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Sonntag, 7. Juni 2015

900 Jahre Wettzell

900 Jahre Wettzell    erster Teil



Wettzell auf einer alten Postkarte, bei aller künsterlischen Freiheit der Darstellung ist es doch interessant, wie relativ gering
bewaldet das Kaitersbergmassiv dargestellt wurde.



Nach der Zusage an Hans Seiderer, den geschichtlichen Festvortrag in Wettzell zu übernahmen, stand für zwei Jahre im Vordergrund aller meiner Forschungsreisen, immer auch ein Auge auf mögliche Wettzeller Archivalien zu haben. Dies gelang und mit Ausnahme meiner Mutter, der ich immer nach solch einer Fahrt sofort Rapport geben musste, wusste eigentlich niemand etwas darüber ob und wie erfolgreich ich bei dieser Suche gewesen bin.

Natürlich steht am Anfang dieser Wettzeller Geschichte ein kurzer Aufriss des Werdeganges dieses Dorfes aber dann schließt sich ein Kaleidoskop an kleinen und kleinsten Fundstücken an, die ich so in den letzten zwei Jahren zusammengesammelt habe

Zwei  gute und umfassend recherchierte  Chroniken nennt Wettzell sein eigen, die erste geschrieben vom Wettzeller Pfarrer  Alexius Schwab 1934-1947, die andere, wesentlich
umfangreichere und auf die Schwabschen Chronik aufbauende, wird im Mai 2001 von Lois Perlinger
herausgegeben.  Damit besitzen die Wettzeller eine  gründliche Zusammenstellung ihrer Ortsgeschichte, weit mehr, als was andere Pfarrgemeinden besitzen..

Gleich an dieser Stelle ein Hinweis auf eine weitere Kostbarkeit, die sich im Besitz von Wettzell befindet, das Wettzeller Pfarrarchiv.



zwei Metallschränke voll mit Wettzeller Kirchengeschichte



In zwei Metallschränken ist das kirchliche Leben der Pfarrei  verborgen und wartet darauf von interessierter Seite gehoben, gelesen und

ausgewertet zu werden.  Solch einen „Interessenten“ zu finden und eine neue Generation von geschichtlich Interessierten heranwachsen zu lassen ist meine Hoffnung an solchen großen geschichtlichen Jahrtagen.   Also wer immer möchte kann gerne zu unseren monatlichen Lesestammtischübungen kommen, die alte Schrift lernen und dann sich an das Wettzeller
Pfarrarchiv machen……er wird tolle Dinge finden, das  kann ich versprechen.
 
hier ist viel Interessantes versteckt

die erste Seite des Hofanlagsverzeichnisses
der Hofmark Wettzell im Landgericht Viechtach
des rentamtes Straubing




Nun aber der Sprung zurück um 900 Jahre:  In einer Urkunde der Grafen von Bogen wird 1115 Hervicus de Wescilscella als Zeuge dieser Beurkundung genannt. Dieser, und  später andere Herren, die sich nach Wettzell nannten,  tauchen in den  folgenden  Jahren, Jahrzehnten und  Jahrhunderten regelmäßig auf. 


Das ist die eine, die dörfliche Seite, die Frage also wann Wettzell als Ortschaft zum ersten Mal erwähnt wurde,

die nächste Frage ist, wann die Kirche von Wettzell in der Geschichte auftaucht. Bei ihrer  Ersterwähnung war sie noch eine Filialkirche von Arnbruck und wird, erneut vom Grafen von Bogen,  1209  dem Kloster Niederalteich geschenkt, das damit auch das Präsentationsrecht erhält, dieses, also das  Recht den jeweiligen Pfarrer für Wettzell zu bestimmen, bleibt übrigens bei diesem Kloster bis zur Säkularisation 1803, also fast aufs Jahr genau für lange 600 Jahre.


Schaut man nun genauer auf die Inhalte dieser Ersterwähnungen, so muss man feststellen, dass es sowohl für das Dorf als auch für die Kirche in Wettzell einen Zeitraum gibt, in dem beide bereits existiert haben müssen,  von dessen Länge wir aber  nur eine ungenaue Vorstellung haben können. Kurz gesagt Wettzell ist sicherlich schon einiges vor 1115 gegründet worden, wir wissen halt nicht genaues davon – und haben, wie übrigens auch in Kötzting nun mal nur diese überlieferte Jahreszahl der Ersterwähnung.


Wir haben also das Dorf, wir haben die Kirche. Ein dritter Teil betrifft die Entstehung der herrschaftlichen Gewalt, der Grundherrschaft also, als Hofmark bzw. das Gerichtswesen grundsätzlich.  Ein  Wolchier von Weccescelle gibt in einer späterenVerkaufsurkunde sowohl einen Hinweis auf ein  Pfarrwidtum als auch auf das Vorhandensein eines Dorfgerichtes.

Das Pfarrwidtum ist kurz gesagt der landwirtschaftliche Betrieb des Pfarrers und sicherte damit sein persönliches Einkommen. Streitigkeiten über dessen Einnahmen und die unterschiedlichen Nutzungsrechten dieses Widtums ziehen sich über all  die Jahrhunderte hinweg und ich werde solch einen Streit später mal kurz streifen.

 Also: 1115 gibt es bereits eine Familie, die sich nach Wettzell nennt. 1209 kommt die Kirche Wettzell zum Kloster Niederaltaich und gesichert 1338, also damit ebenfalls schon lange vor der Erstbezeichnung als Hofmark – zum ersten mal als solche 1486 bezeichnet -   bestand nachweislich bereits ein Dorfgericht,

Wer hat also möglicherweise ganz am Anfang  Wettzell gegründet und wann und vlt.  warum :

Pfarrer Schwab wollte  aufgrund der Namensendung –*.zell eine Ortsgründung durch ein Kloster belegen und führte dafür mehrere Möglichkeiten an, die neueste Forschung glaubt aber an eine Rodung und Gründung  durch die Grafen von Bogen, die hier einen ihrer Ministerialen auf einen Hof setzten.



