Michael Heigl
17.6.1853
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.
Umschlag des Original-Telegramms von der Festnahme Michael Heigls an den Münchner Chef der Gendarmerie, den Herrn Freiherr von Gumppenberg |
Brigadier Suffas Bericht ist in dieser Hinsicht sehr nüchtern und so berichtet er ganz knapp aus der Station Hohenwarth:
17.6.1853
Gendarmeriebrigade Kötzting in Hohenwarth an das kgl Corps Commando
Kötzting den 17ten Juni 1853
Die Arretierung des flüchtigen Verbrechers Michl Heigl und dessen Zuhälterin Theres Pritzl von Gotzendorf betreffend:
Der
Unterzeichnete meldet gehorsamst das derselbe unterm heutigen früh
beim Anbruch des Tages mittels Beiziehung der Bewohner der Umgegend eine große
Streife auf den Kaitersberg vornahm, wobei er den flüchtigen Verbrecher Michl
Heigl von Beckendorf, und dessen Zuhälterin Theres Pritzl von Gotzendorf, beide
Landgerichts Kötzting, in der Nähe von Hudlach in der Kaitersberger Waldung
arretiert und dem kgl Landgerichte Kötzting nach kräftiger Gegenwehr mit einem
Doppelstutzen einer Pistoln nebst mehreren Schussapparaten eingeliefert worden.
"Bei
der Streife waren anwesend:
Brigadier Suffa, der Stationskommandant Haas und die Gendarmen Georg Stuber, Georg July, Paul Lukaseder
Stationskommandant Josef Schießl und die Gendarmen Peter Winklein, Mayer, Xaver Freimüller
Josef Nusshardt, Georg Pledl, Andre Dietl, Paul Graf, Jakob Weiss, Josef Wieser."
Soweit der kurze erste Bericht des Brigadiers Suffa.
Später blieb dann ausreichend Zeit, ausführlich über den Ablauf dieser Nacht zu berichten.
Die von Suffa angeordneten Spähposten an den wichtigsten Straßen und Brücken veranlassten Michael Heigl wohl, diese Stellen zu meiden, und so durchwatete er bei Simpering den Regenfluss.
Er kam von Norden und wollte sich offensichtlich zu seinen Verstecken auf dem Kaitersberg in Sicherheit bringen.
Ganz groß beschreibt Suffa in der Einleitung seines späteren endgültigen Rapports, wie sehr sich seine Station in Hohenwarth mit Erfolg um das Vertrauen der Bevölkerung bemüht hatte, und legt dann los mit der genauen Beschreibung der Ereignisse in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni 1853.
Suffa schreibt in seinem Bericht an sein Bezirkskommando am 18. Juni:
"So kam es, als Heigl mit seiner Zuhälterin in der Mitternacht vom 16ten auf den 17ten dieses Monats von Norden nach Süden den Regenfluß - Stege und Wege vermeidend - passierte, nachdem er in dem nahe gelegenen Orte Simpering vorher noch einen Einbruch und Viktualiendiebstahl gemacht hatte, und im Begriffe stand, sich auf dem Kaitersberg zu begeben, durch den Bauerssohn Josef Schmidt von Auhof k. Gerichts Kötzting über den erwähnten Fluß watend gesehen und sogleich dem gehorsamst Unterzeichneten denunziert wurde."
Screenshot des Heigl-Films von 1975:: Michael Heigl trägt seiner Freundin, Therese Pritzl, durch den Fluss |
Screenshot des Heigl-Films von 1975:: Michael Heigl wird erkannt und beim Brigadier in Hohenwarth angezeigt. |
Eine Flussquerung näher an Auhof ist wegen der Flussanstauung durch die Großmühle eher unwahrscheinlich, noch dazu, weil die Quellen von einer Querung bei Simpering sprechen. |
Die Gendarmen Dietl und Wieser kommandierte er auf die Station Cham mit dem gleichen Befehl.
