Das "alte Kötzting" hatte bei der "Uraufnahme" im Zusammenhang mit der beginnenden Landvermessung Bayerns insgesamt 159 Anwesen.
Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem
einleitenden Blog nachgelesen werden.
alte Hausnummer 59
der Kollmaierkeller
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Ausschnitt aus Bayernatlas.de |
Das Brauwesen in Kötzting stand jahrhundertelang nur auf zwei Beinen. Zum eines gab es das kurfürstliche Weißbierbrauhaus, in dem auch die Kötztinger brauberechtigten Bürger ihr - allerdings gewöhnliches, braunes Bier - brauen lassen durften, und zum anderen gab es in die Familie der Billichs, die - der Grund dafür ist unbekannt - auf ihrem Anwesen in der heutigen Herrenstraße - heutzutage das Hotel zur Post -, obwohl dieses kein Marktlehen war, zumindest seit 1619 ein eigenes Braurecht besaßen. In alten Urkunden ist auch noch von einer "Privatbrauerei" die Rede.
Geht man noch weiter zurück - als das Weißbierbrauen noch kein Regal des Fürstenhauses gewesen war, finden wir sogar drei einzelne Brauereien.
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Landgericht Kötzting In disem Gericht hat es im Marckht Közting drey weisse Pierpreu heußer, das erst gehört gemainen Marckht zu, welches sie von zwayen Burgern daselbst |
die vor 50 Jaren dergleichen Pier darinnen geprent haben sollen, erst vor 20 Jaren an sich erkhaufft, Bericht aber der Landrichter alda, es werde des schwarzen Piers mer als des weissen Piers, und über Wünter über 4 oder 5 Preu des weissen Piers darinnen nit geprentEinschub:
Das spätere Kommunbräuhaus wurde also bereits um das Jahr 1550 als Braustätte genutzt und um 1570 vom Markt angekauft. Vermutlich bereits 20 Jahre später sollte dann der Einstieg der Regierung erfolgt sein, die das Weißbierbrauen an sich gezogen hatte.
Einschub EndeDas andere Preuhaus so Michl Khüerner Burher zu Közting Erbrechtsweis inhat. darinn soll yber Menschen gedenckhen Weiß Pier gepreut worden sein, wie es auch noch heuttigs Tags Summers und Wünters Zeiten beschicht.
Einschub
Bei dieser Braustätte KÖNNTE es sich um die spätere Billichsche Braustätte - Hotel zur Post - gehandelt haben.
Einschub Ende
Das dritte Weiß Pier Hauß hat Inhalt Landtrichters Bericht, Ander Rab Burger zu Közting von seinem Vattern erblich an sich gebracht, darinn sein bei 46 Jarn herr Weiß Pier geprent worden, hab...."von einem preu, nit mer macht aufs Landt zuverkhauffen, dan ain viertl oder 4 Eimer, das annder mues er vom Zapfen ausschenckhen, werde auch aus unvermögen das gannz Jar über 2 Preu darinn nit gepreut."
Aus dem Jahre 1666 kennen wir einen Prozess, in dem sich der Kötztinger Braumeister Georg Kollmer dagegen wehrt, als Bierpantscher beschuldigt zu werden.
"Hanns Arnstorffer lediger Khueffer gesell zu Khözting, hat wider den iezigen Preumaister daselbst Georgen Kholmer, offentlich ausgesprengt, er wisse die Ursach, warumben zu Khezting khain guettes weisses Pier verhandten, und seye dies weillen er Preumaister von ieder Preu ab dem besten und vorschuss, ain Achtl abfassen und hingegen wider sovil schapfen Wasser zuegiessen thue. Zumahlen dan der Preumaister von ihme rechtliche Ausfiehrung ad offentlichen Abtrag begert: er aber sich dahin entschuldigt, Er habe es so bös nit gemaint, Er wisse von Ime im geringsten dergleichen nit zusagen, sondern alles lieb und Guetts, dahero ist Ihme gerichtlichen auferladen worden, mit vorbehalt seiner Ehren, dem preumaister vo Gericht die Handt zu bietten, und zur Straff neben ernstlichen Verweis, ain Tag in dem Stockh condemniert, an gelt aber unvermögenheit halber NIHIL."
Mit dem Anfängen eines gemeinsamen Brauhauses - vor allem, nachdem auch noch der Staat mit ins Boot genommen werden musste - war es nun auch nötig, für entsprechende Kellerräume zu sorgen, um ausreichende Lagermöglichkeiten zu haben.
Zu diesem Zwecke - also für die Unterbringung der Fässer aus der Weißbierbrauerei - wurde ein Kellerhaus in den benachbarten Hang getrieben. Die Fässer mit dem braunen Bier für die Kötztinger Marktlehner und Söldner mussten diese selber versuchen unter ihren Häusern zu lagern.
Aus einer Rückfrage aus München im Jahre 1819 - als die Regierung einen Eigentumsanspruch an das Kötztinger Kommunbrauhaus erheben wollte - konnte in alten Unterlagen festgestellt werden, dass die letzten Abgaben nach München für einen Sud von Weißbier im Wirtschaftsjahr 1746/47 geflossen waren, danach wurde der Keller offensichtlich nicht mehr genutzt, zumindest baulich nicht mehr instand gehalten.
In einem späteren Rechtstreit im Jahre 1783 wird ein Auszug aus einer Rechnung des Bräuamtes benötigt, der eine Baubeschreibung enthält.
