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Freitag, 16. Juni 2023

Kötztinger Häuserchronik - das alte Schödlbauerhaus

   Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 56

beim  Schödlbauer

Mathias Heilmeier Aquarell der Kötztinger Müllerstraße um 1900
Ganz links angeschnitten das Anwesen Amberger, danach das Schödlbauerhaus, und, nach oben anschließend, das Haus des Schreiners Klinger mit dem Marktbrunnen vor dem Haus.






Plan der Uraufnahme von 1831


Foto Pongratz
 

Das Haus mit der alten Hausnummer 56 ist von seinem geschichtlichen Status her nur ein sogenanntes "Leerhaus" und daher in den alten Steuerlisten nicht aufgeführt. Ein Zufall jedoch hilft uns hier auf die Spur, so dass die Besitzerabfolge doch bis heran an den Dreißigjährigen Krieg dargestellt werden kann.
Zwei Dokumente sind für diesen - und auch zeitgleich für den Nachweis des Besitzes der späteren Klosterschmiede (alte Hausnummer 99) - Nachweis ausschlaggebend.
Das erste ist eine Schuldverschreibung:
Am 21.7.1654 leihen sich Hans Hecht, Bürger und Wagner in Kötzting, und seine - wohl zweite - Frau Eva 105 Gulden von den Kindern des verstorbenen Wagners Erhard Neidlinger und versichern diese Grundschuld mit ihrer Behausung "ihr Behausung so hinder dem Pfarrhof zwischen der Marktmühl und Herrn Hans Katzensperger Behausung liegend
Blickt man auf den obigen Lageplan, so kann man erkennen, dass die beiden Anwesen 56 und 99 hinter dem Haus mit der alten Nummer 55 eine lange gemeinsame Grenze haben. Das im Lageplan von 1831 bezeichnete Landgerichtsgebäude war im Jahre 1654 noch der Pfarrhof.
Diese Lagebeschreibung hilft auf bei der Erstellung der Häuserchronik des benachbarten Hauses mit der alten Hausnummer 99 weiter,  der Klosterschmied, weil die bisherige Besitzbeschreibung des Herrn Katzenberger immer nur von der Angrenzung an den Pfarrhof gesprochen hatte und das hätte auf andere Anwesen auch zugetroffen.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokollband 1

Zwei Jahre vorher findet sich eine Quittung in dem ersten Briefprotokollband, der die Beziehung von Hans Hecht und Erhardt Neidlinger als Besitznachfolger beweist.
Quittung per 20 fl
Hans Vischer burger alhir zu Khözting hat den 9. Januariy ad 644 von Erhardten Neidlinger gewesten Wagner alhir seel 20 fl entlehnet, entgegen er ihme ainen Gartten bei Wißing versezt, welchen er heunt undern gesetzten Dato von seinem Successorn Hannsen Hechten auch burgern und Wagnern alhir mit 20 fl abgelest, massen dann ersagter Hecht das Gelt in Besein Herrn Hannsen Raidt Ambtcammerer und Andreen Weissen Fleischhackher, und burger alhir Paar empfangen und eingenommen, desweegen er Ihme hiemit Quitt, frey, miess, ledig und loss zelt, und sagt aso und dergestalt daß er und seine Stiefkhünder desswegen ihme nichts mehr anfordern oder ansuechen wellen actum den 22 Marty 652"

Die beiden Ausdrücke "Successor" und "Stiefkinder" lassen vermuten, dass Hans Hecht in das Anwesen eingeheiratet hatte und so ist es auch. Unter dem Datum des 25.7.1645 findet sich seine Hochzeit mit der Witwe Eva Neidlinger.
Wir haben also als ersten nachgewiesenen Besitzer den Bürger und Wagner Erhardt Neid(l) inger



Erhard Neidlinger und Margaretha 


Von der Familie Neidlinger finden sich nur sehr geringe Spuren in den Dokumenten. Im Status animarum kommen beide gar nicht vor. In den Kötztinger Taufmatrikeln steht nur eine einzige Eintragung:
PfA Kötzting Band 1 Seite 340

"Den 18 April Leonhard Neidinger burger und Wagner alhir filius baptizatus N. Andreas patrinus Andreas Painl burger und mezger alhir"

Hans Hecht und Eva Neidlinger


Unter dem Datum des 25.7.1645 findet sich in den Kötztinger Heiratsbüchern folgender Eintrag, ausgeführt in einer äußerst flüchtigen Handschrift.
PfA Kötzting Band 1 Seite 168
Am 25. dieses haben in der Pfarrkirche - und vor mir, Pater Schnöbel(?) - den Bund der Ehe geschlossen: ......  Ioannes Hecht, der eheliche Sohn des verstorbenen Johannes Hecht und Barbara seiner Ehefrau mit der Witwe Margaretha Neidlinger
Bereits am 8.12.1645 kommt die Tochter Maria auf die Welt, wird getauft und der Pfarrer kann natürlich auch rechnen und notiert am Rande des Taufeintrags:
PfA Kötzting Band 1 Seite 383
"Dem 8. ist Hansen Höcht und Margaretha seiner Hausfrauen ein Kindt taufft worden Namens Maria dessen Gevatterin Anna Weissin des Andre Weissen Fleischhackers und Purgers alhir Hausfrau 
NB diser Hans Höcht hatt noch khain 1/2 Jahr gehaust und eigesegnet gewest!
"
Unterm 11.10.1650 ist die nächste Taufe eingetragen - Anna heißt das Mädchen - es ist aber keine Mutter angegeben.
Ganz grundsätzlich muss man hier festhalten, dass die Anfänge der Kötztinger Kirchenbücher sehr lückenhaft sind, vor allem was die Sterbeeinträge angeht.
Bei der nächsten Taufe, am 5.3.1654, ist nun ein anderer Vorname bei der Mutter angegeben, sie wird nun als Eva bezeichnet. Seiner erste Frau, Margaretha, verwitwete Neidlinger, ist vermutlich nach der vorherigen Geburt verstorben und der Wagner verheiratete sich erneut.. 

Hans Hecht und Eva


Aus ungefähr dieser Zeit - geschätzt 1658 - stammt ein Eintrag im Status animarum, der Seelenbeschreibung der Pfarrei Kötzting, die zu drei unterschiedlichen Zeiten ausgefüllt worden ist.
PfA Kötzting Band 1 Status animarum

Hans Hecht
Söhne: Andreas und Philipp jeweils 2 Jahre
Töchter: Anna Jacobe 5 und Anna 10 Jahre

Im Kötztinger Verhörsprotokoll von 1655 steht eine Kurznotiz über unseren Wagnermeister

StA Kötzting Verhörsprotokoll 1655
"Schulden                  Geschäft
Hieran Wolfen Seyder wierdet hiermit auferladen daß er Hanß hechten Wagnern die vorgeliehene 3 fl auf heilige Osstern bezallen solle"
Im 


Im Rechnungsbuch des Jahres 1660 findet sich ein ganz besonderer Eintrag.

StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1660
"Hans Hechten Wagnern alhir, für das Rath zum Storchen Nest bezalt   36 xr"


Vermutlich ebenfalls bereits im Jahre 1660 nimmt Hans Hecht 50 Gulden beim Spital auf und bezahlt nach Ablauf eines Jahres seinen Schuldzins in Höhe von 5 Prozent, also 2 1/2 Gulden.
"Hannsen Hecht burger und Wagnern 50fl welche er Inhalt briefs auf seiner Behausung verschrieben, trüfft also der Zins 2 fl 30 xr"

Wie im "Status animarum" zu sehen, hatte der Wagner Hans Hecht mehrere Kinder, einer davon war Philipp Hecht, und diesen finden wir in den Akten des Pfleggerichts Kötzting.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1682

"Mit ainer WagnerWaffen auf der Gassen umbhauen, Degen entblössen, endlich ansonsten ungebierlich Verhalten. 2 Persohn 2 tag im Ambtshaus
Philipp Hecht burgersSohn alhier und Franz Gueth Burger und Huedter alda, seint umbwill Höcht auf der gassen mit ainer bei sich gehabten Wagner Waffen umbgehaut, und sich ungebierlich verhalten, guett aber aines Mußquetiers Tegen auf der Gassen entblösst, mit schreinen: und in anderweg ungebier veriebt, mit ernstlichen Verweis.2. Tag im Ambthaus abgepiest worden, an gelt aus unvermögenheit : NIHIL
"


Philipp Hecht und Dorothea Schindler


Philipp Hecht, der 1682 für sein ungebührliches Verhalten noch zwei Tage im Gefängnis gesessen hatte, trat vier Jahre später die Besitzfolge an, nachdem sein Vater, der "Bürger und rotarius" Hans Hecht, am 13. April 1686 verstorben war.
Philipp Hecht taucht aber bereits im Jahre 1683 als Wagner auf, denn er hatte für den Magistrat "ainen Stempfl zum Pflastereinstessen gemacht und 2 Rädltrogen" gemacht und erhielt dafür aus der Marktkasse 20 xr.
In der Liste der Kirchentracht des Kötztinger Pfarrers aus dem Jahre 1686 ist noch der Vater, Hans Hecht, in der Liste vermerkt.
Hanß Hecht        2  xr   (=die "Gebühr" für ein Haus)


Unterm 27. Mai 1686 findet sich die Hochzeit Philipp Hechts. 


"Dito (unterm selben Datum wie der vorhergehende Eintrag = 27.Mai 1686) feierten Hochzeit Philipp Hecht, der eheliche Sohn des verstorbenen Johann Hecht und seiner >Ehefrau Eva mit der Dorothea Schindler, der ehelichen Tochter des bereits verstorbenen Ehepaares Johann und Elisabeth Schindler.
Die Trauzeugen waren der Lehrer und der Mesner.
"
Zwei Jahre später, im Oktober 1688, verstarb dann auch seine Mutter, Eva Hecht, "die alt Wagnerin".
Die Mühlen der "Schuldenumschreibung" mahlten langsam damals, erst im Spitalrechnungsbuch von 1689 werden die jungen Hechts als die neuen Schuldner vorgetragen, noch im Vorjahr - obwohl bereits 1686 verstorben - war Hans Hecht als der Schuldner beschrieben.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1689
"50 fl
Hans Höcht burger und Wagner alhir, und Eva sein Hausfrauen, aniezt Philipp Höcht der jünger und Dorothea sein Eheweib haben inhalt der Schuldverschreibung, datiert den 7. Jenner 1688 auf ihrer besizenten behausung, sambt Weiblicher Verzicht 50 fl verschrieben, trüfft der Zinß zu Michaele 2 fl 30 xr"

Hier haben wir einen interessanten Namenszusatz: "Philipp Hecht der Jünger".
Es könnte also durchaus sein, dass derjenige Philipp Hecht, der weiter oben 2 Tage im Gefängnis hatte verbringen müssen, auch sein älterer Bruder gewesen ist.
Einschub
Philipp Hecht - der Ältere - hatte nur 2 Monate nach seinem jüngeren Bruder geheiratet.
Am 21.7.1688 wurde Anna Waizer aus Kötzting seine Ehefrau
Einschub Ende

Aus dem Jahre 1690 finden wir dann einen Eintrag der beiden Geschwister.

 
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Marktrechnung Kötzting von 1690

"Fenckhnus Straffen
Stockhstraf  4 Stund
Philipp Höcht Wagner ist seinem Brudern auch Philipp Höchten dem eltern vor das Haus geloffen, und hat denselben ainen Schölbmen Iniuriert, ist aso vermög Prothocolls fol: 1 per uf 4 Stundt in STraff condemnirt worden.
"
Unterstelt man dem jüngeren Philipp Hecht ein aufbrausendes Temperament, dann könnte er durchaus auch der Täter im vorherigen Fall gewesen sein, wenn nicht, dann wars eben sein Bruder.
Im Umrittsprotokoll des Jahres 1691 taucht er ebenfalls auf, da er vom Rimbacher Pfarrer Kaspar Schlieringer wegen Beleidigung verklagt worden war.
1694 trifft es ihn erneut wegen einer "Schelmbenverscheltung", diesmal kostet es ihn 1 Pfund Regensburg Pfennige, was gut dem Verdienst von 3-4 ganzen Tagen entspricht.
Im Jahre 1698 steht er wieder vor Gericht, dieses Mal vor dem Herrn Landrichter.
"Philipp Höcht burger und Wagner alhir hat Marthin Präncl Schmid ufm Hammer in der Kriegerischen Würthsbehausung alhir offentlich vorgeworffen, Er Prändl wahre halt ein Mann der auf 4 Seylen gehörte, dahero mann die Iniuri, weillen Pränctl sonnsten weithern khaines bösen berueffs ist, ex officio aufgehebt, und dem Höchten armueth halber drey Stund lang im Ambthaus abgebiest."
Mit dem Wagnermeister hatten die Kötztinger Gerichte immer wieder zu tun, so auch in den Jahren 1708 und Jahre 1709:
"So hat Philipp Höcht burger und Wagner alhir zu Közting Christophen Vogl Schmidt zu Camerau, uf der Schmidt hörberg dahir, ohne Ursach beim Prustflöckh ergrüffen, deme aine Maullschellen zuegefieget, und öffters ainen S.V: Schelmb und Dieb verscholten, daher mann , weill der Vogl aines menniglich bekhandten guetten berueffs und Leimueths ist, die iniuri Ex officio aufgehebt, dem Höchten aber in Ansehung seiner offenbahren unvermögenheit mit ernstlichen verweis .2. Stundt lang im AMbthaus abgewanndlet" Pfleggerichtsrechnung von 1708)



StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1709
Gefenckhnüs Straffen
Verhör gehalten, den 19 Aprill, 5. July, 4. et 11. Obris anno 1609

Philipp Hecht burger und Wagner alhir hat geörgen Poidl auch Burgern und Huefschmidt der orthen, bezechterweis aus ybereyllten Zohrn, ainen S.V. Schelmben und dieb verschmecht, sich aber mit dem widerumben verglichen und bekent, daß er dergleichen iniuri von ihme nit sindern villmehrers alles liebs: und Guettes zusagen wisse, Volgsamb die uncossten allainig abzustatten uf sich genommen, warbey manns zwar, weillen Poidl, von selbsten aines guetts berueffs, und leinmueths ist, obrigkeitlich gelassen, die iniuri ey officio aufgehebt, dem Hechten aber, armueth halber 3 Stundt lang ins Ambtshaus condemniert.
"
7 Kinder bekamen die beiden, dabei wurden zwei Buben auf den Namen Johann getauft, die Ehe seines gleichnamigen Bruders blieb kinderlos, zumindest nach den Kötztinger Taufmatrikeln.
Dies ist deshalb wichtig, weil es eine Schlägerei wohl zwischen Onkel und Neffen, Hans und Philipp Hecht in den Akten zu finden gibt, der ja theoretisch auch - überkreuz - den anderen Familienzweig hätte betreffen können.
 
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1715
Hanns Höcht Burger und Wagnerssohn alhier, hat Philipp Höchten auch Burger und Wagnern derohrten, ohne gegebne Ursach mit Schlögen solchermassen yberfahren, daß er am Armb plaue Flöckh yberkhommen, vonnetwillen man demselben mit aufgetragner Vergleichung in Ansechung seiner Armueth per 1/2 Pfund Pfennige abgestrafft tuet  34 xr."
In der Kirchentrachtlicte des Klosters Rott von 1727-1736 steht Philipp Höcht.

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4
Philipp Höcht Wagner Kirchentracht    - -----     Boschinger (Abgabe für die Gruber Gründe)

Johann Hecht und Margaretha Vogl


Am 11.8.1728 übergibt Philipp Hecht sein Haus und seine Werkstatt an den Sohn Hans, der zwischenzeitlich auch geheiratet hatte.

