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Freitag, 5. November 2021

Familiengeschichtsforschung - ein überraschender Kontakt

 Vinzenz Lormier 
geboren am 7.4.1807


Es gibt ja viele unterschiedliche Arten Ahnenforschung zu betreiben, die einen sind auf der Jagd nach den ältesten belegbaren Vorfahren, die anderen versuchen die Verwandtschaft mit allen Geschwistern, Onkeln und Tanten so breit wie möglich aufzudröseln, andere wiederum - und zu denen gehöre eher ich,  weil ich bei der Suche nach den Ahnen mittlererweile schon zu oft an "dead ends" gestoßen bin-, versuchen dann "Fleisch auf das nackte Datengerippe zu bekommen und das Leben und Handeln von Familienmitgliedern wieder ein wenig "lebendig" werden zu lassen.
Diese Suche nach Einzelheiten aus dem Leben der Vorfahren benötigt dann zwangsläufig Wissen über die Strukturen des jeweiligen Heimatortes und führt somit ganz schnell zu Kompetenzen in der Heimatforschung.
Beginnend in den frühen 80er Jahren habe ich unsere Ahnentafel mit mehr als 3000 Vorfahren gut aufgefüllt und schon ab Mitte der 90er Jahre lag mein Forschungsschwerpunkt bereits auf der Heimatforschung. In etwa zu diesem Zeitpunkt kam es in Kötzting zur Gründung des Arbeitskreises Heimatforschung und beginnen unsere regelmäßigen Lesestammtische.
Dies bedeutet, dass ich locker seit fast 30 Jahren mich nicht mehr mit meinen eigenen Vorfahren beschäftige, weil ich denke, dass ich das für mich, mit vernünftigem Aufwand,  Erreichbare beisammen habe und in einigen Fällen auch sehr weit in die Vergangenheit zurückstoßen konnte.
Einige überraschende Fälle des Ahnenverlustes - verwandtschaftliche Beziehungen innerhalb der eigenen Ahnentafel oder mit der meiner Frau  -, Beispiele von ganz besonderen Menschen oder einfach nur  überraschende Ortswechsel meiner Ahnen haben mir die Suche nach meinen Vorfahren sowohl erschwert als auch bereichert. 


Einschub Ahnenverlust
aus: https://www.bionity.com/de/lexikon/Ahnenverlust.html

 

Mit dem Begriff AhnenverlustImplex (lat. Verflechtung) oder Ahnenschwund bezeichnet man in der Genealogie die Erscheinung, dass in der Ahnenliste einer Person bzw. eines Lebewesens Ahnen mehrfach auftauchen, so dass die Anzahl der tatsächlichen (verschiedenen) Ahnen niedriger ist als die bei den meisten Lebewesen theoretisch mögliche Anzahl von 2n in der n. Generation.
Bei Geschwisterehe kommt es bereits in der zweiten Generation zum Ahnenverlust, da der Proband nicht vier, sondern nur zwei Großeltern hat. Da in den meisten menschlichen Gesellschaften ein Inzesttabu gilt, tritt Ahnenverlust normalerweise frühestens in der dritten Generation auf, in der Regel aber erst in späteren Generationen. In diesen Fällen treten Geschwister als Ahnen auf, so dass in der nächsten Generation deren Eltern mehrfach als Ahnen auftreten. Es kann auch vorkommen, dass eine Person in verschiedenen Generationen als Ahne auftritt. Dadurch verringert sich die Anzahl der tatsächlich verschiedenen gegenüber der Zahl der theoretisch möglichen Vorfahren, woraus sich der Inzuchtkoeffizient der Ahnenliste schätzen lässt.
Wenn man die Generationenfolge nur weit genug in die Vergangenheit verfolgt, ist Ahnenverlust mathematisch unvermeidbar. Geht man bei einem Menschen 30 Generationen zurück (also etwa 500 bis 1000 Jahre), dann ergeben sich mehr als eine Milliarde Vorfahren, was die damalige Weltbevölkerung übersteigt. Von den damals lebenden Menschen müssen also zwangsläufig viele mehrfach in der Ahnenliste vorkommen. Daraus ergibt sich, dass praktisch alle heute lebenden Menschen (von Angehörigen sehr isoliert lebender Völker abgesehen) entfernt miteinander verwandt sind, was sich gelegentlich sogar nachweisen lässt.

