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Mittwoch, 31. Juli 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 78 beim Weißgerber

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.

Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummern 78 und 79 
 beim Weißgerber - "Weißgaba"


Detail aus Serwuschok Luftaufnahmen Spitalplatz




Was war ein Weißgerber?


In der Kötztinger Umschau vom August 
1969 erschien ein Artikel über einige alte Handwerksberufe Kötztings, die es damals bereits nicht mehr gab, darunter auch eine gute Erklärung der zwei verschiedenen Gerberberufe, die in Kötzting ausgeübt wurden, der Weiß- und der Schwarzgerber.


Vom Kötztinger Maler Sepp Zahorik stammte das Wappenbild, das heute noch die Hausfront des "Weißgarbas"schmückt.
KU vom Juni 1967

Auch von Conrad Krämer, dem Ostmarkonkel, haben wir eine schöne Zusammenstellung der verschiedensten Handwerksberufe und "Tätigkeiten" mit denen sich die Kötztinger früher ihr täglich Brot verdienen konnten, allerdings hatte seine Schreibmaschine, mit der er seine Texte abtippte, ein paar kleine Aussetzer.....
Stadt Kötzting Krämerarchiv


Nun aber los mit der Geschichte dieses Hauses:
Der heutige Spitalplatz - in Kötzting in alten Zeiten nur als "vor der Brucken" bezeichnet - war eines der Kötztinger "Neubaugebiete" in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg.
Die großen Anwesen - Hanr 71 und 72 -  auf der "Spitalseite" wurden angeblich bereits um 1560 erbaut, wobei es rätselhaft bleibt, weshalb diese im 16. Jahrhundert noch den Titel bzw. den Status eines Marktlehens erhalten haben sollten, wenn diese Reihung der Kötztinger Anwesen in sogenannte Marktlehen, Sölden und Häuser doch bereits im 12. Jahrhundert erfolgt sein soll. Es gibt also zusätzlich noch die Möglichkeit, dass die großen Anwesen dort drüben tatsächlich bereits früher bestanden hatten und nach einer Zerstörung oder nach dem Auflassen der Gebäude im Zusammenhang mit den Hussitenzeiten erst später wieder auf den Ruinen neu erbaut wurden. Wer genaueres über die dokumentierten Anfänge der Häuser jenseits des Regenflusses lesen möchte, kann dies in der ausführlichen Einleitung beim Haus mit der alten Hausnummer 71 nachlesen.
So ist es bei diesem Haus sehr schwierig  eine Besitzfolge zu belegen, weil schlichtweg die Nachbarn fehlen, mit denen früher die Lage eines Hauses "eindeutig" festgelegt und beschrieben wurde. 
Dies kann nun nur dadurch geschehen, dass versucht wird, ausgehend von einem gesicherten Nachweis in den späteren Briefprotokollen zu versuchen zeitlich rückwärts zu forschen.
Detail aus Bayernatlas.de 

Wie schon bei den vorhergehenden Beiträgen kann die Beweisführung mit frühen besitzern nur Rückwärtsgerichtet erfolgen und hier ist es erneut eine Steuerliste aus dem Jahre 1688, die in Listenform die Reihenfolge der Häuser abgebildet hatte so wie sie auch in der Wirklichkeit nebeneinander bzw. nacheinander stehen/standen. Allerdings ist es in dieser "Streusiedlung" auf der anderen Regenseite, nicht mehr so einfach, eine Reihung eindeutig bestzustellen.

Der "Anker" in dieser Liste für unseren Fall ist die "Preuhäußlin" - alte Hausnummer 72, gefolgt von Hans Passauer - alte Hausnummer 71  und Georg Oberstainer - alte Hausnummer 70a, später aufgegangen in Haus 70.

Oberhalb der Bräuhäuslin steht ein "Raab bei der Brugg". (alte Hausnummer 73)
 Es könnte sich also bei dem "Stützlweber" in der Liste oberhalb des "Raab bey der Brugg" um unseren Häusler handeln.

HStA München GL Fasc. 1829_62 Kirchentracht  von 1688

Dem oben angesprochenen Gedanken über eine Aneinanderfolge der Hausbesitzer folgend, wäre es ein "Hr. Büechel", der hier der Kandidat für unser gesuchtes Haus in Frage kommt.
Ein Filter in unserem sehr großen Namensindex auf den beruf eines "Weißgerbers" brachte dann tatsächlich einen Weißgerber Hans Pichl im Jahre 1660 zutage und bezeugte auch seine Einheirat in das Weißgerberanwesen, als er die Witwe des Vorbesitzers Hans Raith heiratete.
Mit ihm haben wir nun also den ersten gesicherten Besitzer des Hauses.
Der Filter auf Weißgerber brachte aber auch noch Treffer, die zeitlich vor Hans Raith lagen und mit großer Sicherheit auch diesem Hause zuzuordnen sind.

Sigmund Gerold



Hier haben wir nun zuerst einen Sigmund Gerholt, der im Jahre 1606 sich vor dem Kötztinger Pflegrichter zu verantworten hatte.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing R von 1606 

 "Sigmundt Geerholt Weysgerber zu Közting umb das er mit Andreen Pern Chrammer allda ein Unwillen angefangen hierunder auch denselben abgeplauen, sich guetlich mit demselben verglichen auch derenthalben die Obrigkeit auf sich geladen gestrafft 1 ß 18 rd "

Der Weißgerber Meerholt hatte also in Zusammenhang mit einem Streit den Händler Pern blutig geschlagen und sich - zusätzlich erschwerend -  mit diesem anschließend wieder vertragen, was aber eine zweite Straftat war, denn nur der "Obrigkeit" - sprich der Landrichter und sein Geldbeutel - konnten diese Straftat wieder ungeschehen machen.
Sigmund Gerold findet sich auch in den Kirchenrechnungen desselben Jahres.

PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1606
".... Sigmundt Gerold Burger und Weißgerber 20 fl"

"Unser"  Herr Gerold war wohl eher von einer sehr robusten Art, denn bereits im Jahr drauf stand er erneut vor dem Landrichter wegen einer kärperlichen Auseinandersetzung, die aber dieses Mal nicht mehr so glimpflich endete.


StA Landshut Rentkastenamt Straubing Rechnung von 1607

"Sigmundt Delhollt Weißgerber zu Khözting hat bey Geörgen Khürner daselbst ain Khandl auff Hannsen Ehinger Duechscherer von Schittenhofen aus Behaimb geworffen, hernach auch mit einem Papier nach demselben zum fenster hinein gestochen. Seiner Armutt halber 8 Tag mit Wasser und Prott In Fenkhnus abstraffen lassen, aber an Gellt    NIHIL."

Mit dem Rapier, mit er durchs Fenster versucht hatte, seinen Gegner zu treffen, sollte eine Art von Degen oder ein sehr langes Messer gemeint sein.
Das Kötztinger Gefängnis, am Ende der heutigen Schirnstraße, war zu der Zeit alles andere als ein gemütlicher Aufenthaltsort. 

Als den nächsten Besitzer können wir nun Bereits die Familie Raith bestätigen, mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Teil der Großfamilie "Raith", die Reitenstein gegründet, bzw. für die Namensgebung ausschlaggebend gewesen war. 


Hans Raith


Im Jahre 1625 können wir ihn zum ersten Male als Weißgerber bestätigen.
StA Landshut Regierung Straubing A 4399 von 1597-1630
Einem glücklichen Zufall verdanken wir die Existenz einer kompletten Briefprotokollreihe des Kötztinger Vogtgerichtes von 1597 ab, weil dieses sehr umfangreiche Aktenbündel Teil der Beweisführung eines Gerichtsstreites gewesen war.
Bei der Ausstellung eines Stifftbriefes für Vorderbuchberg steht in der Liste der Zeugen:
"Hanns Raidt Burger und Weißgerber und Goggeisl Schneider bede zu Khozting"
 Im Jahre 1645 steht er - mittlerweile verstorben in den Kötztinger Kirchenrechnungen.

PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1645 Seite 15

Unter der Rubrik von "Jahrtägen" steht "ingleichen wegen Hansen Raidten Weißgerbern seel gestifft Mess Herrn Pfarrer  30 xr   dem Mesner 10 xr."

Einschub
Was bedeutet dies nun:
Als Hans Raith - der Vater - verstorben war, hatte er wohl verfügt, dass die Pfarrkirche Kötzting eine gewisse Summe Geldes bekam, die diese wiederum an andere Bürger gegen 5 Prozent Zins verleihen sollte. Aus dieser Zinseinnahme nun wurden der Pfarrer und der Mesner für die Abhaltung der Jahresmesse bezahlt.
bezahlt 
Einschub Ende




1638 findet sich ein Hans Raith - dieses Mal in den Briefprotokollen des Probsteigerichtes - als Mitglied des Kötztinger Rats wiederum als Zeuge. Da aber gleichzeitig zwischen 1638 und 1642 wechselweise die Bezeichnungen Hans Raith "der Älter" und "der Jünger" in den Dokumenten zu finden sind kann hier nicht zuverlässig beiden - vermutlich - Brüdern unterschieden werden. 
Es ist zu vermuten, dass Hans Raith der Ältere das Mitglied das Rats und später sogar Kammerer, während Hans Raith der Jünger der Weißgerber gewesen war.
Der eine - der Weißgerber - verstarb 1650, der andere - obwohl der ältere - erst 1655.

Hans Raith und Barbara 


Im "Status animarum", der Seelenbeschreibung nach der "Stunde Null" der Katastrophe im November 1633 findet sich die Rumpffamilie des Weißgerbers Hans Raith:
PfA Kötzting Band 1

 "Hannß Rayd  Weisgerber                       Barbara ux. (Ehefrau)
                                                                  Michael    Maria  inf:  (=kleine Kinder)
                                                                  Margaretha anc: (Magd)"

Beim Taufeintrag eines Sohnes Georg im Jahre 1638 ist beim Vater Hans Raith als Beruf eingetragen: "Weissgerber am Anger".  Sowohl bei dieser Taufe, als auch bei der nächsten im Jahre 1642 wird der Taufpate als Michael Weber angegeben, einmal mit Wohnort Kreuzbach und das andere Mal aus Miltach. Dies könnte in Hinweis darauf sein, woher die Mutter stammt, deren Familienname bisher unbekannt ist.
Im Jahre 1646 wurde eine Art von Musterungsliste für Neukirchen und Kötzting aufgestellt, in welcher sich auch unser Hans Raith befindet. 
Hier: Hans Raidt der Jünger in der Liste direkt vor dem Wiesmüller Georg Lärnbecher



Im selben Jahr ist Hans Raith - ausdrücklich der jüngere genannt - als Kirchenprobst aufgeführt.

PfA Kötzting Deckblatt der Kirchenrechnung von 1646 mit " den verodneten Kirchenproöbsten Hannsen Raidten des Jüngeren und Georgen Lärnpecher Müllern zu Wißing" (=Wiesmühle)


Auch seine Ehefrau findet sich in den Rechnungsbüchern:
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Rechnung von 1649
"Barbara Raidtin alhir hat Hannsen Enngl bezichtigt er wehre zu Straubing an der Sällen gestanden gestanden. Er Engel widersprochen, derentwegen ist Sye umb 1/2 Pfund gebisst  in Münz 34 xr 2 H."



Im Jahre 1650 bezahlte Hans Raith der jünger, Weißgerber, 30 Kreuzer als "Ausleutgeld" für sein Kind.
Im selben Jahr findet sich sein Sterbeeintrag: am 26.5.1650 verstarb der Weißgerber Hans Raith.
Am 2.2.1653 heiratete der Pfaffenhofener Weißgerbergeselle Hans Puechl die Witwe des Weißgerbers Barbara Raith, wobei wir nun bei unserem "Anker" der obigen Liste und dem beweis der Richtigkeit der oben angesprochenen Vermutung angekommen wären.


Hans Puechl und Barbara Raith 

Durch Zufall hat sich ein einzelner Band der alten Briefprotokollreihen des Markts Kötzting erhalten, in dem genau diese Heirat protokolliert ist.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1651-1653
"Heyrathsabredt
Zwischen Hannsen Püechel Weißgerbergesellen von Pfaffenhoven gebierttig an ainem, dann Barbara, Weillendt Hannsen Raidten gewesten burger und Weißgerbers alhir seel hinderlassenen Wittib anderenthails, ist durch entsbenannte Herrn Beystendter und Befreundte nachvolgenter Heurath Abgeredt und beschlossen worden......"

Die angehende Frau Büchel verspricht ihrem "Bräutigam und zukünftigen Hauswirth" ihr laut der Erbverteilung angefallene "Erbsportion" in Höhe von 100 Gulden, die " Behausung, Werckhstatt und Walch auf 15 Jahrlang, item alle Varnuß und Hausrath". Nur 20 Gulden werden ihren Kindern aus erster Ehe vorbehalten.
Er hingegen verspricht seiner Baut 50 Gulden an Bargeld und schätzt den Werth seines Handwerks auf ebenfalls 50 Gulden, so dass er den 100 Gulden seiner zukünftigen Frau einen gleich hohen Betrag entgegen halten kann.
Die Liste der "Heiratsleute" ist beeindruckend.
Auf seiner Seite waren dies der Innere Rat und Kammerer Wolf Fischer und Herr Wolf Scharrer gleichzeitig Pelkhofer und Leiblfingischer Hofmarksrichter zu Lichteneck und Miltach und auf ihrer Seite
Hans Raith, Georg Tenscherz, Georg Lärnbecher, Veith Raith und Adam Tierrigl, alle Bürger zu Kötzting. Geschehen zu Kötzting am 2. Februar 1653..
Auch wenn wir den dazugehörigen Heiratseintrag in den Kötztinger Matrikeln bisher nicht belegen konnten, so ist die Heirat zweifelsohne vollzogen worden, denn in den Jahren 1655 und 1659 sind zumindest zwei Taufeinträge dieses Paares unter dem Familiennamen Püchel dokumentiert.
Im Jahre 1673 wird Hans Piechel erwähnt, als es um die Auszahlung des "Schützenvortls" für die Kötztinger Schützen ging, dieses gibt uns den ausreichenden Hinweis, dass er in der Kötztinger Schützenkompagnie als Schützenmeister einen oberen Rang besessen hatte.
Der Schießplatz der Kötztinger Schützen war damals sowieso auf dem Anger, also in der direkten Nachbarschaft bzw. fast im Hinterhof, des Weißgerbers.
StA Kötzting Marktrechnung von 1673
"Den Schüzenmaistern Hannßen Piechel Weißgerber, und Geörgen Kolbmer Preumaister beeden burgern alhir, den Schüzenvorthl inhalt Scheins No 91 guetgemacht mit 4 fl 30 xr."

