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Mittwoch, 9. April 2025

50 Jahre Kötztinger Rathaus --- 1975-2025

 Die Entscheidung, wo den zukünftig der neue Sitz der Kötztinger Verwaltung sein sollte, wurde dem damaligen Stadtrat nicht leicht gemacht. Zwei Optionen standen den Stadträten zur Verfügung, die alte Holzapfelschule oder das teilweise leerstehende Gebäude der früheren Landkreisverwaltung.
Bei der Variante 1 (Schulhaus) hätten zwar umfangreiche Umbaumaßnahmen vorgenommen werden müssen, das Haus jedoch war in Besitz der Stadt und hätte zumindest  keinerlei Mietausgaben verursacht, wie es bei der Variante 2 (das alte Landratsamtsgebäude) der Fall war. Ganze 3 DM pro Quadratmeter  - und damit viel mehr, als der Landkreis selber an den Freistatt zu bezahlen hatte -, forderte der Landkreis Cham als Mieteinnahme, was den damaligen Stadtrat Franz Graßl zu der Aussage veranlasste, dass " den Hinterbliebenen aus der Gebietsreform nicht einmal die Hinterlassenschaft des gestorbenen Landkreises zufalle"n würde.

KU im März 1974
Das waren damals die beiden Varianten:

Landratsamtsgebäude im November 1974

Holzapfelschule im November 1974


Schon vor dem "Fallbeil" der Landkreisgebietsreform hatte sich der Kötztinger Stadtrat gezwungen gesehen, sich ein Ausweichquartier zu suchen, und das war damals - eine andere Alternative gab es schlichtweg nicht -, das alte Schulhaus in der Holzapfelstraße gewesen. 

Provisorisch gings zu, als für die Sitzungen immer alle Schulbänke zusammengerückt werden mussten.

Stadtratssitzung im Mai 1971 in einem Kötztinger Schulzimmer

Danach wurde aus dem großen Provisorium ein zumindest etwas kleineres....

Der Stadtrat im neuen Sitzungssaal der Holzapfelschule: KU am 13. Januar 1972


Wie dringend nötig dieser "vorzeitige" Auszug aus dem Alten Rathaus gewesen war, zeigt eine Glosse aus dem Kötztinger Scheinwerfer, der noch im Nachhinein - 3 Jahre nach dem Auszug - die eigentlich unhaltbare Situation im unrenovierten "Alten Rathaus" schildert.

KU vom März 1975

Traurig sah es aus, das verlassene Alte Rathaus, nun der Sitz des Verkehrsamtes (mit immer noch nur 1(!) Toilette. Hoch schlugen damals die Wellen, als dann sogar der Verkauf des ehrwürdigen Hauses zur Diskussion gestellt wurde. 
Kötztings Altes Rathaus im Sommer 1974 - Serwuschok284


Die eh schon räumlich beengte Situation der Kötztinger Verwaltung war durch die kommunale Gebietsreform sogar noch angespannter geworden, da die  Akten der früheren Umlandgemeinden auch noch eingelagert hatten werden müssen. Diese fanden dann Platz im (ganz) alten Schulhaus und, da nun dort das neue Kötztinger Parkhaus entstehen sollte, war die schlussendlich gefundene Einigung auf das nun leerstehende ehemalige Landratsamtsgebäude sicherlich die bessere Wahl.
Über zwei Jahre waren seit der Schließung des Kötztinger Landratsamtes bereits vergangen. Hier die Bilder vom Ausräumen der Kreiskasse aus dem Landratsamt vom 16. Februar 1973:

Serwuschok453: Im Hintergrund das Redaktionsbüro der Kötztinger Umschau, deren Leiterin Frau Serwuschok gewesen war.

Schon im Juni 1972 hatte der Umzug begonnen :

Serwuschok 315: Am Fenster Wellisch Xaver, der sich den Auszug in Ruhe betrachten kann, denn seine  Abteilung blieb als Außenstelle des Landkreises Cham weiter - und dies bis heute noch -  im Gebäude erhalten. 

Dann gings endgültig an die Wiederherstellung der neuen Amtsräume.
Im März 1975 wurde noch heftig renoviert und gemalert und Alles vorbereitet für den großen Umzug.

