Translate

Sonntag, 23. Juli 2023

Erinnerung an Altkötzting - Teil 1 das Kötztinger Spital

  In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen Blick zurück erlauben auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden, eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem an Menschen.

Das Kötztinger Bürgerspital

Dieses Gebäude ist bereits seit vielen Jahren abgerissen und trotzdem Teil einer jahrhundertelangen Überlieferung der Kötztinger Sozialgeschichte, die ihre nachgewiesenen Wurzeln bereits im 14. Jahrhundert hat.
Nach dem verheerenden Marktbrand vom Juni 1867 wurde das damals mitten im Markt gelegene und dabei völlig zerstörte Spitalgebäude nicht wieder an alter Stelle neu errichtet, sondern der Magistrat entschied sich dafür, ein kleines Privathaus in dem Areal "vor der Brücke" zu erwerben, renovierte dieses und machte daraus dann das neue Bürgerspital, welches somit auch zum Namensgeber des "Spitalplatzes" wurde. 
Die Geschichte des Kötztinger Bürgerspitals ist so umfangreich und gleichzeitig wichtig für unsere Überlieferungen, dass dieses zum Thema meiner nächsten Beiträge bei den sogenannten Gelben Bänden, also den Beiträgen zur Geschichte im Landkreis Cham werden und mehrere Folgen umfassen wird.
Im Jahre 1975 jedenfalls war das Gebäude und seine "sanitären" Verhältnisse nicht mehr auf der Höhe der Zeit und so wurde, nicht zum ersten Male, seine Schließung bzw. sein Verkauf erörtert.



KU vom 26.9.1974
Der in dem Artikel von -kü- im September 1974 beschriebene "große Unbekannte", dem Kötzting diese Spitalstiftung verdankte, ist uns mittlerweile kein Unbekannter mehr.
Bei einer Visitation aus dem Jahre 1627 heißte es zu eben dieser Frage der Spitalgründung: „Befindet sich in specie khein ordentliche Fundation, allein ain Khaufbrief, welcher Anno 1555 datiert, darinen herkhomblich daß Geörg von Nußdorf zu Neuen Nußperg, gewester Pfleger; Castner und Vogtrichter zu Khözting, dann Burgermaister und Rath alda, ein Behausung im Marckht, zu einem Spital, und Bruderhauß, sambt einem halben Marktlehen von Ambrosy Carl, gewesten Castnern und damalen Mitburgern zu ermelten Khözting kheuflichen erkhaufft.  Inmassen dann, gedachter von Nußdorff, einen Zehent, lauth einer aufgerichten Donation, so Anno 1566 datiert, zu Aufrichtung dises Spitals darzue verschafft“  
Nach dem Kauf des Gebäudes und einer "Zehent"-Überlassung in den Jahren 1555 und 1566 war somit die Grundlage für die heute noch - in kleinen Teilen - existierende Spitalstiftung gelegt.
Die Wuzeln der "Sozialversicherung" Kötztings reichen allerdings noch viel weiter zurück, auch wenn dem Magistrat dafür vorher keinerlei Gebäude zur Verfügung gestanden hatte.




Es verging dann noch fast ein ganzes Jahr, ehe der Stadtrat sich entschließen konnte, Geld in die Hand zu nehmen, um die offensichtlich unhaltbaren Zustände im Spital in den Griff zu bekommen.
Liest man zwischen den Zeilen des Berichts, den Frau Renate Serwuschok von der Stadtratssitzung verfasst hat, so ist auch im Jahre 1975 der Stadt nicht klar gewesen, woher die historische Spitalstiftung eigentlich stammte und vor allem, - und auch das wird nur indirekt klar - wurde wohl im Vorfeld versucht, sich ein für alle Mal von dieser  anscheinend lästigen Pflichtaufgabe "Spitalstiftung" zu trennen, was jedoch an diversen überörtlichen Aufsichtsgremien krachend gescheitert war.
Interessant der wörtlich zitierte Ausspruch des damaligen Bürgermeisters Seidl: Auch in Regensburg sei man "wie der Teufel dahinter, dass keine Mark von dem Geld wegkommt."
Auch als dieses Haus später verkauft wurde, musste die Einnahme auf einem Sonderkonto verbleiben, welche dann Jahre später im Kauf des Kötztinger Bahnhofs neu angelegt wurde.

Am Ende noch der  >>>>> Link <<<<<  zu den bereits erschienenen - und die demnächst folgenden - Beiträge unter dieser Rubrik.

Donnerstag, 20. Juli 2023

Ein historisches Tondokument - Pfingsten und Stadterhebung 1953

 Ich habe im Zusammenhang mit meinen Digitalisierungsarbeiten bereits öfters auf die segensreiche Unterstützung durch das MMZ verwiesen,  das MultiMediaZentrum der Uni Regensburg.
In den Jahren vor Corona konnte ich fast täglich eines der Geräte benutzen, um Negative, Microfiches, Karteikarten, Zeitungen, Plakate und Pläne zu scannen und als Digitalisate für unser Archiv mitnehmen.
Nach Corona war es schon schwerer, aber durch die Hilfe der verbliebenen Mitarbeiter war es in diesem Jahr möglich, einige Audio- und Filmformate zu digitalisieren.
Dieser Vorgang benötigt einige Arbeitsschritte und vor allem auch einige Spezialgeräte, - speziell der alte Heiglfilm hatte ein ungewöhnliches Format - so dass diese Aufgabe noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bis wir das Ergebnis dann in unsere Sammlung aufnehmen können.

Im Detail liest sich das so:

Die 8 mm Filme sind fertig gescannt.
Hat mit 2 Bildern/sec. etwas gedauert, hat sich aber rentiert.
Beginne heute mit den Tonaufnahmen und dem Zusammenschneiden.
War nicht einfach, an einen 8 mm Projektor mit Ton zu kommen.
Mein alter hatte keinen Ton !
Mein alter 16mm Projektor hat nur Lichtton, war die übliche Technik bei 16mm Filmen
Bekomme nach den Ferien einen mit Licht- und Magnetton, da ihr 16mm SW-Film als einer der wenigen Magnetton hat.

Herrn Matthias Hartmann vom MMZ, der sich mittlerweile privat das für unseren Heigl-Film passende Abspielgerät (Licht und Tonspur auf einer Filmspur mit einem mittlerweile veralteten Format) gekauft hat, wird nun den langen Film Bildchen für Bildchen abscannen und anschließend bearbeiten, so dass wir für die Zukunft die bestmögliche Sicherung des für uns so besonderen Filmes bekommen und diesen dann später auch vervielfältigen können. Es ist dabei meine Hoffnung, dass das Ergebnis besser sein wird, als das in den vorhandenen VHS-Disketten. Aber warten wir es ab.

Gerade noch rechtzeitig vor dem großen Kurparkfestival zur Feier des Jubiläums der Kötztinger Stadterhebung im Jahre 1953 kam heute, zwei Tage vor dem Bürgerfest, ein ganz besonderes Schmankerl an, eine Tonaufnahme von Pfingsten 1953.
Eine Schellack-Schallplatte hat sich noch erhalten, auf der neben dem 12-Uhr-Läuten auch eine Vorstellung des Pfingstrittes und der Kötztinger Stadterhebung enthalten ist.
Von Herrn Hartmann habe ich, neben den technischen Details auch noch folgenden Hinweis zu der Schallplatte erhalten:

Die Qualität ist aber erstaunlich gut; immerhin ist die Älteste von 1953 !
Anmerkung:
Was unsere Arbeit so interessant macht:
Es waren keinerlei Hinweise auf einer Platte bzgl. Datum.
Der Sprecher der Platte sprach von der Stadternennung von Kötzting  
Der Sprecher kam mir aber sehr bekannt vor.
Es müsste sich um Adolf Gondrell handeln, der den "Münchner im Himmel" gesprochen hat.
Kommt auch zeitlich hin, da er von 1902-1954 gelebt hat.

Wie diffizil solch eine Übertragung ist, zeigt auch noch ein anderes Detail seines Mails.

Die Platten sind auch fertig.
Um sie nicht zu beschädigen habe sie absichtlich nur mit der Mikrobürste gereinigt,
und nicht in unsere Platten-Waschanlage gegeben.
Auch nur mit 0,8 Gramm Nadelgewicht, statt mit regulär 2 Gramm.
Muss aber noch die schlimmsten Knackser rausrechnen.

Ich habe also nun die mp3-Datei von der Schallplatte mit einigen Fotos von der Stadterhebung vermischt und so eine mp4-Datei erzeugt, die ich auf YouTube hochladen kann.
Der Ton ist trotz der Mühe sehr schwach aber es ist ein historisches Tondokument aus unserer Stadt aus dem Jahre 1953.





Wer sich noch einmal die Details der Kötztinger Stadterhebung ansehen möchte, hier der link:

Die Jahreschronik von 1953

In unserer Sammlung befanden sich noch einige Audiokassetten, einige kleinere 8mm Filmspulen und seit wenigen Wochen auch eine private Abgabe von Filmen aus dem Kindergarten. Bei den Filmen wird es noch einige Zeit dauern aber wir sind gespannt auf die Ergebnisse.



Mittwoch, 19. Juli 2023

Die Zeitkapsel einer Kötztinger Grundsteinlegung

 Kötztings Schulgeschichte in einer Urkunde von 1952

Es gibt manchmal Zufälle - eher die Duplizität der Ereignisse - die Einen staunen lassen.
Bei der Aufarbeitung von Speicherfunden im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung des Kötztinger Rathauses war es ein kleines einzelnes Negativstückchen, das sich beim Digitalisieren als das Bild einer Urkunde für die Grundsteinlegung im Sommer 1952 herausstellte.
Nur eine Woche später, nun als Fundstück bei der Aufarbeitung und Archivierung von alten Kötztinger  Schulakten, fand sich das dazugehörige Schriftstück ein und nun können wir das damals bei der Grundsteinlegung eingemauerte Stück Kötztinger Zeitgeschichte nach mehr als 70 Jahren hier präsentieren.

Foto Stadt Bad Kötzting : Hier die Urkunde der Grundsteinlegung für einen Schulhausneubau in der Marktgemeinde Kötzting - Stadt Kötzting wurden wir ja erst ein knappes Jahr später.

 Das Bild wurde wohl nur einen kurzen Moment vor der endgültigen Einschließung der "Zeitkapsel" in dem Kellermauerwerk der neuen Schule auf der Platte geschossen.
Bei der Schule handelt es sich übrigens um die spätere Volksschule für Mädchen ober halb des Alten Friedhofes.
Nach dem - oben abgebildeten - Deckblatt der Urkunde kommt ein vierseitiger Text der nicht nur die Kötztinger Schulgeschichte kurz anreißt, sondern auch die am Bauvorhaben beteiligten Gremien, Baufirmen und Bausachverständigen aufführt.





Vom damaligen Kötztinger Lehrer Josef Bock haben wir sogar Bilder vom Richtfest dieser Schule.

Foto Josef Bock Das Richtfest im Winter 1952/53

Foto Josef Bock: Bürgermeister Hans Kroher, rechts wohl Rektorin Ewerbeck

Foto Josef Bock: Die Hebefeier


Foto Stadt Kötzting von 1958 Kötztings damaliger "Schulberg", oberhalb die Volksschule für Mädchen und darunter die Gewerbeschule


Sonntag, 16. Juli 2023

Kötztinger CB-Funker - 1974 an der Spitze des Fortschritts

   Wieder einmal gibt es hier eine schöne Bildfolge aus dem Bestand der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, der Dank des Einsatzes von Frau Serwuschok vom Verlag nach Kötzting zurückgeschickt und von ihr gesammelt, später dann dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurde und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt ist.


Der Reporter dieses Berichts und der Bilder trug den Kürzel "na" und damit wars die Chefin der Umschau, Frau Renate Serwuschok selber, die den Bericht schrieb.
Erich Baley an seinem CB-Funkgerät im Hof des heutigen Rathauses



Der Zeitungsbericht stammte vom September 1974, im Juli des drauffolgenden Jahres hatte sich dieses Hilfssystem bereits etabliert und Erich Baley hatte drei Mitstreiter, darunter auch Dieter Schmidt von der Fahrschule Schmidt.



Donnerstag, 6. Juli 2023

Kötztinger Häuserchronik - beim Riemer

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 99

beim  Riemer


Detail aus der Uraufnahme von 1831 aus Bayernatlas.de

Krämerarchiv
Die "exponierte" Lage des Hauses -vom Status her ein Leerhaus und daher in den historischen Bürgerlisten idR. nicht erwähnt - macht es möglich, frühe Besitzer ausfindig zu machen, weit vor dem Beginn der Briefprotokollreihe.
Aus einer "Beilage" zu einem Verkauf im Jahre 1638 kennen wir die Namen von zwei Vorbesitzern, 

Johann Groß und Hans Vischer.



Beilag
Ich Hanß Gross burger zu Közting,
/: Margaretha uxor:/ bekenne etc. daß wür dem Erbaren Hans Vischer burgern alhir zukauffen geben haben unser Behausung in ermelten Markt gelegen an dem Kirchweg hindt an des Pfarrers Paumgarten stossent. Anbei in all weg gemainen Markt alhir an dessen jährliche Marktgülten, fürfallente Landsteüern, Wachten, Robolten etc. hieran unvdergriffen etc. actum sub sig. oppidi 24ten ao 1583 
ex orig: membr. cum sig.


Hans Groß lässt sich auch in einer Steuerliste aus dem Jahre 1584 nachweisen; allerdings mit einer Steuersumme, die auf ein Marktlehen hinweist. Es steht also zu vermuten, dass Hans Groß mehr als nur das Haus an der Ecke besessen hat oder aber später sich ein Marktlehen hat kaufen können.
HStA München KL Rott 12 von 1584


Sebastian Billich und Anna


Die oben erwähnte "Beilage" stammt aus einem Verkaufsbrief aus dem Jahre 1638, in dem ein Haustausch beurkundet ist.
Sebastian Billich und seine Frau Anna tauschten mit dem Kloster Rott mehrere Anwesen.
Billich übergibt dem Kloster "nemblich unser Behausung in beim Markt alda zwischen des Pfarrhofes und Niclas Kueffer Glasers Behausung liget" und erhält dafür die "Schleglsche Brandstatt" zusammen mit einer weiteren abgebrannten Hofstelle in Gadsdorf.  
Billich Sebastian, der Gastgeber und Innerer Rat, saß zu der Zeit bereits auf dem großen Anwesen, das wir heutzutage als das "Hotel zur Post" kennen, und war ein direkter Vorfahre des später so bekannten Kötztinger Kammerers Wolfgang Samuel Luckner.

Nach dem Jahre 1638 kam das Anwesen - immer noch eine Brandstatt - durch Tausch in Besitz des  Klosters Rott und bereits ein Jahr drauf konnte es der Kötztinger Landrichter Johann Adam Yettinger erwerben, der es dann auch war, der wiederum ein Haus darauf errichtete. 

Georg Ferchl: Bayerische Behörden und Beamte 1550-1804

Wie aus diesem Text zu erkennen, ist Hans Adam Yettinger erst im Laufe des Jahres 1638 in Kötzting angekommen und ist im Mai 1642 verstorben.
Johann Adam Katzenberger, der Besitzer der Hofmark Haus ist als sein Neffe einer seiner Erben und erhält das Haus in Kötzting. 
 

Johann Adam Katzenberger und Anna Japoldin 


Im Staatsarchiv Landshut befindet sich ein umfangreicher Akt über einen Streit zwischen ihm und dem Kötztinger Magistrat, vor allem in Person des Kammerers Billich.
Durch dieses umfangreichen Akt erhalten wir einen seltenen Einblick in die raue und sehr häufig unbarmherzige Lebenswirklichkeit, in der viele Kötztinger Bürger zu leben hatten, wenn sie nicht zum innersten Kreis der Marktlehner gehörten.


Katzenberger contra den Kötztinger Magistrat.



StA Landshut Regierung Straubing A 4298
Akt
Hanns Adam Katzenberger von Kötzting wider dasigen Magistrat wegen einem Grund
bey seiner Behausung allda 
de Anno
1 6 6 2

Der Hofmarksherr von Haus, Johann Adam Katzenberger, besaß das kleine Haus an der Ecke des Kirchweges, bewohnte dieses aber offensichtlich nicht selbst, sondern nutzte es als Mietobjekt.
Bereits aus den ersten Schreiben, mit denen der Akt beginnt, wird deutlich, dass Katzenberger und Billich sich schon in einem längeren Streit befinden, denn gleich in seiner ersten Klageschrift wird Katzenberger sehr deutlich - erst später wird sich herausstellen, dass Billich damit gemeint ist - als er anführt: " haben sich auch an negstverwichenen Freytag, aus ungezweifeltem Anthrieb meines wissentlichen Verfolgers: und Spinnenfeindts ganz unfuegsamblich understanden, abermallen ain alt erlebt paufelliges Weib, weillandt Michaeln Grosskopfs, in die 20 Jahrlang gewesten Orginisten: und Schuellmaisters aldorten, seeliger hinderlassener Wittib, ainig und allain aus dieser Ursach ebenmässig zu Verhafft ziehen und dessen so lang nit entlassen, bis diselb vorhero ain Pfundtspfennig /: NB welchs Ir woll ain : Cumuenia Schaiß: oder Pluetgeldt zunennen etc:/ zuer Straff erlegt, nur weillen SYe in meinem aldiorthen zu Khezting aigenthumblich habenten Häusl (So ich ihr als einer zurechnen, sonsten von meniglich verlassen armen Wüttib, mehrers aus Barmherzigkeit, weder umbs geldt oder jehrlichen Züns zu bewohnen vergehnnet) das Weiße Pier auszäpflt oder nach dem Khöpfl verleyb gibt." 
Schon vorher nimmt er Bezug auf eine ähnliche Verhaftung, die bereits ein halbes Jahr zuvor stattgefunden hatte - ebenfalls eine "Arm verlassne Wittib", Magdalena Thallerin, deren Entlassung - verbunden mit einem strengen Verweis von Seiten der Regierung an den Magistrat-, Katzenberger erreichen konnte.

Da haben wir den Salat.....Bierverkauf in und aus einem Anwesen heraus, das keinen Status als Marktlehen hatte; aber, das war Weißbier und an dessen Verkauf und Förderung hatte wiederum der Kurfürst jedes Interesse, weil die Weißbierbrauerei ein Regal des Kurfürsten war.
Der sogenannte Kollmaierkeller - und heutzutage Teil der Bärwurzbrennerei Liebl in der Jahnstraße - war der Weißbierkeller des Kurfürsten in Kötzting.
Katzenberger hatte also das Haus einer alten Witwe überlassen und ihr ermöglicht/erlaubt oder sie sogar beauftragt, in diesem Haus Weißbier auszuschenken bzw. solches im "Straßenverkauf" zu veräußern.
Katzenberger führt nun an, dass er in diesem Hause weiter kein Gewerbe führen würde, alle gewöhnlichen Abgaben davon bezahle, aber auf der anderen Seite er immer noch auf die ihm zustehenden Rückzahlungen aus zurückliegenden Einquartierungen warten würde.
Er spricht von "zu dreyen mallen alsobald uf ein Jahrlang, im Quarttir gehebte Alt Kholbischem Herrn Obristen p. "
Darüber hinaus behauptet er, es wäre "in specie aber erweißlich schon von alters darinnen Exercirter Würthschafft, gehaltenen Hochzeiten und anders."
Aus diesen Gründen fordert Katzenberger
1. Dass die Regierung anordne, dass der armen Frau ihr Pfundtpfennig  wieder ausbezahlt würde.
2. Das Weißbier ausschenken - er vergisst natürlich nicht, das Interesse seiner Kurfürstlichen Durchlaucht ausdrücklich zu erwähnen - weiter hin zu erlauben.
3. Er solle als der Hausbesitzer endlich von solchen unbefugten Eingriffen verschont werden. 