Einschub Ende

Eine wichtige Regel für Genealogen, die mir bereits bei meinen ersten Kontakten mit den Kollegen des Bayerischen Landesvereins nahegelegt wurde, ist, nicht zu lange mit einer Veröffentlichung des Datenmaterials zu warten, da man

1. eh nie fertig werden kann und
2. die eigene Familie in den seltensten Fällen das Hobby und die Sammelwut eines Familienforschers in derselben Intensität teilt wie dieser und somit eher zum "Wegschmeißen" des ganzen "Gerümpels" neigt. 

Mit Beginn des Internet - und vor allem Browserzeitalters - habe ich mir daher die Grundzüge der "HTML"-Programmierung im Selbststudium beigebracht und meine Eckdaten als "Namens- und Ortsverzeichnisse" auf einer eigenen Homepage ins Internet gestellt.

Dort im Namensverzeichnis schlummert nun seit Mitte der 90er Jahre auch ein gewisser Vinzenz Lormier, über den ich damals schon ein paar Lebensdaten herausgefunden hatte und der sich mit den mündlichen Überlieferung der Familie meiner Frau in Teilen deckt.
Dort erzählte man sich über die Generationen hinweg, dass es einen "Südfranzosen" in der Familiengeschichte gegeben hätte.


Die Nummerierung in der obigen Teilahnentafel meines Schwiegervaters folgt der Aufzählung nach "Kekule. Die Probanden - also die Nummer 1 in der Ahnentafel - sind meine eigenen Kinder; somit ist mein Schwiegervater in deren dritten Generation und der gesuchte Lormier bereits in ihrer 7. Nachfolgegeneration.
Kurz zu den hier dargestellten Personen.
Nummer 1:
"Der Schrödel Max" ist sicherlich noch vielen Kötztingern ein Begriff und sein plötzlicher Tod auf Grund eines Herzinfarktes auf dem Fußballplatz im so jungen Alter - von gerade mal 32 Jahren -,  und die tragischen Umstände dabei, waren ein Schock in der Stadt.

Max Schrödel, der Fußballfan



Für viel zu kurze Zeit auch Ehemann und Vater



Nummer 2:
Seine Mutter, eine geborene Schiedermeier, hatte den Lagerhausverwalter Max Schrödel geheiratet, dessen Familie aus dem Großraum Creussen in Franken stammte.


Anna Schrödel, geb. Schiedermeier

Anna und Max Schrödel



Seine Großeltern, Karl Schiedermeier aus Beckendorf und Anna Semmelbauer aus Haus, hatten in Kötzting zuerst das kleine Lebensmittelgeschäft an der Kreuzung Marktstraße/Herrenstraße betrieben, bevor sie sich das größere Haus in der Marktstraße leisten konnten.


Karl Schiedermeier, 

Dieses Haus in der Marktstraße erwarb das Ehepaar Schiedermeier und baute es aus.
Die nächste Generation - rückwärts - führt dann langsam zu unserer gesuchten Person. Die Schiedermeier-Seite läuft über Beckendorf nach Weißenregen und die Semmelbauer-Linie führt nach Haus.

Das Familiengrab der Schiedermeier (Semmelbauer) - Schrödel auf dem alten Kötztinger Friedhof





Als Karl Schiedermeiers Großvater - ebenfalls ein Karl - tauchte dann bei meiner Forschung plötzlich ein Name auf, der so gar nicht zu den bei uns im bayerischen Wald üblichen Namen passte: Lormier Vinzenz. Das Kind - eben Karl - erhielt aber den Familiennamen seiner Mutter, der ledigen Weißenregener Häuslertochter Theres Schiedermeier, obwohl er im Taufmatrikel noch als Karl Lorme auftaucht.