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StA Landshut Regierung Straubing A 4705
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"Extract auß der Rechnung des churfrtl: Weissen Bräu=amts Közting des dato 1738
Weillen bei dem gdsist uns anvertrautten Weissen Bräuhaus kein Keller, sondern Anstatt dessen ain blosses Gewölb verhanden, welches aso beschaffen ist, das bis eraigneten Blazregen von dem oberhalb hochliegen= bürgerlich: Grassgartten die Hienerin genannt das unsaubere Wasser"
"
unröthbar hineindringt, und eine guette Zeit sizend beibet, wordurch dannoch yber villfeltiges Säubern und Buzen dieses Gewölb unterschidlich yble Geschmache bekombt, sohin auch das Pier schon zum öfftern inficiert hat, noch um so mehr an Sommer, bei dennen einfallend=Warmmen und sonderbahr in dennen zum Sudwesen sehr gefehrlichen Hollerblue und Hundtstagszeiten, das Pier darinnen dergestalten versauert, und verdorben, das man zum größten Schaden des höchst Landesherrschaftlichen Interesses solches um meinen Leichten preiss der mehrer versäuern: und Vererbungswillen hat verleuth geben müssen. Mithin es die gräste Notturft erfordert, daß zu Beforderung des hechst Landherrschaftlichen Interesses ein neuer Keller erbaut werde. Und ansonsten Ringsum das Bräuhaus wegen des vorhandenen Wassers keiner angeschafft werden können, als haben wür dem unterhalb des Weissen Malz Thennens, gegen marckt hinaufwerts zue entlegenen Sandig und flinsigen Berg in Vorschlag gebracht, welchen wür alsdan durch den Statt Maurermeister zu Kam Georgen Haltmayr haben besichtigen, von ihme, und dem allhiesigen Zimmermeister ungefähr Yberschläg. neben einen Riss verfassen lassen. das dan 52 "
"Werchschuch in der Leng und 14 in der Breithen, das Hals- oder Vorhaus hingegen 15 Schuch in der Länge und ebenfalls 14 in der Weithen in sich halte. Der Verstanden hierzu ad 67 Werchschuech lang und 14 braide Grund ist die Helfte wie des Maurermeisters Yberschlag in fine zeigt, von dem gemeinen Marcktsgrund, die andere Helffte aber von des Hans Adam Greyll verburgerten Fludermanns alda augenthumblich angehörigen Gleräckerl hergenommen worden, welche Yberschläg, samt den Ris dan, hat man zum churfrtl: Lobl: Rentambt Straubing unterm 6ten Aug: ao: 1737 mit einen Unterthennig umständigen Bhrt: der gdisten Ratifications willen eingesandt, worauf nun angeregter Kellerbau vermög beilag sub dato 27ten Jenner 1738 Nro 30. gdst ratificiret volgsam selber auch würcklich vervörttiget worden, nemblich und ersstl: Was auf die Kellerausgraben erloffen ...."
Leider endet hier die Abschrift der Baukosten. Es folgt nur noch ein Schlusssatz:
"Nota
Die beede Yberschläg machen 346 fl 21 xr mithin seint solche um 136 fl 19 x 2 dn yberstigen worden, so sich von daher nimbt, deswillen der Kellerhals um 15, somit ad 30 Werchschuech lang erfordert, auch das selber hart zu graben gewesen und nach der Gewölbverförttigung widerumben hat beschid und Vösst gestossen werden müssen."
Hier der Keller aus dem Jahre 1738, wie er sich heute darstellt.
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Foto Pongratz |
Das erste "Lagergewölbe" des Weißen Brauhauses lag also auf der hinteren Seite des Brauhauses in Richtung der "Hirmerin", einer durchaus bekannten Wiesenfläche, die in vielen anderen Dokumenten bereits benannt ist.
Das Gewölbe war in keinerlei Hinsicht für die Bierlagerung geeignet und deshalb wurde ein neuer, echter Lagerkeller in den Hang gebaut, wozu ein Privatgrundstück hinzuerworben wurde.
Hier eine Übersicht über die Verhältnisse rund ums Brauhaus.
Kollmaier Christoph und Mühlbeck Martha
Christoph Kollmaier hatte am 25.5.1750 Stadlwieser Magdalena aus Lam geheiratet. Mit ihm haben wir den ersten "zivilen" Besitzer des Bierkellers.
In der Kötztinger Marktrechnung von 1769 findet sich folgender Eintrag:
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StA Kötzting MR von 1769 |
"Der Krafft der 1766ten Kammerrechnung fol 70 zufolge wohllobliches Rentamt Anbefehlchung, de dato 26. August ao 1766 zum gemainer Markt per 20 fl erkauft Weissen Pierkeller, ist bey Gemainen Marckt in keiner Weeg zu benuzen gewesen, massen sogar die Stain, wie occasione des Schus Hüttenspaues erfahren worden, im fahl dise gebrochen = weit mehr Kosteten, als wan derlei ander werths her gefahren wurden.
Man hat also ermelten Keller inhalt Briefs Protokoll unterm 26ten Juli huius anni, an Christophen Kollmayr und Veith Vest beeden Burgern alhier umb das Hauptgelt per 20 fl weid verkauft. Dahero dan in Einnahmkommenm gedacht 20 fl."
Seit dem Sommer 1769 also befand sich der ehemals kurfürstliche Weißbierkeller nun in privater Hand von zwei Kötztinger Bürgern Christoph Kollmaier und Veith Vest.
Natürlich hielt bei dem Deal das kurfürstliche Rentamt in Straubing die Hand auf. Die 20 Gulden für den Weißbierkeller waren für den Markt Kötzting nur ein Durchlaufposten und mussten an den Staat weitergereicht werden.
Im Briefprotokoll des Jahres 1769 finden wir den genauen Kaufvertrag.
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StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1769 "Kauffbrief um den sogenannten Weissen Bier Keller per 20 fl" |
Die Käufer sind der "
ehrngeachte Christoph Kollmayr Rothgärber: und Veit Vest Wirth beden Burgern vor der Brucken alhir, all den Erben und Nachkommen."
Verkauft wird der "
nemlichen den ehedessen zu dem gewest churfürstl. Weissen Bräuhaus alhir gehörigen Bierkeller, so negst dem Bräuhaus entlegen..."