PfA Kötzting Band 14


"September
Am 1. desselben Monats schlossen den Bund der Ehe der ehrenwerte Jüngling Johann Höcht, ehelicher Sohn des Philipp Hecht, Bürgers und Wagners in Kötzting, und dessen Ehefrau Dorothea, mit seiner Braut Margaretha, der ehelichen Tochter des früheren Bauern Andreas Vogl aus Traidersdorf und dessen Ehefrau Walburga.
Die Ehe schloss Pater Emmeram und die Trauzeugen waren der Bürger Romanus Schlögner und der Vater des Bräutigams.
"
Einschub
Gleich zu Beginn der Blogeinträge in den Kötztinger Geschichten gab es einen Beitrag über den "Sherif von Traidersdorf", einem Abkömmling der Traidersdorfer Vogl-Familie, der als Nachfahre von Auswanderern vor mehreren Jahren Kontakt zur alten Heimat aufgenommen hatte und sogar unser Pfingstfest miterleben konnte.
Mit Margaretha Vogl, der neuen Ehefrau Johann Hechts in Kötzting, gibt es eine frühe Verbindung nach Kötzting. Ende des 19. Jahrhunderts kommt dann mit dem Maschinenbauer Michael Vogl - später Vogl Max - ein weiterer Verwandter der Traidersdorfer Vogl-Familie nach Kötzting
Einschub Ende
Drei Wochen vorher, am 11.8.1728 hatte Hans Hecht das Anwesen übernommen. Hier der Kopf der Urkunde.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1728 Seite 41

Kaufybergangsbeschreibung per 170 fl
Philipp Höcht verburgerter Wagner alhir zu Közting und dessen Eheweib Dorothea, auf beistandsleistung Johann Josephen Franckl burger und Goldschmidts alda, Bekhennen und ybergeben auf erlangt obrigkeitlichen Consens, umb ihres verhoffent bessern Nuzen, und der Gelegenheit willen, wie Kaufybergab Rechtens ist, deren aine Zeithero ingehabt Lähres Heusl, wie selbes mit Schar und tach umbfangen, zwischen dem Marktmüller und Margaretha Lärnbecherin Haus entlegen, sambt all vorhandtnen Wagner Werchzeug, hiervon nichts besondert, noch ausgenommen, deren frendl. geliebten Sohn Johann Höcht, seines Handtwerchs auch ein Wagner, und dessen negst angehentem Eheweib Margarethha Vogln von Traitterstorf, Ghrts Közting gebürttig, benanntlichen umb und vor 170 fl rechtspactierte Kaufsybergabssumma, dergestalten, das ybernemmerer die zum Lobwürdtig Hofspittall alhir schuldige Capital der 50 fl und zum lobwürdtigen Gottshaus Grafenwiesen ingleichen 20 fl Capital eintweder bezallen oder versichern...
.
Von der verbliebenen Restsumme von 100 fl sollten gleich nach der Hochzeit 50 fl bezahlt werden, der Rest nach Ablauf eines Jahres.
Auf Lebenszeit verbliebe den Übergebern die freie Herberge in "dem vorhandtenen Extra Stübl".
Als "Leerhaus" wurden in Kötzting Anwesen bezeichnet, die weder den Status eines Marktlehens noch einer Sölde hatten. Diese Häuser hatten idR. auch keinerlei zusätzlichen Grundbesitz außer der schieren Grundfläche für das Haus und vielleicht einem kleinen Garten. Trotz dieser Einschränkung waren die jeweiligen Besitzer vollständige Kötztinger Bürger mit allen ihren Rechten
Bereits am 31.1.1729 verstarb Margaretha Hechtin - carpentaria, also Schreinerin, genannt - und im Oktober desselben Jahres wiederverheiratete sich der Witwer und Schreiner Johann Hecht.

Auch wenn für das Paar in den Kötztinger Matrikeln keine Geburt der beiden verzeichnet ist, so gibt es doch einen Eintrag in den Briefprotokollen, in denen von einer Tochter Maria gesprochen wird.
Am 3. März 1734 quittierten Hans Vogl zu Traidersdorf und Hans Wöhr zu Wölkersdorf als die nächsten Verwandten (Befreundte) der Maria Höcht, Tochter der verstorbenen bürgerlichen Wagnerin Margaretha Hecht, also der ersten Frau Hans Hechts.. 
Die Vormünder quittieren eine Summe von 40 Gulden, die der verbürgerte Fluderknecht Wolf Steinbock der Tochter ausbezahlt hatte, mit dem Hinweis, dass diese Summe nach dem Tode der Margaretha Hecht ihr als Erbteil zugefallen sei. Dies bedeutet mit Sicherheit, dass dies das Heiratsgut der Margarethe Hecht, einer geborenen Vogl, gewesen war, das nach ihren Tode - und entsprechend den damals gepflogenen Bräuchen - dem überlebenden Kind(ern) als mütterliches Erbe zufiel.
Mit dieser Jahreszahl und dem Namen Wolfgang Steinbock haben wir einen Nachweis eines Besitzwechsels, der sich ansonsten nur durch eine Rückschau aus sehr viel späteren Belegen hätte nachweisen lassen. 
Der Besitzwechsel scheint bereits am 16.8.1730 stattgefunden haben, wobei nicht mehr klar zu erkennen ist, wo Hans Hecht mit seiner zweiten und dritten Frau gewohnt und gearbeitet hatte, womöglich blieb er als Inwohner in dem Haus.
Hier also zunächst die weitere Entwicklung der Familie Hecht.

Johann Hecht und Anna Kiefl


PfA Kötzting Band 14 
Heiratseintrag des Witwers Johann Hecht mit der Anna Kiefl aus Niederndorf, Tochter des Inwohners Georg Kiefl und seiner Frau Barbara vom 4.10.1729. Seine Trauzeugen waren der Kötztinger Schneider Johann Knaupp und der Weißenregener Bauer Wolfgang Schinagl.
Auch dieser Ehe ist kein Glück beschieden, kinderlos verstarb auch die zweite Ehefrau Johann hechts.
Mit Datum des 29.5.1732 findet sich die "Carpentaria" Anna Hecht in den Kötztinger Sterbematrikeln.

Am 30.9.1732 geht der Witwer Johann Hecht seine nächste Verbindung ein.

Johann Hecht und Margaretha Schmatz

PfA Kötzting Band 14 Seite 68

Beim dritten Mal heiratete der Witwer und Schreiner Johann Hecht Margaretha Schmatz aus Kettersdorf, die Tochter des Schreiners Wolfgang Schmatz und Elisabeth. Der Kötztinger Goldschmied Josef Frank
und der Brautvater waren dieses Mal die Trauzeugen.
Bei seiner dritten Ehe klappt es nun auch endlich mit dem Kindersegen. Vier Kinder stehen in den Kötztinger Taufbüchern zwischen 1733 und 1740.  
Auch die Sterbeeinträge der Eltern, Philipp und Dorothea Hecht, finden sich in den Kötztinger Matrikelbüchern.
Der Zimmermanns Philipp Hecht verstirbt am 5.10.1736, seine Frau Dorothea war bereits 2 Jahre vor ihm verstorben, am 24.1.1734.

Wolf Steinbock und Katharina Seidl


Zum ersten Male tauchen Wolf Steinbeck und seine Frau Katharina als Inwohner und Käufer eines Hauses auf der anderen Regenseite auf - alte Hausnummer 69  "das Bürgerhäusl unden am Regen zunegst des Millpauern Leederwerchstatt Behausung stossend" - welches sie am 10.8.1723 von dem Witwer und Schreiner Wilhelm Immerl um 100 Gulden erwerben. In dem Kaufvertrag heißt es, dass sie beide von der Multersag herkamen. Die frühere Multersag ist das heutige Sperlhammer.
Drei Buben stehen von dem Ehepaar in den Kötztinger Pfarrmatrikeln, jedoch müssen sie noch mindestens eine weitere Tochter bekommen haben, denn die spätere Besitzübergabe erfolgt an einen Schwiegersohn.
Aufgrund der Schuldumschreibung beim Spital kann man belegen, dass Johann Hecht ziemlich bal nach dem Tode seiner Frau und seiner  eigenen Wiederverheiratung das Haus verkauft hat und mit dem Verkaufserlös das mütterliche Erbe für seine Tochter erster Ehe freigegeben hatte.

In der Spitalrechnung von 1733 werden einige Termine festgehalten.

StA Kötzting Spitalrechnung von 1733

"Wolf Stainbeckh burgerlicher Fluderknecht alda und Catharina dessen Eheweibm haben in Erkhauffung derselben besüzenten Heusls iennige 50 fl Capital so anvor Philipp Höcht Wagner aldaselbst Vermög der Anno 1729 Rechnung fol 7 hierauf anliegent gehabt, mit zu bezallen ybernommen. So Sye auch lauth der Unterm 16ten Augustus anno 1730 aufgerichten Schuldtobligation mit erwehnt ihrem Heusl auch all deren iezig und konnftigen Vermögen sine novatione der alten Aufrichtung, und briefs dati, dan verzicht der Weiblichen Freyheiten, sattsamb verhypothecirt. Warvon der Züns zu heyl Michaeli trüfft  2 fl 30 xr"
Einschub
Wie oben bereits einmal angeführt, folgen die Beurkundungen der Grundschulden nicht immer schnell und gleich den erfolgten Verkäufen. Leider klafft in der überlieferten Briefprotokollreihe eine ärgerliche Lücke zwischen 1728 und 1731.
In den Spitalrechnungen findet sich in der Abfolge folgendes Bild:
1729 zahlten noch Philipp Hecht und Dorothea  -  mit Verweis auf 1698 - den Zins, obwohl der Verkauf des Hauses bereits 1728 in den Briefprotokollen beurkundet ist und später ja, nach dem frühen Tode auch das Heiratsgut der Margaretha Vogl, das zum Hauskauf verwendet worden war, diese 40 Gulden dem Wolfgang Steinbock von den Verwandten der Verstorbenen quittiert worden waren. 
1730 bereits sind Wolf Steinbock und seine Frau als die Schuldner eingetragen.
Es ergibt sich also folgendes Bild
Bis 1728 Philipp Hecht
1728-1730 Johann Hecht und Margaretha
Ab 1730 Wolfgang Steinbock, der Fludermann.
Bereits bei einer Geburt im Jahre 1666 finden wir in Kötzting einen Simon Steinbeck, als dessen Beruf "Wassermann" eingetragen ist.
Der Fluderknecht Wolf Steinbock war einer der vielen Kötztinger Fluderer - Fluderherren und Fluderknechte -, die eine heute unvorstellbar schwere und gefährliche  Arbeit verrichteten, die Blöcher und Bretterstapel auf dem Fluss bis nach Regensburg und manchmal sogar weiter bis nach Straubing zu transportieren.  

Einschub:

Diese schwere Arbeit und besondere Umstände veranlassten die Kötztinger Fluderknechte im Jahre 1765 zu einem Ausstand, bei dem ihnen der Umstand zugute kam, dass die Fluderherren durch Vertrag gezwungen waren, auf Kötztinger Bürger als Arbeiter zurückzugreifen und ihnen die Hände gebunden waren, einfach aus dem Umland Hilfskräfte anzuheuern.




 






Der Streik der Kötztinger Fluderknechte

 Im Stadtarchiv Bad Kötztings finden sich viele Akten, die sich mit dem Fludern, also dem Transport von Holz, sei es als Baumstämme oder auch als geschnittene Ware, auf dem Regenfluss beschäftigen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es sich dabei ausschließlich um Rechtsstreitigkeiten handelte, zumeist um die Verteidigung herkömmlicher Rechte oder Streit um die Kosten der Durchleitung an den vielen Stauanlagen der am Regen liegenden Mühlen.
Eine Arbeitsverweigerung der Kötztinger Fluderknechte, der diesen Transport empfindlich störte und Auswirkungen bis hinaus nach Straubing hatte und sogar eine Tagesfahrt einer Regierungskommission nach Kötzting auslöste, findet sich nur in den Akten der Regierung Straubing[1].

Die Kötztinger Fluderherren

Bereits im Jahre 1344 wird den 36 Kötztinger Marktlehnern das uneingeschränkte Recht eingeräumt, auf dem Regenfluss zu fludern.
Schmeller[2] bringt den Ausdruck „Fludern“ sogar besonders mit dem Flößen auf dem Regenfluss in Verbindung und zitiert Hazzi, der die 36 Kötztinger Fluderherren heraushebt.

 
Schmeller Andreas, Bayerisches Wörterbuch von 1827 Seite 586

 

Die Kötztinger Fluderknechte

Anders, als es das Wort suggerieren könnte, waren diese Männer, die die „Fluder- oder Wasserarbeit“, wie sie es nannten, verrichteten, keine Taglöhner, sondern eingesessene Bürger mit Bürgerrecht und eigenen Häusern. In seltenen Fällen waren sie Inwohner, besaßen aber den Beisitz, also ein vermindertes Bürgerrecht.
Bereits im März des Jahres 1689 hatten sich die Fluderknechte beim Magistrat Kötzting durchgesetzt und erreicht, dass den Kötztinger Fluderherren – strafbewehrt mit 2 Pfund Pfennigen – verboten war, aus umliegenden Dörfern „weder Paurn noch Inleith hereinzubringen“ solange „im Markht müessige Fluderknecht verhandten, welche khein Arbeit haben
Ihre Argumentation lief darauf hinaus, dass sie einerseits als Bürger Kötztings ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen hatten und andererseits keine anderen Verdienstmöglichkeiten sähen, weshalb der Markt sie mit dieser Auflage zu schützen habe, was dieser auch tat, indem er diese Vereinbarung als „Gerichtserkanntnis“ in sein Sitzungsprotokoll einband.

Die Arbeitsverweigerung

 Schon mehrmals hatten sich in der Vergangenheit die Regierung und der Magistrat von Straubing beim Pfleggericht in Kötzting über die mangelhaften Holzlieferungen der Kötztinger Fluderherren beschwert, was sogar in der Aussage gipfelte, Straubing würde nur noch Schwartlinge erhalten, denn das gute, brauchbare Holz käme nicht über Regensburg hinaus.
Nun aber, im Jahre 1765, hatten die Straubinger allen Grund, sich zu beschweren. Die „Hauptdonaubrücke“ war marode und die Bäume und das Baumaterial, die für die Reparatur vorgesehen und bestellt waren, kamen und kamen nicht an.

In ihrer Not wandten sich Bürgermeister und Räte der Stadt Straubing am 30. April 1764 an die Regierung und schilderten die Problempunkte so, wie sie sie sahen.
Nachdeme iedermanniglich vor Augen liget, wie die alhiesige Haupt-Donau=Pruckhen in einem ruinösen und gefährlichen Stand sich befündt: volgents die höchste und unverschiebliche nothwendigkeit erfordert, in disen Pruckhenpau ohnausweüchlichen zusözen und nach Möglichkeit, und Cräfften solang zu continuieren, bis die Hauptgefahr widerumben vorgesorgent seyn möge.
Nun aber bringe der Kötztinger Holzlieferant Rabenbauer „die unverhoffte Nachricht, daß er mit dieser Holz Ausfuhr bey der sogenannten Lährpächer: und Pullinger Mühl mit denen wirklichen per Wasser angekommenen Lang=hölzern ganz neuerlich aufgehalten und nicht durchpassiert worden, ja auch von der Herrschaft Runding, vollmehr Hofmarch Plaibach /: unter welche gemelt 2 Müller gehörig:/ hierinfahls die mindiste Ausrichtung zu ungehinderter auspassierung verlangen könne.“ 
Straubing verlangte nun, wegen „periculum in mora, der Herrschaft Runding, mit Androhung einer empfindlichen Strafe, zu befahlen, dem Kötztinger Holzlieferanten nicht mehr den mindesten Aufenthalt zu erzaigen“. Andernfalls müssten sie „mit solchem Pruckhenpau widerwillig aussezen“
Der Weg vom Rathaus zur Regierung in Straubing ist kurz, denn schon mit Datum desselben Tages schreibt die angesprochene Behörde ihre Vorstellungen an den Rand des Beschwerdebriefes. Am 2. Mai gehen dann bereits die Schreiben an die Nothafftische Hofmark in Blaibach und an das Landgericht Kötzting hinaus. Blaibach wird im Weigerungsfalle eine Strafe von 12 Pfund Regensburger Pfennigen angedroht und auch darüber informiert, dass das Landgericht Kötzting gleichzeitig angewiesen worden war, in diesem Falle sofort einzuschreiten.
Noch bevor das Schreiben der Regierung beim Landgericht in Kötzting angekommen sein konnte, hatte Kötzting - offensichtlich von sich aus - seine vorgesetzte Behörde von dem erkannten Problem des „Holzstaues“ unterrichtet. 
Damit wird nun für die Regierung in Straubing klar, dass es nicht die Müller waren, die den Verzug verursachten, sondern die Weigerung der Kötztinger Fluderknechte, unter den alten Bedingungen ihre Arbeit aufzunehmen. Dadurch, dass in all den folgenden Verhandlungen und Schriftwechseln kein einziges Wort mehr von den beiden Müllern  vorkommt, hat es den Anschein, als hätten die Kötztinger Fluderherren dieses Argument tatsächlich nur vorgeschoben, um von ihren Problemen abzulenken bzw., um Zeit zu gewinnen.
Das Kötztinger Landgericht informiert Straubing, dass die „die von den dorthigen Fludermaistern ehedessen gebrauchte Fluderknechte oder Tagwercher unter sich selbst ein Complot gemacht“ hätten kraft dessen „kein ainziger so lang oder vill nicht mehr in die Arbeith zu gehen gedenket, biß nicht iedem yber den ehevorigen Lohn extra noch zu einer Zulage oder Besserung 1 f: abgeraicht werdte und zwar mit der ferneren Bedingnuß, im fahl sich dem einer unterstehen sollte, darwider zu handeln, sie ein solchen mit schlögen yberfahren wurden, wie selbe dan würklich an einem, der in die arbeit gegangen, das angetrohte ausgewirket und wahrgemacht.“
Straubing befiehlt mit Schreiben vom 4. Mai  – und zwar instanti, also sofort, schleunigst – die Fluderknechte vor das Pfleggericht rufen zu lassen und diesen zu befehlen, ihr sträfliches Benehmen zu unterlassen und die bestellten Baumaterialien zu den alten Bedingungen zu befördern.
Sollte sich jemand „weittig renitent“ erweisen, so ergeht die zusätzliche Anweisung, solche Personen „alsoglich geschlossener in alhiesiges Arbeitshaus einliefern zu lassen.
Auch der Markt Kötzting wird nun in die Pflicht genommen und damit indirekt für die Verzögerungen verantwortlich gemacht.
Es geht nun Schlag auf Schlag, mit Datum vom 8.Mai gibt das Landgericht die ultimative Anordnung an die Fluderknechte weiter und diese brauchen gerade mal 4 Tage, um sich am 12.5. mit einem längerem juristischen Schreiben nicht nur zu wehren, sondern auch ihre Probleme im Detail darzulegen.
Wie in der damaligen Zeit bei behördlichen Schreiben üblich, bestätigten die Beschuldigten zuerst einmal, dass sie dem Schreiben entnommen hätten, dass sie die Strafbewehrung mit „Band und Eisen“ oder gar mit der Einlieferung ins Arbeitshaus sehr wohl dem Schreiben entnommen hatten. Sie bitten aber bei der Regierung um Verständnis für ihre Lage und erläutern ihre Standpunkte.

