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Freitag, 9. Juni 2023

Michael Heigl - das Frühjahr 1853 - Teil 13 der Heigl Dokumentation

 

Michael Heigl

März 1853

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.



Die Gendarmen werden nervös und übergriffig


Der von Carl von Paur geforderte wesentlich erhöhte Verfolgungsdruck hatte aber auch nachteilige Konsequenzen: Die Bevölkerung fühlte sich – ob zu Recht oder Unrecht sei hier dahingestellt - über die Gebühr und zu rücksichtslos behandelt, ja schikaniert, und so hagelte es Beschwerden, vor allem nach der Durchsuchungsaktion zu Anfang Februar. Die Rede ist von Misshandlungen, Beschimpfungen und Beleidigungen von Seiten der eingesetzten Beamten.
Nachdem die Beschwerden durch Gemeindevorsteher und Privatpersonen offiziell eingereicht worden waren, verwies Carl von Paur anfänglich nur mit einer Randnotiz auf die angefertigten Polizeiprotokolle,  muss dann aber doch mit einer eignen und amtlichen Untersuchung noch im März beginnen.
Angesichts der zusätzlichen Anreise einer "hohen Regierungskommission" hält es auch der Landrichter Carl von Paur für angebracht, noch einmal seine Sicht der Dinge und vor allem die Schwierigkeiten aufzuführen, die es bisher verhinderten, dass Heigl gefangen werden konnte.

Er wiederholt die bereits bekannten Argumente mit der gebirgigen, waldreichen und unzugänglichen Landschaft und deren sittenlosen Landbewohnern, die Heigl Unterschlupf- und Fluchtmöglichkeiten boten. Sein Bestreben seit seinem Amtsantritt 1843 sei es gewesen, durch viele Maßnahmen das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen - wie sich der Regierungsassistent gerne überzeugen könne -, jedoch bisher ohne greifbaren Erfolg. Der Charakter der untersten Klasse sei "rauh, schlau, mißtrauisch und schweigsam, gleichgültign gegen Alles, was sie nicht direkt berührt, entschieden abgeneigt den Sicherheitsorganen, namentlich der kgl. Gendarmerie, zumahl wenn diese es nicht dahin zu bringen weiß, ihr Vertrauen zu gewinnen."
Als seine eigenen Maßnahmen und Anordnungen zählte er dann auf:
1. Die Auslichtung der Waldstrasse von Kötzting nach Hohenwarth und zwar durch Exekutions=Vorschreiten.
2. Niederreissung einer in Gotzendorf befindlich gewesenen Hütte, die als Unterschlupf verdächtigen Gesindels mit Grund bezeichnet wurde.
3. Absperrung des verdächtigen Laumer=Häusl bei Gotzendorf und gewaltsame Austreibung der Inwohner.
4. Einschreitung gegen verdächtige Wirthshäuser und infolgedessen Gewerbsentzug und Absperrung des Wirtshauses zu Grafenwiesen und des Wirtshauses des Hastreiters zu Kötzting. Eine Maßregel, die den verdächtigen Wirthshäusern in Schönbuchen, Hohenwarth und Liebenstein in nächster Aussicht steht.
5. und 6. betreffen die bekannten Maßnahmen, wie die Beobachtung, teilweise Verhaftung und die Einlieferung verdächtiger Personen ins Zwangsarbeitshaus.
7. Aufstellung geheimer Aufseher, Angeber(!/?) und Wehrmänner, geheime Korrespondenz mit dem böhmischen Gendarmen=Commando in Klattau und Veranlassung von Sicherheitsstreifen in Böhmen. Vermehrte und kombinierte Sicherheitsstreifen im Amtsbezirke unter Beiziehung der Landwehr.
8. Versuchtes Waffenaufgeboth zu Sicherheitsstreifen aller waffenfähigen Gemeindeglieder und erwachsenen Burschen in den gerierten Gemeinden.
9. Ein jüngster Antrag bei der hohen Kreisstelle um Bewilligung zur öffentlichen Bekanntmachung einer amtlichen Darstellung der Verbrechen, deren Heigl bezichten ist, 

Allerdings muss auch v. Paur zugeben, dass es Fehlverhalten von Seiten der Gendarmen gegeben hatte, und zählt dabei das "unsittliche Verhalten des Gendarmen Seigl gegen die Schamhaftigkeit der Wirthstochter von Absätz" auf, der als "Versuch der Nothzucht" bereits beim Kommando in Straubing untersucht würde. Ebenso bezeichnet er Hinweise auf Misshandlungen durch Schläge von Seiten der Gendarmen als unzweifelhaft und nicht gerade zielführend.


Screenshot des "Heigl-Films" von 1973

Die Gendarmen sind sich natürlich der gegen sie erhobenen Vorwürfe und der anstehenden Untersuchung bewusst und wenden sich ihrerseits gleichzeitig an die eigene vorgesetzte Polizeibehörde und diese wiederum gibt die Sache gleich weiter nach ganz oben, ins Innenministerium nach München.. 
Das  Corps=Commando erklärt sich gegenüber dem Innenministerium in München in einem fast kalligrafisch anmutenden Schreiben :



"Nach vorliegender Anzeige des Brigadiers Schmid zu Kötzting benehmen sich die Bewohner von Gotzendorf und Hohenwarth als förmliche Anhänger des flüchtigen Verbrechers Michael Heigl von Beckendorf, so daß selbst die Gemeindevorsteher davon nicht ausgenommen sind. Es werden erfundene Beschwerden gegen die Gendarmerie bei dem Landgerichte Kötzting vorgebracht, wonach die Gendarmen bei den vorzunehmenden vielen Hausdurchsuchungen die Bewohner misshandeln; das k. Landgericht soll diesen Beschwerden viel zu viel Gehör schenken, zu sehr um die Bauern sich annehmen und dadurch das Ansehen und die Wirksamkeit der Gendarmerie schwächen.

