Altkötzting: Die Wuhn
Staatsarchiv Landshut: Rep 164-8 Nr_ 1570. rot, die abgebrannten Anwesen |
Als Folge dieser Brandkatastrophe wurde der Verlauf der Straßen, zumindest im Brandgebiet, neu durchdacht und so zugeschnitten, dass den Regeln des passiven Brandschutzes eher entsprochen werden konnte und im Wesentlichen der Straßenverlauf entstand, den wir heute kennen.
Neuprojektierung des Straßenverlaufs in der "heutigen" unteren Marktstraße, mit der Wuhn, erkennbar mitten in der neu anzulegenden Straße |
Um
all diese Veränderungen des Straßenverlaufs durchsetzen zu können waren
langjährige Grundstücksverhandlungen nötig. Einige Anwesen mussten zugunsten
von Brandschneisen ersatzlos gestrichen werden, andere konnten an benachbarter
Stelle wiederaufgebaut werden. Der Straßenverlängerung im unteren Markt fielen neben
mehreren Städeln und anderen Nebengebäuden auch Teile des Spitals und einige
Wohngebäude zum Opfer. Eines dieser Anwesen führte den sonderbaren Eigennamen „Wuhn“ und hatte eine wechselvolle
Geschichte.
Lage der Wuhn
Würde
man die Wuhn heute an ihrem Originalplatz errichten wollen, müsste man das Haus
mit Erd- und Obergeschoss mitten auf der unteren Marktstraße vor dem Anwesen
Schötz platzieren.
Da sich die Anwesen im Markt Kötzting in das Schema Marktlehen-Sölde-Leerhaus einfügten, ist zunächst zu klären wo die Wuhn einzuordnen ist. Dem Besitz an Grund und Boden entsprechend und damit abgestuft in den Rechten und Pflichten galten Kötztings Marktbewohner als Marktlehner, Söldner, Häusler und Inwohner.
Schon im niederbayrischen Herzogsurbar (kurz nach 1301) ist Kötzting als Markt bezeichnet und aufgeführt mit 36 Lehen und 10 Sölden.[2] Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: „Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken.“[3]
Bereits aus der ersten Gründungszeit Kötztings stammt also die Aufteilung des Ortes in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teilen. Hinter diesen „Teile“ genannten Anwesen verstecken sich die Leerhäuser.
Was war das Besondere an diesen unterschiedlichen Anwesen?
Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting, ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. In Kötzting hatten also nur die Besitzer der 36 Marktlehen die Erlaubnis, im Kommunbräuhaus brauen zu lassen und ein Wirtshaus zu betreiben. Und sie nutzten dies auch weidlich. Die Söldner hatten dieses Braurecht nur eingeschränkt, das heißt, sie durften nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr) und dieses Bier auch nicht ausschenken. Die (Leer)Häusler, am unteren Ende der Rechteskala der besitzenden Bürger, hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer der „Häusler“ eine Handwerksgerechtigkeit besaß, durfte er seinen Beruf in seinem Anwesen ausüben. Ein weiteres Merkmal der „Leerhäuser“ war, dass beim Haus kein weiterer Grundbesitz vorhanden war.
Im Besitz des Marktes
Unter Führung des bayerischen Ministers Graf Montgelas
wurden die Gemeinden durch die Edikte
von 1806 und 1808 unter „staatliche Kuratel“ gestellt und die gemeindliche Selbstverwaltung beseitigt. Bereits ein paar Jahre vorher kam aus München die zwingende Aufforderung an alle Gemeinden, ihre im Eigenbesitz befindlichen Immobilien öffentlich zu versteigern. Damit sollten Einnahmen für die Magistratskasse erzielt und Folgekosten entscheidend reduziert werden. So konnte im Jahr 1803 der Kötztinger Magistrat unter anderem die Marktschneidmühle (heute Brauerei Lindner) und die Wuhnbehausung versteigern.[4]
von 1806 und 1808 unter „staatliche Kuratel“ gestellt und die gemeindliche Selbstverwaltung beseitigt. Bereits ein paar Jahre vorher kam aus München die zwingende Aufforderung an alle Gemeinden, ihre im Eigenbesitz befindlichen Immobilien öffentlich zu versteigern. Damit sollten Einnahmen für die Magistratskasse erzielt und Folgekosten entscheidend reduziert werden. So konnte im Jahr 1803 der Kötztinger Magistrat unter anderem die Marktschneidmühle (heute Brauerei Lindner) und die Wuhnbehausung versteigern.[4]
Bis zu dieser Zeit war also die Wuhn im Besitz des
Marktes Kötzting. Ein Blick in die ersten Marktrechnungen zeigt bereits für das
Jahr 1647 Pachteinnahmen für kleine Grundstücke, welche der Wuhn. zugeordnet waren[5]
Im Einzelnen waren es zwei kleine Äcker und ein Wurzgartl.
1683 zahlte der Kötztinger Ratsbürger Wolfgang
Seiderer für die zwei Wuhnäcker, die vorher Georg Denscherz (1647) gepachtet
hatte, 30 Kreuzer im Jahr und der Kötztinger Kammerer Jakob Passauer für den
Wuhngarten 1 Gulden und 30 Kreuzer.