Im selben Vertrag stellt sich der Markt schuldfrei, sollten die neuen Käufer mit ihren Nachbarn Hager ( der Bildhauer) bzw. seinem Verkäufer Kollmer Ärger wegen eines/des Zaunes bekommen.
Offensichtlich war der Grund auf bzw. der Hang, in den hinein der Keller gebaut worden war, nicht gleichzeitig mit verkauft worden bzw. war eben nicht Teil des Bierkellers.
Zu welchem Zweck auch immer die beiden Bürger den Keller gekauft hatten, im Jahre 1783 jedenfalls übernahm Christoph Kollmaier auch den Anteil des Bürgers Vest.
Aus einem Zusatz in diesem zweiten Vertrag erfahren wir, dass der Weißbierkeller vermutlich einigermaßen wiederhergestellt worden war und somit zur Lagerung wieder geeignet war.
Der Vest´sche Anteil wurde 1783 verkauft "mit sonderbahrer Beding, das Käuffer für sich und seine Nachkhommen schuldig sein solle, dem Verkauffer und seinen dermalligen Eheweib Katarina solang nemlichen ein oder das anderte bey Leben sein werde und die Behausung inhaben, iährlichen Ain Halb Sud Sommerpier in ermelt verkaufent Keller lagern zelassen und den nöttigen Zugang zugestatten."
Zeitlich kurz nach dem Ankauf des Vest´schen Anteils kommt es zu einer Auseinandersetzung um ein Wegerecht zwischen Christoph Kollmaier und Josef Dreger.
Eine Planskizze zeigt das Problem
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StA Landshut Regierung Straubing A 4705
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Auch wenn die Proportionen hier sehr "freihändig" gewählt wurden...... Die Buchstaben B und C bezeichnen den Kollmaierkeller, wobei B den Keller und AB den Teil des Kellergebäudes darstellt, der sich unter der Erde befindet, C ist das Vorhaus.
A ist das Feld/Wiese des Josef Dreger und mit "E" ist der Zaun bezeichnet, den Kollmaier errichtet hatte und damit seinem Nachbarn die Zufahrt verschloss.
"Nota die Buchstaben D.E. und AB machen also eigentlich locum litigiosum (also den strittigen Ort)
aus, da der Kollmayr hierauf einen Neubau vornehmen und der Träger hierdurch nicht allein den mit AB bemerkten Fleck, sondern auch sie mit F. D. und AB bezeichnete Nothfahrt benehmen will."
Josef Dreger beschreibt das Problem folgendermaßen:
"Dieser Keller stoßt an mein eigenthumliches Ackerl, das Beutläckerl genannt, und erstreckt sich unter der Erde tief in dieses Äckerl.
Die Oberfläche ist durch einen Zaun /:welchen aber der Kollmayr vor 10 Tägen via facti aigenmächtiger Weise niedergerissen:/ durchgeschnitten, und ist die Hälfte disseits des Zauns ein Gemeinwydenschaftsgrund, jenseits aber eine von mir und meinen Vorfahren iederzeit zum Beutläckerl genossene Pertinenz."
Der Streit, in erster Instanz vor dem Magistrat Kötzting sieht sich einer ganz besonderen Schwierigkeit gegenüber, es geht um die mögliche Befangenheit seiner Mitglieder und damit um eine zu geringe Stimmenanzahl.
Die Gesamtheit der brauenden Bürger Kötztings - steht wohl hinter Josef Dreger - möchte in der obigen Angelegenheit gegen Christoph Kollmaier klagen, hat aber das Problem, dass einerseits von den 8 Ratsmitgliedern alleine 6 "bräuende Bürger" seien und andererseits ein weiterer Kötztinger Rat, Herr Lorenz Huber, ein Verwandter zum Joseph Dreger sei und daher nicht zur "Session" zugelassen sei.
"Allein der Herr Nebenkammerer Anton Schweizer /: massen der Herr Amtskammerer Luckner aufhabenden Unbässlichkeit willen nicht ausgehen kann :/ und der Herr Georg Lecker des Innern Raths alleinig zu Machung der vota übrig wäre."
Die Kötztinger Brauer wollten angesichts der Situation, dass nur 2 gültige Stimmen im Rat wären, dass der Fall zunächst zurückgewiesen würde und fordern zunächst Abschriften der beiden Kaufverträge - 1769 und 1783 - an, um sich über deren Details informieren zu können.
Der Amtskammer Luckner - auch wenn er vermutlich bettlägerig und an das Haus gebunden war - ließ festhalten, dass zwar die Abschriften gemacht werden dürften, eine Zurückweisung der Klage durch den Markt als die erste Instanz gar nicht zulässig sei.
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StA Landshut Regierung Straubing A 4705 |
"Kammerer und Rath des churfrtl Ban:Markts Közting
Samuel Luckhner derzeit Ambtskammerer mp (eigenhändige Unterschrift)
Da Josef Dreger auch beim Kammerer Luckner nicht erreichte, dass das Bauvorhaben des Kollmaier eingestellt würde, geht der Fall in die nächste Instanz, an der Pfleggericht Kötzting, als Vertreterin der Regierung in Straubing. Dregers Forderungen lauten nun nicht nur die Einstellung des Baues, sondern auch die zwangsweise Wiedererrichtung des Gartenzaunes.
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Unterthänigst gehorsamster Joseph Trager bräuender Bürger zu Közting Unterschrift: Joseph Dreger breuender Bürger zu Közting" |
Und so soll also der neue Kellerbau aussehen, aus dem unterirdischen Kellergewölbe ist nun ein ansehnlicher Bau geworden, der an seinem hinteren Ende in der Erde steckt.
Im Endbescheid des Pfleggerichts Kötzting wird nicht nur der Wegerechtsanspruch des Josef Dreger zurückgewiesen, sondern diesem auch noch alle entstandenen Kosten auferlegt.
