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Dienstag, 4. März 2014
Kötzting und seine Umgebung auf alten Farbaufnahmen
Eigentlich hatte ich für März einen Bericht vorbereitet, der erzählt wie vor ca. 250 Jahren die Reitensteiner und Teile der Kötztinger Bürgerschaft sich in herzlicher Abneigung gegenseitig das Leben schwer machten. So schwer, dass sich diese, nicht alle, Kötztinger Bürger nicht mehr durch Reitenstein mit ihren Fuhrwerken zu fahren trauten.
ABER dann dachte ich oh,oh Wahlkampfzeiten in Kötzting, blos keine alten Geschichten zwischen den Ortsteilen aufwärmen. Dann habe ich auch noch in meinem alten Text gesehen, dass die Kötztinger, um ihre Sicherheit gewährleistet zu sehen, sogar den Einsatz von Soldaten gefordert hatten, die Reitensteiner wollten im Gegenzug ihre Kötztinger Gegner alle eingesperrt und gepfändet sehen ....auch das passt nicht zur momentanen weltpolitischen Großwetterlage ..
Also dachte ich mir, nimmst du Landschaftsbilder, schöne ruhige und bunte Landschaftsbilder das geht immer und die Aufruhrgeschichte zwischen Kötzting und Reitenstein - ich habe da einen schön gezeichneten und kolorierten Plan der Reitensteiner Waldsaufteilung rund um Reitenberg herum in Landshut gefunden - den machen wir halt im April.
Sonntag, 9. Februar 2014
Wer hat das Krankenhaus verschoben??
Der unvergessene Walter Ertl hatte jahrelang Materialien aus seinem Forstbereich und aus der Kötztinger Umgebung gesammelt. Frau Brigitte Ertl hatte nun vor zwei Jahren Teile seiner Sammlung, die halt Kötzting und den Forst betreffen, an unser Stadtarchiv abgegeben und in der losen Sammlung an Berichten, Artikeln und Forstkarten befanden sich auch drei Schwarz/Weiß Bilder, die die Situation an der äußeren Ludwigstraße aufzeigen.
Blick in Richtung Großparkplatz : Archiv Stadt Bad Kötzting |
Mittwoch, 1. Januar 2014
Kötzting im Jahre 1904
Kötzting vor 110 Jahren
1904
Der Jahresverlauf der Veranstaltungen in Kötzting folgte
auch vor 100 Jahren festen Regeln. Auch wenn viele dieser Ereignisse feste
Termine im Kalender hatten, so gab es doch die eine oder andere Feierlichkeit
oder Veranstaltung, die aus dem gewohnten Allerlei herausstach und deshalb in
der örtlichen Presse[i] groß
herausgestellt wurde.
Umgebung von Kötzting, hier Gehsdorf um 1904, es sollte noch 10 Jahre dauern, bis die Straße erneuert wurde Bild von Mathias Heilmeier |
Bürgermeister Liebl, der Vater von Frau Paula Dittrich |
Gleich zu Anfang des Jahres 1904 gab es für die Kötztinger Kirchengemeinden eine Neuerung. Der Verein der Protestanten Kötztings hatte kurz zuvor das Lang’sche Anwesen am Bahnhof gekauft und konnte am 6. Januar die Einweihung des Beetsaales feierlich begehen.
Bezirksamtmann Herr von Fuchs und der Kötztinger
Bürgermeister Liebl waren unter den Ehrengästen, gefeiert wurde anschließend im
Hotel zur Post.
Den Reigen der Generalversammlungen der einzelnen Vereine
eröffnete traditionell immer der Turnverein,
der am 8. Januar einen neuen Vorstand wählte. Brauereibesitzer Karl Lindner
sollte nun den Verein im neuen Jahr führen. Im Hintergrund waren die bewährten
Kräfte allerdings gleichgeblieben. Turnwart blieb der Konditor Alois
Klingseisen und als Zeugwart diente Kötztings Vorzeigeturner, der Schlosser
Josef Liebl.
Ein paar Wochen später traf sich der Lichtenegger Bund, ein Verein, der sich einerseits dem baulichen Erhalt der Ruine Lichtenegg verschrieben hatte, andererseits aber dafür sorgte, das der Spaß und das wozu der Vergnügungsausschuss die Gäste einladen sollte. Nun war der offizielle Teil zu Ende und es hieß anschließend: die weitere Versammlung nahm einen sehr animierten Verlauf.
beim Dimpfl, Ecke Metzstraße Brandstraße, ein beliebtes Wirtshaus in Kötzting |
Hoch zu Roß
Mit Knapp und Troß
mit Schwert mit Schild
und Sporen
Vermummt
bis an die Ohren
So sprengt
mit finsterm Trotz
Der Hans vom
Hotzenplotz
--- zum Dimpfl ---
Beim Ritter Kuno vom
Dimpfleck auf Plattenburg wurde mit großem Aufwand der Saal als Burg
Lichtenegg hergerichtet und dort trafen sich die maskierten Gäste um, nach dem Absingen des
Böhmerwaldliedes, den Burggeist zu erwarten, der die Begrüßung durchführte.
Es wurde wohl wieder ein fröhlicher Abend, denn erst spät gegen Morgen, berichtete der
Redakteur, dachte man endlich ans
Heimgehen und um ¾ Uhr des Vormittags am
anderen Tag sprengten die letzten Ritter nachhause und suchten ihr Burgverlies
auf. Küche und Keller des Herrn Burgwirtes haben allgemein befriedigt; das
helle Lichtenegger Gold der Brauerei Lindner fand allgemeinen Beifall. Halloh.
Kötztinger Honorationen auf dem Hohenbogen um 1904 - zentral vermutlich der Bezirksamtmann von Fuchs Bild von Mathias Heilmeier |
Auch die anderen Vereine führten ihre Unterhaltungsabende
durch, so der Turnverein und der Männergesangsverein.
Für Mitte März war anlässlich der Prüfungen der Landwirtschaftsschule in Kötzting der
Besuch des Regierungspräsidenten
Freiherrn von Andrian vorgesehen.
Gleich nach seiner Ankunft am Kötztinger Bahnhof, wo von
Andrian aufs herzlichste begrüßt wurde
begann eine Besichtigungstour, die von der Schnitzschule gleich beim Bahnhof
über das Rentamt und die St. Josefsanstalt bis hin zum Distriktskrankenhaus
führte. Vom Grafenwiesener Kirchenweg – der schönen Aussicht wegen - bis zum Armenhaus und der Leichenhalle, alles
musste sich der Regierungspräsident anschauen und abends trafen sich die
Kötztinger Beamtenschaft und Vertretungen der Bürger im Hotel zur Post zu einem
geselligen Abend.
Am nächsten Tag, nach überstandenen Prüfungen, folgten dann noch Besichtigungen bei der Fischzuchtanstalt und der Bullenhaltung, die Gschaider’sche Zündholzfabrik und die Mühle des Raiffeisenverbandes (=Hammermühle) wurden gestreift und, so wie es heutzutage wohl auch geschehen würde, schloss sich ein Besuch von Herrn Lindners Etablissement an.
„Viel hilft viel“ müssen sich die Bürger Kötztings gedacht
haben und veranstalteten zu Ehren ihres hohen Besuchs einen spontanen
Fackelzug, bei dessen Durchführung, trotz der kurzfristigen Anregung, alle
Kötzting Vereine mitmachten. Die Überraschung war gelungen, der
Regierungspräsident konnte vom Fenster herab die Ovationen der Bürger und
Vereine entgegennehmen und versprach wiederholt, sich für die Belange Kötztings
einzusetzen und beendete mit einem Hoch auf den Markt Kötzting seine Ansprache.