Damit kann festgehalten werden, dass die Wuhn
ursprünglich eigene, eigentlich unveräußerliche, Grundstücke hatte, sogenannte Pertinenzien. Zählte die Wuhn
also früher zu den Marktlehen oder war sie nur eine Sölde? Trotz des geringen Grundbesitzes ist sie im Liquidationsprotokoll vom Jahre 1831 als Marktlehen vorgetragen.[6] Im Häuser- und Rustikalsteuer-Kataster von 1811 ist das Gebäude beschrieben als ein gemauertes Haus mit einem hölzernen Stallerl. Der Wert des Anwesens wird mit 600 Gulden angegeben, der Besitzer war 1811 der Nagelschmied Anton Magg.[7]
Für die Einordnung als Marktlehen spricht zum anderen
auch die klare Aussage des Kötztinger Priors und Pfarrvikars P. Gregor Mack,
der sich mit dem damaligen Kammerer (=Bürgermeister) Samuel Luckner einen
heftigen Streit unter anderem um Kirchengrundstücke lieferte. Da Luckner vermutete,
dass dem Mesnerhaus, welches die Pfarrei Kötzting nach dem 30-jährigen Krieg
von einem Privatmann angekauft hatte, früher ebenfalls Grundstücke fest
zugeordnet gewesen waren, warf er der Kirche vor, dieses nunmehrige
Mesneranwesen zertrümmert zu haben. Pfarrer Mack konterte mit dem Hinweis, dass
die Wuhn, früher auch einmal ein Marktlehen gewesen sei, und fragte, wo denn
deren Grundstücke geblieben wären.[8]
Was steckte hinter diesem Streit um früher vorhandene Grundstücke? Die Einteilung des Grundbesitzes im Markt Kötzting in die drei Anwesensgrößen (Marktlehen,Sölden und Häuser) entsprach der Regelung auf den Dörfern mit "Ganzen, Halben, Viertelbauernhöfen und weiter abgestuft mit den Söldnern und Häuslern). der Zweck dieser Regelung war eine Finanztechnische. Jede dieser Einheiten hatte den gleichen Steuersatz zu bezahlen,. unabhängig ob der Besitzer gut oder schlecht wirtschaftete. Somit konnte der Grundherr (hier der Markt Kötzting), unabhängig von einer möglichen Wirtschaftsflaute oder sonstigen Beeinflussungen, von genau bezifferten Einnahmen ausgehen. Allerdings behinderte diese Wirtschaftsform auch den Aufstieg von einzelnen Bewohnern, da ein Wachstum eines Anwesens nicht möglich war, da Grundstücke eben von einem Besitzer zu einem anderen verkauft - und damit vom Hauptanwesen abgetrennt, werden durften.
Ein weiterer Beleg für die Wuhn als Marktlehen: Es gint Hinweise, dass die Wuhn früher wohl eine Brauerei gewesen war, sogar in Privatbesitz. Anschließend, als sie dann zum Besitz des Marktes gehörte, wurde im Erdgeschoß noch lange Zeit ein Wirtshaus betrieben. Solch ein Bierausschank war aber in Kötzting ausschließlich den Marktlehnern vorbehalten, weder Söldnern noch Häuslern wurde dieses Recht zugestanden. In Pachtverträgen nach dem 30-jährigen Krieg finden wir manchmal noch die Verpflichtung für den Pächter der Wuhn, dass er das Bier im Kommunbräuhaus zu beziehen habe.
Andererseits aber lag die Wuhn in einem Ortsteil, in
dem sonst nur Leerhäuser angelegt waren. Ausnahme: das benachbarte Spitalgebäude, das
vor der Umwandlung in ein Spital ebenfalls ein Marktlehen war. Was steckte hinter diesem Streit um früher vorhandene Grundstücke? Die Einteilung des Grundbesitzes im Markt Kötzting in die drei Anwesensgrößen (Marktlehen,Sölden und Häuser) entsprach der Regelung auf den Dörfern mit "Ganzen, Halben, Viertelbauernhöfen und weiter abgestuft mit den Söldnern und Häuslern). der Zweck dieser Regelung war eine Finanztechnische. Jede dieser Einheiten hatte den gleichen Steuersatz zu bezahlen,. unabhängig ob der Besitzer gut oder schlecht wirtschaftete. Somit konnte der Grundherr (hier der Markt Kötzting), unabhängig von einer möglichen Wirtschaftsflaute oder sonstigen Beeinflussungen, von genau bezifferten Einnahmen ausgehen. Allerdings behinderte diese Wirtschaftsform auch den Aufstieg von einzelnen Bewohnern, da ein Wachstum eines Anwesens nicht möglich war, da Grundstücke eben von einem Besitzer zu einem anderen verkauft - und damit vom Hauptanwesen abgetrennt, werden durften.
Ein weiterer Beleg für die Wuhn als Marktlehen: Es gint Hinweise, dass die Wuhn früher wohl eine Brauerei gewesen war, sogar in Privatbesitz. Anschließend, als sie dann zum Besitz des Marktes gehörte, wurde im Erdgeschoß noch lange Zeit ein Wirtshaus betrieben. Solch ein Bierausschank war aber in Kötzting ausschließlich den Marktlehnern vorbehalten, weder Söldnern noch Häuslern wurde dieses Recht zugestanden. In Pachtverträgen nach dem 30-jährigen Krieg finden wir manchmal noch die Verpflichtung für den Pächter der Wuhn, dass er das Bier im Kommunbräuhaus zu beziehen habe.
Vor 1830, als es noch keine Vermessungspläne und damit
auch keine Plannummern gab, wurden die Besitztümer, Häuser und Anwesen mithilfe
von markanten Ortsteilen oder Nachbarn beschrieben. Unter Kötztings Häusern gibt
es nur wenige, die in Schriftstücken (z.B.Briefprotokollen) als Ortsangaben, sozusagen als "Anker" zur räumlichen Zuordnung der Nachbarshäuser,
dienten. Zu diesen festen Bezugsgrößen zählten die Fleischbank, das Rathaus, das Spital, die
Veitskirche, der Pfarrhof und eben auch die Wuhn.
