Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Alte Hausnummern 84
das "alte" Hoisshaus
Sammlung Franz-Baumgartner links das alte Hoiss-Haus, rechts Ludwig Wolfgang
Sammlung Franz-Baumgartner links das alte Hoiss-Haus, rechts Ludwig Wolfgang
Greil Mathias und Eva
Die belegbare Geschichte des Hauses beginnt am 4.11.1713, als ein Mathias Greil, Bürger und Häusler von Kötzting sein "eine Zeiltlang besessenes Burgersheusl, wie selbes mit Schar und Dach umbfangen und zu negst am Regenfluss dan der sogenannten Sagmihl entlegen" um 70 Gulden an den Sohn Hans Adam Greil, einen Maurergesellen, verkauft. Er behält sich die lebenslange Herberge vor und veranlasst, dass sein Sohn auch die Grundschuld übernimmt, die bei der Kirche in Weißenregen aufgenommen worden war.
Greil Hans Adam und Elisabeth
Wenige Jahre nach dem Kauf reichen der Mauerer Adam Greil und dessen Frau Elisabeth das " Häusl zunegst der Sag entlegen" um 125 Gulden an Thomas Köppl vom Klobichhof weiter. Auch die 20 Gulden Schuld bei der Kirche Weißenregen werden nur übertragen.
Thomas Köppl und Eva
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 Kirchentrachtliste von 1727-1736 |
Späth Wolf und Maria Heller
Bei den beiden sollte es sich um das am 15.5.1736 heiratende Paar aus Grub und Hohenwarth handeln.
Stephan Riederer und Barbara
"Nota :
Auch von dieser Besitzergeneration wissen wir nur wenig. Am 1.3.1756 heiratete die Tochter Eva aus erster Ehe des Stefan Riederer einen Hazmeier Joseph, von dem zumindest im Heiratseintrag keine Herkunft angegeben ist.
StA Kötzting Marktrechnung von 1757 Seite 85 |
Joseph Häzmayr und Eva Riederer
Anders als in den Heiratsmatrikeln steht in den Marktrechnungen die Herkunft des Kötztinger Neubürgers; er stammte aus Burglengenfeld.
StA Kötzting Marktrechnung von 1756 Seite 19 |
Im Jahre 1770 mussten sich Josef Häzmayr und seine Frau 48 Gulden von der Kirche Kötzting leihen, um sowohl einige Verbindlichkeiten beim Vater resp. Schwiegervater zu tilgen, auch um einige "Baufälligkeiten" am Hause reparieren zu können und für die " Beyschaffung einiges Speisgetreides".
Der Zinssatz betrug 5 Prozent und als Sicherheit für die Pfarrkirche überschrieben die Beiden ihr Haus und stellten sogar noch zwei Kötztinger Bürger als Bürgen.
zwei Jahre nach dieser Kreditaufnahme verkauften die Beiden ihr Haus an den bürgerlichen Ausnehmer Wolfgang Greil um 100 Gulden.
Wolfgang Greil und Eva
StA Landshut Briefprotokolle Markt Kötzting von 1772 |
Wolfgang Greil und Katharina Robl
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1801 Seite 1 |
2. väterlicher Erbsvertrag per 955 fl - xr
Nach dem zeitl. Anleben des Wolfgangs greil gewest. bürgerlichen Häusl Besitzers zu Kötzting seel. hat sich heunt die nachgebliebene Wittwe Katharina unter beystand des chfrtl. Gerichts und markts Procurators Franz Xaver Müller...."
Nach Abzug des ihr zustehenden Heiratsgutes und der Verbindlichkeiten verblieben von dem geschätzten Vermögen von 955 Gulden noch 654 Gulden zum Verteilen an ihre Kinder übrig, welche Summe sie auch in gleichen Teilbeträgen von 218 Gulden im Januar 1801 ihren Kindern vertraglich zusicherte.