Was ist ein Ministeriale    

Männer aus dem Kreis der Unfreien, die zu Kriegszeiten als bewaffnete Reiter auserkoren waren und für die Verwaltung des Königsgutes eingesetzt werden konnten. Der gesamte östliche Grenzsaum des „Deutschen Reiches“ war weitgehend Königsland und dort waren als Herrschaftsstrukturen in unserem Raum die Grenzmarken der Grafen von Cham und Bogen angesiedelt.  Auch die kleineren Adeligen und Bischöfe machten es mit ihren  leitenden Untergebenen nach und nach genau so und aus diesen unfreien Untergebenen, allerdings in gehobener Position sozusagen die Abteilungsleiter im  mittleren Management,  entstand  eine eigene Sozialschicht, die der Ministerialen. Diese Männer wurden teilweise auf ein Dienstgut versetzt, oder erhielten ein solches als Folge ihrer guten Führung oder als Dank für geleistete Dienste, siehe Azelin in  Weißenregen.
Diese von der Herkunft eigentlich unfreien Ministerialen wurde lehensfähig, heiratete in adelige Familien ein und so entstand im Laufe der Zeit niedere Landadel. Im 13. Jhdt. war dann Schluss mit dieser Adelsschwemme, nur derjenige durfte noch adelig sein und sich nennen, der auch bereits adelig geboren wurde.
 

laufende Nummer 27 Georg Heigl Hofbauer
28 Johann Sterr Wirth























































Hier kommt nun ein Ausschnitt aus dem Hofanlagsverzeichnis der Hofmark Wettzell von 1760
Bereits in den beiden Chroniken wird erwähnt – auch im historischen Atlas von Bayern für das Landgericht Viechtach und Linden – dass in dem Anwesen mit dem Hausnamen „Hofbauer“ der Urhof Wettzells zu finden sei.
Dieser Hofbauernhof ist 1760 im Besitz eines Georg Heigl und wird als 1/1 Hof also als „Ganzer“ Bauer ausgewiesen.
Ausschnitt 2. Seite aus dem Hofanlagsbuch von 1760 Nr. 26 der Hofbauernhof
Diese Einteilung der Grundstücke nach dem Hoffuß in ganze, halbe, viertel, achtel usw. Höfe war in Altbayern seit Jahrhunderten gebräuchlich – in anderen Gegenden wurde eine Realteilung durchgeführt, was zu einer surrealen Zersplitterung der Flächen in kleine und kleinste Einheiten führte. Dies war in Bayern undenkbar, alle Grundstücke eines Hofes waren als sogenannte Pertinentien fest an den einen Hof gebunden, unverrückbar und unverkäuflich seit und für Jahrhunderte.
Die nächste Frage beschäftigte sich mit einem möglichen Schloss in Wettzell, wie es z.B. eines in der Hofmark Breitenstein, in Grub oder in Haus gegeben hatte, wobei das Wort Schloss sicherlich eine Riesenübertreibung darstellt für das vermutlich sehr einfache Gebäude, dass die Landadeligen in unserer Gegend ihr Eigen nannten. Ein 



solches ist nicht nur nicht in Wettzell nachgewiesen, sondern hat es offensichtlich auch nie gegeben. Die jeweiligen Besitzer wohnten nicht im Ort und in den meisten Fällen wurde die Verwaltung auf die sehr viel größere und mächtigere Hofmark bzw. Herrschaft Runding übertragen und von deren Richtern ausgeübt.
 

 

 

Die adeligen Inhaber der Hofmark:



Da haben wir dann die Chamerdorfer, die Göttlinger und die Nußberger, danach kommen schon zum ersten Mal die Nothaft und die Eyb auf Runding, das mächtigste Herrschaftsgebilde in unserem Nahbereich. Die Kadinger, die Gemmel und Walser von Syrenberg ein verdienstvoller Offizier bei der Verteidigung Bayerns gegen die Österreicher.  Der nächste Besitzer, der Freiherr von Wetzel, trotz der Namenähnlichkeit kein Wettzeller, ist noch erwähnenswert weil er nach einem Einbruch in die Kirche sich sehr großzügig zeigte und  einen Kelch – übrigens ebenso wie die gespendete
Monstranz heute noch vorhanden - , wertvolle Stoffe, 5 Messgewänder und vieles mehr stiftete.
Wir schreiben  das Jahr 1720, die von Frenau besitzen nun die Hofmark von denen ging der Besitz an den Obristen von  Rasco. So, niemand kann sich die Namen merken aber  bei den nächsten sollten sie es tun, denn nun werden besondere Beziehungen nach Kötzting sichtbar.
1770 wird die Hofmark Wettzell um 22000 fl  an Michael Poschinger verkauft. Wenige Jahre später treten dessen 5 Söhne die Nachfolge an und einer seiner Kinder – ebenfalls Michael mit Namen – ist Michael Poschinger, der Schwiegersohn des berühmtesten Kötztingers, des Kammerers Wolfgang Samuel Luckner, meines persönlichen Lieblingskötztingers.  Wolfgang Samuel ein Machtmensch und Prozesshansel mit drei Frauen und 22 Kindern.  - Die dritte Frau war übrigens die 17 jährige Nichte seiner verstorbenen zweiten Frau. - Es ging in Kötzting entweder nach seinem Kopf oder es ging gar nichts. Er  war der Erbauer des alten Rathauses,  der Gründer des heutigen Lindnerbräues – allerdings als Herrensäge – er hat die Feuerwehr verbessert und im Hungerjahr 1777 seine Bürger vor dem Verhungern gerettet und vieles mehr. Und diesen Mann hat der Mitbesitzer der Hofmark Wettzell, Michael Poschinger also,  10 Tage nach seiner Einheiratung aus dem Haus geworfen – was prompt eine jahrzehntelange Prozessserie zur Folge hatte, die erst endete, als Poschingers Tochter selber wieder heiratete und den Besitz erbte. Nun waren also die Schranks, einen solchen heiratete die Tochter Michael Poschinger zusammen mit den anderen Poschingernerben  Hofmarksbesitzer.