Der Bereich zwischen Wuhn und Pfeffergraben war Ende
des 17. Jahrhunderts das aktuelle Neubaugebiet Kötztings. Der Neubürger
und Schuhmacher Michael Juglreiter etwa ersteht im Jahre 1672 um 66 Gulden „ein
Grundstück zunegst der Wuhn fuer ein Heusl.“[9]
Als Marktlehen war die Wuhn früher sicherlich im
Privatbesitz. Später wurde sie aus unbekannten Gründen vom Markt übernommen. Und
dieser versuchte erfolgreich diesen Kostentverursacher wieder loszuwerden. Wie
ein Bumerang kam diese Immobilie wieder in den Marktbesitz zurück, und erst
die Verwaltungsreform im 19. Jahrhundert brachte mit den angeordneten
Zwangsversteigerungen ein Ende der kommunalen Aufsicht über das alte
Gebäude.
Die Bewohner der Wuhn
Die
Entstehung der Wuhn ist wie die der meisten Anwesen Kötztings unbekannt. Erstmals
um 1620 bekommen wir Kenntnis von ihrer Existenz.
Wolf
Paulus der Jüngere, Ratsbürger und Bürgermeister von Neukirchen b. Hl. Blut, klagt
1626 gegen Kötztings Kammerer und Rat wegen 1000 Gulden ausständiger Schuld im
Zusammenhang mit dem Verkauf der Wuhn. Dabei legt er einen Kaufbrief vom
19.11.1621 vor, den der Markt Kötzting ausgestellt hatte, als er, Wolf Paulus,
die Wuhn „mit aller Ein- und Zuegehör, sambt der Preustath und darzue
gehörigem Preugeschier, vermög alter Brief und Sigl um 2400 Gulden und 20
Reichstaler Leykauf“ an Adam Mayr zu Simpering verkauft hatte. Mit dem Brief
waren alle Zahlungsfristen geregelt. 400 Gulden waren sogleich zu entrichten,
1000 im Jahre 1622 und die restlichen 1000 Gulden sollten 1623 beglichen
werden.[10]
Obwohl der Käufer Adam Mayr aus Simpering kam und der Verkäufer Paulus aus
Neukirchen, liefen die Geldströme nicht direkt zwischen den beiden. Adam Mayr
zahlte an die Kötztinger, und diese verpflichteten sich zu den oben angegebenen
Zahlungszielen. Soweit so gut. Nun setzte aber zu Beginn des dreißigjährigen Krieges eine Währungsinflation ein. Zwischen 1621, dem
Verkaufsdatum, und 1623, dem Zeitpunkt der letzten Zahlungsfrist, fand in
Bayern eine hohe Geldentwertung statt. Die Entwertung geschah zu den damaligen
Zeiten einfach dadurch, dass die Münzprägeanstalten schlicht den Goldgehalt der
Münzen reduzierten. Wolfgang Paulus wollte die, vom Nennwert her, 1000 Gulden
betragende Restsumme von den Kötztingern nicht annehmen. Um formal keinen
Fehler zu machen, deponierten die Kötztinger die Summe zuerst beim Landrichter,
hoben sie aber später wieder ab und legten das Geld gewinnbringend an. Der
Streit wurde vor dem Landgericht in Kötzting ausgetragen, und am 2.Mai 1626 kam
es zur Verhandlung, bei der Wolf Paulus erklärte, dass die erste Tranche „mit
Münz im hechsten Wert erlegt“ worden war. Dann allerdings seien „die
Münz abgeschlagen“ worden, und er begehre jetzt von den Kötztingern
entweder 1100 Gulden der schlechten Münzen oder aber sie, die Kötztinger,
sollten die ausgemachten 1000 Gulden in der alten Währung bezahlen. Lieber
wolle er die Wuhn wieder zurücknehmen, als sie um einen schlechten Betrag abgeben.
Im Übrigen hätte er schon einen anderen Käufer gehabt, den Gerichtsschreiber
Eustachius Landauer, der sogar 3000 Gulden geboten hatte. Diesen aber hätten
die Kötztinger abgelehnt.
Der
Magistrat trat in voller Besetzung auf. Vier Innere und vier Äußere Räte machten
ihre Aussage. Sie bestätigten die Grundaussagen des Neukirchener
Bürgermeisters. Und alles sei genauso durchgeführt worden, wie es mit Wolf
Paulus und Adam Mayr vereinbart worden war. Wolf Paulus habe die ersten 1000
Gulden bereits angenommen und mit diesen gewirtschaftet. Die zweite Summe
hätten sie noch vor der Abwertung bezahlt und sie hofften stark, nicht schuldig
zu sein und nicht von dem Gut weichen zu müssen.
Mit
dem Geldverdienen aus den ersten 1000 Gulden sei es nicht so weit her, meinte
Wolf Paulus. Lieber würde er sich mit der geringen Einnahme aus den erhaltenen
Kaufsgeldern mit den Kötztingern vergleichen und die Wuhn zurückbekommen, als
sich mit den schlechten Münzen zufrieden geben. Dies umso mehr, als die Kötztinger
den Landauer, der schließlich viel mehr geboten hatte, gehindert und abgeschreckt
hätten. Und am St. Georgi Tag, als die Kötztinger ihm das Geld nach Neukirchen
geschickt hätten, seien die Münzen in München bereits abgewertet worden und das
Mandat dazu bereits geschrieben gewesen.Die Räte gaben nicht auf. Er habe mit dem Geld trotzdem bereits gewirtschaftet und Grund und Boden damit gehandelt. Sie aber hätten die Wuhn vor Jahren um 600 Gulden gekauft und später wieder verkauft und all die Jahre hätten sie sich nur um Baufälle kümmern müssen.
