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Freitag, 4. August 2023

Räuber Heigl Teil 15 weitere Untersuchungen gegen die Kötztinger Gendarmen

 

Michael Heigl

Weitere Verhandlungen gegen die Gendarmen
14. und 15. März 1853

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.

Während in Kötzting die Regierungskommission die Vorwürfe gegen die Gendarmen untersuchte, gingen gleichzeitig die Amtsgeschäfte des Landgerichtes in Sachen "Jagd auf den Heigl" weiter.
Kurz und bündig liest es sich in der tabellarischen und abgehackten Aufstellung der Gendarmerie:

März 1853           Walburga Schillinger, ledig von Beckendorf, Anzeige wegen Verbindung zum Heigl nach 8 Tagen wegen einer befürchteten Epidemie entlassen

März 1853           Josef Schillinger, ledig Beckendorf, Anzeige wegen Müßigganges und ein früherer Kamerad vom Heigl; seine Konzession als Warenhändler wurde eingezogen

Korrespondenz nach Böhmen: Klattau, Taus, Bischofsteinitz, da die Abwesenheit des Heigl im Bezirke auf dessen Auslaufen nach Böhmen schließen lässt.

März 1853           Georg Vogl, Inwohner Liebenstein, und dessen 3 Töchter Anzeige wegen Verbindung zum Heigl>>> die ganze Familie unter Polizeiaufsicht gestellt, die Töchter in Dienst gewiesen.

9. März 1853 machte Michael Raimer (früheres Mitglied der Heigl Bande) bei Gelegenheit einer Kerkervisitation - auf Zureden des k. Landrichters - mehrere Depositionen: daraufhin Durchsuchung mehrerer Häuser in Hohenwarth, Eschlsaign und Umgebung vorgenommen, wo Heigl Unterschlupf gewährt wurde, auch mehrere Personen arretiert. Verhaftungen gab es für: die Brüder Amberger von Oberzettling sowie den Schuster Brunner Johann von Hohenwarth, welche in die Fronfeste in Kötzting eingeliefert wurden.





Ausschnitt aus dem Heigl-Film von 1975 : Untersuchungen, Verhaftungen und in einigen Fällen sogar die Vertreibung aus ihren Häusern wurden angeordnet. Die Gendarmen - für deren Stationierung die Dorfbewohner auch noch bezahlen mussten - hatten die Anordnungen durchzuführen.

Am 14.3.1853 ging es mit weiteren Zeugen weiter, die ihre Aussagen über Einsätze der Gendarmen im Hohenwarther Raum machten.
Zuerst wurden die beiden Gemeindevorsteher von Gotzendorf und Hohenwarth einbestellt:

Josef Geiger Lutzenmüller und Vorsteher von Gotzendorf
Georg Stoiber Müller von Hohenwarth und Gemeindevorsteher daselbst

Wir sind gewiss rechtliche Männer, welche alles Mögliche aufbieten, unsere Schuldigkeit zu tun und auch andere dazu anzuhalten, und es ist auch durchaus nicht richtig, wenn man glaubt, dass die meisten Gemeindeglieder nichts taugen, sondern es gibt recht brave Leute in unseren Gemeinden.
Mehrmals aber haben Gendarmen sich nicht anzupirschn getraut:
Beim Rosenauer Häusl,
auf dem Felsen der Predigtstuhl genannt,
bei Hudlach,
vor etwa zwei Jahren auf der Wiese bei Hundzell,
dann abermals am Predigtstuhl, wo die Gendarmen zu 8 oder 9 Mann waren, und wo sie einen halben Tag vor ihm gestanden seien und ihn nicht anpackten.

Die jetzigen Gendarmen seien zwar besser, aber die früheren Ereignisse seien nun mal bekannt und daher sei es kein Wunder, wenn die Leute sagen, dass die Gendarmen keine Schneid haben.
Vor den gegenwärtigen Gendarmen sei nur ein Fall dieser Art bekannt, der beim Hauser Franz Pöschl zu Gotzendorf , wo sich die Therese Pritzl den ganzen Tag aufgehalten hatte und die durch den Inmann Geigers von Hohenwarth verraten worden war, worauf aber die alarmierten Gendarmen nicht unmittelbar beim Inhäusl selbst sondern ungeschickter Weise beim Bauernhaus zuerst visitierten, so  daß die Pritzl leicht auskommen konnte.
Dann eben die Prügeleien, welche selbst die Söhne beim Hauser durch den Brigadier und den Gendarm erleiden mussten.
Danach die Prügeleien beim Hohenwarther Müller (mit Ochsenziemer und der Faust) und am Ende wurde noch der Anzeigende Geiger verprügelt, weil dieser angeblich eine falsche Anzeige gemacht haben solle.
Sie fordern eine Änderung bei der Gendarmerie, weil nach dieser Prügelei kein Vertrauen mehr herrsche