Er geht sogar einen Schritt weiter und fordert, dass die engen Grenzen, die die erteilten Marktrechte dem Umland aufzwängen - er spricht vom "Kötztingerischen Joch" unter dem die auswärtigen Müller, Fluderer, Brauhäuser und Tavernen leiden würden - nicht mehr für alle Zeit gelten sollten.  18.6.1671
Die Regierung fordert den Magistrat auf, binnen 2 Wochen dazu Stellung zu nehmen, und schickt eine Kopie dieser Aufforderung auch an JA Katzenberger, der somit über diese Anordnung Bescheid erhält.
Katzenberger kommt also zunächst mit seinem Ansinnen durch, bedankt sich auch dafür, und schreibt in einem nächsten Brief voller Häme. dass "sie - gemeint ist der Magistrat Kötzting - in ihrer vermainten Weisheit bishero sovil nicht erlehrnet, daß diselben Höchsternannt Eur churfürstlichen Durchlaucht gdistes Geschäft gebierend zu respectiren ....mussten"
Er war wohl bei der Einlieferung des Regierungsschreibens beim Magistrat anwesend, weil er berichtet, das der "verhasste Marktschreiber ihn - Katzenberger - mit hönischen Gespött tituliert" hätte.
Sollte solch ein "Schimpf in meiner Gegenwarth" noch einmal vorkommen, so sähe er sich gezwungen seines "Hauses Er: und Gerechtsame defendiern" zu wollen.
Haus den 26. Juni ao 1671
Euer churfürstliche Durchlaucht



Underthenigist und gehorsambister
H:Adam Khazenperger Mp
(manu propria = eigenhändig)
Zunächst lassen die Kötztinger sich viel Zeit mit ihrer Antwort - auf das Befehlsschreiben vom Juni des Vorjahres -, die sie dann am 8. Februar 1673 - an die Regierung abschicken.
In ihrer Einleitung bereits schreiben sie gleich am Anfang von den eigentlich "unnothwendigen Beschwerden", die H: Hanns Adam Kazenberger" erhoben hätte.
Dass der "unnachbarliche widerwerttige Khazenberger" sich als "ein bekanter Patron des weiblichen geschlechts, der Magdalena Tallerin und seines Inweibs (der Witwe Großkopf) so lambentierlich annimbt: " mache er nur, weil er "sich hierdurch vilbemanteln udn das Pier auszäpfeln in seinem haus seiner besten übeln Gewohnheit nach, hidurchtringen will"
Der Markt stellt hier eindeutig fest, dass das Katzenberger-Anwesen "vor vil und unvordenklichen Jahren, gleich wie ander beim Markht verhandtne: für ein Heusl gehalten: auch niemalen anders als was sich uf dergleichen gebieret, oneriert worden" und verweist auf die bekannten Festlegungen im Kötztinger Freiheitsbrief.
Im Marktbrand von 1602 sei der obere Markt und auch das Haus des Herrn Katzenberger abgebrannt und man habe gestattet, dass bis zur vollständigen "Auferpauung, das Pier auszäpfeln: iedoch aus keiner Gerechtigkeit und sonderlich Herrn Sebastian Billich gewesten Preiverwaltern und Cammerern in sein Kazenbergers Haus verstattet, ist jedoch solches in etlichen Jahren hinhach wider aufgehebt und nichts zuegelassen worden.
Gleichzeitig verweisen die Kötztinger Räte auf einen vergleichbaren Präzedenzfall, als im Jahre 1651 dem Feldwebel Hans Pürckl, "der eben ain solches Heisl wie ermelter Khazenberger innen hatte", von Amts wegen verboten worden war, sowohl das braune wie auch das weiße Bier zu verkaufen.
Der Magistrat bittet den Kurfürsten, er möge den Markt mit seinen Freiheiten schützen und "hingegen ihme Khazenberger mit seinen anhangenden Weibern, die er aus seinem Anhezen zu erzaigten Ungehorsamb Truz und widersessigkheit angetrieben, und wür nothwendig gebürent straffen miessen.....gdist abweisen zelassen"
JA Katzenberger erhält diese Stellungnahme der Kötztinger natürlich von der Regierung zugeschickt, mit der Aufforderung, selber dazu Stellung zu nehmen.
Einleitend beschwert er sich über die ehrenrührigen und schimpflichen Aussagen der Kötztinger, um danach selber ganz tief in die Kiste der Beleidigungen zu greifen.
"Gestalten ich dann, Ihnnen, dennen von Kötzting, und Ihrem Concepisten: dem neu gebachenen unnthankhbaren Marckhtschreiberl - mit "l" als Verhöhnung - der in seiner umb vagierenden Wanderschaft sovil nicht gelehrnet, daß derselb ainen ehrlichen Mann: und Guetthäter zu repectirn: oder sich gegen ihme thankbarlich zuerzaigen wisst, Wie ich dann mit seinen aigenen handschreiben beweisen khönndte, daß ich demselben in meiner weinigkeit, mehrer Liebs: und guets erwiesen, als dieses anietzen aufgeplasene Pirschl, die Zeit seines Lebens, umb mich verdienen khann."
Katzenberger behauptete nun, dass man in diesem seinen Haus "schon vor Sibenzig Jahrn Pier Verleibgebt und Wirthschafft getrieben habe.".
 Katzenberger widerspricht ausdrücklich dem Argument des Magistrates, dass die Ausnahmegenehmigung zum Bierausschank  dem "alten Billich" nur wegen des Marktbrandes gegeben und später wieder genommen worden sei. Der Markt Kötzting sei nämlich nur zum Teil abgebrannt, wie sich einige "alt erlebte Personen" noch gut erinnern würden, wäre der dritte Teil des Marktes unberührt stehen geblieben. Im Zeitraum zwischen diesem Brand - 1602 - und der wirklichen Brandkatastrophe durch "den inslanndt eingefallnen Schwedischen Feindt" hätte Billich ganze 31 Jahre lang unwidersprochen die Wirtschaft weiterführen können. Erst nach 1633 hat der "alte Billich" die "Brandstatt /:weillen selbige dem Pfaarhof aldorth gahr nahent gelegen und zuerpauung aines Probstrichterhausses gemaint gewest:/ dem damaligen prälathen zu Roth, weilland Herrn Abbt Simeon seeliger umb ain anderes droben im Marckht vorhandtene Prandtstatt verwexelt."
Abt Simeon hatte es "in einem Jahr hinach, dem zur selben Zeit gewesten pfleger zu mehr gedachtem Khözting p. weillant Herrn Johann Adamen Yettingers, meinem geehrt: geliebten Vöttern seel: widrumb verkaufft, welch beede Herrn Innhaberp. sich das Pier ausschenkhen nichts anfechten, Sondern aus offt angerögter Prandtstatt mehrers ain Lust wöder ein Würthshaus richten lassen wolln, gestalten denn besagt mein Vötter seel. ain nambhaffts darin verpauth.
JA Katzenberger, als sein Neffe, erbt nun das Haus mitten am Kirchweg und beruft sich auf die nachgewiesene Wirtschaft auf dem Haus. Den Präzedenzfall des Hans Pürckl lässt er nicht gelten, da auf dessen Haus tatsächlich vorher nie Bier ausgeschenkt worden war.
Zusätzlich wäre nicht nur die "Wirtschaft von alters her exerciert, sondern es hätte sogar ein "Ehehaft zu Errichtung ainer Schmitten"
Einschub
Diese "Ehehaft zu Errichtung einer Schmitten" also das Recht, eine Schmiede auf dem Haus zu  betreiben. In dieser althergebrachten Gerechtsame könnte die Ursache für den alten Hausnamen gewesen sein - der später auch der Name der Gastwirtschaft gewesen ist - "die Klosterschmiede".
Einschub Ende

JAK beschreibt nun eine regelrechte Posse, die er dem Kötztinger Marktschreiber zuschreibt.

"Sondern er ist vollmehrers nur dahin geflissen, wie er die Wüttfrauen, underm prätext ainer vermaintlichen Heyrath, Voppen und ihnen was abschwäzen khönndte, massens derselbig dann, gegen der Schüllerischen Wüttib eben also practicirn wolle, die aber dess Gallans Schalckhheit zeitlich gemörckht, und ihme plos mit ainem alten paar mössingen Pfändl, zur Haussteur: oder Anstatt aines Khorbs, schimpflich genueg abgeförttigt."
Erneut erhebt er seine Forderungen indem er einige Bräuhäuser aus der Umgebung als Beispiele heranzieht - die allerdings in adeliger Hand sich befanden - und endet sein Schreiben am 28.4.1672.
Auf dem Umschlag seines Briefes notiert der Schreiber der Regierung bereits in Kurzform, dass die Kötztinger noch einmal darauf reagieren sollten UND Katzenberger sich als adelig legitimieren sollte.
Aus der Antwort der Kötztinger erfahren wir zusätzlich ein Detail über die Situation nach dem Marktbrand von 1602.
"Und dieses darumben seithemahlen gleich vor 70 Jahren der obere Marckht totaliter zu Aschen worden und man sich in dem herundern Thaill, welch ohne das gahr wenig Heusern in sich begreifft für die frembte und gerichtische Underthannen des Pierschenckhen und der Würthschafft aus Höchsternoth bediennen miessen, wo man gelhündt und gemögt hat..."
Die Ausnahme für den "alten Billich" sei "ihme in Ansechung seiner gemainen Marckht in gar villweeg threu gelaiststen dienst und Hilf seiner Persohn halber aus freyem willen zuegesehen worden."
Den Anspruch des Katzenberger, auf dem Haus läge grundsätzlich auch eine Schmiedegerechtigkeit, können die Räte weder bestätigen noch negieren, jedoch würde daraus eben auch kein recht auf eine Wirtschaft erwachsen. Ansonsten ist der Brief durchsetzt von Zitaten und Fundstellen auf Gesetzestexte, so ganz anders als die Schreiben zuvor, die vom Markt kamen.
Nun wird´s interessant:
Der Marktschreiber, den JA Katzenberger oben mit allerlei ehrenrührigen Bezeichnungen, vom "Marktschreiberl" bis hin zum Hochzeitsschwindler belegt hatte........, wird sein Schwiegersohn(!)
PfA Kötzting Band 1 Seite 251

"9ten September 1672 haben in der Pfarrkirche Kötzting geheiratet Herr Hans Raith churfürstlicher
Preugegenschreiber, der loblichen Landtschafft Aufschlags Einnemmer und Marckhtschreiber alhir, ehelicher Sohn des verstorbenen Hans Raith, gewesten Bürgers und Leinewebers und Barbara seiner Hausfrau, und die bekannt tugendsame Jungfrau Barbara Kazenberger, Tochter des Hans Adam Khazenberger zum Haus bei (wohl mit oder und) der Margaretha Schmucker. (ausdrücklich kein Hinweis auf eine eheliche Tochter sondern nur  die "erzeugte" Tochter)."
Einschub
Im Jahre 1671 hatte bereits eine andere Tochter der beiden, also Hans Adam Katzenberger und Margaretha Schmucker, geheiratet. In diesem Falle hatte es dann direkt geheißen, dass das Kind illegitim geboren worden war.

Am 28.9.1673 kam es dann zu einer öffentlichen Verlesung des Endurteils, bei dem von Seiten des Katzenberger niemand und auf Seiten des Marktes der Herr Marktschreiber Johann Raith teilgenommen hatte.
Zunächst wird den Kötztingern untersagt, dem Katzenberger den Ausschank zu verbieten, und auch die Geldstrafe der Witwe Großkopf mussten sie zurückzahlen.
Sollten sie allerdings belegen können, dass das Haus kein Marktlehen sei und dem alte Billich nur aus guten Willen das Ausschenken gestattet worden war, würde die Angelegenheit anders aussehen.
Nun nimmt die ganze Angelegenheit einen ganz anderen Verlauf...., Schilda lässt grüßen.

Hans Raith und Barbara Katzenberger



Offensichtlich hat die junge Braut des Marktschreibers Hans Raith von ihrem Vater das strittige Haus als Heiratsgut erhalten und der neue Besitzer des Hauses am Kirchwerg ist nun 
Hans Raith.
Hans Raith erklärt sich bereit, auf das Schankrecht ein für allemal zu verzichten, und der Magistrat gibt sich mit dem Ergebnis zufrieden, verzichtet auf die gewünschte Beweisführung und gibt dieses Ergebnis mit Datum des 4.10.1673 der Regierung zur Kenntnis.
Mit demselben Datum bestätigt Hans Raith, das er das Haus von seinem Schwiegervater gekauft hatte, - nur mit einer Schmiedegerechtigkeit und ohne jede weitere Gewehrschaft - und er wisse, dass diese Behausung kein Marktlehen sei, er daher nicht gesinnt sei, in einen Prozess einzutreten, sondern vielmehr von sich aus auf das Schankrecht verzichten werde.

Gehorsamer J: Raidt Marckhtschreiber Mpria


Drei Kinder des Paares sind in den Kötztinger Matrikeln zwischen 1673 und 1677 zu finden.
In den Kötztinger Rechnungsbüchern steht auch Hans Raith bei seiner Amtsführung:

StA Kötzting Marktrechnung von 1672
"Als zwischen H: Cammerer Billich et cons: dan Lorenz Khlueg in Caa Iniuriarum ein Comission angesezt und solcher beyzuwohnen Johann Raidt Marckhtschreiber abgeordnet ist durch ihme sambt einem Pferdt bey Ulrichen Oberhover burger und Gastgeber zu Straubing laut Zetls verzört worden   3 fl 28 xr."
In derselben Rechnung findet sich auch seine Jahresbesoldung.
"Johann Raidten Marckhtschreibers besoldung macht vermög Scheins Nro 16  33 fl."

Im Jahre 1675 tritt er als Pächter des Wuhngartens auf und bezahlt dafür 1 fl 30 xr im Jahr
"Johann Raidt Marktschreiber vom Wuhngarten.

Aus dem Jahre 1679 kennen wir einen eher makabren Eintrag über Johann Raith, den am 27.3.1678 als "Bräugegen- und Marktschreiber"  verstorbenen war.
Valentin Thüranckh, ein Kramhändler aus Stachesried, musste sich beim Pfleggericht in diesem Jahr gleich zweimal verantworten.
Beim zweiten Male hieß es:
"Ernannter Tieranckh ist umbwillen er ausgeben, man solle Johann Raith gewesten Marckhtschreiber alhier seel nit in den Freithof, sondern in das Wildte Mos hinaus gegraben haben, dannenhero ihme der hindterlassner Witib vor Gericht doch unschedlich seiner Ehrn, genuegsamb securation zuethuen, und mit Verweis per 1 1/2 Pfund Pfennige abgewandelt worden, thuet 1 fl 42 xr 6 he."

Johann Türranck und Barbara Raith


Dieser Türanckh, der von der Witwe Barbara Raith verklagt worden war, war gleichzeitig aber auch ein neuer Verwandter der Klägerin, denn am 12.2.1680 heiratete Barbara Raith, die Witwe des Kötztinger Bräugegenschreibers Johann Raith, den Kötztinger Krämerssohn Johann Türrankh und zumindest bis zum Jahre 1685 blieb das Paar auf dem Haus, später sind die beiden auf dem heute Voithenleitnerhaus genannten Anwesen beim Alten Rathaus nachgewiesen..
In den Kötztinger Marktrechnungen von 1686 heißt es:
 
StA Kötzting Marktrechnung von 1686 Seite 23

Ausgab auf Zöhrungen, Rittgelter und Verehrung (Verehrung ist ein anderes Wort für kleine Bestechungen)
Nachdeme alhiesiger H: Pfarrer die nechts am Pfarrhof ligent gewest Hanns Türankische Behausung an sich gekhaufft, und alle gegen dem Pfarrhof verhandtene Fenster vermauern lassen wollen, solcher Khauf aber in Villeweg dem gemainen Marckht praejudizierlich geschienen, als hat man Hannsen Pölstern und Wolfen Peringer derentwillen mit dem Bedeutten zu ihme H: Pfarrer abgeordnet, daß aus vill bedenckhlichen Ursachen solcher Khauf nit ratifiziert werden khönne, damals den haben sie beede verzöhrt  15 xr."
Der von den Türrankschen Ehepaar bereits erfolgte Verkauf an den Pfarrer wurde also nachträglich annulliert, da das Markt, der ja aus seinen Häusern und deren Beurkundungen im Laufe der vielen Generationswechsel auch regelmäßige und gesicherte Einnahmen generieren konnte, bei einem Besitzwechsel an die Kirche, ein für alle Mal auf solche "Sporteleinnahmen" hätte verzichten müssen.


Adam Prunner und Anna


 

In dem oben breit ausgeführten Prozess zwischen JA Katzenberger und dem Magistrat ist auch die Besitzfolge Kloster Rott (für einen Probstverwalter) und danach der Pfleger Yettinger angeführt.
Vom 10.November 1694 gibt es nun eine Briefabschrift in den Klosterliteralien, in dem das Kloster Rott vom Magistrat das Einstandsrecht auf dieses Haus einfordert.
Das Kloster ist offensichtlich bereit, denselben Kaufpreis zu bieten, wie Adam Prunner bezahlt hatte, und fordert den neuen Besitzer auf, nicht nur den Besitz nicht anzutreten, sondern auch am Gebäude nichts zu ändern. Da Adam Prunner aber nachweislich auf dem Hause verbleibt, wird das Kloster wohl abweisend beschieden worden sein, vermutlich auch deshalb, weil sich das Haus ja nur für kurze Zeit in Besitz des Klosters Rott befunden hatte.
Wann genau nun Adam Prunner das Haus gekauft hatte, ist unbekannt. Der Zeitpunkt muss zwischen 1686 - Ablehnung des Hausverkaufs der Eheleute Türranck an den Kötztinger Pfarrer - und 1694 - Versuch der Rückabwicklung des Verkaufs an Adam Prunner durch das Kloster Rott- gelegen haben.

Marktrechnung Kötzting von 1696

"Haarrauffen und Faust Stossen
Adam Prunner Riemer, umb er Andreen Lanzinger Sadler beim Haar geraufft, und mit der Faust gestossen, punctiert worden per 1/2 Pfund Pfennige vermög Rhats Protokoll fol 71 zu 34 xr 2 H:
"

Insgesamt 4 Kinder des Riemerehepaares sind in den Kötztinger Matrikeln verzeichnet; da sich kein Eheeintrag finden lässt, steht zu vermuten, dass die beiden in einer anderen Pfarrei geheiratet haben und danach nach Kötzting gezogen sind. Die letzte Geburt, eine Tochter mit Namen Anna Maria war am 8.7.1700. Wenige Wochen später, am 23. August, verstarb die junge Mutter, Anna Prunner, nur 5 Tage nach ihrem Neugeborenen.
In den Marktrechnungen von 1702 findet sich auch einmal ein Beleg für die Leistungen eines Riemers.
"Von Adamen Prunner Riemern alhir hat mann ainen Trummel Riemb erkhaufft per 20 xr."
Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde 1705 Adam Riemer auch als Bote eingesetzt.

"Adam Prunner Riemer alhir hat gleichmessige ratione bey der H: Commissary Suess vorgenombnen execution  all zu Furth getragenen Quartiers zue welcher beyhilf abgerechnet empfangen sag Scheins Nro 49  6 fl "
Im selben Jahr kam es zu einem Verfahren vor dem Magistrat, als er mit der Nachbarin, Frau Agnes Krieger - die Großmutter des späteren Kammerers Wolfgang Samuel Luckner - sich einen Wortkampf lieferte, der beide Geld kostete.

StA Kötzting Marktrechnung von 1705
Es geht los mit der Strafe für die Nachbarsfrau:
"Agnes Kriegerin Bürger: und Pierpreuin alhir umb weillen Sye sich understanden Adamen Prunner Burger und Riemern alda ainen gemainen Markchtsschörgen zu verschelten, ist neben ernstlichen Verweis..... abgewandelt worden per 1/2 Pfund Pfennige, thuet 34 xr 2 H.
Danach wurde seine Strafe protokolliert:
Ersagter Adam Prunner hat Agnes Kriegerin ain S:V: Hurn intituliert, dises aber nit zur Prob bringen khönnen. Ist deshalben nebst gegebenen ernstlichen.....

"......Verweis behalt Verhörsprotokoll fol punctiert worden per 1/2 Pfund Pfennige so trüfft 31 xr 2 H:"
Interessant ist hier der Verweis  auf eine "Prob". Es hatte also im Verfahren die Möglichkeit bekommen, zu beweisen, dass seine Aussage, Frau Agnes Krieger, die absolut reichste und mächtigste Frau in Kötzting zu der Zeit, auf Wahrheit beruhe, was er aber nicht konnte.
Im Jahre drauf, 1706, wurde es gleich doppelt so teuer:
"Einnahm an Straffen und Wänndl
Adam Prunner Burger und Riember alhir hat er dem Sadler Balthasar Frinz aldo, mit Ohrfeigen in den Ambtscammerers Haus tractiert, ist neben ernstlichen verweis lauth Rhatsprothokoll foll 72 gestrafft worden per 1 Pfund Pfennige trifft 1 fl 8 xr 4 H:"

Nach dem Tode seiner ersten Frau, August 1700, wartete der Witwer Adam Prunner sieben Jahre, bevor er sich erneut verheiratete.