Mitglieder des Stadtrates und der V3erwaltung bei der Baustellenbesichtigung. 20.3.1975



Am 14. April 1975 erfolgte dann er Einzug in das frisch renovierte Bürogebäude.



Bgm Karl Seidl, der neue Hausherr in seinem neuen "Domizil"

Der große Umzug


KU vom 15.4.1975

KU vom Oktober 1975

Und so kann nun die Stadt Kötzting in diesem Jahr auf 50 lange Jahre zurückblicken, die die Stadtverwaltung nun in diesem Hause gearbeitet hat.


Zu diesem Bild habe ich die Zusatzinformation erhalten, dass die Farbgestaltung der Fassade damals von der Kötztinger JU angeregt und - nach Abstimmung mit der Denkmalpflege - danach in  auch in Eigenleistung ausgeführt worden war. Diese Aktion sollte die Kötztinger Hausbesitzer dazu anregen, sich über die Fassadengestaltung ihrer Anwesen Gedanken zu machen. Durchgeführt wurde diese Erneuerung natürlich erst nach dem Erwerb des Neuen Rathauses. Die für diese  Arbeiten notwendigen Materialien, wie Baugerüst und Fassadenfarben, wurden damals von den Firmen Heiduk und Hartmann gespendet. Die Ausführung zog sich über mehrere Wochenenden hinweg. 



Am Tag des Umzuges gab es in der Kötztinger Jahnhalle noch eine - allerdings nur mäßig besuchte -  Bürgerversammlung.
Der unerwartet magere Besuch dieses Diskussionsabends war vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass es wenige Wochen vorher eine "Jetzt red i" Aufzeichnung in eben dieser Halle gegeben hatte, für die sogar in den Nebenraum hatte übertragen werden müssen, weil der Besucherandrang so groß gewesen war.
Im Bericht über diese Bürgerversammlung ist ausdrücklich der Montag der 14.4.1975 als der Umzug der Stadtverwaltung hervorgehoben.
Serwuschok060 ich denke vorne links ist Schober Norbert, gefolgt von Wolfgang Hofmann und Walter Ziegler. Rechts der dritte Mann war Franz Auracher, Stadtrat ab 1978.  Ganz hinten zu erkennen Franz Hackl, rechts Dieter Schmidt, Rudolf Kraus.

Mitarbeiter der Stadtverwaltung  
Die Kötztinger Stadträte



Auch die Kötztinger Zeitung berichtete natürlich von diesem großen Umzug:

KÖZ vom 15.4.1975







Fast aufs Monat geht nach diesen ersten 50 Jahren eine umfangreiche Umgestaltung unseres Rathauses  auf die Zielgerade. In den nächsten Wochen wird  - nach der bereits erfolgten thermischen Sanierung des Gebäudes  - auch die große Baumaßnahme im Erdgeschoss abgeschlossen sein und ein großzügiges und modernes "Bürgerbüro" wird die Besucher und Kunden empfangen.

Und so wird das neue Bürgerbüro laut der Visualisierung des Architekturbüros "Sowieso" dann  aussehen:

Das Bürgerbüro im EG des Rathauses Bad Kötzting. Visualisierung AB Sowieso

Das Bürgerbüro im EG des Rathauses Bad Kötzting. Visualisierung AB Sowieso

Das Bürgerbüro im EG des Rathauses Bad Kötzting. Visualisierung AB Sowieso


Dienstag, 1. April 2025

Kötzting 1925

 Auch für dieses Jahr steht uns - noch, denn schon in wenigen Jahren wird in Kötzting eine zweite Zeitung erscheinen, die Kötztinger Zeitung - nur der Kötztinger Anzeiger mit all seinen Artikeln, Leserbriefen und Werbeanzeigen zur Verfügung, um den Jahresablauf von 1925 in Kötzting Revue passieren zu lassen. Auch Sitzungsprotokolle des Marktgemeinderates werden in diesem Jahr in der Zeitung veröffentlicht. 

IdR folge ich hier ganz einfach dem Zeitpfeil des Jahresreigens. Nur bei einigen Spezialthemen - hier zum Beispiel der Neubau der Turnhalle des Turnvereins oder die Eröffnung des Kinos - ziehe ich die Einzelartikel zusammen, um den Überblick nicht zu verlieren.


