Metzgerstrafen
Zusammengenommen sind es
also eine Reihe von Vertragsauflagen, Anordnungen, Regeln und Gesetzen, an die
sich die Metzger halten mussten. Natürlich versuchten dieser Schlupflöcher
in den Bestimmungen zu finden oder hofften einfach bei Regelverstößen darauf, nicht erwischt zu werden und kauften, schlachteten und
verkauften an den Kontrollen vorbei; wurden sie aber erwischt, dann mussten sie
die festgesetzten Strafen bezahlen und so tauchen die Kötztinger Metzger mit
schöner Regelmäßigkeit in den Rechnungsbüchern des Marktes auf. Hier ist es
wichtig zu erwähnen, dass der Markt Kötzting in früherer Zeit nicht nur eine
Verwaltungseinheit war, sondern auch obrigkeitliche Aufgaben erfüllte,
die heute von den Gerichten und der Polizei wahrgenommen werden. Der Kammerer
Kötztings, also der Bürgermeister, war zugleich auch noch Richter und
Polizeichef. Für die Ausführung und Überwachung der Gesetze und Anordnungen
hatte er den Marktdiener, für die Amtsgeschäfte seinen juristisch gebildeten
Marktschreiber. Die Marktratssitzungen waren auch Gerichtstage und die dort
ausgesprochenen Geldstrafen wanderten direkt in die Marktkasse bzw. in den Säckel der Ratsherren. Alle staatlichen
Aufsichtspersonen, auf allen Verwaltungsebenen, waren also angehalten streng
darauf zu achten, ob die gesetzlichen Vorschriften auch eingehalten wurden.
Auf der untersten, der
kommunalen Ebene, war nicht nur der Marktdiener befugt Aufsicht auszuüben
sondern auch einzelne Markträte wurden für Kontrollaufgaben eingesetzt. Es
wurden dabei aber nicht nur die Metzger kontrolliert, sondern unter
anderem auch die Qualität des Bieres, des Ausschanks, die Gewichte und die
Sauberkeit der Bäcker und Müller, die Überwachung der Sperrstunde, die
Sauberkeit der Kamine und vieles andere mehr. Auch wenn die Überwachung wohl zu
wünschen übrig lies, denn Freiherr von Armannsberg listete, wie oben angeführt,
seine Beschwerden über die mangelhaften Lebensmittel in Kötzting auf und fügte
an: „der Markt schweiget hierzu, weil sonst der Eigennutz seiner Bürger
scheitern würde“(29),
so kann man doch an den Rechnungsbucheintragungen sehen, dass kontrolliert
worden war. Die Metzger erwischte es allerdings sehr häufig. Als Beispiele
seien hier einige Einträge aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert aufgeführt. Die
bunte Mischung an Strafen über die Jahrzehnte hinweg zeigt, was man den Metzgermeistern
alles zur Last gelegt hatte.
Nachdem die verhandtenen
vier Metzger Georg Pachmayer Hans und
Georg Khieninger wie auch Georg Mez nit allein den Fleischsaz
ueberschritten sondern auch noch dazu
umb das obrigkeitliche Verbot nichts geben
und denen Fleischbeschauern schlimme Reds angehengt als haben
vermoeg Protokols wieder 2 1/2 Pfund
erlegen muessen.(30) Die
vier Kötztinger Metzger hatten 1685
nicht nur das Fleisch zu teuer verkauft sondern, nachdem sie erwischt worden
waren, auch die Preise nicht geändert und noch dazu die Fleischbeschauer
beschimpft. Die Strafe von 2 ½ Pfund betrifft übrigens nicht das Fleisch,
sondern war eine bei Gerichtsstrafen gebräuchliche Währung angegeben in Pfund
Regensburger Pfennige. Diese 2 ½ Pfund Pfennige ergaben in der damals
gebräuchlichen Handelswährung 6 Gulden 51 Kreutzer und 3 Pfennige.