1.       Seien sie nicht die Leibeigenen der Fluderherren oder   „gebrädte Diener“ sondern „gleich selben allhiesige Mitbürger“. Wenn diese sie weiter für das Fluderwerk gebrauchen wollten, so müssten sie auch ein Gehalt bezahlen, von dem sie und ihre Angehörigen dann auch Leben könnten.

2.       Hätten die Knechte an dem Materialmangel in Straubing keine Schuld, denn hätten „die Fluderherren  ihre bishero nachher Regenspurg gefierte derley Pretter bis nachher gedachten Straubing transportieret, so wurde dero dasige Haupt=und Regierungsstatt damit gewisslichen genuegsam und überflüssig versehen gewesen seyn.“

3.       Hatte Michael Rabenbauer, der bei den Fluderherren „so zu sagen das Rueder führt“ auf dem Rathaus verlauten lassen, dass man uns Marktknechte zu dem Fluderwerk nicht brauchen würde. Wenn man sie also gar nicht bräuchte, wäre auch nicht einzusehen, warum sie bei Strafandrohung zu der Arbeit gezwungen werden sollten.

4.       Hätten sich die Knechte ja nicht einfach grundsätzlich geweigert zu arbeiten, sondern eben nur einen höheren Lohn für ihre Leistung verlangt. Im Übrigen sei dieser höhere Lohn im vergangenen Jahr schließlich bereits bezahlt worden. Jetzt aber hätten sich die Fluderherren gemeinsam darauf verständigt, diesen Zuschlag zum Lohn zu verweigern. Um dies in ihrer Gruppe (der Fluderherren) durchzusetzen, musste jeder der Fluderherren 10 Gulden als Kaution hinterlegen, welche in dem Moment verfallen sein sollte, wenn einer der Fluderherren von der Vereinbarung abwiche.

5.       Mit dem vorherigen Lohn, könnten die Fluderknechte „unmöglich mehr leben und fortkommen“, da sie, als 2 Knechte zusammen, nur 6 Gulden 30 Kreuzer für die Fahrt von Kötzting nach Regensburg erhielten.  Dafür müssten sie aber für „Hin und Her wenigstens 6,7, und auch 8 Tag auf dem Land consumieren und doch auch beynebens die Unserigen zu Haus unterhalten“. Für die Weiterfahrt nach Straubing, die noch einmal mindestens 1 Tag, meistens sogar 2 Tage dauerte, bekamen sie zusammen sogar nur 50 Kreuzer. Und dies, obwohl sie „doch den ganzen Tag über bis an die Knye im Wasser stehent arbeithen miessen.
Im Gegensatz dazu erhielten die (Regensburger) Fluderer, die nur von Reinhausen - einem Ortsteil von Regensburg - nach Straubing flößten, zusammen 2 Gulden 45 Kreuzer.

Und so bäten sie die Regierung um Verständnis für ihre Lage, dies umso mehr, als der Lohn bereits seit über 40 Jahren in dieser Höhe Bestand hatte und unmöglich so weiterhin bestehen könne. Die Knechte hielten also weiterhin an ihrer Forderung nach einer Lohnerhöhung von je 1 Gulden für die beiden Fluderknechte fest, die für jeweils ein „Floß“ nötig waren.
Die Regierung erkannte wohl mit dem Rückschreiben der Fluderknechte, dass es hier mit einem Machtwort nicht getan war, und forderte seinerseits nun den Magistrat Kötzting und das Pfleggericht in Kötzting auf, beide Seiten an einen Tisch zu bringen und ermahnte zusätzlich den Magistrat eindringlich, seine Verpflichtungen zu erfüllen.
Vom Magistrat Straubing kam in regelmäßigen Abständen zusätzlich neuer Druck, da die Stadt immer noch auf die benötigten Baumaterialien wartete und so schrieb sich der dortige Magistrat am 5.Juni den Frust von der Seele: Die Kötztinger Fluderleute würden im Frühjahre die „erste und schönste Holzware der Statt Regenspurg in größter Quantität zuefiehren und das übrige Publicum recht beflissentlich in solange den Mangel leiden lassen“ und dann auch abwarten, “bis dann die Zeit herbey gekhommen, daß man den Regen wegen den Perlfang nimmermehr paßiern derffe.“
Der Magistrat Kötzting war nicht erfreut darüber, dass die Angelegenheit beim Pfleggericht in erster Instanz verhandelt werden sollte, da, wie er schreibt, sowohl die Fluderherren als auch die Fluderknechte „immediate Bürgerspersohnen“ seien,  „wovon theils sogar Häusl ansessig seint“. Mehr aber kommt nicht von Seiten des Marktmagistrats und damit war für die Regierung  klar geworden,  dass der Markt Kötzting offensichtlich nicht in der Lage oder willens gewesen war, hier eine Lösung zu erzielen. So kam es am 25. Juni zu einer „Tagesfahrt“ in Kötzting vor Ort, und in einem Protokoll  an die Regierung stellte der Pflegskommissar  die gegenseitigen Vorwürfe zusammen. Extra für diese Tagesfahrt, also den Ortstermin, legten die Fluderknechte eine Abschrift einer Vereinbarung aus dem Jahre 1689 vor. Diese war zwischen den damaligen Kötztinger Fluderknechten und -herren abgeschlossen worden und in welcher tatsächlich die Fluderherren ganz klare Vorgaben erhielten, wen sie für die Wasserarbeit überhaupt einstellen durften. Dort heißt es wörtlich „…wirdet ihnen Fluderherren bey 2 Pfund Pfennig Straff aufgetragen, solang im Markht muessige Fluderknecht verhanden, welch khain arbeith haben, das sye schuldig sein sollen, dieselben zu ihrem Fluderwerkht und Wasser arbeith zu gebrauchen, und aus denenn umbliegenten Dörfern weeder  Paurn noch Inleyth hereinzubringen
Diese alte Vereinbarung ist natürlich Rückenwind für die Fluderknechte. Diese tragen erneut ihr Anliegen und ihre Nöte vor und beschreiben, dass, da die sowohl die Bretter nun teurer verkauft würden und auch die „victualien nambhafft gestiegen“ seien, es „ohnmöglich bey dem alten Lohn bestehen könne“. Sollten die Fluderherren sich nicht zu einem höheren Lohn „bequemen“, würden sie nicht mehr arbeiten.

Die Fluderherren meinten, dass der „allzeit abgereichte Lohn ohnedem so gross„ sei, dass die „Anbringer schon damit genuegsamb zufrieden sein“ könnten. Sie gestehen durchaus ein, dass der Bretterpreis gestiegen war, aber eben auch der Einstiegspreis der Blöcher.  Früher hätte solch ein Fluderbaum 8, 9 oder 10 Gulden gekostet, derzeit aber würden 18, 20 und 21 Gulden dafür verlangt.
Sie bitten, dass es bei dem alten Lohn bleiben müsse, und hoben das „Bonum publicum“, also das Allgemeinwohl, hervor mit dem die „renitenten“  Fluderknechte zur Raison gezogen werden sollten.
Die Kommission schlug einem Kompromiss vor, der vorsah, dass die Lohnerhöhung nicht einen ganzen Gulden, sondern nur 45 Kreuzer ausmachen solle. Diese Regelung habe auch eine rückwirkende Bindung, solange eben der Streit bereits bestünde.
Die Fluderherren waren alles andere als glücklich über diesen Vorschlag und antworteten ihrerseits mit einer vielseitigen Erklärung und gleichzeitig Anklageschrift gegen die Fluderknechte.
1.  Dass der seit alters her bezahlte Lohn nicht mehr zum Leben reiche, sei aber nicht die Schuld der Fluderherren, sondern die der Knechte, da diese „am Wasser arweith befindtlichen Leuth von Tag zu Tag mehr der Pier-Nässe angewohnen und so lang sie was haben auf denen Pier Pänken ankleben, also ist nicht unser sondern ihr Schuld, daß die lobl. Statt Straubing an Fluderwerkch Mangel zu leiden habe, dan, wann sie nacher Regenspurg khommen, so schlagen sie Hacken und Stächl von denen Stangen ab, und nemmen, nachdeme sie einen weiteren Pierrausch aufgeladen, ihren Rückweg nacher Kötzting, ohne daß sie zuvermögen wären, weitters und nacher Straubing zu fahren, wie dan anheuer diser Casus dem Stephan Irlbacher widerfahren, welcher nolens volens zu Regenspur verkhauffen miessen, weillen sye ihme nicht weitters gefahren und also  ergehet es uns.“

2. Es gäbe zwar andere, die diese Arbeit übernehmen könnten, doch die Fluderknechte wären diesen gegenüber „äußerst bedrohlich“ weshalb die Fluderherren, um die Ware nicht Schaden nehmen zu lassen, tatsächlich auf diese angewiesen waren. Um diese „Bedrohung“ auch genauer auszuschmücken, berichten die Fluderer von einem weiteren Fall, der auch zusätzliche Details der damaligen Verdingung enthält.
Alle Fluderknechte, wenn sie sich für eine bestimmte Fluderfahrt verpflichteten, würden im Voraus einen Gulden erhalten, der ihnen später aber wieder vom Lohn abgezogen würde, aber ihn auch verpflichtete, die Floßfahrt tatsächlich durchzuführen und die Ladung bei den „Behörden“ abzuliefern. Josef Völkl nun habe solch einen Gulden von Bernhard Auzinger erhalten; als dieser nun von der Forderung der Knechte nach einem höheren Lohn erfahren hatte, habe er die bereits zur Abfahrt bereit gerichteten Bretter des Auzingers liegen gelassen, die nun nicht nur im Falle eines Hochwassers weggeschwemmt worden wären, sondern an den unterliegenden Wehren und Brücken einen großen Schaden hätten anrichten können.
Nachdem nun Völkl seiner Schuldigkeit nicht nachgekommen war, wollte nun Auzingers Ehefrau den als Vorschuss gegebenen Gulden von Völkl wieder zurückholen. Aber dieses Ansinnen ging schief, denn Völkl „unterstand sich, Sie Auzingerin mit Stössen und Schlögen zur Stubenthier hinaus zu stossen“.

3. Zur Hauptsache, bei der Angabe der Lohnhöhe, meinten die Fluderer, seien die Knechte nicht bei der Wahrheit geblieben. Es sei richtig, dass der Vorder- und Hinterknecht zusammen 6 Gulden 30 Kreuzer erhalten würden, aber sie hatten verschwiegen, dass ein jeder bei der Ankunft in Regensburg zusätzlich 30 Kreuzer Kostgeld, also zusammen 7 Gulden 30 Kreuzer erhalten und die allermeisten Fahrten auch nur 2 1/2 bis 3 Tagen dauern würden. Für die Weiterfahrt nach Straubing, für die es in der Regel nur 1 Tag brauchte, erhielten die Beiden zusätzlich 36 Kreuzer. „Müessen sie aber Casu Wündt, Nebbl oder Wasser Feyrn(?), so muess ihnen sonderbar das Kostgeld verraicht werden.“ Weiter meinten die Fluderherren, hätten es sich die Knechte in Ihrer Argumentation zu leicht gemacht, indem sie „das Geringere angebracht, das Mehrere aber verschwiegen“ hätten.

4. Die vom Pfleggericht verordnete Lohnerhöhung von 1 Gulden 30 Kreuzern würde die 6 Fluderherren Kötztings, von denen jeder an die 50 Fahrten im Jahr mache, zusammen eine Zusatzausgabe von 450 Gulden verursachen. Um nicht zu verderben, wären die Fluderer, angesichts der zusätzlich höheren Einkaufspreise somit gezwungen, „diese Höherung auf dem Fluderzeug zu schlagen, wo ultimato ainzig und alleinig das Publicum graviert und der höchste Preis dieser Sachen noch mehrers vergrössert wurdte.“

5. Mitschuld an der ganzen Misere hätten auch die vielen
„Kaudereyen und unberechtigren Fludermaister“, die im zeitigen Frühjahr den Knechten einen höheren Lohn versprächen, um ja sehr zeitig mit ihren Fahrten in Regensburg anzukommen, wo es jahreszeitlich dann die besseren Preise gäbe.
Schlussendlich baten die Fluderer, das Pfleggericht möge die angeordnete Lohnerhöhung zurücknehmen und einfach alles beim Alten lassen.
Nun gab es also einen neuen Aspekt, den die Regierung zu berücksichtigen hatte, die „Kauderer“ von Kötzting, also die Personen, die eigentlich keine Berechtigung zum Fludern hatten. Die Regierung wies das Mautamt an, darauf zu achten und prompt erwischte es den Kötztinger Schneidermeister Sebastian Lecker, der für sein abfahrbereites Floß keine „Politen“ – hier eine Art von Beförderungserlaubnis – von der zuständigen Behörde ausgestellt bekommen hatte. Der Kötztinger Schneidermeister Lecker war vom Bürgerrecht her ein sogenannter Häusler. Fluderberechtigt, entsprechend den Bestimmungen des Kötztinger Freiheitsbriefes, waren aber nur die 36 Kötztinger Marktlehner. Dem Buchstaben dieser Urkunde nach waren die Fluderherren tatsächlich im Recht, auch wenn Sebastian Lecker davon schrieb, dass “herunterhalb der alhiesigen Markht Mühl das Fluderwerch bißher von jedermann willkürlich exerceirt worden seye“. Das Wehr der Kötztinger Marktmühle war – und ist es auch heute noch - eine jahrhundertealte Grenze im Weißen Regen. Allerdings war diese Grenze vor allem für die Fischerei maßgeblich und eigentlich nicht für die Fluderer gedacht.
Unterstützung in der Abwehr dieser „Kauderer“ erhalten die Fluderherren nun auch von den am Regen flussabwärts liegenden Müllern: Johann Adam Lärnbecher aus Gmündt, dem Müller Högel von Pulling und von Wolfgang Schreyer von der Mühle in Chamerau. Alle drei monieren, dass die „unberechtigten“ Fluderer zu Kötzting, namentlich Sebastian Lecker, Wilhelm Finck, Johann Lecker und ein N. Krävogl von Weißenregen, ihre hier aufgekauften Blöcher sofort nach Regensburg brächten und diese erst dort einschneiden lassen würden, was ihnen allen nicht nur einen großen finanziellen Schaden zufügen, sondern zusätzlich auch ihre Wasserwehren ruinieren würde. Auch die drei Müller forderten, eine Ausstellung der „Politen“ an unberechtigte Fluderer zu unterbinden.
Erneut äußern sich die Knechte, die die Vorwürfe der Fluderherren nicht unbeantwortet lassen wollten. Es sei mit „beyden Händen zu greiffen, daß sich villmehr die Fluderherren der Bier: oder vielleicht wohl eher der Wein Nässe immer mehr und mehr angewohnen und solche von unseren saueren Schwiz und Schwaiß unverantwortlich an sich ziehen wollen“.