Suffa selber und Gendarm Jakob Weiß forderten die Gemeindevorsteher des "gesamten Auwasser theils mündlich theils schriftlich (es ist Mitternacht, Anmerkung des Verfassers !) zu dieser Streife mit dem bemerken auf, daß derjenige, welcher nicht augenblicklich Folge leiste empfindliche Strafe zu gegenwärtigen habe."
"Sämtliche Unterthanen, wie die Gendarmerie folgten wie ein Mann, dem Rufe des gehorsamt Unterzeichneten, die Streifzüge wurden durch geh. Unterzeichneten durch kleinere Abtheilungen halbgedeckt - Unterzeichneter mit der Hohenwarther Gendarmerie an der Spitze, auf den wichtigsten Platze dirigiert.
Der ganze Kaitersberg wurde planmäßig umrungen, um den Bogen so nach immer enger schließen zu können. Geh. Unterzeichner, Josef Stoiber, Inwohner von Hohenwarth, Johan Paul von Arrach, z.Z. Dienstknecht in Hohenwarth, Jos Aichinger, Inwohnersohn von Anstorf und Gg Sturm, Häusler von Hohenwarth entdeckten zuerst den Heigl hinter einer Felsenkluft, nahe am Rücken des Kaitersberges.
Heigl diesen Streifzug erblickend ergriff die Flucht retour, und lief dem Gotzendorfer Streifzug gerade in die Hände.
Heigl am Boden liegend wurde druch Schläge und Hundebisse verwundet - jedoch ohne Bedeutung. Inzwischen führte der entstandene Lärm und vorzüglich der Fanghund des geh. Unterz. denselben mit seiner Mannschaft an Ort und Stelle, worauf derselbe den Heigl vor weiteren Mißhandlungen in Schutz nahm.
Nach der Auflistung der einzelnen an der großen Jagd teilgenommenen Gendarmen führte er weiter an:
"Die Masse der Civilpersonen war sehr groß, deren Eifer allgemein, ihre Zahl kann bis jetzt noch nicht angegeben werden.
Die Arretierung erfolgte früh morgens zwischen 7 und 8 Uhr herum, und wurde der Verhaftete nebst seiner Zuhälterin Theres Pritzl von Gotzendorf, Mittags gegen 3 Uhr durch geh. Unterz. in Begleitung einiger bewaffneter Bauern in die Landgerichtsfrohnfeste zu Kötzting eingeliefert, sofort dem Pfleggericht Kötzting unter Überlieferung der Effekten Rapport erstattet, und dem k Comp. Commando und 2ten Dist. Commando gleiche Meldung erstattet.
Andreas Suffa Brig. |
Am selben Tag - vielleicht im Anschluss bzw. Nachgang des vorherigen Berichts - fasst er das Geschehene noch einmal auch für das Kötztinger Landgericht zusammen, und darin wiederholt er zwar einige Passagen des obigen Berichts wortwörtlich, fügt aber noch einige Details des Ablaufes der direkten Konfrontation hinzu.
"Durch den Bauern Jos: Mühlbauer von Haselstauden wurde sogleich Feuer auf diesen verbrecher gegeben, ohne ihn jedoch zu treffen. Heigl schoß zurück und gab dem Mühlbauer auf der Stirne und Oberfläche des Kopfes einen nicht geringen Streifschuss, wobei dessen Hut [durch]einen starcken Schrott u. Postenschuß gänzlich durchschossen wurde. Hierauf gab der Bauer Vogl von Gotzendorf Feuer auf den Heigl ab, daß Gewehr versagte ihm, nun hetzte derselbe seinen bey sich habenden Hund auf den Verbrecher, nach welchen Heigl sogleich feuerte, denselben aber glücklicherweiße fehlte, der Hund fiel nun den Heigl an, der Bauer Vogl warf sein Gewehr weg, und ergriff den Heigl mit bloßen Händen.
Gleich hierauf kam der verwundete Bauer Mühlbauer dem Bauer Vogl zu Hilf, dann folgten Michl Fechter und der Gemeindevorsteher Jos. Geiger von Gotzendorf und so einer nach den andern von ganzen Streifzuge Gotzendorf.
