Im Postfach des Stadtarchives Kötzting befand sich heute - 25.4.2023 -ein dickes Briefkuvert von der Staatlichen Bibliothek in Regensburg und der Inhalt hatte es in sich.
Sehr alte Dokumente - und zwar Originale - aus dem Pfarrarchiv Wettzell waren darin enthalten.
In den letzten 30 Jahren kam es bereits zwei mal zu Abgaben von Originalarchivalien aus diesem Pfarrarchiv, und es ist zu vermuten, dass ein früherer Pfarrer von Wettzell sehr, sehr freigiebig mit diesen für uns so wertvollen und unwiederbringlichen Dokumenten umgegangen ist.
Die Nichte einer Frau Ute Kapuste, die in den 60er Jahren in der Universitätsbibliothek Regensburg gearbeitet hatte, überließ zunächst das Material der Staatlichen Bibliothek und diese hatte dann, nach Rücksprache mit der Nichte, das Konvolut an uns kostenlos weitergegeben.
Darunter befinden sich wunderschön ausgearbeitete sogenannte "Schuldverschreibungen". Die St. Lorenzkirche in Wettzell mit seiner Feldkapelle war gleichzeitig auch die einzige Möglichkeit, sich Geld auszuleihen, gegen einen festen Zinssatz von üblicherweise 5 Prozent.
Ein kurzer Vergleich mit der Chronik von Wettzell zeigt, dass wohl die meisten der Beurkundeten auch in der dortigen Häuserchronik zu finden sind.
Papiersiegel unter dem obigen Vertrag. |
Die nächste Urkunde aus dem Jahre 1682 ist von/für Thomas Liebl und Eva - unter Beistandsleistung des Wirtes Georg Rösstners . Sie leihen sich 40 Gulden, mit einer interessanten Umrechnung, dass jeder Gulden Rheinischer Münz fünfzehn Patzen oder 60 Kreuzer wert sei. Der Kirchenprobst in diesem Jahr war der Schmied Adam Höfer. Auch diese geben als Pfand ihre Erbrechtssölde.
Der Siegler, der Herr von Reithorn, hat nun zu den obigen noch ein paar Titel hinzubekommen. Zusätzlich ist er jetzt auch noch Herr "auf Lauffenbach, Hauzing und Rainting, der chfrtl. Drchlt Bayern p. Pfleger und Castener zu Altennußperg und Lülndten"
Danach folgt die nächste "Schmuckurkunde"
Dann kommen Andre Stromayr und Barbara aus Wettzell - hier ist der Beistand ein Michael Jungbeck und die Kirchenprobste sind Georg Vogl und der Hofbauer Hans Heigl, beide aus Wettzell. 1689 leihen sich die beiden 50 Gulden und das beliehene Objekt ist auch hier eine Sölde.
Für diesen Kapitalgeber zeichnen im Jahre 1690 Michael Rabenbauer und Wolf Hartreiter aus Wettzell verantwortlich. Diese besitzen einen "halben Erbrechtshof", den sie als Pfand einsetzen.
Als nächstes folgt ein Auszug aus einem Briefprotokoll für Wettzell aus dem Jahre 1692, als ein Georg Kopp aus Wettzell und dessen Ehefrau Maria sich 15 Gulden von der Johann und Paulus Kapelle in Wettzell leihen.
Auch hier sind wieder einige weitere Wettzeller Bürger angeführt:
Adam Hammel ist der Beistand der Ehefrau
Michael Rabenbauer und Wolf Hürttreither sind die verordneten Kirchenpröbste und als Zeugen fungierten Hans Six und Andre Pfeffer, alle aus Wettzell.
Protokolliert wurde das ganze im Hofmarksgericht Wettzell, so wie vermutlich auch all die anderen Urkunden, da in Wettzell ja kein amtliches Gebäude existierte.
Sebastian Röhrl - ein adelig Obrist Walserischer Hofmarksuntertan von Wettzell, und seine Frau Maria - unter Beistandsleistung des Wettzeller Georg Schedlbauer - leihen sich 100 Gulden vond er Pfarkirche.
Wilhelm Artmann und Wolf Geiger aus Wettzell sind in jenem Jahr - 1696r - die Kirchenpröbste.
Das beliehene Objekt ist ein Erbrechtshof und, wie im Urkundenkopf bereits angedeutet, ist der Further Grenzhauptmann und Pfleger Johann Baptist Walser von Syrenburg der neue Grundherr und damit haben wir das nächste Papiersiegel.
Siegelabdruck des Obristleutnants Walser von Syrenburg |
Als nächstes folgt ein Auszug aus einem Briefprotokoll für Wettzell aus dem Jahre 1745.
Schuldbrief per 30 fl
Weil von Widtumsgrundstücken die Rede ist und an einer anderen Stelle von einem "Herrn Vorgänger" geschrieben wird, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Wettzeller Pfarrer der Verfasser gewesen ist.
Der kleingefaltete Zettel trägt keine Jahreszahl, ich schätze ihn aber auf den Zeitraum gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein.
Und angebrachte Dunget überhaupts
Ins Winter Korn und Waizen Feld wurden 45 bis 48 Färtln geführet: In dem Sommerkorn Acker 5 Fahrtl: Zum eßbarn Erdapfel und Sommerwaiz 7 Fahrtl: in das neu angebaute Kleefeld (Dies kann ein Hinweis seinauf das Ende des 18. Jahrhunderts sein) 5 Fahrtl: Ins Krautfeld 6 Fahrtln macht in allem aus 68 Färtln.
Das Erdäüfelfeld, Sommerkorn und Waiz und Krautfeld zu dungen 1 Tag
Das neu angebaute Kleefeld zu dungen brauchte man 1/2 Tag
Tage also den Dunget auszuführen wurden in allen gebraucht 4 biß 4 1/2 Tage
Vier kleingeschriebene Seite voll listet der Pfarrer im Detail alle seine Aufwände an Material und Leistungen auf, die er in einer Erntesaison hatte durchführen.
Einen kleinen Überblick über die wechselvolle Geschichte Wettzells und vor allem auch mit einem Ausflug zum Pfarrarchiv Wettzell gibt der Blog zur 900 Jahr-Feier Wettzells.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.