Diese Herrlichkeit der kleinen Adelsbesitztümer begann sich ab 1803 mit der Errichtung des Königreichs Bayern und der  neuen Regierung schrittweise zu ändern.  Es entstand zuerst zusammen mit den anderen Besitztümern der  Poschingers  ein neues Patrimonialgericht und ausgeübt wurde dieses von dem Nothafftschen Gerichtshalter Schreyer. Interessanter wäre in diesem Zusammenhang herauszufinden, ob dieser Schreyer mit  der früheren Kötztinger Marktschreibersfamilie Schreyer verwandt ist.  Diese Verbindung nach Runding ist deshalb so besonders, weil in einer späteren Schulangelegenheit ausdrücklich festgehalten wird, dass die Herrschaft Runding ein Mitspracherecht bei der Bestellung eines späteren Schullehrers hat.1842 erfolgt dann die Auflösung als Hofmark und endgültig damit die direkte Eingliederung der Wettzeller Hofmarksuntertanen in das  Landgericht Viechtach

Zuvor jedoch bei der Neubildung der politischen Gemeinden durch die  Regierung in München:

1808 Bildung der Dorfgemeinde Wettzell im Steuerdistrikt Sackenried
1818 Gründung Gemeinde Wettzell
1972 Gemeindegebietsreform: Gemeinde Wettzell mit Hauptsitz in Wiesing
Wunsch nach Eingliederung nach Kötzting und folgend
1975 Regierungsvorschlag dass Liebenstein und Wettzell zu Kötzting kommen.

01.05.1978 ist die letzte Gemeinderatssitzung der Gemeinde Wettzell und seit 1.5. gehören Wettzell und Kötzting zusammen zur Stadt Bad Kötzting.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang:
Von 1948 bis 1978, also dreißig in diesem Falle sicher lange Jahre lang war Max Vogl von Ried der langjährige und letzte Bürgermeister der Dorfgemeinde Wettzell, keiner der bekannten Dorfvorsteher war auch nur annähernd so lange im Amt.
Andere dreißig Jahre:
30 Jahre Dienstjubiläum des Wettzeller Lehrers Johann Singer, der jeden Tag zwei mal die Strecke Kötzting Wettzell zu Fuß gegangen war. Am Ende war er 32 Jahre im Dienst.


Im Stadtarchiv Kötzting findet sich unter den Akten der Heimatberechtigten auch der Geburtsbrief des späteren Lehrers Singer aus Moening vom April 1860.
Anders als heutzutage war die sogenannte Heimatberechtigung mit all seinen Einschränkungen der Beginn einer einfachen sozialen Absicherung.
Um nicht zu viele Heimatberechtigte in ihren Reihen zu haben - und damit die Verpflichtung für diese Person und seine Nachkommen sorgen zu müssen - haben die einzelnen Gemeinden, Märkte und Städte diese nur sehr restriktiv ausgegeben. Dies war einer der Hauptgründe warum zum Beispiel auch die Heiratserlaubnis häufig nicht ausgesprochen wurde bzw. eine solche strikt verboten wurde. Kinder aus einer solchen Verbindung mussten eben dann nicht von den Gemeinden mitversorgt werden im Falle einer Bedürftigkeit.
















Wie hat sich nun in der Vergangenheit das Dorf Wettzell entwickelt und wie waren die Verbindungen zwischen Kirche und Dorf:




Aufschluss über diese Fragen geben normalerweise die Salbücher und Hofanlagsverzeichnisse s.o.

Im Repertorium des Wettzeller Pfarrarchives ist ein Salbuch aufgeführt……leider ist dies eines der wenigen Archivalien, die verschwunden sind, andere Lücken sind  bei den Rechnungsbänden vorhanden, aber im Großen und Ganzen sind alle Archivalien noch vorhanden, die im Repertorium in den dreißiger Jahren aufgeführt sind. Dass gerade das älteste Salbuch fehlt ist sehr ärgerlich denn in diese Bücher sind nicht nur einfach Auflistungen sondern es sind dort auch die Rechte und Pflichten der  Bewohner, des Pfarrers und desGerichtsherren aufgeführt.

ABER

Diese – ich nenne es mal Randbedingungen – finden sich in einem Schriftwechsel zwischen der Pfarrei und dem Bistum in Regensburg.


Dort gibt es eine Abschrift aus dem Salbuch des Herrn Sebastiano Aggricola, gewester Pfarrer alda von 1633 Continuiert von Abraham Aicher, Pfarrer in der Lamb,  nit weniger von mir Franzisco Antonio Dreer Pfarrer  allda de Anno 1690

Hier einige Beispiele aus den Rechten des Pfarrers

  1. Dem von Perg, Poppenzell, Wurz, Löckhern, Weidenhoff, Keiderspach, Stockhmihl, Wettzell,  Trumb, Hilmstein, Puechperg, Riedt, Säckenried, Klobighof hat ein ieder Pfarrer dem treissigsten Thail und ist Prinzipal
   2. Zu Sindorf Kötztinger Pfahr hat ein Pfarrer den dritten oder zweiten Thaill
  
   3.  Hat ein Pfarrer durchgehent von allen Gärtten wo Krauth oder Rueben darin baut 3x Gartten Pfennig zu erheben wo aber kein Kraut oder Rueben sondern Getraid angebaut ist, gibt man keinen Gartenpfennig sondern hat Pfarrer den Zehent allein und zwar die zehente Garb

  4. Die Sallner Ayer / ut volgo aciert/ hat ein Pfarrer durchgehent in ganzer Pfarr tempore pascati in Aufschreibung der communicanten von ieglicher person ein Ayer ebenfalls in Abhollung der Zettl auf nit weniger zu fordern.

   5. Von dem schuldig Khäs ist wegen öffterer eingeloffen Unsauberkeit mit denen Pfarrkindern corporiert worden, anstadt der Khäs von ieglicher Khuhe 1 x zu geben so dann noch bis dato sein Fortgang gehabt



Verzaichnus der Kreuzgäng:

Befünden sich solcher 25 so in alten Tauffbuch und hat ein pfarrer nit mer als 5 fl