StA Kötzting Abgaberegister 1802-1808 Nro 73 Wolfgang Greil ietzt Wilhelm Fünj Grüber Gült von akerl 8 xr 2 dn. |
Wilhelm Finck und Katharina Greil
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1802 Seite 15 |
StA Kötzting AA II 18 Einbürgerungsliste |
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 |
Wilhelm Finck
Das spätere Haus 85 existiert zu dem Zeitpunkt noch nicht und fehlt deshalb auch im H+R-Kataster. In den Bleistiftanmerkungen im H+R-Kataster sind die späteren Hausnummern vermerkt und dort folgt auf die 84 gleich die Nummer 86. Da die Hausnummer 85 aber im Grundsteuerkataster von 1840 bereits auftaucht, muss dieses Haus zwischen 1811 und 1840 errichtet worden sein.
StA Landshut Rentamt Kötzting B28 Umschreibeheft |
Georg Perlinger und Anna Maria Greil
Perlinger verkauft Hnr. 85 an Josef Zach
Perlinger verkauft Hnr. 84 zurück an den Schwiegervater
Fink übergibt Hanr 84 an die nächste Tochter und damit später an den Schwiegersohn Josef Franz.
Franz Josef und Fink Margaretha
Therese Fink, die Schwester, die sich offensichtlich im Jahre 1834 verheiraten wollte, klagte vor dem Kötztinger Vermittlungsamt um die Herausgabe ihres versprochenen Heiratsgutes.
Im selben Jahr kam es mit seinem Nachbarn Josef Zach zu Streitigkeiten um eine Grenze - "wegen Gränzereien"-, die ebenfalls vor dem Amte landeten, jedoch ohne Einigung.
"Klage des Wilhelm Fink Austrägler i. K. gegen seinen Schwiegersohn Josef Franz v. K. wegen Verschaffung einer Herberge, wird auf Zureden ein Vergleich zustande gebracht:
Da Kläger wohl einsieht, dass er nicht positiv eine Herberge von seinem gutsbesitzenden Sohn fordern kann so macht er sich verbindlich diesem die Herberge in seinem neuerbauten Hause über einer Stiege einzuräumen.
StA Kötzting AA V 46 Unterschrift Joseph Franz |
Vermessungsamt Cham Detail aus 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01 |
AA V 49 von 1840 |
Für Anton Müller Inwohner zu Koetzting
zur neuer Erbauung eines Wohnhauses
Situationsplan:
c Stadl d und e Haus des Joseph Franz.
Obermayer Zimmermeister"
StA Landshut Grundsteuerkataster 5038 |
Garten
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 |
Hauptgebäude
II Hausboden unterm Dach
Bürgerstochter /: Mieterin/
II 1 Wohnzimmer und Bodenantheil unterm Dach
Unterschrift Franzi Auzinger"
.
Blatternkrankheit
Gemäß mündlichen Rapportes des Polizeidieners Rabenbauer liegen in der Behausung des Häuslers Joseph Franz zu Kötzting dessen aussereheliche Tochter Therese Weber, 18 Jahre alt, dann dessen Knabe Joseph Franz gegen 3 Jahre alt an der Blatternkrankheit darnieder.
Dem Joseph Franz wird daher eröffnet, dass bis zur Genesung jede dieser beiden Kranken sein Haus als abgesperrt zu betrachten sei, sofort niemand, der nicht in dieses Haus gehört, der nichts darin zu thun hat, der Eintritt gestattet werde, widrigenfalls gegen ihn mit empfindlicher Geld- oder Arreststrafe eingeschritten werden müsste."