Anschließend begab er sich unter die Vereinsmitglieder und
Fackelträger, nahm dann den wohlgeordneten Parademarsch entgegen, der vom
Feuerwehradjutanten Meidinger kommandiert worden war und lud die Anwesenden zu einem Abendtrunke in den Saal ein, wo der
Senior der Beamtenschaft Herr kgl. Forstmeister Hubrich auf das herrliche
Einvernehmen der Beamten und Bürger in Kötzting hinwies.
Der Redakteur, hingerissen von der patriotischen Stimmung
und der Begeisterung des Abends, endet
mit den Worten: Das Volk kennt seinen
wahren Freund.
Am 15. April gaben die drei Kötztinger Buchbinder- und
Druckereibetriebe: Josef Weissenbach (=unterer Oexler), Leopold Henneberger und
Vitus Oexler bekannt, dass Kooperator Mehler, der in Kötzting seit 4 Jahren
wirkte, seine Gedenkblätter aus Kötztings Vergangenheit und der Pfingstritt veröffentlicht
hatte. Die Bürger wurden aufgefordert das Werk mit seinen 76 Seiten und 22 Bildern reichlich zu kaufen,
weil es verdiene in weiten Kreisen
bekannt zu werden.
In derselben Ausgabe wurde von einem schweren Brand
im Sägewerk Lindner berichtet, bei dem neben den Kötztinger
Feuerwehrmännern noch Wehren aus 7 Dörfern erschienen waren. Das Sägewerk war
völlig eingeäschert worden und zwei Säger wurden schwer verletzt, bei einem
hieß es, dass er bedenklich dran sein
soll.
Ende April fand im Wirtshaus des Josef Wagner (= heutzutage Heigl Theo in der Marktstrasse) die Frühjahrs Wanderversammlung des Bienenzuchtvereines
statt. Bezirksamtmanns von Fuchs, als erster Vorstand, und der
Landwirtschaftslehrer Bergmann, die beide wesentlich zur Gründung dieses
Vereins beigetragen hatten, gaben ihre Berichte ab. Auch dieser Verein, der
nach dem zweiten Weltkrieg 1945 wieder neu gegründet worden war, kann in
Kötzting bereits auf eine über hundertjährige Tradition blicken.
Eine andere, zu der Zeit sehr bekannte, Persönlichkeit
feierte ein seltenes Jubiläum. Der Kötztinger Lehrer Johann Singer der in Wettzell die Schule hielt, feierte sein
30 jähriges Dienstjubiläum, was vor allem deswegen so bemerkenswert war, weil
er all die langen 30 Jahre hindurch
jeden Tag und bei jedem Wetter die Strecke Kötzting Wettzell und zurück
zu Fuß zurückgelegt hatte.
Eine Woche vor Pfingsten traf sich der Kötztinger Ableger des deutschen Flottenvereins, der aus 22 Mitgliedern bestand, um einige wichtige Angelegenheiten zu regeln. Mit seinem Motto: „Mit Volldampf voraus“ eröffnete der Vorstand, Herr Postexpeditor Pongratz, die Versammlung. Es war den Mitgliedern zwar ein großes Bedürfnis die Wichtigkeit und Notwendigkeit solch einer Vereinigung herauszustellen, trotzdem wurde der Flottenverein, vor allem bei den Faschingsveranstaltungen der anderen Vereine, regelmäßig verspottend aufs Korn genommen.
Aber schon kommt Pfingsten näher und in einem Vorbericht
schreibt der Redakteur über die eifrigen Hände der Frauen, die Girlanden zum
Schmuck des Marktes winden, über die Männer, die Übungsritte machten und sich
über die Pferde austauschten. Das Pfingstkomitee hatte alle Hände voll zu tun
und über allem schwebte die alljährliche Frage: Wer wird der Pfingstbräutigam
und wer die Braut?
„Das Pfingstkränzchen für den dieser Tag gewählt werdenden
Pfingsthochzeiter ist schon fertiggestellt, und in der Auslage des
Kaufmannsgeschäftes der Witwe Frau Ring zur allgemeinen Besichtigung
ausgestellt. Dasselbe, Filigranarbeit, wurde von den
Schwestern aus dem Mutterhause Mallersdorf in der hiesigen St.
Josefspflegeanstalt gefertigt und gefällt ob seiner geschmackvollen,
künstlerischen Ausführung allgemein“.
Die Erwartung der Kötztinger ist groß: „Der Magistrat hat auch heuer keine Kosten gescheut, das erhabene Fest
äußerst effektvoll zu gestalten und steht wegen der heuer gemachten riesigen
Reklame von Auswärts sehr zahlreicher Besuch zu erwarten“.
Reverend Frins |
Am 20. Mai, wenige Tage vor Pfingsten, steht dann der Pfingstbräutigam fest, Josef Irlbeck, Gastwirts- und
Bäckerssohn. Die Feldmesse wird in diesem Jahr der in Kötzting geborene und nunmehrige Reverend P. Wilfried Frins, Pfarrer und
Rektor der „14 Martyrerkirche“ in Baltimore, USA, zelebrieren, der zum ersten
Mal seit vielen Jahren wieder seine Heimatstadt besucht. Die Familie Frins
wohnte seit vielen Generationen als Sattlerfamilie in Kötzting in der
Metzstrasse, heute das Haus Sperl. Weiter ergeht die Aufforderung an die
Gastwirte, „während der so erhebenden
Feier der Feldmesse ihre Lokale zu schließen“.
"Wie seit
Jahrtausenden blickte auch am gestrigen Tage das altehrwürdige Felsenhaupt des
Kaitersbergs herab auf die seinem Fuße umgrenzende reizenden Täler, um als
Symbol der Unwandelbarkeit nicht allein das Hasten und Drängen in unserer
raschlebigen Zeit zu schauen, das seine Wellen und manche Woge auch in den
tiefsten Talwinkel unseres Waldgebirges hereinsendet“.
So beginnt am 24. Mai der Bericht über den Pfingstritt. Die
Zahl der Teilnehmer stieg auf 204, in Steinbühl selbst waren es dann sogar 264.
Auch die Zahl der Zuschauer stieg von Jahr zu Jahr. Einen besonderen Eindruck machte es, dass
die sogenannte Feldmesse von einem Sohne Kötztings gehalten welcher nach 25
jähriger Abwesenheit seinen Geburtsort wieder besuchte, von Seiner Hochwürden
Herrn Frins Benediktinerpater in Baltimore. Die Kötztinger Blasmusikkapelle
Mühlbauer trug mit ihren sehr gediegenen
musikalischen Vorträgen sehr zur Erhebung der Gemüter bei der Feldmesse bei.
Nach der Rückkehr der Reiter fand auf dem Bleichanger die
Kranzlübergabe statt und auch hier fielen, entsprechend dem Lebensgefühl in
dieser Zeit die passenden Worte:
Pfingstbräutigam Josef Irlbeck mit seiner Braut Mühlbauer Magdalena die Begleiter waren: Hastreiter Franz und Huber Xaver |
Zur Erhöhung der Feier trug auch die so schön gehaltene und ganz aus dem Herzen und zu den Herzen gehende Ansprache Sr. Hochwürden Herrn Kooperators Franz Späth bei, bevor er das goldene Kränzchen an Josef Irlbeck, Bäckers und Gastwirtssohn von Kötzting überreichte.
