung.
Als Beispiel für einige andere kreative Köpfe hier das Ehepaar Dörich, das bereits im Dezember 1945 im Graßl-Saal eine Konzertreihe startete.
Hier die Erteilung der Konzession - dies war erst ab 1947 möglich und nötig.

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 2354 von 1947 Dörich Theodor Konzession


StA Landshut Rep 164-8 Nr. 2355 von 1947 Dörich Theodor Konzession




Es wird wieder  gewählt:


Am 27.1.1946 fand die erste freie und demokratische Wahl in Bayern statt und zwar ging es um die Gemeindewahl, also um die Wahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates.

StA Kötzting
Mit großem Vorsprung wurde der im April 1933 von den Nazis abgesetzte damalige Kötztinger Bürgermeister - von der BVP - nun wiedergewählt, nachdem er kommissarisch das Amt seit der Niederlage Deutschlands bereits wieder geführt hatte.
 
Zwei Parteien waren zur Wahl gestanden, die im Vorjahr noch gegründete CSU und die SPD. Die Vertreter der Flüchtlinge und Vertriebenen konnten sich erst in Hinblick auf die nächste Wahl Strukturen geben, die es ermöglichten an den Wahlen teilzunehmen und natürlich für ihre berechtigten Interessen zu kämpfen.
Die Marktgemeinderatsfraktion der CSU bestand aus 8 Mitgliedern. Die SPD konnte einen Sitz erringen.


Am 28.4.1946 wurde dann auch der Kreistag gewählt.
Am 30.6.1946 kam es zu einem Volksentscheid über die Bayerische Verfassung und zur Wahl des Bayerischen Landtags.

Dies war nun gewissermaßen ein Streifzug  - Parforceritt - durch die äußerst unruhige und sicherlich auch unschöne Geschichte unserer Heimatstadt und der näheren Umgebung mit all der sofortigen Entmündigung im täglichen Leben durch die Siegermacht USA und den folgenden großen und anhaltenden Problemen unserer Vorfahren.
Ab den Jahren 1948 haben wir dann auch wieder regelmäßig erscheinende Tageszeitungen in unserem Raum und die Artikel geben dann doch ein schönes Bild darüber ab, wie gerne und wie schnell sich die Kötztinger dann in der neuen Wirklichkeit eingefunden und sich ihren gewohnten Jahresablauf von den Vereinsversammlungen, den Faschingsbällen, natürlich Pfingsten und all den anderen festen wieder in ihren Alltag hereingeholt haben. Natürlich dauerte es für die große Anzahl der Geflüchteten und Vertriebenen wesentlich länger, bis auch diese positiv in die Zukunft schauen konnten.


Montag, 30. Dezember 2024

Erinnerungen an Altkötzting - Teil 44 Holzschnitt von Hans Sailer

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

 Vermutlich bzw. ziemlich sicher, lautet der Titel des Holzschnittes des Kötztinger Lehrers und Künstlers Hans Sailer ganz anders. Frau Renate Serwuschok jedoch interpretierte die Stadtansicht der unteren Marktstraße mit all ihren Bildelementen um in ein Zusammentreffen von alt und neu, von  Kötztings Aufbruch und Bewahrung und stellte diesen Holzschnitt unter die Überschrift:

Neujahr in Altkötzting



1975 gab es trotz der enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten am südöstlichen Rande Deutschlands doch auch noch eine große Aufbruchstimmung.




Samstag, 28. Dezember 2024

Kötzting vor 110 Jahren - die Chronik von 1915

 

Kötzting im Jahre 1915

 

 

Erstes Exemplar des Kötztinger Anzeigers im neuen Jahr - vom 2.1.1915 -,  das ganze Leben dreht sich nun nur noch um den Krieg und dessen Auswirkungen. An den Stempeln und Beschriftungen ist gut zu erkennen, dass dies das Belegexemplar für die königliche Hof- und Staatsbibliothek in München war.