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Unterschrift unter dem Endbescheid: "Joseph Felix Freyherr von Armansperg churfrstl: bayrischer Kammerer, LandRichter und LandHauptMan zu Kötzting" |
Kollmaier Christoph und Anna Maria Amberger
Am 15.1.1785 übergab Christoph Kollmaier sein Gesamtanwesen an seinen Sohn - ebenfalls Christoph Kollmaier - und dessen Frau Anna Maria Amberger aus Thenried.
Am Ende des 18. Jahrhunderts befinden sich der Markt Kötzting und das Landgericht mit dem Freiherrn von Armansperg und seinem Gerichtsschreiber Preiss in einem andauernden Streit um Zuständigkeiten (= gleichbedeutend mit Einkünften).
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HStA München Gl Fasc 1819 |
"
Unterthänigst gehorsmst
Joseph Felix Freiherr v. Armansperg Landrichter
Joseph Preuß Ghrtsscheiber"
Einschub
Und bei einem dieser Briefe rollt von Armansperg auch die Geschichte des Weißbierkellers auf:
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HStA München Gl Fasc 1819 |
"Bey der Existenz des hieig weissen Bräuhauses haben Se kurfrtl. Drlcht zu besserer aufbewahrung des Biers von einem Bürger allhir einen Grund kaufen und in selben einen Keller mit beynahe 500 fl Unkosten erbauen lassen. Dieser Keller wurde da bald unnöthig, als man weisses Bier zu bräuen aufhörte. Das Brauhaus aber selbst den Bürgern gegen gewissen Reichnüssen stifftweis anlassen.Er wurde also wieder einem andern Bürger um ein Summige per 15 oder 20 fl verkaufft, welche nicht einmahl dem zwanzigsten Theill von Unkosten ersezt hat."
Der Kauf wäre so einfach abgewickelt worden, dass man von Seiten des Landgerichts nicht einmal eine Abschrift des Vertrags vorlegen könne.
Nun gab es aber einen Vorfall auf diesem Grundstück - ein Grundstück also, welches einmal dem Kurfürsten und nicht dem Markt gehört hatte - , der nun zu einem Zuständigkeitsstreit zwischen Markt und Gericht führte. "Weill die Iurisdiktion mit dem Eigenthum des Kellers nicht verkaufft worden, und der zugehörde, nämlich der Keller kein bessers Schiksal haben kan, als die Hauptsache, nämlich das Bräuhaus, wo die Iurisdiction unstrittig dem hiesigen Gerichte gehört.
Der Markt argumentierte:
1. Hatte sich der Kurfürst die Jurisdiktion beim Verkauf nicht ausdrücklich vorbehalten und
2. War dem Markt schon zweimal die "Briefserrichtung", also auch die Jurisdiktion zugestanden worden. (Siehe oben 1769 und 1783)
Von Armansperg möchte sich mit dieser "gekochten Speise" nicht begnügen und fügt an - wohl weil er in seinen Akten nichts Hilfreiches gefunden hatte - "das der Markt die Briefserrichtung bey unseren schlummervollen Vorfahren erschlichen, und dem Gericht aus der Ursach nicht nachtheilig sein kann, weil der Markt dem Gericht keine Nachricht ertheillet, wenn in ihrem Burgfried eine Veränderung vorbey gehet. Er mag also einmal behaupten, das solches mit Wissen und Willen des ordentlichen Richters geschehen seye."
Für Herrn von Armansperg war also der frühere Weißbierkeller immer noch als exterritorial anzusehen und Straftaten, die auf diesem Grund begangen waren, sollten von ihm und nicht vom Magistrat des Marktes abgeurteilt werden.
Am 9.1.1800 1800 war die junge Ledermeisterin Anna Maria Kollmaier verstorben und hinterließ ihren Ehemann und viele minderjährige Kinder: Joseph 11, Franziska 8, Magdalena 7, Balthasar 6, Maria 4 und Anton mit 1 Jahr.
Bereits 4 Monate später nahm sich der Witwer eine neue Frau, diesmal Hartl Anna aus Kleinaign.
Kollmaier Christoph und Anna Hartl
Im Häuser- und Rustikalsteuerkataster des Jahres 1811 wurde der Keller einfach als Teil des Rotgerberanwesen des Christoph Kollmaier aufgeführt - allerdings mit einer eigenen "Hausnummer".
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StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 von 1811 |
"Markt Koetzting
Nro LXVII das gemauerte Haus mit Stall, Stadel, Schupfe und einem kleinen gartl
Nro LXXIII dessen Walch eigentlich Lohstampf
Nro CLXIV dessen Kellerhaus"
Am 8.11.1818 verstarb der Kötztinger Lederer Georg Christoph Kollmaier im Alter von gut 65 Jahren an einer Magenkrankheit. Seine Witwe übergab den Hof dann an den ältesten Sohn, Josef, der am 24.6.1819 Anna Kolbeck aus Enklarn heiratete.
Kollmaier Joseph und Anna Kolbeck
Nur 4 Kinder bekam das junge Ledererpaar, als Josef Kollmaier bereits im Alter von gerade mal 42 Jahren am 22.11.1828 an der "Lungensucht" verstarb.
Dieses mal musste sich die Witwe schnell um einen Ersatz umsehen und fand ihn in dem Ledergesellen Wolfgang Ludwig aus Fessmannsdorf, den sie am 19.5.1829 heiraten konnte.
Ludwig Wolfgang und Anna Kollmaier
Der Lederergeselle Ludwig kann zu diesem Zeitpunkt bereits seine Befähigung durch den Nachweis von 8 Jahren auf der Wanderschaft belegen und bekommt daher die Genehmigung zur Niederlassung und zur Heirat durch den Magistrat.