Joseph Franz und Franziska Mühlbauer
DIA Repro 1735 Man beachte die Schützenliesl und den "Zieler", der hinter/unter dem Kugelfang lag und Teil der Schießübungen gewesen war. Siehe : Eine-Schießstatte-beim-Lindnerbräu |
StA Landshut Rep 162-8 Sch 21 Nr. 3171 |
9 Distriktstraße nach Bodenmais
10 Regenfluß mit kleiner Regenbrücke"
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 38 Nr. 88 von 1885 Hanr 84 Franz Josef |
"Josef Franz - 56 Jahre - Oekonom - verheiratet -Donenrstag den 26.Septbr. 1895 Nachmittags 3 Uhr
Kötzting HsNo 84"
Das Oekonomie=Anwesen ist nach Ehevertrag jetzt Eigentum der Witwe
Katharina Franz, Oekonomswitwe in Kötzting
Kinder sind keine vorhanden"
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 41 Nr. 118 Franz Katharina Häuslerswitwe von 1898 |
Geringwertiges Mobiliar verwahrt in Hs. Nro 115
Einiges Barvermögen wird vorhanden sein, höhe unbekannt vermutlich 2000 M"
Kopf des Testaments: Letztwillige Verfügung.... |
Da Katharina Franz keine Kinder hatte, bestimmte sie ihre Schwester Barbara Schreiner, geb. Maier, in Watzlhof zu ihrer Alleinerbin und legte dieser einige Verpflichtungen auf.
Maria Maier Köchin bei Hr. Bez.A. Mann Ebner in Regensburg
Andreas Maier Braugehilfe Aufenthalt unbekannt
Weingut Michael und Kreszenz
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3311 Weingut Michael 1899 |
StA Landshut Grundsteuerkataster 5055 Umschreibeheft ab 1911 |
Juliana Hoiß
Foto Pongratz: Familiengrab Hollmaier-Hoiß im Alten Friedhof |
Mit dem Ehemann, Benno Hoiss, kommt nun eine Person nach Kötzting, die für viele Jahre in und für Kötzting prägend sein wird. Benno Hoiß wird das Gesicht und der Kopf der zunächst nur erstarkenden NSDAP und später nach der Machtergreifung dieser Partei sogar für einige Jahre - bis Anfang 1936 - der Kötztinger Bürgermeister. Vier Kinder Kinder hatte die Familie Hoiß, darunter auch die beiden Söhne Hans Georg und Benno Günther und zwei Mädchen, Juliana und Lieselotte.
Das Haus, um das es hier zunächst geht, ist im Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters - siehe oben - als der Besitz der Hollmaier Juliana vorgetragen, bei der mit Bleistift vermerkt ist, dass diese später eine verheiratete Hoiß war.
Benno Hoiß hat - nach Auskunft seines Enkels - jedoch nie in dem Haus gewohnt,; auch bei einem späteren Schriftverkehr ist seine Wohnanschrift mit Blaibacherstraße angegeben, einem Haus am Anstieg des Schinderbuckels mit der komplizierten Grundsteuerkatasternummer 109 I 1/3, genaueres dazu später im Blog.
Auch wenn das Haus, in dem es bei diesem Beitrag für die Kötztinger Häuserchronik geht nur in Besitz seiner Ehefrau gewesen ist, so ist dies doch die beste Gelegenheit die Kötztinger Zeit unseres früheren Bürgermeisters hier Revue passieren zu lassen.
Benno Hoiß - Kötztings Bürgermeister von 1933-1936
Die Akten aus der Zeit des Dritten Reiches im Stadtarchiv sind nicht sehr umfangreich, was aber nicht an einer wie auch immer gearteten "Vernichtungsaktion" von Seiten der Marktgemeinde liegt, sondern eher darin begründet ist, dass, dem Führerprinzip gehorchend, von oben nach unten durchregiert wurde und die Kommune nur noch ein Befehlsempfänger war. Vieles für uns heutzutage interessante geschah auch noch außerhalb der zivilen Verwaltung auf der Ebene der Parteigliederungen und dieses Material wurde ziemlich sicher vor dem Einmarsch der Amerikaner vernichtet oder von diesen ins Berlin-Document-Center verbracht, um von dort aus die Entnazifizierung vorbereiten und begleiten zu können.
Es gibt jedoch einen interessanten Mischbestand "Bürgermeister" im Stadtarchiv und dort fiel mir eine stenografiertes Doppelblatt auf, das in Kurzschrift formuliert war.
