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Montag, 2. Mai 2016

historische und nicht ganz so historische Pfingstschnipsel

Der Pfingstritt im Archiv




im Prinzip und eigentlich sollte es keine neuen Nachrichten über und aus der Geschichte des Pfingstrittes mehr geben, denn jeder irgendwie passende Stapel an Archivalien in den unterschiedlichsten Archiven wurde bereits von meinen Vorgängern immer wieder durchsucht und durchgeblättert...... eigentlich....

Mitten unter den Pfingstakten der 60er Jahre fand sich dieses tolle Pfingstplakat von 1956, entworfen von August Philipp Henneberger, der seine Rechte an dem Bild dann auch an die Stadt Kötzting abgetreten hatte.
















 

 

Der Pfingstritt von 1946



Eigentlich aber wollte ich mir die Pfingstakten - natürlich ist dies bei uns im Archiv ein Riesenmenge an Schachteln und Ordnern - mal chronologisch vornehmen und so versuchte ich die dürftigen Unterlagen der ersten Nachkriegsjahre zu sichten.
Nun also das Wenige, was vom 1946er Pfingstritt übriggeblieben ist,

das nachfolgende Programm des Pfingstfestes musste der amerikanischen Militärregierung
(zu der Zeit im Gebäude der jetzigen Volksbank in der Marktstraße) zur Genehmigung vorgelegt werden

offizielles Pfingstprogramm 1946, zum ersten Male nach vielen Jahres des Krieges und der direkten Nachkriegszeit auch wieder mit den beiden Pfingsthochzeiten.
das ist das ganze "Organigramm" des Pfingstfestes von 1946, mit den Einladungen, der Vergabe der Pfingstplakate, die Ausgabe der Rittteilnehmerkarten und der Bestellung der Festmusik

Genehmigung der Pfingsthochzeit beim Bürgermeister und der Militärregierung



Vorschlagsliste zum Pfingstbräutigam 1946 , ein Who-is- WHo der Kötztinger Bürgersfamilien
Im Archiv liegt auch noch eine detaillierte Rittteilnehmerliste von 1946 - es gibt übrigens auch eine solche vom 1945er Ritt gleich nach dem Kriegsende - die auch die Herkunftsorte der Reiter dokumentiert.

Das ist nun der Pfingstritt 1946, also noch nicht ganz so historisch, in diesem Jahr fanden sich aber noch ein paar Kleinigkeiten bzw. neue Zusammenhänge, die bis dahin noch unbekannt waren auch as sehr viel früheren Jahren:

In dem Beitrag über den "Wilden Pfingstritt" vom Juni 2014 habe ich einige, damals neu gefundene Aspekte geschildert, wie wild und ungezügelt es früher am Pfingstsonntag und Pfingstmontag in Kötzting vor und während des Pfingstrittes zugegangen ist und wie wenig die damalige Obrigkeit diese Exzesse unterbinden konnte.

 umb dass Ander Zissler in der nach Steinbühl


 verrichten procession, auß Unvorsichtigkeit Maistens aber ainer Prallerey dem Veithen Pern ainen Schuß mit Papier versezt, wie in dem Protokoll fol 21 fündig, ist derselbe per 1 Pfuind Pfennig gestrafft worden, ist 1 Gulden 8 Kreuzer und 4 Heller.



Andreas Zissler hatte also sein Gewehr bzw. seine Pistole beim Ritt dabei und diese/s offensichtlich nicht nur wie einen Böller mit Pulver geladen sondern noch - vermutlich mit Spucke - eine Papierkugel geformt und mit dem Ganzen dann auf Veith Pern gezielt UND getroffen, während des Pfingstrittes!
Die Kötztinger Pfleggerichtsprotokolle sind erst ab 1745 überliefert, so dass wir den Verhörseintrag des obigen Vorganges nicht mehr nachlesen können, aber offensichtlich wurde hier nicht das Schießen selbst sondern nur seine Unvorsichtigkeit bzw. seine Absicht den Anderen zu treffen bestraft. Die Schießerei war wohl damals geduldet, so steht zu vermuten. Ebenso kann man wohl zwischen den Zeilen herauslesen, dass es üblicherweise nur mit Pulver geladene Schusswaffen gewesen waren und hier hat Andre Zistler  mit seiner Papierkugel des Guten zu viel getan und auch noch auf einen Vordermann gezielt und getroffen, bzw verletzt
Mit den beiden Personen,  - Andreas Zissler und Veith Perr -  sind damit die ältesten Pfingstreiter namentlich überliefert, bis dahin und auch viele Jahrzehnte lang später kennen wir nur pauschale und anonyme  Aussagen über die "Kötztinger Bürgersöhne und Knechte", welche das heiligste Guet nach Steinbühl begleitet hatten.