Brunner Adam und Margaretha Schwellmaier

 
PfA Kötzting, Matrikel Band 3 Seite 557
Am 14. (Januar) wurde ein Vertrag zu einer zukünftigen Ehe geschlossen zwischen dem Ehrenwerten Adam Prunner, Witwer und Bürger in Kötzting, und seiner ehrenwerten Braut, der Anna Margaretha, eheliche Tochter des verstorbenen Ratsmitglieds Adam Schwölmayr und seiner noch lebenden Ehefrau Anna Maria Hueber.
Die Zeugen waren Herr Josef Huber,  Friedrich Dürr und Georg Pachmayr, alle Bürger in Kötzting.
Die Ehe selber wurde geschlossen am 21. Februar durch Pater Gregor.
Vor dem Magistrat schlossen die beiden am 11.2.1707 dann auch einen Heiratsvertrag.
STA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1707
" Heurathsabredt
Im Namen der allerheilligsten Dreyfaltigkheit pp
Ist zwischen dem Ehrengeachten Adam Prunneer Burger und Riemern alhir an ainem dan der ehrentugentsamen Jungfrauen Anna Margaretha, weyl. des Ehrenvesten Adam Schwelmer, gewesten des Eissern Rhats burger und Cramer...
."
Die junge Braut bringt 150 Gulden an Heiratsgut mit in die Ehe ein. Auch er gint als Ausgleich 150 Gulden dazu, wobei ein Drittel davon - also 50 Gulden - als das Widerlager für ihre jungfräuliche Ehre  
gilt, welches ihr alleine zusteht, im Falle eines Todesfalles.
Zwei Kinder aus der ersten Ehe, Magdalena, 11 Jahre alt und Elisabeth , 9 Jahre alt, sind noch vorhanden, denen er, der Landessitte gemäß, zuerst das Erbe ihrer verstorbenen Mutter zu versichern hatte.  
In diesem Zusammenhang taucht in dem Vertrag auch ein Hinweis auf, der auf ein Resterbe der verstorbenen Mutter - und nun der beiden Mädchen - aus Neukirchen verweist. Die oben bereit angesprochene Vermutung, dass das Ehepaar Brunner von auswärts zugezogen sein könnte/müsste, erhält hier nachträglich noch einen Beleg.
Zwischen 1707 und 1730 bekamen die beiden dann 10 Kinder, von denen Anna Maria Susanne, geboren am, 14.3.1714, die Linie der Riemer auf diesem Hause weiterführen sollte. Nur von 4 Kindern ist ein Sterbeeintrag zu finden.
In einem Eintrag in den Marktrechnungen von 1708 findet sich eine weitere Handwerkerleistung des Riemers.


"Adam Prunner Burger und Riemer alhier, hat zum gemainer Marckhts Wasser Emern ein neuen Trager angemacht, und dafür erhalten 4 xr."
1709 steht der Handwerksmann dann erneut vor dem Magistrat und muss wieder 1/2 Pfund Strafe bezahlen, "umb er Hans Georg Mayr Bürgern und Schuhmacher alda bezichtigt, derselbe hat zu wenig Pflasterzoll zu verrechnen."
HStA München Landshuter Abgabe Kloster Rott B4 von 1727-1736

In der Kirchentrachttabelle des Klosters Rott taucht Adam Prunner - obwohl ein Häusler und damit im erkennbaren Gegensatz zu seinen "Nachbarhäuslern" auf dieser Liste - mit regelmäßigen Naturalienabgaben auf, was auf einen eher unüblichen Grundbesitz schließen lässt.
Der Riemer Adam Brunner verstirbt am 18.6.1742, seine Witwe Anna Margaretha dann zwei Jahre später, am 9.3.1744.

Erst nach dem Tode des Riemers Adam Prunner wurde offensichtlich versucht, eine Nachfolge auf dem Haus zu finden, und in dem Riemer Carl Siegmund Reinhold aus Graz wurde die Familie Prunner dann auch fündig.

Karl Siegmund Reinhold und Susanna Prunner

Am 17.6.1743 heiratete in Kötzting der Riemersohn Karl Siegmund Reinhold aus Graz Maria Susanna Brunner, die Tochter des Adam Brunner und der Schwellmeier Margaretha.
Am 21.6.1743 hatte er durch eine Bezahlung von 9 Gulden an die Marktkasse das Kötztinger Bürgerrecht erhalten; in dem Rechnungsband ist er als ein "Riemergesell" aus Graz in der Steiermark aufgeführt.
Am 10.6.1744 kam dann die Tochter Anna Margaretha auf die Welt.
KS Reinhold hatte ja in eine Familie mit vielen Kinder eingeheiratet, so kam es in Folge seiner Hausübernahme auch zu vertraglichen Vereinbarungen mit den "weichenden" Erben, wie zum Beispiel am 31.7.1745 durch einen "Kindsvertrag" mit der Familie seiner verstorbenen Schwägerin Magdalena Fischer, einer geborenen Brunner.
Da Frau Fischer Kinder hinterlassen hatte und der Witwer sich gerne wiederverheiraten wollte, musste den Kindern ihr mütterliches Erbe zuerst sichergestellt werden, und dieses bestand unter anderem auch in einer Grundschuld, welche auf dem Hause des Riemers festgeschrieben war.
Ende 1745 bzw. Anfang 1746 muss Frau Susanna Reinhold verstorben sein, auch wenn ein Sterbeeintrag in Kötzting nicht zu finden ist. Es heiratet jedoch der Witwer KS Reinhold am 5.9.1746 in zweiter Ehe die Neukirchener Färberstochter Anna Thumm.
Nachdem Susanna und Karl Reinhold vorher noch keinen Ehevertrag abgeschlossen hatten, und aus dieser Ehe ein Kind - eben die oben angesprochene Anna Margaretha - bei der Wiederverheiratung noch lebte, musste der Riemer Reinhold um einen sogenannten Ankunftstitel  beim Magistrat nachfragen,. den er am 12.12.1749, drei Jahre nach dem Tode seiner ersten Frau, auch erhielt und somit das Gebäude als sein Eigentum bestätigt bekam. 
.

Karl Siegmund Reinhold und Anna Thumm


Briefprotokoll Markt Kötzting von 1749
Ankonffts Titl umb ain Burgersheusl und Riemer Werchstatt ad 400 fl
Weiland: Susanna Prunnerin als Carl Sigmund Reinhold Riemer....maisters alhir Eheweib vor albereits .3. Jahren ohne daß sye miteinander weegen der Behausung und Riemerwerchstatt etwas aufgerichtet, verstorben..
.."

Neben der Sicherstellung des Erbes für die "Fischerkinder" findet sich noch eine Quittung am die Frau des Gärtners in Eger, Elisabeth Hinol - wohl eine weitere Schwägerin, weil in der Quittung von der Sicherstellung des mütterlichen Erbguts die Rede ist -, über 126 Gulden.
Der übernehmende Riemer  Reinhold hatte offensichtlich alle Hände voll zu tun, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen oder aber er war gut im Geschäft, da er auch noch weitere Geschwister seiner Frau auszahlen, bzw. deren Erbe ablösen konnte.
Am 2.9.1748 erwarb er von seinem Schwager, dem Studiosus  Philosophio Magiste in Salzburg, Johann Michael Prunner, den von dessen Mutter geerbten "vorderen Buchbergacker" um 110 Gulden .
Zwei Jahre später veräußerte er eben diesen Buchbergacker um 180(!) Gulden an den Schmied Franz Drunkenpolz.
12.12. 1749 schloss er mit seiner zweiten Frau, die er ja bereits 1746 kirchlich geheiratet hatte, einen Heiratsvertrag vor dem Kötztinger Magistrat.
Auf den Mund gefallen war KS Reinhold offensichtlich nicht, denn aus dem Jahre 1759 findet sich eine Strafe wegen einer saftigen Beleidigung einer Spitalbewohnerin.

Marktrechnung von 1757

"Carl Reinhold burgerlicher Riemermaister alda ist von Anna Maria Altermannin Pfreundtnerin im Spitall alhir ratione Schörgengeschmais, S:V: Sau, und Bestia intitulierung geclagt" worden
Der Riemer gibt die Beleidigungen zu, die ihm im "Zorn entfallen seye", ansonsten könne er von ihr nur "Liebs und Guetes sagen". Ein halbes Pfund Pfennige kostete ihn diese Beleidigung, zahlbar nicht an die Klägerin, sondern an die Marktkasse..
1755 stand KS Reinhold vom dem Kadi - in diesem Falle dem Kötztinger Landrichter - weil er sich eine Schlägerei mit HG Silberbauer geliefert hatte.

StA Landshut Pfleggericht Kötzting P 46
"Insimili
Hans Georg Silberpaur burgerlicher Scheuchmacher alhier zu Közting, ist willens gewest Carl Reinholdt auch burgerlicher Riemern alda, uf anheunt von darumben zu clagen, weillen er dem Silberpaurn mit Haar Rauffen und Faust Straichen tractiert, diese beede haben sich aber hieryber solchergestalten verglichen, da mehrgedachter Silberpaur die vermainte Satisfaction gänzlich nachgeben, sohin sye beede wider, wie vorhin in guetter Verständnuss leben, Reinoldt endtgegen disen Vergleichskosten alleinig abführen wolle, woryber die obrigkeitliche Ratification erbetten würdet."
1 Pfund Regensburger Pfennig musste er als Strafe dabei bezahlen.


In der 1777er Marktrechnung findet sich eine kleine Straßenbaumaßnahme, eine Pflasterung im Markt, in der das Haus des Reinholds bereits als das "Riemerhaus" bezeichnet wird.

"Das gemaine Markhts Pflaster vom Riemmer Hauß an gegen dem Badbrunnen zu bis für das Schmid Haus betr."
Das "Schmiedhaus" war das sogenannte Drunkenpolzhaus, später Tabak Liebl und heute in Besitz der Familie Schödlbauer, vor dessen Fassade der frühere Badbrunnen, ein Schöpfbrunnen, gelegen hatte.
Im Jahre 1783 unterschreibt KS Reinhold einen Schulschein für seinen Sohn, ebenfalls Karl Reinhold,  nun ein Riemer in Cham, der bereits im Jahre 1771 in Kötzting die aus Oberellenbach stammende Webertochter Ursula Bruckmoser geheiratet hatte.
Als Gegenwert für die 200 Gulden von seinem Sohn hinterlegt er seine Bürgersbehausung und eine Wiese unterhalb des "Plankengartens"
Drei Jahre später ist es dann soweit, KS Reinhold übergibt seinen Besitz an den Sohn, der zwischenzeitlich in Cham gearbeitet hatte.

Karl Siegmund Reinhold und Ursula Bruckmoser

Mit Vertrag vom 14.1.1785 übergibt der verwitwete Häusler Karl Siegmund Reinhold "das von der ersten Frau Susanna Brunnerin 12.12.1749 an sich gebrachte Haus samt der Riemergerechtigkeit und samt der vorhandtenen Hofstatt alle zwischen dem Pfarrhofsgarten  und Joseph Klingers Häusl entlegen Wiesl negst dem Plankengarten unweit Wiesing." um 500 Gulden an den Sohn Karl Siegmund und dessen Frau Ursula.. Auch ein Wiesfleck auf der Hüttwörth ist erwähnt.
Da der Übernehmer sein Heiratsgut bei seiner Ansässigmachung in Cham bereits ausbezahlt bekommen hatte, musste er den Kaufschilling - abzüglich der 200 Gulden geliehenen Geldes - vollständig bezahlen. 
Wie sehr in der damaligen Zeit auch immer sehr sorgfältig mit den Erbansprüchen der Kinder umgegangen wurde, zeigt ein Schriftverkehr, der dem Übergabevertrag der Reinholds beigefügt war.
Aus Peterwardein in Serbien, 1748 zur kaiserlich freien Stadt erhoben, kam ein Schreiben des "kaiserlich königlichen Feld=Kriegs=Casse Kanzelisten" Johann von Reitzenstein beim Kötztinger Magistrat an, der unmissverständlich Auskunft verlangte über die Erbschaft seines Mündels.
Der Herr von Reitzenstein stellte sich als der Vormund einer Elisabeth Stockin, Tochter einer Margaretha Stockin vor, die selber eine leibliche Tochter des KS Reinholds gewesen war und nach dem Tode der Mutter nun Forderungen sowohl an das mütterliche als auch an das großväterliche Erbe stellt. 
 Herr von Reitzenstein bittet nun um die Übersendung eines Inventariums wie auch der Beurkundungen über den - möglicherweise bereits erfolgten - Tod des Großvaters.
Der Magistrat windet sich mit einer Antwort nach Serbien um eine genaue Bezifferung herum, in dem Übergabevertrag des Anwesens werden dann aber die theoretischen Ansprüche der Elisabeth Stock berücksichtigt. Deren Pflichtteil solle, solange sie ledig sei, unverzinst auf dem Hause liegen bleiben. Sollte sie versterben, ohne Kinder bekommen zu haben, so bliebe auch diese Summe beim jungen Übernehmer.
KS Reinhold, dem Übergeber, blieb "in dem obern Hausflez die verhandne Kammer zur Wohnung" und er die Versicherung, dass er "die Kost, wie es der Übernehmer geniesset, mit über den Tisch" erhielte.
Noch im Jahr der Übernahme - 1786 - stehen die neuen Besitzer in den Spitalrechnungsbüchern mit einer Grundschuld von 100 Gulden.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1786
"Karl Siegmund Reinhold, burgerl: Riemermaister alhier und Ursula, sein Eheweib haben die von Michl Stadler mit Anfang des heurigen Jahres anhaimbgezahlte 100 fl Capital sogleich übernohmen, und hernach vermög des unterm, 24ten Febr: ao dieß errichten Schuld und Borgschaftsbriefs mit ihrem samentlichen....Vermögen, in specie aber ihre Behausung, eigenthümliche Wiesen und Riemersgerechtigkeit genuegsamb versichert.
Zins ab dem ganzen Jahr 5 fl.
Zu diesem Vorgang gibt es eine  - eigentlich einzigartige  - Stellungnahme des Kötztinger Pfarrers, die sonst nie bei anderen Schuldverschreibungen in die Protokolle miteingebunden  aufbewahrt ist.
Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass eine geldverleihende Stelle auch die Bonität des Empfängers zu prüfen hat.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1786
"Wenn die 100 fl Spitalgeld von Karl Reinhold verzueglich versichert werden? So nin ich gar nicht entgegen, daß ihm solche vorgeliehen werden. Pfarrhof Kötzting den 23ten Februarius ao 1786
P. Pfarrvikar Mpria"
In der darauf folgenden Urkunde ist dann auch aufgeführt, wozu er das Geld benötigt: es geht um Reparaturen am kürzlich erworbenen Haus. Der Vater hat vermutlich die letzten Jahre/Jahrzehnte nicht mehr viel am Haus ausgebessert.
Interessant ist hier auch noch, dass zu dieser Zeit "Karl Siegmund Reinhold der Älter" - noch der Spitalverwalter gewesen war. Vermutlich war deshalb auch das Einverständnis des Pfarrers notwendig und wurde miteingebunden in den Protokollband, um den Vorwurf einer Vetternwirtschaft gar nicht aufkommen zu lassen.
Im Kopf der Spitalrechnung von 1786 ist KS Reinhold - der Vater - dann auch aufgeführt, mit einer ganz besonderen "Charakterisierung":.



..."und die beiden Spittal=Verwalter benanntlich Karl Sigmund Reinhold bürgerlichen Riemermeister als Vorgeher im 3tem und Jakob Straubinger burgerlichen marktlehner als Nachgeher, eben im 3ten Jahr gepflogen worden"
Bei Reinhard Riepl steht unter Vorgeher der Oberknecht und bei Nachgeher/Nachgänger ein Stallknecht.  Da es im Spital jedoch einen "Spittal=Hofbauern" gab, der im Jahr mit 16 Gulden zu Buche schlug und die beiden Spitalverwalter im Jahr zusammen nur gut 6 Gulden erhielten, werden die beiden eher nicht mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt gewesen sein.
In der Spitalrechnung sind deren Leistungen auch mit: Einnahme der Gültzahlung, die Einbringung der ausständigen Zinsen und mit der "Einfexung des Spitalzehents" definiert, also eher verwaltungs- und Kontrollaufgaben.
Im Frühjahr 1788 trennen sich KS Reinhold und seine Frau von einem "Wießflöckl auf der Hüttwörth" zum Preis von 39 Gulden, ausdrücklich mit dem Hinweis, "damit selbe einige Schulden hindan richten, auch einige Leder beyschaffen können."
Im Jahr drauf leihen sie sich von der Pfarrkirche 70 Gulden zur Begleichung einer Currentschuld, also mussten laufende Zahlungen beglichen werden.
1890 mussten sie sich von einem weiteren Grundstück trennen. Dieses Mal war es der Plankengarten bei der Wiesmühle, der ungefähr "1 Tagwerk Gras und 1 Färtl Heu, und 1 derley Grumet gibt". 250 Gulden können die beiden dafür erzielen.
Trotz dieser Zusatzeinnahmen kommt KS Reinhold offensichtlich nicht aus den roten Zahlen heraus, denn im Jahre 1793 ist er mit einem Schuldenerlass von 4 Gulden in den Marktrechnungen aufgeführt.
Vom Jahre 1795 erfahren wir, dass Ursula Reinhold, die Ehefrau, in Kötzting als eine approbierte Hebamme angestellt war; in diesem Jahr stellt sie eine Bitte um einen Zuschuss, der ihr bereits schon einmal gewährt worden war. (HStA München GL Fasc. 1822 Nr. 36)
1802 stand dann die nächste Übergabe an, Karl Reinhold und seine Frau Ursula übergaben ihr am "4.1.1786 übernommenes Haus negst dem Pfarrhof" an den Sohn - wieder ein Karl - Reinhold und dessen Frau Elisabeth Schöllinger, eine Kötztinger Färberstochter, die 900 Gulden dafür bezahlen musste..
Die 70 Gulden Grundschuld bei der Kirche und die 100 Gulden beim Spital sind ausdrücklich aufgelistet und auch die Geschwister sind im Vertrag benannt.
Ursula Reinhold arbeitete in Regensburg und Stephan Reinhold war Kooperator in Pfakofen.

Karl Reinhold und Elisabeth Schöllinger


Die Bürgeraufnahme Karl Reinholds am 3.Mai 1802 erwähnt Carl von Paur in seiner Chronik. Dies rührt vermutlich von daher, da Carl von Paur seine Chronik ja erst im Jahre 1870 erstellt hatte und dieser Karl Reinhold in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit außergewöhnlicher Energie und Einsatz einige ganz besondere Änderungen in Kötzting erzwungen hatte.
In der Rückschau erschien ihm dann diese Bürgeraufnahme besonders erwähnenswert.
StA Kötzting Carl v. Paur Chronik Seite 118

  "Am 3. May erhielt der Riemerssohn Karl Reinhold durch Übernahme des väterlichen Anwesens die Bürgeraufnahme..."
1805 im Februar bietet sich Karl Reinhold eine Chance, die Zehentabgaben der Dörfer Gehstorf, Voggendorf und Unterzettling als Lehensträger zu erwerben.
Dies ist eine frühe Art eines Warenterminkontraktes. Der Lehennehmer bezahlt einen festen Betrag an den Lehengeber, hier das Kloster Rott bzw. von diesem übertragen die "Milde Stiftung" Kötztings. Der vorherige Lehensnehmer, der Bäcker Andreas Dreger, war verstorben und Karl Reinhold griff zu.
"Ch: Rentamt Kötzting

Das hiesige Burgerspital genießt die 2. Garbenzehent bay denen Dörfern Gehstorf, Vokendorf und Unterzöttling lehnbar. Nun ist statt des aufgelösten Kloster Rott Sr. churfürstliche Durchlaucht Lehen Herr.
Im Namen der Mildenstiftung war bisher der Andree Dreger Bürger und Weisbeck allhier Lehenträger, welcher aber am 21. Jänner allhier das zeitliche verließ.
Man überschreibt hiedurch diesen Todtfahl schuldigst, requiriert die Lehens Erneuerung, und bringt zugleich als neuen Lehenträger dem Karl reinhold bürgerlichen Riemermeister derorten in unterthänigen Vorschlag. Unter erbittung einer beliebigen Vorladung empfielt sich 
der Chfrtl. Baan Markt Koezting."

Im Jahre 1811 wurde das Häuser- und Rustikalsteuerkataster erstellt, die erste belastbare Zusammenstellung und Beschreibung der einzelnen Kötztinger Anwesen und der dazugehörigen Grundstücke.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 von 1811

"Hausnummer XCVII (=97, mit Bleistift darunter geschrieben die spätere "richtige" Hausnummer: 99)
Karl Reinhold 
a: das gemauerte Haus mit kleinem Staderl, dann 
b: einem Wurzgartl
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
Gemeindantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert
Von dem vertheilten Strohhof bei Grub: 1 Ackerl
Der erkaufte Gemeindsantheil am Herrenweiher ao 1803 zu Wiese cultiviert."