Von Wolfgang Ludwig, dem Lederergesellen, haben wir einige ganz besondere Archivalien im Stadtarchiv.
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StA Kötzting AA X 69 |
Der Lehrbrief des Lederergesellen Ludwig Wolfgang, Sohn des Bauers Ludwig Wolfgang aus Fessmannsdorf. vom 14.2.1809: Gelernt hatte er seinen Beruf offensichtlich in Viechtach - sein Lehrherr konnte nicht mehr unterschreiben, weil er zum Zeitpunkt der Prüfung bereits verstorben war. An seiner Stelle zeichnete der Zunftvorsteher, ein Joseph Schmid.
Für seine Einheirat in Kötzting ließ er sich noch einmal ein Zeugnis von seiner Zunft ausstellen, die auch eine Personenbeschreibung enthält.
"Personenbeschreibung:
Wolfgang Ludwig ist 29 Jahre alt, mittler Größe, hat dunkelbraune Haare, längliches Gesicht und einen untersetzten Körperbau.
Zur Beglaubigung am 24. Mai 1829
Königliches Landgericht Viechtach"
In dem Zeitraum zwischen seiner Gesellenprüfung im Jahre 1809 und dieser Beglaubigung war Wolfgang Ludwig viele Jahre auf Wanderschaft gewesen und sogar sein Wanderbuch hat sich erhalten.
Hier ein paar Beispiele aus diesem zusammen mit einem gedruckten Hinweis auf die Gesetzeslage und die Wichtigkeit dieses Dokumentes.
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StA Kötzting AA X 18 Wanderbuch des Wolfgang Ludwig |
Die Personenbeschreibung im Wanderbuch unterscheidet sich "etwas" von der im Zeugnis.
Statur untersetzt
Gesicht breit
Nase Spitzig
Haare brauen
Augen blau
Gleich sein erster Eintrag im Wanderbuch zeigt ihn uns beim Kötztinger Lederer Kollmaier.
Zeugnis der Arbeit und Aufführung
"
Hat hierorts 43 Wochen beym Lederer Kollmaier in Kondition mit Zufriedenheit gearbeitet, und dieser auf seinen eigenen Geständnis das frühere Wanderbuch des Ludwig verlegt, daher ihm ein neues ohne Bedenken ausgestellt wurde. Geht über Kam nach Straubing um Kondition zu suchen...K. Landgericht Kötzting"
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Weitere Einträge: "beim Lederer Moreth in Furth, dann weiter über Waldmünchen nach Regensburg. |
Von dort geht's weiter nach Straubing und Pfaffenberg."
Seine Wanderschaft hat ihn auch nach Österreich gebracht, denn dem Büchlein beigelegt ist auch eine Belehrung über die Risiken einer Fälschung.
Im Jahre 1829 jedenfalls endet seine Wanderschaft und er wird in Kötzting sesshaft durch die Einheirat.
Im Urkataster von 1840 wird das Anwesen nun bereits mit einer eigenen Hausnummer bezeichnet, welches allerdings seine darauf ruhenden Rechte auf das Hauptanwesen (alte Hausnummer 71) bezieht, aber bereits eine Kegelbahn aufweist..
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5038 |
"Hausnummer 59 in Kötzting Anna Ludwig
Der Ludwigs-Sommerkeller mit Bierschenkrecht als Bestandteil des Marktlehens bey Haus Nro 71 zu Kötzting
Wohnhaus samt Sommerkeller mit Kägelstatt"
Im nachfolgenden Kommentar sind die Besitzverhältnisse genauer erläutert:
"Laut Brief vom 14. Juny 1819 durch Ehelichung des nun verstorbenen Ehemanns Joseph Kollmair, welcher das Gesammtanwesen seiner Ehefrau im Anschlag von 11200 fl angeheirathet und nach dessen Tod als alleinigen besitz und Eigenthum hinterlassen hat, und bei der Wiederverhehelichung mit dem derz. Ehemann Wolfgang Ludwig nach Brief vom 6. Maxy 1829 sich das Gesammteigenthum vorbehalten, da letzterer nur auf 18 Jahre einheiratete"
Bei der Aufstellung eines Mieterkatasters im Jahre 1842 finden wir folgende Aufteilung.
Hauseigenthümer und Mietleute:
1. Wolfgang Ludwig, Bürger und Lederermeister /:Hauseigenthümer:/
Unter der Erde 1 Keller
I. 1 Gastzimmer, 1 Schenk
II. 3 Wohnzimmer und 1 Küche, dann Hausboden unterm Dach
Unterschrift Ludwig
2. Andrä Dollinger, Aufschläger
II. 2 Wohnzimmer und 1 Küche
Unterschrift Dollinger
3. Josef Eberl, Aufschlagspraktikant
II 1 Wohnzimmer
Unterschrift Joseph Eberl"
Wir haben also in dem "Kellergebäude" zu ebener Erde eine Gaststätte und im ersten Stock 2 1/2 Wohneinheiten.
Wolfgang Ludwig heiratete die Ledererwitwe im Jahre 1829 - da war er bereits knapp 40 Jahre alt - starb aber bereits 15 Jahre später, am 22.2.1844 an Auszehrung.
Ludwig Anna
dann
Kollmaier Christoph und Groß KatharinaLudwig Anna, nun bereits zum zweiten Male verwitwet, kann noch einige Jahre alleine wirtschaften und erst im Jahre 1848 erscheint ihr Sohn als Nachfolger zuerst im Gewerbekataster.
Im Jahr drauf wurde Christoph zunächst der Pfingstbräutigam des Jahres 1849. Über ihn steht in den Kötztinger Marktrechnungen: "welcher von Seiten des k. Pfarramtes mit dem Sittenpreise belohnt wurde, erhielt als Zuschuss zur Bestreitung der Kosten den bewilligten Zuschuss mit 10 fl"
1851 dann erhielt er das Kötztinger Bürgerrecht und gleichzeitig damit auch seine Heiratserlaubnis.