 

Nun erscheint auch noch der Inwohner (der verprügelte) Josef Geiger – freiwillig – vor der Kommission

Generalia: 34 Jahre alt, Schachtelmacher aus Ansdorf, welcher vereidigt wird.

Ich kam am fraglichen Sonntag 9ten Jänner nachts von Neukirchen nach Hause nach Hohenwarth und erfuhr von meinem Weibe, daß sich die Theres Pritzl bei ihren Eltern im Zuhaus beim Hauserbauern Pöschl in Gotzendorf aufhalte und daß sie der Heigl dort abholen werde. Ich habe mich entschlossen noch abends den 2 Gehstunden weiten Weg hierher zu nehmen, bekam dann auf meine Anzeige vom Landgericht sogleich Gendarmen mit und ging mit diesen und mit dem Marktdiener, im Ganzen 9 Mann, nach Gotzendorf; ich habe den Brigadier genau instruiert, allein statt nach meiner Weisung beim Zuhäusl anzufangen, haben sie zuerst beim Bauer Pöschl selbst visitiert und die ganze Sache war dann fruchtlos. Nach den späteren Zugeständnissen meiner Schwiegermutter war Heigl damals wirklich gekommen und mit der Pritzl entwichen, während die Gendarmerie ungeschickter weis vorn beim Bauern umherwirtschaftete.
Ich muß noch beifügen, daß mir meine Schwiegermutter Theres Ruprecht, Inwohnerin von Gotzendorf erzählte, daß die Pritzl mit dem Heigl schon an Hl Dreikönigtage zu ihr kam und ins Häusel hinein wollte, um wiederzukommen, weil ihre Geburtswehen schon begannen, daß sie aber die Pritzl nicht hineingelassen hätte.

Mein Weib, welche am Sonntag den 9.ten nachmittags die Pritzl selbst bei meiner Schwiegermutter getroffen hat, hat die Bestätigung hiervon selbst gehört, sie konnten aber aus ihr nicht herausbekommen, wo sie niedergekommen wäre.
Das Kind wird das nämliche sein, welches der Heigl sodann dem Weidenhofer Bauern gebracht hat.
Einige Wochen später kamen der Brigadier und 5 Gendarmen zu mir nach Hohenwarth in mein Zuhäusl, schimpften mich, daß ich so umeinander schreie, daß sie keine Courage hätten und Gendarm Blüml hat mich dann mit einem mitgebrachten Ochsenziemer über den Kopf gehauen.
Da seine Anzeige niemand in Hohenwarth gewusst haben könne, muss er durch die Gendarmen verraten worden sein.
Er habe solch eine Behandlung nicht verdient, wolle aber keine Bestrafung der Gendarmen.
Handzeichen + des Josef Geiger

Michael Pöschl, einer der wichtigen Zeugen, konnte in der Angelegenheit wegen Krankheit nicht vernommen werden, so dass am Ende wohl die Aussage des Brigadiers Schmid alles anschließen sollte.

Brigadier Schmidt wird vernommen

 

Aussage wegen der Vorkommnisse Januar 1853

 Der Fall des Müllersohnes Josef Höcherl:  wir haben bei der Hausvisitation auf der Hohenwarther Mühle vor etwa 3-4 Wochen Mäntel getragen und ich kann deshalb nicht sagen, ob Gendarm Blüml einen Ochsenziemer bei sich gehabt habe. Ich habe wohl erst nach der Hand gehört, daß der Blümel und der kleine schwarze Gendarm Huber Georg von hiesiger Brigade den Müllerssohn Josef Höcherl geprügelt hätten, ich selbst habe es aber nicht gesehen.

2.       Exzess verübt an Josef Geiger: Schmidt glaube, dass sie beim Hauserbauern Bauern Pöschl richtig gehandelt hätten, und der Heigl bei ihrer Ankunft bereits nicht mehr vor Ort gewesen war, sie hätten jedenfalls alles richtig gemacht, sonst hätte er nicht entkommen können. So ist es leicht erklärlich, dass sie sich über die Gerüchte geärgert hatten. Er selber habe es von Geiger gehört, daß dieser von Blüml geschlagen worden sei.