Die Gendarmen meinen also, dass Carl von Paur ihnen zu wenig den Rücken stärke.
Das Corps=Commando in München denkt aber nicht daran, seine Verfolgungsmaßnahmen zurückzufahren, sondern möchte den Druck sogar noch weiter erhöhen und fordert daher:

Diesen tatsächlichen Verhältnissen hat nun die k Regierung schleunigst auf den Grund zu sehen und bezüglich der gegen das Landgericht erhobene Beschwerde die entsprechenden Verfügungen zu treffen. Wenn aber die unverzügliche abzuordnenden Erhebungen die Begünstigung des Michael Heigl durch die Bewohner bestätigen sollten, dann hat die k Regierung in jeder dieser Gemeinden eine Gendarmerie Station von 6 Mann auf Kosten dieser Gemeinde vorläufig auf 8 Wochen und vorbehaltlich weiterer Bestimmung in Bezug auf die Zeitdauer dieses Exekutions Commandos einzulegen und nach 6 Wochen über den Stand der Sache Bericht zu erstellen.
Sollte übrigens der Landgerichtsvorstand einer Dienstvernachlässigung sich schuldig gemacht haben, dann ist gegen diesen in Disziplinarwege mit allem Nachdrucke einzuschreiten"

Graf von Reigensberg

Am 9.3.1853 beginnt dann die Untersuchungskommission mit der Befragung der Kötztinger Gendarmen.

Auf dem Tisch der Untersuchungskommission liegen 
  1. - die Akten des Michael Heigl in "drei älteren und drei neueren "Faszikeln" (=Aktenbündel)
  2. - die Anzeige des Josef Geiger von Hohenwarth vom 9.Jänner 1853 wg. Aufenthalt des MH
  3. - die Anzeige des Josef Geiger vom 10.Jänner 1853 wegen Versäumnis der Gendarmerie.
  4. - die Anzeige der k. Gendarmerie gegen Josef Geiger wegen Ausstreuung falscher Gerüchte
  5. - die Anzeige der Gendarmerie wegen Beschimpfung durch Georg Röhrl et Cons. von Gotzendorf
  6. - Akten, Recherche auf Anzeige des Gemeindevorstehers Stoiber gegen die k. Gendarmerie wegen von ihr bei der Haussuchung am 5.2. verübten Misshandlungen.
  7. - Anzeige der Gendarmerie vom 20.2. gegen den Bauern Högerl von Simpering wegen Beschimpfung des Gendarmen Xaver Schmid von Lam am 20ten Febr
  8. - Verhandlungen, die Aufgreiffung des Jos. Iglhaut von Sidling zu Hohenwarth wegen Vagierens.(=Landstreicherei).
  9. - Akten, welche die Zahl, die Vermögens- und sonstigen Verhältnisse der Gemeindemitglieder von Gotzendorf und Hohenwarth möglichst im allgemeinen zu entnehmen seyn dürfen.
Zu Punkt 2 und drei steht am Rande: "Mündliche Anzeige des Geiger spät abends und unverzüglichster mündlicher Befehl an Brigadier zur augenblicklichen Verfolgung des Räubers noch während der Nacht.
Einschub
Offensichtlich hatte Josef Geiger eine Sichtung Heigls gemeldet, die daraufhin eingeleitete Suchaktion war erfolglos geblieben und Geiger hatte im Nachgang über die ganze Geschichte öffentlich geredet.
Einschub Ende


Die Durchsuchungen wurden intensiviert ....Josef Iglhaut und Dieter Kellner als königlich bayerische Gendarmen

Rechtspraktikant Desch, von dem wir die bisher in dieser Dokumentation benutzten Strafakten haben, wurde durch den Aktuar und Rechtspraktikanten Perchtold ersetzt, der die folgenden Untersuchungen leitete. Am Rande seiner Fleißarbeit notiert Desch mit Datum des 15.3.1856:
"der königliche Landrichter v. Paur erklärt unter spez. Bezugnahme……..daß die Einschaffung verdächtiger Individuen in die Zwangsarbeitshäuser wegen Überfüllung und ansteckender Epidemien und wegen den im Bau begriffenen Zwangsarbeitshaus-Anstalt Kl.-Ebrach bis zu deren Vollendung auf mehrere Monate sistiert worden sei."

Hier endet das erste Konvolut an "Heiglakten" und der zweite Band[StA Landshut Regierung von Niederbayern KdI 63944 II] beginnt.
Der Rechtspraktikant Perchtold, Sohn des Neukirchener Marktschreibers, wurde bereits im November 1852 per Diensteid, den er vor dem Landrichter Carl von Paur leistete, verpflichtet und war bereits in den Fall Heigl eingearbeitet.
Seine Arbeit beginnt gleich Anfang Januar mit der Anzeige gegen Josef Geiger und Konsorten aus Gotzendorf, wegen mehrerer Delikte beginnend bereits zu Anfang Januar 1853. Die Vorwürfe reichen von der Unterstützung des flüchtigen Heigl durch die Streuung falscher Gerüchte und damit das Auslösen von Suchtrupps bis hin zur Beschimpfung von Gendarmen und Beamten.: 

 
Die erste Untersuchung startet:

Am 9. März 1853 beginnt dann die Königliche Regierungskommission unter Leitung des Regierungsassessors Christoph mit seiner Arbeit; der Rechtpraktikant Perchthold protokolliert.