Nun kam es zu einem Gerichtsentscheid betreffend die Behausung und Bräustatt Wuhn:
Obwohl viel Mühe von Seiten des Pfleggerichts verwendet worden ist, einen Vergleich zu erzielen, sei man in dieser Richtung nicht erfolgreich gewesen. Die erste Tranche der Kaufsumme sei korrekt und ohne Schaden für den Neukirchener bezahlt worden.
Da aber, als der zweite Termin näher gerückt war, „gleich das Geschrey gangen, es werde das Geld abgeschlagen“, solle weder Wolf Paulus allein den Schaden tragen, noch könne er den Kötztingern angelastet werden, die korrekt, dem Termin gemäß, gezahlt hätten. Da die Kötztinger die zweite Summe gewinnbringend angelegt hätten – es waren ja inzwischen ein paar Jahre vergangen – sollten sie dem Neukirchener die 1000 Gulden zusammen mit den angefallenen Zinsen von 65 Gulden bezahlen. Die Verfahrenskosten sollten aufgehoben und die Kosten der protokollierten Verhandlung allein von den Kötztingern getragen werden. Ansonsten erklärte man beide Parteien zu guten Freunden und Nachbarn, verwies auf das Recht der Revision und verblieb mit freundlichen Grüßen.
Wie aus den Gerichtsakten hervorgeht, war die Wuhn also vor dieser Zeit bereits im Besitz des Marktes. Möglicherweise war sie der Vorgänger des Kommunbrauhauses. Ein „Verzeichnis der Weißen Pierpreuheußer in dem Rennt Ambt Straubing“ listet in Kötzting drei Weißbierbrauereien auf. Eines davon ist im Besitz des Marktes. Von diesem Brauhaus heißt es, dass es von zwei Kötztinger Bürgern ca. 1550 gegründet und um das Jahr 1580 vom Markt angekauft worden war. Dem Bericht nach soll in diesem Brauhaus aber mehr Braun- als Weißbier gebraut worden sein.[11]
Dieses kleine hölzerne Gebäude war also Brauerei, Wirtshaus und Wohnhaus.
In der kartographischen Uraufnahme Kötztings aus dem Jahre
1831 ist die Wuhn (Hausnummer 119) als langgezogenes Rechteck eingezeichnet.[12]
Obwohl
der Markt Kötzting versuchte den Nutzwert des Gebäudes zu steigern, dürfte die
Wuhn dem Magistrat in vielen Jahren wie ein Mühlstein um den Hals gehangen haben.
Die
Einnahmen waren reduziert auf niedrige Pachtzahlungen aus dem Gebäude und den
wenigen Grundstücken. Die regelmäßig wiederkehrenden Umbau- und Unterhaltungsmaßnahmen
aber nahmen kein Ende. Darüber hinaus waren an das Kloster Rott alljährlich
Giltzahlungen für das Anwesen fällig. Der Markt wurde vom Kloster nicht anders
behandelt als jeder Privatbesitzer.Zuerst einmal versuchte der Magistrat die Nutzungsmöglichkeiten der Wuhn zu erhöhen. Und als sich Mitte 1666 die Möglichkeit ergab, eine Werkstatteinrichtung zu erstehen, kaufte sie der Markt mitsamt dem Recht auf Handwerksausübung und transferierte beides, Werkstatt und Recht, auf die Wuhn.
Der Rechnungsführer notierte, dass
die „dem Markt gehoerige alte Wuhnbehausung umb mehr und besonders Nuzen willens
ain Schlosser werkstatt als vorhero solcher Gerechtigkeit von Ander Lehners
Behausung zu versagt gemainer Markts verkhaufft worden. Hat der eingestueffte
Schlosser Arnold Paar mit allem was er selbst wegen verreichter Schlosser
Arbeit verdient.“
Von Andreas Lehner, einem Schlosser,
wurde diese Werkstatt für die Summe einer späteren Jahrespacht angekauft. Und
im Jahre 1682 zahlte der Schlosser Arnold Paar für zwei Jahre 9 Gulden an den
Markt, noch etwas behindert wegen der Umbaumaßnahmen. Aber immerhin konnte er,
wenn auch eingeschränkt, seine Werkstatt nutzen.[13]
Im Gegensatz zu dem Mieter Wolfgang
Schwarz, der wenige Jahre vorher, 1672, bei einem Nachbarn Martin Rädlinger,
Bürger und Gerichtsbote (heute Blumengeschäft Riedl) auf Marktskosten von Georgii
bis Michaeli einquartiert werden musste, weil „er in der Wuhn Wohnung der
grossen paufehligkeit und der darbey besorgten Gefährlichkeit nit mehr wohnen
koennen.“[14]
Die Wuhn war also im Jahre 1672 buchstäblich am
Einfallen und so häufen sich in den Folgejahren auch die Reparaturen, die sich
bis ins Jahr 1682 ziehen.
Auch 1681 bestand wieder die große Gefahr, dass das
Haus zerfiel, denn nach der Marktrechnung desselben Jahres verkaufte der
Kalkofener Kalkmeister Georg Spagerer 46 Tragen Kalk an den Markt wegen
der „gross vor Augen gestandten Gefahr die zu dem zum gemainen Markht
gehoerigen behausung, die Wuhn genannt, Paufelligkeit und der Oelter halber
wegen Ueberneigen Hoehe abgetragen und widerumben was die Notturft erfordert
zugericht und zum Theil sonderbar an ainem herforden Eckh von der grundvest
auss von Neuem erpauth werden muessen.“
In der damaligen Zeit, bei den
schlechten Baumaterialien, war es vor allem wichtig das Dach dicht zu bekommen und so wurde ein völlig
neuer Dachstuhl errichtet und die Wuhn meistenteils mit Legschindeln aber auch
mit Ziegeln (Preiss und Häcken) gedeckt. Teile der Wände wurden repariert.