Am 21.4.1818 trifft Karl Reinhold eine Entscheidung, die in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich ist... vor allem, dass es ihm offensichtlich auch gelingt, seinen Willen durchzusetzen.
Bei Carl von Paur heißt dies ganz nüchtern so:
Carl v. Paur Chronik Seite 169
"Am 21. April erhielt der Riemermeister und bräuende Bürger Karl reinhold die Bewilligung zum Austritte aus der Communbräugesellschaft, und errichtete in seiner Behausung ein eigenes Bräuhaus."
Dies ist eine außergewöhnliche Entwicklung, denn das Anwesen mit der Hausnummer 99 ist ein sogenanntes "Leerhaus" und hat daher weder eine Schank- geschweige denn eine Brauberechtigung, worüber die Kötztinger Marktlehner, die ja beides als Monopol besaßen, eifersüchtig wachten und ihre Rechte auch gerne in Prozessen verteidigten. 
Das Ganze hat natürlich eine Vorgeschichte und die begann im Jahre 1807: (AA XII-11)

Wolfgang Hartl, der Leineweber auf dem späteren "Kirschbauerhaus" in der Schirnstraße, stand unter großem finanziellen Druck und versuchte im Jahre 1807 einen "Befreiungsschlag", er möchte seine "reale Marktlehensgerechtigkeit mit den Privilegien der unbeschränkten Bräuung und dessen Auszapfung" an den Riemer Karl Reinhold  um 112 Gulden verkaufen. Ein für damalige Verhältnisse unerhörter Vorgang, dessen Wellen bis zur Höchstinstanz nach München spülten.
Am 15.12.1807 wurde der Verkauf protokolliert und bereits mit Datum des 26.12.1807 geht ein Schreiben nach München ab, in dem die "38 brauenden Bürger zu Kötzting" in den Verkauf hineingrätschen wollen, aber dem Verkäufer anbieten, dass sie zusammen ihm das Braurecht zum geforderten Preis ablösen würden.
HStA München GL Fasc. 1836-77
"Allerunterthänigst gehorsamste 38 brauende Burger zu Közting dortig königl. Markts und Landgerichts Közting: Hofgericht Straubing"
Auch Reinhold reicht seine Bittschrift ein an die "konigliche Landesdirection von Baiern"


Allerunterthänigst gehorsamster Carl Reinhold Riemermeister von Közting"
Die Kötztinger geben nicht nach und reichen eine weitere Eingabe in München ein, diesmal nicht unterschrieben von pauschal 38 Bürgern, sondern mit einer genauen Auflistung der brauberechtigten Kötztinger Bürger mit der jeweiligen eigenhändigen Unterschrift.


Auch der Privatbrauer Schrank - heute Hotel zur Post - stellte sich hinter den Antrag der Kötztinger, das Braurecht dem Wolfgang Härtl zu gleichen Bedingungen abzukaufen und anschließend eingehen zu lassen, und beschwert sich darüber, dass das Landgericht offensichtlich den Verkauf an den Riemer 
bevorzuge. Leider endet der Münchener Akt ohne abschließendes Ergebnis.  
Auch in den Archivalien des Stadtarchives findet sich dieser Vorgang und dort steht auch die Endentscheidung.
Hier die Stichpunkte:
Reinhold kaufte von Hartl Wolfgang bürgerl. Leinwandhändler die reale Bierschenkgerechtigkeit.
Vom Landgericht wurde der Vorgang bereits verbrieft.
Es erfolgte ein Einspruch einiger "Individien d br Bürgerschaft".
Von der königl. Landesdirektion von Bayern wird ein Gesetz zitiert und, da der Riemermeister Reinhold nicht vom Fach ist, kann/darf er nicht brauen.
Es folgt ein Bericht vom Kötztinger Landgericht, in dem man das vorherige Schreiben widerlegt, da  im Brauhause ein Braumeister angestellt ist, Reinhold habe daher mit der Herstellung nichts zu tun.
So wird der Transfer am Ende tatsächlich genehmigt.

1808 also durfte er schon mal eine Gastwirtschaft eröffnen und dort das/sein Bier aus der Kommunbrauerei ausschenken, ein Ziel, das dem Herrn Katzenberger vor fast 150 Jahren noch kategorisch verwehrt worden war.
10 Jahre später - 1818 - war er endlich am Ziel, er konnte aus dem Zwangskorsett der Kommunbrauerei austreten und durfte sein eigenes Brauhaus errichten.
1821 ging es um zusätzliches Wasser und Reinhold stellte den Antrag eine Wasserleitung vom nahegelegenen Badbrunnen zu seinem Anwesen bauen zu dürfen. Dieses Ansinnen wurde vehement vom Gemeindeausschuss abgelehnt; auch mit dem Argument, dass Reinhold in seinem eigenen Hause eine eigene Quelle hätte. Wobei hier der Ausdruck "eigenes Haus" sehr weit gespannt ist. Karl Sigmund besaß ein kleines Wurzgärtl hinter der benachbarten Häuserzeile - heutzutage wohl Teil des Hotelkomplexes Hotel zur Post - und bezog von dort sein Wasser.
1825 kam dann auch der soziale Aufstieg, Karl Reinhold wurde Magistratrat im Kötztinger Marktgemeinderat. Im Jahr drauf wird seine Mitgliedschaft genauer bestimmt, er ist der 4. Magistratrat und zuständig für Müller und Bäcker. 
StA Kötzting Beschlussbuch 1826/27
Die 6 Magistraträte: Windorfer - Obermayr - Weiß - Reinhold - Amberger - Gerstl
Im selben Jahr wurde auch sein Bier "visitiert" und die Prüfer kamen durchaus zu einem befriedigenden Ergebnis.
StA Kötzting AA IX Nr. 40

"2. Bey dem Bräuern Karl Reinhold fand sic, wie bei allen übrigen, Winterbier, gehaltvoll und pfennig vergeltlich, zwar noch etwas jung, aber doch so lautern, daß es auf die menschliche Gesundheit keinen schädlichen Einfluß äußert...." Na dann.
Als der Nachbar - und nun ebenfalls Brauer und Gastwirt - Johann Hofbauer - alte Hausnummer 105 - in dem kleinen Gässchen hinter dem Haus 104,durch dessen Grund die Wasserleitung des KR verlief, einen Stadl bauen wollte, protestierten alle Anlieger, darunter auch Karl Reinhold, der seine Bedenken auch schriftlich zu Protokoll gab.

"4. Karl Reinhold, Bierbrauer- protestiert gegen den Bau eines Stalles aus dem Grunde, weilen durch das Entstehen eines Stalles ihm sein Brunnen, welcher sogleich an den Bauplatz am nächsten liegt, und somit das Wasser zum Kochen und Trinken, dann für das Bräuhaus durch den Odelabfluss verdorben würde;
endlich auch dadurch Feuergefährlichkeit zu befürchten steht.
Demnach Hofbauern gleichwohl mit seinen Gesuch abgewiesen werden möge.
Beschließt und unterzeichnet auf Vorlesen
Karl Reinhold.
Von diesem Bauvorhaben gibt es einen sehr schönen, kolorierten Lageplan im Stadtarchiv, durch den man die Befürchtungen des Brauers Reinhold - und der übrigen Nachbarn -gut nachvollziehen kann.
StA Kötzting AA XI-76
Der Brunnen des Brauers Reinhold ist der kleine runde und schwarze Punkt - ziemlich zentral - mit der Bezeichnung "B".

Eine Brauerei und Wirtshaus eignen sich durchaus auch als Schulgebäude, dachten sich die Kötztinger Oberen und mieteten sich in Reinholds Haus ein. 15 Gulden erhielt der Gastwirt Reinhold "für das gemietete Zimmer für die Vorbereitungsklasse der hiesigen Schule" im Jahre 1829.
 
StA Kötzting AA III-8

Der im Jahre 1842 - siehe der Mieterkataster weiter unten - erwähnte Saal im ersten Stock war offensichtlich auch gut als Klassenzimmer geeignet.
"Nach der protokollarischen Erklärung des Bürgers Karl Reinhold v. 26. Jänner l.Js müssen für Anlassung seines Saales zum Lehrzimmer auf 1 Jahr bezahlt werden 30 fl"
Weiter heißt es im Akt, damit man sich das Ganze auch gut vorstellen kann:
"Zur Plazierung von 193 schulpflichtigen Kindern sind 32 Schulbänke erforderlich, welche 8 1/2 Fuß lang für 6 Kinder per Stück enthalten, wofür a 2 fl erlaufen nach beilieg. Voranschlag 64 fl und fpr 2 Schultafeln a 1 fl 2 Gulden."
In jeder der 32 Bänke sind 2 Dintengefäße für 6 Kinder nothwendig diese kosten a 6 xr.
1831 hieß es dann schon "für die angepachteten Räume" und dafür erhielt er die angesetzten  30 Gulden.
Im Jahre 1835 versuchte KR vom Magistrat ein kleines Stück Ödland anzupachten um einen Hopfengarten anzulegen. Wenige Jahre zuvor hatte der Brauer Hofbauer Johann weit außerhalb des Marktes an der Blaibacherstraße einen Sommerkeller mit Kegelbahn angelegt.
(Hofbauer alte Hausnummer 105 ist heutzutage der Floristenladen Alchemilla und der Hofbauerkeller ist das heutzutage stattliche Gebäude in der steilen Böschung an der Himmelsleiter kurz vor der  Zufahrt zum Fußballplatz., wo in den 50er Jahren die Kötztinger Landpolizei ihren Sitz hatte.

5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01

Eine erste Eingabe des KR wurde abgelehnt, danach steckte er dem Magistrat, dass Hofbauer mit seinen Bauten weit über die Grundstücksgrenzen hinausgebaut hatte, und erneuerte seinen Antrag  - und erweitert diesen sogar -, um dort auch noch eine "Fassschupfe" errichten zu können
Der Magistrat reicht beide Gesuche mitsamt der Beschwerde des KH an die Gemeindebevollmächtigten weiter, die sowohl darauf pochen, dass Hofbauer vorgeladen wird, um die Vorwürfe zu klären, als auch dem Wunsche Reinholds zustimmen.

Zum Ende des ersten Drittels im 19. Jahrhundert entstand, vermutlich um die Justiz zu entlasten, das Mittel von Vergleichsverhandlungen. Bevor es zu einer Anzeige bei Gericht kommen konnte, war verpflichtend eine Instanz vorgeschaltet, das Vermittlungsamt. 
Die zumeist danach erfolgten Klagen und deren Gerichtsakten sind schon vor Jahrzehnten als nicht  archivwürdig ausgesondert und vernichtet worden. Daher sind die Protokollbände des "Kötztinger Vermittlungsamtes" mit seinen Kurzbeiträgen ein umso wichtigeres Zeugnis der vielen kleinen Händel und Streitigkeiten innerhalb der Kötztinger Bürgerschaft, von denen wir sonst keine Kenntnis mehr hätten.

5.2.1835: 

StA Kötzting AA XIII-12
"Auf Beschwerde des Balthasar Kollmaiern Mühlers gegen Karl Reinhold Bräuers v. Kötzting wegen Entschädigung aus einer wegen Malzbrechen erfolgten straffe ad 44 fl - konnte ein Vergleich nicht zustande gebracht werden. daher der Gegenstand zum Ressort des k. Landgerichts gehörig dahin verwiesen, und das Zeugnis hierzu ausgefertigt werden muß."

Einschub
Mit dem "Zeugnis" ist hier der Nachweis gemeint, dass vor einer Klage diese Vermittlungsstelle eingeschaltet gewesen war.
Einschub Ende

4.3.1836


"Laut Klage des Karl Reinhold v. Kötzting gegen Therese Zachmann v. hier, wegen einer Bierschuld ad 10 fl 19 xr wird als im Widerspruch gezogen, der Vergleich unmöglich, dem Kläger das Zeugnis hierüber ausgefertigt."  Unterschrift: Reinhold   x Handzeichen der Theres Fleischmann (?), wohl eher Zachmann.
6.Juli 1838:


"Auf Klagen des Karl Reinhold Bräuer v. Kötzting gegen Maria Raith, led. St. von da wegen einer Bierschuld ad 57 fl - konnte alles zureden ohngeachtet eines Vergleichs nicht zu Stande gebracht werden, daher Kläger das Zeugnis hierüber erhält
Karl Reinhold
HZ x der Maria Raith"

Nun nähern wir uns zeitlich der Aufnahme des Urkatasters/Grundsteuerkatasters aus den Jahren 1840 und 1841
StA Landshut Grundsteuerkataster 5038

Hausnummer 99 in Kötzting Karl Reinhold Bierbrauer und Gastgeber

Das Haus mit der realen Tafern und Brauerei=Gerechtigkeit auf eigenen Pfannen
Wohnhaus, Keller und Brauhaus unter einem Dache, dann Stallung, Holz und Faßschupfe, ebenfalls unter einem Dache, Hofraum dann Brunnstube in Plnr 194 /: Hs Nr. 104/
Weiter sind folgende Grundlasten eingetragen:
Berechtigung:
Nebiger Besitzer darf das Wasser von seinem Keller o: Brauhaus in einem Kanal durch den Hofraum PlNr. 178 und 176 zu Plnr 175 leiten, wo es der Marktmühlbesitzer Haus Nro 63 auffängt.
Von nebiger Brunnstube wird das Wasser in hölzernen Röhren durch die Gemeindegasse in das Haus Nro 177 geleitet.

Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_Beilage_M2500_1_1-01

Als im Jahre 1844 Johann Hofbauer - alte Hausnummer 105 - sein Gebäude erhöhen und dabei auch 2 Toiletten an seiner Rückseite bauen wollte, protestierte KR - wie bereits bei einem ähnlichen Bauvorhaben des Hofbauer weiter oben, weil er seine Wasserleitung - zur Erinnerung, diese war aus hölzernen Rinnen erbaut, die locker zusammengesteckt waren - respektive die "Qualität" seines Brauwassers in Gefahr sah.



Walzende - also nicht fest zum Anwesen gehörende -  Grundstücke: auf der Schmidmarter, das Seiderer Garten    PlNr. 435.
Wie immer gibt uns der sogenannte "Mieterkataster" aus dem Jahre 1842 eine bessere Vorstellung davon, wie die Aufteilung des Gebäudes damals ausgesehen hat.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045
"Karl Reinhold, Bräuer
/:Hauseigenthümer:/
1. Hauptgebäude
Unter der Erde: 3 Keller
I. (=ebenerdig) 1 Gastzimmer, 2 Kammer, 1 Lokalität zum Bierbrauen, Branntweinbrenner, 1 Mälzerei mit Gährstall
II. 1 Tanzsaal, 1 Wohnzimmer, 2 Kammern, 1 Küche, 1 Malzdarre, und Boden unterm Dach
2. Nebengebäude
I: Stallung
II. Faßboden

Karl Reinhold"

In den oben bereits angeführten Vergleichsverhandlungen des Vermittlungsamtes finden sich weitere Einträge mit unserem Riemermeister.
21.10.1841
Karl Reinhold Bierbrauer v K stellt Klage gegen den bräuenden Bürger Johann Hofbauer von K wegen Bezahlung von 14 Pfund Hopfen im Ertrag zu 5 fl 36 kr. Beklagter widerspricht, kein Vergleich. 
12.10.1842
 Brauer Karl Reinhold v K klagt den hiesigen Lehrer Paul Führlbeck um eine Schuldsumme von 56 fl 22 kr  für Verpflegung und Logisgeld. Geklagter vorgerufen verlangt zuförderst Spezifikation dieser Schuldsumme und Herausgabeseiner Betten. Kläger negiert schuldig zu sein ein Bett zu restituieren  indem ihm keines anvertraut worden sei und habe sich des Geklagten Schwiegermutter die Betten zu geeignet, so muß sich derselbe an Letztere wenden. Der Geklagte fordert wiederholt Spezifikation und Herausgabe seines Bettes. Kein Vergleich. 
7.8.1843
7. August 1843: Ignaz Auzinger Waffenschmiedsohn v K unter dem Beistand des  Bierbrauers Karl Reinhold belangt seinen Schwager den bürgerlichen Glasermeister Josef Fischer von K deshalb, weil ì
ihm der Letztere die Ausfolglassung eines Gewehrkastens, eines silbernen Tischzeuges und 14 Ellen Leinwand, die er bei dem Beklagten zur Aufbewahrung hatte, verweigert.  Josef fischer erinnert dagegen, dass die fraglichen Gerätschaften sein Eigentum seien und er sich daher nicht herbeilassen  könne solche an den Kläger zu extradieren. Keine Einigung. 
29. April 1847:
 Ignaz Reinhold Bräuerssohn von Kötzting erhob bei Vermittlungsamt gegen den Rentamtsgehilfen Josef Prantl wegen Kurkostenzahlung und Entschädigung aus einer Körperverletzung 
herrührend Klage und vereinigen sich die Teile dahin dass:
1. Josef Prantl die auf die ärztliche Behandlung der Ignaz Reinhold erlaufenden Arztkosten und Medikamentenkosten bestreitet 
und sich verbindlich macht
2. An Ignaz Reinhold eine Entschädigung von 20 fl im Verlaufe des heurigen Jahres 
bestreitet, dagegen
3. Der Kläger auf jede weitere Anforderung an den Beklagten aus dieser Körperverletzung herrührend ausdrücklich verzichtet. 

Am 15.2 1847 wird das Brauereianwesen des Karl Reinhold auf den Schwiegersohn Joseph Hamberger übergeben und als er am nächsten Tag, dem 16.2.1847 Antonia, die Tochter Karl Reinholds zum Traualtar führt, wird er folgerichtig auch bereits als "Bräuhausbesitzer" aufgeführt.
Elisabeth Reinhold, bürgerliche Bierbrauerin wurde 74 Jahre alt und starb 1846 an Altersschwäche, ihr Mann, Karl Reinhold, lebte noch bis 1860 und starb 85 jährig ebenfalls an Altersschwäche. 






Josef Hamberger und Antonia Reinhold


Im Umschreibeheft des Urkatasters ist der Vorgang genau aufgeführt.

"Angemeldet den 14. Febr. 1847
Karl Reinhold HaNr 99 zu Kötzting übergibt an seine Tochter Antonia Reinhold und deren angehenden Ehemann Joseph Hamberger von Emerszell Lgr Mitterfels das zum Landgericht gerichtsbare und eigene Haus mit realner Tafern und Brauereigerechtigkeit ........ ohne Änderung um die Summe von 8000 Gulden. 
Unterschrift
Joseph Hamberger"

Pfingsten im Hause Reinhold


Antonias Bruder Ignaz war der erste Pfingstbräutigam, den wir auf diesem Hause nachweisen können. Wen er sich als seine Pfingstbraut auserwählt hatte, ist unbekannt.