Von der Filialkürch Säckhenried hat ein pfarrer von der Kürchweich 2 fl 51 ½ xr






Nun aber zu der Entwicklung der einzelnen Ortsteile Wettzells:
So wie aber die Stadt Bad Kötzting nicht nur aus demHauptort besteht, ist es auch mit Wettzell und seinen Ortsteilen und seiner Geschichte.
Für heutige Zeiten unvorstellbar war die Situation damals sehr klein  strukturiert. Heutzutage zahlen wir
alle an EIN Finanzamt und gehen im Konfliktfall vor ein  Amtsgericht und werden weiträumig von einem  Notar versorgt.
Sackenried zB. musste sich in all den obigen, weltlichen,  Fragen zuerst an das Kloster Windberg richten. Pfarreimäßig gehörten die Sackenrieder aber nach Wettzell. 
Genau so ging es mit den Bauern in Höllenstein, Ried und Buchberg.  
Sackenried scheint dem Kloster Windberg bei dessen Gründung  ebenfalls von den Grafen zu Bogen geschenkt worden und damit ebenfalls fast 900 Jahre alt zu sein (=1125) es folgte dann die Gründung einer Probstei: mit Sackenried, Höllenstein, Ried am See und Klobighof
Kompliziert wurde es in Kaitersbach, deren Bauern alle dem Spital in Kötzting – früher gegenüber Tabak Liebl – beim Godl - Untertan waren.  
Lammerbach wiederum war bereits von Anfang an dem Kastenamt Viechtach untertan. Leckern jedoch  gehörte ganz woanders hin, nämlich  zur Hofmark Lichteneck und damit nach Runding. 
Poppenzell , ja da wird’s nun interessant, ist älter – zumindest was den ersten Nachweis angeht – schon 1105 ist ein Ritter Eberhard von Poppenzell genannt das Gut zinste ebenfalls zum Kastenamt Viechtach.
Stockmühle: erster nachgewiesener Besitzer waren die Nussberger, später  gings dann an das Spital Viechtach.  
So nun geht’s ans Eingemachte: Trum und Wettzell selber

Trum war ja immer schon Teil der Hf Wettzellund beide muß man wohl als Einheit sehen:


1614   5 ganze Höfe, 7 halbe Höfe, 16 Sölden mit  Wirtshaus, Schmiede,
            Badhaus und Widtum, Hüthaus

1752   27 Anwesen

1760   27 Anwesen

1808   30 Anwesen

Bis hierher ging der allgemeine geschichtliche Teil über Wettzell, so wie er auch in den beiden Ortschroniken und im historischen Atlas für das LG Viehctach nachgelesen und vertieft werden kann.
Nun aber ein paar Dinge, die sie vermutlich noch nicht kennen oder wussten. Seit der Seiderer Hans mich vor  wahrscheinlich 2 Jahren auf das Jubiläum angesprochen hat und ich die Zusage gegeben hatte,  passte ich bei allen meinen Archivbesuchen auf, ob ich nicht etwas über Wettzell und vorher Weißenregen finden würde, was eben noch nicht Allgemeinwissen ist.
Im bischöflichen Zentralarchiv gibt es den Bestand Pfarrakten und dort habe ich ein paar interessante Archivalien gefunden. 

Zuerst einmal bei den Präsentationen der Wettzeller Pfarrer>>>> Zur Erinnerung das Kloster Niederalteich hatte das Präsentationsrecht


bischöfliches Zentralarchiv in Regensburg Pfarrakten Pfarrei Wettzell


Der Pater Prior Ignaz von Niederalteich bestätigt 1750 den Neukirchener Kooperator und gebürtigen Kötztinger Maximilian Georg Xaver Stattler zum neuen  Pfarrer hier in Wettzell.

Stattler, da klingelt doch was, das Kötztinger Gymnasium ist ja nach seinem später viel berühmteren

Bruder Bernhard Stattler benannt und eine kurze Recherche in den Kötztinger Pfarrmatrikeln hatte

 erbracht, das der viel ältere Bruder Maximilian Georg bei Taufen benachbarter befreundeter Familien  bereits als Student der  Theologie und als Taufpate fungierte.



Ende erster Teil





















Samstag, 30. Mai 2015

Jugend in Kötzting(III)

da die ersten beiden Teile schon eine Weile her sind, hier für die Interessierten die Links zu den Anfängen der Kötztinger Pfadis

http://koetzting.blogspot.de/2014/07/jugend-in-kotzting-i.html
http://koetzting.blogspot.de/2014/08/jugend-in-kotzting-ii.html

Hier nun der Abschluß mit dem unrühmlichen Ende des Pfadfinderstammes in Kötzting

Der umgebaute Kötztinger Pulverturm erwies sich viele Jahre lang als gesuchtes und gut gebuchtes Reiseziel von Pfadfindergruppen.  Ein vollständig erhaltenes Hüttenbuch von 1955 bis Mitte der 60er Jahre zeigte, dass die Besucher sowohl aus der näheren Umgebung als auch aus der gesamten Bundesrepublik angereist kamen. Das alte Hüttenbuch existiert leider nur noch in einer digitalen Kopie und reicht von 1955 bis 1964.






In dem Buch finden sich viele Stämme aus Regensburg, manche existieren heute noch  aber auch Pfadfindergruppen aus Cham und Viechtach waren hier einquartiert.


Die Althütte am Arber:

Nach dem großen Stammesjubiläum und den Feierlichkeiten in Amberg stemmten die Kötztinger Pfadis ein neues Großprojekt, die Renovierung ja Restaurierung der Althütte am Arber.

Der Dombezirk in Regensburg hatte sich die Aufgabe gestellt, die am Arber gelegene Althütte zu sanieren und daraus ebenfalls eine Pfadfinderjugendherberge zu machen. Da die Kötztinger Pfadis schlichtweg der am nächsten gelegene Stamm waren, fiel auf sie die Hauptaufgabe zu und Ludwig Brandl, der Brandl Wigg, organisierte mit seine Burschen die Arbeiten  um - durchaus auch zusammen mit Pfadis aus anderen Stämmen und mit der Unterstützung von Kötztinger Firmen - die Arbeiten am Arber voranzubringen.
die großen Bosse aus Regensburg auf Baustellenbesuch


Ausräumen ist angesagt













Abfahrt in Kötzting beim Gesundheitsamt






















 





Die Einweihung der Althütte fand dann durch einen Pfadfindergottesdienst statt, der Altar ist eine typische Pfadikonstruktion und ähnlich bauen auch wir heutzutage unsere Lagerbauten inkl. Fahnenmasten und Altar, Wachtturm, Lagereingang, Mülltrennstatuion, usw.usw.



Einmal Pfadfinder - immer Pfadfinder

hier flattert die Fahne des Kötztinger Stammes
zusammen mit der Sinzinger DPSG Fahne gemeinsam
am Fahnenmast in Grub bei Kötzting 2009
In Vorbereitung eines Stammeslagers der Sinzinger Pfadfinder in Grub bei Kötzting war es ein Projekt für eine unserer Jungpfadfindergruppen, die "alten" Kötztinger Pfadis herauszufinden, zu kontaktieren, Interviews für unsere Lagerzeitung zu führen UND sie auf unser Stammeslager einzuladen.