Meine Kenntnisse in Steno sind äußerst überschaubar und so meldete ich mich kurz entschlossen in einem Kurzschriftforum bei FB an und bat um Mithilfe. Sehr schnell stellte sich heraus, dass es sich dabei weder um das heutige noch übliche "Steno" noch um die Gabelsberger-Variante gehandelt hatte, die ja zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Kötzting - und vermutlich auch anderswo - in Kursen vermittelt worden war. Ein Teilnehmer des Forums - Karl Michael Schmidt - jedoch konnte den Text als "die erste Form (1924) der DEK" (wohl Deutsche Einheitskurzschrift) erkannt und sich der mühevollen Arbeit unterzogen, diese flüchtige Version eines Textes zu entziffern. fern und siehe da, es war ein von Benno Hoiß selbst entworfener Lebenslauf, der zumindest seine Anfänge - der Text endet mit seiner Wahl zum Bürgermeister - bei der NSDAP beschreibt.
Hier die Transkription, wobei mir der "rettende" Engel bei Facebook noch einen Komentar zu dem Manuskript hinzulieferte: "Leider hat der Schreiber mehr Energie in seine NS-Karriere investiert als in seine Kurzschrift, die ziemlich unleserlich ausfällt - n, k, r, l sehen bei ihm alle gleich aus, wie auch oft t, b, g" .
Trotzdem ist es eine reife Leistung diesen Text nach fast 100 Jahren wieder zum Leben zu erwecken:
Mein Lebenslauf
[Am] 8. 3. 1888 in Scheuring, B A. Landsberg am Lech als Sohn der Landwirtseheleute Josef und Katherine Heis geboren, verlebte ich dort meine Jugend, besuchte die Volksschule, erlernte das Wagnerhandwerk und legte die Gesellenprüfung mit Note vorzüglich ab.
Nach Beendigung meiner Lehrzeit ging ich in die Fremde, arbeitete in der Schweiz, Österreich und Norddeutschland als Geselle, besuchte dauernd Fortbildungsschulkurse und als Beschluss derselben 1 vollständigen Jahrgang die Wagenbauschule in Berg Reichenstein, Böhmerwald, welche ich mit vorzüglichem Gesamterfolge absolvierte.
Nach einem weiteren Jahr praktischer Tätigkeit trat ich bei der Hofwagenfabrik Otto Hägele in Stuttgart als Techniker ein, um nach ein 3/4 jähriger Tätigkeit all(?) da zur k.u.k. Hofwagenfabrik Armbruster in Wien überzusiedeln, von wo aus ich am 5. 8. 1914 zum Kriegsdienst einrückte. Zeugnisse können vorgewiesen werden.
Nach Beendigung des Kriegs war ich in Nürnberg in gleicher Eigenschaft, sowie auch bei meiner alten(?) Firma in Wien tätig, machte mich alsdann im November in Zweibrücken selbständig und wurde am 12. 4. 1923 infolge nat. soz. Propaganda von den Franzosen ausgewiesen.
Seit dem 16. 7. 1921 war ich nun am Finanzamt Kötzting als Vertragsangestellter tätig, habe mir dort die Zufriedenheit und das Vertrauen meines Amtsvorstands und sämtlicher(?) Mitarbeiter erworben und wurde* mit Wirkung vom 1. 8. zur Wahrnehmung meiner ehrenamtlichen(?) ??en und politischen Leitungsstelle zeitweilig beurlaubt.
Von Haus aus nat. erzogen, gehörte ich in der Fremde dem nat. Gesellenverein und dem christlich-nat. Holzarbeiterverband an, habe mich immer im nat. Sinne politisch betätigt, habe auch während des Kriegs immer nat. ?? Politik getrieben und mich bereits am 22. II. 1921 der NSDAP unter Mitglieds-N. 3117 angeschlossen.