Herr Hofmann, Bauer in Kaitersbach erhielt für die 25jährige Rittteilnahme ein Ehrenfähnchen. Ein Hauptjubilar wird besonders erwähnt: „Herr Andreas Costa, Bader und Chirurg von hier, welcher vor 50 Jahren mit dem goldenen Kränzchen ausgezeichnet wurde, feierte trotz seines Alters die Wiederkehr seines Ehrentages durch Beteiligung am Pfingstritte“.
Wie tief die Sympathie
für den Pfingstritt in den Herzen der Bürgerschaft Kötztings wurzelt, möge
überdies aus dem Anschlusse aller Vereine mit Fahnen bei den Aufzügen zur
Feldmesse und zum Empfang des Reiterzuges, sowie daraus ersehen werden, dass
der kgl. Bezirksamtmann Herr v. Fuchs sowie die hiesige und teilweise
auswärtige Hochwürdige Geistlichkeit durch ihre Beteiligung die Pflege dieses
altehrwürdigen Gebrauches zu erhalten und zu fördern bemüht sind.
Als Pfingstbraut
erwählte sich der Bräutigam Fräulein Leni
Mühlbauer, Gastwirtstochter von hier, die Pfingsthochzeit fand im Lokal der
Eltern des Bräutigams statt.
Weihbischof Freiherr
von Ow hielt im Juni in Kötzting die Firmung ab und wurde von Pfingstritt=Geistlichen zusammen mit 16
Reitern in Thenried, von Neukirchen kommend, erwartet und nach Kötzting
geleitet. Dort wird er feierlich im Pfarrhof empfangen und firmte am folgenden
Montag 700 und am Dienstag 640 Firmlinge. Nach Besichtigung der karitativen
Einrichtungen Kötztings und der
Wallfahrtskirche Weißenregen folgte auch schon der Abschied, bei dem erneut
Pfingstreiter auftraten und den hohen Gast bis nach Miltach begleiteten.
Es wird Sommer und die Fremdenlisten wurden aufgestellt. Am 22 Juli stellte die am magistratischen Fremdenbüro aufgestellte Liste fest, dass 92 Passanten und 44 Personen zum längeren Aufenthalt in Kötzting weilten.
Bild aus der gedruckten Mehlerchronik |
Am 1. August kommt die Nachricht, dass der langjährige Kötztinger Oberlehrer Karl Holzapfel, auf sein eigenes Ansuchen hin, in Ruhestand versetzt worden ist. Am selben Tag wurde das Kommunebrauhaus in eine Genossenschaft umgewandelt und in „Brauhaus Kötzting“ umbenannt.
Eine Woche später fand die Gründung des 20. Vereins in Kötzting statt, Verein Laetitia, also Wohltätigkeit, hieß die neue Gruppierung. Der Verein wollte durch Theaterspiel Einnahmen erzielen, die wohltätigen Zwecken zugute kommen sollen. Spielort der Theatergruppe ist das Vereinslokal Lemberger..
Liebl Josef, Kötztings Vorzeigeturner |
Festplatz, ab. Der befreundete Verein aus Viechtach der besonders eingeladen worden war, erschien mit 40 Festteilnehmern und beide Vereins zeigten ihr Können dem Publikum. Von den Turnern der beiden Vereinen wurden vor allem auf dem Reck
Ende September folgte dann die lange vorbereitete Abschiedsfeier für den Kötztinger Oberlehrer Karl Holzapfel. Im Hotel zur
Post hielt der Magistrat und der Gemeindeausschuss eine Abschiedsfeier ab und
gleich zu Beginn dankte Bürgermeister Liebl dem Scheidenden für all die Mühen
und Opfer, die er zu Gunsten des Marktes Kötzting und seiner Umgebung
(Ludwigsberg) gebracht hatte. Aus Dankbarkeit hatte der Markt ihm schon vor
Jahren die Ehrenbürgerwürde
übertragen, nun sollte als neue Ehrung eine Straße die Benennung Holzapfelstraße erhalten.
Mit begeisterten
Zurufen wurde diese Ehrung des allverehrten und verdienten Mannes von den
zahlreichen Festteilnehmern entgegengenommen. Pfarrer Elsner feierte seine
Verdienste als Lehrer und Chorregent, Lehrer Drunkenpolz sprach für das
Lehrerkollegium und überreichte dem Geehrten einen Regulator.
der sehr beliebte Lehrer Holzapfel verabschiedet sich von den Kötztingern |
Der Männergesangsverein brachte das Lieblingslied des Herrn Oberlehrers zum Vortrag, da dieser
lange Jahre Dirigent dieses Vereins gewesen war. Forstmeister Hubrich, nun
Vorstand des Männergesangsvereins, ehrte Holzapfel zusätzlich auch noch als
Gründungsmitglied des Verschönerungsvereins. Bezirksamtmann von Fuchs gedachte
auch noch der Verdienste Holzapfels als
Mitglied der Waldvereinssektion Kötzting.
Oberlehrer Holzapfel bedankte sich sehr herzlich und
versprach oft wieder zu kommen, er der so
viele Sommeraufenthalte hat bereiten helfen, wollte nun selbst als
Sommerfrischler kommen. Tags darauf bedankte er sich mit einer ganzseitigen
Anzeige im Kötztinger Anzeiger.
Jäger und Jagdfreunde
und insbesondere die Liebhaber von Hasenbraten und Ritschisachen hatten sich zu
einem fidelen Hasenessen bei Herrn Lindner am Samstag den 5.November abends
vereinigt. Zu später Stunde, als die Hasen in bekannter Bierseligkeit schwammen
und die Ritschi die gewünschte Sesshaftigkeit hervorgebracht hatten, da
erscholl so manches frohe Lied. In allen künftigen Jahren werden wir uns gerne
des Herrn scheidenden Bezirksgeometers
Schmeißer (=auch Vorsitzender des Flottenvereins Kötztings) erinnern, der der
Vater unserer hiesigen alljährlichen Hubertusfeier ist. Bedauerlicherweise war
ein hervorragender Hubertusverehrer wegen Seekrankheit am Erscheinen
verhindert. Oh der Flottenverein, wie notwendig, dass wir alle seetüchtig
werden.
Zum Abschluss des Jahres gab es dann wieder die
alljährlichen Theatervorstellungen der
St. Josefspflege, die im Theatersaal des katholischen Gesellenvereins
(=heutzutage Kolping), beim Januel, ihre Stücke mit vollem Erfolg aufführten.
Am selben Tag gab es erneut eine Vereinsgründung, der
Eislaufverein in Kötzting e.V. wurde eingerichtet. Hauptzweck dieses
Vereins war es den Mitgliedern die
ungestörte Ausübung des Eislaufsportes zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde
der Höcherl’sche Baumweiher während des Winters angemietet und ausschließlich
den Vereinsmitgliedern vorbehalten.
Das Eisschießen ist auf dem Platze auch den eigenen
Vereinsmitgliedern verboten.
Mit diesen Nachrichten klang das alte Jahr aus und die
Menschen freuten sich auf die Faschingssaison des neuen Jahres.
[i] Die zitierten Ausschnitte und Zusammenfassungen stammen aus
den alten Exemplaren des Kötztinger Anzeigers, der in der Bayerischen Staatsbibliothek
in München unter der Signatur 4Eph.pol.3cel 1900 ff zu finden ist. Die Bilder stammen aus dem Bestand des Arbeitskreises Heimatforschung Kötzting, vielen Dank an Frau Rabl-Dachs und an Frau Kretschmer für die Auswahl.