Während in allen vorherigen Jahreszusammenstellungen, die ich machen konnte, sich im  Kötztinger Anzeiger ein lebhaftes (klein)bürgerliches Leben widerspiegelte, das einem festen Jahresrhythmus folgte und damit durch seine Struktur unseren Vorfahren Sicherheit und Stabilität verlieh, war es mit dieser Sicherheit auch im persönlichen Nahbereich plötzlich vorbei. Nichts war mehr mit fröhlichen Theaterabenden, festlichen Bällen, lustigen Faschingsveranstaltungen und solemnen Namenstagsfeiern. All das passte einfach nicht mehr in die traurige Zeit. Auch die amtlichen Bekanntmachungen auf die ich in meiner Zusammenstellung zurückgreifen kann, z.B. das Amtsblatt für das Bezirksamt Kötzting, also in heutigem Sprachgebrauch das behördliche Mitteilungsblatt für den Landkreis Kötzting, ist einer der dicksten Bände unserer ganzen Sammlung von fast 100 Jahren und behandelt überwiegend Auswirkungen des Krieges auf das tägliche Leben der Bevölkerung, worunter hauptsächlich Lebensmittelbeschränkungen, Handels- und Verkaufsverbote, Back- und Schlachtverbote, Sammlungsaufrufe und Aushebungsgeschäfte (=Musterungen und Stellungsbefehle) zu verstehen sind.
Mit dem Hinweis auf das Kriegsjahr 1915 haben wir in unserer Sammlung auch das eine oder andere Soldatenbild von Kötztinger bekannten Familien.

DIA-Repro 230: Ansichtskarte Xaver Miethanner. (Xaver Miethaner war Viehhändler, der Bruder vom Besitzer des Gasthofes Miethaner am oberen Markt).

 

DIA-Repro 292 : Ansichtskarte Soldat 1915 erhalten von Hilde Frauenreuther. Franz Liebl, als Postkarte gelaufen. Feldpost! Infanterist Franz Liebl, Conditorei Kötzting/Bayr. Wald Neumarkt 3. April 1915. Fröhliche Ostern wünscht Ihnen Anton Stegmeier. (Stegmeier schickt ein Foto von  Franz Liebl an denselben).

DIA-Repro 2438: Albert Hofmann Kaitersbach als Soldat 1915 von Christa Bauer Kammern (Kamminger Wirt). 

Kriegslazarett in Kötzting

Beim "Dinkelmeyer" war damals in Kötzting ein Reservelazarett eingerichtet worden, von dem sich einige Bilder erhalten haben. 


DIA-Repro 2012


DIA-Repro 1164 vor dem Anwesen Dinkelmeyer, jetzt Möbelhaus Kurz, Lamer Str. Links von der Ordensschwester M. Deodata der Bezirksarzt Dr.Probst mit den Hilfsschwestern v.l. Fanny Henneberger, Marie Schötz, Marie und Fanny Liebl, Betti Krämer. (Marie und Fanny Liebl waren die Schwestern von Paula Dittrich)

Der Kötztinger Krieger= und Veteranenverein kündigt Anfang des Monats ein Wohltätigkeitskonzert verbunden mit einer Christbaumversteigerung  zugunsten des Kriegslazarettes in Kötzting an. Das Konzert soll am 24. Januar in ihrem Vereinslokal, dem Gasthaus Graßl stattfinden. ,Die Konzertmusik nebst Gesang zu dieser Veranstaltung haben in hochedler Weise musikalische Mitglieder des hiesigen Männergesangsvereins übernommen. Freiwillige Gaben zur Schmückung des Christbaumes, wie Baumschmuck, Konfekt, Bäckereien und Obst, werden mit größtem Danke entgegengenommen.