Mich sofort mit aller Energie für die Verbreitung der Ideen unseres Führers einsetzend, habe ich im Aug. 1922 die Ortsgruppe Zweibrücken, die 1. der Pfalz, sodann im September die Ortsgruppe Saarbrücken, im November die Ortsgruppe Pirmasens und Anfang Januar 1923 die Ortsgruppe Hornbach gegründet, wurde von den Franzosen mit 30, 50 und 80 Tausend Mark Geldstrafe belegt, sodann 8 Tage eingesperrt und ausgewiesen, wodurch meine Existenz vollkommen vernichtet(?) war.
In Kötzting, der Heimat meiner Frau angekommen, nahm ich sofort wiederum die nat. soz. Propaganda auf, habe mir dadurch den Haß und die Feindschaft der Bevölkerung zugezogen, war fortwährend daran, meine Existenz neuerdings zu verlieren, bis es mir gelungen war, durch unermüdliche ??arbeit und Aufopferung [als leitender Führer und Propagandist] den ganzen Bezirksbereich in nat. soz. Sinne zu infizieren so daß der Ort wie Bezirk Kötzting seit Jahren als naz. soz. Hochburg gilt.
Mit dem Umschwung der Verhältnisse wurde ich alsdann [einstimmig] als 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Kötzting sowie als Fraktionsführer im Bezirkstag und zugleich als Bezirksobmann des deutschen Gemeindetags bestellt.
Hier zunächst ein Bericht über eines der oben angesprochenen "Vorkommnisse", soweit sie sich in der Presse wiederfinden lassen, um zu zeigen, wie aufgeladen die politische Situation damals gewesen war, in der eine Wahl nach der andern angesetzt werden musste, weil am Ende der Weimarer Republik immer wieder keine stabilen Mehrheiten erreicht werden konnten.
Kötztinger Anzeiger 1932 Nummer 83 Der im Text genannte "Kirschbauer" war in Wirklichkeit der SA-Mann Kirschenbauer. Dieser war ein Beispiel für die Anziehungskraft der SA auch für kriminelle Subjekte. Kirschenbauer war der Verantwortliche für die Verhaftung der BVP Mitglieder in Kötzting im Juni 1933, die danach kollektiv zurücktraten (mussten), um einem reinen NSDAP-Marktgemeinderat Platz zu machen. Später wurde Kirschenbauer nach einem Zivilprozess unehrenhaft aus der NSDAP ausgeschlossen. |
Kötztinger Anzeiger 1932 Nr. 85 |
Kötztinger Anzeiger 1932 Nr. 86 |
Das Ende der Weimarer Republik und der Beginn des Naziherrschaft im sogenannten "Dritten Reich". |
In Kötzting wurde der gewählte Bürgermeister Hans Schödlbauer zum Rücktritt gezwungen und Benno Hoiß - als der einzige Kandidat - mit Mehrheit zum 1. Bürgermeister gewählt.
Im Juni 1933- Pfingsten war in diesem Jahr sehr spät - ritten dann bereits die ersten Teilnehmer in SA-Uniform beim Pfingstritt mit, siehe der nachfolgende Zeitungsbericht.
Das folgende Bild ist zwar von 1935, aber so ähnlich hat es wohl auch 1933 ausgesehen.
DIA-Repro 779 Pfingstritt Torstraße 1935 Album Stadt Bürgermeister Benno Hoiß, Kötzting (in der Torstraße) |
KA vom 7.7.1933 |
Eine interessante Kleinigkeit steckt auch noch im Stadtarchiv, ein Schriftwechsel mit dem Ostmarkonkel Konrad Krämer wegen der 300 Jahrfeier des Schwedenüberfalls, ein Termin, der sich in wenigen Jahren dann bereits zum 40sten Male jähren wird.
StA 320-933 |
Im Sommer 1934 rief die Marktgemeinde zu einer Geldsammlung zugunsten der goldenen Mariensäule am Marktplatz auf und erhielt für diesen "Bettelaufruf" Kritik von gänzlich unerwarteter Seite, vom Kötztinger Pfarrer Rosenheimer.