Terry Dunn und Ihr Mann
Soweit so gut, das Ganze war ja bekannt, nun aber kommt ein neuer Zusammenhang ins Spiel. Mrs Terry Dunn aus Williamsburg in den USA, (mit der ich schon seit Jahren Kontakt habe und mit der ich auch weitschichtig verwandt bin - über die Vogls aus Kummersdorf im 17. Jahrhundert.) war in diesem Winter auf Deutschlandreise und auf ihrer Rundreise dann auch in Kötzting.
Für  ihren Besuch habe ich versucht für Frau Dunn auch noch ein paar Vorfahren in meinen Kirchenbuchabschriften herauszufinden und siehe da, die ist verwandt mit unserem ersten bekannten Pfingstreiter und "Bösewicht" Andreas Zissler.

Heiratseintrag des Härtl Franz mit der Zissler Anna Maria von 1762, deren vater der oben angeführte Andreas Zissler war und deren Mutter eine Elisabeth Peer.

Schaut man auf dessen Frau, Elisabeth Peer, so könnte es sogar sein,. dass Andreas Zisslers Schuß in der Familie geblieben ist, möglichweise war es der Schwager oder der Cousin, den er mit seiner Papierkugel angeschossen hatte.
Auf jeden Fall haben wir mit Terry Dunn eine Frau, die von dem ersten, uns namentlich bekannten, Kötztinger Pfingstreiter abstammt.

Dies ist die eine Kleinigkeit, die sich in diesem Jahr über Pfingsten finden hat lassen, bei der systematischen Durchsicht der Verhörsprotokolle des Pfleggerichts Kötzting im Staatsarchiv Landshut fand ich noch einen Gerichtsprozess, der - auch wenn es nur am Rande vermerkt ist, vermutlich ebenfalls seine Ursache in diesen wüsten und offenbar unkontrollierbaren Schießereien am Rande des Pfingstrittes hatte.


Am 17. Februar kommt es im Pflegerschloss in Kötzting zu einer Verhandlung unter Eid, auch hier geht es um einen Pistolenschuss UND es heißt deutlich, dass dieses Unglück, welches die Verletzung durch die Pistole zur Folge hatte, an "verwichenem Pfingsten" passiert sei.
Offensichtlich hatte der Kötztinger Bürgerssohn Mathias Reithmeier einen anderen Bürgerssohn, Veith Hofmann mit Namen, mit einer Pistole angeschossen und dieser hatte sich wegen seiner Wunde in ärztliche, resp. Baders-, Behandlung begeben müssen.
Nun wollte der Vater des Mathias Reithmeier einen Sühneversuch starten und schickte den 60 jährigen Inwohner Georg Billich und den Metzger Anton Cramer (heutzutage Eisdiele neben der St. Veitskirche)  zum alten Vater des Verletzten, zu Hans Michael Hofmann, um einen möglichen Schadensersatz anzubieten. Der Ausgang dieses Verhörs ist nicht protokolliert bzw. da sich solche Verhandlungen zumeist über einen längeren Zeitraum hinzogen und aus all den Jahren nur dieser eine Band von 1730 überliefert ist, kennen wir das Ergebnis nicht. Möglicherweise gibt es, wie in dem oberen Fall aber einen Eintrag in den gerichtischen Rechnungbüchern, der uns nocheinmal eine Kleinigkeit aus der Geschichte unseres Pfingstrittes liefern kann.

So, viel bisher Unbekanntes gibt es nicht über unseren Pfingstritt zu berichten, trotzdem wundert es mich selber dass es, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, doch immer noch ein Weniges zusammenkommt.



Plakat der des Geswchicklichkeitsrennens



Immer wieder eine Quelle für Überaschungen sind die "halbhistorischen" Pfingstakten aus den 60er und 70er Jahren.
Auch damals waren sehr viele Vereine aktiv und kreativ in Ihren Vorschlägen beim Programm der Pfingstwoche aktiv mitzuwirken.
Eines der "Neuerungen" war eine Geschicklichkeitsrennen auf dem Spitalplatz.
Für mich in der Rückschau seltsam, als ich die Teilnehmerliste udn die dazugehörigen Fahrzeuge durchgeblättert habe: ich kann mich glatt noch an das eine oder andere Auto erinnern.....und da sagt meine Frau doch tatsächlich immer ich hätte ein miserables Gedächtnis.