Januar 1925


Der Januar ist wie immer angefüllt mit Geschäftsanzeigen für Wurstbälle und Einladungen zu Tanzveranstaltungen der einzelnen Vereine, wobei die folgende Beispielsliste bei Weitem nicht vollständig ist. Interessant für mich ist hier, dass es damals offensichtlich üblich gewesen ist, sich Masken für den Fasching auszuleihen.





































Berücksichtigt man die damals noch durchaus strengen Winter und die schlechten Straßenverhältnis, so überraschte mich ein Artikel über eine Fußballbegegnung zwischen dem 1. FC Kötzting und dessen Kollegen aus und in Viechtach. Eine Begegnung, die zwar die Kötztinger Elf gewann. sich aber nicht gerade gut nachbarlich aufgeführt hatte, wie aus dem Artikel dann doch eindeutig hervorgeht.

Nach dem wirtschaftlichen Einbruch ist nun in Kötzting auf ganzer Front ein Aufbruch zu erkennen, der sich hier in den verschiedensten Geschäftseröffnungen während des ganzen Jahres erkennbar macht. Hier nun die "neuen" Geschäfte bzw.  Geschäftsmodelle im Januar:


Karl Schiedermeiers Laden war  in der Marktstraße; er war der Schwiegervater Max Schrödels und das Haus beherbergt heute "Die Welt der Tracht"

Rudolph Freiwirth hatte eine Schwester Julius Kirschners geheiratet und wurde mit seiner Familie
im drauffolgenden Jahr Opfer des Naziterrors >>>>>> Link zu den Kirschners und zu einem Podcast zu dem Thema
Michael Röhrl nutzte die kalten Wintertemperaturen für diese ganz spezielle Form des Kühltransportes.
Aus der Metzgerei Röhrl wurde die Metzgerei Haushofer, danach Schoierer und ist heute das Vorzeigeprojekt des Stadtmarketing Kötztings für Pop-Up Läden und Events.

In Kötzting kam es zu einer Vereinsneugründung mit dem Ziel, den Kötztingern ein chinesisches Brettspiel näherzubringen.

Der Mah Jongg=Club


Da man nie wieder etwas von diesem "Club" hört, wird die Zahl der Mitgliedsanmeldungen wohl überschaubar gewesen sein, sag ich mal.

Das Kötztinger Kino wird wiederbelebt.

Nachdem der erste Start eines Filmtheaters unter der Ägide der Gebrüder Krämer im Vorjahr unter anderem an den geforderten Abgaben von Seiten des Magistrats gescheitert war, kam es nun nach einem Umbau der Räumlichkeiten im Hause Krämer unter Andreas Krämer zu einem Neustart, der massiv von Zeitungsberichten begleitet und sicherlich auch gepusht wurde. Wenn es durch die Programme nicht anders vorgegeben war, war der Zugang zu den Vorstellungen für Jugendliche unter 18 Jahren ausdrücklich und grundsätzlich verboten. Und so kennen wir das genaue Datum, an dem Kötztings Kino wieder das Licht der Welt erblickte: es war der 1. Februar1925.

KA vom 1925
Andreas Krämer vor seinem Kino in der Bahnhofstraße 108b - heute die untere Marktstraße
..





Das Protokoll der Gemeinderatssitzung dieses Monats enthält ein paar interessante Details, vor allem über die Probleme des FC-Kötztings einen - wie auch immer geeigneten - Spielplatz zu finden.



Februar 1925


Zunächst wieder die besonderen Geschäftsanzeigen dieses Monats, die uns eine gute Vorstellung davon geben, wie groß die Wirthausdichte damals in Kötzting und Umgebung gewesen ist.


Reckendorf hatte damals noch sein eigenes Wirtshaus (Bis in die 70ere/80er Jahre)

Die Gärtnerei der Familie Kasparowsky war damals am Ende der Metzstraße

Die Fa. Richter am Bahnhof. Haymo Richter ist sicherlich allen ein Begriff.