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von Fuchs
Mittwoch, 11. Dezember 2013
Der Weihnachtsblog
der erste belegte und fotografierte Kötztinger Christbaum mit dem Jesuskind in der Krippe Aufnahme ca. 1903 o. 1904 |
nachträgliche Bescherung für einen Heimatforscher und frühe Christbaumbilder aus Kötzting
Die Vorgeschichte:
Ein ereignisreicher Abend beim "Leboid"
2010 wars, die Kötztinger Bürger feierten ihr 925 jähriges Jubiläum mit einem bunten Strauß an Veranstaltungen, verteilt über das gesamte Jahr hinweg. Mein erster Beitrag für diese Reihe war ein Vortrag beim Obst und Gartenverein Kötztings im Januelsaal irgendwann im Januar. Lange nach dem Ende der Versammlung, der Saal hatte sich schon längst geleert, saßen wir noch abschließend mit ein paar Leuten zusammen - und wie so oft bei solchen Themenabenden, ging es um alte Geschichten und Erinnerungen.
Nebenbei sprach bei dieser Gelegenheit der Wirt, Herr Mathes, über eine seltsame Fahne mit Muttergottesmotiv und dem Kötztinger Wappen auf dem Blatt , die er bei sich im Speicher gefunden hatte.
Ganz am Ende, eigentlich wollte ich schon nach Hause gehen und alles war schon eingepackt, kam ein Mann auf mich zu, stellte sich als ein Herr Frank aus Wiesing vor und wollte mir Bilder von Kötzting zeigen, die er auf dem Flohmarkt in Kötzting, schon vor längerer Zeit, gekauft hatte.
Da wir im Arbeitskreis Heimatforschung in Kötzting ja eine eigene Arbeitsgruppe für Bilder haben, wollte ich Herrn Frank zuerst schon auf Frau Kretschmer und Frau Rabl-Dachs verweisen, aber seine Frage: "wollns sie sich die nicht doch einmal anschauen", machte mich natürlich neugierig.
Er öffnete ein Schächtelchen und darin waren vielleicht 30 schwarz-weiss Aufnahmen mit Kötztinger Motiven, aus der näheren Umgebung, auch vom Pfingstritt, teilweise datiert um die Jahrhundertwende bis ca. 1904.
Mir war schnell klar, dass wir solche Bilder noch nicht hatten, weshalb ich gleich unserer Interesse bekanntgab. Ich gab ihm seine Bilder zurück, nicht ohne sie mir im Einzelnen noch einmal neugierig und genau anzusehen, es waren ja tolle Motive drauf zu sehen.
Dann gings wirklich ab nach Hause, es war ein anstrengender und wegen der vielen Nachfragen auch ein fordernder Abend gewesen und, Zuhause angekommen und die ganze Situation beim "Leboid" Revue passieren lassend, fiel es mir - und hier passt das Stichwort wirklich und ist keine Übertreibung - wie Schuppen von den Augen: ich kannte die Motive ja schon längst, denn viele dieser Fotoaufnahmen hatte ich schon längst als gemalte Bilder an ganz anderer Stelle gesehen.
Szenenwechsel und Sprung zurück um ein paar Jahre
Also, wenige Jahre vorher, als man bei Ebay unter dem Stichwort "Kötzting" noch mehr als nur eine Unmenge von Allerweltspostkarten finden konnte, wurde ein Aquarell Kötztings aus dem Jahre 1900 angeboten. - dieses damals angebotene Aquarell mit der Marktmühle bildet übrigens das Hintergrundbild dieses Blogs - . Mail hin und mail her erbrachte die Situation, dass der Besitzer ein Regensburger Antiquitätenhändler war, der auf meine Nachfrage, "ob er noch mehrere Bilder habe", antwortete, "er hätte insgesamt 700 Aquarelle von den Erben des Malers gekauft und würde diesen Bestand nun gerne auflösen und verkaufen". Aus dem Kötztinger Bereich waren es dann am Ende ca. 50-60 kleine Gemälde.
Zwei einzelne Bilder hatte ich mir schon zu Beginn der Transaktion ersteigert und das Konvolut der Übrigen konnte nach Sponsorensuche durch die Kulturabteilung des Landratsamtes für einen ansehnlichen Betrag erworben werden. Diese restlichen Aquarelle -bis auf meine eigenen zwei Exemplare - hatten in etwa ein kleines bis mittleres Postkartenformat und waren in kleinen Alben zusammengebunden. In diesen Alben waren auf der Deckelinnenseite, tagebuchartig, Blenden, Belichtungszeiten und manche Orts- und Datumsangaben mit Bleistift tabellarisch notiert. Die Bilder konnten wir in Kötzting einscannen und anschließend wurden die Aquarelle dem Bestand des Museums in Walderbach zugeführt.
Einige der Gemälde wurden ja dann bereits in dem, dem Ankauf folgenden, Band der Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, den sogenannten "gelben Bänden", im Jahre 2007 vorgestellt und im Detail besprochen.
Erneut der Sprung nach 2010
es könnte das Lindnerwehr oder das Wehr beim jetzigen Wanninger Kraftwerk sein |
Nachdem mir also aufgefallen war, dass ich die Motive kannte, passte dann gleich Eins zum Andren:
1. Der Groschen war gefallen beim Betrachten der Aufnahme einer Wehranlage, eines Motives also, das der Künstler sowohl als Bild also auch als Bleistiftzeichnung und als Aquarell öfter verwendet hatte. Möglicherweise ist es mir deshalb im Gedächtnis geblieben, weil ich selbst vor vielen Jahren das Wehr beim alten Schwimmbad als eines meiner ersten bewusst ausgesuchten Motive mit meiner damaligen "neuen" Spiegelreflexkamera ausgewählt hatte.
2. der Zeitraum: auch die Aquarelle deckten einen Zeitraum von 1899 bis 1904 ab
3. Gleiche Motive und Bilder zum Beispiel bei der Burgruine Lichtenegg, Burgruine Runding, Glashütte Lohberg und Stachesried.
4. Die Schrift kam mir bekannt vor
Dann endlich sind mir die Bleistifteinträge auf den Albuminnenseiten wieder eingefallen und Frau Dr. Kleindorfer Marx von Landratsamt, die ich gleich am nächsten Tag angerufen hatte, konnte mir zufällig noch am selben Tag die Notizen ablichten und zusenden.
Tatsächlich, für einige Fotos, die es nicht als Aquarelle gab, - z. B. die Rieder Linde - finden sich Hinweise auf Ort, Belichtungszeit, Datum und Blendeneinstellung in den Aquarellalben
Da wir ja den Maler kannten, von dem wir aufgrund seiner Notizen wussten, dass er auch fotografierte und zeichnete, konnten wir nun nach über 100 Jahren die Bilder und die Fotos nicht nur demselben Künstler zuordnen sondern diese auch räumlich wieder zusammenführen. Aufgeklärt über die Zusammenhänge, schenkte Herr Frank nämlich die Bilder dem Arbeitskreis und wir reichten sie gleich an die Kulturabteilung weiter. Nun sind auch die Bilder in Walderbach im Depot und können dort konserviert werden.
Da wir nun den Maler UND Photographen kannten und aus den Kötztinger Matrikeln auch wussten, dass sein Sohn in zweiter Ehe in Kötzting verheiratet war und hier arbeitete, so ist es auch zu vermuten, dass die kleine Familie, die am Weihnachtstisch und im Schnee abgebildet ist, die Familie der jungen Franz Heilmeiers ist und der Vater respektive der Großvater seine Besuche zum Malen und Fotografieren genutzt hat. Gemalt hat offensichtlich nach den Vorlagen seiner Photographien. Der Kötztinger Ingenieur und Bezirkstechniker Franz Heilmeier hatte seine erste Frau Caecilie im Mai 1901 verloren und sich bereits im Januar 1902 ein zweites mal verheiratet
Diesmal heiratete er eine Bogener Konditorentochter, und sein Vater, der Rosenheimer Regierungsbaurat, war auch sein Trauzeuge. Dieser Mathias Heilmeier ist der Maler und Photograph und in dem Schächtelchen mit den Bildern befinden sich auch datierte Aufnahmen eines stattlichen Bogener Wohnhauses. Franz Heilmeier war zumindest noch bis 1905 in Kötzting, weil er da noch im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Fest im Kötztinger Anzeiger erwähnt wird. Danach verliert sich seine Spur.