Im Jahre 1688 haben wir ja, wie eingangs bei der Beweiskette bereits angeführt, underes Herrn Buechel als Besitzer belegt.

HStA München GL Fasc. 1829_62 Kirchentracht  von 1688


Barbara Büchl (Piechl) verstirbt am 5.1.1690 ihr Mann Hans Büchl (Piechel), des Rats genannt, stirbt am 10.3.1694.
 

Der nächste Besitzwechsel kann nur indirekt belegt werden, da er in den Zeitraum fällt, in dem wir keinerlei Briefprotokolle haben. Im Jahre 1691 wird ein Lorenz Türank, Sohn einer damals bekannten Kötztinger Kramersfamilie als Weißgerber aktenkundig, weil er seine Uferbefestigungen (Beschlacht) vernachlässigt hatte.
Durch Einheirat war die Familie Türank mit den Raiths bereits verbandelt, so dass dies möglicherweise der Zusammenhang für den Übergang von den Büchls zu den Türanks, noch zu Lebzeiten des Hans Büchel gewesen ist.

Lorenz Türank und Maria Obermeier.


Am 23.10.1690 hatte der Kötztinger Krämersohn Lorenz Türank die Bürger. und Bäckerstochter Maria Obermeier aus Neukirchen geheiratet, also noch zu Lebzeiten des alten Weißgerbers Hans Büchel.
Schon beim ersten Kind des jungen Paares - Taufeintrag 15.7.1691 - fungierte Hans Büchel als der Taufpate.
Im Jahre 1694 findet sich Lorenz Türank mit einer Schulderverschreibung in den Briefprotokollen der Hofmark Grafenwiesen; das Kapital stammt von der Kapelle Grafenwiesen. Vrmutlich benötigte der diese Summe, um, nach dem Tode des Hans Büchel, seine noch austehenden Schulden zu bezahlen, denn im Jahre 1699  - mit Rückvermerk auf das Jahr 1695 - lässt sich  sich in den Kötztinger Kirchenrechnungen nicht nur die endgültige Bestätigung der Verbindung der beiden Familien und des Besitzübergangs belegen, sondern auch eine mögliche Begründung für seinen Kapitalanspruch von 1694, dem Todesjahr des Hans Büchel..
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1699

"Lorenz Düranckh Burger und Weisgerber alhir und Anna Maria dessen Eheweib, seint 30 fl Capital von des Johann Piechels auch gewesten burger und Weisgerbers alhir, verschaffen 50 fl vorgeliehen worden und sye hierumben durch aufgerichten Schuldüberschreibung gemes de dato 9 7bri 695 ihr dermahlen inhabente Weisgerberswerchstatt zu ainem underpfandt mit Verzichte ermelt seines Eheweibs heurathlichen Sprichen verschriben warvon sye Züns raichen  1 fl 30 xr."

Nach Abschluss des Nachlassverfahrens des im März 1694 verstorbenen Hans Büchel wurden anscheinend aus dessen Erbmasse 50 fl als sein Vermächtnis der Pfarrkirche Kötzting verstiftet.
Aus diesem Kapital einer Jahrtagsstiftung nun liehen sich - zum Zinssatz von 5 Prozent - Lorenz Türank und seine Frau 30 Gulden und ließen diese Schuldsumme als Hypothek auf ihren Besitz eintragen, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass die - möglichen finanziellen - Ansprüche der Ehefrau erst an zweiter Stelle kamen.

Hofmann Adam und Maria Susanna (Schmidt)

Da die Kötztinger Briefprotokollreihe - mit Ausnahme des einen Ausreisserbandes von 1653 - erst im Jahr 1700 einsetzt, können wir den nächsten Verkauf nur grob zeitlich zuordnen.
Wir wissen, dass Adam Hofmann in den Jahren 1699 bei der Kapelle Grafenwiesen und im Jahre 1700 sich von seinem Schwager, dem Graf Törringischen braumeister Michael Schmidt aus Birnbach 200 Gulden. Mit diesem Kapital kann Adam Hofmann vermutlich den kaufpreis an die Türanckschen Erben bezahlen, denn am 27.7.1701 stellte eine Magdalena Türank, die Frau des Eschlkamer Bürgers und Bäckers Peter Türank, dem Kötztinger Weißgerber Adam Hofmann eine Quittung für die vollständige Bezahlung seiner Schuld aus, die dieser vor Jahren bei der Übernahme der Weißgerberwerkstatt übernommen hatte.
Magdalena Türank und ihr Mann waren die Erben des Lorenz Türank. In dieser Quittung wurde festgehalten, dass Hofmann  "vor wenig Jahren von seinem Vorfahren Lorenzen Düranckhen, auch  gewesten Bürgern und Weissgerbern alhier seel, vergeliehen, dann  von Ihme Hofmann in erkhauffung der Weissgerber werchstatt  ybernommene 200 fl Capital, samt den verfallenen Zins" hiermit bar bezahlt habe.
Schon Tage zuvor, am 23.7. hatte der Bürger und Weißgerber Adam Hofmann und dessen Frau Susanna die "Weißgerberwerchstatt am Regen zwischen Hansen Hofmann und Kaspar Vorwaldts Heusern ligent" um 700 fl und 2 bayr. Goldthaler Leykauf an den Sohn Hans Michael, des Braumeisters zu Birnbach verkauft. Das Anwesen blieb somit in der Verwandtschaft.

Hans Michael Schmidt als Besitzer


Dieser Hans Michael Schmidt  jedoch - so steht es auch ganz genau im Vertrag - ist zum Zeitpunkt der Vertragsschließung erst 5 Jahre alt..... wird aber schon Kötztinger Bürger. (vermutlich durfte er dieses werden, weil er ja nun im Markte Kötzting ein Haus besaß.)
Am selben Tage wird ein Stiftsbrief aufgesetzt, in welchem der junge Hans Michael Schmidt das Anwesen genau bis zu "Jakobi 1721" an den vorherigen Besitzer Adam Hofmann gegen eine Jahrespacht von 13 Gulden zurück verpachtet.
Wir haben also einen Besitzübergang zunächst von Türank an Hofmann. Dieser wiederum verkauft seinen ganzen Besitz an seinen Neffen, den kleinen Hans Michael Schmidt, um es anschließend sofort wieder von dem Buben auf 20 Jahre anzupachten. Natürlich ist bei diesem Vorgang der Vater als Beistand für seinen Sohn die treibende Kraft; was aber der wirkliche Grund für dieses Konstrukt gewesen ist, geht aus den Akten nicht hervor.

Hofmann Adam und Maria Susanna (Schmidt)
als Pächter


Ebenfalls im Sommer des Jahres 1701 leihen sich die beiden von dem Nittenauer Müller Georg Lärnbecher - dieser wird ebenfalls als ein Schwager bezeichnet - weitere 60 Gulden.
Lange blieb das Pächterehepaar nicht auf dem Anwesen, vielleicht auch wegen des ausgebrochenen Spanischen Erbfolgekrieges, der für die Kötztinger viele Bedrückungen brachte.
Michael Schmidt, der Braumeister und Vater, jedenfalls verpachtete 1704  die Weißgerberei erneut.

Adam Sämber(?), ein Further Bürger und Weißgerber sollte "die Werkstatt, die er - Schmidt - für seinen Sohn gekauft hat, mit dem Krautgarten , Gruber Wiesfleck und Wurzgartl  auf 15 Jahr" anstiften. Zusätzlich heißt es aber nun: "Stifter muß auch die ordinary bürgerlichen Ausgaben und  Einquartierungen bezahlen."

Josef Sämmer als Pächter

Auch wenn der Pächter im Vertrag als Adam(!) Sämmer bezeichnet wird, in der Rubrik der Bürgerrechtseinnahmen heißt der neue Kötztinger Beisitzer Joseph Sämer, der nun 8 Gulden zu bezahlen hatte, um als "Bürgerbeysitzer" zumindest gewisse Rechte im Markt zu erhalten. Das volle Bürgerrecht was an einen Grundbesitz gebunden, den er als Pächter natürlich nicht nachweisen konnte.
Am 2.11.1715 war es dann soweit, der Braumeister Michael Schmidt - immer noch in Birnbach wohnend - verkaufte die "die Weissgerberwerkstatt uf dem Anger nebst dem Regenfluss, die er fuer seinen Sohn Michael Schmidt gekauft hatte" an  Josef Sämer.  

Sämmer Josef  und Anna Steiner



Ganze 10 Jahre dauerte es, bis Josef Sämmer den Kaufpreis vollständig bezahlt hatte, denn erst am 19.5.1725 stellte Michael Schmidt dem Kötztinger Weißgerber eine Quittung über den vollständigen Erhalt der Kaufsumme aus. in der Ortsbeschreibung des Hauses findet sich wieder einmal eine Bestätigung des Kötztinger Schussangers: Es lautet: die "aberkaufte Weissgerberwerkstatt am Regen zunegst der sogenannten Schissstatt und Hansen Hofmanns Leinwoebers Behausung liegend"
Mit einer Draufzahlung von weiteren 3 Gulden war nun Josef Sämmer als Kötztinger Vollbürger angekommen.
Josef Sämmer lässt sich nun in den verschiedensten Funktionen in den Akten nachweisen. Er wird Kirchenprobst,  Mitglied des Äußeren und noch später, als Innerer Rats, sogar Kötztinger Amtskammerer.
Auch in der Kirchentrachtliste der Pfarrei Kötzting, die den zeitraum von 1727 bis 1736 abdeckt, läßt sich der Weißgerber nachweisen.
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4






Als im Jahre 1727 der Marktschreiber Johann Baptist Schreyer sein Amt antreten wollte, musste dieser sich eine mehrseitige Bürgschaftsurkunde ausstellen lassen und einer seiner Bürgen war Josef Sämmer.
Im Jahre 1728 bezahlt er an die Marktkasse 34 Kreuzer als Jahrespacht "ab ainem Wißflöckhl , die Hütwörth genannt, und enderhalb des Herrn Weyers liegent" 
Beide Ortsangabe sind uns heute noch ein Begriff: der Herrenweiher liegt am Grafenwiesener Kirchenweg zwischen Rieselhöhe und Fessmannsdorf und die Hutwöhr war das Wehr, das unser Kötztinger Freibad aufstaute.
Im Jahre 1731 was Josef Sämmer im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Äußeren Rat der Kötztinger Ziegelverwalter.
1740 pachtete er den Gruberbach auf 8 Jahre.
1742 finden wir ihn in den Marktrechnungen mit einer (Zwangs-)Anleihe von 9 1/2 Gulden. Der Hintergrund war die Drohung des Barons von der Trenck, es in Kötzting ebenso wie in Cham zu machen, wenn keine Brandsteuer bezahlt würde und das Beispiel der Stadt Cham schreckte die Kötztinger dann doch. Der Magistrat legte eine Liste aus und lieh sich von seinen kapitalkräftigen Bürgern privat Geld gegen Verzinsung. 
Für einen Häusler - und eine solcher war Josef Sämmer - war dies ein außerordentlich hoher Betrag. Josef Sämmer war vermutlich zu dieser Zeit wirtschaftlich sehr erfolgreich.
StA Kötzting Marktrechnung von 1742

Als /:titl:/ Herr Baron .... "de la Trenck königl. Obrist Lieutn. und Commandanten yber ein Panturn Corso, ein solches Patent ausgeförtigt worden, daß man anseithen des disorthigen Marckhts mit einschluss des anhero gehörigen Gruberhofes 571 fl 15 xr bey Vermeydung Feur und Schwerdts zu Viechtach gesis erlegen solle."

StA Kötzting Marktrechnung von 1742
"Herrn Joseph Sämmer des Rhats  9 fl 30 xr."

Bei einer schlussendlichen Abrechnung der Kriegskosten im Jahre 1745, die auf alle Kötztinger Bürger umgelegt wurden,  musste er dann einmal 7 1/2 Gulden nachschießen.


"Herr Joseph Sämmer, ab der Weissgerber werchstatt, und äckhern  7 fl 30 xr"


Abgesehen von diesen kleinen Nachweisen gibt es von Joseph Sämmer/Sammer aber ein paar richtig interessante Einträge in den verschiedensten Archivalien.

Beleidigungsklage



Im Jahre 1747 führte Joseph Sämmer eine Beleidigungsklage vor dem Landrichter gegen den damaligen Sagmüller Johann Adam Widmann, die dann in einem Vergleich endete.
StA Landshut Pfleggericht Kötzting P 45
"Ainen einen unehelichen Maister zu intitulieren, hingegen den anderen einen S:V: H:f: (=salve venia Hundtsfott) Commissari zu verschelten"

Vergleich
Joseph Sämmer burgerlicher Weisgerber alhier, hat Johann Adam Widmann des Rhats und Müllern uf der Saag,..... 
Beide erklärten, dass sie voneinander eigentlich nichts als "Liebs: und ehrliches zu sagen" wüssten, weshalb ihre vorherige - private - gütliche Einigung nun auch vom Gericht bestätigt und bekräftigt wurde.

Schuldverschreibung


Im selben - 1747 - Jahr liehen sich die Weisgerberseheleute 100 Gulden von der Pfarrkirche Kötzting, die diese wiederum von den "Kalbischen Eheleuten" als Stiftung zur Haltung von 4 Stiftsmessen pro Jahr legiert worden waren.


Beleidigungsklage 


Während seine Beleidigungsklage im Jahre 1747 vor dem Landrichter hatte verhandelt werden müssen, weil es bei der gefallenen Beleidigung am eine Handwerkerehre gegangen war, wurde eine "zivile" Beleidigung vor dem Kötztinger Magistrat verhandelt.