Von ihm erhielt die "Oberbergerbrücke" ihren Namen

Isidor Weininger wohnte an der heutigen Blaibacherstraße - nun Anwesen Reithmeier

Vier Ereignisse aus diesem Monat sind erwähnenswert - die wirklich große Vielzahl an Konzerten und Veranstaltungen des Kötztinger Männer-und-Orchester-Vereins bei Vereinen, verabschiedungen und eigenen Konzerten übergehe ich, da die Berichte darüber Legion wären und sehr, sehr ausführlich und langatmig die Konzertabende beschreiben. In Kötzting war jedenfalls damals, was Kultur anging sehr , sehr viel geboten und auch die auswärtigen Zeitungen waren überschwänglich voll des Lobes über das Kötztinger Orchester, wenn dieses in anderen Orten seinen Auftritt gehabt hatte.
Ganz trivial nun die folgenden Meldungen. Zuerst die Festnahme eines "Feuerteufels"
 
Dann das Entgleisen von Waggons auf dem Kötztinger Bahnhof:
Es war mir bisher gar nicht bewusst gewesen, dass das erst vor wenigen Jahren auf dem Riedelstein errichtete Waldschmidtdenkmal das Opfer von Vandalismus geworden war und des bis zu diesem Jahr nur in Teilen wieder renoviert hatte werden können. Hier nun der gute Ausgang dieses Bubenstückes.
 



Immer wieder findet sich im Kötztinger Anzeiger ein Abdruck eines Leserbriefes, gerne auch in Gedichtform, also eine Art von frühem Scheinwerfer. So nach dem Motto: wer den Schaden hat.......

Es geht anscheinend um die vergebliche Jagd eines Auwasserer Jägers auf zwei Buben


März 1925


Und wieder sind es viele - ganz andere - Wirtshäuser Kötztings, die die Bürger zu Wurstbällen einladen bzw. Anzeigen von Neugründungen.

Im ersten Stock das Kino und in Parterre ein Lebensmittelgeschäft, das Haus des Andres Krämer in der damaligen Bahnhofstraße - heute die untere Marktstraße - war ein multifunktionelles

Julius Kirschner in der Marktstraße 


Der "Grillergang" hatte damals das Wirtshaus am Bahnhof gepachtet, das wir heute unter dem Namen Kollmair kennen - Agropolis.

Der Wirtsgirgl hatte sein Gasthaus am Ende der Schirnstraße

August Hofner, der spätere Kreishandwerkermeistr Kötztings begann seine Handwerkslaufbahn im Jahre 1925 beim Godl am Kötztinger "Stachus"

Und noch ein Kötztinger Wirtshaus, Joseph Amberger im Amberger Hof mit seiner exklusiven Bierniederlage aus München.

In dem Frühjahr 1923 war der der Josephitag wieder ein arbeitsfreier Feiertag, was vermutlich wegen der vorherigen schlechten Nachkriegssituation einige Jahre nicht mehr der Fall gewesen war.  



Die folgenden Berichte werfen ein Schlaglicht auf die soziale Schieflage, die es damals in Kötzting gegeben hatte und die Versuche von Seiten des Magistrats diesem ausgleichend entgegen zu wirken und gleichzeitig einem Missbrauch vorzubeugen, den es offensichtlich bereits gegeben hatte. 
Hintergrund der Angelegenheit ist vermutlich die gutgemeinte Sitte, dass Schulkinder von minderbemittelten Familie - zumeist aus den weiter entfernten Dörfern des Schulsprengels - bei Kötztinger Bürgersfamilien ein Mittagsmahl bekommen konnten bzw. anderweitig unterstützt wurden.
Ähnliches ist zum Beispiel von der jüdischen Familie des Julius Kirschner bekannt.


In Lam wurde eine Skisprungschanze errichtet und am 19.3.1925 sollte das Eröffnungsspringen stattfinden. 


Die Hohenwarther Feuerwehr - auch Hohenwarth liegt im Auwasser, siehe das vorherige Spottgedicht über einen Jäger von dort - musste sich verspotten lassen über eine verunglückte Alarmierung der Feuerwehrmannschaft.



Kötzting bekommt eine Turnhalle 



Am 5. März 1925 erfolgt der Startschuss, der Kötztinger Turnverein mit dem umtriebigen Vorstand Liebl an der Spitze lädt ein und stellt sein zukünftiges Hauptprojekt der Öffentlichkeit vor.   