Die Vernehmung startet mit dem Brigadier Schmid:


"Vernehmung des Gendarmerie Brigadier Johann Schmid zur Recherche den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl von Beckendorf betreffend.
Kötzting den 9. Maerz 1853"


Johann Schmid, Brigadier in Kötzting und 34 Jahre alt, berichtet zunächst - unter Bezug auf seinen Diensteid - aus seinem eigenen Rapport an seine vorgesetzte Behörde.

Ich bin nunmehr 7 Monate dahir stationiert, war früher übrigens nie in dieser Gegend, bin mit dem flüchtigen Heigl oder dessen Concubine Theres Pritzl von Gotzendorf niemals zusammengetroffen.

Ich habe mit meiner Mannschaft, die gegenwärtig in 15 Mann besteht, welche hier, zu Lam und zu Eschlkam verteilt sind, alles Mögliche aufgeboten, jedoch fruchtlos.
Bis Ende vorigen Jahres hatte sich Heigl hier aufgehalten, nunmehr scheint er die Gegend verlassen zu haben. Er vermute ihn in Böhmen im Bereich von Klattau, dafür sprächen vor allem die Gendarmerieanzeigen zu Neuern, welche von einer Sichtung Heigls erzählten. Die letzten strafbaren Handlungen waren die Widersetzung und Körperverletzung an dem Brigadier Stephan Sommer  von Viechtach verübt in Pirka, weiters die Übergabe eines neugeborenen Kindes ohne weitere Vorsorge an den Weidenbauern Mühlbauer von Weidenhof, Lgcht Viechtach.
Den Kötztinger Posthalter und Bierbrauer Schrank, der Besitzer auch des Gutes Hohenwarth, sprach er zwar von einer Kumpanei frei, da er eben nicht in Hohenwarth wohne, habe aber dessen Dienstboten in Verdacht, den Heigl zu unterstützen. Auch den Hohenwarther Benefiziaten Michael Schaitner (also den Priester) nimmt er aus, "dieser habe bereits öfter seine Gemeindemitglieder auf die Folgen ihrer strafbaren Verheimlichungen hingewiesen".

Alle in den Gemeinden würden wissen, wenn Heigl in der Umgebung ist und würden ihr Gewissen damit beruhigen, dass sie behaupteten, dass "der Heigl gar nicht der Verbrecher sei, den man aus ihm macht; er thue Niemand was u. sie sehen gar nicht ein, warum man ihn aufbringen solle, er lebe höchstens noch vom Wildschießen."
Die hauptsächliche Unterstützung geschehe durch Unterschlupfgebung und die Versorgung mit Lebensmitteln, "wie denn auch seine Concubine sich im Innhäusl des Söldners Pöschl von Gotzendorf aufhielt, wozu noch kommt, daß es eine Unmöglichkeit ist, daß sich Heigl zu jetziger Jahreszeit im Freien halten könnte."
Über den zeitweiligen Wohnort von Heigls Brüdern,  Wolfgang und Adam, die zwischenzeitlich ins Zwangsarbeitshaus Ebrach eingeliefert wurden, lässt er protokollieren:" Zu diesem Dorfe Reitenstein welches nur aus 14 oder 15 Anwesen besteht, war offenbar immer allgemein bekannt, wenn sich Heigl dort aufhielt ohne daß nur irgend Jemand eine Anzeige von dort gemacht hätte." 

Dann folgt ein Lob auf die Aktivitäten des Kötztinger Landrichters Carl von Paur und die Versicherungen, dass dessen Anweisungen immer „als das erste und wichtigste Geschäft behandelt wurden“, und " dass Carl von Paur die polizeilichen Anordnungen als sein eigenes Geschäft sich vorbehalten hat.
Es wäre absolut unmöglich, daß sich Heigl so lange, oder auch nur einige Zeit in der Freiheit erhalten könnte, wenn nicht absolut unübersteigliche Hindernisse in den örtlichen Verhältnissen des Landgerichtsbezirkes Kötzting und in der schon erwähnten gleichzeitigen Unterstützung eines Teils seiner Bewohner gelegen wäre. Ich führe hier als ohnehin schon bekannt an, daß der Landgerichtsbezirk zum Theil völlig aus Hügelland und zum größeren Theil überdies aus Gebirgen besteht, da sich insbesondere in Mitte des LGbezirkes gegen Süden zu der Kaitersberg, gegen Norden zu der Hohenbogen, dann im Osten der Osser und in der südöstlichen Spitze der Arber mit ihren zahlreichen Ausläufern befinden.
Weiters ist zu berücksichtigen, daß der größte Teil des Landgerichtsbezirkes von meist sehr ausgedehnten Waldungen bedeckt ist, dann daß sich in den Gebirgen eine Anzahl von Schluchten und Felsenhöhlen befindet, welche dem Heigl leichten Unterschlupf gewähren, wenn er, von seinem Anhang gewarnt, sich aus seinen bequemeren Verstecken auf kürzere oder längere Zeit flüchten will, Hinzu kommt, daß sich in dem LGbezirke eine übergroße Anzahl sogenannter hinausgebauter Häuser befindet, welche oft 1/8 oder ¼ Stunde von der betreffenden Ortschaft entfernt und in der Regel unmittelbar an Waldungen gelegen sind und welche vollkommen geeignet erscheinen, jede Kontrolle zu vereiteln, indem einerseits auch bei der größten Vorsicht das Herannahen der Sicherheitsmannschaft von weitem bemerkt, dagegen anderseits das Entweichen des Heigl in das anstoßende Gehölz auf das Leichteste bewerkstelligt werden kann.