In ihrem Schreiben sind einige bemerkenswerte Details enthalten. Im Jahr zuvor war zum Beispiel noch an St. Nikolaus ein letztes Floß nach Straubing abgefahren und die tägliche Arbeitszeit beim „Zusammenrichten der Fluder“ dauere von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.
Auch die „übliche“ Größe eines Fluders ist genannt: 1 Fluder hatte 20 Fach. Ein Fach hatte 44 Bretter, insgesamt also 888 Bretter. Die Lohnerhöhung würde also nicht einmal mit einem einzigen Heller pro Brett durchschlagen, meinten die Knechte.
Es blieb also zunächst bei der von der Regierung angeordneten moderaten Lohnerhöhung.
Soweit, so gut sollte man meinen, aber Straubing wartete immer noch auf die so dringend benötigten Baumaterialien und schrieb erneut an die Regierung, nun war es Sommer geworden. Am 20. Juli benannte Straubing die  Kötztinger Fluderherren namentlich, die die Lieferungen hinausgezögert hatten. Es waren dies die Kötztinger Bürger  Auzinger, Kollmayer und Rabenbauer, „Underdessen aber seyndt die zway Monathe July und August eingefallen, wo under diser Zeit wegen des Perl=Fang der Regenfluß gewohnlichermassen zu spörren khommet, mithin ainige Flöss heraus zu passiren bey klainem Wasser nit gestattet werden döffen.“
Straubing bittet nun die Regierung, dem „Perl-Fang-Direktor von Vieregg zu Piederstorff „anzuweisen, dass dieser im Falle eines „auflaufenden hochen Wasser“ diesen Fluderleuten das Flößen erlauben solle.
Anfang November, Straubing wartet immer noch und beschwert sich über den Kötztinger Fluderer Rabenbauer, der, entgegen der Anordnungen von Regierung und Pfleggericht, nicht nur bisher nichts geliefert, sondern sogar verbotenerweise Holz „außer Landes“ verkauft hätte.
Nun so muss der Kötztinger Pflegskommissar von Francken auf Befehl von oben den Fluderherren Rabenbauer zu sich zitieren und befragen; mittlerweile aber war es der 9. November geworden.
Am 8. November 1765 wurde Johann Michael Rabenbauer vernommen. Er gab zu Protokoll, dass er zwar am 14. Oktober mit 5 Fahrten von hier abgefahren sei, aber nur 1 davon nach Regensburg und 2 nach Stadt am Hof abgegeben habe. Die übrigen 2 Fahrten wären nach Mötzing verkauft worden. Die Stadt und das Hochstift Regensburg würden das „Ius incolatus gaudieren“ und daher würden diese Lieferungen nicht unter das Verbot fallen, Ware ins Ausland zu liefern. Was nun den „accord“  - also den Lieferauftrag – aus Straubing anginge, so erinnere er sich nur daran, dass dieser Auftrag nie zustande gekommen war, weil er vom Bauamt in Straubing ausdrücklich einen Aufpreis von 1 Pfennig pro Brett verlangt habe, was diese nicht zusagen wollten. Aus diesem Grunde fühle er sich auch nicht an den „Accord“ gebunden. Im Übrigen würden in den kommenden Wochen „6 förth underschidlichen Prödern und Laden nachher Straubing abfahren und selbe dem dorthigen Pauambt zum Kauff anfeillen. Und Sofern er mitselben dess Kauffs halber einig würdet und die paar Bezahlung yberkommet, solche auch disem herzlich gern umb einen billichen Preyß anlassen.“

In dem Anschreiben, das der Kötztinger Pflegskommissar zusammen mit dem Protokoll an die Regierung übersandte, fügt dieser weiter an, dass auch die Herrschaften Donaustauf und Wörth nun als „inländisch“ angesehen werden müssten und die Übergabe von Holz an deren Untertanen demnach nicht mehr verboten sei. Franz Xaver von Francken, der Pflegskommissar,  bringt es auf den Punkt: Die Ursache, warum so wenig Material bis nach Straubing käme, liege darin, „weillen sye – die Fluderherren - die Paar Bezahlung nit erhalten, sondern lange Zeit zu wartten muessen. Wann also das Stadtpauamt Straubing richtig und paar bezahlt, so versprechen die Fluderer genuegsamen Vorrath an Holz Materialien ir und allzeit demselben zu verschaffen.“
Nun kommt es am 18. Dezember zu einem endgültigen protokollierten Zusammentreffen der beiden Parteien, in der nun auch zum ersten Mal einige Namen der Kötztinger Fluderknechte aufgeführt sind. Mathias Sturm, Josef Miller, Josef Schinagl und Josef Lecker zeichneten als Vertreter der Fluderknechte. 
Beide Parteien bringen erneut ihre finanziellen Argumente vor und das Pfleggericht reicht das Protokoll an die Regierung weiter, wo am 20. Dezember 1765 dann der „Abschidt“ gesprochen wurde.
Eine Standartfahrt nach Reinhausen sollte nun 6 fl 30 xr für die beiden Knechte und zusätzlich 30 xr Kostgeld einbringen. Würde eine Fahrt – ohne Schuld der Knechte – länger als 5 Tage dauern, müssten jedem Knecht pro Tag 20 weitere Kreuzer bezahlt werden. Die Bezahlung für die Strecke Reinhausen-Straubing bliebe unverändert, wenn diese Fahrt innerhalb eines Tages abgeschlossen werden könnte, ansonsten gäbe es einen Zuschlag von 36 Kreuzern.
Die Fluderherren werden ermahnt, „ iederzeit mit ihren Fludern bey Zeiten im Fruehe Jahr bey guetten Wasser, langen Tägen und witterlicher(?) Zeit aus und an die bestimbte Ohrt hinfahren khönnen.

Gleichlautende Abschriften – mit der Unterschrift des Barons von Asch - gingen Anfang Januar 1766 an den Markt und das Pfleggericht Kötzting und ebenfalls an die beiden streitenden Parteien.

 

StA Kötzting AA XIV Nr. 47
Stadtarchiv Bad Kötzting AA XIV 47:
Beschreibung von oben nach unten: geschnittenes, aber noch zusammenhängendes Bloch
gespaltenes Bloch oder Spalte 
zusammenhängende Spalten oder Fach
Gfährt oder Fährte auch Fährt
 u. so fort 30 Fach aneinander

So hat man sich solch ein "Fach" vorzustellen, wie es im obigen Plan beschrieben ist.

Einschub Ende

In den Kötztinger Rats- und Verhörsprotokollen findet sich ein Vorgang, der uns die Familienverhältnisse und die ursprüngliche Herkunft des Ehepaars Steinbock näher bringen können.

Es geht um die Aufnahme als "Beisitzer", eine Stufe unter dem Kötztinger Bürgerrecht. Dort heißt es:
Indem Wolfen Hausladen Inwohner zu Grädis seel hinterlassene Wittib Maria sich bey ihrem Schwagern Wolfen Steinpöckh, verbürgerter Häusler, alhir schon bey 3 Jahr lang aufgehalten mit allem wie anderst nit vorkomen ehrl. aufgeführt und zu ainer Einbesserung 147 fl in parrn geld einzubringen hat. Als ist bemelter Hausladen auf ihr demüttiges Bitten vor ain Beysüzerin an und aufgenommen worden. Dergestalten und zum pactirten Beysüz geld yber abzug des Deputatis erlegen solle. 5 fl.

Rhat gehalten den 15. Dezember ao 1746

Dies sind die belegbaren Fakten:

Am 30.5.1752 stirbt in Kötzting die Witwe und Inwohnerin Maria Hausladen.
Am 2.3.1743 ist ein Wolfgang Hausladen, Inwohner in Gradis, gestorben.
Am 3.6.1731 verstirbt der Bub Kaspar Hausladen, der Vater ist der Hirte von Gadsdorf Wolf Hausladen.

Am 18.2.1721 heiratet ein Johann Wolfgang Steinbach aus Atzlern eine Katharina Seidl aus Gadsdorf, Tochter des Bauern Mathias Seidl.
Am 20.2.1730 heiratet ein Hausladen Wolfgang aus Niederrunding eine Maria Seidl aus Gadsdorf, Tochter des Bauern Mathias Seidl..
 Mit dem Hinweis, dass Wolf Steinbach der Schwager der Witwe Hausladen war, sollte der ausreichende Beweis geführt sein, dass Steinbach ursprünglich aus Atzlern und seine Ehefrau aus Gadsdorf stammte.
Im selben Jahr wurde der Fluderknecht Wolf Steinbeck beim Alleinehüten erwischt, Großvieheinheiten hatten Häusler eh nicht durchfüttern können, aber die Ziegenhaltung war ihnen grundsätzlich erlaubt, was vermutlich auch schwierig gewesen war, ohne eigenes Grundstück Winterfutter zu sammeln.
 
"Indeme sich Wolf Stainpökh und Hans Schöz beede Fluderknecht und Heisler alhir wider den ergangen Rhat Schluss allein hieten zelassen understanden, als würdet denselben ghrtl aufgetragen das sye ihr Gaisen bey verwendung ½ Pfund Pfennig Straff unter die Herth treiben, den halben Gerichtscosten miteinander zallen sollen." Ratsprotokoll Kötzting 1745


Am 26.4.1751 kommt es zum nächsten Besitzwechsel. Eva Steinbeck, die Tochter, heiratet Martin Lanzinger und der "Tochtermann" erwirbt das Haus seiner Schwiegereltern für 180 Gulden.

Lanzinger Martin und Steinbeck Eva


Am 5. Mai 1749 hatten die beiden bereits geheiratet.

PfA Kötzting Band 14 Seite 132

Maius
Am 5. desselben Monats haben den Bund der Ehe geschlossen der ehrenwerte Jüngling Martin, ehelicher Sohn des Kötztinger Bürgers und Schusters Benedikt Lanzinger - noch am Leben - und seiner bereits verstorbenen Frau Katharina, mit der tugendsamen Jungfrau Eva, eheliche Tochter des Kötztinger Bürgers Wolfgang Steinpöckh und Katharina seiner Ehefrau, die beide noch am Leben waren. Als Zeugen fungierten Josef Gräll Bürger und Schreiner und Wolfgang Steinpockh, der Vater der Braut. Die Ehe schloss Pater Chuno Ruebme
r"
Bereits eine Woche vorher, Ende April, hatten die beiden einen Heiratsvertrag geschlossen, in welchem Martin Lanzinger versprach, 50 Gulden an Heiratsgut mit in die Ehe einzubringen.
Nun war also nach den Wagnern und dem Fluderknecht ein Schuster auf dem Hause angekommen und das sollte bis fast Mitte des 20. Jahrhunderts so bleiben.
Wiederum 3 Monate vorher, am 24.3.1749 konnte Martin Lanzinger die Konzession als Schuhmacher um 40 Gulden erwerben:
Briefprotokoll P1: Kaufbrief: 24.3.1749 per 40 fl. 
Die Schuhmachersgerechtigkeit des verstorbenen  Hans Georg  Einweckh,  Bürgers und Schuhmachers in Kötzting, wurde von seiner Witwe Margaretha und der Tochter Anna Maria  an Martin Lanzinger,  ledigen Bürgerssohn zu Kötzting verkauft.
Martins Eltern, Benedikt und Barbara Lanzinger - alte Hausnummer 118 - waren sogar bereit, die 50 Gulden "Grundschuld" beim Kötztinger Spital auf sich und ihr Haus im Pfeffergraben aufzunehmen, um dem Sohn den Start auf dem neuen Anwesen und die Ablösung der Schuhmachersgerechtigkeit zu ermöglichen.
Aus dem Jahre 1751 kennen wir einen Streitfall vor dem Pfleggericht:
Martin Lanzinger Bürger und Schuchmacher klagt gegen Anna Maria Einweckhin, eine ledige Kötztinger Bürgerstochter. Die Beklagte habe ihn "negster Tägen einen S:V: Schelmb iniuriret" solch eine Beleidigung kann er als ein Handwerksmann nicht auf sich sitzen lassen. (Da er sich auf seine Handwerkerehre beruft, muss die Angelegenheit auch vor dem Landrichter verhandelt werden)
Die Beklagte räumt ein, dass die Worte möglicherweise "aus Voreyligkeit des Zohrns herausgebrochen seyen". Die ganze Angelegenheit kostet die junge Kötztingerin dann 1/2 Pfund Pfennige, was ungefähr 2 Tageslöhnen eines Arbeiters ausmacht, in diesen bargeldarmen Zeiten eine stolze Summe für ein lockeres Mundwerk.


Im Jahre 1765 kommt es vor dem Pfleggericht in Kötzting zu einer Verhandlung in Handwerkssachen bei dem es zwischen den "jungen" Schusterhandwerksmeistern und den "Vorgehern" des Handwerks zu einem Vergleich kam.

HStA München GL Fasc. 1819/22/4
Vergleich zwischen Hans Georg Löcker, Benedikt Lanzinger, Martin Lanzinger und Josef Mair, sämtlich Vier junge Schuhmachermeister alhir zu Kötzting haben die Vorgeher ersagten handwerkks, benanntlich Heinrich Straubinger, Martin Hofmann, Hans Georg Pachmayr und Hans Georg Silberbauer wegen deren Abänderung dann Zulassung der Handwerchssporteln (=Gebühren) abheunt klagen wollen, es haben sich aber die Theile dahin verstanden und verglichen, das nemblich die die alten Maister bis konftig anders Jahr die Handwerchs Sporteln annoch alleinig ziehen: und annebens bis ufm Jahrtag ao: 1766 als Vorgeher bleiben. Die junge Meister entgegen von ersagt Neuen Jahr an die fahlente Sporteln gleichheitlich zuziehen haben sollen, mit dem weitewrn Anhang, das wenn auch die junge zweimaister würklich zue land=

maister Stelle gelangen, dise jedennach die Stab bei denen gewohnlichen Prozessionen tragen muessen. Womit also die theill zufriden und um die obrigkleitliche Ratification gehorsambist bitten....
Es geht bei diesem Streit also einerseits um die abzuführenden Gebühren und darum, wer bei den kirchlichen Prozessionen mit den Handwerks-Zunftstäben an der Spitze der Abordnung gehen dürfe.

Das Haus bzw. der Brunnen vor dem Hause - später auch der Schödlbauer-Brunnen genannt - heißt im Jahre 1776 noch der Steinpock-brunnen. In etwas aus derselben Zeit wie das Aquarell des Mathias Heilmaier stammt auch das Foto, mit dem Brunnen vor dem Haus.




DIA Repro 123 Foto um 1900

StA Kötzting Marktrechnung von 1776
"Nitmünder empfinge der Maurermeister weegen Auspflasterung dess sogenannten Steinpockpruns, item verrichter Arbeit bei dem steinernen Rathhaus Khar, und widerumiger Ausfiehrung der dem Riemer durch das Wasserlegen ruinierten Gred Mauer, seinem Schein conform.

 Lanzinger Josef und Obermayr Katharina


Am 13.April 1784 verkaufen Martin Lanzinger und seine Frau Eva ihr Haus - zwischen der bürgerlichen Marktmühl und Josef Klinger Schreiners Häusern .... nebst dem kleinen Höfel - an den Sohn und Schuhmacher Josef Lanzinger um 180 Gulden.  
Eine Woche später wird auch die Schuhmachersgerechtigkeit übertragen und Martin Lanzinger muss bei dieser Übertragung eine vertragliche Zusage treffen, er "muss sich nach Abgabe aller Neuen Schuhmacherarbeit gänzlich und bey Straf enthalten" ..... nur die die "alte Arbeith als Flicken und doppeln" bleibt ihm.
Im November desselben Jahres - 16.11.1784 - heiratet der junge Schustermeister Katharina Obermayr, die Tochter des Kötztinger Zimmermeisters und Nachbarn Georg Obermayr.
Seine Mutter, Eva Lanzinger, stirbt im Alter von 66 Jahren am 5.8.1785 und der Witwer, Martin Lanzinger, heiratet im ausgehenden Winter des Folgejahres die Witwe Katharina Neuberger aus Reitenstein.
Mehrere Kinder bekommt das junge Paar, jedoch ist die Freude über die wachsende Familie nur von kurzer Dauer, denn am 30.4.1791 stirbt der junge Schustermeister Josef Lanzinger mit gerade mal 27 Jahren und die Witwe steht da mit drei kleinen Kindern,  Margaretha 6 , Katharina 5 und Franz 3 Jahre alt. Am 19.1.1792 hat die junge Witwe dann einen neuen Ehemann gefunden und mit dem Schuster Josef Schödlbauer aus Swina (bei Klattau in Böhmen) kommt nun die Familie Schödlbauer auf das Anwesen, die für fast 250 Jahre in Kötzting präsent sein wird. 
Auch in der Kirchentrachtliste von 1777-1800 kann man ebenfalls gut den Besitzwechsel nachvollziehen.
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800
Martin Lanzinger Schuhmacher
Josef Schedlbauer



Josef Schödlbauer und Katharina Lanzinger




Am selben Tag (19.1.1792) wurden - nach dreimaliger Verkündigung - in der Pfarrkirche durch mich, Pater Odilon Falk ehelich verbunden, der ehrenwerte Jüngling Josef Schödlbauer, ehelicher Sohn des Halbbauern Johann Schödlbauer aus Swina in Böhmen und dessen Ehefrau Anna Maria - deren Vater wiederum Mathias Puchinger, ein Bauer aus dem Rocheter gericht gewesen ist - mit der tugendsamen Katharina, der Witwe des bürgerluichen Schusters und Häuslers Joseph Lanzinger.
Die Trauzeugen waren der Schuster und Häusler Franz Paul Piendl und der hiesige Mesner Josef Arent.
Am selben Tag - 19.1.1792 - trafen sich alle Beteiligten auch beim Magistrat, um einen Heiratsvertrag abzuschließen. Hier der Kopf der Urkunde und der Abschluss mit den Siegelzeugen.