 


Die Veranstaltung selber verlief für den Verein äußerst zufriedenstellend. Auch der Gefallenen des Krieges 1870/71 wurde gedacht und nach den vorgetragenen Männerchor= und Orchesterstücken ergriff H.H. Pfarrer und Distriktsschulinspektor Nagler das Wort zu der Festrede, in welcher er den Werdegang des deutschen Reiches schilderte, aber auch den Grund für den jetzigen Weltkrieg (er wurde offensichtlich 1915 bereits so genannt) darlegte. Diesen interessanten historischen Ausführungen folgte, von allgemeiner Begeisterung getragen, von der ganzen Versammlung stehend gesungen das Lied: “Deutschland über alles in der Welt“



Der Erlös dieses Wohltätigkeitskonzertes und einer „von einigen Freunden der guten Sache im Krämerschen Lichtspieltheater gegebenen Vorstellung erbrachten 40 Mark und 200 Mark Reinertrag. Diese Beträge wurden dem Frauenverein des Roten Kreuzes in Kötzting als dem Träger des Lazarettes übergeben.

Das hiesige Vereinslazarett hat seit seinem Bestehen von der Bevölkerung schon viel Liebes und Gutes erfahren. Alles wetteifert, um seine Insassen warm zu betten und ihnen den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Man will sich damit dankbar erweisen für die Großtaten unseres Heeres, das in unvergleichlicher Ausdauer und Tapferkeit die Feinde vom Vaterland, Von Haus und Hof fern hält und dem endgültigen Siege zustrebt……

 



Wie im Vorjahr bereits mitgeteilt, fehlt in München in der Staatsbibliothek der komplette Zeitungsjahrgang von 1914. Aus diesem Grunde haben wir auch keine Nachrichten über gefallene Kötztinger Bürgerssöhne aus der Anfangszeit des Krieges. Schon in der dritten Ausgabe des neuen Jahrganges aber kommen dann die ersten traurigen Nachrichten von der Westfront. Max Kirschner, Bürgerssohn aus Kötzting, und August Lindner, Eisengießer aus Beckendorf, waren die ersten Gefallenen in dem noch jungen Jahr. 


 Bereits in der folgenden Ausgabe lasen dann die Kötztinger vom Tod des Sägers Michael Wühr, der in St. Mihiel in Frankreich begraben wurde. So ging es weiter, fast in jeder Ausgabe mussten die Kötzting von einem gefallenen, vermissten oder schwer verwundeten jungem Mann aus der näheren und weiteren Nachbarschaft lesen, den sie wohl alle gut kannten. Kein Wunder also, dass unseren Vorfahren keine Veranlassung hatten, frohe und lustige Feiern zu veranstalten.

 


Max Kirschner war übrigens der ältere, noch in Modlin in Böhmen geborene, Bruder von Julius Kirschner, der das Kaufmannsgeschäft seines Vaters später übernahm und als unermüdlicher Organisator und Finanzier den Fußballsport in Kötzting mitbegründete und diesen vor allem in den Krisenzeiten in den Anfangsjahren am Laufen hielt.

Da die Familie Kirschner dem jüdischen Glauben angehörte, fiel sie dem Terror des NSDAP Regimes zum Opfer und musste als direkte Folge des Novemberprogroms 1938  ihr Anwesen in der Marktstraße verkaufen. Einige Familienmitglieder konnten noch rechtzeitig auswandern, bevor die Ermordung der jüdischen Mitbürger begann. Wie gut und wie sehr gerade diese Familie in Kötzting 1915, also nur wenige Jahre vor dem Beginn des Dritten Reiches, angesehen und integriert war, zeigt auch ein Notiz, die Anfang Februar dem Kötzting Anzeiger einen Artikel wert war, nämlich die Nachforschungen, die der Onkel von Max Kirschner gemacht hatte, um mehr über den Tod seines Neffen herauszufinden.





Im August fiel der Chevauxleger Karl Oexler, Buchdruckereibesitzerssohn von Kötzting, also der Sohn des Herausgebers des Kötztinger Anzeigers

 



DIA-Repro 335: Soldatengruppe ca: 1915 von Fritz Röhrl. Johann Röhrl gef. 16.4.1917.

DIA-Repro 1816: Ansichtskarte 1915  Verlag Wilhelm Oexler, Kötzting  gelaufen am 10. März 1915.