Im Vorfeld hatte ich bereits erfahren wer in den vielen Jahren bereits Stammesvorsitzender des Kötztinger Stammes gewesen war und vom Brandl Wick habe ich dann zum ersten Mal das Material erhalten und kopieren können, das die Grundlage dieser drei Berichte bildet.
Swenja von den Känguruhs und Paulina von den Haien - die Sinzinger Pfadigruppen haben traditionell Tiernamen - rückten dann diversen "alten" Herren auf die Pelle, machten ihre Interviews und luden Sie mit Ihren Angehörigen zur feldmesse und zu Kaffee und Kuchen ins Lager ein.
Das Lagermotto damals war Weltwärts und so konnten wir einige Kötztinger Pfadis beim Lagertor - es war eine Replik des Brandenburger Tores begrüßen.
Kötztinger Pfadfinder unter der Quadriga in Grub bei Kötzting


Bei Kaffee und Kuchen blieb dann noch genügend Zeit für den Austausch von Erinnerungen.











bei den Treffen Zuhause zeigte sich, dass viele
 ehemalige Pfadfinder noch Erinnerungsstücke aufbewahrten und in Ehren hielten.














Ludwig Brandl mit Teilen seines Pfadfinderarchives. Manches davon ist leider bei seinem Umzug in sein Wohnheim verloren gegangen. Gott sei dank habe ich vieles davon vor 5 Jahren digitalisiert und daher ist zumindest die Information erhalten geblieben.




 Das unrühmliche Ende der Kötztinger Pfadfinder


Pfarrer Augustin bei einer Pfadfinder
Faschingsveranstaltung
Nichts ist für die Ewigkeit, aber Verträge wären eigentlich dazu da eingehalten zu werden. Die Kötztinger Pfadis hatten einen langjährigen Nutzungsvertrag mit dem bayerischen Staat abgeschlossen, der damals - beim Umbau -  noch der Besitzer der Kötztinger Kirchenburg, hier vor allem des alten Pulverturms gewesen war. Die Kötztinger Pfadis hatten den Umbau mit Eigenmitteln und Eigenleistung geschultert, ABER, Pfadfinder, speziell die Georgspfadfinder sind ein katholischer Verband und wenn der Pfarrer nicht mitzieht, bzw. wenn die Unterstützung von dieser Seite nicht nur fehlt sondern auch Widerstände aufgebaut werden, dann hat so ein Jugendverband keine Zukunft. Der Nachfolger des GHR Dietls, Herr Stadtpfarrer Augustin hatte mit den Pfadfindern nichts am Hut, nahm diesen sogar dann den Humgerturm weg und so wurde diese Erfolgsgeschichte innerhalb weniger Jahre auf Null gebracht.
Mit ganz klaren Worten und auch mit Benennung des, in seinen Augen, Schuldigen meldete Ludwig Brandl den DPSG Pfadfinderstamm Kötzting zum 31.12.1966 bei der Bundesleitung ab und teilte auch der Kötztinger Stadtverwaltung mit, daß im drauffolgenden Fasching 1967 mit keiner Faschingsveranstaltung von Seiten den Pfadfinder gerechnet werden könnte..

Abmeldung beim Bundesamt

Abmeldung beim Faschingskalender der Stadt Kötzting
Auch wenn es keinen ursächlichen Zusammenhang ergibt, Pater Augustin hat die Kötztinger Pfadis gegründet, Stadtpfarrer Augustin hat diesen Jugendverband dann nach vielen erfolgreichen Jahren beendet. ABER und das höre ich aus vielen Gesprächen mit den früheren Pfadfindern Kötztings heraus, und das ist ja auch mein eigene Erfahrung mit der jahrzehntelangen Pfadfinderarbeit, selbst diese wenigen Jahre bei den Kötztinger Pfadfindern waren für sie prägend und bleiben den "alten" Herren dauernd, lebhaft und sehr, sehr positiv in Erinnerung, weil:  Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder, 
also:

Gut Pfad 



Montag, 27. April 2015

Das Ende des zweiten Weltkriegs: die 11. Deutsche Panzerdivision Teil 1: die Kapitulation


Das Ende des zweiten Weltkriegs

Die 11. Deutsche Panzerdivision  Teil 1:  die Kapitulation



Ende April sind Teile von General Pattons Armee schon auf den Weg nach Linz in Österreich, andere Truppenteile biegen zusammen mit Einheiten der 2. US Cavalry, quasi auf der Ostmarkstraße, scharf nach links ab und dringen über Bayrisch Eisenstein in das damals noch zum Deutschen Reich gehörige Sudetenland und weiter tief hinein in das so genannte Protektorat Böhmen und Mähren bis nach Pilsen.
der Weg der 11. Deutschen Panzerdivision am Ende des Krieges

Mit diesem schnellen Vorrücken und dem Sperrriegel der US Armee wird der Versuch der, östlich von den US Streitkräften, ebenfalls nach Süden eilenden 11. Deutschen Panzerdivision vereitelt, noch vor der US Heeresspitze nach  Westen einschwenken zu können.

Im Mai 1940 in Schlesien als Teil von Rommels 7. Panzerdivision gegründet, wurden deren Panzerregiment 15 und die 11. Schützenbrigade zur Kerntruppe der im Herbst 1940 nun endgültig benannten 11. Panzerdivision. Die oben angesprochenen Truppenteile hatten sich im Frankreichfeldzug bereits den Namen: "Gost Brigade" und damit den Respekt der gegnerischen Verbände erworben und so wurde dieser Name auf die gesamte Division bei der Neugründung übertragen. Es folgten Kämpfe in Serbien im Frühjahr 41 aber schon im Juni 1941 erfolgte die Versetzung nach Polen an die russische Grenze von wo dann am 22.6.1941 die Division zum Angriff gegen die Sowjetunion antrat. Bis zum Frühjahr 1942 hatte die Division fast alle ihre Panzerfahrzeuge verloren, wurde neu ausgerüstet und aufgefüllt und war,  ab September 1943, mit dem später noch so wichtigen Generalleutnant Wend von Wietersheim als Kommandeur, bis Mai 1944 in andauernde Abwehrkämpfe im Osten verwickelt.

Von der Ostfront gings dann direkt nach Frankreich, zuerst als Besatzungsmacht, dann, nach der Landung der Amerikaner auch im Süden Frankreichs, war es die Hauptaufgabe der 11. PD den einsetzenden Rückzug der deutschen Truppen zu ermöglichen und zu decken.