Wie in dem Artikel bereits ausdrücklich erwähnt ist, fehlt es hinten und vorne an Geldmitteln, weshalb von Anfang an auf die Mithilfe und die Geldmittel der Kötztinger Bürger appelliert wurde.
Es blieb nicht bei dem Appell. Von Anfang an wurden ganz konkret Spenden- und Hilfsaufrufe  gestartet. Den Anfang machte ein Vortragsabend gestaltet von Eugen Hubrich mit seinen eigenen Texten.


Der Veranstaltungsort, die Klosterschmiede, ist die frühere Metzgerei Schoierer.

Aufmerksam waren die Kötzting auf diese Möglichkeit durch einen Abdruck eines Artikels in der Geislelhöringer Zeitung, die von einer Lesung des gebürtigen Kötztingers berichtete.

Wie notwendig solch eine allwettertaugliche Übungs- und Veranstaltungshalle war, sieht man an der folgenden Bekanntmachung, in der zum Üben in die Toreinfahrt des Schlossers Liebl eingeladen wurde.



Im Mai dann der nächste Aufruf mit der Bitte um tatkräftige Unterstützung, verbunden mit dem Dank an die bisherigen Helfer.



Nachdem der schlichte Aufruf um Hilfe in der Zeitung wohl nicht ausreichende Resultate erbrachte, zündete  der Turnverein die nächste Stufe und begann mit einer Haus-zu-Haus Sammlung mit Unterschriftenliste.

Nachdem sich die Baumaterialien auf dem Bleichanger - der damals ja einsam und allein vor den Toren Kötztings lag - häuften, galt halt auch das Motto: " Gelegenheit macht Diebe" und dem galt es vorzubeugen.

Natürlich war der Bau und die rund herum lagernden Baumaterialien ein Problem für den Spielbetrieb des 1. FC Kötztings, der dies jedoch relativ gelassen auf sich zu kommen ließ, um dann umso energischer eingreifen zu können, wenn es die Situation der Baustelle denn zuließ.




Im August war es dann soweit, der Dachstuhl konnte gehoben werden und die Hebefeier stand an.


DIA-Repro 3459 Der Hallenbau nach der Hebefeier

Das Bild hält vermutlich ein ganz besonderes Ereignis fest, das im Zusammenhang mit der Hebefeier veranstaltet wurde, den Hermannslauf.

Hier das Ergebnis des Stafettenlaufes:






Ein weiterer Artikel im August über den Turnverein lässt wieder einmal tief blicken auf die ewige Konkurrenz zwischen Viechtach und Kötzting. Die Viechtacher weihten in diesem Monat bereits ihre neue Turnhalle ein, hatten ziemlich sicher mit dem Bau bereits im Jahre 1924 begonnen, was dann den Kötztingern keine Ruhe ließ und dann in diesem Jahr versuchte - wenn auch ohne genügend Eigenmittel - es den Nachbarn unbedingt nachzumachen. Ähnliches passierte mit dem Antrag zur Stadterhebung 1952 und dem Bau einer Realschule und, und, und, und.


Bei der Organisation des Turnhallenbaues und der Finanzierung gab sich der Kötztinger Turnverein ganz modern und der Zeit angepasst. Umso mehr fällt eine Klarstellung des Vereins aus dem Rahmen, den er im September in der Zeitung einrücken ließ:   Sportlerinne mit einer "Bubikopffrisur" solle die  Aufnahme in Turnvereine verboten werden. 
Am Ende dieses Beitrags über den Kötztinger Turnverein noch ein weiterer 100 jähriger Geburtstag und zwar der der Leichtathletikabteilung des Turnvereins.
Der Staffellauf anlässlich des Hermannstages war bereits die zweite Veranstaltung der Abteilung. Bereits im Juni gab es einen Staffellauf durch die Straßen Kötztings und für und von diese Premiere haben wir nicht nur eine genaue Starterliste sondern kennen auch den genauen Streckenverlauf.
Bei der Premiere war der Startpunkt und Zielpunkt der Kötztinger Bahnhof gewesen.


April 1925


In diesem Monat annoncierte der "Lebzelter" aus der Schirnstraße, damals schon DIE Bezugsquelle für das sonntägliche Speiseeis. Noch in den 50er Jahren - bis wir dann später selber JOPA Speiseeis zum Verkauf hatten, das Steckerleis für ein Zehnerl -   ich mit einer kleinen Schüssel Sonntags zum Lebzelter geschickt, um eine Eisnachspeise abzuholen.