Kopf des Heiratsbriefes
2. Heuraths Brief per 100 fl
Katharina Lanzingerin verwittibte burgerliche Häuslbesitzer und Schuhmachermeisterin zu Koetzting unter beystandschaft ihres Vaters Georg Obermayr burgerlicher Zimmermeisters vor Gericht zugegen
bekennt
Daß sie sich zu dem ehrbaren Joseph des Johann Schedlbauer halben Hofsbesitzer zu Swina des Königreichs Boehmen und Amalia dessen Eheweib beede noch am Leben ehelich erzeigten Sohn, welcher auch inJudicio zugegen, ehelich verlobt und versprochen habe, weswegen beede folgende Pacta Dotalia gesätzmässig angeschlossen haben....

Interessant sind die Siegelzeugen am Schluss des Vertrags.

Sigelzeugen und Heuraths=Leuth beede churfürstliche Herrn gerichts und Marktsprocuratores Lorenz Stoiber und Franz Xaveri Mühler, der Vater des Hochzeiters Georg(!) Schödlbauer Halbbauer zu Swina aus Böhmen Franz Piendl Schuhmacher, Adam Hollmayr Seiller, Ignati Mayr und Joseph Dröger sammentlich Bürger derorten."
Der Vater des Bräutigams hieß vermutlich Johann Georg mit Vornamen, eine damals sehr häufige Kombination und wurde zuerst eben abwechselnd als Johann oder als Georg protokolliert, dafür aber als Schödlbauer und nicht, wie am Anfang als Schedlbauer..
Da Josef Schödlbauer aus dem Ausland hereinheiratete, musste er natürlich auch seine ehrliche, sprich eheliche, Geburt durch Dokumente nachweisen.
3 Tage vorher erhielt er vom "Würthschafftsamt des hochfreiherrlich von Hubertzischen Guth Gindzichowitz" ein "Attest" ausgestellt, welches seine eheliche Geburt bestätigte und festhielt, dass einer Heirat und Ansässigmachung nichts im Wege stünde.

Schon gut 7 Monate später, am 21.8.1792, wird der erste Sohn des Paares, ein Joseph, geboren und getauft. Sieben weitere Kinder werden die beiden noch bis zum Jahre 1810 bekommen.
Im Jahre 1811 wurde der Häuser=und Rustikalsteuerkataster erstellt und unter der damaligen Hausnummer 53 (diese wurde bei der Anlage des Grundsteuerkatasters auf die Hausnummer 56 abgeändert):
StA Landshut Rentamt Kötzting B27
H:Nro: LIII Jos: Schödlbauer
Das gemauerte Haus mit Stall und hölzernem Stadel. PlNr. 176
Gemeindeantheil am Hütanger ao 1803 zur Wiese cultiviert. PlNr. 339
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
Von dem vertheilten Strohhof bei Grub 1 Ackerl  PlNr. 821


"Das aus den Pfleggründen erkaufte große Multererackerl PlNr. 492
Der aus den Klostergründen erkaufte Teil des Ottlweihers, ein Wiesgrund (in Bleistift: Widtenwiesel)"

Im Jahre 1826 kam es in ganz Bayern zu einem Aufruf mit nachfolgender Sammlung zugunsten des - mit weitgehend bayerischer Unterstützung - neu gegründeten Königreiches Griechenland.
In der Bürgerliste, streng nach den Hausnummern geordnet, steht auch die Schusterfamilie Schödlbauer.
StA Kötzting AA V-17

"Joseph Schödlbauer Söhne und Gesellen   3" (Kreuzer)
Joseph Schödlbauer - eigenhändige Unterschrift aus der "Griechenland-Liste"



Am 24.4.1828 reichte der östliche Nachbar, der Marktmüller Amberger, einen Bauplan für einen neuen Stadel ein und als sein Nachbar ist der Schuhmacher Josef Schödlbauer eingezeichnet.  Schödlbauer Joseph hatte keinerlei Einwände, "da 5 Schuch Zwischenraum. Kgl Landgerichtsgebäude stößt mit Glashaus an. Das Haus wird bewohnt von Baron von Schatt."
Dieser Stadel wird Anfang des 20. Jahrhunderts späteren Schödlbauer-Generationen zum Gefahr, als es in der Marktmühle brannte und das Übergreifen auf das Schödlbauerhaus nur mit knapper Not verhindert werden konnte.


StA Kötzting AA XI 91 

Aus dem Jahre 1834 kennen wir eine Verhandlung vor dem Kötztinger Vermittlungsamt.
Katharina Hartl, eine geborene Lanzinger, verklagte dort ihren Stiefvater Josef Schödlbauer. 
StA Kötzting AA VIII/12
"
2. den 12ten Dez. 1834
Katharina Hartl, geborene Lanzinger, Webermeisterin in Kötzting klagt ihren Stiefvater Josef Schödlbauer Schuhmacher von hier, um schuldige Zinsen; die Sühne wurde vergebens versucht - daher das Zeugnis der Hartlin hierüber ausgefertigt worden ist.
"
Einschub
Bevor ein Kläger vor Gericht klagen durfte, musste er nachweisen, dass zumindest der Versuch unternommen worden war, die Sache durch einen amtliche begleiteten Vergleich außergerichtlich zu bereinigen. Das oben benannte "Zeugnis" beglaubigt diesen Versuch der Katharina Härtl, die nun damit vor Gericht gehen kann, um den Stiefvater ordentlich zu verklagen.
Einschub Ende
Am Ende kam es in diesem Falle dann zuerst zu einem Prozess und am Ende zu einer vertraglichen Lösung  vor dem Kötztinger Magistrat. 
 
StA Kötzting AA X-79


"Protokoll abgehalten am 8ten Juni 1836
Es erscheint Joseph Schedlbauer und dessen Eheweib, Schuhmacherseheleute von Kötzting miot dem Anbringen, daß sie bey mit Johann Hartl Weber dahier geführten, nunmehr beendeten Prozess wegen Erbschaftsansprüchen ihrem Sohne Franz Schedlbauer 39 Jahre alt, das Anwesen mit aller Ein- und Zugehör um 950 fl übergeben, welche nachstehenden Ausweis erhalten:
1. Zur Spitalstiftung ein zu 5 % vorgelichenes Darlehen per 130 fl
und zur Bruderschaft zu 4 % 20 fl
2. Zur Schranckschen Verlassenschaft dahier zu 4 % 150 Gulden.
weiter heißt es in dem vertrag:
3. dem Lederer Wolfgang Kolbeck aus Cham unverzinst 50 fl
4. Dem Georg N: alten Mühlknecht dahier 50 fl
5. Der Anna Schedlbauer ledig von hier ein Darlehen unverzinst per 100 fl
6. Die Schedlbauerschen Kinder erhalten:
a) Anna, noch ledig Heiratsgut über schon empfangene 10 fl noch 90 fl
b) Johann ebenso 100 fl
c) Anton über erhaltene 12 fl noch 880 fl
werden bei deren Standesveränderung oder sonstigen Bedürfnissfall bezahlt, bis dahin unverzinslich.
7. Die übrigen Schedlbauerschen Kinder als
a) Franz Übernehmer
b) Xaver ledig Stands und
c)Georg ledigen Stands erhalten auf ihre Lebensdauer wöchentlich 30 xr Verpflegungsbeitrag.

Nach dieser Übergabebeurkundung mit der dadurch erfolgten Bestätigung der auf dem Anwesen liegenden Verpflichtungen, erhält der Sohn sowohl die Heiratserlaubnis wie auch die Berechtigung im Markt das Schusterhandwerk zu betreiben.
Dazu musste er mehrere Nachweise und Zeugnisse erbringen.

"Schulzeugnis
Franz Schödlbauer, bürgerl. Schuhmachermeisterssohn in Kötzting, hat (geboren 1797 May 26ten) die Werktagsschule ab ao 1803 bis 1809, sodann bis ao 1815 die Feiertagsschule besucht und beim Entlasse nachstehende Noten erhalten:
Religionslehre           gut
Lesen                        gut
Schönschreiben        gut
Rechtschreiben        gut
Rechnen                   gut
Gemeinnützliche Kenntnisse genügend

Kötzting am 5. Juni 1836
2. Schulinspektion Közting
Christoph Plöd 
Ludwig 
Gottfr. Reisinger Mp Schullehrer allhier" 
" Zeugniss
Dem Franz Schedlbauer bürgerlichen Schuhmacherssohn von Kötzting wird hiermit attestiert, daß er unterm heutigen vor unterfertigter Prüfungs Coon als Schuhmacher geprüft und zur selbstständigen Ausübung des Schuhmacherhandwerkes vollkommen tüchtig befunden worden sey.
Signalement
5 " 10 ` groß, 1797 geboren, starker Natur, krausen Haares. lämglich Angesichts, portionierter Nase, mitlern Mund und blaser Gesichtsfarbe
Dem 23.März 1832
Denscherz    Auzinger
Königliche Prüfungs Comission Kötzting
Moosmüller Cimmissar
Contrasigniert
den 23.Merz 1832
Königl. Landgericht Kötzting
B.v. Schatte
Landrichter"
"Entlassung- Bescheinigung
für den wie folgt Bezeichneten
Franz Schedlbauer
Größe 5 Schuh 6 Zoll
Haare                     braun
Stirn                       breit
Augenbrauen         braun
Augen                    grau
Nase                        proportioniert
Mund                    breit
Bart                         braun
Kinn                        breit
Gesicht                    bladerstebig (?)
Gesichtsfarbe           gesund
Körperbau                untersetzt
Besondere Kennzeichen: keine
Eigene Unterschrift   Franz Schedlbauer

Vorzeigen dieses Franz Schedlbauer gebohren im Jahre 1797 zu Kötzting k. Landgerichts daselbst im Unterdonaukreis, kath Religion, ledigen Standes, seiner Profession ein Schuhmacher hat die gesetzlich bestimmten Militärpflichtigkeits=Jahre zurückgelegt.
Nachdem nun derselbe dadurch den Konskriptionsgesetzen Genüge geleistet hat, und von dem Militärdienst der aktiven Armee frei geworden ist, so wird er hiermit aus der Militär=Pflichtigkeit entlassen, und demselben gegenwärtige Entlassungsbescheinigung. um davon nach den Vorschriften des Konskriüptionsgesetzes den nöthigen Gebrauch zu machen, und sich damit überall gehörig ausweisen zu können, jedoch unter der ihm ausdrücklich gemachten Erinnerung ertheilt, daß, im Falle er dem bestehenden Verbothe entgegen, in auswärtig Dienste träte, derselbe seines Vermögens verlustig werden und bei seiner Rückkunft in der Königreich der Stellung zum National=Kriegsdienst unterworfen seyn würde, und daß er im Nothfalle aufgefordert, zur Vertheidigung des Vaterlandes bei der Nationalgarde sich müße gebrauchen lassen.
Passau am 26ten 7ber 1821
Königliche baierische Regierung des Unterdonaukreises
Kammer des Innern
Für diesen Entlassungsschein ist zur Konskriptionsklasse der Betrag mit Sechs Gulden bezahlt worden."
Nach der Vorlage dieser drei Atteste und der Übergabe sowohl des Anwesens wie auch der realen Schuhmachersgerechtigkeit durch seinen Vater stand der Bestätigung durch den Magistrat nichts mehr im Wege:






"Gewerbsverleihungsurkunde:
Dem Franz Schedlbauer nachgehendem Hausbesitzer in Kötzting wird auf die Erklärung seines Vaters Joseph Schedlbauer, daß er Ersterer sein Anwesen mit hierauf inkl realisattender Schuhmacher_Gewerbs=Gerechtigkeit um 950 Gulden abtritt. Dieses reale Schuhmacher=Gewerbsrecht hiermit local-polizeilich wieder verliehen...
."



Am 22.8.1836 erfolgte dann die Beurkundung der Übergabe an den Sohn Franz zum Preis von 950 Gulden.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft

"Den 22. August 1836 übergibt Josef Schödelbauer von Kötzting sein Bürgeranwesen bestehend in nachbemerkten Realitäten an seinen Sohn Franz Schödelbauer um 950 fl....."


Schödlbauer Franz und Magdalena Hollmeier


Bereits am 13.9.1836 hatte der Kötztinger Schustersohn Franz Schödlbauer die Beckendorfer Söldnerstochter Magdalena Hollmeier geheiratet und im selben Jahr auch mehr als 16 1/2 Gulden für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlt..

PfA Kötzting Band 16 Heiratsmatrikel

Auch in dieser Generation der Schödlbauer-Familie sind 8 Geburten in den Kötztinger Taufmatrikeln verzeichnet.
Im Liquidationsprotokoll und im Mieterkataster - von 1841 und 1842 - finden wir weitere Details über das Haus und seine Bewohner.

StA Landshut Grundsteuerkataster 5038



"Hausnummer 56 in Kötzting beym Schödlbauer, Franz Schödlbauer
Das Haus mit realer Schuchmachersgerechtigkeit
Gebäude:
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, Stall, Hofraum und kleines Wurzgärtl."

Folgende Dienstbarkeit war bei diesem Hause eingetragen:
"Obiger Besitzer hat die Verbindlichkeit weliche Reparaturen an dem durch seinen Hofraum führenden Wasserkanal notwendig werde, zu gestatten."
Diese Grunddienstbarkeit und die Arbeiten, die damit zusammenhingen, führten die beiden Nachbarn Schödlbauer und Klinger auch vor Gericht, als sie beide zusammen gegen Erdarbeiten im Zusammenhang mit dem Brunnen vor ihren Häusern mit Gewalt vorgingen.
"Beschwerde des Zimmermeisters Obermeier gegen Franz Schedlbauer und Mathias Klinger von hier wegen tumultisch Benehmens gegen die Zimmerleute Michl Stoiber und Adam Ausmann, gegen die Ausführung der Wasserleitung in den Grande vor ihren Häusern mit der Bedrohung wenn sie nicht auf der Stelle gehen so wird man selbe davon hinweg prügeln.

StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 Mieterkataster von 1842

"Franz Schedlbauer Schuhmacher /: Hauseigenthümer:/ 
1. Hauptgebäude
Unter der Erde: Ein kleiner Keller
I: Stock 1 Wohnzimmer mit Kochzimmer, und 1 Kammer, dann Stallung und Hausboden unterm Dach
Unterschrift: Schödlbauer

2. Katharina Schedlbauer: Austräglerin /:Mietherin:/  
I. Stock 1 Wohnstube und 1 Kammer
bestätigte Unterschrift: Kath   x  Schödlbauer 
Nebengebäude
Ein kleine Scheune mit Dreschtenne"


Im Jahre 1862 kam es zu einem Streit zwischen Franz Schödlbauer und seinem Nachbarn, dem Marktmüller Amberger.
StA Kötzting AA XI-116

"Kötzting den 3. Mai 1862
Praes. Bürgermeister Kollmaier - Grasenauer

Franz Schedlbauer v. hier erklärt:
Der Marktmüller Jos. Amberger hat sich beim Amtsgericht verbindlich gemacht kein Fenster in meinen Hofraum zu machen.
Derselbe baut aber doch solche und ich bitt der Magistrat solle den Bau einstellen.
Unterschrift Schödlbauer
Verfügung
Nach Ausweis des Bauplans darf Josef Amberger Marktmüller v hier vorläufig kein fenster in den Hofraum des Frz Schedlbauer errichten, daher ist dem Amberger der Bau einzustellen, bei Vermeidung von 10 fl Straf
Magistrat Kötzting.....
..... Beim Landgericht weiter verhandelt worden, daher ad acta."


Die oben, als Mieterin eingetragene Katharina Schödlbauer, eine geborene Lanzinger, verstarb im Alter von 80 Jahren am 4.10.1843 an Altersschwäche. Ein Sterbeeintrag, des aus Swina in Böhmen nach Kötzting eingeheirateten Stammvaters der Kötztinger Schödlbauer-Linie ist leider in den Kötztinger Matrikeln nicht zu finden, er muss zwischen 1836 und 1842 verstorben sein.
Johann Schödlbauer, der Sohn, war im Jahre 1862 der Kötztinger Pfingstbräutigam.

Mit 10 Gulden Zuschuss für den Pfingstbräutigam aus der Marktkasse findet sich Hans Schödlbauer in den Marktrechnungen im Jahre 1862 
In der kleinen Broschüre über die frühen Pfingstbrautpaare, die im Jahre 1912 anlässlich des Jubiläumsrittes veröffentlicht worden war, finden wir genaueres über das Pfingstbrautpaar des Jahres 1862.