Benötigt wurden 1500 Ziegel und 11000 Schindeln, die zum größten Teil aus dem
markteigenen Watzlholz bei Grafenwiesen stammten.[15]
Außerdem
wurde die Küche neu aufgemauert, und die Öfen wurden neu gesetzt.
1685, als es schon wieder nötig war Schäden
auszubessern, erschien die Ausführung dem Magistrat zu teuer, vor allem die
Abrechnung des Schlossers und Schreiners Paar, der die Arbeiten selbst am Haus
vorgenommen hatte, wurden angezweifelt, und eine Kommission sollte gleich alle
Abrechnungen Paars überprüfen. Und so ist „auf Befelchs Cammerer
und Rat Anthony Praendl Schmied und Wolf Immerl Schreiner aufgetragen worden,
dass sie des Schlossers Arbeith bei der Wuhnbehausung und dem Rathaus
besichtigen und erleitterung geben sollen ob er nit zuviel in seiner
Spezifikation einkhommen lassen“.[16] Der
Schreiner Hans Lehner, der Sohn des Andreas Lehner, von dem der Markt die
Werkstatt angekauft hatte, war für die Erneuerung der Stuben und Kammertüren
zuständig.
1693 war der nächste größere Umbau
fällig. Und durch die Art der vergebenen Arbeiten wird die Bausubstanz des
Hauses deutlich.
Nachdem zuerst die Fensterstöcke
ausgebessert waren, wurde alles für den neuen Fußboden hergerichtet: „… und
so hat man zur obbedeitten Stuben oeffterer Laimbstain zum Fusspoden beschnitten, Sandt graben und fuehren lassen,
so dann an 26 Fuhren Laimb ab iede Fuhr 1 kr, von 6 Fuhrn Sand iedem 2 ½ kr
Grabelohn item von 32 Fuhren ab iedem 3 kr Fuhrlohn und absonderlich von
Fuehrung 5 Bolsterhoelzer“ bezalt“
Der Kötztinger Mauerer Hans Poll
lieferte einen Nachweis ab „wegen Arbeit auf dem obern Stubenpoden und
Aufmauerung eines Mäuerls item
Ausweissung der Stuben und ander darbey verrichter Arbeit.“
Der Hafner Hans Koller verrechnete
2 Gulden 51 Kreuzer für das Setzen des Ofens in der Wuhnbehausung und die dafür hergegebenen Ofenkacheln.
Auch der obere Stubenboden wurde
mit Brettern verschlagen, Ofenstangen wurden errichtet und eine Ofenbank.
Verarbeitet hatte all die Materialien der Zimmermann Ander Müller.
Die Schlosserstube war ebenfalls
heizbar mit einen eigenen Ofen. Denn Koller Hans besserte nicht nur den Ofen
aus, sondern lieferte auch die Kacheln neben einer „Rehrn“.
Die Wuhn, die zehn Jahre zuvor ein
neues Dach erhalten hatte, um weiteren Schaden zu verhindern, wurde nun von
innen heraus renoviert. Der Fußboden, mit Lehm und Sand fest gestampft und mit
darauf ausgerichteten Polsterhölzern versehen, konnte mit aufgenagelten
Falzbrettern neu belegt werden.
Sowohl der erste Stock, der als
Wohnung vermietet war, als auch die Schlosserei waren mit einem Kachelofen
beheizbar.
In den folgenden Jahren kam dann
der Keller dran, der unbedingt entwässert werden musste. Dies ist ein altes
Übel in manchen Kötztinger Kellern, vor allem im unteren Markt, wo Grundwasser
unaufhaltsam in die Keller eindringt. Wo solch ein Grundwasser gelegen kam,
konnte man Schöpfbrunnen anlegen (z. B. den Spitalbrunnen). Im Haus jedoch war es
unerwünscht. So musste der Maurer Poll mit einem ausgemauerten Kanalgraben
Abhilfe schaffen. Wie feucht dieses Areal war, sieht man daran, dass gleich
neben der Wuhn ein Brunnen lag, der im Jahre 1678 mit Aufwand gereinigt wurde.[17] Auf
einem Plan von 1826 sind sogar zwei Brunnen neben dem Garten des Wuhnbesitzers
Magg deutlich zu sehen.
Um die Wende vom 17. zum 18.
Jahrhundert zieht ein neuer Schlosser in die Wuhn. Von seinem Pachtvertrag
kennen wir den genauen Text:
„Stifftbeschreibung
Von Cammerer und Raths wegen
alhier würdet Johann Stahl bürgern alda, die zu gemainer Markht gehörig
sogenannte Wuhnbehausung hirmit dergestalten auf ain Jahrlang so sich zu Hl:
Georgy ao 1703 anfangt und zu solcher Zeit H: Georgy 1704 widerumben endet,
gegen Erlag 18 fl pactierten Stüfftgeldts verstüfftet, dass er hierinnen die
Würthschaft mit Weiss und Praunpier so er von der Bürgerschaft und nit Herrn
Khrieger viertlweis Zenemmen auszäpfeln neben ander berechtigtem Zweck
betreiben möge. Den darin befindlichen Schlosser zur beihilf zuegeniessen,
entgegen aber allen Schaden welche durch sein oder die seinigen Vahrlessigkheit
sich bey solcher Behausung eraignen würde auf seinen Säckl zubessern haben
solle. Actum 21.12. Anno 1702“[18]
Die Laufzeit des Vertrags beträgt
also gerade mal ein Jahr.[19]
Dafür darf er sowohl die Schlosserei ausüben oder untervermieten und er darf,
und das dürfte die Haupteinnahmequelle gewesen sein, ein Wirtshaus betreiben.