StA Kötzting 331-11 |
Wie ging es nun in Kötzting weiter?
Manche der folgenden Kötztinger Vorkommnisse und Details unter der Ägide Benno Hoiß habe ich erst durch das Aktenstudium einzelner Spruchkammerverfahren erfahren, denen sich alle ehemaligen Mitglieder der NSDAP ab 1947/48 stellen mussten.
In seinem Spruchkammerverfahren, dessen Akten im Staatsarchiv in München aufbewahrt sind, wird Benno Hoiß jedoch - obwohl er als sogenannter "alter Kämpfer" nachweislich ein Nazi der ersten Stunde gewesen war und auch von sich selbst schrieb, dass er von dieser Ideologie angetan gewesen war/ist - .von vielen bekannten Kötztingern (dem Kötztinger Verwaltungsinspektor Fritz Weigl, dem Forstmeister Dr. Dr. Eberhard Weiger, dem Kirchenpfleger Max Wanninger und dem Herrn Georg Reininger) bescheinigt, sich in vielen Fällen dem - als tyrannisch bezeichneten - Chamer Kreisleiter Schlemmer wiederholt widersetzt zu haben, um Kötzting eine gewisse Resteigenständigkeit zu bewahren. Durch die Zugehörigkeit der Kötztinger NSDAP zum Kreis Cham war dies ein schwieriger Spagat und die Versuche Benno Hoiß, sich von den Chamern zu trennen, scheiterte schließlich. Am Ende führte diese Konfrontation aber wohl zu seiner Absetzung zuerst von regionalen Parteiämtern und schließlich zu seiner Versetzung und somit Kaltstellung beim Finanzamt in München - mit Datum des 1.3.1936.
Er selber schreibt konkret dazu in seiner Stellungnahme - er spricht dabei von sich in der "dritten Person" als " der Betroffene" - beim ersten Prozess im August 1948:
StA Kötzting 025-4 |
Am 29.2.1936 jedenfalls rief Benno Hoiß seinen Gemeinderat zusammen und übergab sein Amt als gewählter 1. Bürgermeister an den 1. Beigeordneten Hans Kroher.
Hier der Bericht über seinen Abschied.
Der Bericht über die Beerdigung des jungen Hans Georg Hoiß, kein einiges Wort über die Angehörigen und vor allem kein Wort darüber, was es für die Mutter bedeuten musste. |
Durch die Mitgliedschaft des jungen Mannes bei der "SS" gab es auch Möglichkeiten die Familie zu unterstützen, was jedoch eine Untersuchung der Gesinnung der Eltern notwendig machte.
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno |
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno |
Auch der zweite Sohn, Benno Hoiß wurde nicht alt.
KA vom Dezember 1920 die standesamtlichen Nachrichten: hier die Geburt des Benno Günther Josef Hoiß |
Hier noch ein Bild aus seiner Schülerzeit zusammen mit den Kötztinger Mitschülern.
DIA-Repro 519 |
Schulausflug 1928 7./8 Klasse: Ausflug zum Blaubergsee mit Lehrer Schwanzer.
Aufnahme am Gehsberg. Geier aus Nest geholt. 1.v.li Hartl Albert Grub, mit Uhrkette und jungem Geier im Hut Benno Hoiß, rechts außen mit Raubvogel Graßl Alois, li dahinter Köppl, i.d.Mitte mit Stock Walz, links dahinter Godl Franz, mit heller Jacke und Kniestrümpfen Pleier Hermann.
Der junge Vogel wurde in der Schule aufgezogen (Kinder brachten Mäuse mit) und später bei der Kötztinger Hütte ausgesetzt.