Heigl wurde zu Boden geworfen und durch Schläge am Kopfe und durch Hundsbieße an den Füßen verwundet, und bis zur gänzlichen Abmattung mißhandelt. Inzwischen führte der Alarm den Unterzeichneten mit seiner vorne erwähnten Mannschaft an Ort und Stelle, und nahme den Verbrecher von weiteren Mißhandlungen in Schutz.
Auch die Beschreibung der "Effekten" Heigls ist im zweiten Bericht Suffas detailreicher.
Die beiden Arbeitszeugnisse weisen Unterschriften der Bahnrichter Bartholomaeus Fischer (aus dem Jahre 1847) und vom Bahnrichter Josef Drwossack aus dem Jahre 1846 auf.
Die große Doppelflinte trug eine Aufschrift: " Joseph Tlangl in Gaut /: in Böhmen:/ .
In diesem Bericht wurde Heigl noch vormittags 11 Uhr in Kötzting eingeliefert. Bei diesem zweiten Bericht verweist Suffa vor seiner Unterschrift sogar auf seinen Diensteid, um die Authentizität zu versichern.
Dieser zweite Bericht Suffas lag offensichtlich auch Dr. Sommerfeldt vor, denn diese deckt sich im Detail mit dessen Schilderung der Aufgreifung in seinem Heiglbeitrag.
Nun lag der Ball im Spielfeld Carl von Paurs, der Michael Heigl - von Therese Pritzls gleichzeitiger oder nachträglicher Verhaftung ist in dem Bericht mit keinem Wort die Rede -, sehr gerne sofort nach Straubing überstellt sehen haben möchte. Jedoch Straubing war überfüllt, und so musste Michael Heigl für viele Wochen im ausbruchsgefährdeten Kötztinger Gefängnis untergebracht und bewacht werden.
Die Kötztinger Fronfeste war für solch einen Fall nicht ausreichend gesichert und gleich brodelte auch die Gerüchteküche:
Brigadier Suffa berichtete am 2.8.1853 an seinen Chef, Hauptmann Feys.
.... Es habe sich heimlich unter der Station das Gerücht verbreitet, daß der Heigl demnächst von hier fort und in sichere Verwahr kommt: Heute früh wurde in einem Stadel, welcher an noch zwei angebaut ist, und in einem desselben sich angeblich 7 Zentner Pulver aufbewahrt befinden, Brandstiftungsstoff gefunden, welcher in abgewichener Nacht gelegt worden war.
Diese Städel und die Frohnveste sind blos durch die Straße resp. einen Fahrtweg getrennt. Es ist daher genügender Grund annehmen zu dürfen, daß dieser Brand für Heigls Befreiung gelten sollte.
Ferners steht zu vermuten, weil ihnen dieses nicht gelungen, dem Gendarmerie Posten allenfalls zu überfallen.
Den Heigls Freyheit, ist nach meiner unmaßgeblichen Ansicht, für viele in der Gegend dringendes Bedürfnis.
Suffa schlägt nun vor, mit seiner Mannschaft zu Nachtzeit zusätzlich Posten zu stellen.
Von Mathias Heilmeier haben wir aus dem Jahre 1900 eine Zeichnung des Areals, welches Suffa hier - gut 40 Jahre vorher - als so brandgefährdet beschrieb. Ob die Fronfeste damals bereits so hoch war, ist eher unwahrscheinlich
Zeichnung von Mathias Heilmeier um 1900 |
München den 15ten August 1853.
In der Zwischenzeit beginnen die Mühlen der Justiz zu mahlen. Das kgl. Appellationsgericht in Passau beschäftigt sich ab Anfang August 1853 mit den abschließend vorzulegenden Akten des "Michael Heigl von Beckendorf und Genossen wegen Raub und Diebstählen" und einem Vortrag des Oberstaatsanwaltes und verfügt danach die " alsbaldige Uebersetzung des Arrestanten Michael Heigl in die Frohnfeste zu Straubing und Erlassung der zur Ausführung dieser Translokation erforderlichen Anordnungen."