PfA Blaibach Band 8 Register
"Lorme Karol v. Playbach illeg. (Seite) 26 1846 31.März"


PfA Blaibach Band 5:
" Karl illeg.
Geburt: leicht, lebendig
Vater: Vinzenz Lorme, Inwohnerssohn von Eschlkam, kath.
Wohnort: Regen, derzeit Polizeidiener in Zwiesel
Mutter Schiedermeier Theres, Inwohnerstochter, kath
Geburtsort LG Kötzting, Blaibach
Zeitpunkt der Geburt:  31. März 10 Uhr Mittags, am selben Tag getauft durch den Kooperator Kaiser.
Taufpatin: Margaretha Millbäurin ledige Inwohnerin von hier.

Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Kindsvater weder bei der Geburt noch bei der Taufe anwesend gewesen war, nur so ist zu erklären, dass sein Status:" Inwohnerssohn aus Eschlkam" - wohl nach den Angaben der Kindsmutter - ins Taufregister gekommen war, auch sein Name wurde so geschrieben wie er ausgesprochen worden ist: "Lorme"

Bei der weiteren Suche nach dem Unbekannten half nun seine Berufsbezeichnung: Gendarm in Regen und Zwiesel; und dort wartete ein Überraschung auf mich.
Es gab im Stadtarchiv Ziesel einen Akt über den Mann, der voller Beschwerden über ihn war und einen Übergriff des Polizeidieners Lormier nach dem anderen auflistete.


Zwiesel den 6.06.1848

Schreiben wegen Entfernung des Polizeidieners Lormier von Zwiesel:

1.Auf Klagen des hiesigen Hutmachers: weil Lormier den Schuhmacher ohne mindesten Anlass
aus dem Hause des Joh.Ponholz ausgewiesen habe.  
2.Auf Klagen des Webers Lorenz Fussender wegen Schlagens seines Kindes 
3. Johann Pfannenstiel Melber und Anton Rankls wurden, weil dieselben bei einer abschüssigen Petroille nicht auf der Stelle gingen, von Lormier mit Ohrfeigen traktiert und aus dem Wirtshause gewiesen.


Landgericht Regen an den Magistrat Zwiesel : am 2.03.1848

.......zu erfahren welchen Weg ein Theil der Bürgerschaft im Verein mit mehreren Bürgersöhnen eingeschlagen hat, den Magistrat zur augenblicklichen Entlassung des Polizeidieners Vinzenz Lormier zu bestimmen. Es bedarf wohl keiner Erörterung, daß und warum diese Weise, sich eines Gemeindedieners , eines Polizeiorgans, zu erledigen, nicht gerechtfertigt werden kann.

Nachdem Zwiesel nicht dem Wunsche des Landgerichts Regen nachgekommen war, legte der Landrichter nach und benannte die Beschwerden als "Demonstrationen und Ruhestörung". Der Magistrat hätte diesen nie nachgeben dürfen.


28.03.1848

... hat der Magistrat aufzuklären ,warum er etwaige Ordnungswidrigkeiten des Polizeidieners nicht schon längst abgestellt habe, falls aber diese Voraussetzung unrichtig, dann ist sich weiter zu verantworten, warum dem Verlangen der Adressanten sogleich stattgegeben und nicht vielmehr durch den Magistrat die Adresse schon im Entstehen unterdrückt , den Unterzeichnern desselben die Ungesetzlichkeit  ihres Verlangens vorgehalten und dieselben nicht auf die gesetzlichen Folgen von derartigen Demonstrationen und Ruhestörungsversuchen aufmerksam gemacht worden seyen.

Zwiesel gibt hier nicht nach, bzw. geht nicht darauf ein und so, da keine keine Antwort von Zwiesel kommt, wird der ganze Vorgang vom Landgericht an die Regierung verwiesen und, siehe ad,  von dort kommt am 19.06.die Bestätigung der Kündigung mit dem Verweis an den Magistrat.
Um ihren unliebsamen Polizeibeamten nun auch ganz sicher los zu werden, stellte der Magistrat Zwiesel seinem geschassten Polizeidiener aber ein famoses Dienstzeugnis aus, mit dem sich der Herr sicherlich gut an anderer Stelle hatte bewerben können.
Erneut ist das Landgericht "not amused" und beanstandet dieses schäbige Verhalten des Zwiesler Magistrats.