Am 20. Mai heiratet er die Viechtacher Metzgerstochter Katharina Greiner
Im Jahre 1860 kam es zu einem Streit - der sich wohl schon beim Kauf des Kellers angedeutet hatte - über das Wege und Weiderecht über und bei dem Kellergebäude.
Im Stadtarchiv liegt ein kleiner Schriftverkehr über einen kuriosen Wegestreit:
Kollmaier Christoph beantragt einen an seinem Keller vorbeiführenden Weg verbauen zu dürfen.
Nördlich seines Kellers führt ein Fußweg, er möchte einzäunen, da Kinder nur Unfug treiben würden. Silberbauer Joseph schließt sich der Bitte an. Das Gesuch wird vom Magistrat genehmigt, aber 1863 protestiert Hastreiter Martin dagegen. Es sei sein Kirchweg und bei Eis nicht anderes zu passieren.
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Dieser kleine Fußweg folgt genau der Bruchkante des ehemaligen Lehmabbaugebietes |
Dass die Kegelbahn mindestens bereits seit dem Jahre 1866 existiert hatte, kann man aus einem Akt der königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft erkennen, die in diesem Jahre die Anlage abnehmen lassen musste.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 560 Schießstätte beim Kollmaier 1866 |
"Erklärung der Situation:
a Schießstand
b Scheibenstand
c Kugelfang
d beantragte Schutzmauern gegen den Fahrtweg
e Fahrtweg
f Kegelbahn des Kollmaier
h sog. Brechhaus
i Wohnhaus des Anton Brandl
k Stadel des Anton Brandl
i Wiesengrund oder Feld"
Das königliche Schützenkommissariat, das offensichtlich die Oberaufsicht für solche Schießanlagen hatte, stellte fest, dass die Kollmaiersche Schießstätte unmittelbar an dem Wege, welcher nach Sperlhammer, Grafenwiesen, Watzlhof, Rimbach p.p führt und zieht sich derselbe hinter der Schießmauer gegen den Hambergerischen Sommerkeller zu. Da nun dieser Weg höher gelegen ist, als die Schießmauer, sowie derselbe, welcher zugleich Kirchweg u. in Folge dessen äußerst frequentiert ist, gerade von der Schusslinie bestrichen.
Einschub
Der Hambergerische Sommerkeller liegt unter dem heutigen Wohnhaus unseres früheren Bürgermeisters Wolfgang Ludwig und der Weg (heute eine Straße) führt auch heutzutage deutlich den (Schul)Berg hinauf.
Einschub Ende
Hinzukomme noch, dass gerade an Sonntagnachmittagen häufig geschossen würde, gerade wenn der Hambergersche Sommerkeller geöffnet sei.
Um diese Situation beurteilen zu können, wurde ein Ortstermin vereinbart.
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Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_Beilage_M2500_1_1-01 von 1831 |
Im Jahre 1887 erfolgte dann ein weiterer Umbau, ein Schanklokal, das an die Kegelbahn angebaut wurde.
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StA Landshut Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3177 Kollmaier Christoph Kegelbahnausschank |
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Dia-Repro_2073 Zeichnung Meier Wettzell entstanden ca. um 1945. Das langgestreckte Gebäude der Kegelbahn ist hier noch gut zu erkennen. |
Aus einem anderen Bauakt des Christoph Kollmaier kennen wir einen Lageplan, der die nunmehrige Situation beim Kellerbau gut dokumentiert.
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StA Landshut Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3210_0001 |
"
Erklärung der Situation"
a Bauplatz zur Versetzung (eines neuen Ziegeltrockenstadels)
b Jetziger Brennofenc Trockenstädel und Lagerschupfen
d Ziegelplatz und Wiesengrund
e Kellergebäude und
f Kegelbahn des Bauherrn
g Wiese des Fz Liebl
h Wiese des Anton Hosbach
i Wohnhaus des Schreiner Pinka
k Magistratisches Brechhaus"
1898 kam es zur nächsten Übergabe. Karl Kollmaier, der Sohn des Christoph, wird der neue Besitzer und nun - wohl nachdem der Vater mit dem Gedanken an eine Eisenbahn Frieden geschlossen hatte - die beiden großen Gebäude in der heutigen Bahnhofstraße erbauen
Einschub
Christoph Kollmaier, der Vater, war mit seinem Widerstand gegen den Brückenbau und damit der Verbindung der Eisenbahnlinie Cham-Kötzting mit der Lokalbahnstrecke Lam-Kötzting gescheitert.
Letztendlich aber verdanken wir ihm die Tatsache, dass Kötzting nun 2 Bahnhöfe besitzt, den in Zellertal und den Hauptbahnhof Kötzting.
Christoph Kollmaier ist noch in weiterer Hinsicht ein bemerkenswerter Mann gewesen. Er wechselte zu den Altkatholiken und bereitete dem damaligen Bischof v. Senestrey bei dessen Firmreise einen ganz besonderen Empfang, dessen Folgen zwei Justizinstanzen beschäftigten und dem Herrn Bischof eine saftigen Geldstrafe einbrachte.
Des Weiteren ist im Zusammenhang mit seinem Widerstand gegen den Streckenbau der Eisenbahn auch folgender Satz verbürgt: "Mir g´hört mein Grund bis hinauf in den Himme und bis owe in´d Höll"
Einschub Ende
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Kötztinger Anzeiger von 1906 |
Um die Jahrhundertwende wohnt in einer der Wohnungen des Kellergebäudes auch eine uns heute noch sehr bekannte Familie, der wir viele alte Ansichten Kötztings - als Foto und auch als kleine Aquarelle und Bleistiftzeichnungen - verdanken, die Familie Heilmeier. Die turbulente Geschichte, wie diese Bilder aus den unterschiedlichsten Quellen zu uns gekommen sind, ist bereits T
hema eines eigenen Blogbeitrags gewesen.Franz Heilmeier, der Bezirkstechniker, wohnte mit seiner jungen Familie im Kollmaierkeller und sein Vater, ein Hobbymaler und Fotograf besuchte seinen Sohn im Zeitraum von 1899 bis 1904 mehrmals, wie seine Signaturen auf den kleinformatigen Bildern beweisen.