Die einzige Einschränkung war, er musste das Bier in der Kommunebrauerei
beziehen und durfte sich nicht bei seinem Nachbarn dem Herrn Johann Krieger,
Privatbrauer (heute Gasthof zur Post), bedienen.
Eine Petition der Witwe Stahls um Pachtnachlass,
wirft ein Licht auf die Lebensbedingungen in Kötzting während des Spanischen
Erbfolgekriegs.
Johann Stahl, dem die Wuhn mit Schlosserwerkstatt,
Wirtshaus und Wohnung verstiftet worden war, ist in den Kriegswirren von den
österreichischen Husaren getötet worden. Seine Witwe bittet nun beim Magistrat
um einen Nachlass der üblichen 18 Gulden Jahrespacht und erhält ihn auch
gewährt. Darüber hinaus wird ihr die Wuhn für drei Jahre verpachtet. Die
Schlosserei könnte sie ja untervermieten. Auch ihr wird verboten, das benötigte
Bier beim Krieger zu beziehen.
Interessant ist in diesem
Zusammenhang, dass der Kötztinger Bildhauer Johann Paul Hager mit einer Tochter
des Johann Stahl verheiratet war. Es darf angenommen werden, dass er in der
Schlosserwerkstatt des verstorbenen Schwiegervaters seine Bildhauerwerkstatt
einrichtete.
Aus dem Jahr 1709 kennen wir einen
Rechnungseintrag, der ein Licht auf die damaligen Gewohnheiten wirft. Die den
Markt durchfahrenden Fuhrleute mussten einen Pflasterzoll zahlen. Der Zöllner
wohnte in der Herrenstraße (jetzt Blumenladen Riedl). Die Fuhrleute aber versuchten
den Markt ungesehen über einen Verbindungsweg von der Wuhn nach dem
Pfeffergraben zu verlassen. Der Markt musste reagieren und verbaute die
Notausfahrt: „Von dem sogenannten Pfeffergraben hat man zu der Wuhn 2 Grenzstain zum
eingraben herauf geführt umb dadurch zemachen daß die Pflasterzohl durch die
frembten Fuhrleit nit umbfahren werden und deswegen denen darzu gebrauchten so
stark zeheben und aufzulegen gehebt.“ Als Absperrung wurden also einfach
zwei große Steine mitten auf dem Weg platziert.
Dass die Wuhn während der ganzen
Zeit immer noch als Wirtschaft genutzt wurde, ergibt sich aus mehreren
Einträgen in den Rechnungsbüchern. In den Bänden des Pfleggerichts Kötzting von
1706 wird eine Gerichtsstrafe notiert, weil Kötztinger Saliterknechte (der
Saliter wohnte gleich neben der Wuhn) sich am Pfingstmontag eine Rauferei mit
einem Arndorfer Knecht lieferten. Valentin Völkl, Salliterknecht aus Kötzting,
und Thürmeier, dann „Oswaldt Völckhl sammentlich 3
Salliterknecht, haben Georgen Penzkofer ledigen bauernknecht zu Ärndorf verwichenen
heyl. Pfingstmontag bey dem sogenannten alten wunwürth ufm Berge, da Penzkofer
weillen es schon ziemblich nacht worden nicht ufm weege nacher Haus zugehen,
begriffen wahr ohne Ursach angefallen und mit Schrägenffiessen dergestalten geschlagen,
dass er an der Stürn ober des lünckhen Augs bluetig gewesen.“[20] Alle
drei wurden mit 3 Gulden 25 Kreuzern abgestraft, eine respektable Summe, wenn
man bedenkt, dass die Jahrespacht für eine Wuhnhälfte nur zwischen 7 und 9
Gulden ausmachte.
Im Spanischen
Erbfolgekrieg, es waren Soldaten einquartiert, musste der Wuhnwirt Martin
Hofmann gleich 18 Rekruten bewirten und stellte den Aufwand dann dem Markt
Kötzting in Rechnung.[21]
Dieser Hofmann erhält in seinem Stiftsvertrag etwas genauere Vorschriften, wie
er seine Wirtschaft zu führen hat. Neben der Vorgabe, das Bier bei der
Bürgerschaft und nicht beim Krieger zu kaufen, wird auch die Auflage erläutert,
das Bier viertlweise zu kaufen. Er dürfe nämlich das Bier nicht einlagern –
wohl um keine zu große Konkurrenz den anderen Bürgern zu machen –, sondern
dürfe gerade mal zwei (Viertl-)Fass Bier vorrätig haben (1 Viertl = 100 Maß).
Er darf weder schlachten noch Fleisch verkaufen. Schweine dürfe er sich aber
halten, soviel er für seine Wirtschaft benötigt.[22]
Nachweislich wurde in der Wuhn zumindest
bis 1721 Bier ausgeschenkt und eine Wirtschaft betrieben.
Wie man sich die räumliche
Aufteilung der Wuhn mit den zwei Parteien vorstellen muss, verdeutlichen zwei
Einträge im 18. Jahrhundert.