Er lobt die Zusammenarbeit mit Carl von Paur – heute würde man sagen, zwischen die beiden passt kein Blatt Papier –,  lobt die Arbeit seiner Mannschaft und führt an, dass „den Leuten, wenn sie zum l. Landgerichte laufen und über angebliche Misshandlungen durch die k. Gendarmerie klagen, zu viel geglaubt und solche Anklagen zu viel gewürdigt werden“.

Dann endlich geht Brigadier Schmidt auf den eigentlichen Grund der Untersuchung ein:

So berichtet er von dem Vorgang, dass am 9.Jänner der Söldner Josef Geiger aus Hohenwarth entweder fälschlich oder zu spät beim Landrichter anzeigte, dass Heigl sich im Inhäusl beim Pöschl zu Gotzendorf sich aufhalte. Eine sofortige Nachforschung hatte aber kein Resultat ergeben, wobei der Josef Geiger aber anschließend immer „schwätzte, die Gendarmen hätten sich in das Inhaus nicht hineingetraut, hätten zum Schein mit viel Lärm ein anderes Haus zuerst visitiert, damit die Weibsperson mit dem Heigl inzwischen ja auskommen konnte“.
Diese Beleidigungen des Josef Geiger seien auch von dem Gemeindevorsteher Geiger von Gotzendorf nachgeschwätzt worden, so dass diese ehrenrührigen Verleumdungen bald verbreitet wurden. Deswegen erfolgte Anzeige gegen den Josef Geiger.
Nach der Auflistung der bei den Hausdurchsuchung beteiligten Gendarmen macht er seiner Empörung noch einmal Luft:
Ich wiederhole aus meinem Rapporte, daß bei der Rohheit und dem ungesetzlichen Sinn des hiesigen Landvolks und der teilweise wirklich vorherrschenden Böswilligkeit derselben das Ansehen der Gendarmerie auch bei dem besten Verhalten sehr tief steht….
Nach dem Eingang der Beschwerdeschrift habe Carl von Paur zu ihm nur kurz gesagt: von einem solchen Volk könne man nicht mehr erwarten, und ich sollt mir nicht soviel daraus machen, worauf er auf eine weitere Anzeige gegen Geiger verzichtet habe.
Als aber eine weitere Anzeige, diesmal vom Gemeindevorsteher von Hohenwarth einlief, stellte sich Carl von Paur nicht mehr so eindeutig auf die Seite seiner Beamten, sondern beklagte, dass solche Beschwerden natürlich auch nicht zielführend wären.

Dieses amtliche Protokoll – vom Brigadier Schmid  unterschrieben - wird unter dem Titel „die Rechtfertigung und der Schutz der k-. Gendarmerie gegen ehrenrührige Verleumdungen“  "kurzer Hand" an Carl von Paur weitergeleitet mit der Aufforderung sich dazu zu erklären. 

Am nächsten Tag werden dann Kötztinger Bürger als Zeugen vernommen.


Der Kötztinger Bürgermeister Schrank Michael  

  


10.3.1853
  Der Kötztinger Bürgermeister und Handelsmann Michael Schrank wird zur Situation in Gotzendorf und Hohenwarth befragt (ihm und seinem Bruder gehörte das Gut Hohenwarth) und auch zum Benehmen der k. Gendarmerie.
Zur Person: Michael Schrank, 33 Jahre alt, ein Brauerssohn aus Kötzting, hier als Handelsmann verheiratet und er schätze sein Vermögen auf 12000 fl. Seit 8 Jahren wäre er Bürgermeister. (Das bedeutet, dass er bereits im Alter von 25 Jahren zum Bürgermeister gewählt worden ist, Respekt.)
Er habe durch Michael Heigl oder dessen Anhang noch nie eine Beschädigung oder einen Diebstahl erlitten.

Benehmen der Gemeinden:
Es sei allgemein bekannt, dass Michael Heigl von den Bauern, Söldnern und Inwohnern der Gemeinden: Hohenwarth, Gotzendorf, Ansdorf und Grafenwiesen tatsächlich unterstützt wird….
Wenn auch nicht gewiss ist, daß alle Angehörige der betreffenden Gemeinden sich in solcher Weise beteiligen, so kann doch jedenfalls behauptet werden, daß sich eine große Anzahl hiervon … zu Schulden kommen lassen.
Anschließend ergänzt er noch, dass sich der Bereich, in dem sich Heigl aufgehalten (und Unterstützung erhalten habe) sich auch auf die Stockmühle und  Leckern, und aus dem LG Viechtach auch in Weidenhof und Pirka ausgedehnt habe.

Tätigkeit des königlichen Landgerichts Kötzting:

Namentlich der Amtsvorstand Carl von Paur listet Alles, was nur möglich ist und die Landwehrmänner, das Forstpersonal die Gendarmen wären mit Lust und Eifer bei der Sache. Viele, der Unterstützung verdächtigter Personen seien verhaftet und nach Ebrach gebracht und das Wirtshaus in Grafenwiesen sogar zugesperrt worden. Es wäre rein undenkbar, daß Heigl nicht schon längst hätte erwischt werden können, wenn er nicht von einem großen Teil der Bevölkerung in seiner Heimat Unterstützung gefunden hätte.