Benno, der zweite Sohn, fiel am 13.5.1943 als Mitglied der Waffen-SS an der Ostfront und die in Kötzting verbliebene Mutter, Frau Juliane Hoiß stand zu diesem Zeitraum mitten drin im Bauprojekt. Sie wollte - fast gegenüber des alten Hoiß-Hauses ein neues Häuschen errichten, was jedoch während des Krieges mit einem Mangel an Baumaterialien ein äußerst schwieriges Unterfangen war.
Juliane Hoiss machte dann eine Eingabe und ein Fürsorgeoffizier der Waffen-SS sollte ihr helfen und versuchte, beim LRA Kötzting, Hilfe für den stockenden Hausbau zu erreichen.
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3518_0001 |
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3518 |
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno |
Nun zog also auch Benno Hoiß als Mitglied der Waffen-SS in den Krieg und wurde am 11.5.1945 in St. Andre festgenommen und musste die folgende Erklärung als Kriegsgefangener ausfüllen.
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno |
In seinem Spruchkammerverfahren wurde Benno Hoiß im Juli 1948 angeklagt und der öffentliche Kläger stellte den Antrag ihn die die Gruppe I als die der "Hauptschuldigen" einzureihen.
Dieser erste Prozess - bei dem Benno Hoiß auf einen Verteidiger verzichtet und sich selbst verteidigt hatte - endete am 13.9.1948 mit einer Verurteilung und Einteilung in die Gruppe II, als die der "Aktivisten", die unter anderem auch eine Einweisung in ein Arbeitslager für die Dauer von 3 Jahren beinhaltete, wobei die bereits erlittene Internierungshaft von 1 Jahr angerechnet werden sollte.
Die angeordneten Sühnemaßnahmen umfassten insgesamt 10 Einzelpunkte vom Einzug von Teilen seines Vermögens über Berufseinschränkungen bis hin zum zeitweisen Verlust des aktiven und passiven Wahlrechtes.
Mit Schreiben vom 8.10.1948 reichte er nun über einen Anwalt seine Berufung ein und diese Verhandlung endete im Juni 1949 mit einer endgültigen Herabstufung in die Gruppe III, die der Minderbelasteten, wodurch die meisten Sühnemaßnahmen, v.a. die Haft und der Vermögensverlust endgültig entfielen.
Eine bemerkenswerte Erklärung zu seinem Spruchkammerverfahren lieferte überraschender Weise Hermann Seiler, der, verheiratet mit der Kötztinger Bürgerstochter Ida Kirschner, die jüdischen Glaubens gewesen war, in der Nachkriegszeit die Angelegenheiten seiner jüdischen Familienangehörigen zu regeln hatte, von denen viele dem Naziterror zum Opfer gefallen waren.
Er stellte Benno Hoiß in einer eidesstattliche Erklärung ein sehr positives Zeugnis aus.
Schon während seiner Internierungszeit waren auch die anderen Spruchkammerverfahren für die Kötztinger Mitglieder der NSDAP vorbereitet worden und in vielen dieser Akten - fast 2400 für den Altlandkreis Kötzting - finden sich auch schriftliche Erklärungen von Benno Hoiß, als man offensichtlich bei ihm Aussagen anderer Beklagter auf ihren Wahrheitsgehalt abklopfen wollte.
Hier sein handschriftlicher Briefkopf für das Verfahren gegen Anton Kirschenbauer, dem Kötztinger "Sonderkommissar" und Führer der SA, der damals die Verhaftungsaktion im Sommer 1933 gegen die Mitglieder der BVP durchgeführt hatte.
StA Landshut Spruchkammer Kötzting A 1037 Kirschenbauer Anton |
Doch zurück zum Haus der Familie Hoiß.
Das kleine Haus auf der rechten Straßenseite wurde vor ein paar Jahrzehnten abgerissen. Der Neubau gleich anliegend an den Bahndamm der Eisenbahnlinie Kötzting -Lam, erhielt dann 1959 die gültige Anschrift mit der Pfingstreiterstraße 3, wurde wohl noch im Kriege zumindest bewohnbar fertiggestellt und auch heute wohnen dort noch Nachkommen der Familie Hoiß.