Das Appellationsgericht in Passau beurteilt darin auch die Haftsituation in Kötzting und kommt zu folgender, für Kötzting wenig schmeichelhafter, Einschätzung.
Kötzting solle sich in dieser Hinsicht mit den Behörden in Straubing absprechen und Passau drückte seine Hoffnung aus, dass trotz der Überfüllung des Gefängnisses in Straubing eine Überstellung Heigls bald möglich sein sollte.
Dier Hinweis auf die "Gesundheit" des Michael Heigl hing wohl damit zusammen, dass er, weil das Kötztinger Gefängnis selber ja nicht gerade als ausbruchssicher bekannt war, Heigl permanent angekettet war.
Carl v. Paur |
Nun kommt also wieder Carl von Paur ins Spiel, der als Antwort auf das Schreiben von Passau die Situation im Kötztinger Gefängnis schildert. "Die strengste Überwachung des Heigl in der Frohnfeste wird auf das püncktlichste fortgesetzt und ist dessen Flucht bei der starken Fesselung nicht möglich, auch verhält sich derselbe ganz ruhig und hat dem Aufsichtspersonal noch zu keiner Beschwerde Anlaß gegeben.
Dessen Ablieferung nach Straubing und die hierauf bezüglichen Anordnungen werden so geheim als möglich gehalten, und erst Tags vor dem Vollzuge dem Gendamerie Brigadier bekannt gegeben. Übrigens sind die Maßregeln für die Verhütung von Sicherheitsstörungen zunächst durch vermehrten Patrouillendienst der k. Gendarmerie und im Markte Kötzting bis weiters auch die sogenannte Stillwache /:zur Nachtzeit:/ angeordnet, die vorzugsweise die Umgebung der Frohnfeste im Auge zu behalten hat. Von irgend einer Äußerung aus der untern Volksklasse, welche auf eine besondere Theilnahme am Schicksale des Heigl schließnen ließe, konnte bisher nichts erforscht werden, vielmehr ist die Volksstimmung allgemein dahin gerichtet, daß man froh ist, daß Heigl in sichererem Verwahrsam sich befindet... Paur k. Landrichter
Dr. Sommerfeldt führt in seinem Bericht eine genaue Schilderung der Haftsituation Heigls an, die aus einem Schreiben Carl von Paurs vom 28.6.1853 stammt und die sich in den Heiglakten des Jahres 2023 offensichtlich nicht mehr finden lässt.
Straubing bremst aber erneut, und so muss von Paur wiederum - 22.8.1853 - an die Regierung seinen Zwischenbericht abliefern.
"Das Direktorium des Kreis=und Stadtgerichts-Straubing" habe " mit Schreiben v. 18. pr. 21. d. M. vernachrichtet, daß die Uebernahme des M. Heigl in die Frohnfeste zu Straubing erst mit Ablauf des Monats August stattfinden könne, weil erst bis dahin durch Ablieferung von Gefängnissträflingen an benachbarte Frohnfesten und durch Ablieferung von Schwurgerichts Gefangenen in die Straforte die nöthige, und vor Allem sichere Räumlichkeit zur Detention für Heigl gewonnen werden kann."
Damit steht aber auch das Datum fest: am 1. September wird Heigl endlich nach Straubing überstellt werden.......und Carl von Paur wird wieder ruhig schlafen können.
Wer bezahlt?
Michael Heigl ist noch gar nicht weg aus Kötzting und nun nimmt die Kostenfrage in den Heiglakten einen immer größeren Raum ein. Mit Datum des 1. Aprils wurde ja eine Gendarmeriestation in Hohenwarth - auf Kosten der Gemeinden - errichtet, welche am Tage nach der Verhaftung des Heigl sofort aufgelöst worden war und deren Mitglieder zu ihren Heimatstandorten zurückgeschickt wurden.