Unterstützung der Gendarmerie durch das kgl. Landgericht:

Er kenne es nicht anders, als daß diese die volle Unterstützung genössen und auch alle Anzeigen sofort eine entsprechende Verfügung zur Folge gehabt haben. Als Beispiel führt er an, daß nach Anzeige z.B. sofort die Verhaftung des „Rosenauer Einöder bei Hohenwarth“ veranlasst worden war.

Das Verhalten der Gendarmerie

Bis in die letzte Zeit habe das Verhalten der Gendarmerie keinen Anlass zu Klagen gegeben, es war sogar ein ganz gutes gewesen. Sowohl unter dem Brigadier Haas und Batzer, welche früher hier gewesen waren, als auch unter dem jetzigen Brigadier Schmidt.

Nur in der letzten Zeit habe es zwei Vorfälle gegeben:

1.       Vor etwa 4 oder 5 Wochen sollen einige Gendarmen gegen morgen auf die Hohenwarther Mühle gekommen und einen Mühlburschen oder den Sohn des Müllers selbst, der auf der Bank gelegen war, durchgehauen haben, weil er nicht sogleich aufgesperrt hätte. Näheres hierüber dürfte der Handelsmann Josef Windorfer von hier wissen, welchen der Müller von Hohenwarth diese Sache selbst erzählt haben soll.
Der Müller sei nach allgemeiner Erfahrung ein ruhiger, braver Mann und einer der ehrenhaftesten Männer der ganzen fraglichen Gegend. Der Kötztinger Marktdiener Sebastian Überreither müsste eigentlich auch Kenntnis von dieser Sache habe.

2.       Eine Misshandlung, welche im Markte Kötzting stattgefunden hat, welche den Kötztinger brauenden Bürger Andreas Holzapfel betraf und mittlerer Weile in Kötzting allgemein bekannt ist.
Schon seit Januar gäbe es im Markt Gerüchte, daß die Gendarmerie auf eine Anzeige, dass Heigl und seine Konkubine sich in einem Inhaus in Gotzendorf aufhalten würde, nicht recht angegriffen hätte, die Haussuchung zu späte gekommen wäre und überhaupt die ganze Sache selbst verni(unleserlich) habe.
Dieses Gerücht war allgemein im Umlauf, so daß es natürlich auch Andrae Holzapfel erfuhr, welcher es in Straubing, wohin er als Getreidehändler wöchentlich kömmt, nacherzählt haben soll
. Die Gendarmerie hat dieses wieder in Erfahrung gebracht und ließ denn vor vier Wochen den Holzapfel auf ihr Lokal kommen, wohin er auch ganz arglos gegangen ist. Dort angekommen wurde er vom Brigadier Schmid oder einem anderen Gendarm zur Rede gestellt. Hierauf aber geohrfeigt und dann überdies beim Fortgehen von 2 Gendarmen, wovon einer aus Viechtach war, noch mit einem Ochsenziemer durchgehauen.  So wenigstens hat mir Holzapfel, der ein ordentlicher und glaubwürdiger Mann in guten Verhältnissen ist, selbst erzählt und ich habe auch das Durchhauen durch die Zugeherin Anna Damberger im Gendarmenlokal erfahren, welche nach ihrer Äußerung selbst zugesehen hat.

Durch diese Vorfälle hat natürlich die Achtung der Gendarmerie und das Vertrauen in letzter Zeit abgenommen.

Einschub: Es war für mich natürlich interessant, wo diese damalige „Gendarmeriestation“ in Kötzting denn anzusiedeln sei, im Amtshaus, also dem Gefängnis sicherlich nicht und auch nicht im Pflegerschloss. Lange Zeit gab es keinen Hinweis auf das Gebäude, erst ein Zufallsfund in den Landshuter Nachlassakten bracht den entscheidenden Hinweis. Als 1868 der damalige Brigadier Rex in Kötzting verstorben war, wurde angegeben, dass er in der Gendarmeriestation in Hausnummer 8 verstorben sei. Die Hausnummer 8 ist in Kötzting heutzutage die Sattlerei Michl Traurig gleich neben der St. Veitskirche und Andreas Holzapfel war zu der Zeit der Besitzer des Gasthauses, das wir heute als das Wirtshaus OSL am Marktplatz kennen. (StA Landshut Nachlassakten Rep 166 N-12 Schachtel 9 Nr. 479  Rex Andreas Polizeibrigadier Oberbrigadier in Kötzting, Gendarmerielokal: Hnr 8 in Kötzting, von 1868)

Abschließend, vor seiner Unterschrift und der amtlichen Versieglung seiner Aussage, ist ihm noch wichtig hervorzuheben, dass einer der eifrigsten Streifengänger der Kötztinger bürgerliche Kaminkehrer Carl Diermeier sei, der wohl auch in der fraglichen Angelegenheit sicherlich mehrer Aufschluss geben können

Unterschrift Michael Schrank


Vernehmung des Kaminkehrers Carl Diermeier



Zur Person:
Carl Diermeier , 34 Jahre alt und katholisch  (dies sollte sich in wenigen Jahren ändern, Carl Diermeier ist einer der herausragenden Vertreter der sich in Folge der Beschlüsse des 1. Vatikanischen Konzils sich gegründeten Altkatholiken in Kötzting und auch als überregionaler Vertreter in Bayern tätig. Auch Carl von Paur und Maximilian Schmidt werden Altkatholiken), verheiratet und ansässig als Kaminkehrer und Oberleutnant des k. Landwehrbataillons Kötzting mit 3000 Gulden als Vermögen.