Aber die Entwicklung geht noch weiter: denn ein Bild fiel mir damals besonders auf, es war eine Ansicht Kötztings , bei dem ich den Standort des Photographen irgendwo in der Wurmhöhe oder im Heiglgarten vermutet hatte, allerdings hätte er da auf einer hohen Staffelei stehen müssen. Eine Anfrage in diesem Winter wegen des genauen Geburtshauses von Eugen Hubrich brachte mich auf die Idee auch den Wohnort der Familie Heilmeier nicht nur in den Pfarrmatrikeln sondern eben auch in den Zivilstandsregistern der Stadt zu suchen, weil dort zumeist zusätzlich auch die Hausnummer respektive bis ca 1950 die Plannummer der Wohnung angegeben werden musste. Und siehe da, auch das Rätsel des Fotografenstandorts ließ sich damit lösen.
Bei dem Sterbeeintrag seiner ersten Frau wurde auch die Hausnummer angegeben.
Die kleine Familie wohnte auf der Hausnummer 59 und das war der sogenannte Kollmeierkellers, nun die Bärwurzerei Liebl, am oberen Ende des langgestreckten Gebäudes, das in den Hang hineingesteckt aussieht. Von dort, von seiner eigenen Wohnung aus, hatte er die richtige Höhe, um über das Kommunbrauhaus hinweg zum Bezirksamtsgebäude und zur Kirchenburg hinüber fotografieren zu können. Den Sterbeeintrag seiner Frau unterschrieb Franz Heilmeier eigenhändig mit: "Fz Heilmaier"
1. Der Groschen war gefallen beim Betrachten der Aufnahme einer Wehranlage, eines Motives also, das der Künstler sowohl als Bild also auch als Bleistiftzeichnung und als Aquarell öfter verwendet hatte. Möglicherweise ist es mir deshalb im Gedächtnis geblieben, weil ich selbst vor vielen Jahren das Wehr beim alten Schwimmbad als eines meiner ersten bewusst ausgesuchten Motive mit meiner damaligen "neuen" Spiegelreflexkamera ausgewählt hatte.
das dürfte, könnte die Hütwöhr sein, beim alten Schwimmbad |
2. der Zeitraum: auch die Aquarelle deckten einen Zeitraum von 1899 bis 1904 ab
3. Gleiche Motive und Bilder zum Beispiel bei der Burgruine Lichtenegg, Burgruine Runding, Glashütte Lohberg und Stachesried.
4. Die Schrift kam mir bekannt vor
Dann endlich sind mir die Bleistifteinträge auf den Albuminnenseiten wieder eingefallen und Frau Dr. Kleindorfer Marx von Landratsamt, die ich gleich am nächsten Tag angerufen hatte, konnte mir zufällig noch am selben Tag die Notizen ablichten und zusenden.
Tatsächlich, für einige Fotos, die es nicht als Aquarelle gab, - z. B. die Rieder Linde - finden sich Hinweise auf Ort, Belichtungszeit, Datum und Blendeneinstellung in den Aquarellalben
Selbstportrait Mathias Heilmeier |
Da wir nun den Maler UND Photographen kannten und aus den Kötztinger Matrikeln auch wussten, dass sein Sohn in zweiter Ehe in Kötzting verheiratet war und hier arbeitete, so ist es auch zu vermuten, dass die kleine Familie, die am Weihnachtstisch und im Schnee abgebildet ist, die Familie der jungen Franz Heilmeiers ist und der Vater respektive der Großvater seine Besuche zum Malen und Fotografieren genutzt hat. Gemalt hat offensichtlich nach den Vorlagen seiner Photographien. Der Kötztinger Ingenieur und Bezirkstechniker Franz Heilmeier hatte seine erste Frau Caecilie im Mai 1901 verloren und sich bereits im Januar 1902 ein zweites mal verheiratet
Diesmal heiratete er eine Bogener Konditorentochter, und sein Vater, der Rosenheimer Regierungsbaurat, war auch sein Trauzeuge. Dieser Mathias Heilmeier ist der Maler und Photograph und in dem Schächtelchen mit den Bildern befinden sich auch datierte Aufnahmen eines stattlichen Bogener Wohnhauses. Franz Heilmeier war zumindest noch bis 1905 in Kötzting, weil er da noch im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Fest im Kötztinger Anzeiger erwähnt wird. Danach verliert sich seine Spur.
Auszug aus den Trauungsmatrikel im Pfarramt Kötzting |
Das jetzige Rathaus noch vor dem Brand 1911 |
Aber die Entwicklung geht noch weiter: denn ein Bild fiel mir damals besonders auf, es war eine Ansicht Kötztings , bei dem ich den Standort des Photographen irgendwo in der Wurmhöhe oder im Heiglgarten vermutet hatte, allerdings hätte er da auf einer hohen Staffelei stehen müssen. Eine Anfrage in diesem Winter wegen des genauen Geburtshauses von Eugen Hubrich brachte mich auf die Idee auch den Wohnort der Familie Heilmeier nicht nur in den Pfarrmatrikeln sondern eben auch in den Zivilstandsregistern der Stadt zu suchen, weil dort zumeist zusätzlich auch die Hausnummer respektive bis ca 1950 die Plannummer der Wohnung angegeben werden musste. Und siehe da, auch das Rätsel des Fotografenstandorts ließ sich damit lösen.
Bei dem Sterbeeintrag seiner ersten Frau wurde auch die Hausnummer angegeben.
Sterbeeintrag der ersten Ehefrau im Zivilstandsregister der Stadt Bad Kötzting |
Die kleine Familie wohnte auf der Hausnummer 59 und das war der sogenannte Kollmeierkellers, nun die Bärwurzerei Liebl, am oberen Ende des langgestreckten Gebäudes, das in den Hang hineingesteckt aussieht. Von dort, von seiner eigenen Wohnung aus, hatte er die richtige Höhe, um über das Kommunbrauhaus hinweg zum Bezirksamtsgebäude und zur Kirchenburg hinüber fotografieren zu können. Den Sterbeeintrag seiner Frau unterschrieb Franz Heilmeier eigenhändig mit: "Fz Heilmaier"
Blickachse des Kötztinger Bildes |
Winterspaziergang |
Familie Heilmeier beim Festessen |
Und das sind nun die ersten Weihnachtsfotos einer Kötztinger
Bürgersfamilie. Die Petroleumlampe macht gerade mal ausreichend Licht, um
den Festtisch knapp auszuleuchten.
Der "Weihnachtsbaum" ist aber eine ziemlich unterständige und kurznadelige Tanne, heutzutage keiner Ehefrau mehr zumutbar....
Die Innenaufnahmen des weihnachtlich geschmückten Tisches, des Christbaumes und des Geschenketisches, sind mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls in diesem Haus gemacht worden.
Mit diesen Bildern haben wir einen schönen Beleg, dass zumindest bei den bürgerlichen Familien in Kötzting die Weihnachtstraditionen bereits um 1900 schon so gefeiert worden waren, wie wir es heute noch tun.