Das Innenministerium hatte dieses Verfahren angeordnet und verfügt, dass die Eintreibung der Kosten "eine besondere Verzögerung nicht erfahren dürften." Da das Gendarmerie -Kommando in Landshut diese Kosten zunächst aus seinem Budget vorgeschossen hatte, drängt dasselbe nun stark darauf, von den Gemeinden die Kosten rückerstattet zu bekommen. Eine erste Auflistung der insgesamt angefallenen Kosten bringt schon mal eine erste (Zwischen)Summe von gut 711 Gulden auf den Tisch, wobei wegen der bei der Aktion ebenfalls beteiligten Liniensoldaten und der fehlenden Abrechnung des Monats Juni noch keine endgültigen Zahlen genannt werden konnten. Auch wenn für die Gemeinden aus dem Text herauslesen wollten, dass sie nur eine Forderung von 200 Gulden träfe, die sie zu bezahlen hätten, so schrillten in "Gotzendorf und Consorten", so die offizielle Bezeichnung der Gläubiger, doch die Alarmglocken.
Am 5.8. 1853 wurde den 6 Gemeinden die Rechnung präsentiert und das Zahlungsziel betrug: "14 Tage, bei Vermeidung von Amtszwang", wie Carl von Paur an das Ministerium schrieb. Geld kam bei ihm im Landgericht noch keines an, aber dafür ein "Gnadengesuch an Sr. Majestät den König um Nachlaß dieser Kosten", welches er "demnächst in unterthänigst gehorsamster Vorlage wird " bringen werden.
Und so schreiben "Gotzendorf und Consorten" einen Bittbrief:
"Einer hohen königlichen Regierung ist bekannt, das die 6 Gemeinden des königlichen Landgerichts Kötzting, nämlich Gotzendorf, Grafenwiesen, Hohenwarth, Arndorf, Liebenstein und Anstorf mit einem Strafkommando wegen Aufbringung des Verbrechers Heigl belegt wurden." Und so beschreiben sie weiter ihre Lage:
"Diese Gemeinden, größtentheils aus kleinen Anwesensbesitzern bestehend, sind nicht im Stande eine so hohe Summe aufzubringen, ohne an deren Vermögensverhältnissen den empfindlichsten Verlust zu erleiden."
Sie hofften aus zwei Gründen eine Reduktion der Summe zu erreichen, weil zum ersten, ,"die weit größte Anzahl derselben unschuldig von der Strafe getroffen sei", und zweitens "auch durch ihre mit Lebensgefahr verbundenen Bemühungen es gelungen ist, des Verbrechers Heigl habhaft zu werden."
Die Gemeinden schreiben zunächst immer nur von 200 Gulden, die sie zu bezahlen hätten und welche Summe sie nicht aufzubringen in der Lage wären. Carl von Paur jedoch verweist in seinen Schreiben mehrmals darauf, dass es gut 711 Gulden seien, die als Exekutionskosten umgelegt werden würden.
Die Belohnungen werden ausbezahlt
Ebenfalls noch im August 1853 kommen aus Landshut die Anweisung zur Auszahlung von ausgelobten Belohnungen, allerdings war dies noch nicht die "richtige Fangprämie", die ja 200 Gulden ausmachte..
Landshut den 22. August
Im Namen p.p.
Auf den Grund des in vidimerter Anschrift hienach beigefügten höchsten Rescriptes......und des geprüften Diäten Verzeichnisses des k- Gendarmerie Hauptmanns Freiherrn von Frays erhält die Kreiskasse folgende Weisungen:
1. Den nachgenannten Individuen als:
a) den Müllerssohn Josef Höcherl
b) den Bauernsohn Josef Schmidt
c) den Dienstknechte Johann Paul
d) den Inwohner Josef Stoiber und
e) der ledigen Inwohnerin Franziska Raab von Schönbuchen
ist für ihre ersprießliche Dienstleistung bei der Arretierung des Michael Heigl eine Geldbelohnung von je 20 Gulden - sohin im Ganzen von 100 fl durch das verständigte k. Rentamt Kötzting gegen gestempelte und legalisierte Quittungen unverzüglich auszubezahlen."
Heigl wird nach Straubing überführt
Der Polizeisoldat Sebastian Überreiter von Kötzting schloß sich freiwillig dem Transporte an.