Da die  Berichterstattung in den Zeitungen sehr ausführlich war  und weil noch einiges an Material vorhanden ist, denke ich ich werde dieses Turnier einmal zu einem extra Beitrag verwenden, umso mehr, als ja dann in den Folgejahren sich solche Turniere anschlossen

dieser Parcour mußte bewältigt werden

Einen neuen Fund gibt es aus dem Bestand der Filmbildstelle des Landkreises, auch hier ist zu vermuten, dass der damalige Lehrer Bock der Photograph war:
Das Pfingstbrautpaar von 1946:



Kerscher Bepp und Oexler Paula waren das Pfingstbrautpaar, als ihre Begleiter fungierten: Dreger und Januel. Interessant wäre es zu wissen, wo das Bild aufgenommen worden ist.





















Donnerstag, 21. April 2016

Ein unbekannte Tote .... ein interessanter Fund im alten Kirchhof

Ein alter Sarg - ein Rätsel und eine mögliche Lösung

Ich denke mal, dass viele meiner Leser sich das Leben eines "Archivverwalters" einer Kleinstadt dann doch ziemlich fade und langweilig vorstellen, >>>>>>>>Ansichtssache ;-).
Zur Zeit jedenfalls gibt es viele Neuzugänge und immer wieder auch ein paar faustdicke Überraschungen.
Vor wenigen Wochen ist mir bei der Durchsicht eines Stapels Bilder ein Detail am Rande aufgefallen, das ich bisher noch gar nicht beachtet hatte:

Photo einer Situation im Kirchhof, man beachte die Grabstelle am rechten Bildrand.


Mir fiel dann auch auf, dass ich dort - als Kind - niemals einen Grabstein gesehen hatte, vor allem aber war die, undeutlich aber gerade noch lesbare, Aufschrift interessant:
schwach, aber erkennbar,: die Grabinschrift Georg Schrank, Bierbrauer

Man konnte bei genauem Hinsehen die Inschrift lesen: GEORG SCHRANK Bierbrauer.
Berücksichtigt man weiter, dass, obwohl der damals obere Friedhof (nun der alte Friedhof am Torplatz) schon lange Jahrhunderte existierte aber die Kötztinger Bürgersfamilien eben solange an ihren angestammten Familiengräbern festhielten, dann sollte dies auch die Grablege der Vorfahren des Georg Schranks sein und damit, rückwärtsgerechnet :
Schrank >>>Poschinger>>>sind wir bei Wolfgang Samuel Luckner (!)
Es dürfte bei der Enge des Kirchhoffriedhofs höchst unwahrscheinlich gewesen sein, dass eine Familie, nur wegen einer Namensänderung, mehrere Familiengräber ge(be)nutzt hätte und so war für mich in einem ersten Schritt ein weiteres Mosaiksteinchen im Leben Samuel Luckners zutage getreten.
Die Grablege der Schranks sollte/müsste auch die Stelle sein, an der 80 Jahre zuvor Wolfgang Samuel Luckner zur letzten Ruhe gebettet worden war.


Es sollte aber noch besser kommen:

Alfred Silberbauer, alias Gwasch d.A., ein Heimatforscher aus Rimbach, der IMMER seine Forschungsergebnisse mit uns Interessierten teilt, durchforscht zZ das Zeitungsarchiv der Kötztinger Zeitung und so kam, wie jede Woche ein Stapel an Zeitungsausschnitten im Stadtarchiv an:






Beide Zeitungen berichteten 1970 von einem Zinksarg, der bei Aushebarbeiten zur neuen Garagenanlage des damaligen Stadtpfarrers Augustin zutage getreten und teilweise zerstört worden war. Vermutlich anhand von Grabbeigaben wurde der Leichnam als der einer Frau erkannt und der Zeitraum auf das Ende des 18. oder Beginn des 19. Jahrhunderts bestimmt. Ein kleines Detail noch am Rande, es wurde erwähnt, dass der Sarg eine Glasscheibe enthielt.


StA Landshut Plansammlung 1049 Kirchenburg von Kötzting von Bezirksgeometer Heilmeier 1904 gemalt

In dem Plan der Kötztinger Kirchenburg von 1904 habe ich die Blickrichtungen eingezeichnet, welche die verschiedenen Photographen vermutlich eingenommen haben.

So und wer ist nun die unbekannte Kötztinger Tote aus dem Zeitraum 1780-1820?

In Frage kämen - immer unter der Voraussetzung das die erste Vermutung, es handle sich um das Familiengrab der Besitzer des Anwesens, das jetzt das Hotel zur Post ist, eigentlich nur drei Frauen, alles Ehefrauen der jeweiligen Besitzer.