...Wie endlich der Magistrat Zwiesel dem fraglichen Polizeidiener wegen dienstwidrigem Benehmens nach Beschluss vom 21.03. d Jahres entlassen und am nämlichen tage ihm das amtliche Zeugnis ausstellen konnte, daß derselbe während seiner Dienstzeit als Polizeidiener sich durch ordentliches und männliches Betragen, durch Treue und Fleiß ausgezeichnet habe und der besten Empfehlung würdig erschiene....konnte nur befremden. Solche Widersprüche müssen notwendigerweise das amtliche Ansehen herabzusetzen.

Es gibt einen Hinweis auf eine Anstellung als Polizeidiener in Zwiesel mindestens seit dem Jahre 1842.
Vinzenz Lormier, der Polizeidiener, verließ aber Zwiesel nicht, zumindest nicht für lange Zeit, denn am 7.1.1852 heiratete der die Zwieseler Hausbesitzerin Therese Moser und wurde so zu einem gut situierten Bürger Zwiesels. Mit dieser Heirat haben wir nun endlich die Herkunft des Zwieseler Polizeidieners, nun Hausbesitzers, lösen können:


Vinzenz Lormier, geboren am 7.4.1807 in Furth im Wald, ist der uneheliche Sohn des französischen Offiziers Martin Lormier aus Aitreville mit der Further Hausbesitzerstochter Barbara Hoppinger.

Nun, der nächste Schritt war also das Bischöfliche Zentralarchiv in Regensburg und die dortigen Pfarrmatrikel von Furth im Wald, wo sich auch der Geburtseintrag fand.
Im Heiratseintrag hieß der Geburtsort des Vaters "Aitreville", im Geburtseintrag "Etreville".
Im fraglichen Zeitpunkt befand sich Bayern im Verbund mit Napoleons Armee im Kriegszustand und ein Aufenthalt eines französischen Offiziers in der Grenzregion zum feindlichen Österreich war mehr als nur nachvollziehbar.
Diese Information habe ich seit September 1988 und das war einer meiner "toten Punkte" in meiner Familienforschung, ärgerlich aber eben nicht zu ändern.  

Die einzige Zusatzinformation, die ich noch herausfand, war, dass Barbara Hoppinger ungefähr 2 Jahre vorher schon einmal einen Sohn mit Namen "Vinzenz" geboren hatte, der aber nicht lange lebte. Der Vater damals war ein Passauer Soldat namens Stephan Kastl.

Etwas 10 Jahre später eroberte auch die Familienforschung das Internet und weltweit vernetzt, können nun viele Tools be- und genutzt werden, die bei der Suche halfen können. Selbst im gescholtenen Facebook mit seinem manchmal rüden Umgangston - vor allem in den Fachforen - erlebe ich ein permanentes Geben und Nehmen an Erklärungen und gegenseitigen Übersetzungen und Hilfen. (siehe meine eigenen Erfahrungen z.B. bei der Recherche für Susanne Kirschner)

Ich kann zwar kein Wort Französisch, aber die Suchmasken konnte ich ausfüllen, und so war schnell klar, dass der bei uns so unbekannte Familienname "Lormier" selbst in Frankreich nur eine überschaubare Verbreitung hatte.

http://www.geopatronyme.com: Häufigkeitsverteilung des Familiennamens "Lormier"

Auch wenn dieser Datenbestand nur einen Zeitraum ab 1891 umfasste, so wird doch deutlich, dass die Herkunft meines "Martin Lormier" die Normandie sein musste und es dort auch einen Ort mit diesem Namen, Aitreville, gab.
Das wars aber dann auch, und so ruhte die "Karteileiche" - ich habe sämtliche Ahnen, durchnummeriert nach Kekule, einzeln auf DINA5 Karteikarten in 17 Schubern im Regal stehen - seit Mitte der 1990er Jahre, und wenn sie nicht gestorben sind, so ruhen sie noch heute....