Das richtige Wasser und in der ausreichenden Menge zu bekommen war offensichtlich sowohl für Karl Reinhold als auch für seinen Schwiegersohn ein Problem, das beide immer wieder versuchten zu lösen.
Am 19.2.1849 musste sich Josef Hamberger dem Vermittlungsamt stellen.
"Auf die heute dahier eingelaufene Beschwerde des k. Advokaten  Müller von hier gegen den Bräuhausbesitzer Josef Hamberger von da wegen Entziehung seines Hauswassers hat man den Beklagten b. n. vorrufen lassen, ihn bei seinem Erscheinen von dem Inhalte der Beschwerde des  k Advokaten Müller durch Vorlesen in Kenntnis gesetzt und erklärt derselbe, dass er den behaupteten Wasseranspruch des k Advokaten Müller einer eigenen Röhrenleitung aus dem Badbrunnen nicht widersprechen könne, müsste aber bemerken, dass sein zum Brauhause führendes Wasser dermallen noch abgefroren ist und er sich daher mit seinem Wasserbedarf an die zunächst gelegenen öffentlichen  Brunnen zur Deckung gewendet habe, ohne jedoch zu wissen dass der Überfall nicht mehr in die Wasserreserve des Klägers abfliesst. Nunmehr werde ich den Wasserbezug vom Regenfluss zum Bräugeschäfte beziehen und somit Beschwerdeführer an und für sich klaglos gestellt werde
Einschub
Die damalige Wasserversorgung Kötztings bestand aus einer Kette von Brunnen, beginnend am Marktplatz und endend bei der Kirchenburg, die alle nach demselben Prinzip verbunden waren.
Der Überlauf des oberliegenden Brunnen speiste anschließend den nächsten.... und so weiter, was natürlich nicht nur eine stark abnehmende Qualität des Wassers mit sich brachte, je weiter unten der Brunnen stand, sondern auch den Wasserlauf unterbrach, wenn an einem oberliegenden Brunnen viel Wasser abgeschöpft wurde, weil erst dann wieder Wasser zum nächsten Brunnen fließen konnte, wenn der Brunnengrand erneut gefüllt war.
Vor allem zur Zeit der Viehtränke war dies sehr häufig der Fall und führt darüber hinaus auch zu häufigen Streit bei den Knechten und Mägden. Zusätzlich wurde auch viel Schmutz und Dreck (Wäsche) in den Brunnen gefunden was gleichzeitig auch viel über die  Qualität des Brauwassers aussagt.
Aus dem Jahre 1834 kennen wir einen Bericht des Brunnenmeisters Obermaier, der auf Veranlassung des Magistratrats Schödlbauer die Brunnen zu visitieren hatte.
Es erging der Auftrag, "daß die Brunnkohr alle von unflatt gereinigt werden sollen, so fand man in jedem Brunnenkahr Altes Geschirr als Ladwandl(?) Saurimmer(?) und Ziber, und auch daß im ganzen Jahr hindurch das Einwaschen der klein Kinderwindl und Abspullhadern in die Brunnkahrn.
Wie es dem loblichen Magistrat selbst bekannt ist, das daß Wasser von einem Brunnkahr in das ander läuft, und die unterhalb wohnenden Mitbürger von eben erwenden Wasser kochen und zum trinken verbrauchen müssen. 
Einschub Ende

Am 11.7.1850 war Joseph Hamberger der Kläger.
Der hiesige Bierbrauer Josef Hamberger stellt bei diesseitigen Vermittlungsamt gegen den dahier sich aufhaltenden Reitknecht Johann Eisentraut, Soldat im k I. Chev. Rgt Prinz Eduard von Sachsen Altenburg, in Spezie Klage, weil der Letztere verflossenen Montag nachts auf öffentlicher Strasse über sein Gasthaus derartige schimpfliche Äusserungen ausgestossen habe,  wodurch er als öffentlicher Gastwirt an seiner Ehre angegriffen und gekränkt wurde, und bittet, dem Beklagten von Amts wegen zur Deklaration und Abbitte zu veranlassen. Der Beklagte Johann Eisentrank persönlich mit anwesend erinnert, dass er am fraglichen Abend im Gasthaus des Bräuers Josef Hamberger beim Bier gewesen sei, und sehr stark betrunken war. Sich auf den fragl. Vorfall überhaupt nicht erinnern kann, erklärte aber zugleich, dass für den Fall er gegen Herrn Hamberger oder dessen Gasthaus etwas ehrenwidriges oder beleidigende Äusserungen im Trunke sollte ausgestossen haben, diese hiermit zurücknehme und dem Kläger gegebenenfalls Ehre durch Abbitte satifactiert zurückstellen wolle, indem ihm der Brauer Josef Hamberger als ein rechtschaffener und ehrliebender Mann bekannt sei. 

In Bayern durfte Bier nur in den Wintermonaten gebraut werden, da für den Gärprozess Temperaturen zwischen 4 und 9 Grad nötig waren. 
Im Jahre 1853 stellten die Kötztinger Brauer Schrank und Hamberger den Antrag, das Sudwesen bereits vor der gesetzlichen Frist eröffnen zu dürfen. 
Es wird ein Zeugnis des Gerichtsarztes erstellt, das feststellt: "Die Temperatur ist zur Zeit so niedrig, dass mit dem Schankbiersudwesen ohne Anstand begonnen werden kann."
Im selben Jahr stellte Joseph Hamberger einen Bauantrag für eine neue Wasserleitung vom Nagelschmied Schreil herüber zu seinem Brauhaus.
StA Kötzting AA XIII-48

Joseph Hamberger hatte Quelle des Schreil Anton gekauft und bittet um Genehmigung zur Röhrenlegung in sein Brauhaus. Abgelehnt, weil die Zuleitung zum Kommunbrauhaus gefährdet ist. Hamberger stellte erneut einen Antrag und muss nun ein technisches Gutachten erbringen.
Die Regierung Landshut erteilt nach dem Gutachten die Genehmigung, allerdings muss er seine Leitung 2 Fuß tief legen und mit Bleirohren ausführen..
Im beiliegenden Plan ist jedoch nicht die Wasserleitung hinunter zum Kommunbrauhaus eingezeichnet, sondern die normale Verlängerung der Marktwasserleitung bis nach vorne zum Pflegsschloss. Die Wasserleitung für die Kommunbrauerei zweigt bereits beim (alten) Rathaus ab.

In der von Paur Chronik findet sich ein Hinweis aus dem Jahre 1865:
"Am 24. August /Tag Philippi/
feierten die Kriegsveteranen des Amtsbezirkes ihren Jahrtag mit Gottesdienst sodann frugalem Mahle beym Bräuer Hamberger unter Betheiligung von beamten und mehreren Ratsbürgern.




Zwei Kinder der Hambergers lassen sich in unseren Aufzeichnungen über die Pfingstbrautpaare finden, Ignaz Hamberger war der Pfingstbräutigam von 1867, ein Pfingsten dass unter einem katastrophalen Vorzeichen stand. Knapp eine Woche vor Pfingsten brannte die komplette Häuserreihe der - abführend - rechten Marktstraßenseite nieder, vom oberen Friedhof bis hinunter zur - heutigen - Kreuzung Marktstraße/Bahnhofstraße. Siehe der Marktbrand von 1867.




Fünf Jahre später war seine Schwester Anna, die Pfingstbraut des Braumeisters Josef Hastreiter.




Am 25.1.1872 lud das Hambergersche Ehepaar den Kötztinger Notar Emmeram Widmann zu sich ins "Hambergerische Bräuhaus", um zusammen mit ihm ihr Testament zu formulieren. Der Musikmeister Johann Denk und Johann Süß, Glasermeister, beide aus der direkten Nachbarschaft, fungierten als die Zeugen.

Rep 166N-12 Schachtel 16  Nr. 73 Hamberger Josef 1877

In diesem Testament, bei dem sich die Eheleute zunächst als die Haupterben einsetzen, wird bereits bestimmt, dass, unabhängig von der grundsätzlichen späteren Erbverteilung an die Kinder,  Ignatz das Geschäft in Kötzting und die Tochter Therese das Haus in Haus erhalten solle.

Am 25.1.1872, also noch am Tage der Testamentserstellung, mittags um 12 Uhr, verstarb der Kötztinger Brauereibesitzer Josef Hamberger in seinem Hause. 
Rep 166N-12 Schachtel 16  Nr. 73 Hamberger Josef 1877
"Josef Hamberger
68 Jahre alt
Bierbrauer und Gastwirth
verheiratet
1872. 25. Januar mittags 12 Uhr
Herrn Gasse HsNro 99 zu ebener Erde
Kötzting
"
 
Auch die hinterbliebenen Mitglieder seiner Familie wurde aufgelistet:
Rep 166N-12 Schachtel 16  Nr. 73 Hamberger Josef 1877
"Antonia Hamberger
Ignatz Hamberger 24 Jahre
Therese Hamberger 23 Jahre
                (die bereits volljährigen Kinder)
Anna Hamberger  19 Jahre
Maria Hamberger  17 Jahre 
                (die noch minderjährigen Kinder, für diese wurde Franz Paul Decker als Vormund bestimmt)

Für diese Todesmeldung (zuständig das Landgericht Kötzting) mussten auch die obigen Angaben überprüft werden, sowohl von Seiten des Magistrats, wie auch des Pfarramtes.

Rep 166N-12 Schachtel 16  Nr. 73 Hamberger Josef 1877
"Geht unter Umschlag an ds königliche Landgericht Koetzting per 9. Februar 1872
den 30ten Januar 1872 Magistrat Kötzting: Kollmaier
Das Alter, die Verwandtschaftsverhältnisse und den Todestag des Josef Hamberger bestätigt 
Kötzting den 9. Februar 1872 Jäher Pfarrer
"


Ignaz Hamberger, der Pfingstbräutigam von 1867 übernimmt im selben Jahr noch, am 18.10.1872, das elterliche Anwesen und heiratet die Bauerstochter Franziska Greil aus Gradis.


Ignaz Hamberger und Franziska Greil


Drei Kinder wird das junge Paar bekommen. Ignaz, das dritte Kind, stirbt im Alter von gerade mal 14 Tagen am 26.8.1877. Wenige Wochen später, am 10.11.1877 verstirbt auch die Mutter, Franziska, im Alter von gerade mal 29 Jahren. 

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 97 Hamberger Franziska von 1877

"Sterbeanzeige für Franziska Hamberger
Hamberger Franziska
29 Jahre
Brauersehefrau
1877 10. November frühe 8 1/2 Uhr
Kötzting HsNr. 99"
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 97 Hamberger Franziska von 1877
Die Erben waren der "Witwer Ignatz Hamberger, Brauer alhier" und die beiden Kinder "Josef, geboren 9. Dez. 1873 und Johann, geboren 30. Mai 1875."

Andreas Greil, Bauer aus Gradis, - vermutlich der Bruder oder Vater der Verstorbenen - wird als Vormund der anderen beiden Kinder eingesetzt und ist bei allen folgenden Verhandlungen anwesend, so auch bei der Aufnahme des sogenannten Inventariums, also der Bestandsaufnahme aller beweglicher und unbeweglicher Güter sowie aller Schulden "herein und hinaus" aus dem Vermögen.
Das junge Paar hatte sich einige zusätzliche Grundstücke aneignen können.
Neben den bekannten Beschreibungen des Anwesens mit Bräuhaus und der Brunnstube im Nachbarhaus, sind es die neu hinzugekommenen oder ausführlicher beschriebenen Grundstücke.
PlNr. 435 a Kellergebäude mit Faßschupfe und Sommerwirtschaftsräumlichkeiten.
(Dies bedeutet, dass auf dem Röhrlkeller im Sommer auch ein Biergartenbetrieb durchgeführt wurde.)
Plnr 435b auf der Schmidmarter ein Acker
PlNr 1075 Stegwiese
PlNr. 468 Sandhofacker
Plnr. 466 Sandhofacker
PlNr. 431a Stadel
PlNr. 431b Brechhauswiese

Durch diese Inventarien erfahren wir auch etwas darüber, wie es in den Kötztinger Häusern, hier eben in der Gastwirtschaft, ausgesehen hatte, und wie diese möbliert waren.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 97 Hamberger Franziska von 1877

"Mobilien
In der Gaststube
fünf Tische, acht Stühle, vier Bänke mitsammen geschätzt auf                   
Ein Crucifix, vier Glastafeln, zwei Uhren, ein Barometer und ein Spiegel    
ein Gläserkasten mit Brodkasten                                                                     
Dreizehn Maßkrüge, dreizehn kleinere Halbkrügel und vier und dreissig Halbgläser   
zwei Lampen, drei Stehleuchter                                                                      
Im Nebenzimmer
ein Bett mit Bettstatt                                                                                          
Ein Kommod mit Schreibpult                                                                            
ein kleinere Commod                                                                                          
eine Wiege zwei Stühle ein Waschständer und drei Glastafeln
In der Küche
ein Schüsselkorb mit zwei und zwanzig Porzellanplatten, Schüsseln und Tellern.
Eine Kaffeemühle, zwei Zuckergefässe, drei Mädel, sechs irdene Haferl, ein Seiher und eine Anrichte mit eisernen und irdenen Häfen.
Ein Schüsselkorb mit neuen irdenen Schüsseln und vier Pfannen
ein kleinere Anricht mit irdenen Tiegeln und einer reine
ein Wiegemesser ein Reibeisen
einige Seiher und Schöpflöffel
eine Laterne, ein alter Stuhl

Im Hausflöz
neun und zwanzig größere und kleinere Leerfaßl
ein Speisekasten
ein Fleischstock
zwei Wasserschaffl

Im oberen Hausgang
ein Kasten mit fünf und sechzig Porzellanteller, einer desgleichen Schüssel und drei desgleichen Platten samt einer Laterne
Im obern Zimmer
Ein Bett mit Bettstadel
desgleichen
ein Tisch mit sechs Sesseln
ein Commod und einem Crucifix
ein Waschtisch mit Wasserschüssel und Wasserkrug
ein kleiner Glaserkasten mit einigen Porzellantellern und Gläsern
ein Nachttisch
fünf Glastafeln ein Spiegel
vier Fenstervorhänge

Im Tanzsaale
drei Tischer, vier Bänke
sieben Getreidesäcke

Im Nebenzimmer
ein Bett und Bettstatt
ein Tisch, eine Bank, zwei Stühle

Im Hintern Zimmer
Ein Bett mit Bettstatt
ein Kasten und Herrenkleider
ein Kasten mit Frauenkleidern
eine Bank, sechs Stühle, ein Backtrog, eine Gießkanne, 
ein Kinderwägelchen
vier Bilder eine Waschschüssel mit Wasserkanne

Auf dem Hausboden
drei doppelhektoliter Mal
eine Staubmühle, ein Hektolitermaß, eine Maltschaffel
zwei Maltschaufeln, ein 
Schnitzstuhl, eine Kirm, ein Bierschlauch, eine Waage, ein Bierwägerl
achtzehn Fässer
eine Klafter Schindel und eine Parthie Besen
altes Eisen

Auf dem Gsodboden
Ein Gsodstuhl, zwei Gabeln, eine Schaufel
ein Bett mit Bettstatt

Auf der Malztenne
drei Bottiche
ein Sud Bier
zwölf Schäffl

Im Bräuhaus
die gesamte Bräuhauseinrichtung
zwei Beile, eine Säge

Im Stalle
eine Kuh

In der Speise
ein Schüsselkorb mit irdenen und Porzellangeschirr, zwei Schaufeln, ein Pickel, eine Riedhaue

Im Keller
sechzehn Bierfässer mit acht (lese) vierzehn Eimer Winterbier und zehn Eimer Convent.

Im Kellergebäude

drei dopppelte Hektoliter Kartoffel
drei einhalb Zentner Pech, ein Tisch, ein eichener Bierwanne
eine Bierschenze (?)
fünfundzwanzig Stück Bierfässer
ein Pflug, eine Egge,
dreiundzwanzig alte Bierfässer
eine Dachrinne

Im Stadel
drei Schillinge Roggen und Haberstroh
zwanzig Zentner Heu und Omat
achtzehn Klafter weiches Holz
zwei Wägen
Stadeleinrichtung nebst Windmühle"

Knapp zwei Jahre noch konnte sich Ignatz Hamberger auf dem Anwesen halten, dann kam es zur Zwangsversteigerung, die auch überregional ausgeschrieben worden war.

Nur ein kleines Grab erinnert noch im Alten Friedhof an die Brauerfamilie Hamberger.
Foto Pongratz

Am 8. Oktober 1879  wurde der Gesamtbesitz des Joseph Hamberger überregional zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben. Am Montag, den 23.12. 1879, kam es in der Kanzlei des Kötztinger Notars dann zur Versteigerung.

Straubinger Zeitung von 1879
Der in der Auflistung des Gesamtbesitzes erwähnte Sommerkeller mit der Plannummer 435a existiert auch heute noch. Er befindet sich unter dem Wohnhaus des früheren Bürgermeisters Ludwig an der Schmidmarter, gleich unter dem Schulshop der Fa. Oexler.

Bauer Rudolf


Das Ergebnis der Versteigerung ist zunächst nicht überliefert, jedoch wird beim nächsten bekannten Eigentümer beschrieben, dass dieser, Röhrl Michael, das Anwesen am 13.4.1880 von einem Rudolf Bauer erworben hatte. Das Kellergebäude an der Straße nach Blaibach scheint er sogar erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts von diesem - oder durch dessen Vermittlung  erworben zu haben.
In den Kötztinger Akten lässt sich nur ein Rudolf Bauer finden zu dieser Zeit, ein Bezirksbautechniker, von dem im Akt der Heimatsachen vermerkt ist, dass er am 15. April 1899 von Kötzting nach Neuburg an der Donau weggezogen ist, dies würde zeitlich passen.
Das diese Vermutung auch der Wirklichkeit entspricht, ergibt sich indirekt aus mehreren Dokumenten.
Gleich für mehrere Bauvorhaben in Kötzting hatte der Bezirksbautechniker einen Bauantrag gestellt und bei zweien ist sein Name durchgestrichen und dafür Michael Röhrl eingesetzt worden.
Es geht zunächst um den Neubau eines Wohnhauses mit Restaurantbetrieb in der Bahnhofstraße - heute als Winterschneider bekannt - und Jahre später dann um die Erweiterung des Hauses um ein umfangreiches Kellerareal.
s
In einem, dem Bauakt beiliegenden Verzeichnis aller Bauanträge des Jahres 1898 steht der Antragsteller als: "Bauer Rudolf Ingenieur"
Im Genehmigungsverfahren  selber, heißt es dann nur noch "Bauer Rudolf"

Beim Bauplan ist dann sein Name durchgestrichen und durch Michael Röhrl ersetzt.

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3287 Bauer Rudolf später Michl Röhrl 1898  
Hier die Frontansicht des Hauses gegenüber des Kötztinger Bahnhofes.
Das Haus sieht heutzutage noch genauso aus.

Lageplan: die beiden Häuser des Kollmaier sind noch nicht errichtet.

Sammlung Fritz Röhrl, Foto Rabl-Dachs: Das Haus ist offensichtlich - als Reaktion auf den Bau der Eisenbahn und der Frequentierung des Bahnhofes - als Gasthaus geplant worden, denn an der Front kann man auf dem Foto das Wort "Restaurant" lesen. Weil Michl Röhrl jun. später nach wirtschaftlichen Turbulenzen als Pächter des "Bahnhofsrestaurants" bezeichnet wird, äußerten Familienmitglieder, dieses wäre auf diesem Hause gewesen. Dies ist allerdings nicht korrekt, das spätere Bahnhofsrestaurant war die Gastwirtschaft Karl Kollmaier. 
 





Kurz danach stellt Bauer Rudolf einen Bauantrag für einen großräumigen Kellerausbau.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3296 Bauer Rudolf jetzt Michl Röhrl 1898 Kellergebäude.
Hier kann man den Zusatz "Bezirksbautechniker Rudolf Bauer" erkennen und ebenso die Ergänzung      "nun Michl Röhrl"

Das Kellergebäude

Der dazugehörige Lageplan: Das Gasthaus des Kollmaier ist nun bereits - zumindest nach dem Lageplan - erbaut worden.


Röhrl Michael hatte also die - peripheren - Bauprojekte von Rudolf Bauer übernommen, beim großen Kellerprojekt weiter marktauswärts war Rudolf Bauer wohl nur am Rande beteiligt, weil er daneben ein Arbeiterwohnhaus geplant hatte, welches er aber dann auch nicht mehr fertigstellen konnte, da er 1899 ja Kötzting verlassen hatte.
Dieses Arbeiterwohnhaus ging - ähnlich wie die beiden obigen Bauprojekte - noch 1898 in der Genehmigungsphase in andere Hände über. In diesem Falle war der Nachfolger derselbe Mann, von dem Röhrl Michl den verfallenen Hofbauerkeller gekauft hatte. Genaueres kommt dann später.
Dies alles dient dem Zweck, Rudolf Bauer mit seinen Projekten und Besitztümern hier richtig einzuordnen. Nun also die Familie Michl Röhrl.

Einschub
Frau Christa Rabl-Dachs und Frau Kretschmer haben bereits vor vielen Jahren Dokumente, Gemälde, Bilder, Fotos, Briefe und andere persönliche Unterlagen von Nachkommen und Mitgliedern der Familie Röhrl erhalten und in unsere Sammlung im Rathaus integriert.
Es folgt nun eine - für Kötzting Bürgerhäuser - fast einzigartige Dokumentation, die wir aus dieser privaten Sammlung zusammenstellen können. 

Einschub Ende


Röhrl Michael und Albert Anna


Im Umschreibeheft des Grundsteuerkataster steht jedoch Michael Röhrl direkt als Nachfolger von Hamberger Ignatz und Franziska Greil.

StA Landshut Grundsteuerkataster 50


Mit dem Ehepaar Röhrl kommt nun eine ganz besondere Familie auf dieses Haus, besonders, weil wir von dieser Familie außergewöhnliche Dokumente in die Sammlung des Arbeitskreises aufnehmen konnten, die uns einen sehr genauen Blick auf eine Bürgersfamilie über drei Generationen hinweg ermöglicht.
Alle Männer dieser Wirte, Brauer und später Metzgerfamilie waren im Kriegseinsatz und bewahrten viele, viele persönliche Erinnerungstücke von ihren verschiedenen Kriegseinsätzen.
Beide, Michael Röhrl senior und sein gleichnamiger Sohn als Betriebsnachfolger schrieben Tagebücher, in denen sie - für sie - wichtige Details festhielten.