Möglichkeit I:

Wolfgang Samuel Luckner, der große Kötztinger Kammerer heiratete er am 29.07.1743 in Kötzting in zweiter Ehe  Maria Magdalena Zissler aus Roding.  In den Folgejahren hatte das Paar eine stattliche Reihe von Kindern von denen allerdings die meisten im frühen Kindesalter starben.
Da Luckner Samuel bereits drei Kinder von seiner ersten Frau hatte, beginnt die Nummerierung der Kinder hier mit der Nummer 4

4)  Joseph Andreas                                    * 21.05.1744 † 21.05.1744 in Kötzting
5)  Maria Anna
                                            * 27.04.1745 † 20.04.1746 in Kötzting
6)  Samuel Sebastian                                  * 20.01.1747 † 1813 in Straubing
7)  Franz Xaver Andreas W.                          * 06.07.1748 † 07.01.1749 in Kötzting
8)  Anna Sabina Magdalena
                          * 12.11.1749 † 25.03.1750 in Kötzting
9)  Franz
 de Paula                                       * 10.12.1750 † 29.04.1754 in Kötzting
10) Maria Franziska Sabina
                          * 27.01.1752 00  Michael Poschinger
11) Maria Klara                                            * 10.05.1753, † 30.05.1753 in Kötzting
12) Johann Nepomuk
                                   * 15.05.1754 † 29.07.1754 in Kötzting
13) Maria Anna Walburga                             * 05.08.1755 00 J.P. Aschenbrenner
14) Wolfgang Samuel Nikolaus
                     * 07.12.1756 † 12.08.1757 in Kötzting
15) Ignatz Wilhelm                                      * 02.05.1758 † 05.02.1759 in Kötzting
16) Anna Maria Aloysia
                               * Juni 1759    † 07.03.1760 in Kötzting
17) Felix Wilhelm
                                       * 14.04.1761 † 22.09.1761 in Kötzting
18) Infans
                                                   * 19.03.1764 † 19.03.1764 in Kötzting

Das Paar hatte also zusammen weitere 15 Kinder und Frau Magdalena Luckner verstarb im Frühjahr 1780




Möglichkeit II


Franziska Luckner,(hier das Kind Nummer 10) hatte 1774 Johann Michael Poschinger geheiratet und war bereits 1778 wieder verstorben.

In diesen vier Jahren gebar sie drei Kinder, von denen nur das Mädchen überlebte und um deren Erbschaft, nach dem frühen Tod der Mutter, Wolfgang Samuel Luckner einen erbitterten Streit mit seinem Schwiegersohn führte, bis dieser endlich nachgab und das Anwesen an die Tochter und deren neuen Mann übergab, nämlich Maria Theresa geboren am 09.10.1776





 Möglichkeit III

eben diese Theresa Poschinger, welche den Drachselsrieder Braumeister Georg Schrank 1791 heiratete. Die beiden hatten ebenfalls eine stattliche Anzahl von Kindern, sie selbst starb an den Folgen der letzten Geburt 1811. 

Da das Grabmonument die Inschriften der Familien Schrank trägt, spricht vielleicht  Einiges für die letzte Möglichkeit. Ich glaube aber, dass, bei der räumlichen Enge des Friedhofes, dies die Familienlege auch der Billichs, Krieger, Luckner und Poschinger gewesen war und dass es ausreichend Hinweise gibt, dass ganz speziell Samuel Luckner ein sehr besonderes Verhältnis zu seiner zweiten Ehefrau gehabt hatte.
Vielen Kötztingern ist möglicherweise der langjährige erbitterte Streit zwischen dem Kötztinger Pfarrherrn und Prior Mack und dem Kammerer Luckner bekannt, dessen noch heutzutage sichtbares Ergebnis der linke Seitenaltar in der Kötztinger Pfarrkiche ist. Auf diesem Bild wollte der Pfarrer die "Hausheiligen" des Klosters Rott verewigen, die Heiligen Benedikt und Anianus, aber wie man sehen kann: es ist eine Frau dargestellt, die heilige Magdalena.
Den Streit hier darzulegen würde zu weit führen nur soviel: Luckner sagte er wolle dieses Altarbild: "Damit die Weiber auch einen Altar haben", Pfarrer Mack mutmaßte er wolle dies nur, weil Luckners Frau Magdalena hieße. 
Einen zweiten Hinweis gibt es noch für ein ein ganz besonderes Verhältnis Samuel Luckners zu seiner zweiten Frau:
Im Prozess mit seinem Schwiegersohn, lange nach dem Tode seiner Tochter, bzw. dessen Frau, wurde auch der Schmuck erwähnt, den Luckners Tochter von ihrer Mutter erhalten hatte:

Zu diesem Zweck legte nun auch Michael Poschinger ein Inventarium vor, und zwar über Kleinodien, Silbergeschmeidt, Halskleid und Ausfertigung, die er, respektive seine Frau, erhalten hatte. Bemerkenswert in dieser Liste ist unter der Rubrik Silber und andere einig kostbare Stuck:
2 Kindtsgehäng worunder 1 grosses mit 14en Stuck behängt.
Hierbei dürfte es sich um einen persönlichen Schmuck der zweiten Frau Samuel Luckners und Mutter der früh verstorbenen Frau Poschinger handeln, die für jedes ihrer 14 Kinder (eines wurde ungetauft und ohne Namen nur im Sterbebuch eingetragen, und war daher wohl eine Todgeburt) ein Schmuckstück für ihr Kindtsgehäng von ihrem Mann erhalten hatte.