 



Tod des früheren Kötztinger Bezirksamtsmannes v. Fuchs


Im Januar war überraschend der frühere Kötztinger Bezirksamtmann der kgl. Regierungsrat   - und seit 1912 Ehrenbürger von Kötzting -  Ludwig von Fuchs verstorben, dem Kötzting so vieles zu verdanken hatte. Bereits unter seinem Vorgänger, BZAmann von Koerbling, war das Projekt der Kötztinger Druckwasserleitung begonnen worden, die dann 1903 feierlich von beiden - Koerbling und v. Fuchs - eingeweiht wurde.

 Es ist eigentlich fast nicht zu glauben, dass wir von diesem Mann kein - oder fast kein - Foto in unserer Sammlung haben. Nur auf einer Collage des Turnvereins befindet sich ein nachträglich beschriftetes Bild dieses Mannes.
Bezirksamtmann v. Fuchs, der zweite von links.

Kötzting im Schnee


Vermutlich ebenfalls noch vom Januar 1915, auf jeden Falle vom Winter dieses Jahres, stammt ein Bild, das Kinder im Pfeffergraben beim Schneemannbauen zeigt.
DIA-Repro 1477: Haus von Hans Kroher Gehringstr.3, von  links Leopold Henneberger, davor die Kinder des Fotografen Pleier, rechts vom Schneemann Krämer Julius, Fritzl Kroher und Maxl Kroher.



Im Februar 1915 wurde in Ostbayern der 84. Geburtstag des Hofrats Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt gedacht und auch der Kötztinger Anzeiger veröffentlichte eine Anzeige dazu.





Der große Krieg und seine Auswirkungen im täglichen Leben der Bürger

 

Volksversammlung und Durchhalteparolen

 Beim Januel wird eine „Volksversammlung“ einberufen. Offensichtlich ist es der Bevölkerung auf dem Lande nur schwer zu vermitteln ihre Lebensmittelvorräte lückenlos bekannt- und danach anteilig abzugeben. Unter dem Losungswort: “Durchhalten“ sollte bei der Bevölkerung um Verständnis geworben werden und die Kötztinger Redner H.H. Pfarrer Nagler und der Hauptlehrer Drunkenpolz, Expositus Wendl aus Miltach und der Landwirtschaftslehrer Kuhn aus Kötzting versuchten ihren Zuhörern den Ernst der Lage nahezubringen. Aus allen Vorträgen kam der Gedanke zum Durchbruch, dass wir uns diese kleinen Einschränkungen in Bezug auf Verbrauch von Mehl und Getreide gefallen lassen müssen, um uns nicht seinerzeit den Vorwurf machen zu lassen, wir waren ein kleines Geschlecht in großer Zeit und dass wir wenigstens nach dem Kriege unseren tapferen Heldensöhnen draußen, wenn sie einmal zu uns zurückkehren, gerade ins Gesicht blicken können mit dem Bewusstsein „Auch wir zuhause haben unsere Pflicht getan

 Das Kleingeld geht aus in Deutschland

 Obwohl für mehr als 100 Millionen Mark Nickelmünzen im Werte von 10 und 5 Pfennig Münzen im Umlauf sind, macht sich ein starker Mangel an Nickelgeld bemerkbar. Erklärt wird dies damit, dass außerordentlich große Mengen von Münzen in den 100.000 Sammelbüchsen des Roten Kreuzes und anderer Wohlfahrtseinrichtungen aufgespeichert und damit dem freien Verkehr entzogen sind. Alle Wohlfahrtsvereine, die Sammelbüchsen verwenden, sollen daher den Inhalt der Büchsen so oft als möglich ausleeren und umwechseln. Im Oktober kommt es dann zur Prägung und Ausgabe von eisernen 5 Pfennigstücken.