1672
wurden die vier Metzger miteinander wegen Schlachtung ohne vorherige Fleischbeschau gestraft(31)
Im
Jahre1685 hatte die Kontrolle ergeben, dass sie das Schaff und Pockhfleisch hoecher als was der Satz gewest
verkaufft(32)
1705 erwischte es einen
anderen Metzger, der erst ein paar Jahre zuvor als Bürger aufgenommen worden
war, Pürzer Ander, Bürger und Metzger
umb sich derselbe undernomben ohne uf seinem Heussl gekhomene Gerechtigkeit das
Fleisch pfundweis auszuwiegen und zu verkauffen. Auch der
Fleischpenkstueftung zu widersezen ist
neben einem ernstlichen Verweis deswegen zu 1 Pfund gestraft worden.(33)
Dieser hatte also wiederholt das Fleisch in seinem eigenen Haus verkauft, ohne
dafür die Handwerksgerechtigkeit auf dem Haus liegen zu haben und sich damit
der Kontrolle in der Fleischbank entzogen.
Signatur nachtragen
Wagte es ein anderer Bürger
Fleisch zu verkaufen, so hatte er das gesamte Handwerk der Metzger gegen sich
und der Magistrat als Gericht musste urteilen, wie im Jahre
1702, als der Bürger und
Schneider Wolfgang Hofmann verurteil wurde,
umb er unschlachtmessiges Fleisch in Markt gebracht habe.(34)
Ebenso erwischte es im
Kriegsjahr 1703 den Brothüter Georg Pachmayr, der entgegen des ausgesprochenen
Verbotes Kalbfleisch viertl und Pfundweise verkauft hatte.
Sogar Gefängnisstrafen wurden gegen die Metzger
ausgesprochen.(35) Im Rechnungsbuch ist vermerkt, dass, nachdem Georg Pachmeier
und Leonhard Vogl 1684
oefters
verboten worden bei dem waichen Wetter deren Schaf nit auf die Saem und und
Getraidter hietten zu lassen hat es widerumben bei ihnen nichts verfangen sind
dahero strafft worden. Pachmayer musste 1
Gulden 8 Pfennig und 4 Kreutzer zahlen und Leonhard Vogl wurde wegen Unvermoegenheit
halber zu Fenkhnuss Straff verurteilt
Im drauffolgenden Jahr ging
der Metzger Ander Mez für einen halben Tag ins Gefängnis wegen an dem
Rathsdiener veruebten Schendtung(36).
Andererseits wollten sich die verbürgerten Marktlehner nichts so
einfach von ihren alten hergeklommenen und geschriebenen Rechten wegnehmen
lassen. Die Metzger wollten ihnen das Schweineschlachten und den Verkauf des
Schweinefleisches verbieten lassen und das ging ihnen zu weit. Hintergrund
dürfte sein, dass den Marktlehnern, und nur diese protestierten auch, in Kötzting das Brau- und Schankrecht
uneingeschränkt zustand und es im Markt entsprechend zahlreiche Wirtshäuser
gab. Machte man aber einen Ausschank und betrieb eine Wirtschaft, so konnte man
in aller Regel mit den Abfällen auch eine Schweinehaltung betreiben, was
wiederum dann der Wirtschaft zugute kam.
Mit ihrem Protest kamen die
Metzger aber nicht durch und sogar in dem verpachteten Wirtshaus der Wuhn,
einem alten Marktlehen in der unteren Marktstraße, wurde es dem Pächter ausdrücklich
zugestanden.
Der Wuhnwirt Martin Hofmann(37)
erhielt in seinem Stiftsvertrag genaue Vorschriften, wie er seine Wirtschaft zu
führen hatte. Neben der Vorgabe, das Bier bei der Bürgerschaft zu kaufen, wird
geregelt, dass er weder schlachten noch
Fleisch verkaufen dürfe. Schweine allerdings dürfe er sich halten soviel er für
seine Wirtschaft benötigte.(38)
Die Metzger lieferten nicht
nur das Fleisch zum Verzehr und die Felle für die Gerber, die am Regenufer ihr
geruchsintensives Gewerbe betrieben, und selber wieder den Färbern zulieferten,
sondern produzierten auch Unschlitt, also ausgelassenes Körperfett der Tiere,
was sowohl für die Beleuchtung, wie eingangs bereits einmal erwähnt, sondern
auch zum Abdichten der Spünde und Fässer in der Brauerei gebraucht wurde. 1685 lieferte der Metzger
Georg Khieninger 17 Pfund Insleicht ins Brauhaus, die man dort für die „praune
Waickh“(39) vonnöten gehabt habe.(40)
Eine andauernde
Herausforderung für die Kötztinger
Metzger war es auch, die Schlachttiere bis zum Schlachttermin füttern zu
können. Der Markt Kötzting hatte
notorischen Mangel an Weidefläche, die Marktlehner und Söldner betrieben
zumeist auch eine Landwirtschaft und waren auf die gemeinschaftlichen
Weideflächen angewiesen, da das Alleinhüten, auch auf dem ureigenen Grund und
Boden, streng verboten war. Alle Tiere aller Bürger wurden in einer Herde auf
die Gemeindeweide getrieben, dies war der sogenannte „Blumbbesuch“, wörtlich
der Blumenbesuch.