Luckner schenkte also seiner Frau für jedes der gemeinsamen Kinder ein Schmuckstück, das sich zu einem großen "Kindtsgehäng" sammeln lies. Dies zeigt nun zusammen mit allem oben Erwähnten von einem ganz besonderen Verhältnis, das Wolfgang Samuel Luckner zu seiner Frau Magdalena hatte.
Zusätzlich war er zum Zeitpunkt des Todes seiner zweiten Frau vom Tagesgeschäft bereits frei, war sehr wohlhabend, er war bei weitem der reichste Bürger Kötztings.
Michael Poschinger, seinem Schwiegersohn, der lt Luckners Aussage nicht einmal die täglichen Geschäfte sorgfältig machen konnte, ist solch ein Gepränge nicht zuzutrauen und auch Georg Schrank eher nicht.

 
Epitaph der Maria Magdalena Luckner in der Kötztinger Anna Kapelle


Nur Samuel Luckner dürfte der Mann gewesen sein, der für seine geliebte Frau solch einen Aufwand mit reich verziertem Zinksarg, inkl. einer Glasscheibe, betrieben hätte.

QED
Die tote Frau im Zinksarg war also, meiner Meinung nach, Frau Maria Magdalena Luckner, geborene Zissler aus Roding gestorben 1780!
 
Aber trotzdem: "Nix G´wiss woas ma net.

Donnerstag, 24. März 2016

Der Altlandkreis Kötzting und "seine" Flüchtlinge nach dem Weltkrieg

 Die Flüchtlingssituation in Kötzting 1945-1948

Einige Details und Fundstücke aus dem Kötztinger Archiv


Eines der bemerkenswerten  "Objekte" im Stadtarchiv in Bad Kötzting befindet sich nicht in den üblichen Archivalienschachteln sondern sprengt deren Rahmen und wird daher in den Regalen immer wieder von einer auf die andere Stelle umgelagert. Vielleicht ist die alte "Schublade" mir auch deshalb so oft aufgefallen.

In dieser Schublade befindet sich ein Teil der Kötztinger "Flüchtlingskartei" aus der Nachkriegszeit.
Alle vorhandenen Listen zusammengefasst - selbst ohne die fehlenden - wohin auch immer diese in den Nachkiegsjahren sich verflüchtigt haben -  Buchstaben "A" und "B"  reden wir hier von 11.000 Namen. Rechnet man die fehlenden Buchstaben hoch, so musste der Altlandkreis Kötzting mehr als 12.000 Menschen unterbringen, ernähren, heilen und ihnen eine Perspektive gewähren, so schwer es damals auch  auch war. Diese Situation ab Mai 1945 war wohl im wahrsten Sinne alternativlos.

Bevor ich hier tiefer in die Situation der ersten Nachkriegsjahre einsteige, hier noch eine Vergleichszahl vom März 2016, die die Leistungen unserer Vorväter eigentlich nur umso größer erscheinen läßt.
Ich habe einfach mal im Presseamt des Landratsamtes in Cham nachgefragt und gebeten mir die aktuellen Zahlen der Asylbewerber im Bereich des Altlandkreises mitzuteilen: hier die Antwort:

"im Bereich des Altlandkreises Kötzting sind derzeit 375 Asylbewerber in 
dezentralen Unterkünften /Gemeinschaftsunterkünften untergebracht."

 Nun aber zurück um mehr als 70 Jahre, es geht zurück in die letzten Jahre des Zweiten Weltkrieges:


Karteikarten von Flüchtlingen im Stadtarchiv Bad Kötzting - jede Karte ein Einzelschicksal



eine alte Schublade für einen Teil der "Flüchtlingskartei"