  Jetzt geht’s an die privaten Vorräte:

 Der Krieg ist gerade einmal 7 Monate alt, aber es fehlt bereits an allen Ecken und Enden und so werden die ersten Beschränkungen im Lebensmittelhandel bekanntgegeben:
 22.2.1915   Magistrat Kötzting, Wensauer


Weizenbrot
darf nur mehr in einfach geformten runden Laibchen bereitet werden. Die Bereitung anderer Formen (Brezen, Hörnchen, Schnecken, Kaiser=Semmeln, Sternsemmeln usw.) ist verboten. Strafe 1500 Mark oder 3 Monate Gefängnis.  
Es darf Heu und Stroh nur mehr an die Proviantämter des III. Armeekorps geliefert werden. Verbot des Verkaufes durch Eigenbauer und Händler.  
Bekanntmachung neuer Regeln über das Ausmahlen von Brotgetreide.
Beschlagnahme von Brotgetreide, Mehl und Hafer. Es findet eine Nachkontrolle der am 1. Februar erfolgten Getreidemeldungen statt. Falschmeldungen können noch innerhalb einer Woche korrigiert werden, auf Nachsicht kann später nicht mehr gerechnet werden.
Vorhandene Goldmünzen in Privatbesitz dürfen nur, bei Vermeidung von strenger Strafe, bei den Behörden zum Nominalbetrag eingetauscht und nicht zum Goldwert anderweitig verkauft werden.

 


 Ankündigung der Erhebung der Kartoffelvorräte und der Schweinebestände. Jede Menge über 1 Zentner Kartoffeln muss angegeben werden. Strafandrohung 3000 Mark bzw. 6 Monate Gefängnis.
Auslaufen von Hausgeflügel auf die Felder und Wiesen vom 1. April bis letzten November verboten. Tauben dürfen nur vom 1. Juni bis 1. August und vom 1. November bis letzten Februar ausfliegen.
Bierpreiserhöhung: Ab 1. April wird in Kötzting, Grafenwiesen, Lam, Lohberg, Sommerau, Hohenwarth und im ganzen Zellerthal der Bierpreis erhöht und kostet das Bier in Kötzting dunkles 24 helles, 28 Pfg der Liter.




Beschlagnahme der Wollgefälle der Schafschur 1914/1915.
Müller dürfen privates Getreide nur noch bei Vorlage einer Mahlkarte ausmahlen oder gegen Mehl umtauschen.
Ausgabe der Brot und Mehlkarten für die Bevölkerung und besondere Regelungen für die Gastwirtschaften wegen durchreisender Fremder, die nicht im Besitz von Kötztinger Lebensmittelkarten sind.
Erneute Erfassung von Kartoffeln, Schweinen, Getreide und Mehl. Festlegung des täglichen Verbrauches von 240 g für Selbstversorger und 200 g für die versorgungsberechtigte Bevölkerung.
 Ausgabe der Mehl- und Getreidekarten für die neue Ernte.
Beschlagnahme und Meldepflicht von ungebrauchten Gegenständen von Kupfer und Messing.
Aufforderung auch an die Privathaushalte Sonnenblumen sorgfältig zu ernten und für 0.40 Mark pro Kilo bei den Sammelstellen abzugeben.
Erhebung der Getreide und Mehlvorräte.
Ankündigung der Beschlagnahme von Erzeugnissen aus Bastfasern.(Flachs, Jute, Hanf u.ä.).
Bestandsaufnahme von Kaffee, Tee und Kakao bei Gewerbetreibenden und Privathaushalten

 Selbst Kötztings Konfektionshäuser - hier Simon Hahn, damals Kötztings erstes Haus am Platze für feine Bekleidung, - waren froh, wenn sie Restemengen bewerben konnten.



 

Aus Erfahrung wird man klug:

 

 



Nachdem im August 1914, kurz nach der Mobilisierung und aus Angst vor Infiltrierung durch ausländische Spione, einige eigene Militärangehörige, die in Autos unterwegs gewesen waren, von übereifrigen Bürgern angegriffen worden und sogar zu Tode gekommen waren, ging man nun kein Risiko ein und warnte die Bevölkerung vorher, dass landende Freiballone zur eigenen Seite gehörten und deren Insassen eben nicht erschossen werden sollten.