Bis im Herbst 2021, genauer am 23.9.2021 bei mir eine E-mail ankam:

"Guten Tag Herr Pongratz,

 In meinen Recherchen zum Dragonerregiment der kaiserlichen Garde Napoléons, habe Ich auf Ihre Webseite gesehen, dass ein Vinzenz Lormier am 7. April 1807 in Fürth-im-Wald geboren wurde. Der Vater soll ein französischer Offizier gewesen sein, namens Martin Lormier.

 

Im Dragonerregiment gab es tatsächlich ein Soldat Martin Lormier, geboren am 19. Mai 1782 in Intraville, Departement von Seine-Maritime. Als Kürassier im 12. Kürassierregiment nahm er Teil von der Kampagne in Preußen in 1806 und in Polen in 1807. Er könnte zwar wahrscheinlich der Vater von Vinzenz Lormier sein. Er wurde am 1. März 1813 Dragoner im kaiserlichen Dragonerregiment. Er wurde vom Dienst entlassen am. 20. November 1815 und Starb den 12.September 1852 in Eu, Seine-Maritime. Dekoriert mit dem Ehrenlegion am 3. April 1814.

In Anhang finden Sie eine ausführliche Biographie sowie eine Kopie von seine Dienstleistungen als Soldat.

Ich möchte Ihnen gerne fragen ob Sie weitere Informationen über Martin Lormier und Vinzenz Lormier haben, und ob Sie mir Kopien davon schicken können?

Es ist mein Acht ein Buch über das Dragonerregiment zu veröffentlichen, und dazu könnte weitere Details mir helfen.

Ich werde mir freuen von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüße,

Niels Stevnsborg"



Ich habe Herrn Stevnsborg meine Dokumente über den Polizeidiener Lormier geschickt und zuerst einmal jemanden gesucht, der mir seine Dokumente, natürlich auf Französisch, übersetzen würde.

Vermutlich wäre es auch mit Google-Translate gegangen aber es waren doch einige Ausdrücke, bei der ein menschlicher Übersetzer die Varianten abwägen konnte.


Hier zunächst die Originale aus Frankreich




Hier nun die Übersetzung des Lebenslaufes, wie sie der Autor zusätzlich übermittelt hatte:


Lormier, Martin (429), geb. 19. Mai 1782 in Intraville, Seine-Maritime, Sohn von Remy Lormier gen. Richard, Beruf Weber, geb. ca. 1749 in Intraville, gest. am 3. Juni 1820 in Intraville, verh. 26. Juni 1779 in Intraville mit Marie Anne Vépierre, geb. ca. 1755 in Intraville, gest. 16. Juni 1819 in Intraville.

Am 21. Januar 1797 in Dienst gestellt beim 12. Kürassierregiment. Am 1. April 1808 zum Gefreiten befördert. Am 17. Dezember 1809 als Gendarm beim 6. Geschwader der spanischen Gendarmerie und am 16. Dezember 1810 als Gendarm bei der 1. Legion der spanischen Gendarmerie.

Am 1. März 1813 zum Dragonerregiment der kaiserlichen Garde zugelassen und eingetreten als Dragoner, Registriernummer 1810, 4. Kompanie. Sein Zustand war: ein Meter 74 Zentimeter groß, ovales Gesicht, hohe Stirn, blaue Augen, wohlgeratene Nase, mittlerer Mund, rundes Kinn, braune Haare und Augenbrauen.

1815 hatte er die Personenkennziffer 429, 4. Schwadron, 4. Kompanie.

In 1804 und 1805 unternahm er Feldzüge an den Küsten, 1805 in Österreich, 1806 in Preußen, 1807 in Polen, von 1808 bis 1812 in Spanien und Portugal, 1813 in Sachsen, 1814 in Frankreich und 1815 in Belgien.

Am 18. Juni 1815 in Waterloo durch einen Schuss einer biscaïen (=große Muskete) verwundet.

Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion am 3. April 1814 mit der Nummer 3740 und bestätigt am 24. November 1814, erneuert am 18. August 1819 unter der Nummer 17227.

Am 20. November 1815 wurde in Saintes ein Dienstnachweis erstellt; er trat am 21. November 1815 unbeschränkten Urlaub an.

Er kehrte nach Seine-Maritime zurück und lebte in Glicourt, wo er eine Anstellung als Tagelöhner fand. Als Existenznachweis, wie dieses Schreiben bezeugt, das er an die Großkanzlei der Ehrenlegion schickt und um die Zahlung des jährlichen Trinkgeldes an bedürftige Legionäre bittet:

„Seiner Exzellenz, Monsignore der Großkanzler des Königlichen Ordens der Ehrenlegion. In Paris.

Lormier, Martin ehemaliger Dragoner der ehemaligen Garde, Ritter des königlichen Ordens der Ehrenlegion vom 24. November 1814 unter der Nummer 3740 2. Serie im Alter von 36 Jahren, im unbeschränkten Urlaub.

Monsignore,
er legt Ihnen dar, dass er keine andere Existenzgrundlage als die eines Tagelöhners hat, dass er für seine alten und gebrechlichen Eltern verantwortlich ist. Aus diesem Grund bittet er demütig seine Exzellenz, Monsignore, damit er in den Genuss des jährlichen Trinkgeldes käme, das seine Königliche Majestät bedürftigen Rittern gewährt.

Mit dem Gefühl der Ehre eines tiefsten Respekts, Monsignore, Exzellenz,

 Ihr sehr demütiger und sehr gehorsamer Diener.

Signiert: Lormier

Wir, Bürgermeister der Stadt Glicourt, zur Beglaubigung der Unterschrift von Sieur Lormier und zur Bescheinigung, dass der Inhalt der Erklärung andererseits echt ist und Vertrauen darin besteht. Im Rathausamt am 31. Oktober 1817.1 »

Verheiratet mit Marianne Daranty, geb. ca. 1785 in Arhan, Pyrénées-Atlantiques, gest. 7. April 1853 in Eu, Seine-Maritime.

Während seines Militärdienstes begegnete er Mitte 1806 auf der Durchreise durch Deutschland einer Frau, die am 7. April 1807 im bayerischen Furth-im-Wald, heute in Bayern, ihren Sohn Vinzenz zur Welt brachte. Der Sohn wird Polizist in Zwiesel, Oberpfalz, Bayern2.

Martin Lormier starb am 12. September 1852 in Eu, wo er Träger des nationalen Ritterordens der Ehrenlegion war.


Wir haben nun also in unserer Ahnentafel keinen Südfranzosen, wie es die Familiensage übermittelte, sondern einen Herrn aus der Bretagne, nicht aus Aitreville, nicht aus Etreville sondern aus Intraville.
Die dunklen, ja schwarzen, Haare in der Familie meiner Frau führten diese auf den ominösen Herrn aus Südfrankreich zurück. Nun stellt sich heraus, dass das Aussehen - und damit der Genpool - des Herrn Lormier eher dem eines Norddeutschen glich.

Einen Meter 74 Zentimeter groß, ovales Gesicht, hohe Stirn, blaue Augen, wohlgeratene Nase, mittlerer Mund, rundes Kinn, braune Haare und Augenbrauen. - 

Nachdem er erst 1808 zum Gefreiten befördert worden war, hat er bei der Werbung um das Further Bürgermädchen wohl ein wenig geflunkert und ihr einen Offizier vorgegaukelt.
Ich vermute, dass, ebenso wie eine Generation später, der Kindsvater bei Geburt und Taufe gar nicht mehr anwesend war und der Priester das eintragen musste, was die Kindsmutter noch vom Vater glaubte zu wissen.

Hier endet nun - wer weiß, vielleicht erneut vorläufig - die Suche nach unseren französischen Vorfahren und es ist für mich immer wieder frappierend, mit wie wenigen Generationen rückwärts man sich in einem ganz anderen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Umfeld sich befindet.
Hier also sind wir ganz ruck-zuck in den Napoleonischen Kriegen.


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