Bereits in den letzten beiden Kriegsjahren, nachdem als Folge der Bombenangriffe auf die deutschen Großstädte sehr viele Menschen dort ihr Leben und viele andere ihre Heimat verloren, stieg in den ländlichen Gebieten, die vom Krieg noch weitestgehend verschont gewesen waren, der Anteil an "Ausgebombten". Auch die Kinderlandverschickung war im Dritten Reich gängige Praxis um die städtische Bevölkerung zu unterstützen,  die besetzte Tschechoslowakei, Bayern, Württemberg und Österreich waren die bevorzugtesten Ziele dieser Rettungsmaßnahme. Beim endgültigen Zusammenbruch der Front im Frühjahr 1945 waren natürlich noch viele Kinder in diesen KLV Lagern versammelt und wurden durch die Entwicklung einfach überrollt. Vor allem für die Kinder, zB. aus dem Ruhrgebiet, die in der Tschechoslowakei gestrandet waren, waren die Bedingung äußerst problematisch. Hier ein zeitgenössischer Bericht einer Kindergruppe, die es dann nach langer Wanderung bis in den Raum Kötzting schaffte:
"Die in Böhmen und Mähren untergebrachten KLV-Lager mussten sich angesichts der schnell nahenden Front - zumeist in Eigeninitiative und unter oft abenteuerlichen Umständen - im Frühjahr 1945 auf den ungewissen Weg nach Westen machen. So traf etwa die Alfred-Krupp-Schule, nachdem sie am 20. März zunächst von Horschitz nach Prag verlegt worden war, am 19. April in Waldkirchen im Bayrischen Wald ein. Drei Tage später verschlug es auch 180 Schülerinnen der Maria-Wächtler-Schule mit Direktor Gliemann vor Wihorschau kommend nach Kötzting ebenfalls im Bayrischen Wald. Der Weg war überaus mühsam, mussten bei Schneesturm doch rund 60 km zu Fuß zurückgelegt werden, wobei zudem der Großteil des Gepäcks in Böhmen zurückbleiben musste. Zunächst in Scheunen untergebracht, konnten die Schülerinnen im Laufe des Frühjahrs 1945 auf Bauern verteilt werden, wo sie noch im Juli auf Strohsäcken schliefen, bis sie im August 1945 nach Essen zurückreisen konnten."
Diesen Hinweis zusammen mit der nächsten Erklärung habe ich vom Kötztinger Archivpfleger Herrn Heinz Lautenschlager erhalten:


"bei Archivarbeiten in Hohenwarth fanden wir heute Vormittag einen Hinweis auf ein
K. L. V–Lager (Kinderlandverschickung), das später als Flüchtlingslager diente. Wir nehmen an, dass es sich um ein Gasthaus in Hohenwarth handelte."

Das waren aber erstmal nur die Kinder, die, zumindest anfangs sehr kontrolliert und manchmal auch nur in den Ferien, aufs Land geschickt worden waren, aber nun setzten die ersten großen Flüchtlingswellen ein und dies resultierte nach der Flucht aus den unbewohnbaren Stadtzentren vor allem durch die Absetzbewegungen der Menschen vor der anrückenden Front der Sowjetunion.
Vor dieser alles überrollenden Ostfront, wurden dann auch Altersheime und Krankenhäuser evakuiert und auch hier waren natürlich die Gebiete im Landesinneren das Ziel, welche eben noch nicht zerstört worden waren. Immer enger wurde es für die Deutsche Wehrmacht, sogar die Waffenproduktion wurde in kleinen Teilen in den Bayerischen Wald verlegt, so wurden bei uns gegen Ende dann auch die kleineren Ausführungen der Panzerfaust produziert und nachdem Kötzting sich den US Streitkräften ergeben hatte, wurden aus unserem Raum heraus die Verhandlungen zur Kapitulation der 11. Panzerdivision durchgeführt.
Ausschnitt aus einem Protokoll der Gendarmerie Kötzting vom 7.7.1945. Die Panzerschreckkapseln (= eine kleinere Art von Panzerfaust, waren jedoch für die Anwender viel gefährlicher als die "großen" Panzerfäuste, weil der Schütze sehr viel näher an das Objekt heranrücken musste) wurden in Regenstein produziert. Die Firma war von Fürth nach Kötzting verlagert worden. und war vor 1938 in Besitz eines jüdischen Geschäftsmannes mit Namen J. Bach gewesen. STA Landshut 164-8 Nr.  1917
 