Benehmen der Gemeinde: Es bestätigt im Wesentlichen die bekannten Vorwürfe, in einigen Orten  führt er noch Namen an: In Ansdorf  Plötz, Winter, In Ponholz Fischer, in Hohenwarth wäre es der Wirt, dann Rosenau, in Liebenstein der Wirt, in Beckendorf Fischer, in Reitenstein der Abdecker und der Inwohner Mühlbauer in  Reitenberg. Bei Gotzendorf schenkt er sich eine Namensliste, hier seien „so ziemlich die meisten Bewohner in Einverständnis mit Heigl“. „Ich bin schon wenigstens zwanzigmal bei Streifen mitgegangen; habe die vorbenannten verdächtigen Orte mit visitieren helfen und habe nicht den mindesten Zweifel, daß die Bewohner der bemerkten Gemeinden weitaus zum größten Theil wenigstens von der Anwesenheit Heigls Wissenschaft haben, wenn er zugegen ist, wenn sie ihn auch nicht gerade bei sich aufnehmen.“

Ich muß behaupten, daß unter diesem Volke durchaus kein Sinn für gesetzliche Ordnung ist, und daß man von den Leuten , wenn man sie zur Mitwirkung auffordert, die Antwort erhält, was geht mich das an, ich bin nicht dazu verpflichtet, der Heigl könnte mich wegbrennen. Er tut niemand was
Weiter führt er an: „ daß soviel bekannt ist, die Concubine des Heigl Theres Pritzl seit sie mit ihm herumzieht, schon zum 3ten mal entbunden hat, was doch nicht wohl möglich wäre ohne daß ihr irgendwo Unterschlupf gestattet wird.“

Tätigkeit des Landgerichts: Auch von ihm höchstes Lob für den Landrichter Carl von Paur.

Unterstützung der Gendarmerie durch das kgl. Landgericht: Er habe keine Akteneinsicht und könne daher nichts darüber sagen

Benehmen der Gendarmen: Er sei weit mit ihnen herumgekommen und hatte festgestellt, dass diese immer und überall von den Leuten gegrüßt wurden. Dasselbe gilt für den Markt Kötzting, wo sie ja auch namentlich bekannt sind. Der letzte Fall habe aber böses Blut unter der Einwohnerschaft gemacht, was ihn veranlasst hätte zu beschwichtigen, wenn die Rede auf die Gendarmen gekommen war. Er bestätigt auch, dass das Gerücht über die Geigerische Hausdurchsuchung durch Andreas Holzapfel in Straubing erzählt worden war, die Gendarmerie Kötzting davon Wind gekommen und den Holzapfel auf das Lokal bestellt habe, wo er dann  Ohrfeigen und  Prügel bezogen habe. Auch die Gerüchte über Prügel für einen Müllersohn in Hohenwarth sind ihm bekannt. Seit diesen Vorfällen sei eine Missstimmung gegen die Gendarmerie zu erkennen und ist deutlich zu merken, dass man sich einen weiteren derartigen Exzess nicht mehr gefallen lassen wolle.

 

Sebastian Überreiter Marktdiener in Kötzting

 

Überreiter Polizeydiener
Zur Person: Sebastian Überreiter[i], katholisch, 48 Jahre alt aus Neukirchen, verheiratet und ansässig in Kötzting als Schuhmacher, zugleich auch Magistratsdiener und Polizeisoldat.
(Wohnhaft in Kötzting Hausnummer 151, also vor dem Oberen Tor)

Zur Sache führt er gleich aus – er sei seit 8 Jahren in die Suche nach Michael Heigl eingebunden und in der Gegend auch sehr bekannt, und benennt eine ganze Reihe von „Unterstützergemeinden“ auf: Grafenwiesen, Reitenberg, Hudlach, Beckendorf, Simmerleinöd, Eschlsaign, Eck, Stanzen, Trattmannszell, Arrach, Bonholz, Sölden, Ansdorf, Thenning, Ribenzig, Zettling, Liebenstein, Roßberg, Zenching, Lichtenegg, Hohenwarth und „vor Allem“ Gotzendorf.
Dort in den Städeln und Hütten würde er sich aufhalten, Unterstützung, Lebensmittel und Boten erhalten, wenn eine Streife ausgehe. Auch wenn er nicht von allen tatkräftig unterstützt würde, so würde er doch von den anderen dadurch begünstigt, dass sie aus Furcht vor ihm seine Anwesenheit verheimlichten und nicht zur Anzeige brächten. In der Regel erfahre man erst Tage später, wenn Heigl schon wieder fort sei, von seiner Anwesenheit.

Carl von Paur stelle sich immer auf die Seite der Gendarmen und sei eher kurz angebunden, wenn Beschwerdeführer in diesen Sachen zu ihm kämen, so auch im Falle des Söldners Geiger von Hohenwarth. Überreiter nun schildert zum ersten Male, was genau bei dem Vorfall passiert war:
9.1.1853 7 Uhr abends: Josef Geiger kommt zu ihm und dann gehen beide zum Landrichter, dem er anzeigte, dass die Konkubine Theres Pritzl mit ihrem Kinde beim Hauser in Gotzendorf sei. Carl von Paur ordnete auf der Stelle eine Streife mit dem Brigadier Schmidt, Überreiter selber und weiteren 8 Mann an. Sie umstellten das Haus, durchsuchten alles genauestens, aber ohne Resultat, gewannen aber die Überzeugung, dass die ganze Anzeige falsch war, umso mehr als offensichtlich Geiger selber die Lüge ausstreute, die Gendarmen hätten das falsche Haus hergenommen und sich nicht anzugreifen getraut.