Nach einer Rechnungsrevision wird
sie neu verstiftet und zwar „ist vermög der vom
churfürstlich wohlloblichen Rentamt Straubing ausgeförtigt hochgdigen Resolution so der 1760ten Marktkammerrechnung mit Nr. 9 anliget die hünter Stuben besamt der Nagelschmiedgerechtigkeit in der sogenannten Wuhn Behausung bewilligt worden.Dahero man ihme Fischer lauth Rhatsprotokoll de ao 1766 fol. 49 solche hüntere Stuben und Nagelschmiedengerechtigkeit umb 6 und der Katharina Härtlin verwittibte Leineweberin alda, die vordere Stuben ingleichen vor 6 fl verstifftet.“[23]
churfürstlich wohlloblichen Rentamt Straubing ausgeförtigt hochgdigen Resolution so der 1760ten Marktkammerrechnung mit Nr. 9 anliget die hünter Stuben besamt der Nagelschmiedgerechtigkeit in der sogenannten Wuhn Behausung bewilligt worden.Dahero man ihme Fischer lauth Rhatsprotokoll de ao 1766 fol. 49 solche hüntere Stuben und Nagelschmiedengerechtigkeit umb 6 und der Katharina Härtlin verwittibte Leineweberin alda, die vordere Stuben ingleichen vor 6 fl verstifftet.“[23]
Im Jahre 1785 wird die „bürgerliche Wuhnbehausung samt der
Nagelschmiede Antoni Fisher nunmaliger
Nagelschmied dann Johann Mossmüller bürgerlicher Inwohner und zwar dem Fischer
die hintere Stuben samt der Nagelschmied
per 8 fl dem Mossmüller aber die vordere Stuben ab 6 fl unteinander verstift.
Dieser Nagelschmied aber zu keiner Zahlung fähig.“
Im Jahre 1793 wird der Antrag
gestellt, in Kötzting eine Freibank zu errichten. Und der Magistrat sieht eine
neue Einnahmequelle und lässt das neue Gebäude neben der Wuhn errichten, genauer
gesagt: „Die große Freibank ließ man zur Wuhnbehausung hinzu schraufen und für
eine Kammer zu recht richten.“[24] An
die Wuhn wurde also ein hölzernes Nebengebäude angelehnt und man hoffte auf
große Einnahmen. Allein, der Freibankmetzger schickte zwar seine Familie,
selber aber nahm er den Betrieb nie auf, und der Markt blieb auf all seinen
Schulden sitzen.
Wie eingangs erwähnt, zwang die
Regierung in München zu Anfang des 19. Jahrhunderts die bayerischen Kommunen
sich von kommunalen Immobilien zu trennen. So rief der Kötztinger Magistrat zur
öffentlichen Versteigerung auf und Anton Mack, ein Kötztinger Marktlehner und
Nagelschmied, ersteigerte 1803 die Wuhn für 1215 Gulden.[25]
Anschließend beantragte er für sich beim Landgericht eine Konzession, um eine
Nagelschmiede zu betreiben und erhielt diese auch mit der Auflage, den vorher
eingestifteten alten Nagelschmied Fischer als Meistergeselle zu übernehmen. Von
1832 bis 1836 war Anton Mack dann auch noch Kammerer (Bürgermeister) in
Kötzting. Am 12.5.1834 heiratete der Neubürger Anton Schreil – er stammte aus Hohenwarth
– Barbara, die Tochter des Nagelschmieds Mack und „erheiratete“ sich mit seiner
Braut auch die Nagelschmiedsgerechtigkeit und die Wuhn.
Ein Spottgedicht
Dr. Carl Müller, genannt Saumüller |
Wirkliche Begebenheit
wie
ein bürgerlicher Nagelschmied zu Kötzting einen großen Bretternagel verschluckt
haben thäte und derselbe, obwohl unter unsäglichen Schmerzen und nachdem ihm
sein Eheweib in Silber gefasst nach Weißenregen verlobt, durch den ganzen Leib
gegangen, im Jahre des Heils, als man schrieb 1853. Personen: Antoni der Nagelschmied, Waberl sein Weib.
Geh Waberl zünd a Kerzn an
Und schau ma hinten nein.
Es sticht mich etwas mordian
Dös muß a Nagel sein.
Z´erst is er mir im
Magen drin gleg´n
Ich hab´n deutli
g´spürt.
Doch wie ich druck,
hat sich der Lump
Auf einmal hint
postiert.
Waberl: Geh Toni, schau bist du denn
toll
Was fällt dir net als
ein.
Ich koch doch in die
Knödl wohl
Koan Bretternagl nei.
Toni: Oh Mordian, auweh, auweh,
Geh sei net so bequem
Wie schlagt sich glei
der Brand dazu,
bei mir woaßt ohnedem
O Mordion, oh weh oh,
weh!
Wirst sehn i stirb
jetzt glei.
Wer nimmt sich nun der
Kinder an,
Wer kriegt mei
kreuzbravs Weib,
Waberl: Geh Toni, mach mirs Herz net
schwer
Sonst fang is Flehna
an
Ziehn lieber
auseinand,
Damit ich nein schaun
kann.
Toni:
Oh Mordion, herzliebstes Weib
Wahr ists das glaub
mir g´wiß
I g´spürn jetzt scho
im ganzen Leib
A Bretternagel is.
(Waberl guckt nein)
O Toni, wenn ich´n
glückli krieg
I moa i hab´n g´segn
In Silber laß i´n faß´n glei
Und tragn auf
Weißenregn.
Toni: O liebs Weib, plag di net so
sehr,
Du kannst ihn ja kaum
krieg´n
Geh hol mir´n Dr.
Seidl her,
Der muß mir´n außa
ziehn.
Der
Doktor kommt, nimmt Perspektiv
Und schaut ins Loch
hinein.
Sagt: lieber Toni da
hats g´fehlt
Dös muss a Nagl sein.
Jetzt gehts nur Gselln
und halts man fest
Sonst halt er’s uns
net aus.
Und i nimm mei
Geburtszang her
Und zieh den Teufel
raus.
Der Toni schreit:
Auweh ös Schwanz,
dös is koa Narrethei.
Der
Doktor sagt: Jetzt holt di stad
Ich hab den Nagl glei!
Der Doktor zieht aus
Leibeskraft
Der Krank schreit, was
er kann
Bringt endlich raus an
Ochsenfuß
Mitsamt den Boana
dran.
Der
Toni sagt! Jetzt ist mir leicht
Jetzt ist der Schmerz
vorbei.