Nicht nur Soldaten anderer Truppenteile, versteckt in den Reihen dieser 11.PD, sondern auch im Schutze dieser umfassenden Truppenbewegungen folgten viele Trecks an Flüchtlingen den deutschen Soldaten in den Westen und landeten somit ebenfalls im Altlandkreis Kötzting.
Die Flüchtlingswelle schwoll nach der Kapitulation noch an und wurde vor allem durch die später erfolgten zwangsweisen Vertreibungen der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei zu einer schier unlösbaren Aufgabe für das am Boden liegende Deutschland, hier genauer natürlich für unseren Landstrich an der Grenze, der ja - ein heutzutage durchaus gebräuchlicher Ausdruck - Erstaufnahmeraum war. Nur mit dem Unterschied zu heutzutage war ein Weiterreichen ins Hinterland nicht möglich, weil es dort genau so eng zuging.
Nach der Einnahme Kötztings dauerte es natürlicherweise einige wenige Wochen, bis wieder die ersten Behörden arbeiten konnten und aus dieser Anfangszeit des Landratsamtes Kötzting sind ein paar wenige Dokumente überkommen, die aber ein deutliches Schlaglicht auf die Bedingungen werfen, mit denen die Bevölkerung und die Flüchtlinge in unserem Raum in den Jahren 1945 bis 1948 fertig werden mussten.
Hier nun ein paar Ausschnitte aus amtlichen Schreiben:
Der Kötzting Landrat Dr. Weiger schildert den Zustand Kötztings vor, während und nach dem
Einmarsch der Amerikaner StA Landshut Rep 164-8

 

2. Teil des Berichtes.
 Da es an allen Mitteln des täglichen Lebens fehlte, also nicht nur Nahrungsmittel allein, war es von Interesse, was in den Wagons des Zuges vorhanden war, welcher auf dem Bahnhof in Miltach stand und nach einem Fliegerangriff nicht mehr bewegt worden war.
StA Landshut Rep 164-8


im März 1946 fasste die Gendarmeriestation Kötzting die Lage zusammen: StA Landshut Rep 164-8

All das sind Symptome für die Schwierigkeiten bei uns im Altlandkreis Kötzting, wie man sie nach dem Ende eines solchen Krieges auch vorstellen kann. Wie dramatisch allerdings die Lage sich bei uns durch die enorm hohen Zahlen an Flüchtlingen entwickelte, zeigt ein Bericht desselben Landrats vom Frühjahr 1946:





 Um 40% also hatte die Bevölkerung Kötztings im Vergleich zur Friedenseinwohnerzahl zugenommen, dieser Vergleich fällt sogar noch zu schwach aus, weil die "Friedenseinwohnerzahl" der früheren Einwohner noch gar nicht wieder erreicht werden konnte, weil viele Männer gefallen waren bzw. noch in Kriegsgefangenschaft ausharren mussten.
Interessant ist hier zu lesen, dass die Schlesischen Flüchtlinge, die hier in großen Mengen untergebracht werden mussten, "ganz andere Lebensgewohnheiten haben als die hiesige Bevölkerung." 
Nicht nur in diesem Punkt gibt es Parallelen zur heutigen Entwicklung, Noch im Jahre 1950 erschien ein Hilferuf veröffentlicht von einem Verbund mehrerer bayerischer Wohlfahrtsverbände:


Noch 1950 also als das, "später sogenannte", deutsche Wirtschaftswunder bereits Fahrt aufgenommen hatte, stand Bayern immer noch vor den Scherben der Kriegszeit und bilanzierte seinen Bevölkerungszuwachs im Vergleich zu 1939:
 Auch in der, bis jetzt leider nicht mehr auffindbaren "Chronik des Landkreises Kötzting", sind Probleme mit den anrollenden Flüchtlingstransporten dokumentiert und wurden in den 60er Jahren auch in den Zeitungen im Rückblick veröffentlicht:




Ausschnitt aus der Kötztinger Zeitung von 1966, also 20 Jahre nach den geschilderten Ereignissen, der Text ist dem Drucksetzer wohl etwas verrutscht.......;-))



Zusammenfassend und rückblickend kann man nur Bewunderung für unsere Großväter bzw. Vätergeneration in der Nachkriegszeit haben, die diese enorme Zahl ans Menschen und Schicksalen und das auch noch unter den katastrophalen Bedingungen einer Nachkriegszeit  aufnehmen und, sicher mehr schlecht als recht, ernähren konnten und schön langsam gemeinsam auch eine Perspektive für die Zukunft Bayerns und Deutschlands entwickelten.














Sonntag, 28. Februar 2016

die Hindenburgkanzel - neu auferstanden nach dem Krieg

Die Hindenburgkanzel,

Im Staatsarchiv Landshut findet sich in den Unterlagen des Altlandkreises Kötzting auch ein Bauakt für die Wiedererrichtung und die anschließende Einweihungsfeier der, erst wenige Jahre zuvor "Hindenburgkanzel" benannten, Felsformation an der Scheibenstraße.
Diesen Bauakt hat der Kötztinger Kreisbaumeister Seiler angelegt und dokumentiert darin auch mit Bildern  den Zustand dieser Felsformation seit den ersten Bauarbeiten, beginnend 1929.
Staatsarchiv Landshut Rep 164-8 NR. 2880 Naturdenkmäler





