Während - siege oben- der eine Kötztinger Ehrenbürger sich zu seinen 91ten Geburtstag feiern ließ, begann gerade die berufliche Karriere eines späteren Ehrenbürgers. Fritz Weigl wurde vom Marktgemeinderat als Inzipient aufgenommen. 
Johann Hubrich, Kötztings Ehrenbürger und Vater des oben bereits als Autor erwähnten Eugen Hubrichs, der später einmal das Festspiel von der Pfingstrittehr schreiben sollte.






Hier einmal eine besondere Anzeige: die Preistabelle der Kötztinger Schmiede=Zwangs=Innung.



Mai 1925


Bevor wir hier zum großen Thema Pfingstritt kommen, hier zunächst ein paar andere Aspekte aus dem Leben der Kötztinger vor 100 Jahren. Zuerst einmal sind die Masern in Kötzting ausgebrochen und die Schulverwaltung muss reagieren.


Der Kötztinger Lebzelter hatte eine ganz besondere Medizin für die Kinder anzubieten:


Zur Mitte des Monats kam es nicht nur zu den ersten Schwammerlfunden, sondern die Kötztinger Kriegervereine beteiligten sich an einer großen Wallfahrt nach Altötting, in welchem Zusammenhang der Bezirk Kötzting auch seine Bundesfahne weihen lassen wollten. Sie baten seine königliche Hoheit 
den Prinzen Alfons von Bayern die Patenschaft zu übernehmen, was dieser auch sofort zusagte. In einem überaus detailreichen Bericht erfuhr die Heimat von diesem Weiheakt.


Mehrmals - um nicht zu sagen sogar sehr oft - im Jahr gab der Kötztinger MGOV große Vorstellungen.
Im Mai 1925 wagte er sich zum ersten Male an eine ganze Operette, die von Mitte Mai bis zum Pfingstwochenende mehrere Aufführungen erlebte.
Was hier besonders interessant ist, ist die Erwähnung der Aufführung des Singspiels von der "Holledauer Fidel" als Einstieg in komplexe Werke für den Kötztinger MGOV,  weil genau 50 Jahre später - 1975 - dieses Stück in der Kötztinger Jahnhalle vom Südostbayerischen Städtetheater aufgeführt werden wird und sich tatsächlich noch einige Zuschauer an die Kötztinger Aufführung und die Umstände dazu  erinnern konnte. 
Hier, stellvertretend für die vielen und ausführlichen Rezensionen des Kötztinger Ensembles, der Bericht der Operettenaufführung.

Bevor es nun zum großen Pfingstblock geht, schnell noch zwei Beispiele aus dem Anzeigenteil.
Die Ziegelfabrik hatte den Betrieb aufgenommen und 

im Hause Häfner gab es eine freudige Überraschung

In Kötzting stiegt die Spannung und anders als heutzutage war die Vorstellung des Pfingstbrautpaares nicht Teil des Palmsonntagsgottesdienstes, sondern wurde erst ganz kurz vor dem Pfingstwochenende entschieden. Der Pfingstmontag fiel im Jahre 1925 auf den 2. Juni und am 27. Mai konnten die Kötztinger die Namen erst aus der Zeitung entnehmen. Doch zunächst ging es um die üblichen Vorbereitungen, Aufrufe und sogar einen Leserbrief, der unverblümt das Verhalten der Rittteilnehmer am Ende des Rittes kritisierte um den Besuchern, die den Ausritt versäumt hatten, beim Einritt noch möglichst viele Teilnehmer zu ermöglichen.

 




Natürlich waren die Festtage auch Gelegenheiten für die Kötztinger Wirte und Geschäftsleute und diese warben mit ihren Programmen.

Schiffschaukel am Spitalplatz
Vorbericht für Pfingsten 



Das so groß angekündigte Spektakel musste jedoch abgesagt werden, obwohl die Kötztinger mehrfach die Flüge gebucht hatten






Und dann wurde es ernst, das Pfingstbrautpaar wurde vorgestellt und Pfingsten konnte kommen.
Hier der Auszug der Gemeinderatssitzung mit den Entscheidungen, die Pfingsten betrafen. Der Pfingstbräutigam war ja nur Teil einer Vorschlagsliste an den Kötztinger Pfarrer, der anschließend die Auswahl vornahm. Mit der Veröffentlichung der Namen musste leider auch bekannt gemacht werden, dass es mit den so groß angekündigten Rundflügen während des Rittes nichts wurde, die ganze Sache wurde abgeblasen.