Tagebuch des Michael Röhrl senior


Beim Seniorchef waren es eher lokale Ereignisse und Notizen über Zahlungen und Grundstücksverkäufe, während es beim Sohn äußerst detaillierte Tagesaufzeichnungen seiner Militärzeit sowohl an der West-, als auch an der Ostfront sind.
Viele, viele erhaltene Briefe der Röhrlkinder sind ein zusätzlicher Schatz für spätere Generationen. 
Hervorzuheben ist dabei ein sehr großes Konvolut an Feldpostbriefen, die von einzelnen Mitgliedern dieser Familie noch erhalten haben. 
Die Reste der persönlichen Sammlung des Herrn Fritz Röhrl Fritz verdanken wir seiner Nichte, die sie uns überlassen hatte. Diese Materialien werden nach der Erschließung einen festen Platz im Stadtarchiv Bad Kötzting erhalten.
Eine kleinen Einblick in die "Gedankenwelt" der drei Röhrl-Generationen kann ein Patchworkbild geben, welches im Wohnhaus der Röhrls sicherlich einen zentralen Platz hatte.
Sammlung Arbeitskreis Heimatforschung

Auf diesem Bild finden sich alle drei Generationen.
Zentral unter dem Glasdeckel: Michael Röhrl, der im Deutsch-Französischen Krieg gekämpft hatte.
An den vier Bildecken befinden sich die vier Söhne.
Links oben: Michael Röhrl, Kriegsteilnehmer 1918
Rechts oben: Hans Röhrl: Kriegsteilnehmer 1914/18
Links unten: Josef Röhrl Kriegsteilnehmer 1914/18
Rechts unten: Franz Röhrl Kriegsteilnehmer 1914/18

Flankierend  links und rechts des mittleren Bildes kommen die beiden Enkel und gleichzeitig Söhne des Michael Röhrl (von links oben)
Links: Karl Röhrl Kriegsteilnehmer 1939/45 später Friseur in der Bahnhofstraße bei Herre,  von dessen Tochter Michaela wir diese und die noch folgenden außergewöhnlichen Dokumente und Artefakte erhalten haben. Dank der aktiven Sammlungsleidenschaft  von Frau Christa Rabl-Dachs und Frau Marianne Kretschmer besitzen wir einen eindrucksvollen Einblick in das Leben und Wirken dieser Brauersfamilie.
Rechts: Fritz Röhrl Kriegsteilnehmer 1939/45 und später in Kötzting  mit einem Großhandel für Gaststätten und Metzgereibedarf tätig. Er bewohnte ein Haus bei Regenstein. Er war in Besitz all dieser Familiendokumente.
Doch bleiben wir zunächst bei der ersten Generation.
Michael Röhrl wurde am 27.4.1843 als Sohn der Arndorfer Bauerseheleute Georg und Anna geboren, einer geborenen Mühlbauer aus Rimbach.
Von seinen Eltern hat sich ein ganz besonderes Dokument erhalten, eine "Art" von Ehescheidung, aber ohne Ehescheidung.....

StA Kötzting Sammlung Fritz Röhrl

2. Teil

Das Ehegericht
des bischöflichen Ordinariats Regensburg
bewilliget den Georg und Anna Röhrlschen Soldnerseheleuten von Arndorf auf ihre gemeinsame durch das Pfarramt Kötzting begutachtete Bitte, wegen ehelicher Dissidien bei dermaliger großer Abneigung der Gemüther anmit tolerando, daß sie sich auf unbestimmte Zeit nach Tisch u, Bett und Wohnung von einander trennen und also getrennt leben, bis sie sich entweder freiwillig zu einer Wiedervereinigung entschließen oder bis das bischöfliche Ordinariat ein Anderes zu beschließen sich veranlaßt sieht.
Für die Dauer des Getrenntlebens ist die Ehefrau berechtiget ihre Ansprüche auf Alimentation durch den Ehemann vor dem weltlichen Gerichte geltend zu machen.
Durch dieses Zugeständnis wird aber weder eine lebenslängliche Scheidung noch die Trennung der Ehe vom Bande ausgesprochen, sondern es wird vielmehr den getrennten Gatten erklärt, daß sie im Gewissen verbunden bleiben, sich die Treue zu halten, und alles anzuwenden, was ihre Wiedervereinigung herbeiführen und befördern kann; und daß dieses Toleranz Dekret gesetzlich und thatsächlich von ihrer Seite aufgehoben und widerrufen seyn soll, sobald dieses Auseinanderleben zu pflichtwidrigem Betragen, besonders durch Verletzung der ehelichen Treue, von einem oder anderen Ehetheile mißbraucht werden wollte.
Gegeben im bischöflichen Ehegerichte zu Regensburg am 4ten October 1841
Anna Mühlbauer aus Rimbach hatte den Witwer Georg Röhrl am 22.8.1838 geheiratet, und, nachdem bereits zwei Kinder der beiden auf die Welt gekommen waren, diese obige Entscheidung des Regensburger Ordinariats herbeigeführt.
=Offensichtlich waren die engen Grenzen - gepaart mit einem Optimismus -, die diese Entscheidung von Regensburg mit sich brachte, dass das Ehepaar wieder zusammenfand und anschließend noch 5 weitere Kinder bekam.
Michael Röhrl war das erste Kind nach der offensichtlich erfolgen "Wiedervereinigung" der Röhrlschen Ehegatten.
Sein Lebensweg führte den jungen Arndorfer Bauernknecht Michael Röhrl zunächst zum Militär, und auch hier eine große Besonderheit, sein "Militärpass" aus dem Musterungsjahrgang 1865 liegt vor.
Militärpass des Soldaten Michael Röhrl

Personenbeschreibung des Michael Röhrl, mit einem Eintrittsdatum als 
"Conskribirter" am 9.3.1865 bei der 3. Kompagnie des 2. Jägerbataillons.
Am 15.4.1868 beendete er seine Wehrzeit und wurde zur Reserve versetzt.
Am 4.8.1870 gings dann zurück in den aktiven Dienst an der Front, von wo aus er im März 1871 wieder nach Arndorf in die Heimat entlassen worden war.
Ab Mai 1870 erhielt er, zunächst auf ein Jahr beschränkt, eine Pension II. Klasse, die im Jahr drauf verlängert und auf monatlich 5 M 15 Pf festgelegt wurde.
Ab November 1874 erhält er eine zeitlich nun unbegrenzte Pension von monatlich 3 M 30 Pf.
 Mehrere Auszeichnungen sind im Pass vermerkt, ein "Armandenkzeichen" für 1866, eine Kriegsdenkmünze 1870 und 1871 und ein Königlich Bayerisches Militär - Verdienst - Kreuz
Michael Röhrl steht natürlich als Angehöriger der bayerischen Armee noch unter Wehrbeobachtung und muss sich beurlauben lassen, wenn er Bayern verlassen möchte.
Im Jahre 1872 beantragte er Urlaub nach Berlin auf die Dauer von einem Jahr. Er musste sich wohl mit seinem bayerischen Wehrpass in Preußen bei den Behörden an-, um- und abmelden. 
Hier die An, Um- und Abmeldungen von Viechtach, Berlin, Charlottenburg, Teltow und Spandau.

Möglicherweise vollzog sich in Berlin der Wandel vom Bauernknecht und Soldaten hin zum Brauer Michael Röhrl, von dem sich leider kein Hochzeitseintrag in Kötzting finden lässt. Erst mit der Geburt des ersten Kindes - Albert, geboren am 5.5.1881 - erfahren wir den Namen und die Herkunft seiner Frau.
Auch im Tode - und im Grab - sind seine Eltern,  Georg und Anna Röhrl, die oben noch um eine Trennung beim Konsistorium nachgesucht hatten, nun wieder vereint und liegen zusammen mit dem Sohne und der Schwiegertochter im Kötztinger Alten Friedhof.

Foto Pongratz: Das "Röhrlgrab" auf dem Oberen Friedhof.


DIA Repro 331 Georg und Anna, die Familie Röhrl aus Arndorf, die Urgroßeltern von Fritz Röhrl, aus dessen Sammlung dieses und die meisten der folgenden Urkunden und Fotos stammen



Hier die Vergrößerung des "Porzellanbildes" am Grabstein von Michael und Anna Röhrl.

Von dem folgenden Foto wurde wohl das obige Porzellanbild angefertigt.
Anna Albert war eine Bürgermeistertochter aus Wiesentheid in Unterfranken.
Elf Kinder werden die beiden zwischen 1881 und 1893 bekommen, ein Zeitraum, in dem nicht nur die Familie, sondern auch sein Brauereianwesen enorme Ausmaße annahm, wie die einzelnen Bauprojekte beweisen.
Über Albert, seinen Erstgeborenen, gibt es einen eigenen Akt im Stadtarchiv, allerdings mit einem sehr unschönen, ja tragischen Hintergrund. 
Anna Maria, geboren am 28.4.1882 wird später in Kötzting Karl Brotmann heiraten, einen Wachszieher aus  Augsburg.  
Michael, geboren am 14.5.1883 wird einmal der Nachfolger auf dem Betrieb.
Juliana, geboren 1884, später eine verheiratete Haas
Anna, geboren 1885,  verstorben im Alter von 4 Monaten
Theresia, geboren 1886
Johann, geboren 1887
Katharina, geboren 1889
Ludwig, geboren 1890 und gestorben im drauffolgenden Jahr
Joseph, geboren 1891
Franz Xaver, geboren 1893.

Im Jahre 1887 reicht er einen Bauplan für eine Stallung und Bodenräume ein, die uns eine gute Vorstellung der einzelnen Räume im Hause geben.


StA Kötzting 602/1l



Der Platz, an dem heutzutage noch der Verkaufsraum mit den großen Schaufenstern zu sehen ist, war also vor 150 Jahren eine "Fremdenstallung", ein Düngerraum und die Hofeinfahrt.


Erklaerung
Nro 1 jetzige Schweinstallung und Bauplatz zu Fremdenstallung
Nro 2 Wohn- und Gasthaus mit Bierbrauerei des Bauherrn
Nro 3 Stallung und Kühlhaus
Nro 4 Wohn und Gasthaus des Fz Schaffer
Nro 5 Wohn und Gasthaus der Fr. Anna Schmidt
Nro 6 Wohnhaus des Jos. Klinger
Nro 7 Stadel des Joh. Schoedlbauer
Nro 8 Königl. Bez. Amtsgebäude mit Garten
Nro 9 Herrn Gasse
l
Drei Jahre später steht die nächste Erweiterung an, im Jahre 1890 reicht er einen neuen Bauantrag ein, der frühere "Hofbauerkeller" an der heutigen Blaibacherstraße - in den 50er Jahren befand sich dort die Station der Kötztinger Landpolizei -, nun als Röhrlkeller bezeichnet, soll groß ausgebaut werden.
Über diese Erwerbung schreibt er in seinem "Tagebuch"
Im Jahre 1889 den 14. Juli haben wir den sogenannten Hofbauern=Keller gekauft von Josef Dachs Bauer v. Weisenrechen(!) um den Preiß von 4350 M. 150 M haben wir an X. Stoiber für das Unterhandeln bezahlt. Also kostet der Keller im Ankauf
4500 M

Dieser Keller war bereits ganz ruiniert und ist er bereits ganz neu von uns hergestellt worden.
Den Stall im Stadel haben wir ganz neu gebaut, den Brunnen liesen wir ausmauern und eine Pumpe hinein setzen, derselbe war vorher schon ein der Wiese aber offen. Um den Brunnen herum liesen wir aufschütten, dass es der Straße gleich wurde, den Schutt hierzu erhielt ich von den jetzigen freien Platze auf der Seite vom Markte zu, wo ich alles weggraben liese damit ein freier Platz geworden ist, das Ganze was jetzt Gastzimmer, Nebenzimmer und Flöz ist, war ein großer Saal  aber bereits nicht ein gutes Brett oder Fenster. Was jetzt Küche ist war ein Zimmer aber auch kein Stubenboden und keine guten Fenster. Dieselbe wurde neu gepflastert, das Fleischgewölbe war ein Stall, ist also auch ganz neu eingewölbt und gepflastert worden. Die Thüre, auf den freien Platz, war auch nicht sondern


"nur diejenige vom Flöz zum jetzigen Fleischgewölbe.
Im Gastzimmer sowie im Nebenzimmer sind alle Tischer - Stühle und Bänke ganz neu hergestellt worden. Auch alle Gläßer und Krüge. Die Fenster musten alle frisch eingeglast werden. Die Kegelbahn muste frisch hergerichtet werden, die Abtritte sind ganz neu. Das Dach wurde ganz eingedeckt. Vorher waren Schindeln darauf, deshalb ist jetzt das Haus in der Feuerversicherung in die erste Classe gekommen.
Der Keller ist uns ganz gut auf 12 - 13 Tausend Markt gekommen
Wir sind aber auch jetzt auf unser Haus im Markte (Brauhaus) im Jahre 1889 6000 M Hypothek schuldig und zwar haben wir 5000 M von Alois Mühlbauer (Junggeselle und Bierbrauer geboren von Egersberg Post Lam) 200 von Frau Straßer, Bierbräuwitwe v. hier......."

Einschub
In seinem Tagebuch finden sich auch ein Einträge zu lokalen Besonderheiten, wie z.B. über den letzten Marktbrand Kötztings im Jahre 1899, allerdings in aller Kürze, oder den Beginn des Elektrozeitalters in Kötzting

Den 15 Aprill 1899 hat es bei Kermer zum brennen angefangen
nachts 10 Uhr


"Den Dezember 1896 abens hat zum ersten mal die Elektrische beleuchtung gebrannt
Den 8. April sind von Schötz zwei Lampen gemacht worden Elektrische und eine verändert."




Einschub Ende

 
Hier der Plan aus seinem Bauantrag für seinen neu erworbenen Keller:


Plan über Erbauung einer Fremdenstallung in dem schon bestehenden Stadel 
ferner einen Abbort u Pisoar Anlage bei den Sommerkeller an der Straubinger
Straße des Michael Röhrl Bierbrauer u Gastgeber in Koetzting


Liebevolle Detailangaben für das "Plumpsklo" in steilem Gelände vom Kötztinger Maurermeister Brandl

Erklaerung der Situation
a Stadel in welchen die Fremdenstallung eingebaut werden soll
b Bauplatz zum Abborte
c Neuanzulegende Düngerstätte
d Neuanlage an den Schlachthauskanals
e Kellerhaus
f Kegelbahn 
g Grund des Bauherren
h Prov. Abtritt
i Brunnenschacht
k Grund der Josefa Strohmaier
l Distriktstraße nach Cham u Straubing



 Wie sehr an dieser Stelle gebaut wurde, zeigt der Bauantrag aus dem Jahre 1920 des Herrn Wiesmeier, der den ehemaligen Röhrlkeller zu einem respektablen Gebäude umgebaut hatte.
STA Landshut Rep 162-8 Nr. 3487


Foto Pongratz



In den Jahren von  1894 bis 1909 war er immer wieder gezwungen - bei jedem Pächterwechsel -. einen Antrag auf Konzessionserteilung, zum Betrieb einer Gastwirtschaft auf seinem Sommerkeller zu stellen, bei welchem jedes Mal sowohl die Bonität des Pächters als auch der sanitäre Zustand der Schankstätte und der Toiletten geprüft wurden.
Ergebnis:
- die Lage und die schiere Größe seien ausreichend.
- die Ausstattung ist ausreichend
- es seien genügend abgetrennte Räume für die Familie des Pächters vorhanden
- ein Abort und 1 Pissoir etwa 10 Meter von der Wirtschaft entfernt, und mit einer Umfassungsmauer und Dach versehen, ist vorschriftsmäßig vorhanden.

Obwohl er mit seinem umgebauten ehemaligen Hofbauerkeller sich nun eine zusätzliche und moderne Gaststätte aufgebaut hatte, bewirtschaftete er immer noch den - ebenfalls Röhrlkeller genannten - Sommer- und Fasskeller an der Auffahrt zur Rieselhöhe.
Es ist für mich eine der schönen Überraschungen der Archivarbeit, dass es von beiden Kellern sogar alte Fotografien gibt, die uns eine tolle Vorstellung der damaligen "Biergartenlandschaft" in Kötzting übermitteln.
Zuerst der alte Röhrlkeller in Kötztings Osten:
Repro Christa Rabl-Dachs
Über dem - unterirdischen - Sommerkeller des alten Röhrkellers erhebt sich heutzutage das Wohnhaus unseres früheren Bürgermeisters Wolfgang Ludwig und auf dem Weg - nun eine geteerte Straße - fahren und gehen täglich Hunderte - vermutlich mehr als Tausend - Schüler und Lehrer hinauf auf den Kötztinger Schulberg.
Auch vom Röhrlkeller in der Bahnhofstraße gibt es eine sehr alte Aufnahme:
Repro Christa Rabl-Dachs



Am 14.6.1894 verstarb seine erste Frau, Anna, und Michael Röhrl heiratete am 7.1.1897 erneut, dieses Mal eine Münchener Maurerswitwe, Maria Winkler, die selber aus einer Treffelsteiner Metzgerei stammte.
Dieser zweiten Ehe war kein Glück beschieden, bereits mit Datum des 14.5.1904 - nach einem fruchtlosen Sühneversuch bereits im April 1900 - befindet sich in den Sammlungsunterlagen das Scheidungsurteil  des Landgerichts Straubing.
Michael Röhrl, als der Kläger, zeigt an, dass seine zweite Frau bereits 6 Monate nach der standesamtlichen Eheschließung ihn "in völliger Absicht verlassen und nach München gezogen sei."
Weitere Details sind hier unwichtig, der lange Schriftsatz - eher ein Verhandlungsprotokoll - ist gespickt mit gegenseitigen Vorwürfen, die dann zu dem Ergebnis führten, die Ehe zu scheiden und der Frau die Schuld zuzusprechen.
Zeitgeschichtlich interessant ist hier eher, dass es Michael Röhrl damals möglich war, amtliche Stellen zu beauftragen die Lebensverhältnisse seiner von ihm getrennt lebenden Frau zu ermitteln.
Im Oktober 1898 schreibt er nach München.
Am 7. Januar 1897 verehelichte ich mich mit Maria, geb. Wallbrunn, verwittwete Winkler, geboren im Jahre 1866 zu Donaustauf.  (Dies wurde später korrigiert zu 27.8.1868 in Regensburg: Eltern Nikolaus und Maria Walbrunnr, geb. Stadtler)
Schon nach 5 Monaten nach der Eheschließung verließ mich meine Frau und zog nach München.....soviel ich jüngst erfahren habe, wohnt meine Frau in der Kapuzinerstraße Nr. 19/II hat zwei Zimmer an Ladnerinnen vermietet..... Bitte ich in dieser Hinsicht umfassende Recherchen zu pflegen und mir das Resultat zukommen zu lassen.

Mehrere Münchener Bezirksreferate schrieben an den Rand des Schreibens ihre Fehlanzeigen, bis der "10. Bezirk" dann Auskunft geben konnte darüber, wo Frau Röhrl jetzt wohnt und womit sie sich ihren Lebensunterhalt verdiente und wie lange sie dafür arbeiten würde.
Das Schreiben endete mit dem Zusatz:" Eine strafbare Handlung kann derselben vorerst nicht nachgewiesen werden."
All dies reichte Michael Röhrl jedoch nicht, sicherheitshalber ließ er durch den damaligen Bürgermeister auch noch nach einem Auszug aus dem "allenfallsigen Strafregister" der entwichenen Ehefrau offiziell nachfragen. Auch hier das Resultat: "Ohne Vorstrafen"
Michael Röhrl gibt aber nicht nach, im Jahre 1904 wendet er sich - bzw. der Markt Kötzting an die Stadt München - an die amtlichen Stellen in München , um Auskunft über das Leben seiner Frau herauszufinden.
Bgm Liebl unterschrieb das Bittgesuch an die Kollegen in München


Michael Röhrl führte die Gastwirtschaft dann wohl zunächst alleine weiter, bis der nächste Generationswechsel anstand.

Und auch solche Meldungen schafften es damals in die Tagespresse Kötztings: 
KA vom Oktober 1903

Michael Röhrl senior








Doch zunächst zurück die Kernfamilie Michael Röhrl und Anna Albert und deren Pfingstbeteiligung.
Im Jahre 1905 war Fritz Röhrl einer der beiden Brautführer und 1918 sein Bruder Franz der Pfingstbräutigam. 1919 nahm Franz noch einmal in vorderster Front an unserem Pfingstgeschehen teil, in diesem Jahr war er einer der beiden Brautbegleiter.
DIA-Repro 365  v.l. Josef Irlbeck -Elise Waldmann - Andreas Krämer  und Michael Röhrl.