Von Mathias Heilmeier haben wir daher Ansichten des Kollmaierkellers von beiden Seiten.
Kollmaier Karl und Maria Amberger
Am 27.8.1900 heiratete Karl Kollmaier Maria Amberger, eine Kötztinger Wirtstochter.
Der Kollmaierkeller wurde wohl als klassischer bayerischer Bierkeller genutzt - und dies möglicherweise auch nur in den Sommermonaten. Darauf deutet zumindest eine Geschäftsanzeige aus dem Jahre 1903 hin.
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Kötztinger Anzeiger vom Mai 1903 |
Im Oktober desselben Jahres haben wir den Nachweis, dass auch die Schießanlage wieder bzw. noch in Betrieb war.
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KA vom Oktober 1903 Der Schießwettbewerb fand im Kollmaierkeller und die Preisverleihung dann im Gasthaus des Herrn Kollmaier statt - heutzutage das Anwesen Meimer auf dem Spitalplatz. |
Hier noch weitere Anzeigen von Mitte der 20er Jahre
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Kollmaierkeller 1923 Pächterin Johann Fechter |
1924 dann heißt der Pächter Karl Fischer.
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KA von 1924 |
Jahre später ist es dann Heinrich Dattler, der den Sommerkeller gepachtet hatte.
Karl Kollmaier und Brandl Ottilie
Karl Kollmaier, der Sohn, heiratete am 6.11.1924 die Lamer Mühlbesitzertochter Ottilie Brandl und übernahm den Gesamtbesitz. Karl Kollmaier, der Vater, verstarb hochgeachtet am 16.11. 1933.
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KA vom November 1933 |
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Bericht über die Beerdigung vom November 1933 |
Christoph Kollmaier, der Vater, hatte sich gegenüber dem Magistrat und dem Bezirksamt durchgesetzt und sich sehr lange erfolgreich dagegen wehren können, dass das alte Familiengrab der Kollmaiers im (damals) alten Friedhof rund um die Pfarrkirche aufgelassen werden musste. Allerdings war er der letzte seines Stammes, der dann dort unten begraben werden durfte; seinen Kindern wurde dies verwehrt und dies ist der Grund, weshalb die Familie Kollmaier, obwohl eine der ältesten Familien in Kötzting, im nunmehrigen alten Friedhof ihre Grablege nicht unter denen den alteingesessenen Bürger Kötztings im unteren Teil hat, sondern erst oben in der zweiten Friedhofserweiterung eine Grablege errichten konnte.
Nach dem Tode Karl Kollmaiers lag das Augenmerk der Wirtefamilie mehr auf den beiden vorhandenen Gasthäusern an der Oberbergerbrücke (damals Kollmaierbrücke genannt) und beim Bahnhof und so trennten sich die Erben vom Kellergebäude und veräußerten dieses an die Familie Liebl Ferdinands.
Liebl Ferdinand und Kolbeck Maria
Liebl Ferdinand, geboren im Jahre 1908, konnte im Jahre 1934 das sogenannte "Dreimäderlhaus" der Geschwister Bauer in der damaligen Bahnhofstraße 102 - heutzutage das Schuhhaus Liebl in der Marktstraße - erwerben und sich dort mit einer Ausnahmegenehmigung als Kolonialwarenhändler betätigen.
Im Jahr drauf heiratete er Maria Kolbeck und zusammen konnten die Beiden
das vor sich hin dümpelnde Einzelhandelsgeschäft wieder in die Höhe bringen,
wie ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer Passau aus dem Jahre 1939
belegt, als es darum ging, kleine Kötztinger Einzelhandelsgeschäfte zu
überprüfen und gegebenenfalls zu schließen.
Zuerst jedoch wehrte sich diese Kammer unter Berücksichtigung eines neuen
Gesetzes zum Schutz des Einzelhandels. gegen die Übernahme des Ladens. Ferdinand
Liebl musste seine Situation erklären und anschließend fasste die Handelskammer seine
wesentlichen Aussagen zusammen, die für eine Übernahme des Kolonialwarenladens
sprachen.:
"Der frühere Hausknecht im Gasthof Post Kötzting Ferdinand Liebl zeigt bei Amt
an, dass er ab 10.2.35 das schon seit 35 Jahren bestehende
Kolonialwarengeschäft Hs. Nr. 102 in Kötzting übernommen habe. Er habe dies mit
Zustimmung des Bürgermeisters getan, weil er seine bisherige Stellung wegen
seiner Verheiratung habe aufgeben müssen und sonst nicht zum Leben habe....... Er
sei in 2 Lebensmittelgeschäften in München zusammen etwa 1 1/2 Jahre als
Verkäufer tätig gewesen..´
Seine Braut sei 2 Jahre in einem Kolonialwarengeschäft in Grafenwiesen als
Verkäuferin gewesen."