So erhielten nun die
Metzger die Auflage, dass jeder von ihnen höchsten 20 Schafe auf einmal
schlachten dürfe und es daher keinen Grund gäbe, dass einer mehr unter die
Gemeindetiere treibe.(41) Regelübertretungen kennen wir auch hier
wieder durch die in die Rechnungsbücher eingeführten Gerichtsstrafen, als z.B.
Jakob Rabl und Michael Vogl jeder ca. 60 Schafe hielten und daher bestraft
wurden, mit ansehnlichen 2 Pfund Pfennigen.
Das große Problem in der
damaligen Zeit waren aber die damals häufig grassierenden epidemischen
Viehseuchen und daraus die resultierende Sperrgebiete.
Solche Tiere, waren
natürlich auf den Märkten in den Sperrgebieten günstig zu haben und so war die
Versuchung groß. Oben erwähnte Metzger
Rabl und Vogl, die in Viechtach, wo der räudige Viehfall grasssierte, Kühe gekauft hatte von denen eine würklich
in solcher Sucht crepiert ist, mussten dies schwer büßen. 5 Gulden 12
Kreuzer und 2 Pfennige mussten sie hinlegen, fast die Höhe ihrer Jahrespacht, als ihnen die Ratsherren dieses
Vergehen nachweisen konnten(42).
Am 12. Juli 1787 kam dann
für die Kötztinger Metzger eine Konkurrenz von ganz anderer Seite.
Der ehemalige Kötztinger
Marktlehner und nun Reichenbacher Tavernewirt Georg Adam stellte den Antrag
beim Magistrat, eine Freibank errichten zu dürfen. Von der Landesregierung in
München bringt er eine auf ihn persönlich ausgestellte Konzession mit und nun
lässt der Markt solch eine Freibank an die markteigene Wuhn(43)
anbauen, der Markt nennt es anschrauben. Die Entscheidung war nicht unstrittig,
auch eine Einrichtung im Rathaus, wo auch der Brotverkauf angesiedelt war,
stand im Raum.
Nach längerem Hin und Her
und abwechselnden Voten(44)
entschied sich eine Mehrheit für den Anbau an die Wuhn. Eine große Konkurrenz
scheint er für die Metzger aber nicht gewesen zu sein, weil in all den
Folgejahren mehr von Schwierigkeiten des Marktes mit dem Mieter als von
Einnahmen die Rede war. Der Magistrat erhielt seine Pachtzahlungen nur stockend
und zu Anfang des 19. Jahrhunderts verlässt der Metzger Heinz Adam seine
Familie und die Freibank in Kötzting und hinterlässt nur noch Schulden.
Die Metzger als Gewerbetreibende
Während im Zeitraum vor 1800
die Markträte selber die Lebensmittelkontrolle vornahmen, wurden später zuerst
einzelne Metzger mit dieser Aufgabe im Fleischbereich betreut. Ab Mitte des 19.
Jahrhunderts gab es dann sogar Tierärzte, die diese Aufgabe vorzunehmen hatten.
1835 wurde der Brandmetzger
Wolfgang Weihrauch für die vorgenommene Fleischbeschau bezahlt und 1861
rechnete bereits ein Tierarzt, Karl Wunder aus Viechtach, für dieselbe
Tätigkeit ab.
Im Jahre 1866, im Zuge der
Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit weigerten sich die Metzger die Pacht
zu zahlen und schlachten von nun an dann auf Ihren eigenen Anwesen.
Der Markt versuchte nun die
Fleischbank abzustoßen und schrieb eine Versteigerung der Immobilie aus. Der
Kötztinger Wirt und Nachbar Georg Rötzer (Hausnummer 19, jetzt Bäckerei
Pongratz) erhielt den Zuschlag für das Gebäude für sein gebot über 1100 Gulden.