 Weiter gibt er an, dass er selber von Martin Fendl, einem früherer Kamerad und nunmehrigen Feind des Michael Heigl, „den dieser schon geschossen hat“,  erfahren habe, dass Heigl um recht sicher zu sein, öfters durch seine Anhänger ganz falsch Gerüchte über seinen Aufenthalt ausstreuen lasse.
Über die Entwicklung des Ansehens der Kötztinger Gendarmen hat er allerdings seine eigene Theorie, er führt es auf das Benehmen früherer Gendarmen zurück. Vor Allem der Gendarm Wucher hatte zuerst mit dem Bürgerssohn Michael Dreger, dann mit Leonhard Müller „Exzess“; Ärger mit dem Schuhmacher Dengscherz und eine Misshandlung an dem Hutmachermeister Fischer seien schuld daran, dass dieses Ansehen in Kötzting nicht gerade hoch angesiedelt sei. Zusammen mit seinem anderen Kollegen Stibicher sei dieser auch lieber im Wirtshaus als im Dienst gewesen.
Der jetzige Brigadier Schmidt sei in Ordnung, außer dem Vorfall mit dem Holzapfel, nur weil dieser eine Schwätzerei gemacht haben sollte, und dass er den Pritzl in Gotzendorf, nach der wahrscheinlich unwahren Anzeige, am nächsten Tage zur Rede gestellt und daraufhin durchgehauen hätte.
Am Ende gibt Überreiter auf Nachfrage noch an, dass von allen jetzt hier und in der Gegend stationierten Gendarmen keiner seines Wissens den Heigl kenne……

 

Nun kommt der Betroffene selber:

Andrae Holzapfel, Fuhrmann von Kötzting

Auch dieser wird vereidet und muss zuerst seine Personalien angeben.
"Andrae Holzapfel, katholisch, 43 Jahre alt, verheiratet und ansässig als Bürger, Theilnehmer an dem hiesigen Comunbräuhause, nebenbei Fuhrmann und Getreidehändler. Er schätze sein Vermögen auf 4500 Gulden nach der Übergabe." Er erzählt, dass er das Gerücht, dass Heigl bei der Hausinspektion hinten raus geflüchtet sei, während die Gendarmen vorne mit der Hausdurchsuchung angefangen hätten, als allgemeines Gerede schon lange kannte, als er 6 Wochen später bei einem seiner wöchentlichen Fahrten nach Straubing im Brauhause dieses dem Gerichtsdienersgehilfen Waas  erzählte, als dieser wissen wollte, ob denn der Heigl noch immer nicht gefangen sei. Durch den Bäcker und brauenden Bürger von hier Georg Rötzer (der Nachbar auf Hausnummer 18 und 19), der auch öfter nach Straubing komme, habe er mittlerweile erfahren, dass von seiner Erzählung der Gehilfe Waas dem Brigadier in Straubing und dieser seinem Gendarmerie Offizier berichtete und in Folge dessen die hiesige Gendarmerie=Herren Kenntnis bekam.

"Vor 4 Wochen ließ mich der hiesige Brigadier durch die Köchin der Gendarmen auf ihr Lokal holen, ohne dass ich eine Ahnung hatte, warum.  Ich ging sogleich hin, traf im Lokal den Brigadier und ein paar Gendarmen , welch letztere sich bei meiner Ankunft sogleich entfernten. Der Brigadier machte die Türe zu, stellte mich wegen der Äußerung zu Straubing zur Rede, ließ gar nicht weiter zu Rede kommen, gab mir mit der flachen Hand ins Gesicht, beutelte mich auch bei den Ohren und schimpfte mich einen Spitzbuben, der er mit dem Heigl zu tun habe. Ich ging dann weiter und außerhalb der zweiten Tür, wo man über die Stiege herab geht, war ein Gendarm, der mich mit einem Instrumente ein paar Mal über den Rücken schlug, was er hauen konnte, ohne dass ich jedoch weitere Folgen dieser Misshandlung erlitt.
Ich glaube dass dieses mit einer ledernen Säbelscheide geschah, es könne aber auch ein Ochsenziemer gewesen sein. Die Köchin im Gendarmerielokal hat zufällig die letzte Mißhandlung gesehen. Da ich nie beim Landgerichte etwas zu tun habe und mir eben dachte, dass der Mensch auch manchmal etwas leiden muß, habe ich von diesem Vorfall eine Anzeige nicht gemacht und hätte überhaupt gar nichts davon gesagt, wenn nicht die Köchin den Vorfall sogleich dem Andreas Fischer, bürgerlichen Hutmacher von hier, der zufällig vorbeiging, erzählt hätte, in dessen Folge dann die Sache in den Lauf kam.

Unterschrift Andreas Holzapfel.

Natürlich wurden nun am nächsten Tage auch die Köchin und der Hutmacher Andreas FischeWohnhaft in Kötzting Hausnummer 148 ebenfalls vor dem oberen Tor]r vernommen, die die Angaben des Holzapfel bestätigten.