Was die ganze Angelegenheit für uns - nach genau 100 Jahren - so besonders macht, ist die Tatsache, dass es im Berliner Bundesarchiv einen Film vom Pfingstritt 1925 gibt, den wir immer wieder einmal im Rahmen unterer Film-Tage vorführen und auch immer wieder vorführen werden.
Und dann ist es wieder einmal soweit, es wird

Juni 1925


und wieder einmal Pfingsten:

Der Buchdrucker hat zwar die Lettern für den richtigen Tag verwendet, aber vergessen die Lettern für den Monat auszutauschen. Die Ausgabe stammte vom 3. Juni


 
DIA-Repro 957 das Pfingstbrautpaar 1925





Und noch ein Jubiläum: In diesem - 2025 - Jahr wird am Höllenstein das Restaurant - nach einer gründlichen Renovierung und jahrelanger Schließung - wieder eröffnet werden. Genau vor 100 Jahren, im Juni 1925 stand folgende Anzeige im Kötztinger Anzeiger.



Und zwei weitere Kötztinger Wirte wiesen auf ihre Häuser hin.


Juli 1925


Auch hier zunächst ein paar der besonderen Geschäftsanzeigen:


Vom Fotografen Franz Pleier stammen viele, sehr viele der Bilder aus unserer Sammlung

In diesem Monat wurde nach 15 Jahren wieder einmal eine Zählung der Einwohner durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass innerhalb von 15 Jahren Kötzting um 200 Personen zugenommen hat.


Ebenfalls gleich zu Monatsanfang war der Regensburger Bischof von Henle nach Kötzting zur Firmung gekommen und der Magistrat - vermutlich angestoßen durch die Kirchenverwaltung - fühlte sich bemüßigt, auf gewisse Kleidervorschriften für Mädchen hinzuweisen







Bei dem Baugrund für den "Costabader" sollte es sich um sein späteres Haus in der Schattenau handeln, Die Villa Demme lag an der Straße nach Wettzell und bei der Grundabtretung an Michl Dreger sollte es sich um den Baubeginn seiner auf die Marktstraße hinausragenden Terrasse handeln, die 1985 der Marktstraßensanierung zum Opfer gefallen war.

Ein ganz besonderes Ereignis feierte das "Dörfchen im Gesenke des Kaitersberges mit Namen Steinbühl mit seiner herrlichen Umgebung dem Zellertal", wie es im Artikel heißt. Der Kriegerverein feierte ganz groß sein 50jähriges Jubiläum.



Die "Unsitte" der Messerstecherei


In diesem Sommermonat kam es auch erneut wieder zu den ersten Messerstechereien - eine Unsitte, die das Mottoe :"Früher war alles besser" gewesen Lügen straft.
Hier die "Messerstechereien", die es aus dem Raum Kötzting in die Zeitung geschafft  hatten:





Falls man meinen könnte, das wäre halt das Problem in den 1925er Jahren gewesen...... zeitgleich zu dieser Jahreschronik bearbeite ich im Moment auch die für das Jahr1955. Als es in der Silvesternacht 1955 zu einer Messerstecherei mit tödlichem Ausgang gekommen war, nimmt der Redakteur diesen Vorfall zum Anlasse, um über diese "Unsitte" im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr zu urteilen, eine interessante Ansicht zu diesem mörderischen Thema.
Kötztinger Umschau von Anfang Januar 1955 


August 1925


Hier zunächst wieder einige Geschäftsanzeigen

Beim Ellmann 

Beim Winterschneider


Es ist schon interessant, dass bereits 1925 der Markt Kötzting Holz auf dem Ludwigsberg fällen ließ und den Erlös in seine Kasse schon, obwohl die Ludwigsberggründe den Kötztinger Marktlehnern anteilig gehörten. In den 60er Jahren versuchte dann eine Prozessgemeinschaft dieser speziellen gruppe Kötztinger Bürger dieses Recht der Stadt abspenstig zu machen, jedoch ohne Erfolg dafür mit ansehnlichen Prozesskosten.......