 

 

 

 

 

 

Der Pfingstritt im Jahre 1915

 

 Am 6. Mai wird in einem Vorbericht festgestellt: wegen des Krieges werden heuer die Festlichkeiten auf Pfingsten in beschränktem Maße abgehalten und findet deshalb nur der Pfingstritt statt. Eine Vorfeier am Pfingstsonntag findet nicht statt. Überreichung eines Pfingstkränzchens an einen Pfingstbräutigam muß, da fasst alle jungen Männer zum Heere einberufen sind, unterbleiben. Verteilung der Ehrenfahnen findet statt. Der herkömmliche Burschenzug und die Pfingsthochzeit findet heuer ebenfalls nicht statt.

Am 16. Mai gab dann die Eisenbahnverwaltung bekannt, dass infolge der starken Beanspruchung ihres Wagenmaterials für Truppentransporte nur ein Teil ihres Wagenparkes zur Bedienung des an diesem Tage zu erwartenden stärkeren Verkehrs zur Verfügung stünde.

 



 



Der Bericht über den Pfingstritt selber steht auch eindeutig im Schatten der kriegerischen Zeiten:

Pfingsten, das liebliche Fest , von dem der Dichter singt, dass es ein Fest der Freude ist, das da feiere Wald und Haide, mussten wir heuer im Rauschen der Waffen und im Donner der Geschütze begehen. Gleichsam zum vergessen des Schweren und Bitteren, das der Krieg über Hunderte von Familien gebracht, hat die Natur uns mit Maienwonne reich beglückt, wie wir uns einer solchen seit langen Jahren nicht mehr erinnern….Manchen Reiter vermißten wir, der vielleicht im Schützengraben gegen den Feind streitet oder der für immer ausgekämpft hat. Obwohl es vorher nicht danach ausgesehen hatte, so war dann Ende Mai doch ein Kötztinger Bürger zum Pfingstbräutigam ausgewählt worden. Hochwürden Herr Kooperator Binder übergab das Pfingstkränzchen dem Bürgerssohn Herrn Georg Sperl, der in Uniform der Chevauxlegers die hohe Auszeichnung entgegennahm. Bader Costa aus Kötzting erhielt eine Fahne für seine 25jährige Rittteilnahme, bei dem 130 Wallfahrer zu Pferde gezählt wurden. Auch Herr Hauptmann Lindner eilte vom westlichen Kriegsschauplatz in seine Heimat, um den denkwürdigen Ritt mitzumachen.

DIA-Repro 947: Der Pfingstbräutigam Georg Sperl mit seinen Begleitern

 Der im Text des Kötztinger Anzeigers erwähnte Hauptmann Karl Lindner konnte somit an Pfingsten 1915 noch einmal seine Heimat besuchen, bevor es wieder zurück an die Front ging. Vermutlich bei diesem Heimatbesuch entstand das - der Inschrift nach - letzte Foto. das ihn zusammen mit seinem Vater zeigt. Im Dezember desselben Jahres verstarb dann sein Vater.

DIA-Repro 1279: " eine der letzteren Aufnahmen vor dem Garten im Hause"

Viele junge Kötztinger Männer im Krieg an der Front dachten wohl wehmütig an ihre Heimatstadt; drei von Ihnen wurden aktiv und schickten einen besonderen Gruß von der Front nach Kötzting.



 

Die vorausgegangen erhalten gebliebenen 13 Jahresbände des Kötztinger Anzeigers zeigten einen immer wiederkehrenden Jahreszyklus einer typischen Kleinstadt, die in ihren eigenen Traditionen ruhte und die mit sich und den drei, die Ordnung tragenden, Säulen Bürgerschaft – Kirche – Obrigkeit zufrieden war. Diese, als gottgegeben wurde sie wohl damals empfunden, Ordnung ist nun empfindlich und zu Ende des Krieges dann unwiederbringlich zerstört. Bereits im ersten Kriegsjahr brachte der Offiziator des Pfingstrittes diese Erwartung resp. Erkenntnis in seiner Rede anlässlich der Kranzlübergabe deutlich zum Ausdruck.