Ausschnitt aus dem Pfingstbericht des Kötztinger Anzeigers von 1918

DIA-Repro 730 v.l. Josef Kirschbauer - Elisabeth Krämer - Franz Röhrl - Hans Sperl


Die Männer der Familie Röhrl im ersten Weltkrieg.

Michael Röhrl, geboren 1883

DIA-Repro 340 Mobilmachung im August 1914, der Mann im Zug mit dem weißen Hut ist Michael Röhrl

Michael Röhrl
 


Auszug aus der Kriegsstammrolle für Michael Röhrl aus Kötzting von ancestry.com

Seine Einsatzgebiet war im Westen, von der Somme bis zu den Vogesen

Hier seine gesamten Einsätze bis hin zu seiner Entlassung mit der eigenen Unterschrift.

In Michael Röhrls eigenem Kriegstagebuch gibt es auch eine Rubrik, in der er die empfangenen Briefe aufgelistet hat. Durch diese Liste kann man sehr schön sehen, dass er - natürlich - die meiste Korrespondenz mit seiner Frau hatte, aber darüber hinaus auch mit vielen anderen Kötztingern Kontakt hielt.
Ausschnitt aus dem Kriegstagebuch Michael Röhrl
Ein paar typisch Kötztinger Namen tauchen in dieser mehrseitigen Liste auf, wie z.B.: Henneberger, Forster (Marktsekretär), Obermayer, Herre, Meidinger, Hofmann, Neuberger, Barthelmes, Amberger, Krämer, Dachs, Hager, Staudinger. Man kann gut erkennen, dass die jungen Kötztinger Männer im Krieg gegenseitig Kontakt hielten.
Als er vom 18.-27. April 1916 in Kötzting Heimaturlaub machen durfte, notierte er sich seine komplizierte Rückreise an die Front genauestens auf: Die Eisenbahnfahrt von Kötzting bis Namur in Belgien dauerte fast exakt 24 Stunden.






Johann Röhrl, geboren 1887

DIA-Repro 335 Soldatengruppe ca. 1915 Johann Röhrl mit "+" markiert.

Auszug aus der Kriegsstammrolle für Johann Röhrl mit dem Vermerk - rechts unten -, dass er an einem Kopfschuss verstorben ist.



Johann Röhrl


Zwei der drei Tage, die seine Einheit nachgewiesenermaßen gekämpft hatte, wurden bei seiner Kriegsstammrolle ausgestrichen, da er bereits am ersten Tag des Angriffs, am 16.4.1917, gefallen war.



Franz Röhrl, geboren 1893



Franz Röhrl als Soldat


In seiner Kriegsstammrolle findet sich auch eine Personenbeschreibung:
Grösse  1 m 65 cm
Gestalt: mittel
Kinn: gewöhnlich
Nase: dick
Mund: normal
Haare: dunkel
Bart: Anflug
bes. Kennzeichen: Schußn(arbe) a Kinn




Josef Röhrl, geboren 1891.

Von Josef Röhrl gibt es keinen Kriegsstammrolleneintrag bei Ancestry,com, nur das kleine Foto aus der großen Zusammenstellung der drei Soldatengenerationen bezeugt ein Sterbedatum vom 28.10.1918. 



KA von 1918






In der Familie Röhrl hatte es noch einen weiteren Buben gegeben, den Erstgeborenen, Albert Röhrl.
Diesen führte seine Lebensweg in Richtung Allgäu. Über ihn und sein trauriges Schicksal gibt es im Stadtarchiv in den Akten der Familienbögen seines Vaters einen entsprechenden Hinweis,  Bettelbriefe an den Bruder als auch eine Zahlungsliste von Seiten seines Vaters.

Am 7. März 1908 schrieb Anton Röhrl einen Bittbrief aus Kempten an seinen Bruder 
Lieber Bruder

.... ich bin jetzt schon 4 Wochen außer Arbeit, kann auch keine Arbeit auftreiben. Ich bin nämlich außer Arbeit dadurch gekommen durch Brandunglück und zwar in Obergünzburg /:im Alzey:/ und zwar Brauerei Lenz: wenn du vielleicht davon gelesen hast. Lieber Bruder! Habe jetzt in die Schweiz zum Brauer Johann /: Brunnerschreiner Josef seinen Bruder:/ geschrieben, ob er für mich nichts auftreiben kann. Werde wahrscheinlich Anfang dieser Woche Antwort bekommen.
Lieber Bruder bitte sende mir 10 M sofort; oder telegraphisch, währe dir sehr dankbar.....

Dein lieber Bruder Albert

..... Bitte wenn du es telegrafisch senden kannst, so thue es, da ich blos noch einige Pfennige habe...

Im Tagebuch seines Vaters finden sich folgende Kurznotizen:
Liste der Unterstützungssummen für den Sohn Albert im Tagebuch des Vaters aus dem Jahre 1901

Im Familienbogen des Michael Röhrl sen. wurde dieser Vermerkt aus einer staatsanwaltlichen Untersuchung eingeklebt. Offensichtlich wurde ihm nicht einfach wegen eines "Brandunglücks" in Obergünzburg gekündigt, sondern er scheint selber dafür verantwortlich gemacht worden sein.
Im selben Familienbogen steht hinter seinem Namen: "wurde am 9.12. in Kempten erstochen"




Michael Röhrl und Lina Kamberger



Mitten im ersten Weltkrieg - im Oktober 1915 erhielt Michael Röhrl Urlaub, möglicherweise sogar  Heimaturlaub, konnte jedenfalls am  28.10.1915 Karolina - Lina - Kamberger aus Kiefersfelden heiraten. 
In seinem Tagebuch schildert er die Ereignisse so:

"Am 28. Oktober 1915 bin ich kriegsgetraut worden, am
16. April 1917 ist mein Bruder Hans gefallen am
18. April 1917 ist mein Vater gestorben."

Von diesem Paar haben wir sogar ein Ölgemälde in unsere Sammlung aufnehmen können, welches sicherlich viele Jahrzehnte das Wohnzimmer schmücken durfte.
Sammlung Fritz Röhrl

Das Bild wurde vom Kötztinger Unikum, Fotografen und Maler Otto Hamsa geschaffen.

Signatur unten rechts am Ölbild.
Es existiert ein Foto der Lina Röhrl, das vermuten lässt, dass die beiden nicht für das Bild Modell gestanden hatten, sondern Otto Hamsa das Gemälde nach Fotos gemacht hatte.

Michael Röhrl als junger Ehemann 




Schaut man sich die Pinselführung Otto Hamsas an, so bin ich - obwohl kein Kunstexperte - schon beeindruckt darüber, welche Nuancen er in der Lage war, mit dem Pinsel darzustellen.


Das ist möglicherweise das Bild, an dem er Maß genommen hatte. (Sammlung Röhrl)
Auch ein Kinderbild existiert von Lina Kamberger:

DIA-Repro 319 Lina Kamberger im Alter von 2 Jahren, 1894. Sammlung Fritz Röhrl
Und auch als Kommunionkind im Jahre 1902:
Karolina Kamberger als Kommunionkind 1902 Sammlung Fritz Röhrl



Karolinas Abstammung als Hotelierstochter aus Kiefersfelden lässt sich auch gut anhand der Bilder aus der Sammlung Röhrl belegen.
Hier Lina Röhrls Vater, Karl Kamberger, Besitzer des Hotels "König Otto", weiter "Krokodil und Festwirt am Münchener Oktoberfest ca. 1900. Sammlung Fritz Röhrl


Werbeprospekt des Hotels "König Otto" in Kiefersfelden, dem Elternhaus der
Karolina Röhrl (Sammlung Röhrl)

Sammlung Röhrl

Von Otto Hamsa, dem Maler des Ölbildes, wissen wir aus den Geschichten und Schwänken, die uns der Ostmarkonkel, Conrad Krämer d. Alte überliefert hat, dass dieser auch ein Gelegenheitsmaler gewesen ist, der damals so genannte "Firmen" gemalt hatte, also Reklametafeln. Solch eine gibt es noch und es steht zu vermuten, dass diese aus der Hand Hamsas stammt.
Sammlung Röhrl
 
DIA-Repro 318 Lina Röhrl geb. 29.10.1892 gest.30.10.1957
Sammlung Röhrl Fritz, Kötzting    

 DIA-Repro Michl Röhrl 14..5.1883-23.6.1952     (Bierkrug Brauerei Röhrl)    Sammlung Fritz Röhrl         



DIA-Repro 316 Die Eltern mit Lina, Gretl und (möglicherwiese) Fritz  Sammlung Fritz Röhrl


Sieben Kinder des Paares lassen sich in den Kötztinger Taufmatrikeln nachweisen.
Johanna Karolina, 1916
DIA-Repro 322 Karolina Röhrl Sammlung Fritz Röhrl


Johann Michael, 1918 gestorben im Alter von 3 Monaten
DIA-Repro 326 Hansi Röhrl Sammlung Fritz Röhrl


Margaretha Katharina, 1919
Friedrich Michael Georg,  1920  
DIA-Repro 324 Fritz Röhrl Sammlung Fritz Röhrl



Karl Albert, 1922
DIA-Repro 323 Karl Röhrl Sammlung Fritz Röhrl


Heinrich 1927 gestorben im Alter von 6 Wochen
Michael 1932 (Totgeburt)
DIA-Repro 325 Michael Röhrl Sammlung Fritz Röhrl









Am 23.4.1917 verstarb der "Seniorchef, Michael Röhrl . 
Sammlung Röhrl
Michael Röhrl, sein Sohn, mit seiner jungen Familie wird in Kötzting ein Teil der "Guten Gesellschaft", was sich vor allem in der Mitgliedschaft bei so vielen Kötztinger Vereinen zeigt.
Es könnte sein, dass es sich bei der Mitgliedschaft noch um den Vater, ebenfalls Michael Röhrl, gehandelt haben könnte, ich denke aber, dass der junge Michael Röhrl, zu diesem Zeitpunkt knapp unter 30 Jahre alt, eher zu diesen vielen Aktivitäten passen würde, da sein Vater an den Terminen dieser Vereinsbeitritte bereits um 70 Jahre alt gewesen war.  


DIA-Repro 348 Der Concordia-Verein war eine frühe Ausgabe eines Fremdenverkehrs-  und Bürgervereins. Der Ausschussvorsitzende Bauer, war Christian Bauer, vulgo Christianschneider, vom oberen Markt.  Sammlung Fritz Röhrl


DIA-Repro 349 Der Verschönerungsverein mit seinem Vorsitzenden M. Drunkenpolz war federführend für die weitere Erschließung des Ludwigsberges und die Errichtung und Pflege der Wanderwege rund um Kötzting. Sammlung Fritz Röhrl

DIA-Repro 350 Der Kötztinger Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose war damals ein reliv junger Verein und der unterschreibende Kassier "Stauber" stammt ebenfalls vom oberen Markt.  Sammlung Fritz Röhrl

DIA-Repro 351, der mir unbekannte Bayr. Heimat und Königsbund "In Treue fest", war 
wohl ein Vorläufer des heutigen König Ludwig Vereins. Sammlung Fritz Röhrl

DIA-Repro 352: Auch bei den Schützen durfte der Gastwirt und Brauer natürlich nicht fehlen. Sammlung Fritz Röhrl

DIA-Repro 353: Mitgliedskarte von der "Freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz" für Michael Röhrl. Sammlung Fritz Röhrl

Aufnahmeurkunde für den Kötztinger Männergesangsverein. Sammlung Fritz Röhrl


Im Jahre 1919 trennte sich Michael Röhrl von seiner Kelleranlage an der Blaibacherstraße, die sein Vater noch mit so großem Aufwand gekauft, renoviert und erweitert hatte.
Der neue Besitzer wird Josef Wiesmeier, ein Ökonom und Händler aus Zeltendorf und der Kaufpreis liegt bei gut 24.000 Mark, wobei der Käufer zusätzlich die auf dem Objekt ruhenden Hypotheken und auch den laufenden Pachtvertrag für den Gastwirt Hager übernimmt.

Mit diesem Verkauf bekommt Michael Röhrl nun wieder etwas Kapital an die Hand und die Fotos, die aus den nächsten Jahren in der Sammlung Röhrl verblieben, zeugen von einem eher blühenden Gastgewerbe.
Es müsste auch um diese Zeit herum gewesen sein, dass Michael und Lini Röhrl das Brauen aufgegeben hatten, denn im Zusammenhang mit einer "Künstlertruppe Kamberger" aus Kiefersfelden - sicherlich allesamt Verwandte seiner Ehefrau - ist im Januar 1920 bereits vom "Humbser=Bier" die  Rede, welches er ausschenkt. 

 
Die Anzeigenspalten des Kötztinger Anzeigers sind voll mit verschiedensten Veranstaltungen und Einladungen in die Klosterschmiede des Ehepaars Röhrl.



DIA-Repro 359 Vor der Klosterschmiede Sammlung Fritz Röhrl

Hier ein kleiner Ausschnitt an Anzeigen, Werbung und Notizen über die Klosterschmiede alleine im Jahre 1923 in höchster Inflationszeit.



In der schwierigen Zeit nach der Hyperinflation ab dem Januar 1923 gelang es Michael Röhrl mit viel Energie, sich ein zusätzliches Standbein zu schaffen, er bewarb sich erfolgreich um die Kantinenbewirtschaftung sowohl auf der Kraftwerksbaustelle Höllensteinsee, wie auch der Neubaueisenbahnstrecke Blaibach Viechtach mit seiner innovativen Spannbetonbrücke über den Regenfluss. 

Am 18.5.1926 legte Michel Röhrl seine Meisterprüfung im Metzgerhandwerk ab.



DIA-Repro 360 Sammlung Röhrl Das Gasthaus und die Metzgerei Röhrl
DIA-Repor 337 Sammlung Fritz Röhrl Das Bierzelt für die Kötztinger Schützen von Michael Röhrl
 Kötzting Jahnplatz Schützenzelt zum Schützenfest. Volksfest Kötzting, 15. mit 22. August 1926.
Links außen Michl Röhrl mit den Kindern Karl und Greti, rechts außen Franz Röhrl und Frau Paula. Vermerk auf der Rückseite i. deutscher Schrift : Weißwein Samos, Bierfilzl, Leberpreßsack, Leberwurst

DIA-Repro 338 Sammlung Fritz Röhrl Michael Röhrl, standesgemäß mit einem stattlichen Metzgerhund, ca. 1917

DIA-Repro 346 Sammlung Fritz Röhrl Verkaufsstand auf dem Ludwigsberg

DIA-Repro 345 Sammlung Fritz Röhrl
Erneut der Stand für ein Waldfest - 1925 -  auf dem Ludwigsberg vom Metzger Michael Röhrl
1925 oder 1926, im Vordergrund Bub mit Hund Fritz Röhrl, rechts neben ihm Oexler Marerl (Kellner) gest. 1997, im Hintergrund Gusti Pleier mit Mutter.

DIA-Repro 344 Sammlung Fritz Röhrl Michael Röhrl mit seiner "Dixie" wohl im schönen Zellertal im Jahre 1934. Im Hintergrund die Kirche von Steinbühl

DIA-Repro 339 Sammlung Fritz Röhrl Michael Röhrl mit seinem Sohn Karl

 Im Jahre 1931 wurde im Hause Röhrl der Kötztinger Eisstock=Club gegründet und Michael Röhrl wurde der Kassier des neuen Vereins.


Passend zu dieser Vereinsgründung schaltete die Drechslerei Huber gleich eine Anzeige für seine selbstgedrehten Eisstöcke



Trotz der sehr rührigen Wirtsleute Michl und Leni Röhrl scheint die wirtschaftliche Bilanz im Laufe der folgenden Jahre immer schlechter geworden zu sein, wie sich aus einem sehr seltsamen Verhältnis zwischen der Brauerei Humbser und Michl Röhrl abschätzen lässt.

Umbau des Anwesens: Frontansicht

Noch im Mai 1933 weist die Brauerei alle Gerüchte zurück, sie würden das Anwesen Röhrl übernehmen wollen, und als sich ein potentieller Pächter bei ihnen vorstellt, weisen sie diesen schroff mit der Bemerkung zurück, dass die "Röhrlsche Restauration und Metzgerei" nach wie vor in Besitz des Herrn Röhrls sei und sie ihn als "einen tüchtigen und Leistungsfähigen Gastwirt schätzen würden, der das beste und meist frequentierte Lokal am dortigen Platze seit vielen Jahren inne habe." Sie könnten sich keinesfalls denken, dass "gerade die Person des Herrn Röhrl jemals durch einen besseren, tüchtigeren Wirt ersetzt werden könnte."

Lina Röhrl
Michael Röhrl

 Unabhängig von diesem "Treueschwur" und der Lobhudelei der Brauerei Humbser über den Gastwirt Michael Röhrl im Mai 1933, im Sommer 1936 war es soweit, und der Metzger Wolfgang Haushofer und seine frisch angetraute Ehefrau Maria, eine geborene Hobelsberger aus Schlag bei Grafenau, konnten das überschuldete Anwesen nach einer Zwangsversteigerung erwerben.
Auch als Vorsitzender der lokalen "Wirtschaftsgruppe des Gaststätten und Beherbergungsgewerbes" musste Michael Röhrl zurücktreten und alle seine Unterlagen an seinen Nachfolger, den Grafenwiesener Heinrich Wagerer übergeben.

Erst Jahre nach der Machtergreifung der NSDAP wurde die Klosterschmiede zum offiziellen Parteilokal der Nazis,  wie sich auch in den einigen Spruchkammerverfahren der Kötztinger Parteimitglieder nachlesen lässt. Diese verweisen in einigen ihrer Gedächtnisprotokolle  auf die Klosterschmiede und indirekt auch auf das Bahnhofrestaurant. Dieses Bahnhofsrestaurant - heute das griechische Restaurant in der Bahnhofstraße,  war die Gaststätte, die Michl Röhrl, nach der Zwangsversteigerung seines Anwesens -  und einem zwischenzeitlichen Versuch, sich in Amberg als Gastwirt zu etablieren  und einer Anstellung als Kantinenwirt beim Autobahnbau-,  als nächstes betreiben konnte; als Pächterin allerdings musste seine Frau herhalten. 

Sammlung Röhrl Fritz. Eintragung des Michael Röhrl in dessen Arbeitsbuch.
Selbstständig als Gastwirt und Metzger 1938
Straßenbau AG Denckendorf als Kantinenverkäufer 1938

Einschub

Das Bahnhofsrestaurant Kollmaier, heute das griechische Lokal Akropolis, stand 1941, als Michl Röhrl sich erneut Kötzting zuwandte,  zur Verfügung, weil dessen Besitzer, Karl Kollmaier, sein Hauptanwesen - heutzutage in Besitz von Manfred Meimer und auch schon mal die Herberge für die Diskothek Cockpit - an Herrn Meimer, Haus, verkauft hatte und sich mit dem Verkaufserlös einen Guthof - Girglhof genannt - gekauft hatte, der im nahen Sudetenland lag, welches das Deutsche Reich im Herbst 1938 kurzerhand annektiert hatte.
Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 musste Kollmaier den im Grenzgebiet liegenden Gutshof verlassen, auch wenn man ihn nun nicht zu den wirklich vertriebenen Sudetendeutschen zählen darf, die als Folge der verbrecherischen deutschen Politik am Ende eine schwere Last zu ertragen hatten.

Ansichtskarte des Girglhofes, verschickt von Karl Kollmaier an Herrn Lukas in Kötzting im August 1941
Einschub Ende


In den privaten Unterlagen Michael Röhrls finden sich viele Belege und Zeugnisse seiner Zuverlässigkeit als Metzger und Gastwirt auch aus früher Zeit, als er - noch unverheiratet - als Kellner und Metzger im oberbayerischen Alpenvorraum gearbeitet hatte.
Aus diesen Belegen sticht vor allem ein handschriftlicher Brief der Nachbarsfrau, Anni Schmidt, heraus, die ihn in höchsten Tönen lobt.


26.4.1937

Sehr geehrter Herr Röhrl,
Sie werden sich nicht denken können, warum ich nichts hören lasse, ich dachte nämlich selbst nach dorten zu kommen.

Herr Röhrl können sich  jederzeit auf mich berufen!
Ich werde der Wahrheit allezeit die Ehre geben, jeder Anfrage mitteilen, daß Sie während Ihres Bierbezuges bei mir jeden Monat bei Heller und Pfg. bezahlt haben, ferner äußerst beliebter Gastwirt waren u. für mich ein äußerst hoch geschätzter Nachbar. Es ist in Kötzting keine Kleinigkeit sich zu behaupten; , denn bei 2500 Einwohner 30 Gaststätten brauchen wir nicht mehr viel reden.