Was man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann, sind die Schwierigkeiten, die es damals gab beim Radioempfang. Der folgende Artikel zusammen mit einem Spottgedicht macht diese Schwierigkeiten deutlich. Offensichtlich waren die Radioempfänger selber sogar  Sendeanlagen, die den Empfang beim Nachbarn empfindlich stören konnten bzw. sogar unmöglich machten, alleine 
dadurch, dass der Nutzen den Sender wechseln wollte.

Die Rückkopplung durch Senderwechsel


 September 1925




Pfingstbraut 1931 Album Stadt Die Braut wird fertig gemacht zur Hochzeit,  den Schleier steckt Marie Heigl, Frisöse Berta Krämer. (Anm. Marie Heigl war Modistin) Pfingstbraut Elisabeth Schödlbauer.  


Hans Kroher, der spätere Kötztinger Bürgermeister

Hier bräuchte ich Unterstützung: was bedeutete der Name "Brei´nkirta"?

Eines der letzten Opfer der Hyperinflation des Jahres 1922 war der Gemeinnützige Bauverein Kötzting, der als Genossenschaft es seinen Mitgliedern hatte möglich machen wollen, zu Wohnbesitz zu kommen und dessen Kapital sich im Zuge der Inflation in nichts aufgelöst hatte.
Nun sollte beschlossen werden, die letzten spärlichen Reste nicht an die Mitglieder auszubezahlen, sondern in einem Betrag an das Josefsheim übertragen zu dürfen. 


Oktober 1925

Fangen wir zunächst mit einer äußerst pfiffigen Anzeige wegen Kartoffeldiebstahls an. Ob die diebe auf den Vorschlag eingegangen sind, steht leider nicht in der Zeitung.

Dann wieder einmal ein paar Geschäftsanzeigen:

Herrenstraße 99 - Kötzting hatte bereits die modernen Straßenbezeichnungen aber noch die alte fortlaufende Nummerierung der Häuser, die noch aus dem Jahre 1840 und den damaligen Grundsteuerkatastern stammte und auf die sich heute noch die Nummerierung der Kötztinger Häuserchronik bezieht. 






Für Mitte Oktober hatte sich in Kötzting eine Hochseilartistentruppe angesagt, die auf dem Marktplatz ihre Vorstellungen geben wollten und in der Zeitung wurde dazu ein Artikel veröffentlicht, wie schofelig es sei, sich die Vorstellung anzusehen und sich anschließend zu verdrücken......



Währende dieser Aufführung auf dem menschengefüllten Marktplatz wäre es beinahe zu einem Unfall gekommen, als einem PKW die Bremsen versagten und dieser ungebremst über den Marktplatz fuhr.

Zwischendrin finden sich in der Zeitung auch immer wieder Ankündigungen bzw. Erklärungen, die es in dieser Form heutzutage gar nicht mehr geben würde, wie die folgende:


Aus Reitenstein erfahren wir von einem verheerenden Brandunglück, das wohl auf Brandstiftung zurückzuführen war.



November und Dezember 1925


Wie eigentlich in allen vorherigen Jahresbänden auch, sind die erwähnenswerten Ereignisse in diesen beiden Monaten ganz dünn gesäht, so eben auch im Jahre 1925.

Eine Busverbindung Kötzting - Bodenmais - Regen wird andiskutiert, in Miltach fand der traditionelle Martiniritt statt und am Arber begann die Wintersaison.


Diese Busverbindung wurde kurze Zeit später dann tatsächlich realisiert.


DIA-Repro 1764: Omnibus der Marktgemeinde Kötzting um 1930 verkehrte von Kötzting nach Bodenmais, am Steuer Hubert Weinzierl, dahinter Georg Greß, der Fotograf Franz Pleier, auf dem Motorrad Max Kroher



Offensichtlich hatte es im Lamerwinkel, zwischen Lam und Lohberg noch einen fußläufigen  "Boten" gegeben, dessen Dienste nun durch einen PKW ersetzt wurden. 


EIn Schlaglicht auf die soziale Situation damals im Markt Kötzting wirft die Entscheidung des Magistrats, im Rathaus eine "Wärmestube" einzurichten. 



Ganz zum Schluss - wie auch sonst am Anfang - hier noch die Neujahrsgrüße der Kötztinger Geschäftswelt.