Es scheint als ob die alte Welt und ihre Ordnung zu Grunde gehen wollte und eine neue aus ihren Trümmern erstehen solle. Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, – das ist Pfingststurm der jetzt über Europa braust; Und neues Leben blüht aus den Ruinen – das wäre Pfingstsegen , den wir so sehr aus den unheimlichen Ruinen dieses Krieges ersehnen. Oh wenn ihr es uns sagen könntet, ihr wackeren Krieger, ihr tapferen Feldgrauen, die ihr heute im Waffenrock eures Königs und Kaisers Zeugen unserer ernst-feierlichen Feststimmung, rührende Begleiter des heurigen Pfingstrittes seid, ob wir bald diesen Pfingstsegen hoffen dürfen. 
Unsere Reihen sind heuer gelichtet, stark gelichtet...gar manches Roß und sein Reiter fehlen, die sonst sicher dabei wären – und „Roß und Reiter kehren niemals wieder“ müssen wir mit dem Dichter klagen, denn Roß und Reiter haben miteinander im Feindesland den Todesritt getan…. Aber dafür hat uns der glückliche Zufall seltene höchst liebgewonnene Gäste und Begleiter gebracht, Krieger aus dem Schützengraben und Feindeslande, Feldgraue unseres Lazarettes und unserer Heimat, allen voran unser wackerer Hauptmann Herr Karl Lindner, langjähriger Führer unseres Pfingstrittes, der es sich nicht entgehen ließ seinen Urlaub aus dem Feindesland gerade auf Pfingsten zu nehmen.....
Und in letzter Stunde noch hat uns eine glückliche Fügung einen wackeren Bürgerssohn aus Kötzting zugeführt, dem wir heuer mit besonders heißen Wünschen das Ehrenkränzchen überreichen wollen: es ist der Jüngling und Bürgerssohn H. Georg Sperl, Kontrolleur von hier. Im Feindesland verunglückt, kann er gerade noch recht den schönsten Tag Kötztings mitmachen in der Uniform des Chevauxleger=Regiments. Als dreivierteljähriger Kämpfer für deutsche Sitte, deutsche Treue und deutsche Sittlichkeit überreichen wir ihm gerne das Pfingstkränzchen, das Sinnbild deutscher Tugend und Sittlichkeit; es wird ihm wohl ein unvergessliches Andenken werden….

Und wenn’s morgen schon wieder fort heißt zum Ritt gegen den Feind, zage nicht und lass das alte Reiterlied Dir und Deinen Kameraden zu Pferde wieder mutig ins Herz singen: “Wohl auf Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd; ins Feld in die Freiheit gezogen;
im Feld da ist der Mann noch was wert, im Feld wird das Herz noch gewogen; 
da tritt kein andrer für ihn ein; auf sich selber steht er ganz allein.“

.Anschließend überreichte er die Ehrenfahnen und schloss auch diesen Vorgang mit einem schneidigen Appell an die Ritterlichkeit ab: Nehmen sie diese Ehrenfahnen entgegen und wenn morgen Sie der König zur Fahne ruft, dann sei Ihnen diese Ehrenfahne zur Losung: Siegesfahne!

 

Freiwillige Feuerwehr Kötzting

Angesichts der vielen jungen Männer, die im Kriegseinsatz an der Front sich befanden, wandte sich der Kötztinger Feuerwehr Kommandant Julius Krämer an die Kötztinger Jünglinge, die bereits 16 Jahre alt waren: es ergeht der Ruf der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting beizutreten.

Aufruf zur Musterung 



Da nun auch immer jüngere Jahrgänge eingezogen wurden, wurde die Situation der Feuerwehr immer prekärer.