Die - nach einem vermuteten Brandanschlag - in der Nähe der Kötztinger Fronfeste aufgefundenen Mengen an Pulver haben nun aber Konsequenzen für zwei Kötztinger Handelsleute, Josef Decker und Josef Windorfer, denen beiden nur wenig Zeit zugestanden wurde, ihre Pulvervorräte vom Markt weit weg zubringen, auch wenn die Regierung durchaus zugesteht, dass "das Vorhandensein einiges Pulvervorrathes in Kötzting als ein Bedürfnis des Publikums bezeichnet werden kann."
Noch dazu stellte sich jetzt heraus, dass die beiden Kaufleute keinerlei spezielle Genehmigung für den Handel mit Pulver hatten, weshalb ihnen Carl von Paur jeglicher Pulververkauf ab sofort gänzlich verboten wurde.
Den älteren Kötztinger Lesern unter uns wird noch das "Pulverhäuschen" des Anton Haas mitten in der Auwiese in Erinnerung sein.
Die Prozessgemeinschaft der Gemeinden um Gotzendorf holten sich nun professionelle Hilfe, der RA Gareis aus Deggendorf sollte ihren Bemühungen zum Erfolg verhelfen und dieser bittet zunächst das LG Kötzting um Akteneinsicht und, nach dessen Hinweis auf andere Zuständigkeiten, eben bei der Kreisregierung.
Trotz verweigerter umfänglicher Akteneinsicht fertigt Dr. Gareis dann seine Petition an die Regierung in Landshut und beschreibt darin Heigl als einen Mann, der " in einem fortwährdenden Kampfe mit den Gendarmeriepatrouillen einen Muth und eine Schlauheit bewies, welche auf moralischer Bahn gebraucht, segensreich hätte wirken können."
Gleichzeitig beschreibt er kurz die Lebensverhältnisse: " Der Genuß von Fleischspeisen oder von Bier ist hier nur an hohen Festtagen bekannt, dagegen Haberbrod und Kartoffeln, welche meistens an Krankheit leiden, die einzige Nahrung."
Als erstes schlägt Carl von Paur - 14.11.1853 - in seiner Antwort - untertänigst - vor, die Zwangseintreibung der Summe aussetzen zu dürfen, bis die Angelegenheit an Höchster Stelle entschieden werde, und bestätigt dann, dass die Beschreibung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch den Rechtsanwalt durchaus der Wirklichkeit entspräche. Auch die Mithilfe bei Heigls Verhaftung und die Rolle Suffas findet bei Paur seine Würdigung. Er wiederholt also die Argumentationskette das Rechtsanwalts und versucht damit wohl, seine Dörfler zu unterstützen bzw. zu schützen.
Der Hintergrund dieser Bitte um einen Zahlungsaufschub versteckt sich ein wenig an anderer Stelle des Schreibens des Rechtsanwaltes.
Er argumentiert, dass zu erwarten bzw. zu hoffen sei, dass bei der Schwurgerichtsverhandlung gegen Michael Heigl, deren Beginn auf den 24. Februar angesetzt war, sich sehr schnell herausstellen würde, dass "sämtliche Gemeinden ihrer Seits Alles gethan haben, was zur Ergreifung des Verbrechers Michael Heigl dienlich war. Sicher werden sich bei der öffentlichen Verhandlung Anhaltspunkte ergeben, welche eine Gnadengesuch um Nachlaß der Exekutionsgebühren Allerhöchsten Orths begründen."
Ganz poetisch beginnt der Rechtsanwalt:
Angesichts des Aufwandes, den all die Behörden in diesen 10 Jahren betrieben hatten, um den Michl Heigl zu schnappen, ist dies schon eine gewagte Aussage, bzw. eben ein Versuch eines gewieften Rechtsanwaltes die Sache seiner Klienten in ein besseres Licht zu rücken.
Der Rest der Petition führt seitenlang aus, welche Folgen solch eine Zwangsabgebe für die verarmte Bevölkerung in dieser unfruchtbaren und unwirtlichen Gegend haben würde, verweist auf die bekannte landesväterliche Liebe und väterliche Huld des Königs und bittet darum, daß der König auf dem Gnadenweg den gemeinden die Schuld von 711 Gulden erlassen würde.