In den Jahren 1929 - 1932 wurde die Scheibenstraße errichtet, die Straße also, auf der man auch jetzt vom Lamer Winkel hinauf auf zum Brennes und dann zum Arber fahren kann. Vorher ging die Straßenverbindung über Sommerau und die Mooshütte. In Lohberg war sozusagen zuerst einmal die Welt zu ende. Bei den Bauarbeiten stellte sich der so genannte "Rotzollriegel" als markantes Hindernis den Bauarbeiten in den Weg und musste aufwändig durch Sprengung "passend" gemacht werden.
eine zeitgenössische Postkarte zeigt die Hindenburgkanzel nach der Benennung nach dem damaligen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg  und der Einweihung im Juni 1933

Dann kam der April 1945, die US Streitkräfte überrannten Deutschland und standen kurz vor dem bayerischen Wald. In der Hoffnung diesen Vormarsch aufzuhalten, und flankiert durch Durchhalteparolen von Seiten der Partei und überwacht durch vereinzelte, kleine SS-Wachtmannschaften, die mit allen Mitteln versuchten - auch gewaltsamen und verbrecherischen - die Bevölkerung zum Widerstand anzuhalten, erging der Befehl die Hindenburgkanzel zu sprengen.

Im April 1945 wurde die Kanzel von Soldaten, die auf dem Brennes zur Genesung stationiert waren, gesprengt, um die Scheibenstraße zu blockieren, was allerdings nicht gelang, die Amerikaner überwanden die Hindernisse und setzen sich auf dem Brennes und dem Arber für viele Jahre fest.


Auch wenn das Ziel, die US Streitkräfte aufzuhalten, in keiner Weise erreicht worden war, so war doch die Hindenburgkanzel als Aussichtpunkt und touristisches Ziel zuerst einmal zerstört.




Im Januar 1950 stellte die Waldvereinssektion Lohberg den Zuschussantrag an das Landratsamt Kötzting. Der Kostenvoranschlag für die Widererrichtung belief sich auf 864 Mark und, da die Waldvereinssektion Lohberg sehr arm sei, bitte man um eine entsprechend hohe Bezuschussung.
Auch in diesem Antragschreiben ist von einer vollkommen Zerstörung der Kanzel durch die SS 1945 die Rede. Die damaligen Vorstände waren Fr. Vogl, J. Huber und als Schriftführer fungierte 1950 Anton Völkl.
Die Lohberger betonten vor allem, dass die herrliche Aussicht hinein in den Lamer Winkel von dieser Felsformation von einzelnen und Gruppenreisenden häufig benutzt und genossen wurde.

Also ging es nach der Genehmigung an den Wiederaufbau und es war offensichtlich auch die Kreisverwaltung involviert, da der damalige Kreisbaumeister, wie auf manchen Bildern zu sehen ist, seine bei der Zusammenstellung mitgewirkt hatte.




So sah also dann die neue - alte - Hindenburgkanzel nach der Renovierung aus, passend hergerichtet für ein großes Fest der Wiedereinweihung.

zeitgenössischer Bericht der Kötztinger Zeitung

Bericht der Kötztinger Umschau von der Wiedereröffnung

nach der offiziellen Freigabe der Hindenburgkanzel  gab es dann einen Monat später einen großen Festakt

Noch im Juli 1951 wollten die Lohberger den, zu dieser Zeit in Straubing lebenden, vormaligen Schriftleiter des Waldvereins und späteren Kötztinger Ehrenbürger,  Eugen Hubrich als Festredner gewinnen, erhielten von diesem aber aus nachvollziehbaren und durchaus ehrsamen Gründen eine eindeutige und begründete Absage. 
Hubrich schrieb selber davon, dass er im Jahre 1933 bei der Einweihung - und verweist auf eine Bayerwaldausgabe desselben Jahres - seine damalige Rede im nationalsozialistischen Sinne gehalten habe.
"Das war einmal so und ist weder abzuleugnen noch zu ändern". .. "aber bei solch repräsentativen Veranstaltungen, die sich hart an der Grenze zur Politik bewegen, muss ich anstandshalber ausscheiden. Es müsste den Zuhörern der Glaube an meine Aufrichtigkeit fehlen. Es wäre auch möglich, dass mein Auftreten Streitigkeiten zur Folge hätte.... Meiner Meinung nach ist jeder ehemalige Nationalsozialist verpflichtet in rein sachlicher Hinsicht Dienst zu leisten, darüber hinauszugehen muss ihm aber sein Empfinden verbieten."

Und so grüßt nach einer mehrjährigen Pause wieder die Hindenburgkanzel in den Lamer Winkel herab und wurde seitdem von unzähligen Touristen - Sommerfrischlern, wie sie damals noch genannt wurden - besucht.