... obiger Jakob Rääbl [der Wirtspächter Jakob Rabl musste sich in den Jahr in einer ganzen Reihe von Beleidigungsklagen dem Magistrat stellen] hat Josephen Sämmer Burgerlichen Weisgerberb derorthen in gehabten Rausch einen Spott, entgegen Sämmer den Rääbl keinen bräfen Mann intituliert, sind aber vor angang würckhlicher Clag lauth Rathsprotokoll fol. 19 miteinander in Güette verglichen, entgegen hat man beede, weillen dise Schändtung nur aus unvorsichtigkeit beschehen. nebst ernstlichen Verweis umb 2 ßPfennig abgwandtet, so macht 17 xr 1 H:"

Eine Posse um eine Schwängerung und eine verweigerte Heirat 


Eine kuriose Sache findet sich im Verhörsprotokoll von 1751 des Landgerichtes.
Es geht dabei um eine Defloration, eine Schwängerung und eine Heiratsverweigerung, welches hier öffentlich groß und breit ausgetreten wurde.


Dieser Vorgang ist so außergewöhnlich, dass das Gerichtsprotokoll hier komplett vorgestellt werden soll.


"Maria Anna Sämmerin, ledige burger: und Weisgerberstochter alhir contra Hans Georgen Gerstl Weisgerbersgesöllen zu Osterhofen gebürttig, ohnlaugbar ist, das der Beclagte die Clägerin uf bedenckhliche Arth nit allein deflorirt, sondern auch eines Khündts improgniert, und weiweizumahlen sich der Beclagte gannz schändlich mit undterlassenen Spottwortten von hier abweckh...
... gemacht, lasst nur gehen, ich hab dem Weisgerber schön einen Stein in Gartten geworffen, den er sein lebtag nit mehr daraus bringen würdt, sohin nichts anders in Schildt geführt, als die Thatt auszuführen und sich hernach, wie geschehen davon zu mache, in Mainung die Sach hiermit schon ausgereicht zu sein.
Als würdet bey sein sein Gerstl nunmehrig hiesig widerummigen Einfündtung Clagenter Seiths gebetten, das weillen er sich in Guette mit der Clägerin in keine Satisfaction einlassen will, denselben in solang, und sovill alhir arrestando von obrigkeits weegen anhalten zu lassen, unzt derselbe ihr Clägerin Raoe: deflorationis et alimentationis sathsame Satisfaction abgeraicht haben werde. "

Was war hier geschehen: Hans Georg Gerstl, vermutlich Geselle bei den Sämmers, hatte die Tochter des Hauses verführt, entjungfert und geschwängert.
Nachdem die Folgen seiner Tat offensichtlich wurden hatte er sich mit abschiedlichen Spott über Vater und Tochter  aus Kötzting verabschiedet, nur um kurze Zeit später wieder im Markte aufzutauchen.

Nun folgt zunächst seine Antwort auf die Klageschrift.

Die Schwängerung der Weisgerberstochter gibt er sofort zu, auch weil er wegen dieser Straftat bereits "bei der Baron Kargischen Hofmark Kolmburg" abgebüßt worden war. Zusätzlich aber hatte die Klägerin bereits bei seiner Heimatstadt Osterhofen durchsetzen können, dass sein dortiges Vermögen "unter Arrest" genommen wurde und sogar  bei dem dortigen (Osterhofener) Pfarrer war die Klägerin vorstellig geworden. Deshalb habe er sich gezwungen gesehen, wieder hierher nach Kötzting zu kommen. 
Als er Tags zuvor - der Landrichter lässt da offensichtlich überhaupt keine Zeit vergehen - habe er der Klägerin "zwei Beschicksmänner zugesendet", um ihr formell mitteilen zu lassen, dass "weillen ihme bekhandt, das sye zum Fahl gebracht, so ist er aso gesünnet, sye zu ehelichen". Weder von der Klägerin noch von ihrem Vater habe er daraufhin aber eine positive Antwort erhalten.
Um aber seine redlichen Absichten zu belegen, möchte er seine Heiratsabsicht hier vor dem Gericht noch einmal schriftlich zu Protokoll geben.
Falls die Klägerin ihn, als den rechtmäßigen Vater, nicht zu heiraten gedenke, bitte er das Gericht, ihn dann aber auch von allen Kosten und Lasten zu befreien und die Klage abzuweisen.
Erschwerden käme noch hinzu, dass man nicht wissen könne, "ob sye ein lebendige Frucht uf die Weldt bringe, und also lebe, im übrigen aber das Sye ihme yber nacht resp. als einen Übelthäter in das Ambtshaus versezen lassen", fordere er die "billichmessige Satisfaction."
Gerstl wiederholt also seine Heiratsabsichten und beschwert sich über seine Verbringung ins Kötztinger Amtshaus.

Replic der Klägerin

Nun ist wiederum die Klägerin am Zuge und bekräftigt einfach, dass sie als die Geschwängerte jedes recht habe, zu versuchen auf sein - Gerstls- Vermögen durchzugreifen und damit zu verhindern, dass dieser sich, ohne sich vorher mit ihr geeinigt zu haben, anderswo sesshaft machen könne und sie damit im Stich lassen würde.
Was die "angetragene Verheiratung" anginge: so er glaube, er hätte ihr gegenüber einen "Ehespruch", so solle er diesen bei "gehörigen orthen" vorbringen. Sie bestehe auf der im gesetz vorgesehene "Satisfaction" für "Defloration" und "Alimentation."
 
Duplic des Beklagten

Gerstl argumentierte, das man in den Gesetzbüchern kein " Jota erfindten könne" über solch eine Satisfaction, wenn "sich ainer erheischig machet, eine zum Fahl gebrachte Weibspersohn zu ehelichen"

Triplic der Klägerin

Diese zitiert nun wörtlich aus dem damligen Gesetznuch: "und obgleich einer der jungfrauschändtung halber von der obrigkeit in ein oder anderen Fahl gestraft worden, soll er nicht desto weniger der Weibspersohn, die er aso geschwächt, dasjenige erstatten, was die gemaine Recht dissfahls ordtnen und sezen."

Nachdem er nur seine vorherige Argumentation wiederholt, ergeht vom Landrichter der folgende Bescheid.


"Beschaidt

dem becl. Johann Georg Gerstl Weisgerbergesellen von Osterhoven würdet obrigkeitlich auferladen, sich mit Maria Anna Sämmerin ledigen Burgers und Weisgerberstochter alhir in pcto alimentationis prolis billichen dingen nach zu vergleichen, und bis es geschechn, derorthen nit auzutretten, herentgegen sollen beede des Ehespruchs halber an das ordinariat gewisen und asdann raoe deflorationis das weitter gewärttig sein, ybrigens bezalt becl. Gerstl den heuntigen Gerichtskosten alleinig."

Der Beklagte hat also nun die Plicht sich mit der schwangeren Anna Maria Sämmer über die Zahlungsverpflichtungen für das spätere Kind zu einigen und wird wegen der eher komplexen Situation wegen "Defloration" und Forderung nach einem Heiratsanspruch an das Ordinariat in regensburg verwiesen. Die Kosten all dieser verfahren muss er alleine aufbringen.

Nun zunächst zu den Personen:

Sämmer Anna Maria war am 18.6.1712 geboren, war zum Zeitpunkt der "Verführung" und nachfolgenden Schwängerung bereits knapp vierzig Jahre alt.
Die obig protokollierte Verhandlung fand am 31.12.1781 statt, am 9.1.1752 - also nicht einmal 2 Wochen nach der Verhandlung - entband Maria Anna Sämmer von einem Jungen, der auf den Namen Joseph Johann Gerstl(!) getauft wurde.

Maria Anna Sämmer


Wie ging es nun auf dem Anwesen weiter: Joseph Sämmer - vermeintlich im Sterben liegend - bat die Obrigkeit an sein Sterbebett und diese fand den "resignierten Kammerer" "zwar böttliegerig aber bey noch wohl guetter  vernunfft" an und ließ am 22.11.1755 die Übergabe seines Anwesens an seine - immer noch ledige - Tochter Maria Anna protokollieren. 
100 fl der Kirche Kötzting 
30 fl der Bruderschaft Kötzting und 
80 fl dem Bartholomaeus Kirche in Harrling waren als Schulden zu übernehmen.
Verkauft werden die Werkstatt und das Haus, ein Sandhofäckerl und ein Acker bei Beckendorf.
Mit 850 Gulden wurde der Wert der Übernahme festgestellt. 
Weiter werden mit übergeben:
1 Pferd
3 Kühe
Nach Abzug aller zu verzinsenden Verbindlichkeiten vom Kaufpreis, blieb gerade noch ein Betrag von gut 200 Gulden tatsächlich zu bezahlen übrig, von denen 200 Gulden als "Zehrpfennig" für die Mutter geschrieben wurden. 
Mit dem drohenden Ableben war wohl dann doch nicht so schlimm, der Weißgerber erholte sich wieder und verstarb erst 3 Jahre später am 10.5.1758. Seine Frau, Anna Maria Sämmer, folgte ihm vier Jahre später ins Grab, am 13.4.1762.


Anton Schweizer und Maria Anna Sämmer


Anton Schweizer aus Neukirchen, von Beruf ein Gerber und von der Herkunft ein Schlossersohn, bezahlte in Jahre 1756 15 Gulden für das Kötztinger Bürgerrecht. Dies war ihm dadurch ermöglicht, weil er die Weißgerberstochter Anna Maria Sämmer geheiratet hatte.
200 Gulden an Heiratsgut muss der angehende Kötztinger Weißgerber als Mitgift mitbringen, wird in einem separaten Ehevertrag vereinbart, was genau der Summe entsprach, die die neue Besitzerin ihrer Mutter gutzuschreiben hatte.
.
Es folgen die üblichen Umschreibungen der Grundschulden wie hier folgend, die 100 Gulden bei der Pfarrkirche Kötzting.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1756 "Schuldporgschaftsbrief per 100 fl"

Joseph Sammer sein Schwiegervater, der vom Sterbebett wieder auferstanden war, findet sich im selben Jahre in den Kötztinger Marktrechnung mit einer Kreditsumme für den Markt. Der Markt Kötzting muss ihm Zisen für ein geliehenes Kapital von 60 Gulden bezahlen "zu Bezahlung der an Simon und Judaea Markt ankommenden Husaren"; es waren schwierige Kriegszeiten damals.
Auch Anton Schweizer übernimmt weiterhin die Pacht für die vom Markt angepachteten Grundstücke, wie sein Eintrag in den Marktrechnungen von 1763 über eine Zahlung von weiterhin 34 Kreuzern für den "Wiesfleck die Hütwörth underhalb des Herrenweihers" beweist.
Erneut können wir den Besitz und auch den nächsten Besitzübergang über die Kirchentrachtliste der Pfarrei Kötzting belegen.
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800
"Antoni Schweizer  Weißgerber   Joseph Gerstl "

Aus den Briefprotokollreihe ab dem Jahre 1781 können wir entnehmen, dass Anton Schweizer mittlerweile sogar als Kammerer gewählt wurde.
Er ist dies in einer äußerst turbulenten Zeit, weil das eigentlich friedliche Kötzting zu dieser Zeit in zwei Lager geteilt ist und über die Frage der Aufteilung der Hofmark Reitensteinischen Gründe heillos zerstritten ist.
A.S. ist Teil der Partei des damals noch übermächtigen Samuel Luckners. Als dieser von Ehefrauen der Gegenpartei tätlich angegriffen wurde, kam es zu einer Vernehmung vor dem Landrichter, bei dem A.S. Verhandlung als zeuge auszusagen hatte. Obwohl er eigentlich ein Gegner der  strittigen Grundstücksaufteilungen gewesen war, versuchte er doch bei seiner Vernehmung, die Handlungsweise der empörten Gegenpartei zu erklären.
Im einzelnen versucht er vor Gericht darzulegen, was damals so alles passiert war:
Er führt zunächst einen Einzelfall an, dessen Schicksal seine Frau dazu veranlasst hatte, bei dem Überfall auf Luckner mitzumachen:
Er sagt "ueber Liebl, er koenne durch das Fludern nicht viel Geld verdienen , da er auch durch ein Unglueck die linke Hand verloren hat, kann er sein Schneiderhandwerk nicht mehr ausueben.
Sei kein Wunder dass die Frauen bei dem Thema Reitenstein hitzig werden , sie haben wegen der Schulden schliesslich sich auch ihrer weiblichen Freiheiten verziehen."
Dann rollt er den ganzen Vorgang auf, der zum Großkonflikt in Kötzting geführt hatte:

Herr v. Goering hat dem gesamten Markt die Gründe vermacht, so dass alle Burger ihren Anteil bekämen. Das Geld dafuer solle der Markt aufbringen, die Gründe anteilsmessig vergeben und mit den Giltzahlungen die Zinsen bestreichen. Markt konnte aber nur 1000 bis 1500 fl auftreiben.
17 Consorten haben sich kurzfristig zusammengeschlossen, den Kauf zu tetigen, und haben 2000 fl aufgebracht und gleich protokolliert.
Luckner war nicht da, kam zurück, rief die Buergerschaft zusammen und erklärte das Vermaechtinis des Goering.
Die Buergerschaft könnten nicht zugeben , dass die 17 diese Gründe alleine geniessen.
Die anderen Buerger erklärten, Sie wollten bei dem Streit  gegen die 17 mithalten.
Kein Teil will mehr von dem.Streit abgehen.

Genaueres über diesen jahrzehntelangen und erbitterten Streit kann unter dem Beitrag über Bartholomaeus von Göhring nachgelesen werden.

Wie oben bei der Kirchentrachtliste bereits festgehalten wurde, geht der Besitz nun an der unehelich geborenen Sohn Josef Gerstl über, dessen Geburt und die ganzen Umstände solch einen Aufstand bewirkten.


Josef Gerstl


Anton Schweitzer, sein Stiefvater und seine Mutter Maria Anna, eine geborene Sämmer, übergeben am 9.5.1786  ihre "Behausung vor der Pruckhen sambt der Weissgerberwerchstatt" dem Weißgerbergesellen Josef Gerstl. zum Preis von 1000 Guulden.
 Der Umfang der zusätzlichen Liegenschaften und der Verpflichtungen bestehen aus:
"item der verhandtenen Walckh nebst dem Wurzgärtl auf dem Anger  und weiters zwey redo Khue
der Acker am Zandhof, 
das Ackerl am Peckendorfer Weg und 
das Wiesfleckl auf der  Hütwörth

200 fl sind nach wie vor bei der Kirche Kötzting und weitere 80 fl bei der Kirche in Harrling anhängig, die natürlich anschließend umgeschrieben werden mussten.

Am 26.6.1786, also wenige Wochen nach seinem Besitzantritt, heiratete er die Viechtacher Brauerstochter Anna Maria Greiner. 6 Kinder werden die beiden miteinander haben zwischen 1787 und 1800. 
Anna Maria Viktoria   1787    Pate Anna Maria Kollmaier
Christoph                    1789    Pate Christoph Kollmaier
Maria Anna Klara        1791   Pate Maria Klara Arendt (Ehefrau des Kötztinger Mesners)
Anna Katharina Agatha 1795 Pate Josef Arendt  Mesner
Josef Franz de Paul       1797 Pate Josef Arendt  >>>>>>>>>>>>> dieser wird der Betriebsnachfolger
Georg Anton                 1800 Pate Anton Greiner Wirt zu Viechtach



Einschub
Bevor der junge Mann nun das Anwesen antreten konnte, findet er sich in den Marktrechnungen als Teil eines juristischen Zuständigkeitsstreites.
Hintergrund ist der andauernde Streit darüber, welche Verfehlungen bzw. Gesetzesübertretungen nun vor dem Magistrat oder vor dem Landgericht verhandelt werden dürfen oder müssen.
Was war geschehen:
Offensichtlich war es in einem Kötztinger Bürgerhaus zu einem Streit zwischen dem - damals noch ledigen - Weißgerbergesellen Josef Gerstl und einigen Mitarbeitern des Kötztinger Landgerichts gekommen, die diese Beleidigungen dem Landrichter vortrugen, der sich der Sache annahm und über die beteiligten Kötztinger Männer urteilen wollte. 
Dies jedoch gestand ihm der damalige Kammerer Luckner nicht zu und bestand auf seiner Zuständigkeit. Da die Beleidigungen innerhalb eines Kötztinger Hauses gefallen waren, hätten die betroffenen Beamten die Sache bei ihm anzeigen müssen und folglich er, Luckner, die ganze Sache juristisch klären müssen und dürfen.
Luckner legt nun den ganzen Vorgang dem LG Viechtach zur Beurteilung vor und legt gleichzeitig bei der Regierung in Straubing Protest ein.
Der Ausgang dieses Streits ist leider nicht vermerkt, jedoch ist es eher unwahrscheinlich, dass Samuel Luckner hier klein bei gegeben hätte, das entspräche in keinerlei Weise seinem sonstigen Verhalten.
Einschub Ende

15 Gulden muss Josef Gerstl für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlen und ist nun in Kötzting als Vollbürger angekommen. Einen sehr seltenen - eigentlich einzigartiger - Vorgang findet sich über ihn im Jahre 1797. Für 2 Gulden kann Joseph Gerstl für 3 Jahre die "Jagdbarkeit" in den Reitensteiner Gründen erwerben.
Zwei Jahre später, im Jahre 1798 ist er an der Marktspitze angekommen, Joseph Gerstl wird der neue Amtskammerer des Marktes.
Nach der Änderung der regierungsform in bayern wurden auch die Strukturen auf der Kommunalebene völlig neu geordnet. In Kötzting gab es keine Inneren und Äußeren Räte mehr und auch der Titel eines Kammerers wurde abgeschafft, von dem Recht auf die Niedergerichtsbarkeit gar nicht mehr zu reden.
Im Jahre 1806 kam es in Kötzting zu einer Komunalwahl, bei der - es gab ja noch keine Parteien und keine Wahllisten, jeder Wähler frei seine Wunschkandidaten für die zur Verfügung stehenden Mandate aufschreiben konnte.
Kötztings Wahlscheine sind dieser Wahl haben sich komplett im Staatsarchiv in Landshut erhalten, aus welchem Grunde auch immer, vermutlich ging es im Nachgang um eine wie auch immer geartete Wahlanfechtung.
Josef Gerstls eigenhändig ausgefüllter Wahlschein jedenfalls - mit der damals noch unwichtigen und später korrigierten Hausnummer 69 - hat ebenfalls die mehr als 220 Jahre überdauert.
StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793 Magistratswahlen von 1806 


Wen nun wollte Josef Gerstl in den Ämtern sehen:
Als Bürgermeister wollte er einen seiner früheren Mitkammerer haben: Georg Windorfer
Für den Marktrat: Peter Kraus, Paul Groß, Anton Mack und Johann Schöberl (Schöpperl)
Für die zweiten Kammer, den Ausschuss: Kaspar Görgenhuber, Lorenz Mühlbauer, Peter Raith und Josef Hamberger.
Unterschrift: Joseph Gerstl, Weißgerber
Wirtschaftlich scheint es dem Weißgerber Gerstl sehr gut gegangen zu sein, da er sich ein zusätzliches Grundstücke leisten kann; das sogenannte Angerackerl im Umfang von 7/8 Tagwerk ersteigert er sich aus dem ehemaligen Klosterbesitz um 60 Gulden. Danach gewinnt er bei einer weiteren versteigerung, als es um den Zehent der kleinen Zellertalgemeinde Wurz geht. Für 20 Gulden kann er sich diesen "Warenterminkontrakt" sichern, einer Wette auf die zukünftigen Ernteerträge dieser Bauern.
Im Häuser- und Rustikalsteuerkataster des Jahres 1811 wird zum ersten Male der - damalige -Gesamtbesitz des Weißgerbers in einer Liste festgehalten, ein mittlerweile äußerst ansehnlicher Grundbesitz, der sich über drei Seiten erstreckt.

Hausnummer LXXV (erst 1840 werden die endgültigen - und nicht bis 1952 mehr veränderten Hausnummern vergeben, trotzdem finden sich hier mit Bleistift ergänzt, die späteren eindeutig zuzuordnenden Plannummern für den Markt und die Umgebung)
Joseph Gerstl Plannummern 104 und 124  
A. Das gemauerte Haus mit Stall und Stadel, denn
B: einem kleinen Gartl
HsNr. LXXII
Plannummer 104 1/2 dessen Walk
Plannummer 473 das Ackerl am Sandhof



Plannummer 636 das Ackerl gegen Bäckendorf
das zweimahdige Wieserl in der Hutwöhr
Plannummer 473 das aus einem Steinriegel ao 1803 cultivierte Ackerl
Plannummer 867 Gemeindeantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen 
von dem vertheilten Strohhof bei Grub:
Plannummer 831 1 Ackerl
Plannummer 724 Wieserl  beide Arndorf
Plannummer 731 Wieserl
Plannummer 883 das Ackerl am Rothanger


Plannummer 616 das aus dem Pfleggründen zu Kötzting erkauffte sogenannte Rabenbauerackerl in der Laimgasse
Plannummer 491 das aus obigen Pfleggründen erkaufte kleine Multererackerl
Plannummer 563 das aus den Klosterpfarrgründen erkaufte und jetzt in eine Wiese verwandelte Angerackerl
Plannummer Arndorf 719 der aus der genannten Klostergründen von der Oekonimoe Grub erkaufte halbe Welweiher, eine Wiese
Plannummer 614 und 613 die aus den Gründen der Pfarrkirche Kötzting erkaufte Wiesmühler Wiese in Flecken.

Da hier der Besitzübergang von einem Josef Gerstl auf den nächsten Josef Gerstl geht, und beide in Kötzting auch öffentliche Ämter innehatten, hilft uns hier der Grundsteuerkataster weiter, denn mit der Besitzübergabe endete zu dieser Zeit die Möglichkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden. 
In diesem Kataster heißt es, dass das Anwesen am 27. Juni 1817 vom Vater auf den Sohn übergegangen ist.
Im Sitzungsprotokoll des Marktrates von 1825 ist Joseph Gerstl als Magistratsrat aufgelistet, dass bedeutet, dass es sich bei ihm bereits um den Vater gehandelt hat.


Josef Gerstl und Magdalena Greil


Bereits 3 Tage vor der Umschreibung des sehr umfangreichen Weißgerberanwesens hatte Joseph Franz Gerstl die Gotzendorfer Bauerntochter Magdalena Greil geheiratet. Auch diese Ehe war mit vielen Kindern gesegnet. Acht Taufeinträge sind in den Kötztinger Matrikeln zwischen 1818 und 1836 zu finden.
Anna Katharina    1818   Pate: Gerstl Katharina Weißgerberin Schölling
Maria Magdalena 1821   Pate: Schweitzer Maria Magdalena Klosterschwester
Joseph                   1823  Pate: Schweitzer Magdalena Klosterfrau
Anna Maria          1825   Pate: Weiß Paulus
Georg Paul           1828   Pate: Weiß Paul 
Karl                      1831   Pate: Weiß Paul
Anna                     1833   Pate: Weiß Paul
Barbara                 1836   Pate: Weiß Paul 

Karl Gerstl wird im Alter von gut 20 Jahren - Weißgerbersohn und Kandidat der Philosophischen Fakultät genannt - an Phthisis florida sterben. Dies sollte eine Umschreibung von schwindenden Lebenskräften. 
Anna Gerstl, seine Schwester, wird auch nicht sehr viel älter; sie stirbt mit gut 28 Jahren am 5.4.1854. 
Georg Gerstl verstirbt mit 33 Jahren am 26.3.1862 an Lungenvereiterung.
Barbara Gerstl stirbt ebenfalls an der Lungensuch mit 30 Jahren am 19.5.1867.
Der Vollständigkeit halber hier auch noch die weiteren Sterbedaten der Kernfamilie:
Die Weißgerberin Magdalena Gerstl wird 70 Jahre alt und stirbt am 6.1.1864.
Josef Gerstl selber wird 76 Jahre alt, bevor er am 19.3.1871 an Gelbsucht stirbt.


Der Vater hatte sich noch das Jagdrecht im Revier der ehemaligen Hofmark Reitenstein gesichert, der Sohn nun - 1826 - pachtete sich den Dampfbach zum Jahrespreis von 1 Gulden
Es war sicherlich nicht einfach für ihn, aber so waren es damals die Bedingungen. Mit der Übergabe seines umfangreichen Besitzes, den er ja schlussendlich Stück für Stück angesammelt hatte, fiel der Vater vom Kötztinger Vollbürger hinunter auf einen "Leibthümer".
StA Kötzting AA II-14 Bürgerliste

Ganz weit hinten in der dritten Unterkategorie nach den Bürgern und Beisitzern stehen die Altenteiler und unter ihnen auch "Joseph Gerstl Leibthümer, verheiratet."

In seiner Austrag verstarb Joseph Gerstl -senior -  im hohen Alter von 86 Jahren an Altersschwäche am 28.12.1832. Seine Witwe lebte nur 9 Monate länger und verstarb - ebenfalls an Altersschwäche - mit 69 Jahren am 21.9.1833.

Im Jahre 1827 stellte Gerstl Josef, B v K ein Baugesuch. Er will eine Ziegelhütte-Brennofen auf seinem Grund, "die Eggener" genannt, errichten. Diese Fläche ist 5 Tagwerk groß und 100 Schritt von der Wiesmühle entfernt. Anna Auzinger hat schon einen Ziegelofen und ist auch vom Markt entlegen.
Es bestünde also keine Gefahr. 
Im Jahre 1838 standen sich der Marktmüller und Josef Gerstl vor dem Vermittlungsamt gegenüber. Im Protokoll heißt es knapp formuliert: 
Josef  Gerstl Weißgerber v K gegen Josef Amberger v K wegen Anhängen einer  Fürstell behufs der Baumflößung, dann wegen Höherbau der Mühlbschlacht des Marktmühlers. Kein Vergleich
Einschub
Die Höhe der Anstauung und der Uferbefestigungen hatten einen direkten Einfluss auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen in diesem Teil von Kötzting.
Einschub Ende
1839 musste er sich vor dem Magistrat verantworten, der Grund: Er hatte sich "bei seinem Haus einen Wurzgarten und Baumgarten angeeignet." In diesem Bereich von Kötzting, mit dem großen freien Platz zwischen den Häusern und der nur sehr schmalen Straße nach Lam, die durch diesen Platz schnitt, war es vermutlich sehr leicht möglich, sich Stück für Stück einen kleinen Flecken zusätzlichen Landes anzueignen, bis man halt dabei erwischt wurde....
Aus dem Jahre 1841 kennen wir ein Kirta-Aufstellungsverzeichnis in dem die einzelnen Fieranten mit ihren Standplätzen - die vermutlich so wie heute auch traditionell nicht verändert wurden - aufgeführt sind.
StA Kötzting AA IX 38
"40. Jos. Gerstl   Weißgerber Kötzting I. Stand in der Fleischgasse"

Nach dem H+R-Steuerkataster von 1811 mit seiner vorläufigen Einteilung, folgte 1841 nun der erste richtige Grundsteuerkataster, der auch mit den Plan- und Hausnummern der Uraufnahme von 1831 übereinstimmte.
 
StA Landshut Grundsteuerkataster 5038


Hausnummer 78 in Kötzting beim Weißgerber Franz Joseph Gerstl
Das Haus mit der realen Weißgerber Gerechtigkeit
Gebäude:
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, Schweinstall, Stadl mit Schupfe und Backofen, dann Hofraum
Garten:
Gras und Baumgarten beym Haus. 
Die Marktgemeinde Kötzting spricht die südlichen Stückeln vom Hofraum und Wurzgarten als Eigenthum an, wogegen jedoch Besitzer protestiert und seiner Rechte verwehrt."

Im Kommentar dieser Anfangsseite erfahren wir das Kaufdatum: den 17. Juni 1817 und den Kaufpreis. Stolze 5000 Gulden musste Josef Gerstl damals seinem Vater bezahlen.
Auch bei den Nebengebäuden gibt es einen Einspruch von Seiten des Marktes bzw. von Nachbarn:

Nebengebäude:
die Walk:
Der Marktmüller Joseph Amberger Hausnur 63 spricht als Entschädigung für das zu benutzende Wasser zur Walk  2 fl 30 xr   an, welche aber vom besitzer Gerstl in der Art widersprochen werden. daß er selbe seit dem Jahre 1835 nicht mehr geleistet und auch für die Folge nicht mehr gegeben werden.

der Ziegelstadel mit Hofraum: hiervon spricht die Gemeinde Kötzting einen Theil als Eigenthum an, wogegen aber Besitzer protestiert.

Auch bei anderen Grundstücken - z.B. dem Rabenbauerwiesl in der "Laimbgassen - finden sich vergleichbare Einlassungen von Seiten des Marktes und Proteste gegen solche durch Josef Gerstl. Man kann den Eindruck gewinnen, weil solche Streitigkeiten bisher bei den anderen Anwesen nicht vorgekommen sind, dass Josef Gerstl hier sehr selbstbewusst seine Grenzen hin zum öffentlichen Grün ETWAS flexibel gehandhabt hatte. 
Der im selben Jahre entstandene Mieterkataster bringt uns zwar keine Untermieter dafür aber eine genauere Beschreibung des Bauzustandes des Weißgerberhauses.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 
"Josef Gerstl Weißgerber /:Hausbesitzer:/
1. Hauptgebäude

I. 1 Wohnzimmer, 2 Kammern, 1 Werkstätte und 1 Stallung
II 1 Wohnzimmer, 1 Kammer und 2 Boden, dann 
2 Hausböden unterm Dach

2. Nebengebäude
1 Backofen

3. Nebengebäude
Eine Scheune mit Dreschtenne und Stadel

4. Nebengebäude
1 Trockenstadel zur Ziegelfabrikation

5. Nebengebäude
1 Ziegelbrennofen

6. Nebengebäude
1 Schuppen zur Aufbewahrung der Ziegel"


Pfingsten im Hause Josef Gerstl


Detail aus der Auflistung der historischen Pfingstbrautpaare zum 500jährigen Rittjubiläum 1912


10 Gulden erhält der Pfingstbräutigam des Jahres 1845 aus der Marktkasse. Im Detail steht in der Marktrechnung von 1845, dass Joseph Gerstl diese Summe erhalten habe, "welcher mit dem Ehrenkränzchen beschenkt wurde, erhielt als Beitrag zur Bestreitung der Kosten". 

Im Jahre 1848 folgte der nächste Bauantrag, es ging um einen Schuppenbau im direkten Bereich des Regens. 
StA Kötzting AA XI 118
A Bauplatz
B Haus des Bauführers
C Stadel
D Lohstampf der Witwe Ludwig
E Haus des Michael Ritzenberger


Dieser Bau wurde zunächst abgelehnt. Gerstl klagte dann gegen den Magistrat. Da aber der Anlieger Ritzenberger  seine Zustimmung verweigerte, gab es solange keine Genehmigung, wie der Nachbar widersprach. 
Am 5.2.1857 kam es dann zur nächsten Besitzübergabe und noch im selben Jahr erhielt der nächste "Joseph Gerstl" das Kötztinger Bürgerrecht, welches ihn bereits 24 Gulden kostete.
Joseph Gerstl, der Übergeber, starb, wie oben bereits angeführt im Jahre 1871 und von ihm gibt es einen Nachlassakt im Staatsarchiv in München
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 15 Nr. 33 Gerstl Josef


Die Daten "Der verlebten Person

Josef Gerstl - 76 Jahre alt - Weißgerber - Austragsbürger - Wittwer - am 19. März Abends 10 Uhr - Kötzting Lamerstraße - ein Testament aus dem Jahre 1864 ist vorhanden."


Als seine - potentiellen - Erben sind aufgeführt:

Der Sohn Joseph Gerstl, Bürger und Weißgerber in Kötzting
Die 3 Kinder der bereits verstorbenen Katharina Gerstl, eine verheiratete Mesner
Die 2 Kinder der verstorbenen Magdalena Gerstl, eine verheiratete Weingärtner in München


Die 2 Kinder der verstorbenen Anna Gerstl, verheiratete Heigl
Am 4. Mai 1865 hatte Josef Gerstl eine "Letztwillige Verfügung" diktiert und diese mit zittriger Hand unterschrieben und von seinem Sohn beim Kötztinger Notar deponieren lassen.

Eigenhändige Unterschrift unter dem Testament.

In diesem Testament erklärte J.G., dass alle seine Kinder bereits ihr Erbteil ausbezahlt bekommen hätten und legt fest, dass nur noch Josef und seine letzte lebende Tochter Barbara sich sein Restvermögen teilen sollten.
Doch nun zeitlich ein Sprung zurück zur nächsten Besitzergeneration, dem nächsten "Josef Gerstl".





Josef Gerstl und Katharina Scheid 


Schon zwei Wochen nach der Übergabe und der Vertragsschließung wird der Vater J.G. beim Kötztinger Vermittlungsamt vorstellig und lässt einige Punkte dieses Vertrages abändern:
"7. Februar 1857: Erscheint Josef Gerstl Austrägler v h und erklärt:
In dem bezüglich der Übergabe meines Anwesens an meinem Sohn Josef Gerstl unterm 5. Februar v J aufgenommenen Übergabsvertrag ist sub Position IX bestimmt, dass Übernehmer an mich wöchentlich 30 kr Taschengeld zu entrichten habe. Ich habe nun mit diesem neuerdings das Übereinkommen dahin getroffen, dass ich von diesem sonach in keiner Weise für fragl Taschengeld eine Leistung irgend welcher Art  an mich zu entrichten habe, weshalb ich in dieser Beziehung an den mit zustehenden Rechte förmlich verzichte. Ferner ist sub Pos VII bestimmt, dass den ledigen Geschwistern des Übernehmers  nochmals im Krankheitsfall 14 Tage lang unentgeldlich Krankenkost, Wart und Pflege samt Medikamenten und Kurkosten den Guts  zu leisten verpflichtet ist. 
Auf diese Begünstigung bitten die anwesenden Geschwister desselben förmlich Verzicht was dieser amtiert und unterschrieben wird. "
Erneut lässt sich eine große Kinderschar nachweisen zwischen 1857 und 1875
Anna                1857        Pate Katharina Kollmaier
Barbara            1859        Pate Heigl Maria (die Tante s.o.)
Katharina         1861        Pate Gerstl Barbara (eine Tante)
Magdalena       1862
Josef                1863
Karl                 1865
Franz v. Paula  1867          Pate: Silberbauer Maria   + 1871
Maria               1872
Franz Paul       1874                                                    + 1875
Theresia           1875

Im Jahre 1878 reichte J.G. einen Bauantrag ein, um seine Ziegelhütte neu errichten zu können und urch den Lageplan können wir auch den Ort nun genauer erkennen. Es ist die Kreuzung beim früheren Lagerhaus Breu - nun Raiffeisen -, direkt beim Abzweig der Lehmgasse.



Hier der beigelegte Lageplan des Bauaktes

 

Hier die Situation von 1831 mit den ersten Gebäulichkeiten

Pfingsten in dieser "Gerstl"-Generation


Franz Paul Decker, der Pfingstbräutigam von 1879 ist in Kötzting dauerhaft mit dem "Deckerstüberl", später bekannt unter "Monokel".







Aus dieser frühen zeit haben wir leider noch kein Bildmaterial, aber zumindest von seiner Pfingstbraut haben wir in unserer Sammlung ein Foto.

DIA-Repro 696 Maria Kraus, die Pfingstbraut von 1883

1886 wird weiter gebaut, ein gemauerter Pferdestall mit integrierter Wohnung wird im rückwärtigen Bereich errichtet.




StA Landshut Baupläne\Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3154 Gerstl Josef Weißgerber 1886






 Alte Hausnummer 79

Kaspar Vorwald und Anna


Da Josef Gerstl die beiden Häuser zusammengefügt hat und die Geschichte der Weißgerber- und Landwirtsfamilie ab diesem Punkt erst durch die vergrößerung so richtig Fahrt aufgenommen hat, dokumentieren wir die geschichte des Hauses mit der alten hausnummer 79 als integralen Teil dieser Häuserchronik.
Zu diesem Zweck springen wir kurz zurück an den Anfang des 18. Jahrhundert, als bei einer Übergabe des Hauses (Hausnummer 78) an Adam Hofman das Anwesen beschrieben wird: "Weißgerberwerchstatt am Regen zwischen Hansen Hofmann und Kaspar Vorwaldts Heusern.
Hans Hofmann wohnte und arbeitete auf dem Haus 77 und Kaspar Vorwald auf der 79, mit Adam Hofmann zwischen beiden auf der  78. 
Auf der Suche nach diesem Kaspar Vorwald findet sich zuerst der Eintrag zur Erlangung des Kötztinger Bürgerrechts im Jahre 1695, für welches er 3 Gulden zu zahlen hatte, weil sein Anwesen ein "Haus" gewesen war.
StA Landshut Marktrechnung von 1695
"Caspar Vorwalt auch Burger alda fol: 14 per  3 fl"


.Kaspar Vorwald scheint aber bereits gut 10 Jahre vorher als sogenannter Inwohner in Kötzting gelebt und gearbeitet zu haben, denn am 28.12.1686 steht in den Kötztinger Taufmatrikeln die Geburt eines Johann Vorwaldt, mit den angegebenen Eltern Kaspar - Inwohner - und Anna.
Bei einem der nächsten Kinder des Paares - Johann Kaspar am 4.6.1690 - wird der Beruf des Vaters als Fludermann angegeben. Die Kötztinger Fluderherren und deren Knechte bildeten in Kötzting eine ganz besondere Schicksalsgemeinschaft.
Im Jahre 1706 wird die Uferbefestigung bei K. Vorwald erneuert und so steht in den marktrechnungen: "die paufoellig geweste Wasserschlacht beim Caspar Vorwald hat mann beschickhen lassen, dennen darzue gebrauchten 2 Tagwerchern auf 3 Tag ieden des Tags 12 x bezallen muessen"
Es ist nicht viel, was an Information von Kaspar Vorwald die Zeiten überdauert hat. Er findet sich ansonsten nur noch in der Kirchentrachttabelle des Klosters Rott von 1727-1736.
 
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4
Auch in dieser Liste stehen die beiden Anwesen nebeneinander, so wie in der Wirklichkeit.
Am 9.10.1740 verstirbt der "operarius" (also  der Taglöhner) Kaspar Vorwald und seine Witwe schreitet zum Verkauf bzw. zur Übergabe.


Wolfgang Schober und Barbara Vorwald


Am 5.1.1741 übergeben die Witwe Maria und der Schneidergeselle Anton Vorwald das Haus "unweit von Herrn Sämmer an dem Regenfluß gelegen" um 78 Gulden an den Sackenrieder Zimmergesellen, der mit der Tochter und Schwester Barbara verheiratet war.
Wolfgang Schober hatte nun bereits 6 Gulden für das Bürgerrecht zu bezahlen, eine satte Verdoppelung der Gebühr innerhalb einer Generation.
Von Wolfgang Schober ist gleich noch viel weniger, was sich in den Akten finden lässt.
Am 6.2 1741 heirate Wolfgang Schober seine Barbara Vorwald und bereits am 13.1.1754 verstirbt der Bürger und Faberlignarius (Zimmermann) Wolfgang Schober in Kötzting.
dazwischen lassen sich 4 Taufeinträge finden aber das wars dann schon.
Bis 1769 bewirtschaftet Barbara Schober das Häuschen alleine und, als sich die Tochter Magdalena endlich verheiraten kann, übergibt sie ihr Häuschen an den Schwiegersohn Josef Müller und an ihre Tochter Magdalena um den Preis von 100 Gulden

Josef Müller und Magdalena Schober


In einem Heiratsvertrag der neuen Hausbesitzer widerlegt die Ehefrau das Haus "negst dem Regenfluss und der Weissgerberbehausung entlegen" ihrem Ehemann gegen dessen Mitgift in Höhe von 60 Gulden.
Die Gebühr für das Kötztinger Bürgerrecht steigt und steigt; Josef Müller muss bereits 10 Gulden bezahlen.
30 Gulden Grundschuld haben die beiden bei der Kötztinger St. Sebastiani-Bruderschaft.
Josef Müller, ein Spangler, erhält einen ganz besonderen Auftrag:
Von ganz oben kommt eine Anweisung, gegen das grassierende Bettelunwesen vorzugehen und der Markt reagiert.


"Ad inhaerendem (in Folge) der in Petlwesen ergangen gdisten Verordnung, sind 30ig Stuk blechene Betlzeichen mit dem Köstenpaum angeschaft - sofort dem Spängler Josephen Müler alhir  a 1 1/2 xr für iedes bonifiziert worden.   45 xr."
Als im Jahre 1793 die Turmkuppel des Rathauses ausgebessert werden musste, erhielt der Bürger und Spängler Josef Müller fast 36 Gulden wegen der "Eindeckhung der Thurmkuppel"
Bei der nächsten Übergabe am 11.6.1806 - der Preis des Hauses ist mittlerweile auf 600 Gulden gestiegen - befindet sich im Übergabevertrag auch eine Auflistung der Kernfamilie Müller.
Josef und Magdalena Müller übergeben das am 30.12.1769 übernommene Haus am Regenfluss an den noch ledigen Sohn Josef Müller.
Im Vertrag sind aufgeführt als der Übernehmer: der Sohn Joseph Müller
Berücksichtigt werden müssen natürlich seine Geschwister: 
Der  Anton Müller Hutmachergeselle auf der Wanderung
und die Schwestern Anna, Magdalena, Katharina alle drei ledig.
200 Gulden müssen noch von der Corporis Christi Bruderschaft umgeschrieben werden.

Josef Müller und Dirschl Anna


Das Haus hatte er noch als ein lediger junger Mann erhalten. Am 26.1.1807 heiratete der Spangler Josef Müller (Müllner) die Kötztinger Fleischhackerstochter Dirschl Anna, die ihm 200 Gulden an Mitgift zur Hausübergabe mit in die Ehe einbringt..
Acht Geburten sind für die beiden in den Matrikeln vermerkt.
Aus dem Jahre 1811 stammt der Eintrag im Häuser- und Rustikalsteuerkataster.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27
"Hausnummer LXXVI Joseph Müller 
a: das gezimmerte Haus
b: mit einem kleinen Gartl"

Im Jahre 1820 steht J.M. mit einer Ausgabe von fast 4 Gulden für "messingerne Waagschalen  und Kettln zum Brotabwiegen im Brothaus".
Im Jahre 1830 steht eine für Kötzting sicherlich umwälzende Neuerung an, die Häuser bekommen Hausnummern zugeteilt und diese Hausnummern werden an den Häuserfronten angebracht. Der Spangler Josef Müller "liefert Blechplatten zur Hausnummerierung".
1840 heißt es im ersten Grundsteuerkataster:
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
"Hausnummer 79 in Kötzting bejm Spängler Joseph Müller
Das Haus mit realer Spänglergerechtigkeit
Gebäude
Wohnhaus und Stall unter einem Dache dann Hofraum.
Garten
Wurzgarten
Gras= und Baumgarten, der Hausgarten."
Im selben Zeitraum entstand auch ein Mieterkataster.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

"Joseph Müller, Spangler /:Hauseigenthümer:/
Hauptgebäude
I: 2 Wohnzimmer, 1 Kammer und 1 Stallung, dann Hausboden unterm Dach."

Nun geht es Schlag auf Schlag:

Zuerst verkauft Josef Müller sein Haus im Jahre 1855 an August Höchstetter 
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5041 Umschreibeheft
"4. Juni 1855: Müller Josef Spängler zu Kötzting HNr. 79 verkauft an August Höchstetter von Cham
Lit A: Das Haus  mit realer Spänglergerechtigkeit....... um die Summe von 2700 Gulden.

StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5041 Umschreibeheft
"8. Juli 1857 August Hochstetter HsNro 79 Spänglermeister zu Kötzting verkauft an Joseph Gerstl Weißgerber HsNr. 78 zu Kötzting Lit A: das Haus
PlNr. 125 Wohnhaus und Stall
PlNr 126 Wurzgartl
PlNr 126 1/2  Gras und Baumgarten
der Hausgarten nebst Gemeinderecht um 800 Gulden."
Nun war das Ende des kleinen und selbstständigen Häuschens gekommen und durch die Bauabsichten des Josef Gerstl durch den einen oder anderen Neubau ersetzt.

Nun also weiter mit dem Weißgerberanwesen, welches den Baugrund des Nachbarhauses sehr gut gebrauchen konnte.
Diese Einbindung des Nachbargrundstückes begann mit einem "Kombi-bau" aus Pferdestallung und angeschlossenem Leibthumshaus.  Dieses wird bereits nicht mehr auf dem Grund, welcher ursprünglich zu Weißgerberanwesen gehörte, sondern schon auf dem neuerworbenen Nachbargrundstück errichtet. Zur Verdeutlichung hier ein Vergleich der beiden Lageplansituationen von 1831 und 1888.. 
Detail aus Bayernatlas.de 


StA Landshut Baupläne\Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3154 Gerstl Josef Weißgerber 1886



Doch nun zurück auf der Schiene der Familie Gerstl:
Die nächste Ergänzung des Gerstlschen Bau-Ensembles kommt zwei Jahre später mit der Errichtung einer "Holzremise" 
Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3186 Gerstl Josef Weißgerber 1888


Im Sommer 1888 noch Bauherr, muss seine Witwe, Katharina Gerstl, im Dezember desselben Jahres nicht nur mit dem Großbetrieb alleine fertigwerden, sondern sich zusätzlich auch noch um Vormünder für ihre noch minderjährigen Kinder bemühen.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3186 Gerstl Josef Weißgerber 1888

"Todesanzeige

Kötzting den 11.Dezember 1888
Die Weißgerberswitwe Kath. Gerstl von Kötzting unter dem Auftrage einen geeigneten Vormunde für ihre minderj. Kinder aus der nächsten Verwandtschaft ihres verlebten Ehemannes mit zu Gericht zu bringen.
Anna Gerstl, ledig dahier
Barbara Gerstl, ledig zZ dahier (damals Ladnerin in Landshut)
Katharina Gerstl, ledig dahier
Leni Gerstl, ledig dahier
Josef Gerstl, Anwesensbesitzer dahier
Karl Gerstl , ledig zZ dahier, (Karl Gerstl war seinerzeit Brauer in Neumünster, Schleswig Holstein)
auf Dienstag den 18.l. Mts. Nachm. 2 Uhr.

Karl Gerstl wird Jahre später das Haus mit der alten Hausnummer 62 - Ellmann - erwerben und großzügig zu einem Gasthaus umbauen.



Josef Gerstl - 65 1/4 Jahre - Weißgerber - verheiratet - 5 Dezember 1888 Nachm. 10 1/2 Uhr - Kötzting HsNo 78 
Testament: Wurde vor ca. 8 Tagen ein Übergabsvertrag beurkundet.
Bei dem anberaumten Termin erschienen die Witwe, die volljährigen Kinder und, als der bestimmte Vormund der minderjährigen Kinder, Herr Franz Xaver Schaffner
Für 17000 Mark hatte Josef Gertl jun. die mittlerweile zwei Anwesen - alte Hausnummer 78 und 79 - übertragen bekommen. 
Die Witwe behielt sich aber durch den gerade noch rechtzeitig abgeschlossenen vertrag das Recht vor, bis zum Jahre 1893 selber den Gesamtbetrieb weiter betreiben zu dürfen.
In einem mehrseitigen Protokoll wurde nun diese Übergangszeit geregelt und alle Beteiligten stimmten mit ihrer Unterschrift den neuen Bestimmungen zu, die sich im Wesentlichen aus dem kurz vor Josef Gerstls Tod formulierten Übergabevertrag ergaben.
Die Unterschriftenliste vor dem Kötzting Amtsrichter unter die Vereinbarung



Wir haben nun also ab 1888/1889 einen neuen Besitzer, und wieder ist es ein "Josef Gerstl".

Josef Gerstl und Maria Vogl


Es sind vor allem Bauanträge, die sich von diesem Paar erhalten haben.

Im Jahre 1900 wird das landwirtschaftliche Gebäude erweitert:
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 23 Nr. 3440 Gerstl Josef Hanr 78 Wagenremise


Interessant in der Legende ist, dass das Haus, das hier mit dem Buchstaben "c" gekennzeichnet ist und wenige Jahre zuvor in dem Bauantrag als ein Pferdestall bezeichnet wurde, nun als das Ausnahmhaus bezeichnet wird. Wobei im Bauplan für den Pferdestall bereits Wohnungen eingezeichnet waren.


Im Jahre 1907 ist es erneut der Bereich des heutigen Lagerhauses Breu/Raiffeisenbank, an deren Kreuzung eine Wagenremise, also eine Unterstellmöglichkeit für Fahrzeuge errichtet wird.
Der Bauunternehmer damals war der Maurermeister Franz Kirschbauer aus der heutigen Schirnstraße.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 23 Nr. 3440 Gerstl Josef Hanr 78 Wagenremise




Als nächstes wurde  - 1915 - das Hauptwohnhaus der Weißgerbersfamilie einer Komplettsanierung unterzogen und auch davon gibt es in Landshut einen schön kolorierten Bauplan im Bauakt.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 23 Nr. 3440 Gerstl Josef Hanr 78 Wagenremise

Die Raumaufteilung im Erdgeschoss

Die bekannte Ansicht hin zum Spitalplatz

Hier nun der Vergleich des Bauplans mit der Ausführung:

DIA-Repro 2650 das Weißgerberanwesen




Der erste Stock mit einer angehängten Schupfe




Man kann auf dem Lageplan erkennen, dass nun bereits zwei große, gemauerte Gebäude zu dem Komplex gehören, das dritte allerdings fehlt noch.

Die Viehhausener Klosterschwestern der Familie Gerstl

Zwei Schwestern des Bauern folgten ihrem inneren Ruf und gingen zu den Klarissen ins Kloster. 
Im Klarissenkloster in Viehhausen, nun Teil der Großgemeinde von Sinzing bei Regensburg, war die eine sogar die Schwester Oberin. Ihre ursprünglichen Namen waren Maria (Oberin) und Therese(Klosterschwester)
Die Schwester Oberin mit dem neu angenommenen Namen Maria Josepha verstarb im Jahre 1959, ihre Schwester Maria Angela war bereits im Jahr zuvor gestorben. Beide Schwestern sind auf dem klostereigenen Friedhof in Viehhausen beerdigt. Gerade zu Zeiten des Dritten Reiches tat sich die Schwester Oberin als Gegnerin des Regimes hervor, was dann sogar zum Entzug der Lehrstelle an der Schule führte, der fast einzigen Einnahmequelle der Schwestern.

Sammlung Alois Renner
Sammlung Alois Renner




















 

v.l. der Viehhausener Pfarrer Sattler - Schwester Oberin Josepha - Karl Gerstl - Schwester Johanna

Schwester Oberin Josepha - Karl Gerstl - Schwester Johanna


In der direkten Nachkriegszeit kam ein Neffe der beiden Schwestern, dessen Vater in die USA ausgewandert war, als GI nach Deutschland und besuchte nicht nur seine Verwandten in Kötzting sondern kam auch nach Viehhausen und ließ sich mit seinen beiden Tanten ablichten.

Sammlung Alois Renner Das ehemalige Klarissinnenkloster Viehhausen, errichtet im früheren Schloss von Viehhausen. Im Klostergarten im Hintergrund befinden sich auch die Gräber und Erinnerungskreuze an die verstorbenen Klosterschwestern.



 

Sammlung Alois Renner: Rosenbeet im Friedhofsbereich des Klosters Viehhausen


In der Familie Gerstl - vor allem bei Gerstl Traudl, die seit vielen Jahren Fotos, Zeitungsausschnitte, Sterbebilder und Briefe der Großfamilie sammelt - existiert sogar noch ein handgeschriebener Brief der Schwester Oberin.
Brief endunterschrieben mit "von Euren alten Tanten Josepha und Angela"



Frau Traudl Gerstl erzählte, dass sie mit ihrer Mutter die Verwandten in Viehhausen besuchte und es ihnen nicht erlaubt gewesen war, das Kloster zu betreten, der Kontakt fand nur über/durch eine vergitterte Tür statt. 
Dies deckt sich gut mit den Berichten der Sinzinger/Viehhausener Heimatpfleger, die  - auch aus eigener Erinnerung - von dem äußerst zurückgezogenen Klosterleben der Klarissinnen in Viehhausen berichteten, welche in den 1920er Jahren sogar dem - männlichen - Arzt den Zutritt zu kranken Schwestern verboten hatten Viele Klosterschwestern  - ausweislich der Sterbematrikel - verstarben in dieser wirtschaftlich schweren Zeit in den kalten und feuchten Schlossgemächern in sehr großer Zahl bereits in jungen Jahren an Lungenkrankheiten, weil sie weitgehend mit ihren Krankheiten unversorgt geblieben waren.

Foto Alois Renner - Die Gedenkkreuze für die in Viehhausen verstorbenen Klarissinnen im Klostergarten in Viehhausen.




Sogar der Regensburger Bischof musste sich vor dem Tor gedulden - wie die Überlieferungen berichten - weil er nicht so ohne weiteres zu den Frauen eingelassen wurde.
Nur von einem einzelnen "Bettelpater" wird - der Volksmund benamste diesen Frater eines Regensburger Bettelordens "Pater Immerfroh" - berichtet, der regelmäßiger - männlicher - Gast im Kloster gewesen war und mit Unterstützung der Viehhausener Ministranten und einem Leiterwagen von den Bauern und Häuslern sich einen Sack voll Getreide erbettelte.
Beide Gerstl-Schwestern arbeiteten in Viehhausen als Lehrerinnen und laut ihrer Großnichte, hatten sie in München studiert - das Geld dazu stammte lt. Frau Traudl Gerstl vom Grundstücksverkauf für den Bahnhof Zellertal und einem Teil der Bahnstrecke im Bereich der heutigen Lehmgasse.


Nun zurück zum Weißgerber in Kötzting.

Einschub:  Gespräch mit Frau Traudl Gerstl über die Elterngeneration

Franz v. Paul - der Pfingstbräutigam von 1924, heiratete 1928 Graßl Anna
Karl, der Vater, geb 1894 und Kriegsteilnehmer im Westen, bereits mit 64 Jahren verstorben heiratete am 25.5.1929 Maria Mühlbauer >>>>>> damit war der Sohn Otto "vorehelich" geboren, was im Gespräch mit Frau Traudl Gerstl einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hatte.
Maria >>>> Hofmann
Anton
Josef - war später in Landshut als Beamter, und war für die späteren Gerstlgenerationen immer ein gerne gesehener Gast (lt Frau Traudl Gerstl)
Anna
Barbara --früh verstorben
Xaver >>>>> Gerstl Xide in der Bahnhofstraße
Ludwig München
Einschub Ende


Sammlung Gerstl: aus der obigen Liste v.l.
Die so früh in Gastein verstorbene Barbara Gerstl, Maria Gerstl, geb. Mühlbauer, Maria verh. Hofmann, Paula und Marile
 







Hierzu der Familienbogen aus dem Kötztinger Akt für die Heimatberechtigungen.
 






Am 13.12 1918 verstarb Josef Gerstl mit gerade mal gut 55 Jahren und hinterließ seine Witwe mit 9 Kindern.




 
Sammlung Franz Hackl


Leider konnte der Vater den großen Festtag seines ältesten Sohnes nicht mehr miterleben. Pfingsten 1924 wurde Paul Gerstl zum Pfingstbräutigam vorgeschlagen und feierte zusammen mit seiner Pfingstbraut, der Schmidtbräutochter Anna, ein tolles Pfingstfest.
20 Mark erhielt der Bräutigam damals vom Markt als eine kleine Aufwandsentschädigung und 10 Mark zusätzlich die Braut.
Der Pfingstakt dieses Jahres im Stadtarchiv enthält einen interessanten Hinweis für das verhalten der Rittteilnehmer: Es solle beim Ausritt langsamer geritten werden und ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass das Rauchen während des Rittes verboten sei.




DIA-Repro 2517

DIA-Repro 999 v.l. Kollmaier Karl - Ana Schmidt - Paul Gerstl - Franz Winter
Kötztinger Anzeiger vom Juni 1924

Rechtzeitig zum Pfingstfest wurde der neu gebaute Graßlsaal fertiggestellt und Paul Gerstl konnte dort seine Pfingsthochzeit halten: Der Saal lag in dem Haus, aus dem seine zukünftige Ehefrau stammte.
Kötztinger Anzeiger vom Mai 1924 Pfingstvorbericht mit Saaleröffnung

Am 11. April 1944 erschien in der Kötztinger Zeitung die Nachricht vom Tode der Maria Gerstl, der Witwe des 1918 verstorbenen Josef Gerstl.

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Eine Schwester ihres Mannes, die - ledig geblieben -  lange Jahre als gute Seele Teil der Wohngemeinschaft und Mitglied im 3. Orden gewesen war, verstarb Ende Juni 1934.




Karl Gerstl und Maria Mühlbauer


Mit der nächsten Generation endete die Ära der "Josef Gerstl" auf dem Hause, es folgte Karl, der die Traidersdorfer Bauerstochter Maria Mühlbauer am 25.5.1929 geheiratet hatte.



Sammlung Gerstl Traudl: Der Mühlbauerhof in Traidersdorf


Sammlung Gerstl Traudl: Maria Mühlbauer




Auch diese Familie war kinderreich und  die folgende Aufschlüsselung der Gerstl-Kinder dieser Generation Stammt erneut von Frau Traudl Gerstl.
Otto der Pfingstbräutigam von 1953 und der nächste Hausbesitzer
Karl >>> er wird Priester
Maria, später verheiratete Dreger
Traudl
Paula, später verheiratete Breu


Karl Gerstl, geboren im Jahre 1894, war beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges noch zu jung, um sofort eingezogen zu werden, aber im Jahre 1916 erwischte es auch seinen Jahrgang und er musste an die Westfront. 
Detail aus Ancestry.com, der großen Genealogiedatenbank der Mormonen in Salt Lake City.


"Karl Gerstl - Kötzting, Cham, Bayern - von Beruf Kutscher aus Kötzting - ledig - die Eltern hießen Josef und Maria, einer geborenen Vogl"


Nachdem er am 4.4.1916 als Rekrut eingezogen worden war, finden sich nach seiner Grundausbildung seine ersten Kämpfe an Maas und Memel im Frühling 1917.

Es ging weiter in Spätfrühling mit einer "Doppelschlacht Aisne - Champagne" und dann folgen zwei Einträge vor Verdun über Monate hinweg bis zum Sommer 1918.
Zum Kriegsende hin musste er auch nocht die Abwehrschlachten in der Champagne und an der Maas durchstehen, bevor er am 3.1.1919 von Amberg aus in die Heimat entlassen wurde, was er auch mit seiner eigenhändigen Unterschrift bestätigte.


Aus einer anderen Stammrolle erfahren wir noch zusätzlich etwas über sein Aussehen. Karl Gerstl wird hier als ein Fahrer bezeichnet und beschrieben mit einer Größe von 1,68 m und kräftiger Gestalt.
Sein Kinn war breit, seine Nase spitz, sein Mund gerade, sein Haar schwarz und sein Bart zeigte erst einen "Anflug".

Auch sein Bruder Josef wurde eingezogen, nur einen Monat nach Karl musste er einrücken und war als Kanonier im Kriege.
Auch von ihm haben wir eine Beschreibung seines Aussehens: Größe 162 cm - Gestalt mittel - Nase normal - Mund normal - Haar Schwarz - kein Bart

Unter der Ägide von Karl Gerstl, aber noch unter dem Namen seiner Mutter, Maria Gerstl,  wurde das Ensemble der Weißgerberhäuser um ein wesentliches Gebäude erweitert, auch wenn dieser Neubau nicht allen Nachbarn gefiel.

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 24 Nr. 3585 Gerstl Spitalbereich 1921


DIA-Repro 2659 


Der am Oberlauf des Weißen Regens wohnende Hausbesitzer Josef Schwarz - auf der Hausnummer 80 - schrieb an die Baubehörde einen Brief, worauf diese sofort reagierten.



"An das Straßen- und Flußbauamt Deggendorf

Kötzting , den 16. Januar 1921
Meine Nachbarin die Witwe Gerstl in Kötzting beabsichtigt in nächster Zeit ihren Garten zwichen dem Regenfluß und der Ortsstraße in Kötzting einen Wohnhaus Neubau aufzuführen, ohne daß mir bis heute der Bauplan zur Einsicht vorgelegt worden ist.
Ich mache darauf aufmerksam, daß bei Hochwasser des Regenflusses sowie bei Eisgängen das Wasser in der Regel dort über die Ufer tritt und dann eine Stauung des Wassers und damit eine nicht absehbarer Schaden....
"meines Anwesens zu befürchten steht, wenn nicht das neue Haus entsprechend weit zurückgebaut wird, um dem Wasser damit den ungehindert6en Lauf zu lassen.
Ich wäre in gegebenem Falle dann genötigt, meine Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend zu machen und setze daher das Straßen % Flußbauamt, als jedenfalls bei dem Neubau gesetzlich interessiert hiermit gefälligst behufs weiterer Behandlungmaßnahmen in Kenntnis und sehe befriedigender Erledigung entgegen.
In aller Hochachtung Josef Schwarz No. 80"






2 Tage später notierte die Deggendorfer Behörde am Rande des Schreibens:
"An die Ortspolizeibehörde Kötzting
Zum Bericht, ob Gerstl bereits Baugesuch eingereicht hat, hieraus ist nichts bekannt. Eine etwaige eigenmächtige Bauführung ist sofort einzustellen. Zugleich ist ihr zu eröffnen, daß vor Bau- und Wasserpolizeilicher Genehmigung unter keinen Umständen mit dem Bau begonnen werden darf."

Diese nachbarlichen und Wasserpolizeilichen Hürden konnten anscheinend überwunden werden, denn am Spitalplatz entstand nun das dritte gemauerte Gebäude, das das Weißgerberensemble vervollständigte.
Auch wenn Karl Gerstl seinem jüngeren Bruder Paul den Vortritt als Pfingstbräutigam gelassen hatte, war er doch ein treuer und langjähriger Pfingstreiter gewesen.
Im Kötztinger Anzeiger vom 6. Juni 1936 findet sich auch seine Auszeichnung für 25jährige Rittteilnahme, zusammen mit anderen bekannten Kötztinger Pfingstreitern.
Hier der Ausschnitt über die Kranzlübergabe und die darauf folgenden Auszeichnungen für Franz Graßl, Karl Gerstl, Wolfgang Kolbeck und den Grubmüller Franz Zitzelsberger.

KA vom Juni 1936


Seine Tochter erzählte im Gespräch, dass der Vater bereits krank aus dem Krieg zurückgekommen war und selber davon gesprochen hatte, dass die ausgestandenen Kämpfe an der Front ohne Gasmasken ihn zeitlebens gesundheitlich belastet hatten.
Am 25. Januar 1957 verstarb der Stadtrat und Landwirt Karl Gerstl nach langer Krankheit und beide Zeitungen würdigten sein Lebenswerk.

Sammlung Alfred Silberbauer

KU vom Januar 1957

Bericht der Umschau von der Beerdigung


Auch die Kötztinger Zeitung würdigte den Verstorbenen.


Beide Zeitungen berichteten übereinstimmend von der Freude des Vaters über seinen Sohn Karl, der seiner Berufung zum Amt des Priesters gefolgt war und in Kötzting seine Primiz gefeiert hatte.

Von der Feier der Primiz haben wir ein Bild von Teilen der Großfamilie Gerstl, eines der wenigen Aufnahmen - bisher die einzige - auf der Karl Gerstl abgebildet ist. 

Sammlung Gerstl Traudl: v.l. im Originalton Traudl Gerstl: Das ist d´Mama. Ja. Das ist Paula. Das ist der Gerstl-Bauli, der Lydia ihr Vater, der Paul Gerstl. Das ist d´Lydia. Das ist der Karl [Dreger], des ist unser Karl [Priester], des ist d´Marile [Dreger]. Des ist der Onkel Anton wo der Pfarrer no aussaganga is, der Herbert. Ja. Und das ist der Papa gwen und war ein ein Nahverwandter.  
das flankierende Ehepaar im Vordergrund also waren die Eltern des Priesters.



Bevor es nun mit der Kindern Karl  Gerstls weiter geht, hier zunächst noch einige Sterbebilder von seinen Geschwistern und Verwandten
s
Sammlung Gerstl Traudl: Josef Gerstl, ein Bruder des Karl und ebenfalls wie dieser im Ersten Weltkrieg an der Front.




Sammlung Gerstl Traudl: Babette Gerstl in jungen Jahren verstorben


Sammlung Gerstl Traudl: Maria Gerstl, eine jüngere Schwester und ebenfalls wohnhaft am Spitalplatz



Sammlung Gerstl Traudl: Da Gerstl Xide, von der Bahnhofstraße ein Nachfahre der Gerstl-Linie, die sich bereits eine Generation vorher abgetrennt hatte.


Nun weiter mit den Kindern Karl Gerstl.

Der Pfarrer Karl Gerstl 

 
DIA-Repro 2651 Hausschmuck des Weißgerber"Stammhauses" anlässlich der Primiz des Sohnes

Im Juli feierte Karl Gerstl, Sohn des Karl Gerstl, in Kötzting als Primiziant seine erste heilige Messe und auch darüber berichteten die beiden Lokalzeitungen ausführlich.



 
KÖZ Juli 1955



Auch als langjähriger Militärpfarrer und später Stadtpfarrer in St. Konrad in Regensburg, blieb Karl Gerstl seiner Heimatstadt Kötzting treu, in der er bei vielen Veranstaltungen als Redner, Zelebrant aber auch als Teilnehmer zu finden war.

Serwuschok035 hier als Teil eines gemischten Chors .
v.l. KH Krämer, x.x., Karl Gerstl, die beiden Frauen rechts. Traudl Gerstl und Lydia Grassl. An der Zither Gottfried Wensauer.


Serwuschok578 hier als mitreißender Redner


Serwuschok856 hier als Militärpfarrer am Kötztinger Kriegerdenkmal


Sammlung Gerstl Traudl: Karl Gerstl
 



Schon zwei Jahre vor der Priesterweihe seines Sohnes Karl kam es zu einem großen Fest im Hauses Gerstl, Otto Gerstl wurde zum Pfingstbräutigam des Jahres 1953 - des Jahres der Stadterhebung Kötztings - auserwählt.

Pfingsten 1953   Otto Gerstl und Hilde Liebl


Schon in den Jahren zuvor, war Otto Gerstl Teil des Burschenvereins und bei den Bewirtungen zu finden, wie hier 1951 im Hof der ehemaligen Bäckerei Pongratz bei der Bewirtung des damaligen Pfingstbräutigams Clemens Pongratz.
Foto Kretschmer: rechts Brenner Karl,?; Gerstl Otto, Heindl, Hofmann (Houter) Max, Freundorfer Ernst,?, vorne stehend Hartl Sepp vom Spitalplatz, Miethaner Erich, sitzend Rosenhammer.





Hier noch die engen Verbindungen Otto Gerstls und seiner Familie mit unserer Pfingsttradition.



Am 18.Mai, also gerade mal 8 Tage vor dem großen Wochenende stand in der Zeitung die Neuigkeit: Otto Gerstl und Hilde Liebl werden das Pfingstbrautpaar des Jahres 1953 sein.
Die Abstammung Hilde Liebls - nun Frau Frauenreuther - kann gut bei der Häuserchronik "beim Lebzelter" nachgelesen werden.



Foto Kretschmer Vor dem Pfingstritt. Als seine beiden Brautführer wählte sich Otto Gerstl den 
Pfingstbräutigam des Vorjahres Schwarz Sepp(links)  und Hans Schödlbauer(rechts)

 Auf die Kranzlübergabe warten die beiden Pfingstbräute von 1952 und 1953.

Foto Kretschmer Die Pfingstbraut von 1953, Hilde Liebl, und Isabella Heigl, die Pfingstbraut des Vorjahres, auf dem Veitsplatz vor der Kranzlübergabe

Teil der Festansprache des geistlichen Offiziators vor der Kranzlübergabe und die Liste der Auszeichnungen.
Kötztinger Zeitung





Foto Kretschmer: Pfingstbräutigam Otto Gerstl mit seinem Kranzl

Wie eh und je, eine fast unüberschaubare Menschenmenge war Zeuge der Kranzlübergabe.
 



Nach der Kranzlübergabe und dem Schlussgesang geht's zum Abschluss des Rittes hinunter zur Pfarrkirche. 

 
Foto Kretschmer: Dieses Bild stellt für mich ein großes Rätsel dar: Die Reitergruppe ist in der Torstraße abgebildet, links der Amberger Hof und rechts das Kaufhaus Wanninger. Die Personen auf dem Bild sind eigentlich nicht zu verwechseln: v.l. Hans Schödlbauer - Schwarz Sepp - Otto Gerstl.
So weit, so gut, aber warum hält Schwarz Sepp  - in der Mitte - den Degen mit dem daran befestigten Pfingstkranzl und warum reitet er den Schimmel, den Otto Gerstl vorher bei der Kranzlübergabe benutzt hatte?

Und nach dem Abschluss des religiösen Teils unseres Pfingstbrauchtums ging es direkt weiter mit den Vorbereitungen zum Burschen- und Brautzug.
Foto Kretschmer: Hilde Liebl und Otto Gerstl

Foto Kretschmer
 


Foto Kretschmer: Der Brautzug beginnt, hier in der Bahnhofstraße die frühere Bäckerei Josef Irlbeck, nun aufgegangen im Gebäudekomplex der Kreissparkasse.