Eine detailliertere Gegenüberstellung von Heilmeiers Fotos und Aquarellen bzw. Zeichnungen, praktisch die "kriminalistische" Beweisführung ist einem späteren Blog vorbehalten.
Aber auch das war noch nicht alles, was an dem denkwürdigen Januartag herausgekommen ist. Am nächsten Tag ging ich mit einer Kamera zu Herrn Mathes um die Fahne abzulichten, mittlerweile gibt es wesentlich bessere Aufnahmen der Fahne, vor allem nach der Restaurierung, aber meine Bilder mit all ihrer Unschärfe waren eben die ersten schnellen Aufnahmen nach der Wiederentdeckung, um überhaupt auf die Suche nach der Bedeutung der Fahne gehen zu können.
Tatsächlich war sowohl in der Pfingstrittbeschreibung von 1904 die Rede von der Fahne mit der Mutter Gottes auf der einen und dem Kötztinger Wappen auf der anderen Seite als auch auf den Heilmeierphotos des 1904er Pfingstrittes wo deutlich eine Fahne mit der überlangen Fahnenstange zu sehen ist.
So brachte der Abend also eine "neue" alte Fahne ans Licht der Öffentlichkeit und nach über 100 Jahren Fotos und Bilder ein und desselben Mannes wieder zusammen. Für jemand wie mich, dessen Steckenpferd die Heimatgeschichte ist, war es ein toller, ein erfolgreicher Abend.
der erste photographierte Kötztinger Christbaum mit dem Jesuskind in der Krippe |
der Geschenketisch, mit einem Bilderbuch und wohl der ersten Schiefertafel für den Sohn, im Hintergrund ist ein Jagdhorn sichtbar |
Die Innenaufnahmen des weihnachtlich geschmückten Tisches, des Christbaumes und des Geschenketisches, sind mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls in diesem Haus gemacht worden.
Mit diesen Bildern haben wir einen schönen Beleg, dass zumindest bei den bürgerlichen Familien in Kötzting die Weihnachtstraditionen bereits um 1900 schon so gefeiert worden waren, wie wir es heute noch tun.
Eine detailliertere Gegenüberstellung von Heilmeiers Fotos und Aquarellen bzw. Zeichnungen, praktisch die "kriminalistische" Beweisführung ist einem späteren Blog vorbehalten.
Aber auch das war noch nicht alles, was an dem denkwürdigen Januartag herausgekommen ist. Am nächsten Tag ging ich mit einer Kamera zu Herrn Mathes um die Fahne abzulichten, mittlerweile gibt es wesentlich bessere Aufnahmen der Fahne, vor allem nach der Restaurierung, aber meine Bilder mit all ihrer Unschärfe waren eben die ersten schnellen Aufnahmen nach der Wiederentdeckung, um überhaupt auf die Suche nach der Bedeutung der Fahne gehen zu können.
Tatsächlich war sowohl in der Pfingstrittbeschreibung von 1904 die Rede von der Fahne mit der Mutter Gottes auf der einen und dem Kötztinger Wappen auf der anderen Seite als auch auf den Heilmeierphotos des 1904er Pfingstrittes wo deutlich eine Fahne mit der überlangen Fahnenstange zu sehen ist.
Pfingstritt von 1904 mit der alten Marktfahne |
alte Marktfahne, unrestauriert, Schnellphoto im Gang |
Schnellaufnahme um die Fahne identifizieren zu können |
So brachte der Abend also eine "neue" alte Fahne ans Licht der Öffentlichkeit und nach über 100 Jahren Fotos und Bilder ein und desselben Mannes wieder zusammen. Für jemand wie mich, dessen Steckenpferd die Heimatgeschichte ist, war es ein toller, ein erfolgreicher Abend.
Mittwoch, 27. November 2013
Die letzte Hinrichtung in Kötzting
Im Herbst, in der eher dunklen Jahreszeit, kommt immer wieder mal das Thema unseres Galgenbergs auf und die dort durchgeführten Hinrichtungen waren und sind immer wieder einmal Thema dieses Geschichtsblogs.
Nun also ein Bericht über die letzte Hinrichtung, die die Kötztinger "live" erlebt hatten.
Meiner Erinnerung nach war es ein Harrlinger..... aber wo hatte ich davon gelesen und woher nun die Details nehmen.... (Der Blogbeitrag erschien bereits im Jahre 2013)
Die erste Reaktion in solch einem Fall ist immer: Herrn Baumann anrufen ....meist ergibt sich in dem Gespräch dann der erste Hinweis auf Dokumente oder Urkunden. Hier kam dann tatsächlich schon die später sich als richtig erweisende Vermutung; in der "von Paur Chronik" könnte was stehen. Trotzdem war es noch nichts Genaues und so erinnerte ich mich an einen früheren Teilnehmer unseres Lesestammtisches, der uns vor vielen Jahren bereits von dieser "letzten" Hinrichtung erzählt hatte, Hans Thanner vom Kagerhof. (Hans Thanner, der Spezialist des Lesestammtisches für historische Währungen und deren Umrechnung ist leider mittlerweile verstorben)
Ein Telefonat genügte und Hans schickte wenige Minuten später einen Scan einer Festschrift des Schützenfestes mit Fahnenweihe vom 22. - 25. Juni 1979 von den D'Schatzberg - Schützen Harrling e.V." und dort ist unter Verweis auf die oben angesprochene "von Paur Chronik" diese Hinrichtung eines Harrlingers beschrieben.
Landrichter Carl von Paur + 1873 beerdigt in Kötzting |
In Kötzting existieren zwei große Geschichtschroniken, die "Schuegraf" und die "von Paur"sche Chronik. Schuegraf beschrieb dabei die Anfänge Kötztings und endete mit seinen Ausführungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Carl von Paur, der Kötztinger Landrichter von 1845 und - nach der Justizreform - der späterere Bezirksamtmann von Kötzting bis 1869, versuchte den Anschluss an die Schuegrafssche Chronik herzustellen und ist vor allem durch seine jahrgangsweise beschriebenen Vorkommnisse und durch seine qualifizierten Bemerkungen und Überlegungen über die Kötztinger Bewohner und deren Lebensumstände mehr als nur ein punktgenauer Chronist gewesen. Vor allem seine Beschreibungen der Kötztinger Umgebung zeigen eine Liebe zu unserer Gegend und eine Lebendigkeit, so dass viele seiner Sätze selbst heutzutage "1 zu 1" in Werbebroschüren genutzt werden könnten. Die lange Zeit verschollene Chronik befindet sich nun im Panzerschrank unseres Bürgermeisters und berichtet, ohne genaue Datumsangabe, über die Hinrichtung.
Im März 1813 schreibt von Paur noch von der Konzessionsvergabe an den neuen und ersten Kötztinger Apotheker Franz Xaver Preiss aus Eichstätt und über den Zeitraum vom 16.-.18. Oktober schreibt er von der Völkerschlacht zu Leipzig.
Dazwischen also verortet er die letzte Hinrichtung, weiter nun in seinen eigenen Worten:
An diesem Tage ging es schon früh morgens rührig zu im Markte, auch von auswärts kamen viele Leute herbey, etwa um einer Kirchen- oder sonstigen Festfeyer - nein - um einer Hinrichtung beyzuwohnen. Der verheurathete Söldner Joseph Obermayer von Harling, 25 Jahr alt, hatte sich eines vorsätzlichen Mordes dadurch schuldig gemacht, daß er seinen Gebkäufer und Austrägler Michael Wildfeuer, um sich der Austräglerreichnis zu entledigen, vermittels einer in die Flinten, statt einer Kugel eingeladenen abgebrochenen Spitze eines Eggen=Zahnes am 10. November 1812 Abends 6 Uhr durch das Fenster der Austräglerwohnstube meuchlings erschossen hat.