Am 18.5.1869 verstarb der Kötztinger Schuster Franz Schödlbauer im Alter von 72 Jahren an Schlagfluss. Bereits 3 Wochen vorher hatte sein Sohn, Johann Schödlbauer Hofmann Anna, eine Bauerntochter aus Niederndorf geheiratet.

Von Magdalena Schödlbauer gibt es im Staatsarchiv Landshut einen sogenannten Verlassenschaftsakt.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 33 Nr.  50 von 1890 Schödlbauer Magdalena

"Magdalena Schödlbauer
78 Jahr 7 Monate
Schuhmachersgattin
verwittwet
11. Mai 1890  vormittags 9 Uhr
Kötzting Hs.No 56"

Die Liste ihrer hinterbliebenen Kinder und damit Erben führt - mit Ausnahme des übernehmenden Sohnes Johann - ins Oberbayerische

Theres Stocker, Schuhmachersehefrau in München
Johann Schödlbauer, Schuhmacher dahier
Anna Schödlbauer, ledige Köchin in München
Franziska Stocker, Schuhmacherin in Reichenhall
Maria Schweiger, Wittwe in München
Josef Schödlbauer, Lehrer in Geresbach bei Dingolfing

Vier der Geschwister waren bei der Nachlassverhandlung in Kötzting beim Amtsrichter und unterschrieben auch die Feststellung des Sohnes Johann, dass die verstorbene Mutter nur noch die Kleidung und Wäsche als Vermögen besaß und diese an die ledige Schwester, Anna, nach München gehen sollte.





Johann Schödlbauer und Hofmann Barbara


Auch Johann Schödlbauer musste für das Kötztinger Bürgerrecht eine stolze Summe bezahlen, 28 Gulden waren es inzwischen, die ein Kandidat aufzubringen hatte.
Auch in dieser Generation der Schusterfamilie Schödlbauer kommen 8 Kinder zur Welt zwischen den Jahren 1870 und 1884.
In einem Lageplan, der einem Bauplan der Brauerei Röhrl beigelegt war, kann man die Gebäudeaufteilung seines Nachbarn Schödlbauer gut erkennen.

StA Landshut Rep 162-8 Nr. 3140


Erklärung der Situation
Nro 1 Gemauerte Stallung und Kühlhaus
2 Wohn- und Brauhaus des Bauherren
3 Hofraum
4 Wohnhaus und Hofraum des Josef Klinger
5 Stadel des Johann Schödlbauer
6 Wohnhaus desselben
7 Wohnhaus der Witwe Maria Wieser
8 Wohnhaus der Franz Stoiberschen Realitäten.


Im Grundsteuerkataster von 1860 finden sich gleich zu Anfang auch - in Kurzform - die weiteren Besitzübergaben bis hin zum nächsten revidierten Kataster von 1911.
Und dort steht auch die nächste Generation: Johann Schödlbauer und "Elise"
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047 ab 1860

"Hausnummer 56 Kötzting - Schoedlbauer Franz - beim Schödlbauer
Schödlbauer Johann und dessen Braut Hofmann Barbara
Schödlbauer Johann
Schödlbauer Johann und Elise"

Hier nun folgend in Kurzform die letzte "Schödlbauer-Generation" auf DIESEM Hause, denn in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts kaufte Hans Schödlbauer das benachbarte Anwesen des Schreiners Klinger und wechselte mit Familie und Gewerbe hinüber in das neue Haus, das er folgend auch auf die Bedürfnisse der neuen Zeit ausbaute.



Johann Schödlbauer und Waldmann Elisabeth

DIA Repro 1389 Mitte Bürgermeister Hans Schödlbauer mit Pfarrer Dietl. Das Bild muss vor
1950 entstanden sein, da bis 1949 die Kranzlübergabe auf dem heutigen Jahnplatz erfolgte.

Glasplattenaufnahme vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock. Elisabeth 
Schödlbauer, geborene Waldmann

Der Schuster Johann Schödlbauer hatte am 17.5.1907 die Privatierstochter Elisabeth Waldmann geheiratet.  Wenige Jahre später entging das junge Paar nur knapp einer Katastrophe, als nach einem Blitzeinschlag des benachbarte Marktmühlenanwesen in Flammen aufging.



Am 4. Juni nachmittags um ¾ 3 Uhr „ wurden Feuersignale und vom Marktturm die Brandglocke gehört: in der Marktmühle brennt esEin zweifacher Blitzstrahl ohne Donner hatte eingeschlagen und gezündet und bis man´s meinte stand das ganze Stallgebäude in Flammen. Schrecken auf allen Gesichtern; denn schon loderte der Brand empor und es schien unmöglich das verzehrende Element einzudämmen. Doch was unmöglich schien wurde gemeistert, der Brand konnte lokalisiert werden und ein weiteres umsichgreifen verhindert werden; aber man denke: Schindeldächer auf Stall und Wohngebäude und Nachbarhäuser, vielfach alte hölzerne Häuser in der Nachbarschaft; dazu das Sägewerk; nur ein Haus mit Ziegeldach, (Schuhmachermeister Schödlbauer) steht nebenan und gerade dahin trieb der Wind die Flammen. Heute hat sich unsere Hochdruckwasserleitung bewährt, ja man kann sagen nur sie hat uns vor größerem Unheil bewahrt, denn aus 8 Hydranten prasselten alsbald die Wasserstrahlen und siegten über des Feuers Wut.

Da alles Vieh gerettet werden konnte beläuft sicher der Schaden für die Marktmühle auf ca. 5-6000 Mark, der Schaden bei Schödlbauer ist von geringerer Bedeutung"

Im Jahre 1923, in der Zeit der größten Bedrängnis wegen der Hyperinflation, kam es im Hause Schödlbauer auch zu einem Einbruch.


KA vom Juni 1923


Mit Johann Schödlbauer haben wir eine der wichtigsten Kötztinger Persönlichkeiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor uns. Um mich nicht zu wiederholen, weil die Person Hans Schödlbauer bereits im Beitrag der Kötztinger Häuserchronik bei der Hausnummer 55 vorgestellt worden ist, hier nur der link auf diesen Teil des Blogbeitrages.
In einem "Mieterkataster" von Anfang des 20. Jahrhunderts erfahren wir auch die Raumaufteilung in diesem Hause.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5058

Johann und Elise Schödlbauer
1 Keller 1 Werkstätte 1 Lagerraum (1 Stall und 1 Stadel)
Parterre  1 Zimmer und 1 Küche  1 Laden, 1 Werkstätte, 1 Lagerraum, Keller
I. Stock  5 Zimmer

Frau Christa Rabl-Dachs hat im Jahre 1995 - im Zusammenhang mit einer Ausstellung über Kötztinger Wirtshäuser - unter anderem auch Herrn Josef Schödlbauer befragt und der erzählte dabei auch einige Kleinigkeiten aus seiner Kindheit.
Am Anfang seiner Anekdote geht es um das Wirtshaus gleich neben dem Bahnhof Zellertal. Die Familie Schödlbauer hatte dort draußen auch eine Wiese. (Heutzutage steht dort u.a. auch der Dönerstand beim Pfingstreiterkreisverkehr und ein Mehrfamilienhaus, in dem bis vor einigen Jahren auch die Kötztinger Polizei untergebracht war.)


Josef Schödlbauer und Barbara Pongratz




Auch nach dem Erwerb - Mitte der Dreißiger Jahre -  und der Übergabe - 1943 - des Nachbargebäudes behielt Hans Schödlbauer noch sein Haus. Als er im Jahre 1954 verstarb, ging das Haus auf seinen Sohn Josef und dessen Frau Barbara, geborene Pongratz, über.



StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5055


Von der Familie Schödlbauer ging das Haus zunächst durch mehrere Hände und befeindet sich nun in Besitz von  Frau Marianne Kretschmer.

Kretschmer Marianne




Und so sieht das Haus im Jahre 2023 aus.






Freitag, 9. Juni 2023

Michael Heigl - das Frühjahr 1853 - Teil 13 der Heigl Dokumentation

 

Michael Heigl

März 1853

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.



Die Gendarmen werden nervös und übergriffig


Der von Carl von Paur geforderte wesentlich erhöhte Verfolgungsdruck hatte aber auch nachteilige Konsequenzen: Die Bevölkerung fühlte sich – ob zu Recht oder Unrecht sei hier dahingestellt - über die Gebühr und zu rücksichtslos behandelt, ja schikaniert, und so hagelte es Beschwerden, vor allem nach der Durchsuchungsaktion zu Anfang Februar. Die Rede ist von Misshandlungen, Beschimpfungen und Beleidigungen von Seiten der eingesetzten Beamten.
Nachdem die Beschwerden durch Gemeindevorsteher und Privatpersonen offiziell eingereicht worden waren, verwies Carl von Paur anfänglich nur mit einer Randnotiz auf die angefertigten Polizeiprotokolle,  muss dann aber doch mit einer eignen und amtlichen Untersuchung noch im März beginnen.
Angesichts der zusätzlichen Anreise einer "hohen Regierungskommission" hält es auch der Landrichter Carl von Paur für angebracht, noch einmal seine Sicht der Dinge und vor allem die Schwierigkeiten aufzuführen, die es bisher verhinderten, dass Heigl gefangen werden konnte.

Er wiederholt die bereits bekannten Argumente mit der gebirgigen, waldreichen und unzugänglichen Landschaft und deren sittenlosen Landbewohnern, die Heigl Unterschlupf- und Fluchtmöglichkeiten boten. Sein Bestreben seit seinem Amtsantritt 1843 sei es gewesen, durch viele Maßnahmen das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen - wie sich der Regierungsassistent gerne überzeugen könne -, jedoch bisher ohne greifbaren Erfolg. Der Charakter der untersten Klasse sei "rauh, schlau, mißtrauisch und schweigsam, gleichgültign gegen Alles, was sie nicht direkt berührt, entschieden abgeneigt den Sicherheitsorganen, namentlich der kgl. Gendarmerie, zumahl wenn diese es nicht dahin zu bringen weiß, ihr Vertrauen zu gewinnen."
Als seine eigenen Maßnahmen und Anordnungen zählte er dann auf:
1. Die Auslichtung der Waldstrasse von Kötzting nach Hohenwarth und zwar durch Exekutions=Vorschreiten.
2. Niederreissung einer in Gotzendorf befindlich gewesenen Hütte, die als Unterschlupf verdächtigen Gesindels mit Grund bezeichnet wurde.
3. Absperrung des verdächtigen Laumer=Häusl bei Gotzendorf und gewaltsame Austreibung der Inwohner.
4. Einschreitung gegen verdächtige Wirthshäuser und infolgedessen Gewerbsentzug und Absperrung des Wirtshauses zu Grafenwiesen und des Wirtshauses des Hastreiters zu Kötzting. Eine Maßregel, die den verdächtigen Wirthshäusern in Schönbuchen, Hohenwarth und Liebenstein in nächster Aussicht steht.
5. und 6. betreffen die bekannten Maßnahmen, wie die Beobachtung, teilweise Verhaftung und die Einlieferung verdächtiger Personen ins Zwangsarbeitshaus.
7. Aufstellung geheimer Aufseher, Angeber(!/?) und Wehrmänner, geheime Korrespondenz mit dem böhmischen Gendarmen=Commando in Klattau und Veranlassung von Sicherheitsstreifen in Böhmen. Vermehrte und kombinierte Sicherheitsstreifen im Amtsbezirke unter Beiziehung der Landwehr.
8. Versuchtes Waffenaufgeboth zu Sicherheitsstreifen aller waffenfähigen Gemeindeglieder und erwachsenen Burschen in den gerierten Gemeinden.
9. Ein jüngster Antrag bei der hohen Kreisstelle um Bewilligung zur öffentlichen Bekanntmachung einer amtlichen Darstellung der Verbrechen, deren Heigl bezichten ist, 

Allerdings muss auch v. Paur zugeben, dass es Fehlverhalten von Seiten der Gendarmen gegeben hatte, und zählt dabei das "unsittliche Verhalten des Gendarmen Seigl gegen die Schamhaftigkeit der Wirthstochter von Absätz" auf, der als "Versuch der Nothzucht" bereits beim Kommando in Straubing untersucht würde. Ebenso bezeichnet er Hinweise auf Misshandlungen durch Schläge von Seiten der Gendarmen als unzweifelhaft und nicht gerade zielführend.


Screenshot des "Heigl-Films" von 1973

Die Gendarmen sind sich natürlich der gegen sie erhobenen Vorwürfe und der anstehenden Untersuchung bewusst und wenden sich ihrerseits gleichzeitig an die eigene vorgesetzte Polizeibehörde und diese wiederum gibt die Sache gleich weiter nach ganz oben, ins Innenministerium nach München.. 
Das  Corps=Commando erklärt sich gegenüber dem Innenministerium in München in einem fast kalligrafisch anmutenden Schreiben :



"Nach vorliegender Anzeige des Brigadiers Schmid zu Kötzting benehmen sich die Bewohner von Gotzendorf und Hohenwarth als förmliche Anhänger des flüchtigen Verbrechers Michael Heigl von Beckendorf, so daß selbst die Gemeindevorsteher davon nicht ausgenommen sind. Es werden erfundene Beschwerden gegen die Gendarmerie bei dem Landgerichte Kötzting vorgebracht, wonach die Gendarmen bei den vorzunehmenden vielen Hausdurchsuchungen die Bewohner misshandeln; das k. Landgericht soll diesen Beschwerden viel zu viel Gehör schenken, zu sehr um die Bauern sich annehmen und dadurch das Ansehen und die Wirksamkeit der Gendarmerie schwächen.

Die Gendarmen meinen also, dass Carl von Paur ihnen zu wenig den Rücken stärke.
Das Corps=Commando in München denkt aber nicht daran, seine Verfolgungsmaßnahmen zurückzufahren, sondern möchte den Druck sogar noch weiter erhöhen und fordert daher:

Diesen tatsächlichen Verhältnissen hat nun die k Regierung schleunigst auf den Grund zu sehen und bezüglich der gegen das Landgericht erhobene Beschwerde die entsprechenden Verfügungen zu treffen. Wenn aber die unverzügliche abzuordnenden Erhebungen die Begünstigung des Michael Heigl durch die Bewohner bestätigen sollten, dann hat die k Regierung in jeder dieser Gemeinden eine Gendarmerie Station von 6 Mann auf Kosten dieser Gemeinde vorläufig auf 8 Wochen und vorbehaltlich weiterer Bestimmung in Bezug auf die Zeitdauer dieses Exekutions Commandos einzulegen und nach 6 Wochen über den Stand der Sache Bericht zu erstellen.
Sollte übrigens der Landgerichtsvorstand einer Dienstvernachlässigung sich schuldig gemacht haben, dann ist gegen diesen in Disziplinarwege mit allem Nachdrucke einzuschreiten"

Graf von Reigensberg

Am 9.3.1853 beginnt dann die Untersuchungskommission mit der Befragung der Kötztinger Gendarmen.

Auf dem Tisch der Untersuchungskommission liegen 
  1. - die Akten des Michael Heigl in "drei älteren und drei neueren "Faszikeln" (=Aktenbündel)
  2. - die Anzeige des Josef Geiger von Hohenwarth vom 9.Jänner 1853 wg. Aufenthalt des MH
  3. - die Anzeige des Josef Geiger vom 10.Jänner 1853 wegen Versäumnis der Gendarmerie.
  4. - die Anzeige der k. Gendarmerie gegen Josef Geiger wegen Ausstreuung falscher Gerüchte
  5. - die Anzeige der Gendarmerie wegen Beschimpfung durch Georg Röhrl et Cons. von Gotzendorf
  6. - Akten, Recherche auf Anzeige des Gemeindevorstehers Stoiber gegen die k. Gendarmerie wegen von ihr bei der Haussuchung am 5.2. verübten Misshandlungen.
  7. - Anzeige der Gendarmerie vom 20.2. gegen den Bauern Högerl von Simpering wegen Beschimpfung des Gendarmen Xaver Schmid von Lam am 20ten Febr
  8. - Verhandlungen, die Aufgreiffung des Jos. Iglhaut von Sidling zu Hohenwarth wegen Vagierens.(=Landstreicherei).
  9. - Akten, welche die Zahl, die Vermögens- und sonstigen Verhältnisse der Gemeindemitglieder von Gotzendorf und Hohenwarth möglichst im allgemeinen zu entnehmen seyn dürfen.
Zu Punkt 2 und drei steht am Rande: "Mündliche Anzeige des Geiger spät abends und unverzüglichster mündlicher Befehl an Brigadier zur augenblicklichen Verfolgung des Räubers noch während der Nacht.
Einschub
Offensichtlich hatte Josef Geiger eine Sichtung Heigls gemeldet, die daraufhin eingeleitete Suchaktion war erfolglos geblieben und Geiger hatte im Nachgang über die ganze Geschichte öffentlich geredet.
Einschub Ende


Die Durchsuchungen wurden intensiviert ....Josef Iglhaut und Dieter Kellner als königlich bayerische Gendarmen

Rechtspraktikant Desch, von dem wir die bisher in dieser Dokumentation benutzten Strafakten haben, wurde durch den Aktuar und Rechtspraktikanten Perchtold ersetzt, der die folgenden Untersuchungen leitete. Am Rande seiner Fleißarbeit notiert Desch mit Datum des 15.3.1856:
"der königliche Landrichter v. Paur erklärt unter spez. Bezugnahme……..daß die Einschaffung verdächtiger Individuen in die Zwangsarbeitshäuser wegen Überfüllung und ansteckender Epidemien und wegen den im Bau begriffenen Zwangsarbeitshaus-Anstalt Kl.-Ebrach bis zu deren Vollendung auf mehrere Monate sistiert worden sei."