Aussage Andreas Fischer, Hutmacher

 Fischer ließ dabei auch zusätzlich die "Unannehmlichkeiten" protokollieren, die er mit den Kötztinger Gendarmen bereits in der Vergangenheit erlebt hatte, was sich mit den Aussagen Sebastian Überreiters – weiter oben – durchaus deckte:

„ich bin nämlich an einem Feiertage mit meiner Frau Abends 9 Uhr nach Hause gegangen und bemerkte beim Gendarmerielokal, dass der Brigadier Batzer und die Gendarmen Stelicher und Wucher einen Menschen, einen Fluderer /Flößer:/ Sohn und Fluderknecht Leonhard Müller, den sie arretiert hatten, sehr mißhandelten. Ich bemerkte, dass Wucher mit den Leuten in der Regel allzu vertraut war und dann auch oft mit den Burschen in Händel kam, weil er selbst sich um seinen Respekt gebracht hatte.
Wie ich die Mißhandlungen wahrnahm, schrie ich „Herr Wucher schlagen und stössen sie doch diesen Menschn nicht so“
Nun ist der Brigadier auf mich losgesprungen und hat mich gepackt, jedoch wieder losgelassen, als er mich erkannte.
Dardurch ist auch noch der Gendarm Stilicher, der seinen Säbel gezogen hatte auf mich los und hat mich mit der Klinge derart über den Kopf geschlagen, dass ich ein Loch erhielt und heftig blutete.

Ich habe andern Tags beim Magistrat Anzeige gemacht. Übrigens kam auch der Brigadier zu mir, der um Verzeihung bat. Ich habe ihm dabei auch vorgehalten, dass ich schon mehrfach bei Streifen mit gewirkt hätte und dass ich erst nachts zuvor eine Patrouille mitzumachen hatte, weil Brände gelegt worden waren und gewacht werden mußte, daß dieses durchaus kein Benehmen gegen Bürger sey.
Brigadier Batzer kam indessen fort, Wucher ist entlassen und der Stilicher ist bald danach fortgekommen. „

Unterschrift Ander Fischer

Aussage Anna Maria Damberger, Köchin


Sie selber wurde vom Brigadier Schmid zum Getreidehändler Holzapfel geschickt, um diesen aufzufordern, im Polizeilokal zu erscheinen.
Der Brigadier rief den Holzapfel in der innere Zimmer hinein und machte die Türe zu. Ich war am Gange und hörte aus dem Zimmer heraus bald darauf etwas Patschen, als ob jemand eine Ohrfeige bekäme, zugleich hörte ich den Holzapfel sagen: "Was denken sie sich denn, Herr Brigadier?"
Holzapfel kam auf dieses heraus, um fortzugehen; an der Stiege befand sich Gendarm Streußl von der Station Arnbruck k. LG Viechtach, der wegen des Rapports anwesend war, der in diesem Augenblicke zu den anderen Gendarmen darunter insbesondere Gendarm Fuchs v. h. äußerte: "wart wir kommen ihn schon" und gleichzeitig Holzapfel mit einem Ochsenziemer fest  3-4 Hiebe über den Rücken gab, als er sich über die Stiege hinab flüchtete...... Holzapfel war ganz erblaßt und zitternd und fragte mich im Fortlaufen, ob ich es gesehen habe, was ich natürlich bestätigen mußte.

Aussage Josef Windorfer, Harras
 

Nachdem er in der Aussage seines Schwagers Schrank erwähnt worden war, wurde auch er zu dem ganzen Komplex befragt.

Personalien: Joseph Windorfer, 33 Jahre alt, Handelsmann und Eisenhammerbesitzerssohn von hier, ledig, „habe bereits von seinen Eltern das Eisenhammerwerk nächst Blaibach übernommen, wo er sich demnächst ansässig machen werde“.

Der alte Müller Höcherl von Hohenwarth, bereits im Austrag, hat öffentlich erzählt, dass vor etwa 4 Wochen der Brigadier mit noch ein paar Gendarmen morgens auf die Mühle seines älteren Sohnes gekommen seien und dort seinen jüngeren Sohn N. der Mühlknecht bei seinem Bruder ist, auf der Bank liegend getroffen und dann geprügelt hätten, weil derselbe nach ihrer Äußerung keine Achtung vor der Sicherheitsmannschaft hätte. Ob und welche Veranlassung sein Sohn zu dieser Prügelei gegeben habe, darüber hat sich der Alte nicht geäußert, wohl aber habe er noch weiters erzählt, dass die Gendarmen damals auch noch 2 Personen in Gotzendorf geprügelt hätten“.

Ein Aktenzusatz erklärt die Situation durch eine Befragung des Kötztinger Revierförsters, wonach „der Müllerssohn ein Begünstiger des Heigl ist, wodurch sich die Gereiztheit der Gendarmerie leicht erklären lasse“.

Mit der Aussage Josef Windorfers endet diese Untersuchung und die Dienstreise des Regierungsassistenten Christoph - der diese Kommission zugearbeitet hatte - steuert einem echten Höhepunkt entgegen, einer ganz, ganz großen Versammlung im Kötztinger Postsaal.
Die eindrückliche Rede des Herrn Christoph ist gespickt mit moralischen Maßstäben, unverhohlenen Drohungen und markanten Aphorismen.
Diese Rede wurde von einem Untergebenen mitgeschrieben und soll, zusammen mit der markanten Anwesenheitsliste -  im nächsten Beitrag dieser Dokumentation das zentrale Dokument darstellen.


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