Die Unterschriften unter der Petition der Gemeindevorsteher und anderen "Ratsmitglieder" von Gotzendorf, Grafenwiesen, Hohenwarth, Arndorf, Liebenstein und Ansdorf. |
Wieder muss von Paur den Zahlungsbefehl übermitteln, und erneut bittet RA Gareis um einen Aufschub, bis der König selber entscheiden würde, nun ist es aber bereits Ende März geworden.
Ende April muss der Kötztinger Landrichter erneut - wie es dem damaligen schriftlichen Brauch entsprach - bestätigen, dass er den Befehl der Regierung erhalten hat, binnen 14 Tagen die Exekutionskosten einzutreiben und danach den Vollzug zu melden.
Die Exekutionskosten aufgeschlüsselt nach den Ortschaften. |
.Das war aber nun mancher Gemeinde auch wieder nicht recht. Diese wünschten nun eine Kostenaufteilung " nach Köpfen /:Familien:/" vornehmen zu dürfen, was ihnen von Paur genehmigte, allerdings mit dem Zusatz, sollte dies nicht innerhalb der Frist von 4 Wochen geschehen sein, würde seine Liste Bestand haben.
Am 14.6.1854 jedenfalls kann Carl von Paur der Regierung in Niederbayern melden, dass von den geforderten 711 Gulden 46 Kreuzern und 7 Heller zum Stichtag bereits 709 Gulden und 55 Kreuzer bezahlt und an das Gendarmerie=Kommando in Landshut weitergereicht worden seien. Die kleine noch fehlende Restsumme würde in Kürze nachgereicht werden.
Unterschrift Wolfgang Vogl |
Er habe gehört, dass bereits einige "Geldbelohnung bezüglich der Aufbringung des Michael Heigl vom hiesigen Rentamt ausbezahlt wurden", und bittet nun seinerseits zumindest um die Hälfte der Hauptgeldbelohnung. Schließlich war er es, so Vogl wörtlich, "welcher den Mich. Heigl, nachdem dieser den Mühlbauer von Haselstauden bereits geschossen und wehrlos gemacht hatte, mit Aufwendung meiner vollen körperlichen kraft und mit Lebensgefahr zu Boden geworfen und gebendigt hat." Er bittet zumindest um die Hälfte der ausgelobten Fangprämie.
Unterschrift Joseph Mühlbauer |
Die gerechte Halbierung der Fangprämie war offensichtlich unstrittig, nicht jedoch die Kur- und Heilkosten für den Haselmühler Bauern Mühlbauer.
Da Heigl derjenige gewesen war, der Mühlbauer verletzt hatte, musste tatsächlich zuerst geprüft werden, ob Heigl denn nicht finanziell in der Lage wäre, die Kosten für dessen Heilbehandlung zu übernehmen.
Also alles zurück an das LG Kötzting, das dann lapidar feststellte, dass Heigl nur so viel besäße, wie am Leibe trug, als er verhaftet worden war.
Abrechnung der Kosten
2. an die Verwaltung des Distriktskrankenhauses Kötzting mit 16fl 12 xr
3. an den Wirth Wolfgang Lemberger mit 7 fl 52 xr
Erst bei der Ablieferung der Gefangenen - nachmittags um 3 Uhr nach der einen und Ende Vormittag nach der anderen Version - ist Therese Pritzl wieder erwähnt.
Zwischen dem Überschreiten des Regens und dem Aufgriff um 7.30 morgens ist genügend Zeit, so dass Michl Heigl u.U. seine Freundin bei den Eltern in Gotzendorf vorbeigebracht haben könnte, bevor er dann alleine auf den Kaitersberggipfel zusteuerte.
Die Frage wäre halt, ob sie ihrem Michl, als Mühlbauer verletzt und außer Gefecht gesetzt am Boden lag, im Kampfe gegen den Hund und den Bauern Vogl nicht zur Seite gestanden hätte, wäre sie vor Ort gewesen.