Hier kam es nun zum ersten gefechtsmäßigen Zusammentreffen der 11. PD mit der 2nd Cav der US Armee, genauer gesagt in Luneville in Frankreich. Diese beiden Truppen sollten nun bis zum Ende des Krieges in andauernden Schlachten, Kämpfen und taktischen Scharmützeln miteinander verbunden bleiben. Es waren Gefechte in einer Art, dass Captain Sperl anlässlich seiner Rede 1990 von einem fairen Duell zwischen den Ghosts von General Patton und den Gespenstern der 11. Panzerdivision sprach. In seiner autobiograhischen Rückschau "What did you do in the War Grandpa?" erinnerte William E. Burdick sich an eine Vereinbarung zwischen der 11.PD und der 2nd Cav. die Kämpfe so lange einzustellen bis die Verwundeten von beiden Seiten geborgen werden konnten. Er sprach dabei von den Soldaten 11.PD als wilde, bzw. unerschrockene  (fierce) aber faire Kämpfer. Es gab einen wechselseitigen Respekt und für ihn, Burdick,  war es im Rückblick nicht überraschend, dass GLt von Wietersheim im Mai 1945 dann so handelte, wie er es tat.
diese Karte, aus dem Material des Traditionsvereins der 11. PD im Stadtarchiv Bad Kötzting, stammt offensichtlich aus dem Privatbesitz eines US Veteranens und zeigt eine mit persönlichen Anmerkungen gespickte Schlachtensituation in Frankreich.
Capitain Stewart, der Mann der die Lipizzanerrettung aus Hostau in leitender Stellung persönlich durchführte, schrieb in seiner Rückschau "Hostau Reminiscences", die ebenfalls im Stadtarchiv vorliegt, als er von seinem General gewarnt wurde, dass die 11. PD in seinen Raum vordränge und er ein Zusammentreffen tunlichst vermeiden solle: "Darauf hätte die Führung nach seinen Erfahrungen mit der 11.PD besonders bei Luneville nicht extra hinweisen müssen....."

Es ging in Frankreich das Rhonetal hinauf, dann sollte ein Sperrriegel in Lothringen errichtet werden. Dieser hielt ebenso wenig wie der Versuch in der Eifel und den Ardennen von Seiten der deutschen Armee wieder den Vorwärtsgang einlegen zu können.
Der nächste Versuch die Amerikaner aufzuhalten scheiterte an der Saar und nachfolgend am Rhein, dieser wurde von der US Armee überschritten und die 11. PD wich über den Westerwald und Thüringen, das zu dieser Zeit noch unbesetzt war, in das oben angesprochene Sudetenland aus, wo dann die Einkesselung durch die Amerikaner erfolgte und die Situation der 11. PD unhaltbar geworden war. Dies vor allem auch mit dem Wissen über die schnell von Osten her anstürmenden sowjetischen Streitkräfte, die stark anschwellenden Flüchtlingsströme in ihrem Einflussgebiet - wir sind hier in der Cham-Further Senke,  und die vermehrt in Grenzgebiet auftretenden sich auflösenden anderen deutschen Einheiten.

Das war nun schnell die militärische Situation zum Monatswechsel April/Mai 1945. In der Führung der Division hatte es in den vergangenen zwei Wochen - genauer seit dem 15.April - einen Wechsel gegeben. GLt von Wietersheim wurde abberufen um die Schlacht um Berlin mit dem 41. Panzerkorps zu führen. Generalmajor von Buttlar war nun der neue Kommandeur. Wend von Wietersheim entschloss sich in dieser Situation, und im Wissen um die Ausweglosigkeit überhaupt nach Berlin durchzukommen, dazu "krank" und damit unabkömmlich zu werden. GLt von Wietersheim war also noch da, aber nicht mehr der rechtmäßige Kommandeur der 11. Panzerdivision.

Flugblatt der US Army vom Jahreswechsel 44/45
Wie gut die Spionage der US Seite zu diesem Zeitpunkt bereits war, zeigt ein Flugblatt, dass offensichtlich über den deutschen Truppen abgeworfen worden war und das sich im Stadtarchiv in Kötzting im Material des Traditionsvereins der 11. Panzerdivision erhalten hat. Der Inhalt lässt darauf schließen, dass die Amerikaner in manchen Fällen sehr genau Bescheid wussten was auf der deutschen Seite geschah.













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Wie dann doch nicht ganz so gut die US Spionage war zeigt sich an der anfänglichen Fehleinschätzung über die Mannschaftsstärke, die die Amerikaner anfänglich auf weniger als 1500-3000 Mann schätzten. Allein mit der Kampfgruppe Wietersheim kapitulierten 9050 Mann.

GM von Buttlar, der rechtmäßige Kommandeur der 11. PD, steckte mit dem kleineren Teil der Soldaten und Material, aber ohne ausreichend Treibstoff, weiter südlich fest und konnte seinen Abmarsch in Richtung Passau daher nicht durchführen.
Der Großteil der Division war im Kommandobereich von GLt von Wietersheim und dieser - nun sind wir endgültig im Mai 1945 angekommen - versammelte am 2.Mai, durch seine eigene Funkstelle über die Aussichtslosigkeit der Kämpfe gut im Bilde, seine Offiziere im Divisionsgefechtsstand.
Vorausgegengen war ein einlaufender Tagesbefehl von General Schöner, dem Oberkommandeur des Heeres, welcher befahl, dass die 11. Panzerdivision sich sofort in Richtung Osten in Marsch zu setzen habe, wenn nötig zu Fuß unter Zurücklassung der Panzer und Geschütze, falls nicht mehr ausreichend Treibstoff vorhanden sei.
GLt Wend von Wietersheim

In dieser Besprechung mit seinem Stab und seinen Offizieren machte GLt von Wietersheim den Vorschlag, bei Zustimmung, mit den Amerikanern in Kontakt zu treten und eine ehrenvolle Waffenruhe auszuhandeln. Die Kampfgruppe von Buttlar sollte in diese Vereinbarungen miteingeschlossen werden. Dieser Vorschlag wurde in vollem Bewusstsein gemacht, dass es ein militärischer Hochverrat war, den er damit initiierte. Als alle in der Runde ihre Zustimmung signalisierten, übernahm von Wietersheim ausdrücklich wieder das Kommando über die gesamte Division, um die Verhandlungen auch über die KG von Buttlar führen zu können, der ja bereits 60 km weiter südlich und eigentlich - in Bezug auf die Verhandlungen mit den Amerikanern  -  nicht mehr im Einflussbereich der 90. Inf Division war.








Ich habe den dramatischen Vorgang Anfang Mai 1945 sehr knapp zusammengestellt. Jürgen Reichart der Kommandeur des 15. Panzerregimentes berichtet von der Dramatik dieser letzten beiden Tage sehr viel genauer in seinem Bericht, der als Manuskript im Stadtarchiv vorliegt.
Jürgen Reichart über die dramatischen Stunden



der Moment der Kapitulation in Jürgen Reicharts Worten








Oberleutnant der Reserve a.D. Klaus Knorr führte in in der Festschrift zum 45 Jahrestreffen 1990 die Bedingungen auf, die die Unterhändler den Amerikanern abtrotzen sollten.

- keine Auflösung der einzelnen Einheiten in der Gefangenschaft.
- alleinige Kommandobefugnisse der deutschen Vorgesetzen bis zur Entlassung
- Belassen aller Rangabzeichen, Orden und Ehrenzeichen
- Behalten der Offiziers Handfeuerwaffen
- eigene Gerichtsbarkeit
- eigene Verpflegung
- schnellste Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft

Festlegung einer Route auf der die Fahrzeuge der Division in den bayerischen Raum einrücken sollten.
Am Morgen des 4. Mai machten sich der 2. Generalstabsoffizier und der Divisionsadjutant zusammen mit zwei Dolmetschern auf den Weg, überschritten die Hauptkampflinie und trafen auf den ersten amerikanischen Posten. Von dort ging die Informationsstaffette schnell weiter und mit verbundenen Augen wurden die Unterhändler zum amerikanischen Divisionsgefechtsstand - in Cham - gefahren.
Ausgewiesen durch die schriftliche Vollmacht von Wietersheim war das einzige Pfund mit dem sie wuchern konnten, die vollständige  Kampfbereitschaft der Division und stellten ihre vorher abgesprochenen Forderungen.
Vollmacht von Wietersheim für seine Verhandlungsdelegation


Die amerikanischen Offiziere in Cham  konnten und wollten solch eine weitreichende Entscheidung nicht alleine treffen, unterbrachen die Verhandlungen kurzerhand und informierten den Bataillonskommandeur General Patton.
Hier fällt nun der bekannte Ausspruch General Pattons, welcher von den mit Spannung rückerwarteten Parlamentären den deutschen Offizieren berichtet wurde:
General Patton ist der Überzeugung, dass die 11. Panzerdivision die fairste und tapferste deutsche Division ist, gegen die er in diesem Krieg gekämpft hat. Er ist daher bereit, die von den deutschen Unterhändlern für die sofortige Waffenniederlegung vorgetragenen Bedingungen anzunehmen.

Die folgenden Bilder stammen alle aus dem sehr umfangreichen Buch über das XII US Corps der dritten Armee General Pattons, welches mir Mr. Ryan Myers vom Col. Reed Museum in Vilseck freundlicherweise in Kopie zur Verfügung gestellt hat.

Über den Anmarsch er kapitulierenden PD gibt es sogar einen Film auf Youtube:


die Verhandlungs"party" wie es die Amerikaner nannten, mit der weißen Fahne auf dem Weg in die Nähe von Eschlkam

Treffen von General Earnest und GM von Wietersheim in der Nähe von
Eschlkam um die Kapitulation zu unterzeichnen. Überschrift des Kapitels:
die "Gespensterdivision" ergibt sich den "Gespenstern"
Eine einzige Änderung wollte Patton vornehmen und die betraf den Aufmarschplan in die Gefangenschaft. Die Amerikaner informierten nun ihre Luftwaffe über die bevorstehende Waffenruhe und in der Nähe von Eschlkam/ Vseruby (Film!!) kam es zu einem ersten Zusammentreffen zwischen GM von Wietersheim und dem amerikanischen General Earnest.
(Film!!!)

Die Entlassung der Soldaten sollte spätestens 4 Wochen nach der endgültigen Kapitulation erfolgen.
Die Waffenruhe begann am 3. Mai um 14.00 Uhr und die ersten deutschen Einheiten begannen sich bereits um 17.00 Uhr desselben Tages in dem vorgesehen Bereitschaftsraum an der Grenze zu sammeln.
Nun konnten also die deutschen Truppen geschlossen über die Grenze fahren und sich in den beiden vorgesehen Areas in Kötzting sammeln, die kurz zuvor von amerikanischen Pionierabteilungen zumindest einen Wasserschloss erhalten hatten. Die beiden Areas für die Fahrzeuge waren der Bereich am Ludwigsberg - unterhalbe der jetzigen Capiokliniken - und die Wiesen Richtung Reitenstein.

 In den After Action Reports der 90. Inf. Div. liest sich der Einmarsch der deutschen Truppen so:
5. Mai   359th Infanterie
Während der ganzen Nacht hielt der Vorbeimarsch der 11. Panzerdivision an. Nach Zustimmung durch die 2. Infanterie Division durfte Beleuchtung benutzt werden um den Vormarsch zu erleichtern. Die deutschen Fahrzeuge waren in einem schlechten Zustand. Viele hatten Probleme oder waren ohne Treibstoff und mussten gezogen werden. Um 0300 jedoch kamen die deutschen Mannschaften selber und stampften die durchnässten Straßen entlang zu den Versammlungsorten zusammen mit einigen Pferdefuhrwerken.
Bei Tagesanbruch war die linke Reihe ( es waren zwei Grenzübergänge vereinbart)  praktisch durch aber im Bereich des 3. Bataillons zockelten Mannschaften und Fahrzeuge noch den ganzen Tag hindurch herein, bis dann um 1730 Uhr die letzte Einheit ankam.


Liste an erbeuteten Fahrzeugen und Mannschaften der 11. PD. Nachdem hier das
111. Pz grenadierregiment von Buttlars noch nicht aufgeführt ist scheint es sich nur
um die Zahlen der KG von Wietersheim zu handeln. Die Gesamtzahl der 11.PD, welche
kapituliert hatte müsste somit weit über 10000 Mann gewesen sein.









































Das ganze Regiment war damit befasst die kapitulierende Einheit abzuwickeln. Fahrzeuge wurden eingeteilt und in gleichen Gruppen aufgestellt, Abfallgruben wurden errichtet mit den Materialien der Panzerdivision. Eine interne Deutsche Wachmannschaft wurde eingerichtet und zusätzlich ein äußerer Wachring von amerikanischen Wärtern. Dann wurden Material und Truppen gezählt. Obwohl ein Mangel an Waffen und Artillerie festgestellt wurde, war die Größe der Einheit eine Überraschung. Anfängliche Schätzungen waren von insgesamt 1500
bis 3500 Menschen ausgegangen.
 Ende AAR May 45 90.Inf. Division


Meine schon lange verstorbene Tante Frau Betti Schödlbauer erzählte mir vor Jahren, dass auf dem ersten Panzer, der am Marktplatz auftauchte  der Kötztinger Bürgersohn Franz Oexler  saß und von meiner Oma aufgefordert wurde in die Bäckerei hereinzukommen. "Kimm no eina Franz", er aber meinte das ginge nicht, es käme hinter ihm eine ganze Division gefahren. Und wenns so nicht gestimmt hat, dann ist es zumindest eine schöne Geschichte......
Es ist dies übrigens dieselbe Oma, die die amerikanischen Soldaten Tage später zum Kaffetrinken und Frühstücken in ihre Küche eingeladen hatte....
Cpt Clifford inspiziert einen Panzer am Bahnhof in Kötzting

Bild von T/5 Millard McKee Teile der 11. PD im Bereich Gehstorf
Die folgenden Bilder stammen von John Ingram of Opelika Alabama 359th Co F

Panzer an der Verladerampe am Bahnhof in Kötzting



Divisionsschrott auf der Wiese unterhalb des Ludwigsberges

beim Ludwigsberg, im Hintergrund das Lindnersche Bierdepot

wie oben, Panzer an der Verladerampe





 

Ein Melder benachrichtigte GM von Buttlar und dieser rückte dann zwei Tage später mit dem
111. Panzergrenadierregiment - nachdem die US Streitkräfte noch 135000 Liter Sprit geliefert hatten - ebenfalls in den Bereich der US Kavallerie nach Kötzting ein.
Zwei Tage später kapitulierte auch Großdeutschland und der Zweite Weltkrieg war beendet.



In einem längeren Film kann man den Beginn des Abmarsches aus Neumarkt unter den Augen und aktiver Mithilfe der US Streitkräfte sehen.




Wird, wenns noch klappt, fortgesetzt und erweitert, zumindest der zweite Teil, also die endgültige Auflösung der 11. Panzerdivision und das Pfingstwunder mit Franz Oexler auf dem Lieblingspferd von Capitain Ferdinand Sperl möchte ich noch schaffen, aber der Mai ist voll mit Veranstaltungen und anderen Verpflichtungen.....





Literatur und Nachweise, die mir bei diesem Blog geholfen haben:
Herr RA Stefan Dittrich schrieb im Kollegstufenjahrgang 1992/1994  eine Facharbeit mit dem Thema: Der Kriegseinsatz der 11. Panzer-Division im Zweiten Weltkrieg und Kötzting als friedlicher Endpunkt.
G. W. Schrodek unbenanntes Manuskript im Stadtarchiv Bad Kötzting
U.S. Captain Ferdinand Sperls Redemanuskript vom Sommer 1990 im Stadtarchiv Bad Kötzting

Sonntag, 12. April 2015

Das Ende des Zweiten Weltkrieges: das Gefecht bei Grub



Britt Taylor Collins: Das "Gefecht bei Grub" 2005 aus Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham im Original ca 150 cm lang



Nachdem sich in den letzten Tagen im Internet, speziell auf FB auf der Kötztinger Seite, einige Diskussionen zum Thema Ende des Krieges, Kapitulation der 11. Panzerdivision und die Rettung der Lipizzaner ereignet haben und sich dabei manches vermischt hat, versuche ich aus dem mir zur Verfügung stehenden Material und einigen wenigen Augenzeugenberichten die letzten Tage des dritten Reiches und den beginnenden Neuanfang in Kötzting, also April und Mai 1945 zu strukturieren und so gut es geht zu dokumentieren.

Vielleicht nicht gerade chronologisch, aber immer abhängig davon was ich wo (Kötzting - Sinzing)  an Material und Zeit  zur Verfügung habe, nutze ich halt die nächsten Wochen um nach Möglichkeit einige Themenschwerpunkte herauszuarbeiten, was nicht heuer passiert, dann eben im nächsten Jahr, es wird ja wieder April/Mai....

Themenschwerpunkte könnten sein: die Reservelazarette in Kötztings ( letzte Woche)  Schulen und in der Umgebung ab Januar 1945, das Gefecht bei Grub( diesmal), die Rettung der Lipizzaner, die Kapitulation der 11. deutschen Panzerdivision, die Militärregierung und erste zivile deutsche Strukturen, der schwere Neubeginn, der Volkssturm in Kötzting, die Kriegsschäden in unserer Gegend, u.s.w.




Zu meinem letzten Blog erreichten mich erneut ein paar persönliche Erinnerungen:  hier von Bepp Fischer
Dein letzter Blog weckt Erinnerungen: 
Bei der Belegung des Raumes im neuen Schulhaus handelte es sich um ein Büro der Polizei-SS-Einheit von Soldaten meist aus dem Balkan. Diese waren über ein großes Gebiet zur Auffrischung verstreut. Als der Schülerzug nach und von Cham, wegen der Tiefflieger nicht mehr bei Tag fuhr, versuchten wir zur Heimfahrt immer einen "Panwagen" dieser Einheit zu erwischen. Sie fuhren nach Cham und holten von einer zentralen Versorgungsstelle ihren Proviant.

Ich kann mich auch noch erinnern, als das alte Schulhaus mit schlesischen Flüchtlingen belegt wurde. Wir schleppten damals Strohsäcke.


Es geht los mit dem  Gefecht bei Grub
diesen Beitrag haben meine Mutter und ich zusammen mit dem amerikanischen Schlachtenmaler Britt Taylor Collins für die "Gelben Bände" des Jahres 2005, eben auch ein rundes Jubiläum, erarbeitet.

Es liegt in der Natur der Dinge, dass solche Beiträge eher text-  als bildlastig sind. ;-((