I´ glaubs scho sagt
der Dr. drauf,
da schau die Sauerei.
Und s´Waberl sagt:
Gott Lob und Dank,
Jetzt leg di Toni und
rast.
I geh damit zum
Goldschmied hin,
damit er´s Boandl
fasst!
Doch du mein lieber
Nagelschmied
Wennst wieder frisst
an Fuß,
So friß doch net de
Boana mit
Dass man´s hint raus
ziehgan muß“.
Anton Schreil besaß die Wuhn noch,
als im Juni 1867 wieder einmal eine Brandkatastrophe über Kötzting hereinbrach
und eine Markthälfte abbrannte. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, wurden
beim Neuaufbau feuerpolizeiliche Auflagen berücksichtigt und neben der Anlage
von Brandschneisen auch der Straßenverlauf im unteren Markt neu gestaltet. Die
Altbesitzer der Brandgrundstücke wurden entschädigt und nach dem Neuaufbau
verschwand hier ein Stück Altkötzting unter dem Straßenpflaster. Wenige
Jahrzehnte später konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es einst anders
gewesen sein könnte. Erst bei der aufwändigen Sanierung der Kötztinger Straßen
in den Jahren nach 1983 kam der eine oder andere Keller für die ausführenden
Baufirmen überraschenderweise unter dem damaligen Straßenpflaster zutage.
Betreiber
der Wuhnwerkstatt
1672 Wolf Schwarz
1682 Arnold Paar, Bürger und Schlosser
1686 Christoph Khamp, Schlosser
1693 Gotthard Gnadenpaur, Schlosser
1694 Georg Billich
1703 Johann Stahl
1708 Paulus
Maier
1716 Hans Georg Pachmayr, muss einen
Schlosser hinzunehmen
1730 Kaspar Lobner,
Nagelschmied
1747 Hans Fischer, Nagelschmied
1785 Anton Fischer,
Nagelschmied
Bewohner
der Wuhn
1672 Wolf Schwarz
1694 Georg Billich
1703 Johann Stahl
1708 Paulus Meier
1710 Martin Hofmann, führt die
Wirtschaft
1716 Hans Georg Pachmayr
1719 Georg Zilker
1721 Georg Zilker
1730 Kaspar Lobmayer
1741 Johann Baptist Eller
1745 Johann Gulder, Hüter, die
vordere Wuhnstube
1753 Ander Wurmb Zeug- und
Leineweber
1766 Katharina Härtl, Witwe
1785 Johann Moosmüller,
Inwohner, die hintere Stuben
1788 Johann Mossmüller, die
obere Wohnung, neu gemacht
1788 Wolfgang Preu, Wagner, die
untere Wohnung
1794 Johann Moosmüllers Witwe,
die obere Wohnung
1794 Ander Prebeck, die untere
Wohnung
Besitzer
der Wuhn
Herkunft privat
vor 1620 Markt
Kötzting
1621 Wolf Paulus
1621 Adam Mayr
1650 bis 1803 Markt Kötzting
1803 Anton Mack,
Nagelschmied
1837 Anton Schreil
1860 Anton Schreil,
Hausname beim Nagelschmied
1867 abgebrannt
[1] CARL VON PAUR:
Gedenkblätter zur Ortsgeschichte des Marktes Kötzting von 1800 bis 1871,
Manuskript im
Panzerschrank des Bürgermeisters, S.
367.
[2] MAX PIENDL: Kötzting in
seiner geschichtlichen Entwicklung, in: Kötzting 1085-1985, Regensburg 1985, S.
27.
[3] Zitiert nach Piendl, wie
Anm. 2, S. 29.
[4] Stadtarchiv (im Folgenden
Stadt A) Kötzting, AA V/23.
[5] Stadt Kötzting, Archiv
Arbeitskreis Heimatforschung (im Folgenden AAH), Marktrechnung Kötzting 1647.
[6] Vermessungsamt Cham,
Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Kötzting. III. Band, Haus-Nr. 119.
[7] Staatsarchiv Landshut (im
Folgenden StA La), Häuser- und Rustikalsteuerkataster Kötzting 1811, Nr. 389.
[8] Bayerisches
Hauptstaatsarchiv München (im Folgenden BayHStA), KL Rott 80.
[9] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 1, S. 37.
[11] StA La, Rentkastenamt
Straubing A 1166.
[12] Abgedruckt in: Kötzting
1085-1985, wie Anm. 2, S. 85.
[13] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 10, S. 8.
[14] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 1, S. 39.
[15] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 10, S. 28.
[16] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 13, S. 31.
[17] StadtA Kötzting,
Marktrechnungen Band 7, S. 41.
[18] StA Landshut,Pfleggericht
Kötzting P2, S. 21.
[19] Ohne Genehmigung durch
die Regierung durften die Kommunen solche Verträge immer nur mit einer Laufzeit
von einem Jahr abschließen.
Protokollierten sie längere Laufzeiten, so kassierte die Regierung anschließend
die
Verträge wieder, so geschehen im
Jahre 1700 als der Rentmeister aus Straubing in seinem Umrittsprotokoll solche
Vorgehensweise monierte und gegen die
Verpachtung der Wuhn auf drei Jahre Einspruch erhob.
[20] StA Landshut,
Rentkastenamt Straubing R 2392, S. 2.
[21] StadtA Kötzting,
Marktrechnung von 1710, S. 38.
[22] StA Landshut,
Pfleggericht Kötzting P5, S. 14.
[23] StadtA Kötzting, Marktrechnung
von 1767, S. 15.
[24] #######
[25] StadtA Kötzting, AA X/15.
[26] CARL MÜLLER: Gedichte aus seiner letzten Zeit in Kötzting,
Druck von J. Jakob in Kötzting, 1855, S. 33.