Hier endet das erste Konvolut an "Heiglakten" und der zweite Band[StA Landshut Regierung von Niederbayern KdI 63944 II] beginnt.
Der Rechtspraktikant Perchtold, Sohn des Neukirchener Marktschreibers, wurde bereits im November 1852 per Diensteid, den er vor dem Landrichter Carl von Paur leistete, verpflichtet und war bereits in den Fall Heigl eingearbeitet.
Seine Arbeit beginnt gleich Anfang Januar mit der Anzeige gegen Josef Geiger und Konsorten aus Gotzendorf, wegen mehrerer Delikte beginnend bereits zu Anfang Januar 1853. Die Vorwürfe reichen von der Unterstützung des flüchtigen Heigl durch die Streuung falscher Gerüchte und damit das Auslösen von Suchtrupps bis hin zur Beschimpfung von Gendarmen und Beamten.: 

 
Die erste Untersuchung startet:

Am 9. März 1853 beginnt dann die Königliche Regierungskommission unter Leitung des Regierungsassessors Christoph mit seiner Arbeit; der Rechtpraktikant Perchthold protokolliert.

Die Vernehmung startet mit dem Brigadier Schmid:


"Vernehmung des Gendarmerie Brigadier Johann Schmid zur Recherche den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl von Beckendorf betreffend.
Kötzting den 9. Maerz 1853"


Johann Schmid, Brigadier in Kötzting und 34 Jahre alt, berichtet zunächst - unter Bezug auf seinen Diensteid - aus seinem eigenen Rapport an seine vorgesetzte Behörde.

Ich bin nunmehr 7 Monate dahir stationiert, war früher übrigens nie in dieser Gegend, bin mit dem flüchtigen Heigl oder dessen Concubine Theres Pritzl von Gotzendorf niemals zusammengetroffen.

Ich habe mit meiner Mannschaft, die gegenwärtig in 15 Mann besteht, welche hier, zu Lam und zu Eschlkam verteilt sind, alles Mögliche aufgeboten, jedoch fruchtlos.
Bis Ende vorigen Jahres hatte sich Heigl hier aufgehalten, nunmehr scheint er die Gegend verlassen zu haben. Er vermute ihn in Böhmen im Bereich von Klattau, dafür sprächen vor allem die Gendarmerieanzeigen zu Neuern, welche von einer Sichtung Heigls erzählten. Die letzten strafbaren Handlungen waren die Widersetzung und Körperverletzung an dem Brigadier Stephan Sommer  von Viechtach verübt in Pirka, weiters die Übergabe eines neugeborenen Kindes ohne weitere Vorsorge an den Weidenbauern Mühlbauer von Weidenhof, Lgcht Viechtach.
Den Kötztinger Posthalter und Bierbrauer Schrank, der Besitzer auch des Gutes Hohenwarth, sprach er zwar von einer Kumpanei frei, da er eben nicht in Hohenwarth wohne, habe aber dessen Dienstboten in Verdacht, den Heigl zu unterstützen. Auch den Hohenwarther Benefiziaten Michael Schaitner (also den Priester) nimmt er aus, "dieser habe bereits öfter seine Gemeindemitglieder auf die Folgen ihrer strafbaren Verheimlichungen hingewiesen".

Alle in den Gemeinden würden wissen, wenn Heigl in der Umgebung ist und würden ihr Gewissen damit beruhigen, dass sie behaupteten, dass "der Heigl gar nicht der Verbrecher sei, den man aus ihm macht; er thue Niemand was u. sie sehen gar nicht ein, warum man ihn aufbringen solle, er lebe höchstens noch vom Wildschießen."
Die hauptsächliche Unterstützung geschehe durch Unterschlupfgebung und die Versorgung mit Lebensmitteln, "wie denn auch seine Concubine sich im Innhäusl des Söldners Pöschl von Gotzendorf aufhielt, wozu noch kommt, daß es eine Unmöglichkeit ist, daß sich Heigl zu jetziger Jahreszeit im Freien halten könnte."
Über den zeitweiligen Wohnort von Heigls Brüdern,  Wolfgang und Adam, die zwischenzeitlich ins Zwangsarbeitshaus Ebrach eingeliefert wurden, lässt er protokollieren:" Zu diesem Dorfe Reitenstein welches nur aus 14 oder 15 Anwesen besteht, war offenbar immer allgemein bekannt, wenn sich Heigl dort aufhielt ohne daß nur irgend Jemand eine Anzeige von dort gemacht hätte." 

Dann folgt ein Lob auf die Aktivitäten des Kötztinger Landrichters Carl von Paur und die Versicherungen, dass dessen Anweisungen immer „als das erste und wichtigste Geschäft behandelt wurden“, und " dass Carl von Paur die polizeilichen Anordnungen als sein eigenes Geschäft sich vorbehalten hat.
Es wäre absolut unmöglich, daß sich Heigl so lange, oder auch nur einige Zeit in der Freiheit erhalten könnte, wenn nicht absolut unübersteigliche Hindernisse in den örtlichen Verhältnissen des Landgerichtsbezirkes Kötzting und in der schon erwähnten gleichzeitigen Unterstützung eines Teils seiner Bewohner gelegen wäre. Ich führe hier als ohnehin schon bekannt an, daß der Landgerichtsbezirk zum Theil völlig aus Hügelland und zum größeren Theil überdies aus Gebirgen besteht, da sich insbesondere in Mitte des LGbezirkes gegen Süden zu der Kaitersberg, gegen Norden zu der Hohenbogen, dann im Osten der Osser und in der südöstlichen Spitze der Arber mit ihren zahlreichen Ausläufern befinden.
Weiters ist zu berücksichtigen, daß der größte Teil des Landgerichtsbezirkes von meist sehr ausgedehnten Waldungen bedeckt ist, dann daß sich in den Gebirgen eine Anzahl von Schluchten und Felsenhöhlen befindet, welche dem Heigl leichten Unterschlupf gewähren, wenn er, von seinem Anhang gewarnt, sich aus seinen bequemeren Verstecken auf kürzere oder längere Zeit flüchten will, Hinzu kommt, daß sich in dem LGbezirke eine übergroße Anzahl sogenannter hinausgebauter Häuser befindet, welche oft 1/8 oder ¼ Stunde von der betreffenden Ortschaft entfernt und in der Regel unmittelbar an Waldungen gelegen sind und welche vollkommen geeignet erscheinen, jede Kontrolle zu vereiteln, indem einerseits auch bei der größten Vorsicht das Herannahen der Sicherheitsmannschaft von weitem bemerkt, dagegen anderseits das Entweichen des Heigl in das anstoßende Gehölz auf das Leichteste bewerkstelligt werden kann.

Er lobt die Zusammenarbeit mit Carl von Paur – heute würde man sagen, zwischen die beiden passt kein Blatt Papier –,  lobt die Arbeit seiner Mannschaft und führt an, dass „den Leuten, wenn sie zum l. Landgerichte laufen und über angebliche Misshandlungen durch die k. Gendarmerie klagen, zu viel geglaubt und solche Anklagen zu viel gewürdigt werden“.

Dann endlich geht Brigadier Schmidt auf den eigentlichen Grund der Untersuchung ein:

So berichtet er von dem Vorgang, dass am 9.Jänner der Söldner Josef Geiger aus Hohenwarth entweder fälschlich oder zu spät beim Landrichter anzeigte, dass Heigl sich im Inhäusl beim Pöschl zu Gotzendorf sich aufhalte. Eine sofortige Nachforschung hatte aber kein Resultat ergeben, wobei der Josef Geiger aber anschließend immer „schwätzte, die Gendarmen hätten sich in das Inhaus nicht hineingetraut, hätten zum Schein mit viel Lärm ein anderes Haus zuerst visitiert, damit die Weibsperson mit dem Heigl inzwischen ja auskommen konnte“.
Diese Beleidigungen des Josef Geiger seien auch von dem Gemeindevorsteher Geiger von Gotzendorf nachgeschwätzt worden, so dass diese ehrenrührigen Verleumdungen bald verbreitet wurden. Deswegen erfolgte Anzeige gegen den Josef Geiger.
Nach der Auflistung der bei den Hausdurchsuchung beteiligten Gendarmen macht er seiner Empörung noch einmal Luft:
Ich wiederhole aus meinem Rapporte, daß bei der Rohheit und dem ungesetzlichen Sinn des hiesigen Landvolks und der teilweise wirklich vorherrschenden Böswilligkeit derselben das Ansehen der Gendarmerie auch bei dem besten Verhalten sehr tief steht….
Nach dem Eingang der Beschwerdeschrift habe Carl von Paur zu ihm nur kurz gesagt: von einem solchen Volk könne man nicht mehr erwarten, und ich sollt mir nicht soviel daraus machen, worauf er auf eine weitere Anzeige gegen Geiger verzichtet habe.
Als aber eine weitere Anzeige, diesmal vom Gemeindevorsteher von Hohenwarth einlief, stellte sich Carl von Paur nicht mehr so eindeutig auf die Seite seiner Beamten, sondern beklagte, dass solche Beschwerden natürlich auch nicht zielführend wären.

Dieses amtliche Protokoll – vom Brigadier Schmid  unterschrieben - wird unter dem Titel „die Rechtfertigung und der Schutz der k-. Gendarmerie gegen ehrenrührige Verleumdungen“  "kurzer Hand" an Carl von Paur weitergeleitet mit der Aufforderung sich dazu zu erklären. 

Am nächsten Tag werden dann Kötztinger Bürger als Zeugen vernommen.


Der Kötztinger Bürgermeister Schrank Michael  

  


10.3.1853
  Der Kötztinger Bürgermeister und Handelsmann Michael Schrank wird zur Situation in Gotzendorf und Hohenwarth befragt (ihm und seinem Bruder gehörte das Gut Hohenwarth) und auch zum Benehmen der k. Gendarmerie.
Zur Person: Michael Schrank, 33 Jahre alt, ein Brauerssohn aus Kötzting, hier als Handelsmann verheiratet und er schätze sein Vermögen auf 12000 fl. Seit 8 Jahren wäre er Bürgermeister. (Das bedeutet, dass er bereits im Alter von 25 Jahren zum Bürgermeister gewählt worden ist, Respekt.)
Er habe durch Michael Heigl oder dessen Anhang noch nie eine Beschädigung oder einen Diebstahl erlitten.

Benehmen der Gemeinden:
Es sei allgemein bekannt, dass Michael Heigl von den Bauern, Söldnern und Inwohnern der Gemeinden: Hohenwarth, Gotzendorf, Ansdorf und Grafenwiesen tatsächlich unterstützt wird….
Wenn auch nicht gewiss ist, daß alle Angehörige der betreffenden Gemeinden sich in solcher Weise beteiligen, so kann doch jedenfalls behauptet werden, daß sich eine große Anzahl hiervon … zu Schulden kommen lassen.
Anschließend ergänzt er noch, dass sich der Bereich, in dem sich Heigl aufgehalten (und Unterstützung erhalten habe) sich auch auf die Stockmühle und  Leckern, und aus dem LG Viechtach auch in Weidenhof und Pirka ausgedehnt habe.

Tätigkeit des königlichen Landgerichts Kötzting:

Namentlich der Amtsvorstand Carl von Paur listet Alles, was nur möglich ist und die Landwehrmänner, das Forstpersonal die Gendarmen wären mit Lust und Eifer bei der Sache. Viele, der Unterstützung verdächtigter Personen seien verhaftet und nach Ebrach gebracht und das Wirtshaus in Grafenwiesen sogar zugesperrt worden. Es wäre rein undenkbar, daß Heigl nicht schon längst hätte erwischt werden können, wenn er nicht von einem großen Teil der Bevölkerung in seiner Heimat Unterstützung gefunden hätte.

Unterstützung der Gendarmerie durch das kgl. Landgericht:

Er kenne es nicht anders, als daß diese die volle Unterstützung genössen und auch alle Anzeigen sofort eine entsprechende Verfügung zur Folge gehabt haben. Als Beispiel führt er an, daß nach Anzeige z.B. sofort die Verhaftung des „Rosenauer Einöder bei Hohenwarth“ veranlasst worden war.

Das Verhalten der Gendarmerie

Bis in die letzte Zeit habe das Verhalten der Gendarmerie keinen Anlass zu Klagen gegeben, es war sogar ein ganz gutes gewesen. Sowohl unter dem Brigadier Haas und Batzer, welche früher hier gewesen waren, als auch unter dem jetzigen Brigadier Schmidt.

Nur in der letzten Zeit habe es zwei Vorfälle gegeben:

1.       Vor etwa 4 oder 5 Wochen sollen einige Gendarmen gegen morgen auf die Hohenwarther Mühle gekommen und einen Mühlburschen oder den Sohn des Müllers selbst, der auf der Bank gelegen war, durchgehauen haben, weil er nicht sogleich aufgesperrt hätte. Näheres hierüber dürfte der Handelsmann Josef Windorfer von hier wissen, welchen der Müller von Hohenwarth diese Sache selbst erzählt haben soll.
Der Müller sei nach allgemeiner Erfahrung ein ruhiger, braver Mann und einer der ehrenhaftesten Männer der ganzen fraglichen Gegend. Der Kötztinger Marktdiener Sebastian Überreither müsste eigentlich auch Kenntnis von dieser Sache habe.

2.       Eine Misshandlung, welche im Markte Kötzting stattgefunden hat, welche den Kötztinger brauenden Bürger Andreas Holzapfel betraf und mittlerer Weile in Kötzting allgemein bekannt ist.
Schon seit Januar gäbe es im Markt Gerüchte, daß die Gendarmerie auf eine Anzeige, dass Heigl und seine Konkubine sich in einem Inhaus in Gotzendorf aufhalten würde, nicht recht angegriffen hätte, die Haussuchung zu späte gekommen wäre und überhaupt die ganze Sache selbst verni(unleserlich) habe.
Dieses Gerücht war allgemein im Umlauf, so daß es natürlich auch Andrae Holzapfel erfuhr, welcher es in Straubing, wohin er als Getreidehändler wöchentlich kömmt, nacherzählt haben soll
. Die Gendarmerie hat dieses wieder in Erfahrung gebracht und ließ denn vor vier Wochen den Holzapfel auf ihr Lokal kommen, wohin er auch ganz arglos gegangen ist. Dort angekommen wurde er vom Brigadier Schmid oder einem anderen Gendarm zur Rede gestellt. Hierauf aber geohrfeigt und dann überdies beim Fortgehen von 2 Gendarmen, wovon einer aus Viechtach war, noch mit einem Ochsenziemer durchgehauen.  So wenigstens hat mir Holzapfel, der ein ordentlicher und glaubwürdiger Mann in guten Verhältnissen ist, selbst erzählt und ich habe auch das Durchhauen durch die Zugeherin Anna Damberger im Gendarmenlokal erfahren, welche nach ihrer Äußerung selbst zugesehen hat.

Durch diese Vorfälle hat natürlich die Achtung der Gendarmerie und das Vertrauen in letzter Zeit abgenommen.