Das abschließende Gutachten stellt ihm ein gutes Zeugnis aus und so
konnte das junge Paar sich am „Kötztinger Stachus“ seinen Lebensunterhalt
verdienen
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StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 1249
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DIA-Repro 2605 Maria Kolbeck und Ferdinand Liebl Hochzeitsbild |
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DIA-Repro 2604 Das junge Ehepaar Liebl in ihrem Laden in der heutigen Marktstraße 10 |
Frau Christa Rabl-Dachs führte im Jahre 1996 ein Gespräch mit Frau Liebl und darin schildert sie ihren Teil des oben angesprochenen Ablaufs:
Gespräch
auf der Straße mit Frau Liebl (Lieb Ferd1)
25.9.96
Frau Liebl stammt
aus Grafenwiesen und hat in Kötzting im Hotel zur Post bei der alten Frau Post
noch gelernt. Nach drei Jahren ging sie ein Jahr zum Graßl (damals Wirtshaus
Graßl in der Marktstraße). Dann arbeitete sie beim Lindner (Brauerei). Sie
wurde von der Frau Lindner wie ein eigenes Kind behandelt, denn die Eheleute Lindner
hatten keine Kinder. Sie heiratete dann mit
19 Jahren den Liebl
Ferdl und sie kauften vom Seraphischen Liebeswerk das
Eckhaus Herrenstraße/Marktstraße, das im Volksmund "Drei MäderI-Haus"
geheißen hat und heute ihrem Sohn Ferdi (Schuh-Liebl) gehört. Vor ihnen betrieb
der Bauer Franz dort einen Lebensmittelhandel, den sie weiterführten. Im ersten
Stock wohnten die drei Schwestern Fischer. Eine hieß "Sodlerabe'",
die andere "die Flucht nach Ägypten, und die dritte nannte man "Festerschaun".
(Eine etwas andere Erzählung, als von den Schwestern Schaffer/Bottenhofer).
Die drei Schwestern
Fischer kannte sie noch gut aus der Zeit, als sie im Hotel zur Post arbeitete.
Dort bekamen die drei alle Tage am Mittag umsonst von der Frau Post eine warme
Suppe. Als die Schwestern dann gestorben sind - alle drei in sehr kurzen
Abständen - hinterließen sie sehr viel Bargeld.
Ihr Mann musste
schon sehr früh in den Krieg (schon ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn, weil er
bei der Partei war) und dann kurze Zeit in Gefangenschaft. Deshalb führte Frau
Liebl, die damals noch sehr jung war und zwei kleine Kinder hatte, das Geschäft
alleine. Während des Krieges kaufte sie dann den Kollmaier-Keller in der
Jahnstraße dazu. Früher stand dort, wo jetzt der Getränke-Laden ist, eine
Kegelbahn.
Im Lebensmitteladen
in der Herrenstraße Marktstraße hatte sie zeitweise bis zu vier Verkäuferinnen.
Unter anderem die Frau Auzinger und die Schwester vom Dr.Schmidt. Während des
Krieges und dann auch noch später, beschäftigte sie auch ein Kindermädchen für
ihre kleinen Kinder. Das erste Kind starb bei der Geburt.
Schwer waren die
Zeiten, als sie Ware auf Lebensmittelmarken verkaufen musste. Während des Tages
kamen die Leute in das Geschäft und kauften mit Lebensmittelkarten ein, die sie
dann am Abend sortierte und die sie am nächsten Tag in der Früh bei der
Gemeinde abliefern musste.
Im Jahre 1941 konnte das Paar den früheren Kollmaierkeller erwerben.
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StA Landshut Grundsteuerkataster |
Hier die Besitzabfolge:
Kollmaier Karl
Kollmaier Karl und Ottilie
Liebl Ferdinand und Maria
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DIA-Repro 043 der Kollmaierkeller mit einem Teil der alten Kegelbahn |
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DIA-Repro 2665 4 Generationen Liebl Bild aus dem Jahre 1968 von links Ferdinand 3 geb. 1966, Ferdinand 2, geb. 1940, Ferdinand 1 geb. 1908 und Wolfgang geb. 1883 aus Arndorf (Wirtshaus und Bauernhof) vor dem Zugang zum Kellergebäude in der Jahnstraße 11. |
Das Kellergebäude mit seiner beeindruckenden "Kellerlandschaft" wurde bereits in den 90er Jahren von dem Zwieseler Diplombergingenieur Walter Schneider in seine Liste der Kötztinger Keller aufgenommen und vermessen.
Das Gewölbe des linken der beiden Keller ist aus rauhen Steinen erbaut, wogegen das rechte mit Ziegelsteinen gewölbt wurde.
Das linke Kellergewölbe bildet zusammen mit dem Vorhaus auch die historische Einheit des alten kurfürstlichen Weißbierkellers.
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Der alte Bierkeller, erbaut im Jahre 1738. Foto Pongratz |
Rechts daneben befindet sich der neuere Keller:
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Foto Pongratz |
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DIA-Repro 3370 das Ehepaar Maria und Ferdinand Liebl |
Nach dem Kauf des Bierkellers erweiterte das Paar ihren ursprünglichen Lebensmittelhandel um den Bereich des Wein- und Spirituosengroßhandels, den sie auch systematisch ausbauten, und begannen ihren eigenen "Schnaps" zu brennen.
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KÖZ aus der Sylvesterausgabe 1956 |
Aus dem Jahre 1960 gibt es ein Bild eines Umzugs, in dem im Hintergrund der Bau der neuen Weinhandlung des "Ferdl Liebl" zu sehen ist.
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Die Kötztinger Schützen auf dem Weg zum Jahnplatz
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Serwuschok 540 |
Ein Blick von der Oberbergerbrücke über der "Marktmüllnerfall", vorbei am "Wührbindter" und der Kommunmbrauerei hinüber zum "Liebl Ferdl"; eine Altkötztinger Idylle.
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Foto Stadt Kötzting |
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Foto Pongratz |
Hier das alte Kellergebäude - doppelt so breit wie der frühere Weißbierkeller des bayerischen Kurfürsten.
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Foto Pongratz |
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Foto Pongratz |
In einer aktuellen Imagebroschüre der Fa. "Bärwurzerei Gerhard Liebl" ist in einer Art von Zeitpfeil die Entwicklung dokumentiert.
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Gerhard Liebl. der Chef des Hauses |
Und auch der Blick in die Zukunft stimmt optimistisch: