Auch der Kötztinger Pfarrer besaß solch einen Widtumshof, der von einem Widtumsbauern betrieben wurde. Dieser kleine Bauernhof lag an derselben Stelle, an dem nun der mächtige Bau des Kötztinger Gesundheitsamtes, vor wenigen Jahren nun umgewidmet zu einer Außenstelle des Chamer Finanzamtes, steht.
Der Widtumsbauer war ausdrücklich KEIN Bürger des Marktes Kötzting, sondern in der sozialen Rangstellung im Markt auf der Höhe ganz normaler Bediensteter anzusehen.
Da der Widtumbauer und das Widtum zum Pfarrhaus, also zum Haushalt des Pfarrers bzw. des Priorats gehörte, erklärt dies auch, warum über das Widtum nichts in den Kirchenrechnungen zu finden ist. Auch sonst sind die Hinweise auf dieses Anwesen und seine Bewohner sehr spärlich gesät.
Aus dem Jahre 1605 kennen wir einen kleinen Hinweis (HaStA München KL Rott am Inn 59 Num 847) dort steht beim Verkauf einer Wiese an den Kötztinger Bürger Jakob Zadler die Beschreibung:
Zu dem wenigen, was wir wissen gehört auch der Name einer Familie, die für viele Jahre das Pfarrwidtum gepachtet hatte:
Im Jahre 1740 kommt es zu einem Heiratsvertrag zwischen dem Kötztinger Bürger und Küfner Martin Dirnberger und seiner Ehefrau - die Hochzeit hatte bereits 6 Jahre zuvor stattgefunden - und seiner Frau Elisabeth, einer Tochter des Widtumsbauern Georg Greil und dessen Frau Margaretha.
am 10.2.1721 stirb Georg Greil und es scheint, dass nach ihm auch niemand mehr als Pächter das ganze Widtumgut bewirtschaftet hat. Nach der Säkularisation fällt der komplette Grundbesitz des Klosters Rott und, da das Kötztinger Priorat auch den Pfarrer stellte, damit auch der Grundbesitz des Pfarrhofes zuerst mal an den Staat. Die "Grundstücksverwertungsverwaltung" - deren erklärtes Ziel es war solche Grundstücke meistbietend versteigern zu lassen - unterstand der Königlichen Spezial Kloster Kommission.
Das Widtum Kötztings, das nur noch aus einem Häuschen bestand, sollte aber offensichtlich zuerst verpachtet werden: Im Hauptstaatsarchiv München findet sich unter KL Fascikel 633/27 folgendes Schriftstück:
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KL Fascikel 633/27 |
Kötzting den 11. Febr. 1811
Königliche Special Kloster Commission
Pfarr Kötzting Widtum
Häuschen betreffend
auf den allher erfolgt allergnädigsten Befehl vom 8. Januar et praes 8ten dieß hat man zue Verpachtung dieses Häuschen den gestrigen Tage und die Stunde hierzu von 2-3 Uhr nach vorausgegangener Bekanntmachung angesetzt, allein niemand erschien, und die Ursache ist diese:
Das Häuschen ist nahe dem Einsturze, ohne Türen, Fensterstöcke und ohne Ofen, kurz ein leeres, ein ausgeplündertes und halb wankendes gezimmertes Gebäude, wie man dieß schon mehrmals berichtlich angemerkt hat. Wer wird also so eine Hütte auf unbestimmte Zeit stiften und Geld hierauf verschütten. Nur gering gerechnet dürfte jeder blos für Herstellung einer schmalen Wohnung 60 fl aufopfern und dann ist erst....
....noch der Kosten um von dem Einsturze dieses Häuschen gesichert zu sein. Kein Pächter wird sich also bei dieser Beschaffenheit hervorthun und all weitere Verpachtungsversuche auf unbestimmte Zeit sind vergebens.
Um aber doch noch einen Erlös von diesem Gebäude zu erhalten weil der Platz wegen Erbauung einer Fronfeste einstweilen noch reserviert bleiben muss, so wäre man, wie schon öfters der amtliche Antrag war, der pflichtgemäßen Meinung dieses Häuschen auf Abbruch zu versteigern, und hierzu ist schon unterm 29. 9ber (November) berichtlich angezeugten Schätzungs Werthe per 10 fl zubenützen., man gibt aber hierzu keine Maaß, überläßt das Ganze der tieferen allergnädigsten....
.....Einsicht und empfiehlt sich alleruntertänigst treugehorsamst
der königlichen Special Kloster Commission
alleruntertänigstes treugehorsamstes Rentamt Koetzting
Schredl Rentschreiber
Im Jahre 1810 ist offensichtlich bereits die Entscheidung gefallen, das
verfaulte Amtshaus am Ende der Schirngasse - das Landgerichtsgefängnis also - durch einen Neubau auf dem Grundstück des Widtumsbauernhofes zu errichten. Bis es so weit war, hätte München wohl gerne Geld aus der Verpachtung des Hauses erzielt......aber..... siehe oben.
Im Jahre 1817 war es dann soweit, das Widtumshäuschen war verschwunden und bis zum Jahre 1820 dauerte es bis dann das "neue" Amtsgefängnis fertiggestellt worden war. Dieses erwies sich sehr schnell als zu klein und so schritt man bereits im Jahre 1837 zu einem Anbau und zu einer Erhöhung um ein weiteres Stockwerk.
In den Akten der Regierung von Niederbayern findet sich nur wenig zum Kötztinger Gefängnis, aber es gibt einen Mischakt über viele Jahre (1850-1906) hinweg.
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StA Landshut: Regierung von Niederbayern KdI Nr. 8310 |
Als erstes wird das Entweichen zweier Gefangenen moniert und die Bauinspektion Deggendorf muss sich unter dem Betreff: das Entweichen der gefangenen Georg Seiderer und Andreas Fischer aus der Frohnfest zu Kötzting mit einem Kostenvoranschlag äußern:
"Die Haustüre in der Frohnfeste zu Kötzting ist an sich noch in ganz gutem Zustand. Die Versperrungsweise derselben ist jedoch nicht von solcher Konstruktion, wie dieses für eine Frohnfeste erforderlich. Sie kann von Innen ohne Schlüssel mit einiger Kraftanstrengung geöffnet werden." Mein Vater hätte dazu gesagt: " a Reiberl für a Hehnanest"
"Die Entweichung der rubrizierten Arrestanten soll übrigens auf folgende Art stattgefunden haben. An der Hausthüre befindet sich ein sogenannter Zug, mittels welchen das Gerichtsdieners=Personnal vom Zimmer aus die Hausthüre öffnen kann, dann eine Hausglocke im Flötz nächst der Thüre, aussen zum Anschellen. Die Arrestanten Seiderer und Fischer an der Hausthüre im Flötz angekommen setzten die Glocke, die leicht zu erreichen ist, in Bewegung, und das Gerichtsdienerspersonnal im Zimmer, in der Meinung es wolle jemand in die Fronfeste, zog auf, die Gefangenen entwichen."
Die Tür wurde gemäß des Kostenvoranschlages um 16 Gulden umgebaut und die Glocke entfernt, weil diese ja nur der Bequemlichkeit des Personals diente.
Der nächste Teil in dem Akt ist ein amtliches Gutachten des
Kötztinger Gerichtsarztes Dr. Müller, (
der Mann mit dem Kampfnamen: Saumüller), berühmt und berüchtigt für seine mitunter sehr derben Spottgedichte.
Hintergrund ist der Vorwurf des Hausarztes Dr. Schmid von der Strafanstalt in Kaisheim:
"daß die aus hiesiger (=Kötztinger) Frohnfeste abgelieferten Büßer in der Regel schon mit Krankheiten behaftet in die Anstalt kommen." Dies findet der Kötztinger Amtsarzt
"wirklich zu gewagt und sieht sich daher bemüssiget die Verhältnisse der hiesigen Fronfeste etwas näher einer hohen Regierung auseinanderzusetzen.
1. die Lage: diese läßt nichts zu wünschen übrig. Ganz frey von allen Nebengebäuden, liegt die Frohnfeste mitten unter grünenden Wiesen und Gärten, und die Luft kann daher nur rein sein, um so mehr, als keine Sümpfe, Pfützen, Weyher pp vorhanden sind, welche die Luft verunreinigen könnten.
2. Das Wasser, wenn auch gerade nicht das Frischeste, so ist es doch klar und hell ohne Zoophitische oder cryptogenische Beymischungen, und da der Brunnen im Hofe der Fronfeste jährlich 2mal geräumt wird, so vermag der gehorsamiste Unterzeichnente auch hierin kein, auf die Inhaftierten schädlich wirkendes, Agens zu erbliken.
3. das Gebäude: dieses läßt freylich viel zu wünschen übrig, es ist leicht von einfacher Reihe übereinander gelegten Ziegeln aufgeführt und wegen der freyen Lage des Gebäudes den starken Frösten ganz frey gegeben, daher auch in kalten Wintern ohne 2maliges Heitzen die Inhaftierten viel über Kälte klagen und besonders rheumatische und artritische Kranke ihren Zustand viel verschlimmern. Anscheinend hatte die Regierung das "doppelte Heizen auch bei der strengsten Kälte" unter allen Umständen verboten. In einem Randvermerk wird nun angeordnet, dass der Amtsarzt in eigener Verantwortung das 2 malige Heizen anordnen darf.
4. Beköstigung: Brod und Fleisch läßt keine Beschwerde zu, wie sich der kgl. Gerichtsarzt fast täglich zu überzeugen Gelegenheit hat. Das schönste saftigste Kornbrot und das Fleisch nur aus den öffentlichen Bänken genießt der Inhaftierte in solcher Qualität, wie jeder hiesige Einwohner auch.
Ebenso sind Strohsäcke und Wäsche reinlich gehalten, erstere monatlich gefüllt und gewaschen, die wollenen Decken werden jährlich gereinigt. Es wäre demnach keine Ursache aufzufinden, welche ein Erkranken oder ein allmähliches Siechtum erklären könnte mit einziger Ausnahme der Kälte.
Er berichtet aus den letzten 22 Jahren habe es nur einen einzigen Todesfall, einen 75 jährigen Greis gegeben, der an Altersschwäche gestorben war. Im Jahre 1852/53 war laut Tagebuch des Gefängnisses die Zahl der Kranken auf 13 gestiegen,
"während doch die Überfüllung in der Heiglschen Untersuchung eine außerordentliche gewesen und im Jahre 1853/54, bey 70 Criminalarrestanten, nur auf 12 herausstellte, welche alle vollkommen genasen. Ein Typhus aber seit den 22 jährigen Wirken des gehorsamist Unterzeichneten als Gerichtsarzt in hieiger Frohnfeste nicht vorgekommen."
Allein ein Umstand scheint dem Hausarzt Dr. Schmid unbekannt zu sein: dass jeder Inculpat vor der Verhandlung beim K. Kreis- und Stadtgericht sowohl als beym Schwurgerichtshof 3-4 auch 6 Wochen oft theils länger in der Frohn Veste nach Straubing abgeliefert wird, daß aber dort eine Überfüllung der Art ist, dass die Gesundheit der Gefangenen gefährdet werden muß.
Weiter führt er - nicht unlogisch - aus müssten die Erfahrungen in Ebrach und München, wohin die Kötztinger viel größere
"Contingente liefern" würden als nach Kraisheim und Amberg, ja wohl genauso sein, aber im Gegenteil, aus diesen Strafanstalten kamen bisher keine Klagen über kranke Kötztinger Schubhäftlinge.
Der Räuber Heigl
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Die Flucht Heigls ließen dann die Unterdrückungsmaßnahmen anlaufen:
Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III: "Michael Heigl, lediger Inwohnerssohn von Beckendorf k. Landgerichts Kötzting welcher sich bei Gelegenheit der Eröffnung an denselben bezüglich seiner Ablieferung in das Zwangsarbeitshaus im Frühjahr 1943 sich aus dem Verhör-Zimmer der hiesigen Frohnfeste geflüchtet hat, und seit dieser seiner Entweichung nicht mehr in Verhaft gebracht werden konnte, hat sich seitdem laut vorliegender chronologischen Zusammenstellung das k. Landgerichts Kötzting vom 3. d. Monats wegen mehr als 40 Reaten(?) theils Polizei-Übertretungen, größten Teils aber Vergehen und Verbrechen, und darunter namentlich mehrere Widersetzungen und Raubübefälle verdächtig gemacht, betreffs derer die erlangten Überweisungsgründe vielfach so gestaltet......"
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Dr. Müller schrieb in seinem Gutachten - siehe oben - von einer "Überfüllung in der Heiglschen Untersuchung" nun, diese Überfüllung war eine Folge der fast hilflosen Zwangshandlungen von Seiten des Bezirksamtes, das es einfach nicht fassen konnte, dass die Gendarmen des Michael Heigl einfach nicht habhaft werden konnten. Als Folge dieser Blamage, welche die Beamten zum, auch überregionalen, Gespött (die Kötztinger Gendarmen wurden auf dem Straubinger Viehmarkt öffentlich wegen Unfähigkeit angepöbelt) machte, versuchte Carl von Paur einfach sämtliche bekannt gewordenen (oder vermuteten) Kontaktpersonen Heigls zu verhaften. 1843 jedenfalls, ganz am Anfang, konnte Heigl während einer Verhörpause - damals ging es nur um kleinkriminelle Verbrechen, die aber trotzdem eine Einweisung in ein Arbeitshaus, vermutlich Ebrach, zur Folge haben würden - einfach die Fliege machen. Die Geschichte seines zurückgelassenen Hutes brachte den Gerichtsassessor entsprechenden Spott ein und ist heutzutage noch eine, gerne erzählte, kleine Anekdote. Als Folge, wie oben gesagt, setzte nun eine Verhaftungswelle ein. Hier ein paar Auszüge aus den "Heiglakten" im Staatsarchiv Landshut, die diesen Moment dokumentieren:
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Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III: die Verhaftungswelle läuft an: 17. November 1845 durch Gendarmerieanzeige wurde Josef Dobmaier, ledig v. Watzlhof der Verbindung mit Heigl verdächtigt und wegen Müßiggangs angezeigt. War mit Heigl gemeinschaftlich im Wirtshaus zu Thenning nebst ihm auch Josef Schuderer von Thenning, Gemeinde Gotzendorf. |
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Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III: zweiter Teil: wurde Josef Dobmaier /:Gemeinde Grafenwiesen:/ durch die Gendarmerie am 17.11.1845 eingeliefert, deß gleichen Josef Schuderer, Hütterssohn von Thenning. Durch Polizeibeschluss vom 19. Dezember 1845 wurde ersterer unter Anrechnung derr 18 tägigen Detention als Strafe mit 15 Ruthenstreichen gezüchtiget. Schuderer, der zur Ablieferung ins Arbeitshaus verurteilt und wegen Vagierens in eine Strafe von 15 Ruthenstreichen verurteilt. Im Berufungswege wurde diese Strafe erlassen. Dauer der Detention des Schuderer im Arbeitshaus auf 4 Monate festgesetzt wohin er sofort abgeliefert wurde. |
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In diesem "Krisenmodus" ging es nun die nächsten 10 Jahre munter weiter, bis dann endlich per Telegramm nach Landshut und folgend nach München der große Fang gemeldet werden konnte:
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bayr. Hauptstaatsarchiv München Gendarmeriekommando: Polizeiberichte Räuber Heigl 1852 1853
Teleg(ramm) Dep(esche) Landshut den 19.6. 7 Uhr 30 vormittags München 19.6. 7.30 vormittags:
Hauptmann Frays beehrt sich mitzuteilen daß Heigel in Ktz arret(iert) wurde. |
Nach 10 langen Jahren der Suche und des öffentlichen Gespötts, hohen Kosten für den Staat und den Zwangsmaßnahmen für die in Verdacht geratenen Gemeinden, konnte Heigl endlich verhaftet werden musste aber, da Straubing hoffnungslos überfüllt war, zunächst noch einige Wochen in Kötzting verbleiben, was sicherlich für einige schlaflose Nächte beim Landrichter Carl von Paur gesorgt hatte
Nun aber weiter mit der Geschichte des Gebäudes:
Im nächsten Schreiben aus dem Jahre 1855 moniert Landshut den Mangel an Trinkwasser im Gefängnis:
es besteht der Mißstand, dass der Brunnen ein gutes Trinkwasser nicht liefert was vermutlich seinen Grund darin haben wird, daß die nach der Straßenrinne sich ziehende Jauche wegen der schlechten Beschaffenheit des Pflasters oder wegen des geringen Gefälles in der Nähe des Brunnens stehen bleibt, durch den Boden sickert und in denselben abläuft.
Es wird beauftragt binnen 6 Wochen diese Einflüsse zu versuchen einzudämmen.
Die Bauinspektion in Deggendorf beschreibt die Lage des Brunnens dann so:
zwischen der zur Frohnfeste gehörigen Abtrittgrube, dann der Dunglage und einer außerhalb vorbeiziehenden Jaucheleitung. Die Abtrittgrube ist 33 Fuß, die Dunglage 48 Fuß und das hölzerne Gerinne der Jauchenleitung blos 4 1/2 Fuß vom Brunnen entfernt. ..... das Brunnenwasser ist das ganze Jahr hindurch klar und ohne allen Beigeschmack, nur zur Zeit des Auftauens bekommt es seinen Jauchegeschmack. Als Abhilfe wird, bis zur Reparierung der hölzernen Jaucherinnen, empfohlen auf öffentlich erhältliches Quellwasser umzustellen.
Weiter gehts mit Umbaumaßnahmen und daher wird in einem Vorbericht der Zustand des Gebäudes und seine Nutzung genau erläutert:
...die gegenwärtige Fronfeste in Kötzting hat 9 Arreste und soll für die Zukunft 17 Kriminalarreste, 4 Polizeiarreste zugleich Vagantenstuben und einen Krankenarrest erhalten. Da gegen Südost das Terrain stark abfällt, gegen Nordost die Distriktstraße nach Straubing und Cham hindernd in den Weg tritt, so kann das Gebäude in letzterer Richtung bloß um 15 Fuß verlängert werden. Das Hauptmauerwerk besteht zum größten Theile aus Bruchsteinen, ist jedoch von genügender Stärke um ein weiteres Stockwerk zu tragen, es wird daher beantragt das Gebäude um 15 Schuh zu verlängern und ein 3tes Stockwerk aufzusetzen....... die Baukosten belaufen sich auf 10400 Gulden. Nimmt man eine Nährungsrechnung über den damaligen Bierpreis zur Hand, dann beliefen sich die Baukosten in heutiger Währung um die 1 Mio Euro.
Die Umbaumaßnahmen gehen weiter: 1880 ist das "Hauptgefängnis" in Straubing überfüllt und die Regierung von Niederbayern empfiehlt eine Vergrößerung des Kötztinger Gefängnisses und eine Umwandlung in ein Aushilfgefängnis, um die Straubinger zu entlasten.
Vor Allem die Sträflinge aus den AG Bezirken Kötzting, Neukirchen und Mitterfels sollten - solange Straubing überfüllt war - zukünftig im Kötztinger Gefängnis einsitzen.
Im Moment (1880) waren es einschließlich der "Amts- und Polizeigerichtssträflinge" 20 Personen, nach der Erweiterung musste mit bis zu 30 Einsitzenden gerechnet werden.
Das erste Problem war die Erweiterung der Küchenherde, bei der vor allem die so genannte "Sommerküche" wegen des kalten Pflasterbodens im Winter nicht genutzt werden konnte, als Lösung wurde die Erweiterung des Küchenherdes in der Gefangenenwärterwohnung ins Auge gefasst.
Kötzting wird an das Telegraphennetz angeschlossen
ebenfalls 1880 findet sich eine Aktennotitz im Gefängnisakt vom bayerischen Staatsministerium der Justiz und erteilt die Erlaubnis, bei der Verlegung einer Telegraphenleitungsstrecke in den Markt Kötzting herein, solchen Draht auch an das Amtsgerichtsgebäude befestigen zu lassen.
Die Leitung soll "
von der hinteren Seite des Posthauses an das Amtsgerichtsgebäude dahier" verlegt werden.
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Hauptstaatsarchiv München Gend-KK 316 : Hauptmann Freys
beehrt sich mitzuteilen, daß Heigl in Ktz. arretiert wurde. |
Die K.B. (sprich königlich bayerische) Telegraphenstation Kötzting, als beantragende Stelle, läßt sich bestätigen,
daß durch die projektierte Drahtleitung eine allenfallsige Fluchterleichtermöglichung für die Gefangenen nicht eintritt, weshalb dieses Gesuch dießseits (Justizbehörde) begutachtet wird.
Gut 20 Jahre vorher, bei der Gefangennahme Michael Heigls konnte München erst von Landshut aus telegraphisch benachrichtigt werden.
Das Telegramm in Landshut am 19. Juni 1853 abends um 20.00 Uhr abgeschickt, berichtet von der erfolgreichen Jagd auf den Räuber, welche in Kötzting bereits am 17.Juni frühmorgens abgeschlossen war. 2 1/2 Tage dauerte es, bis die gute Nachricht in München angekommen war. Diese geruhsame Zeit fand nun ein Ende, Kötzting war in der schnelllebigen Moderne angekommen.
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Nach einer Inspektion wird nun das Gebäude 1882 endgültig umgebaut und dazu ein Plan erstellt und ein Kostenvoranschlag errichtet.
1885 wurde auf Anregung des Oberamtsrichters sogar eine "Badewanne" für die Benutzung durch die Gefangenen angeschafft. Weil das Erdgeschoss aber sowieso eher zu feucht war und man durch einen Einbau eines "Badelokals" eine weitere Durchfeuchtung der Wände befürchtete, einigte man sich darauf diese Wanne in einem Nebengebäude, nämlich in die Waschküche, aufzustellen und den dortigen, seit Jahren nicht mehr benutzten, Backofen dafür abzubrechen.
Am 21.12.1885 verstarb der damalige Gefängniswärter Konrad Bernhard (im Sterbematrikel als Amtsgerichtsdiener betitelt) im Alter von 58 Jahren an Febris Gestrica (Internet übersetzt dies mit einer leichten Form des Typhus) und damit musste die Stelle neu besetzt werden. Bei Bernhards Übernahme kurz vor dem Jahre 1882 konnte er die Umbaumaßnahme (siehe Plan) erreichen. Nun musste sein Nachfolger Georg Schabdach bei Dienstantritt in Anwesenheit der Witwe Anna Bernhard das Gefängnis mit einem amtlichen Protokoll übernehmen.
Die Witwe verpflichtete sich die Ausbesserungsarbeiten in den Privaträumen binnen eines Monats durchführen zu lassen. Danach wurden das Haupt und das Nebengebäude gemustert. Das Ergebnis spricht Bände (selbst in unserer Zeit kann ich mich daran erinnern, dass immer wieder versucht worden war, die mauern trocken zu legen)
Wegen Dringlichkeit musste im drauffolgenden Sommer ausgeführt werden:
1. Entfeuchtung des Schlafzimmers, in welchem der Hausschwamm den Fußboden und die Thürfutter und Verkleidungen zerstört hat.
2. Desgleichen Erneuerung des Thürfutters zur gepflasterten Küche.
3. Reparatur der Treppe
4. Reparatur mehrerer geschwundener und zerklüfteter Arrestthüren
5. Gleichzeitig mit den Entfeuchtungsarbeiten wird der Kanal längs der Sockelmauer des Wohn- und Schlafzimmer in Stand gesetzt.
6. Im Nebengebäude bedarf der Sockel der Holzremise und die Bodentreppe mit Verschalung der Reparatur.
7. Endlich bedarf der Brunnen gründliche Ausreinigung und Reparatur der gesprungene Grand der Erneuerung.
Nimmt man den Bauzustand inkl. Brunnen und Kanal als Grundlage und blickt dann auf die Todesursache des vorherigen Gerichtswärters (leichte Form des Typhus) so könnte man eine gewisse Kausalität durchaus vermuten. Heutzutage ein Arbeitsgerichtsprozess, den man leicht gewinnen könnte....
Leider wurde der projektierte AbwasserKANAL wieder nicht ausgeführt sondern nur eine oberflächliche Rinne angelegt, die auch noch das Oberflächenwasser der Dachrinne mehr schlecht als recht abführen musste und von da ab dann in den Straßengraben >>>>>wieder wurde die Wand nass und nässer.
In einer neuen Bauuntersuchung wird bemängelt, dass die Eichendielen in den Türen so lückig sind, dass die Zellen nicht mehr gut (was heißt hier schon gut) geheizt werden können UND die Zelleninsassen mit Personen , die sich im "
Schließgang" befinden sich unterhalten könnten.
1894 wird in einem Schreiben der königlichen Oberstaatsanwaltschaft bemängelt, dass im Hof,
"welcher als Aufenthaltsort für die holzzerkleinernden Gefangenen" genutzt wird, das Tor schadhaft ist.
1904 muss der Gefängniswärter seine eigenen Fenster durch Bleche schließen, weil die Gläser alle aus dem verfaulten Holzrahmen herausgefallen waren. Die sofort georderten Fenster sollen nun endlich auch mit Winterfenstern ergänzt werden können, was bedeutet, dass das Haus bis dahin nur eine schlichte und schlechte Einfachverglasung hatte.
1909 bekommen die Gefangenen, zumindest sieht es der Bauantrag so vor, eine illustre Nachbarschaft. Der daneben liegende Brauer Karl Schmid - Schmidbräu - hat einen Plan eingereicht, um auf seiner Südwestseite ein Salettl bauen zu lassen. Eine lustige Vorstellung, dass vor den vergitterten Fenstern, nur durch eine 10 m breite Straße getrennt, in den Sommermonaten das fast sprichwörtlich bayerische Landleben mit Bier und Musik sich abspielte und die Gefangenen zuhören konnten, vielleicht reichte man ihnen sogar das eine oder andere Glas durchs Fenster hinein.......
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die neue Sommerhalle des Schmidtbräus Staatsarchiv Landshut Baupläne Landkreis Kötzting Nr. 3456 von 1909 |
Das dies grundsätzlich möglich war, kenne ich aus den Berichten aus der Familie. Als im Sommer 1933 die Nazis meinen Großvater, als Marktrat der BVP, von der SA verhaften ließen, steckten sie ihn in eine der Zellen, von wo aus er seiner Tochter, der späteren Frau Schödlbauer, Anweisungen geben konnte, sie Alle mit Bier und Spielkarten zu versehen. Seine Mitgefangenen in der Zelle und Mitmarkträte, waren gleichzeitig auch seine persönliche Freunde: Januel, Oexler, und Schödlbauer. Diese Geschichte habe ich im Detail aber bereits einmal geschildert, wenn auch in einem anderen Zusammenhang:
Überraschungsfund im Bauschutt des alten Amtsgerichtsgefängnisses.
Das Gesundheitsamt: (und die Stadtwaage)
Die Tage des Kötztinger Gefängnisses sind gezählt, eigentlich schlummerte es bereits seit dem Ende des Dritten Reiches in einem Dornröschenschlaf. Nun wurde das Gebäude wird er geweckt, restauriert und bekam eine neue Funktion, das Kötztinger Gesundheitsamt. Die Bilder der historischen Zeitungen sind nicht besser, aber auch diese sind ein Dokument aus der Vergangenheit.
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KU von 1961 |
Beide Zeitungen berichten von den Arbeiten und wenige Wochen danach, erhält Kötzting ein schmuckes neues Amtsgebäude und auf der Kreuzungsseite seinen ersten "Stadtpark". Generationen von jugendlichen Rauchern sind auf der Mauer gesessen - sehen und gesehen werden war damals wie heute die Devise der jungen Leute; die älteren Kötztinger Bürger standen dafür am "Stachus" versammelt - und haben den laufenden Verkehr und die Autos bewundert.
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später kam dann auch noch die Stadtwaage zum Ensemble hinzu
Bild Archiv Arbeitskreis Heimatforschung |
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Bild Archiv Arbeitskreis Heimatforschung
im Dachstuhl des Gesundheitsamtes |
Bei der ersten Renovierung des Dachstuhls wurde dieses Bild geschossen, als das Gebäude dann vor wenigen Jahren generalsaniert wurde, kamen im Fehlboden, der hier noch weitgehend unzerstört zu sehen ist, die Akten zum Vorschein, die bereits
Grundlage eines eigenen Blogeintrags geworden sind.
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Bild Archiv Heimatforschung: Dr. Höring bei der Schluckimpfung
in den 60er Jahren |
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Bild Archiv Heimatforschung: klassenweises Antreten zur Schluckimpfung im Gesundheitsamt |
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Bild Archiv Heimatforschung:
Frau Müller vom Gesundheitsamt |
Auch diese Phase ging vorüber, die Zentralisierung schritt vor Allem nach der Auflösung des Landkreises Kötzting fort. Das Hauptamt des Gesundheitsamtes war fortan in Cham, Kötzting verblieb als Außenstelle und als das Finanzamt ( auch dies natürlich aus Außenstelle des Chamer Finanzamtes) dringenden Platzbedarf anmeldete, wich das Gesundheitsamt und das Finanzamt bezog das neben ihrem Hauptgebäude liegende ehemalige Gefängnis.
Wieder einmal gab es im Sommer 2017 umfangreiche Verkehrsbehinderungen, weil die Gebäudesanierung, 2013 im Dachgeschoss begonnen, zum wiederholten Male eine Fundamenttrockenlegung benötigte. Nun befindet sich das Gebäude in seiner vierten Nutzungsphase, es ist Teil des Finanzamtes, mal schauen , was in den zukünftigen Jahrzehnten noch draus werden wird.