Einschub: Es war für mich natürlich interessant, wo diese damalige „Gendarmeriestation“ in Kötzting denn anzusiedeln sei, im Amtshaus, also dem Gefängnis sicherlich nicht und auch nicht im Pflegerschloss. Lange Zeit gab es keinen Hinweis auf das Gebäude, erst ein Zufallsfund in den Landshuter Nachlassakten bracht den entscheidenden Hinweis. Als 1868 der damalige Brigadier Rex in Kötzting verstorben war, wurde angegeben, dass er in der Gendarmeriestation in Hausnummer 8 verstorben sei. Die Hausnummer 8 ist in Kötzting heutzutage die Sattlerei Michl Traurig gleich neben der St. Veitskirche und Andreas Holzapfel war zu der Zeit der Besitzer des Gasthauses, das wir heute als das Wirtshaus OSL am Marktplatz kennen. (StA Landshut Nachlassakten Rep 166 N-12 Schachtel 9 Nr. 479  Rex Andreas Polizeibrigadier Oberbrigadier in Kötzting, Gendarmerielokal: Hnr 8 in Kötzting, von 1868)

Abschließend, vor seiner Unterschrift und der amtlichen Versieglung seiner Aussage, ist ihm noch wichtig hervorzuheben, dass einer der eifrigsten Streifengänger der Kötztinger bürgerliche Kaminkehrer Carl Diermeier sei, der wohl auch in der fraglichen Angelegenheit sicherlich mehrer Aufschluss geben können

Unterschrift Michael Schrank


Vernehmung des Kaminkehrers Carl Diermeier



Zur Person:
Carl Diermeier , 34 Jahre alt und katholisch  (dies sollte sich in wenigen Jahren ändern, Carl Diermeier ist einer der herausragenden Vertreter der sich in Folge der Beschlüsse des 1. Vatikanischen Konzils sich gegründeten Altkatholiken in Kötzting und auch als überregionaler Vertreter in Bayern tätig. Auch Carl von Paur und Maximilian Schmidt werden Altkatholiken), verheiratet und ansässig als Kaminkehrer und Oberleutnant des k. Landwehrbataillons Kötzting mit 3000 Gulden als Vermögen.

Benehmen der Gemeinde: Es bestätigt im Wesentlichen die bekannten Vorwürfe, in einigen Orten  führt er noch Namen an: In Ansdorf  Plötz, Winter, In Ponholz Fischer, in Hohenwarth wäre es der Wirt, dann Rosenau, in Liebenstein der Wirt, in Beckendorf Fischer, in Reitenstein der Abdecker und der Inwohner Mühlbauer in  Reitenberg. Bei Gotzendorf schenkt er sich eine Namensliste, hier seien „so ziemlich die meisten Bewohner in Einverständnis mit Heigl“. „Ich bin schon wenigstens zwanzigmal bei Streifen mitgegangen; habe die vorbenannten verdächtigen Orte mit visitieren helfen und habe nicht den mindesten Zweifel, daß die Bewohner der bemerkten Gemeinden weitaus zum größten Theil wenigstens von der Anwesenheit Heigls Wissenschaft haben, wenn er zugegen ist, wenn sie ihn auch nicht gerade bei sich aufnehmen.“

Ich muß behaupten, daß unter diesem Volke durchaus kein Sinn für gesetzliche Ordnung ist, und daß man von den Leuten , wenn man sie zur Mitwirkung auffordert, die Antwort erhält, was geht mich das an, ich bin nicht dazu verpflichtet, der Heigl könnte mich wegbrennen. Er tut niemand was
Weiter führt er an: „ daß soviel bekannt ist, die Concubine des Heigl Theres Pritzl seit sie mit ihm herumzieht, schon zum 3ten mal entbunden hat, was doch nicht wohl möglich wäre ohne daß ihr irgendwo Unterschlupf gestattet wird.“

Tätigkeit des Landgerichts: Auch von ihm höchstes Lob für den Landrichter Carl von Paur.

Unterstützung der Gendarmerie durch das kgl. Landgericht: Er habe keine Akteneinsicht und könne daher nichts darüber sagen

Benehmen der Gendarmen: Er sei weit mit ihnen herumgekommen und hatte festgestellt, dass diese immer und überall von den Leuten gegrüßt wurden. Dasselbe gilt für den Markt Kötzting, wo sie ja auch namentlich bekannt sind. Der letzte Fall habe aber böses Blut unter der Einwohnerschaft gemacht, was ihn veranlasst hätte zu beschwichtigen, wenn die Rede auf die Gendarmen gekommen war. Er bestätigt auch, dass das Gerücht über die Geigerische Hausdurchsuchung durch Andreas Holzapfel in Straubing erzählt worden war, die Gendarmerie Kötzting davon Wind gekommen und den Holzapfel auf das Lokal bestellt habe, wo er dann  Ohrfeigen und  Prügel bezogen habe. Auch die Gerüchte über Prügel für einen Müllersohn in Hohenwarth sind ihm bekannt. Seit diesen Vorfällen sei eine Missstimmung gegen die Gendarmerie zu erkennen und ist deutlich zu merken, dass man sich einen weiteren derartigen Exzess nicht mehr gefallen lassen wolle.

 

Sebastian Überreiter Marktdiener in Kötzting

 

Überreiter Polizeydiener
Zur Person: Sebastian Überreiter[i], katholisch, 48 Jahre alt aus Neukirchen, verheiratet und ansässig in Kötzting als Schuhmacher, zugleich auch Magistratsdiener und Polizeisoldat.
(Wohnhaft in Kötzting Hausnummer 151, also vor dem Oberen Tor)

Zur Sache führt er gleich aus – er sei seit 8 Jahren in die Suche nach Michael Heigl eingebunden und in der Gegend auch sehr bekannt, und benennt eine ganze Reihe von „Unterstützergemeinden“ auf: Grafenwiesen, Reitenberg, Hudlach, Beckendorf, Simmerleinöd, Eschlsaign, Eck, Stanzen, Trattmannszell, Arrach, Bonholz, Sölden, Ansdorf, Thenning, Ribenzig, Zettling, Liebenstein, Roßberg, Zenching, Lichtenegg, Hohenwarth und „vor Allem“ Gotzendorf.
Dort in den Städeln und Hütten würde er sich aufhalten, Unterstützung, Lebensmittel und Boten erhalten, wenn eine Streife ausgehe. Auch wenn er nicht von allen tatkräftig unterstützt würde, so würde er doch von den anderen dadurch begünstigt, dass sie aus Furcht vor ihm seine Anwesenheit verheimlichten und nicht zur Anzeige brächten. In der Regel erfahre man erst Tage später, wenn Heigl schon wieder fort sei, von seiner Anwesenheit.

Carl von Paur stelle sich immer auf die Seite der Gendarmen und sei eher kurz angebunden, wenn Beschwerdeführer in diesen Sachen zu ihm kämen, so auch im Falle des Söldners Geiger von Hohenwarth. Überreiter nun schildert zum ersten Male, was genau bei dem Vorfall passiert war:
9.1.1853 7 Uhr abends: Josef Geiger kommt zu ihm und dann gehen beide zum Landrichter, dem er anzeigte, dass die Konkubine Theres Pritzl mit ihrem Kinde beim Hauser in Gotzendorf sei. Carl von Paur ordnete auf der Stelle eine Streife mit dem Brigadier Schmidt, Überreiter selber und weiteren 8 Mann an. Sie umstellten das Haus, durchsuchten alles genauestens, aber ohne Resultat, gewannen aber die Überzeugung, dass die ganze Anzeige falsch war, umso mehr als offensichtlich Geiger selber die Lüge ausstreute, die Gendarmen hätten das falsche Haus hergenommen und sich nicht anzugreifen getraut.

 Weiter gibt er an, dass er selber von Martin Fendl, einem früherer Kamerad und nunmehrigen Feind des Michael Heigl, „den dieser schon geschossen hat“,  erfahren habe, dass Heigl um recht sicher zu sein, öfters durch seine Anhänger ganz falsch Gerüchte über seinen Aufenthalt ausstreuen lasse.
Über die Entwicklung des Ansehens der Kötztinger Gendarmen hat er allerdings seine eigene Theorie, er führt es auf das Benehmen früherer Gendarmen zurück. Vor Allem der Gendarm Wucher hatte zuerst mit dem Bürgerssohn Michael Dreger, dann mit Leonhard Müller „Exzess“; Ärger mit dem Schuhmacher Dengscherz und eine Misshandlung an dem Hutmachermeister Fischer seien schuld daran, dass dieses Ansehen in Kötzting nicht gerade hoch angesiedelt sei. Zusammen mit seinem anderen Kollegen Stibicher sei dieser auch lieber im Wirtshaus als im Dienst gewesen.
Der jetzige Brigadier Schmidt sei in Ordnung, außer dem Vorfall mit dem Holzapfel, nur weil dieser eine Schwätzerei gemacht haben sollte, und dass er den Pritzl in Gotzendorf, nach der wahrscheinlich unwahren Anzeige, am nächsten Tage zur Rede gestellt und daraufhin durchgehauen hätte.
Am Ende gibt Überreiter auf Nachfrage noch an, dass von allen jetzt hier und in der Gegend stationierten Gendarmen keiner seines Wissens den Heigl kenne……

 

Nun kommt der Betroffene selber:

Andrae Holzapfel, Fuhrmann von Kötzting

Auch dieser wird vereidet und muss zuerst seine Personalien angeben.
"Andrae Holzapfel, katholisch, 43 Jahre alt, verheiratet und ansässig als Bürger, Theilnehmer an dem hiesigen Comunbräuhause, nebenbei Fuhrmann und Getreidehändler. Er schätze sein Vermögen auf 4500 Gulden nach der Übergabe." Er erzählt, dass er das Gerücht, dass Heigl bei der Hausinspektion hinten raus geflüchtet sei, während die Gendarmen vorne mit der Hausdurchsuchung angefangen hätten, als allgemeines Gerede schon lange kannte, als er 6 Wochen später bei einem seiner wöchentlichen Fahrten nach Straubing im Brauhause dieses dem Gerichtsdienersgehilfen Waas  erzählte, als dieser wissen wollte, ob denn der Heigl noch immer nicht gefangen sei. Durch den Bäcker und brauenden Bürger von hier Georg Rötzer (der Nachbar auf Hausnummer 18 und 19), der auch öfter nach Straubing komme, habe er mittlerweile erfahren, dass von seiner Erzählung der Gehilfe Waas dem Brigadier in Straubing und dieser seinem Gendarmerie Offizier berichtete und in Folge dessen die hiesige Gendarmerie=Herren Kenntnis bekam.

"Vor 4 Wochen ließ mich der hiesige Brigadier durch die Köchin der Gendarmen auf ihr Lokal holen, ohne dass ich eine Ahnung hatte, warum.  Ich ging sogleich hin, traf im Lokal den Brigadier und ein paar Gendarmen , welch letztere sich bei meiner Ankunft sogleich entfernten. Der Brigadier machte die Türe zu, stellte mich wegen der Äußerung zu Straubing zur Rede, ließ gar nicht weiter zu Rede kommen, gab mir mit der flachen Hand ins Gesicht, beutelte mich auch bei den Ohren und schimpfte mich einen Spitzbuben, der er mit dem Heigl zu tun habe. Ich ging dann weiter und außerhalb der zweiten Tür, wo man über die Stiege herab geht, war ein Gendarm, der mich mit einem Instrumente ein paar Mal über den Rücken schlug, was er hauen konnte, ohne dass ich jedoch weitere Folgen dieser Misshandlung erlitt.
Ich glaube dass dieses mit einer ledernen Säbelscheide geschah, es könne aber auch ein Ochsenziemer gewesen sein. Die Köchin im Gendarmerielokal hat zufällig die letzte Mißhandlung gesehen. Da ich nie beim Landgerichte etwas zu tun habe und mir eben dachte, dass der Mensch auch manchmal etwas leiden muß, habe ich von diesem Vorfall eine Anzeige nicht gemacht und hätte überhaupt gar nichts davon gesagt, wenn nicht die Köchin den Vorfall sogleich dem Andreas Fischer, bürgerlichen Hutmacher von hier, der zufällig vorbeiging, erzählt hätte, in dessen Folge dann die Sache in den Lauf kam.

Unterschrift Andreas Holzapfel.

Natürlich wurden nun am nächsten Tage auch die Köchin und der Hutmacher Andreas FischeWohnhaft in Kötzting Hausnummer 148 ebenfalls vor dem oberen Tor]r vernommen, die die Angaben des Holzapfel bestätigten.

Aussage Andreas Fischer, Hutmacher

 Fischer ließ dabei auch zusätzlich die "Unannehmlichkeiten" protokollieren, die er mit den Kötztinger Gendarmen bereits in der Vergangenheit erlebt hatte, was sich mit den Aussagen Sebastian Überreiters – weiter oben – durchaus deckte:

„ich bin nämlich an einem Feiertage mit meiner Frau Abends 9 Uhr nach Hause gegangen und bemerkte beim Gendarmerielokal, dass der Brigadier Batzer und die Gendarmen Stelicher und Wucher einen Menschen, einen Fluderer /Flößer:/ Sohn und Fluderknecht Leonhard Müller, den sie arretiert hatten, sehr mißhandelten. Ich bemerkte, dass Wucher mit den Leuten in der Regel allzu vertraut war und dann auch oft mit den Burschen in Händel kam, weil er selbst sich um seinen Respekt gebracht hatte.
Wie ich die Mißhandlungen wahrnahm, schrie ich „Herr Wucher schlagen und stössen sie doch diesen Menschn nicht so“
Nun ist der Brigadier auf mich losgesprungen und hat mich gepackt, jedoch wieder losgelassen, als er mich erkannte.
Dardurch ist auch noch der Gendarm Stilicher, der seinen Säbel gezogen hatte auf mich los und hat mich mit der Klinge derart über den Kopf geschlagen, dass ich ein Loch erhielt und heftig blutete.

Ich habe andern Tags beim Magistrat Anzeige gemacht. Übrigens kam auch der Brigadier zu mir, der um Verzeihung bat. Ich habe ihm dabei auch vorgehalten, dass ich schon mehrfach bei Streifen mit gewirkt hätte und dass ich erst nachts zuvor eine Patrouille mitzumachen hatte, weil Brände gelegt worden waren und gewacht werden mußte, daß dieses durchaus kein Benehmen gegen Bürger sey.
Brigadier Batzer kam indessen fort, Wucher ist entlassen und der Stilicher ist bald danach fortgekommen. „

Unterschrift Ander Fischer

Aussage Anna Maria Damberger, Köchin


Sie selber wurde vom Brigadier Schmid zum Getreidehändler Holzapfel geschickt, um diesen aufzufordern, im Polizeilokal zu erscheinen.
Der Brigadier rief den Holzapfel in der innere Zimmer hinein und machte die Türe zu. Ich war am Gange und hörte aus dem Zimmer heraus bald darauf etwas Patschen, als ob jemand eine Ohrfeige bekäme, zugleich hörte ich den Holzapfel sagen: "Was denken sie sich denn, Herr Brigadier?"
Holzapfel kam auf dieses heraus, um fortzugehen; an der Stiege befand sich Gendarm Streußl von der Station Arnbruck k. LG Viechtach, der wegen des Rapports anwesend war, der in diesem Augenblicke zu den anderen Gendarmen darunter insbesondere Gendarm Fuchs v. h. äußerte: "wart wir kommen ihn schon" und gleichzeitig Holzapfel mit einem Ochsenziemer fest  3-4 Hiebe über den Rücken gab, als er sich über die Stiege hinab flüchtete...... Holzapfel war ganz erblaßt und zitternd und fragte mich im Fortlaufen, ob ich es gesehen habe, was ich natürlich bestätigen mußte.

Aussage Josef Windorfer, Harras
 

Nachdem er in der Aussage seines Schwagers Schrank erwähnt worden war, wurde auch er zu dem ganzen Komplex befragt.

Personalien: Joseph Windorfer, 33 Jahre alt, Handelsmann und Eisenhammerbesitzerssohn von hier, ledig, „habe bereits von seinen Eltern das Eisenhammerwerk nächst Blaibach übernommen, wo er sich demnächst ansässig machen werde“.

Der alte Müller Höcherl von Hohenwarth, bereits im Austrag, hat öffentlich erzählt, dass vor etwa 4 Wochen der Brigadier mit noch ein paar Gendarmen morgens auf die Mühle seines älteren Sohnes gekommen seien und dort seinen jüngeren Sohn N. der Mühlknecht bei seinem Bruder ist, auf der Bank liegend getroffen und dann geprügelt hätten, weil derselbe nach ihrer Äußerung keine Achtung vor der Sicherheitsmannschaft hätte. Ob und welche Veranlassung sein Sohn zu dieser Prügelei gegeben habe, darüber hat sich der Alte nicht geäußert, wohl aber habe er noch weiters erzählt, dass die Gendarmen damals auch noch 2 Personen in Gotzendorf geprügelt hätten“.

Ein Aktenzusatz erklärt die Situation durch eine Befragung des Kötztinger Revierförsters, wonach „der Müllerssohn ein Begünstiger des Heigl ist, wodurch sich die Gereiztheit der Gendarmerie leicht erklären lasse“.

Mit der Aussage Josef Windorfers endet diese Untersuchung und die Dienstreise des Regierungsassistenten Christoph - der diese Kommission zugearbeitet hatte - steuert einem echten Höhepunkt entgegen, einer ganz, ganz großen Versammlung im Kötztinger Postsaal.
Die eindrückliche Rede des Herrn Christoph ist gespickt mit moralischen Maßstäben, unverhohlenen Drohungen und markanten Aphorismen.
Diese Rede wurde von einem Untergebenen mitgeschrieben und soll, zusammen mit der markanten Anwesenheitsliste -  im nächsten Beitrag dieser Dokumentation das zentrale Dokument darstellen.