Der Tat geständig wurde er des Mordes schuldig erkannt, und zur Todesstrafe durch Enthauptung verurteilt.
Nachdem das Kötztinger Amtsgefängnis, in dessen nun renoviertem Dachstuhl im letzten Monat die vergessenen Akten gefunden wurden, erst in den Jahren 1817 bis 1820 erbaut worden war, war Joseph Obermayer wohl im damaligen Amtshaus am Ende der Schirnstraße (=Schergenstraße) während seiner Verhandlung und bis zum Hinrichtungstermin eingesperrt. Die Verhandlungen und Verhöre wurden in der Regel im Pflegerschloss durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde der Delinquent dann ausgeschlossen und dem Landrichter vorgeführt. Für alle diese Verrichtungen inkl. der Verpflegung erhielt der Kötztinger Amtmann seine, genau in einer Tabelle festgelegten, Bezüge.
Der endgültige Schiedsspruch, das Todesurteil, wurde, obwohl die Verhandlungsführung in Kötzting lag, in Straubing ausgesprochen und auch der Tag der Hinrichtung von dort festgesetzt. Die Kötztinger Amtsmänner und Schergen hatten für den Aufbau des Hochgerichts bzw. des Schafotts zu sorgen und idR. wurden auch Schranken errichtet um das Publikum auf Abstand zu halten. Die Hinrichtung wurde immer vom Straubinger Scharfrichter durchgeführt: Das "Brechen des Stabes" über den Delinquenten blieb dem Kötztinger Landrichter vorbehalten, dann handelte der Scharfrichter, doch zuerst weiter im Text von Paurs:
Am nordöstlichen Abhange des Galgenberges war das Schaffot aufgeschlagen und bereits gruppenweise von den vielen Neugierigen umstanden, als der Exekutionszug ankam. Voran der Landrichter zu Pferd, dann der Wagen mit dem Delinquenten unter Beistand des Ortsgeistlichen.
Er zeigte keine Furcht.
Rasch stieg er vom Wagen und ging schnell die Treppe hinan, doch als er den Richtstuhl erblickte, sträubte er sich, sich niederzusetzen, so daß er mit Gewalt von dem Scharfrichtergehilfen, Wasenmeister Zankl von Steinach mit Gewalt dahin gezerrt und auf dem Stuhl niedergedrückt werden mußte, während dass der Scharfrichter Zankl von Straubing dem verhängnißvollen Hieb führte, der das Haupt vom Rumpfe trennte.
Nachdem der Geistliche eine Mahnrede mit Gebet gesprochen hatte verlief sich die Volksmenge schweigend, und gedachte des Ermordeten in Wehmuth, da er ein braver Mann und besonderer Gutthäter der Kirche Harling war.
Die Amtmänner, Amtsknechte, Schergen, Scharfrichter und Wasenmeister, also Abdecker, bildeten als Mitglieder von unehrenhaften Berufen einen ganz eng geschlossenen Personenkreis. Ihre Mitglieder galten als so unehrenhaft, dass die "normale" Bevölkerung sich weder als Taufpaten noch als Trauzeugen hergeben wollte. Auch Ehepartner konnte diese Personengruppe nur unter sich finden, so dass es einen länder- und grenzüberschreitenden Familien- und Heiratsmarkt dieser Berufsgruppe gab. Die Familien der Scharfrichter waren tatsächlich europaweit untereinander verschwägert und auch die Kötztinger Wasenmeister und Amtmänner mussten sich für ihre Taufpaten, Trauzeugen oder für die Hochzeit Partner von weit her suchen. So ist es also auch kein Zufall, dass der Scharfrichtergehilfe, Wasenmeister Zankl aus Steinach und der Scharfrichter Zankl aus Straubing denselben Familiennamen führten und höchstwahrscheinlich eng verwandt waren. Über die Scharfrichter und Abdeckerfamilien Deutschlands und Mitteleuropas gibt es übrigens viele Abhandlungen, die genau diese Verbindungen herausarbeiten.
Dankenswerterweise schickte mir Hans Thanner auch noch ein paar Ergänzungen, teils aus den Matrikelbüchern und teils aus der mündlichen Überlieferung der Harrlinger Gegend:
Joseph Obermaier, der aus Aign bei Konzell abstammte, war mit einer Hollmer aus Landdorf verheiratet und hatte seinen Vorderlader mit einer derartig starken Pulverladung versehen hatte, daß das Geschoß - der Eggenzahn - durch das Fenster den Körper des am Tisch vor der Suppenschüssel sitzenden Wildfeuer durchschlug, durch die Stube flog, die Zimmertür gegenüber dem Fenster nochmals durchschlug und dann im Hausflur in der "Bodenstiege" steckenblieb. Der Ort des Geschehens war im sogenannten äusseren Dorf. Obermayer hatte das Anwesen des heutigen Ferdinand Vogl gekauft , wozu das Haus des heutigen Ludwig Breu als Ausnahmshaus gehörte.
Entdeckt wurde der Mord von dem damaligen Lehrer von Harrling, der an diesem Abend unterwegs war von Zandt nach Harrling und den Schuss gehört hatte. Er fand jedoch Michael Wildfeuer nur noch sterbend vor.
Auf dem Plan ist schön zu sehen, dass der jetzige Ludwigsberg, der damals noch der unbewaldete, frei sichtbare, Galgenberg gewesen ist. Die Stelle, an der jetzt der Ludwigsturm steht, ist mit einem ganz schwach erkennbaren Kreuz gekennzeichnet. Unterhalb, dem Markt zugewandt, - ungefähr bei den Buchstaben "g e" aus dem Wort Galgenberg - war die Kötztinger Richtstätte. Der Hauptzweck des Galgenberges in Kötztings war allerdings ein anderer: es war die Gemeindeweide, auf dieser Fläche hütete der Gemeindehirte, der sein vom Markt Kötzting gestelltes Häuschen in der jetzigen Hauserstraße hatte, die Viehherde der Kötztinger Marktlehner.
Da vor allem die "Malefikanten", die verurteilten Bösewichter also, die aufgehängt worden waren, nachweislich lange hängen gelassen wurden (in einem Fall ist eine Zeitspanne von einem ganzen Jahr bekannt), war es aus heutiger Sicht sicherlich ein gewöhnungsbedürftiges Bild mit dem toten Körper am Galgen und den weidenden Kühen drumherum und das Ganze auch unbewaldet und daher frei sichtbar.
Und wie schauts heutzutage dort oben aus?
Nun, stilecht im Finstern in der Kälte und im November habe ich mich auf den Weg gemacht und bin vom Stauner rüber zum Richtplatz gegangen.
Die frühere Richtstätte verbirgt sich nun in von dichtem Unterholz bestandenen Hochwald. Nur ein Schild am Anfang des Weges gibt einen Hinweis:
Dann geht man am Taferl vorbei vielleicht 20 m leicht bergauf und kommt in eine laubbedeckte Lichtung. Mehrere aufrechtstehende Grenzsteine kennzeichnen den Platz, an dem in Kötzting früher die Hinrichtungen stattgefunden haben.
Im März 1813 schreibt von Paur noch von der Konzessionsvergabe an den neuen und ersten Kötztinger Apotheker Franz Xaver Preiss aus Eichstätt und über den Zeitraum vom 16.-.18. Oktober schreibt er von der Völkerschlacht zu Leipzig.