Mit frdl. Grüßen an Ihre geschätzte Familie

Frau Schmidt.

 
Nun also ein neuer Besitzer. Haushofer Wolfgang hatte 1937 - das höchste Gebot für das Röhrlanwesen abgegeben und konnte den Besitz antreten.
In den beiden Spruchkammerverfahren - beide, also Wolfgang Haushofer und Michael Röhrl, wurden dabei als reine Mitläufer eingestuft - lassen sich unterschiedliche Ansätze über diesen Vorgang gut belegen.
Jedes Parteimitglied musste sich solch einem Spruchkammerverfahren stellen, welches zumindest in der ersten Instanz in Kötzting selber durchgeführt wurde. Jeder Angeklagte hatte ein langes Formular auszufüllen, in dem u.a. auch die Zugehörigkeit zur NSDAP, deren Untergruppierungen und v.a. mögliche Parteiämter auszufüllen waren. Eine Falschangabe in diesem Formular wurde als eine - einem Meineid gleichzusetzende - Straftat angesehen, die entsprechend strafbewehrt war.

Michael Röhrl schrieb in seiner Verteidigungsschrift, er wäre nur deshalb zur "Partei" gegangen, weil er sich davon erhoffte, mit der Partei im Rücken, auf seinem Besitz bleiben zu können.


Aber: "mein Anwesen wurde trotzdem versteigert, so ein Schuft mit goldenem Parteiabzeichen, hat mir meinen Besitz versteigern lassen, mit Frau und vier Kindern mußte ich von meinem elterlichen Anwesen wegziehen.
Ich war kaum fort, haben sie in das gleiche Haus das Parteilokal eröffnet. Sie können sich denken, mit welchen Gefühlen ich noch Parteimitglied war....
."

Wolfgang Haushofer jedenfalls war zum Zeitpunkt der Versteigerung noch kein Parteimitglied gewesen, er konnte also deswegen nicht vorgezogen werden und es hat daher eher den Anschein, dass der Brauerei Humbser der Geduldsfaden gerissen war und, um ihre Außenstände einzutreiben, den Weg einer Zwangsversteigerung beschritt.
Röhrl scheint zumindest insofern Recht zu haben, dass die NSDAP erst mit dem Einzug Wolfgang Haushofers die Klosterschmiede zu ihrem Parteilokal machte.
Die Distanz Röhrls zur NSDAP, die er in seinem Schreiben erklärt, scheint aber auch nicht sehr weit her gewesen zu sein, denn aus der Nachkriegszeit gibt es einen Leitartikel im Organ des Bayerischen Hotel und Gaststättengewerbes. Dort lässt er einen langen Leserbrief abdrucken, der die Sicht der Wirte gegen die Interessen der Brauereien vertritt und dabei auch folgenden Satz abdrucken lässt.
 


Trotz dieser "Einleitung" berichtet er über die Folgen dieser Maßnahme der damaligen Regierung: - den Preis für die Brauereien um 6 M und für die Wirte um 4 Mark zu vermindern.
In seiner folgenden Erklärung könnte auch der Grund für seinen Niedergang liegen, der dann zur Zwangsversteigerung geführt hatte.


 Die Familie Röhrl besitzt eines der eindrucksvollsten Grablegen im Kötztinger Alten Friedhof.

Foto Rabl-Dachs

Ursprünglich war der zentrale Grabstein auch einmal eine Marienstatue gekrönt, die dann, nachdem auf diesem Friedhof nicht beerdigt werden durfte, zum neuen "Familiengrab" Röhrl auf den neuen Friedhof auf der Hauserstraße mitgenommen wurde.

Aufnahme Serwuschok 180

Hier der markante, alles überragende Grabstein der Familie Röhrl


Foto Rabl-Dachs. Fritz Röhrl, dem untersten Eintrag auf der Gedenkplatte, verdanken wir die meisten der ganz besonderen Dokumente, Bilder und Archivalien, die in diesem Blog ein Kernstück darstellen. 

Nun aber nach der langen Dokumentation über die Familie Röhrl, die nächste Familie auf dem Gasthof und auf der Metzgerei


Haushofer Wolfgang und Maria Hobelsberger


Am 28.6.1936 hatten die beiden in Regen geheiratet und von der jungen Ehefrau wissen wir, dass sie aus Schlag bei Grafenau stammte. Als das junge Paar in Kötzting das Anwesen übernommen hatte, wurde aus der Klosterschmiede, wie oben bereits angemerkt, das Parteilokal der NSDAP.

DIA-Repro 373 Wolfgang und Maria Haushofer

DIA-Repro 374 Wolfgang Haushofer und seine Schwestern



DIA Repro 1591 Luftaufnahme Kötzting ca. 1937 mit folgendem text auf der Rückseite: Gasthaus zur Klosterschmiede Wolfgang Haushofer, Gastwirt und Metzgermeister Kötzting, Bayr. Ostmark-Telefon 75 Schöne Fremdenzimmer-Althist. Bierstube Humbser Biere-ff Speisen-Fleisch-. und Wurstwaren zu jeder Tageszeit- Zivile Preise. Herrenstraße 3

In den Dreißiger Jahren wurde ein großer Handwerkszug abgehalten, bei dem die Metzger natürlich nicht fehlen durften.

DIA-Repro 1660 in der ersten Reihe: v.l. Wolfgang Haushofer - Josef Barth - Josef Oberberger

Wie sehr dieses "Parteilokal" dann auch einen halboffiziellen Charakter als Bestandteil der lokalen NSDAP erhielt, kann man aus folgendem Vorgang ersehen, der hier beispielhaft für andere ähnliche Auftritte von lokalen und regionalen Parteigrößen stehen kann
Nach dem Beginn des Russlandfeldzuges, als sich die Meldungen über gefallene Soldaten häuften, wurde es den Kriegervereinen verboten, mit geschlossenen Abteilungen und mit der Fahne an der/den Trauergottesdienste/n und der anschließenden Beerdigung/en teilzunehmen, was bei den Kötztinger Mitgliedern auf Missfallen stieß.
Nach den Parteiabordnungen sollten die Kriegervereine statt dessen an den von der NSDAP organisierten Gefallenenehrungen teilnehmen.
Nachdem sie sich über diese Vorgabe hinweggesetzt hatten und bei der Beerdigung des gefallenen Franz Kindl aus  Fessmannsdorfer als geschlossener Verband teilgenommen hatten, waren sie bei der Kreisleitung angeschwärzt worden. Daraufhin traf sich der Vorstand des NSKB - der Kyffhäuserbund Kötztings wurde von der NSDAP vereinnahmt  und zum NSKB, also zum NS-Kriegerbund umbenannt - beim Röhrl im Bahnhofsrestaurant (!). 
Der folgende Auszug der Aussage des Kötztinger Konditors Michael Liebl (Lebzelter) stammt aus der Spruchkammerakte 559 im Staatsarchiv Landshut.

Spruchkammer Kötzting Nr. 559
Nachdem der KL in Cham auch dieses Treffen und auch der Beschluss, solange nicht an den Gefallenenehrungen der Partei teilzunehmen, bis das Verbot aufgehoben sei, zu Ohren gekommen war, wurden die "Protestler" ins Parteilokal zitiert und dort verbal und "moralisch" angegriffen. 
Diese "Forderungen" wurden offensichtlich vom 1. Vorstand Windisch und von Josef Obermeier in Form eines Briefes an die KL geschickt.

Weiter die Aussage Liebls:
Spruchkammer Kötzting Nr. 559
Josef Obermeier, der damalige Gefängniswärter Kötztings, erinnerte sich ähnlich an den Auftritt des KL Schlemmer:
Spruchkammer Kötzting Nr. 559
Herr Windisch, der damals noch amtierende Vorstand, der sich allerdings aus Ärger über die Umstände bereits fast vollständig aus dem "Tagesgeschäft" des Vereins zurückgezogen hatte, schrieb ein mehrseitiges Memorandum über den ganzen Vorgang und führt auf:
Spruchkammer Kötzting Nr. 559

Windisch erläuterte dann die weitere Diskussion:
Spruchkammer Kötzting Nr. 559

Der Kötztinger Kriegerverein hielt sich an seine Beschlüsse und beteiligte sich nicht an den Gefallenenehrungen der Partei.

Spruchkammer Kötzting Nr. 559
Auch andere Untergruppierungen der NSDAP trafen sich beim Haushofer. Der ADAC wurde ebenfalls eine Unterordnung der Partei, das NSKK, das NS=Kraftfahrzeugkorps. Deren Mitglieder trafen sich - ab 1934 - beim Haushofer (Zum Zeitpunkt als die Aussage protokolliert wurde -1946/7 ist es schon lange der "Haushofer" und nicht mehr der "Röhrl") regelmäßig zum "Appell". "Dort wurde Unterricht gegeben in Kartenkunde; es wurde auch ausmarschiert." 
Auch wenn Michael Röhrl schreibt, dass sein Lokal erst nach der Zwangsversteigerung das Parteilokal geworden ist, so scheinen doch manche Parteiaktivitäten bereits ab 1933/4 in der Klosterschmiede stattgefunden zu haben

In den letzten Kriegsmonaten kam es auch in Kötzting auch zum Luftalarm und von Frau Marianne Graf, geborene Stadler, habe ich erfahren, dass sie selbst noch im ersten Stock in den Jahren 1941 bis 44 Schulunterricht erhalten hatte, und dass die Kinder bei Luftalarm im untersten Keller unter dem Haushoferhaus Schutz zu suchen hatten. Dem selben Zweck  - als Luftschutzbunker -  diente übrigens auch der Röhrlkeller in der heutigen Bgm Dullingerstraße.
 
Dann war der Krieg vorbei und die Herrenstraße war zunächst "off limits" für die Kötztinger Bevölkerung. Das Flüchtlingsamt übernahm die Räume des Saales im ersten Stock.
Erst langsam normalisierte sich wieder das Leben in Kötzting und Wolfgang Haushofer, der Metzgermeister, entschied sich dafür, das ebenerdig gelegene Lokal zu einer Wurstküche umzuwidmen und die Gaststube in den erstem Stock hinauf zu verlegen. Das Lokal sollte aber verpachtet werden und Haushofer wollte sich ganz auf sein Metzgergewerbe konzentrieren.
In Michl Leiderer fand er den geeigneten Kandidaten für sein Lokal.

KÖZ vom März 1950


In den Jahren 1953 und 1954 gab es in Kötzting rund herum um das Pfingstfest einige Rahmenprogramme, die von Geschicklichkeitsrennen bis hin zu Vorführungen des Roten Kreuzes und der Landpolizei reichten. Von Frau Kretschmer haben wir die folgenden Bilder erhalten. Als ich das Bild zuerst gesehen hatte, war ich zunächst erschrocken, bis ich die grinsenden Buben im Hintergrund erkannt und gemerkt habe, dass es eine gestellte Situation darstellt.
Foto Kretschmer: Fahrradunfall am Kötztinger "Stachus", im Hintergrund der Humbser-Lieferwagen
vor der Klosterschmiede


Foto Kretschmer: Die (Land)Polizei dein Freund und Helfer.


Auf das Jahr1954 ist das folgende Bild in unserer Sammlung bestimmt worden, als ein Festzug vor dem Haushofer-Haus vorbeimarschiert. Ich selber glaube allerdings, dass dieses Bild später entstanden ist, da es 1954 noch keine Fanfaren in Kötzting beim Spielmannszug gegeben hatte, diese wurden erst nach 1955/6 - und auch zunächst nur von den Pfadfindern - eingeführt,



Archiv Krämer: Ausleger der Klosterschmiede
Man beachte das Detail links außen am Ausleger: Ein "Mann auf einem Fass."

Foto Kretschmer: Michl Leiderer selber stand Pate für diese Werbefigur: Bei Bierzelteinzug 1951 war er "Gambrinus", der auf dem großen Bierfass der Kommunbrauerei Kötzting (=Brauhaus AG) thronte.

Foto Kretschmer: Gambrinus aka Michl Leiderer auf dem Bierfass beim Bierzelteinzug im Jahre 1953





DIA-Repro 1651 Michl Leiderer als Soldat, ca. 1940 

Sogar eine Innenaufnahme aus der Klosterschmiede gibt es in unserer Sammlung:


DIA-Repro 1107: "Im Gasthof Klosterschmiede Herrenstraße 3 verm. 1955 Michl Leiderer, Herrenstraße 3 , vorne rechts Frau Volkholz, dahinter verdeckt Ludwig Volkholz, ganz rechts Greil (Godl) Max aus Reckendorf, mit Gitarre Lokführer Scheuerlein, daneben Adele (Ritzenberger).Vorne 4.v.links Fritz Weigl  Stadtinspektor, daneben stehend Theo Heigl, dahinter Frau Stadler. Es war die Silberhochzeit von Feriengästen aus Rheinhausen. die nicht bekannten Personen sind vermutlich andere Feriengäste. 

DIA-Repro 1653: Michl Leiderer, Herrenstraße 3, mit Lederhose rechts daneben seine Frau Maria. 
Das Mädchen ist Elisabeth Haushofer.



Doch nun von diesem Kötztinger "Original" zurück zum Hausherren, dem Metzgermeister Wolfgang Haushofer und seiner Frau Maria. Vier Töchter bekam das Paar, Marianne, Waltraud, Sieglinde und Elisabeth. Drei davon waren später Kötztinger Pfingstbräute.
Zuerst einmal haben wir Bilder vom Handwerk der Metzger in unserer Sammlung:

Bevor noch Leiderer Mich seinen "Gambrinus" an dem Zunftzeichen hatte anbringen können, konnte man noch den Hinweis auf eine Klosterschmiede erkennen. 

DIA-Repro 1622: "in der Metzgerei v.li. Wolfgang Haushofer, Frisch Rudolf später Miltach, Meindl Adolf, Schollerer aus Oberndorf, Loibl Michael vom unteren Wald."     

DIA-Repro 1623  v.li. Wolfgang Haushofer, Frisch später Miltach.

Foto Werner Kretschmer

Sammlung Tina Hofmann: Fronleichnam 1957 mit der Metzgerei Haushofer im Hintergrund


Hier noch einige Bilder von Mitgliedern aus dem "Vier-Mäderl-Haus" Haushofer

Fasching beim Gesangverein ca, 1956 v.li. Rosemarie Scheuerlein(Müller), Marianne Haushofer (Merkel), Waltraud Haushofer (Schoierer), Traudl Kroher, Lisbeth Schmidl (Meier,Cham)
 in der Küche der Metzgerei Haushofer.

 
 Foto Frau Elisabeth Gietl:  Waltraud (Mausi, verheiratete  Schoierer) und Marianne verheiratete Merkel 

 Foto Frau Elisabeth Gietl:    Elisabeth ( verheiratete Gietl) und Sieglinde (verheiratete Kuglmeier) 

  Foto Frau Elisabeth Gietl:   5 Kinder im Leiterwagen und 2 Frauen i.d. Herrenstraße   v.l. vorne Irlbeck Ernst Bubi, Haushofer Elisabeth, dahinter links Haushofer Sieglinde, daneben Mühlbauer Franzi (Godl) und Irlbeck Karin. .Dahinter links Maatschi , Kindermädchen bei Haushofer (Maria Hanuß) und Frau Steigüber beides Flüchtlinge 

 Foto Frau Elisabeth Gietl:   vorne Mitte Mühlbauer Franzi, von links Elisabeth Haushofer, Irlbeck Bubi, Sieglinde Haushofer, Irlbeck Karin 






Pfingsten im Hause Haushofer




Es ging los im Jahre 1955, als Hans (John) Mühlbauer sich Marianne Haushofer zur Braut wählte.

Ein Zufall wollte es, dass Hans Mühlbauer bereits Jahre zuvor bei einem Festzug hin zum Festspiel der "Pfingstrittehr" im Kostüm eines Biedermeier-Pfingstbräutigams vor dem Hause Haushofer fotografiert wurde, allerdings nicht mit seiner späteren Pfingstbraut an seiner Seite sondern der späteren Frau Liebl.
Hans Mühlbauer als Schauspieler mit der Klosterschmiede im Hintergrund

Foto Kretschmer Pfingsten 1955
v.l. Otto Irlbeck - Marianne Haushofer - Hans Mühlbauer - Georg Barth
Foto Kretschmer Pfingsten 1955
v.l. Otto Irlbeck - Marianne Haushofer - Hans Mühlbauer - Georg Barth



Foto Sammlung Richter: 50jähriges Jubelbrautpaar. Hans - John - Mühlbauer und Marianne Haushofer 1955-2005 



Foto Kretschmer:
v.l. Ferdinand Maimer - Sieglinde Haushofer - Hans Kuglmeier - German Rauscher

Ab Mitte der 70er Jahre kam es wiederholt zu einem großen
"Treffen der ehemaligen Pfingstbrautpaare"

StA Kötzting Album Treffen der Pfingstbrautpaare 1974 und 1985
v.l. Pfr. Konrad Brunner, Hans Kuglmeier, Sieglinde Kuglmeier geb. Haushofer, Ulrike Hollmaier, German Rauscher, Gretl Rauscher 

Foto Stadt Kötzting Sieglinde und Hans Kuglmeier



Und eine weitere Haushofer-Tochter nahm den Antrag zur Pfingstbraut an, Elisabeth Haushofer, verheiratete Gietl, wurde die Pfingstbraut des (fast) Nachbarssohns Herbert Amberger


Foto Serwuschok
v.l. Sperl Poidl - Elisabeth Haushofer - Herbert Amberger - Costa Helmut

Krämerarchiv: v.l. Sperl Poidl - Elisabeth Haushofer - Herbert Amberger - Costa Helmut

Foto Serwuschok: v.l. Sperl Poidl - Haushofer Elisabeth -  Amberger Herbert - Costa Helmut



Waldtraud - Maus - Haushofer, als einzige keine Kötztinger Pfingstbraut, heiratete den Metzgermeister Schoierer und gemeinsam wurde das vermutlich im Inneren ziemlich "verbaute" Haus modernisiert.

Reinhold Schoierer und Waldtraut Haushofer


KU Juni 1975

KU vom Januar 1972
Waltraut und Reinhold Schoierer

Auch das bekannte Aushängeschild bekam nun ein neues "Anhängsel:

Foto Wild, Furth im Wald

Als im Jahre 1985 ein großer historischer Festzug organisiert wurde, waren auch die Metzger stark vertreten und Reinhold Schoierer lenkte eigenhändig seinen "Sauwagen"
Foto Marianne Kretschmer: Reinhold Schoierer

KU SW167 der Metzgerwagen
 

Die weitere Entwicklung dieses historischen Gebäudes liegt im Moment - Sommer 2023 - in den Händen der Stadtverwaltung. Mal schauen, was uns die Zukunft hier bringen wird.


Die Zukunft des Hauses, das sich nun im Besitz der Stadt Kötzting befindet hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem auch von einer Untergrunduntersuchung, die ein dafür spezialisierter Professor der FH Deggendorf im Sommer 2023 durchführt.
Bei diesem Ortstermin war es mir möglich, die Kellerlandschaft unter diesem Haus zu inspizieren und festzuhalten.
Foto Pongratz: Abgang in die Kellerlandschaft

Foto Pongratz: Abgang in die Kellerlandschaft
Foto Pongratz: erste Ebene
Foto Pongratz: Abgang hinunter in die zweite Kellerebene

Foto Pongratz:  zweite Kellerebene mit der Abmauerung in Richtung Schödlbauer

Foto Pongratz:  zweite Kellerebene  Lüftungsschacht
 
Foto Pongratz:  schmaler Durchgang erste Ebene zu einem Nebenkeller

Foto Pongratz erster Raum des Nebenkellers

Foto Pongratz: hinterer Raum des Nebenkellers mit zubetoniertem Schacht



Eine Woche nach der Veröffentlichung des Blogbeitrages hat sich sogar eine Skizze des Hauses aus dem Jahre 1837r gefunden. Dabei ist die Frontansicht des ganzen Ensembles beim  Gebäude des Landgerichts dargestellt. (Reg v NB KdI Nr. 8306 von 1837 ff Baufälle am Landgerichtsgebäude mit Plan)
Möglicherweise ist darauf auch die - vor Jahren gesuchte - Originalfassadenfarbe des Landgerichts, heute unser Rathaus, zu sehen. Das spätere Amtsgericht - heute Notariat - ist hier noch ein landwirtschaftliches Nebengebäude.

Links das Brauereigebäude des Hamberger. Skizze von 1837

 
Hier der Lageplan hinzu: 



Aus demselben Bauakt des Landgerichtsgebäudes - nur aus dem Jahre 1855 stammt der nächste Lageplan und hier hat das Hambergergebäude bereits einen ANbau erhalten.



Lageplan aus dem Jahre 1855