Landrichter Karl von Paur genehmigte den Verkauf aber nach einem Jahr war der
Verkaufsvertrag immer noch nicht beurkundet. Georg Rötzer bekannte, den Kauf
nicht antreten zu wollen, er hätte das Anwesen nur für den Schlosser
Aschenbrenner ersteigert, der es aber dann für den erreichten Betrag nun nicht nehmen wollte.(45)
Der Magistrat fragte nach,
ob der Markt Rötzer verklagen sollte, aber das Landgericht winkte ab, dies
würde nur neue unnötige Kosten verursachen. Das Gericht riet mit dem
Nächstbietenden der Versteigerungen in Verhandlungen zu treten. Der direkt
benachbarte Stephan Dimpfl, Metzger und Gastwirt, übernahm nun das Anwesen für
560 Gulden
In den Jahren nach der
Erteilung der allgemeinen Gewerbefreiheit bewarben sich die verschiedensten
Bürger um eine Metzgerkonzession und die Angaben werfen ein Schlaglicht auf die
damals wohl vorherrschenden hygienischen Zustände.
Im Gewerbesteuerkataster des
Marktes Kötzting von 1868 tauchen jetzt
zusätzlich folgende Personen als Antragsteller für einen Metzger auf(46) :
- Joseph Amberger, brauender Bürger will das Geschäft ohne Gehilfen betreiben, ohne Laden, schlachtet im Wohnhause
- Franz Zachmann, Hausbesitzer, will im Wohnhause schlachten
- Wieser Georg, Pächter des Rötzerschen Gasthauses will im Wohnhaus schlachten
- Januel Leopold aus Rimbach, wohnhaft auf dem Jauckerbeckkeller will im Keller schlachten
- Wieser Wolfgang übt das Geschäft im elterlichen Wohnhause aus
- Stöberl Wolfgang, hat im Wohnhause eine Schlachtlokalität
- Laumer Wolfgang, schlachtet im Michl Martinschen Hause
- Kern Franz Gastwirtschaftspächter
- Kerscher Xaver Sattelpeilstein, ohne Laden ohne Gehilfe
- Greiner Jakob Bürger
- Lammer Alois
- Zachmann Franz
- Rötzer Joseph
Aus dem Jahre 1896 kennen
wir die erste große Umbaumaßnahme der ehemaligen Fleischbank, die nun wieder
ein bürgerliches Wohnhaus geworden ist, als Franziska Raith das Haus von Grund
auf erneuerte.(47) Der Zusatz in der Baumappe heißt: das
Voglsche Anwesen, vorher Elias Hahn.
In der Baumappe vom
28.07.1904 bestätigten die beiden Nachbarn, der Bäcker Karl Mühlbauer (Bäckerei
Grassl) und der Hafner Joseph Kasparowsky (heute Allianz Roiger), ihre
Zustimmung für den Ausbau des Wohnhauses des Dimpflwirtes Georg Mühlbauer(48).
Die Kötztinger Metzger aber
errichteten alle ihre eigenen Schlachthäuser und wirtschafteten auf und in
ihren eigenen Häusern solange bis dann zu Ende des 20. Jahrhunderts geänderte
Hygiene- und Umweltschutzbestimmungen neue Auflagen brachten, die von kleinen
Handwerksbetrieben nur noch schwer erfüllt werden konnten. So wandelten sich
viele Metzgerhandwerksbetriebe zurück in reine Fleisch und
Wurstverkaufsstellen, sind also dann wieder zu Fleischbänken geworden, nur eben
nicht mehr zentral sondern auf verschiedene Häuser in der Stadt Kötzting
verteilt.
Namensnachweise von
Kötztinger Metzgern bis 1885:
Waldfest auf dem Ludwigsberg 1906 oder 1907 rechts am Wurststand das Metzgerehepaar Philipp und Karolina Krämer. ". Kind von rechts sitzend ist Tochter Elisabeth, spätere Frau Barth. Foto Gläser Straubing, hatte zu dieser Zeit ein Atelier in Kötzting. Foto Arbeitskreis Heimatforschung Bad Kötzting Repro Nr. 1643 |