Dazwischen also verortet er die letzte Hinrichtung, weiter nun in seinen eigenen Worten:
An diesem Tage ging es schon früh morgens rührig zu im Markte, auch von auswärts kamen viele Leute herbey, etwa um einer Kirchen- oder sonstigen Festfeyer - nein - um einer Hinrichtung beyzuwohnen. Der verheurathete Söldner Joseph Obermayer von Harling, 25 Jahr alt, hatte sich eines vorsätzlichen Mordes dadurch schuldig gemacht, daß er seinen Gebkäufer und Austrägler Michael Wildfeuer, um sich der Austräglerreichnis zu entledigen, vermittels einer in die Flinten, statt einer Kugel eingeladenen abgebrochenen Spitze eines Eggen=Zahnes am 10. November 1812 Abends 6 Uhr durch das Fenster der Austräglerwohnstube meuchlings erschossen hat.
Der Tat geständig wurde er des Mordes schuldig erkannt, und zur Todesstrafe durch Enthauptung verurteilt.
Nachdem das Kötztinger Amtsgefängnis, in dessen nun renoviertem Dachstuhl im letzten Monat die vergessenen Akten gefunden wurden, erst in den Jahren 1817 bis 1820 erbaut worden war, war Joseph Obermayer wohl im damaligen Amtshaus am Ende der Schirnstraße (=Schergenstraße) während seiner Verhandlung und bis zum Hinrichtungstermin eingesperrt. Die Verhandlungen und Verhöre wurden in der Regel im Pflegerschloss durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde der Delinquent dann ausgeschlossen und dem Landrichter vorgeführt. Für alle diese Verrichtungen inkl. der Verpflegung erhielt der Kötztinger Amtmann seine, genau in einer Tabelle festgelegten, Bezüge.
Der endgültige Schiedsspruch, das Todesurteil, wurde, obwohl die Verhandlungsführung in Kötzting lag, in Straubing ausgesprochen und auch der Tag der Hinrichtung von dort festgesetzt. Die Kötztinger Amtsmänner und Schergen hatten für den Aufbau des Hochgerichts bzw. des Schafotts zu sorgen und idR. wurden auch Schranken errichtet um das Publikum auf Abstand zu halten. Die Hinrichtung wurde immer vom Straubinger Scharfrichter durchgeführt: Das "Brechen des Stabes" über den Delinquenten blieb dem Kötztinger Landrichter vorbehalten, dann handelte der Scharfrichter, doch zuerst weiter im Text von Paurs:
Am nordöstlichen Abhange des Galgenberges war das Schaffot aufgeschlagen und bereits gruppenweise von den vielen Neugierigen umstanden, als der Exekutionszug ankam. Voran der Landrichter zu Pferd, dann der Wagen mit dem Delinquenten unter Beistand des Ortsgeistlichen.
Er zeigte keine Furcht.
Rasch stieg er vom Wagen und ging schnell die Treppe hinan, doch als er den Richtstuhl erblickte, sträubte er sich, sich niederzusetzen, so daß er mit Gewalt von dem Scharfrichtergehilfen, Wasenmeister Zankl von Steinach mit Gewalt dahin gezerrt und auf dem Stuhl niedergedrückt werden mußte, während dass der Scharfrichter Zankl von Straubing dem verhängnißvollen Hieb führte, der das Haupt vom Rumpfe trennte.
...während daß der Scharfrichter Zankl von Straubing dem verhängnißvollen Hieb führte, der das Haupt vom Rumpfe trennte. (Kopie aus der von Paurschen Chronik, Stadtarchiv Bad Kötzting) |
Nachdem der Geistliche eine Mahnrede mit Gebet gesprochen hatte verlief sich die Volksmenge schweigend, und gedachte des Ermordeten in Wehmuth, da er ein braver Mann und besonderer Gutthäter der Kirche Harling war.
Die Amtmänner, Amtsknechte, Schergen, Scharfrichter und Wasenmeister, also Abdecker, bildeten als Mitglieder von unehrenhaften Berufen einen ganz eng geschlossenen Personenkreis. Ihre Mitglieder galten als so unehrenhaft, dass die "normale" Bevölkerung sich weder als Taufpaten noch als Trauzeugen hergeben wollte. Auch Ehepartner konnte diese Personengruppe nur unter sich finden, so dass es einen länder- und grenzüberschreitenden Familien- und Heiratsmarkt dieser Berufsgruppe gab. Die Familien der Scharfrichter waren tatsächlich europaweit untereinander verschwägert und auch die Kötztinger Wasenmeister und Amtmänner mussten sich für ihre Taufpaten, Trauzeugen oder für die Hochzeit Partner von weit her suchen. So ist es also auch kein Zufall, dass der Scharfrichtergehilfe, Wasenmeister Zankl aus Steinach und der Scharfrichter Zankl aus Straubing denselben Familiennamen führten und höchstwahrscheinlich eng verwandt waren. Über die Scharfrichter und Abdeckerfamilien Deutschlands und Mitteleuropas gibt es übrigens viele Abhandlungen, die genau diese Verbindungen herausarbeiten.
Dankenswerterweise schickte mir Hans Thanner auch noch ein paar Ergänzungen, teils aus den Matrikelbüchern und teils aus der mündlichen Überlieferung der Harrlinger Gegend:
Joseph Obermaier, der aus Aign bei Konzell abstammte, war mit einer Hollmer aus Landdorf verheiratet und hatte seinen Vorderlader mit einer derartig starken Pulverladung versehen hatte, daß das Geschoß - der Eggenzahn - durch das Fenster den Körper des am Tisch vor der Suppenschüssel sitzenden Wildfeuer durchschlug, durch die Stube flog, die Zimmertür gegenüber dem Fenster nochmals durchschlug und dann im Hausflur in der "Bodenstiege" steckenblieb. Der Ort des Geschehens war im sogenannten äusseren Dorf. Obermayer hatte das Anwesen des heutigen Ferdinand Vogl gekauft , wozu das Haus des heutigen Ludwig Breu als Ausnahmshaus gehörte.
Entdeckt wurde der Mord von dem damaligen Lehrer von Harrling, der an diesem Abend unterwegs war von Zandt nach Harrling und den Schuss gehört hatte. Er fand jedoch Michael Wildfeuer nur noch sterbend vor.
Ausschnitt aus der Uraufnahme entnommen einem Plan des Chamer Vermessungsamtes der Nummer NO_050_41_1831 |
Da vor allem die "Malefikanten", die verurteilten Bösewichter also, die aufgehängt worden waren, nachweislich lange hängen gelassen wurden (in einem Fall ist eine Zeitspanne von einem ganzen Jahr bekannt), war es aus heutiger Sicht sicherlich ein gewöhnungsbedürftiges Bild mit dem toten Körper am Galgen und den weidenden Kühen drumherum und das Ganze auch unbewaldet und daher frei sichtbar.
Und wie schauts heutzutage dort oben aus?
Blick vom der Richtstätte in Richtung Wallfahrtskirche Weissenregen nach Sonnenuntergang |
Die frühere Richtstätte verbirgt sich nun in von dichtem Unterholz bestandenen Hochwald. Nur ein Schild am Anfang des Weges gibt einen Hinweis:
Beim Zugang steht ein Taferl... |
Dann geht man am Taferl vorbei vielleicht 20 m leicht bergauf und kommt in eine laubbedeckte Lichtung. Mehrere aufrechtstehende Grenzsteine kennzeichnen den Platz, an dem in Kötzting früher die Hinrichtungen stattgefunden haben.
Hinweistafel direkt am Richtplatz |
Richtplatz bei Nacht und im November......... |
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