3.       Exzess gegen die Hauserbauernsöhne Pöschl er habe sich im Stadel umgesehen, als er wieder in das Haus gekommen war, habe er erfahren, daß Blüml den kranken Pöschlsohn geschlagen habe.

4.       Exzess gegen den Kötztinger Getreidehändler Andreas Holzapfel:  von der Kompaniekommando haben sie einen Hinweis bekommen, dass Holzapfel das Gerücht in Straubing erzählt habe. Er habe ihn daher zu sich gerufen und ihm Vorwürfe gemacht, mehr sei nicht geschehen, da Holzapfel auch geleugnet habe. Weiters weiß ich nichts, denn ich bin in meinem Zimmer geblieben, er musste durch ein zweites Zimmer und dann übern Flez gehen und erst nach längerer Zeit habe ich gerüchtweise vernommen, daß Holzapfel sich beschweren wollte, weil er von dem Gendarm verprügelt worden sei.

Brigadier Schmidt wurde zur Wahrheit ermahnt und auch zur Ermahnung seiner Mannschaft aufgefordert und verpflichtet, dass von dessen Seite aktenmäßig alles sachgemäß verfügt wird. 

Es hat nicht den Anschein,. als ob die Beschwerden der geschurigelten Bewohner Gotzendorfs und Hohenwarths - außer einer Ermahnung der Gendarmeriemannschaft - zu irgend einem greifbaren Ergebnis geführt hätten.


Die Regierungskommission jedenfalls reist wieder ab und die Hohenwarther bekommen zum Datum 1. April eine Gendarmeriestation auf Kosten von 6 - nach Ansicht der Behörde hauptverdächtigen - Dorfgemeinden aufs Auge gedrückt.
Als eine entscheidende Folge der Verhandlungen stellt sich die Versetzung des Brigadiers Schmidt heraus. Brigadier Suffa tritt an seine Stelle, dem es auch sehr schnell gelingt, ein gutes Verhältnis zur Bevölkerung herzustellen.
Dies und die Bedrückung der Bevölkerung in den Dörfern durch die Stationierungskosten der Gendarmerie beginnen sich offensichtlich langsam auch auf Michael Heigl auszuwirken, weil es immer weniger Meldungen darüber gibt, dass er sich im Gebiet aufhalte.

Im Frühjahr 1853 kommt es zu einer "geheimen Mission" des Brigadiers Suffa, die in vielen Ausschmückungen und Finten durchaus auch von Karl Mai geschrieben worden sein könnte.

Doch zunächst der Reihe nach.

Hohenwarth hatte ja seit dem Anfang April eine eigene Polizeistation. Trotzdem vergingen viele Wochen, bis zum ersten Male wieder eine Anzeige in Kötzting einlief, dass Michael Heigl gesehen worden sei.
Bis dahin aber hatten sich Misserfolge über Misserfolge angehäuft. Alle 10 Tage hatte sich Brigadier Suffa mit einer Zusammenfassung seiner Aktivitäten bei seinen Vorgesetzen in Landshut zu melden.
Er sammelte alle Berichte der Stationen Hohenwarth, Kötzting, Viechtach, Arnbruck und Lam und leitete diese weiter:  Ergebnis am 1.5.1853: "noch kein günstiges Resultat".
Sogar die Brigaden in Mitterfels, Straubing, Bogen, Regen und Cham waren aufgefordert worden, ihrerseits Streifen - jeweils auf Richtung zum LG Kötzting hin - zu unternehmen.
Aber.......eine kleine Meldung stach heraus, und Suffa reagierte:
 