Foto Schwarz: Das Pfingstbrautpaar betritt den - heutigen alten - Friedhof

Foto Kretschmer: das Pfingstbrautpaar auf dem alten Friedhof, zur Ehrung ihrer verstorbenen Angehörigen


Foto Kretschmer: Das offizielle Pfingstbild vor der Turnhalle.
v.l. Schwarz Sepp - Hilde Liebl- Otto Gerstl und Hans Schödlbauer

Dann folgte der zweite Tag:


Foto Kretschmer

Foto Kretschmer: Karl Gerstl, der Bruder, ist Teil des Burschen- und Brautzuges


Foto Schwarz: v.l. Schwarz Sepp - Hilde Liebl - Otto Gerstl . Hans Schödlbauer 
Der Fotograf rechts: Herr Werner Kretschmer

Gerstl Otto und seine Pfingstbraut Hilde Liebl, nun verheiratete Frauenreuther beim Treffen ehemaliger Pfingstbrautpaare. Foto Stadt Kötzting

Auch aus den nächsten beiden Gerstl-Generationen haben wir erneut Teilnehmer am Pfingstgeschehen, sowohl als Pfingstbräutigam, Brautführer und natürlich als Teilnehmer am Pfingstritt.








Otto Gerstl und Katharina Piendl




Im Spätherbst des Jahrs 1957 hatte Otto Gerstl die aus Niesassen stammend Katharina Piendl geheiratet. Der Sattler Piendl (Deijdl) in der Holzapfelstaße war ein Bruder zu der neuen Frau Gerstl.
Zunächst aber die Entwicklung des Anwesens.
Ottos Schwester Paula hatte den aus dem Altlandkreis Kötzting stammenden Anton Breu geheiratet und dieser begann auf dem Nachbargrundstück aus kleinen Anfängen, als Angestellter der Fa. Tischler  einen Lagerhausbetrieb aufzubauen.
Luftaufnahme Serwuschok: links der "Stöberlschmied", oben auf der Wiese der jetzige Parkplatz fürs Hallen-Freibad.


Hier zunächst noch ein Foto des Rückgebäudes des "Gerstlbauern" aus der Sammlung Neuhierl.


Sammlung Neuhierl, Gerstl Bauernhaus von hinten




Durch mehrere Hochwasserereignisse nacheinander schwer geschädigt und dem beginnenden Hinauswachsen der Kötztinger Bebauung ins Umland, wurden plötzlich die am früheren Ortsrand Kötztings gelegenen Wiesen der Gerstls auch für eine Bebauung interessant und so gingen fast zeitgleich die beiden Schwäger Anton Breu und Otto Gerstl daran, ihre Anwesen "auszusiedeln".
Die treibende Kraft dahinter war, lt der Aussage von Traudl Gerstl, dabei Anton Breu gewesen, der dann als der "Bauleiter" auch des Bauernhofes gewirkt hatte. Dies umso mehr, als Otto Gerstl nach einem schweren Unfall auf der Baustelle Stadler/Graf in der Stadt - genau in der Hauptbauphase - für viele Wochen zuerst im Krankenhaus und später zuhause flach gelegen war.
Vom Hochwasser 1954 erzählte Frau Gerstl, dass der Vater einige Zeit vorher für den hochmusikalischen Bruder Karl Gerstl, der kurz vor dem Abschluss seines Theologiestudiums stand und mehrere Instrumente beherrschte, aus einem Kötztinger Anwesen ein Klavier erstehen konnten.
Als dann das Hochwasser im Sommer 1954 so plötzlich über den Spitalplatz hereinbrach, schwammen nicht nur Habseligkeiten der Familie Gerstl davon - eine Futtertruhe konnte im Rechen des Wehrs hinter der Hammermühle beim Gress wieder abgeholt werden, das meiste jedoch verschwand auf Nimmer Wiedersehen - sondern auch das neu erworbene Klavier  stand bis hinauf zu den Tasten im schlammigen Hochwasser. 
Das Hochwasser von 1954 im Film:





Sammlung Neuhierl: Hochwasser am Spitalplatz

 
Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz

Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz

Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz nach dem Abfließen des Wassers nach drei Tagen

Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz nach dem Abfließen des Wassers nach drei Tagen


Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz nach dem Abfließen des Wassers nach drei Tagen

Sammlung Gerstl: Hochwasser am Spitalplatz nach dem Abfließen des Wassers nach drei Tagen

Auch diesen immer wiederkehrenden Hochwasserereignissen konnte und wollte man durch die Aussiedlung ausweichen und so kam es dann zur Aussiedlung des "Gerstlbauers".
 

Sammlung Arbeitskreis Luftaufnahmen  der Anwesen Breu-Gerstl mit dem alten und hölzernen Zellertalbahnhof



KÖZ vom Januar 1961



Das am Spitalplatz  im Besitz der Anna Gerstl verbliebene Haus bekam dann Jahre später vom Kötztinger Malermeister Sepp Zahorik sein Zunftzeichen verpasst.

DIA-Repro 2658


KÖZ vom Juni 1967

Mittlerweile ist das Zunftzeichen am Haus Gerstl - eigentlich das Nebengebäude - verschwunden......
Foto Pongratz 

..... und das  Stammhaus der Familie Gerstl am Spitalplatz ist in in Besitz von Inge und Hans Bachl.

Foto Pongratz


Nun aber zurück zum abschließenden Thema, die Familie Gerstl und die über Generationen reichende weitere Beteiligung am Kötztinger Pfingstgeschehen.
Bereits seit dem Jahre 1933 sind Mitglieder der Familie Gerstl fester Bestandteil des Pfingstrittes, sowohl als Zugordner als auch beim Pfingstrittkommitee. 
Ein altes undatiertes Pfingstbild aus der Sammlung Gerstl. Die Gerstl-Pfingstreiter vor dem Anwesen des Weißgerbers.

Nun weiter mit Gerstl Otto an, der, zusammen mit anderen Pfingstreitern, Teil einer Gratulationsgruppe zum 80ten Geburtstag des Piendl Franz (Deijdl) aus Gehstorf gewesen war.



v.l. Gerstl Otto, Früchtl Sepp, (Schousta), Mühlbauer Franz und Schwarz Alois (Mirla-Schmied von Gehstorf)

Sammlung Gerstl Traudl
 




Der nächste Pfingstbräutigam aus der Großfamilie Gerstl war dann der Dreger Karl, der 1981 gleich einen Großteil der Kötztinger "Seitenzweige" um sich scharen konnte.

v.l. Anton Breu - Meimer Evi - Karl Dreger - Karl Gerstl

Bereits 6 Jahre zuvor - 1974 -  war Karl Dreger bereits Brautführer beim Pfingstbrautpaar Kolbeck (Lindner) Heinz und Früchtl Evi gewesen.


1976 kam dann auch die Pfingstbraut auch der nächsten Generation. Daniela Breu feierte an der Seite von Hans Auzinger das Pfingstfest. 

v.l. Heinz Schötz - Daniela Breu - Hans Auzinger - Albert Hofmann

Weiter ging´s dann 1994


v.l Reithner Dominik - Nicki Traurig - Josef Gerstl - Hans Traurig


Aus der nächsten "Gerstl"-Generation war es dann 2019, der an der Seite von Patrick Aschenbrenner und Ramona Seiderer das Pfingstbrautpaar komplettierte.

v.l. Michael Gerstl - Ramona Seiderer - Patrick Aschenbrenner - Benedikt Aschenbrenner


Mit Michaels Heirat mit Julia Pielmeier und bereits einem Stammhalter, ist nun auch die weitere Gerstlnachfolge in trockenen Tüchern.

Foto: Burschen-Wanderer-Verein Kötzting vom  April 2024 Das Brautpaar Gerstl zusammen mit dem 
Vorstand des Kötztinger Burschenvereins Nicklas Neubauer.




 





Montag, 29. Juli 2024

Erinnerungen an Altkötzting Teil 46 ein Orientierungsritt

  In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

Vom November 1976 haben wir eine kleine Bilderserie über eine Pferdeveranstaltung.

Der Orientierungsritt des RUFV Grafenwiesen

Foto Kühn: Viele bekannte Kötztinger Gesichter unter den Teilnehmern, darunter die damals noch sehr jungen Fritz Adam und Albert Hofmann, dann Franz Kirschbauer und Schwarz Sepp als aufmerksame Zuhörer.: 
Die Einweisung in der Reithalle
Dann gings ins Gelände
Hier ist wohl Orientierung gefragt bzw. gesucht....


Oder vielleicht gehts auch da lang....


Wie auch immer, es geht weiter

Das Siegerteam  Schwarz - Herre - Holzer. Rechts im Hintergrund Dr. Dieter Casaretto.



Montag, 22. Juli 2024

Ein weiterer Neuzugang für unsere Fotosammlung

Passend zum derzeitigen Diskussionsthema: die "frühere" St. Veitskirche.

Und weiter geht´s mit der Analyse von einzelnen Bildern aus einer Privatabgabe:
Hier ist es die Innenaufnahme unserer St. Veitskirche. Als ich vergleichen wollte, um ganz sichern zu gehen, dass es sich um das Innere unserer Veitskirche handelt, stellte sich heraus, dass wir tatsächlich gar keine Bilder des Innenraums von dieser Kirche haben/hatten.

Wie alle anderen Bilder aus dieser Abgabe auch, sind die Fotos im Zeitraum 1904-1910 zu verorten.
Hier also die St. Veitskirche, so wie sie unsere Urgroßeltern zu Gesicht bekommen haben.

Bild Sammlung Gartner 



Die alte Mariengrotte 


Ein interessantes Ornament-Detail aus der Fensterlaibung
Auch die ein besonderes Ornament im Kirchenschiff







Die nächste Aufnahme aus dieser Abgabe von privat ist ein echtes Suchbild, über das wir gerne erfahren würden, wo diese Aufnahme entstanden ist.

Wasserarbeit zu Anfang des 20. Jahrhunderts

Wir wüssten gerne an welcher Stelle im Weißen Regen diese Aufnahme gemacht worden ist.

Der Zeitraum ist auch hier von ca. 1904-1909.
Was sehen wir hier: Flößer bei der Wasserarbeit. Früher wurden nicht nur Blöcher und Bretter zu Flößen zusammengebunden und den Fluss hinabgetrieben sondern auch auch bei Brennholz wurde die Transportarbeit aufgeteilt.

Entweder: die lange Strecke "per aqua" und die "letzte Meile" nach Hause mit einem Pferdefuhrwerk. 
oder aber
Die Anlieferung ans Wasser mit dem Pferdefuhrwerk  und der Abtransport des Brennholzes durch den Regenfluss, wobei hier die wahrscheinlichere Lösung ist, da der Arbeiter auf dem Pferdefuhrwerk offensichtlich "etwas" ins Wasser hatte "plumpsen" lassen.

Der markante Bergrücken im Hintergrund sollte die Lokalisierung erleichtern, ich bin jedoch auf Hilfe und Tips angewiesen. Gerne auch an clemens.pongratz@t-online.de


Sammlung Gartner

Schneller als erwartet kam hier von mehreren Seiten die Lösung: hier die Antwort, die die Situation am ausführlichsten beschrieben hat: 
"Das ist vom Watzlsteg aus (noch unterhalb der Bahnhaltestelle) über den Regen in Richtung Hohenbogen. Der Weg in der Bildmitte führt in Richtung Schafhof bzw. Ober/Unterzettling und weiter zum Hohenbogen. "

Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Markt Kötzting von der Regierung gezwungen, seinen - seit unvordenklichen Zeiten - Watzlhof zu verkaufen bzw. dessen Grundstücke zu versteigern.
Aus dem großen Bauernhof mit dem Namen "Watzlhof" wurde dann schön langsam dieser neue Ortsteil von Grafenwiesen. Das ebenfalls dem markt Kötzting gehörende Watzlholz wurde ebenfalls aufgeteilt und zwar zumeist an die Kötztinger Bürger, die immer schon dort - in Absprache mit dem Magistrat - Holz hatten schlagen dürfen.
Nicht alle Kötztinger Bürger behielten ihren Anteil an diesem Wald, sondern verkauften ihn dann später weiter, als dies grundsätzlich erlaubt worden war.
Hier wurden also offensichtlich Brennholzscheiter in den Fluss geworfen, um sich den mühevollen Transport nach - vermutlich Kötzting - zu ersparen.
Die Mühlen am Regenfluss, die für diese Durchleitung ihr Wehr absenken mussten, durften sich für ihre Mühe eine festgesetzte Menge von diesem Holz als Lohn herausziehen.






Hier nun das erste der Bilder. Das Foto sollte ungefähr zu Anfang des 20. Jahrhundert geschossen worden sein; die erkennbaren Stromleitungen geben einen Hinweis auf diesen Zeitraum. Die anderen abgegebenen Fotos weisen auf einen Termin sicherlich vor 1910 hin. Der Fotograf stand auf dem Kreuzberg.
Das erstes Bild, das hier vorgestellt wird, ist eine Panoramaaufnahme Kötztings und im Vordergrund ist es vermutlich die älteste Darstellung, die wir von Beckendorf haben. 

Foto Sammlung Gartner ca. 1905-1910


Wir haben hier unter der Nummer 1 das Nebengebäude in Beckendorf, das nach meiner Theorie sogar einmal das Wohnhaus der Eltern des Michael Heigl gewesen sein könnte, bevor diese nach Ramsried umgezogen ist. Diese - oder eine andere - Wohnstätte der Familie Heigl in Beckendorf war schlussendlich aber dafür verantwortlich, dass Michael Heigl später immer als ein "Inwohnerssohn von Beckendorf" bezeichnet wurde, auch wenn er in Ramsried auf die Welt gekommen war.

2) Viele der Bauernhöfe in Beckendorf hatten noch ein mit Steinen eingeschwertes Legschindeldach.

3) Der Zustand der Landstraße auf der "Beckendorfer Höhe" sollte die Befahrbarkeit im Winter oder nach Regengüssen nicht gerade erleichtern.

4) Im Hintergrund der langgestreckte Bau der Hammermühle.

5) Das Gleis der Lokalbahn Lam-Kötzting

6) der Werkskanal für die Wiesmühle

Detail von Beckendorf

Detail von Beckendorf und der unbefestigten Beckendorfer Höhe 

Detail von Beckendorf, sowohl mit der erkennbaren Eisenbahnlinie, dem Werkskanal der Wiesmühle und der Hammermühle. Das Ziegelwerk hatte noch keinen Kamin und die Rauchfahne im Hintergrund - links oben - sollte von der damaligen Zündholzfabrik und dem Sägewerk Gschaider stammen, siehe das Suchbild von dieser Woche.