DIA-Repro 1824: Musterung (oder Reservisten), mit Abzeichen oder Blumen am Revers, vorne Bierkrug "Huber Kötzting", Original 10x15 im Rahmen Schnitzschule Kötzting. Originalfoto stark gewellt. 2. Reihe v.l. neben Harmonikaspieler ist Graßl Beckendorf.
DIA-Repro 1825 Musterung (oder Reservisten oder Verein) um 1915, Originalformat Bild 18x24, gemustertes Passepartout, Rahmen Schnitzschule Kötzting.


 

Erdbeben  und extremer Spätfrost in Kötzting

 


Meldung im KA vom 2.Juni: Heute morgen gegen ¾ 4 wurden die Schläfer durch eine Erderschütterung aufgerüttelt. Die Fensterscheiben klirrten. Das Beben dauerte ca. 4 Minuten. Alle Achtung, der Redakteur hatte wohl noch unter dem Eindruck des Ereignisses die Kurzmitteilung in den Artikel eingerückt.

Eine kurze Recherche im Internet unter: „Erdbeben-Bayern-1915“ erbrachte tatsächlich den Nachweis für den 2. Juni über ein beachtliches Beben. Der Erdbebendienst der LMU München zeigte auch in einer Karte wo in Bayern die Erbbebenwellen deutlich zu bemerken waren:

Isoseistenkarte (Linien/Flächen gleicher Intensität) des Magnitude Ml 5.0 Bebens bei Eichstätt (02 Juni 1915), verändert nach Lutz bzw. GD des LfU.

http://www.erdbeben-in-bayern.de/erdbebenkatalog/

 

Zwei Wochen später, am 17. Juni berichtet die Zeitung von einem sehr starken Frost, so stark, dass am Regen sich Eis bildete. Auch dies war natürlich hochproblematisch für die zu erwartende Ernte, die ja so wichtig war für die weitere Ernährung der Bevölkerung. Vor allem die Kartoffeln litten stark unter dem Frost, dies ließ Schlimmes befürchten, aber, die Mengen die im Herbst speziell bei den Kartoffeln geerntet wurden, waren außerordentlich hoch, so hoch, dass die Unterbringung der Früchte sogar Schwierigkeiten bereitete.

 

 

Erneutes Wohltätigkeitskonzert mit Christbaumversteigerung

 

So wie er das Jahr angefangen hatte so beschließt der Krieger und Veteranenverein Kötzting seinen Jahresreigen. Mit einer Wohltätigkeitsveranstaltung in seinen Vereinsräumen beim Gastwirt Grassl. Dieses Mal allerdings geht es um die 70(!) Vereinsmitglieder, die im Felde stehen und denen der Verein gerne Weihnachtsgaben senden möchte.

 

Theater der Josefs=Pflege

 

Selbst die Kinder und Jugendlichen der vom Josefsheim standen mit ihren Theateraufführungen unter dem Bann des Krieges. Das Hauptstück: „Judith“, die ihr unterdrücktes Volk mit einem Kraftakt vor dem Untergang bewahrte, stand für den Redakteur für ein Sinnbild des Kampfes Deutschlands gegen seine übermächtigen Gegner.  Alle übertreffen wollen wieder die ganz kleinen Größen der Bühne aus der „Kinderbewahranstalt“ mit ihrem lustig=edlen Kriegsstücklein: „Der lustige Zweiband“. Wer darum für ein paar Stunden Kriegsnot vergessen und (Kriegshumor) Kriegsfreude haben will, der komme Sonntag den 5.Dezember im Januelsaale und sehe.

 


Zum Jahresende hin ging es auch darum, an die Soldaten an der Front und an die Kriegsgefangenen zu denken und so standen immer wieder Aufrufe zur Spendensammlung in den Zeitungen.



Die Jahresausgabe des Kötztinger Anzeigers endet mit einer Vorausschau auf die Hundevisitation,  einer Bierpreiserhöhung und - trotz seiner schweren Verletzung - mit einer guten Nachricht über einen verletzten Kötztinger Soldaten.