Am 9ten dieses Monats (April), als alle Stationen mit Streifen begriffen waren, und gerade die Gegend von Berghäusern der Gemeinde Arndorf ..... sich einige Stunden frei vom Gendarmen wusste, so erschien Heigl aus dem Walde vormittags 10 Uhr, ging zu den Gütlerstochtern Anna und Maria Mühlbauer von Berhäusern, welche auf ihrem Felde beschäftigt waren und erkundigte sich um Neuigkeiten und entfernte sich hierauf. - Der Gendarm Franz Paul Graf, hiesiger Station stellte am 11ten dieß diese Weibspersonen hierüber zur Rede, welche nicht nur den Heigl gesehen zu haben verneinten, sondern betheuerten ihre Unschuld noch mit Thränen in Augen, wobei sie dieses falsche Gerücht bestaunten.
Am 13ten dieses Monats überlistete Gendarm Graf diese Weibspersonen und brachte sie zum Geständnisse, daß wirklich Heigl am 9ten zu ihnen gekommen sey.... 
....Hieraus läßt sich erkennen, wie viele, viele Anhänger der Heigl hat, da er stets weis, wo sich die königliche Gendarmerie bewegt, auch wenn sie in Mitte der Nacht unter Regen und Sturm aufbricht."

Danach kam ein Hinweis, dass Heigl sich in Böhmen in der Gegend von Holzschlag herumtreibe, und ein gewisser "Ralinger" dort Auskünfte geben könnte. Nun verkleidete sich der Brigadier Suffa als "Pferdehändler in civil", nahm den "braven Bauern Wolfgang Plötz aus Hundzell" mit sich und verfügte sich nach Holzschlag im Böhmischen, wo er den "Ralinger" auch antraf, der ihm sehr freizügig von seinen "Heldentaten" erzählte.
"Ich bin in Hundzell LG Kötzting in Bayern geboren, als Soldat dort desrtiert, habe mich nach Holzschlag Oberamts Glattau in Böhmen geflüchtet. Mein zweites Weib welches ich hier geheirathet, ist vor sechs Wochen gestorben, ich heiße Wolfgang Ralinger vulgo Gatlgang, beschäftige mich mit Schwärzen, und habe mir mit diesen Geschäfte ein Vermögen von 1400 fl erworben während meines 30jährigen Hierseins. Der Obrigkeit fiel ich nie in die Hände, weil ich mein Geschäft /:Schwärzen:/ verstehe. Was den Heigl betrifft, so kann ich nur so viel sagen, daß dieser in Böhmen ein angesehener Mann ist, von einer Verhaftung desselben kann gar nie die Rede sein, denn die Civilisten haben ihn viel zu lieb, und die Gendarmerie wird stets falsch berichtet. Es ist sogar schon vorgekommen, daß Heigl in Gasthäusern von unseren böhmischen Gendarmen controliert worden sey, da er aber im Besitze eines böhmischen Heimatscheins und eines vom königlichen Landgericht Kötzting ausgestellten mit Sigl und Unterschrift des Landgerichtsvorstandes, so wie das Signalement des Inhabers genau enthaltendes bayerischen Wanderbuches sey, so mussten sich die Gendarmen täuschen lassen, wobei er bemerkte, daß es Sigl und Urkundenfälschungen genug gäbe. Weiter fuhr er fort, sind unsere böhmischen Wirthe hiesiger Gegend faßt sämtliche Pächter, haben hohe Pachtgelder und wenig Verschleiß, der Heigl lebt flott und stehe daher so gut bei selben. Vor einiger Zeit habe er sich in Böhmen die Heiratsbewilligung erholt, sei bei einen gewissen Wierth sehr vertraut geworden, dieser habe ihn in eine Kammer zu einer von einer stattgefundenen Hochzeit eingegangenen Baarschaft gelegt, der Sicherheit wegen. Am Ende fand dieser Wirth den Heigl und mit ihm die genannte Baarschaft verschwunden. Worauf dessen Ansäßigmachung zessierte.
Bei mir, sagte Ralinger, hielt er sich einmal sechs Wochen auf, vor ungefähr drei Wochen war er in Begleitung zweier Namens Schillinger von Kolmstein LG Kötzting, wieder hier in Böhmen in mehreren Gasthäusern, war berauscht, und ließ sich unter anderem eine Strecke Weges fahren; er betritt das Böhmen gewöhnlich bei der Kollerkirchen zieht sich dann herunter und verlässt unser Landt an der unteren Grenze des kgl. LG Regen. In verwichenen Sommer arbeitete Heigl drey Monate lang als Ziegelschläger in Wien. Bei einem Bauern an der Bayerisch/Böhmischen Grenze wollte er kürzlich übernachten und ging, da ihm dieses verweigert wurde, in dessen Inhaus, zahlte gut und wurde von der Inwohnerin auf das freundlichste wieder eingeladen.
In Bodenmais blieb Heigl ebenfalls unlängst in einem Hause über Nacht, wo ihn gleichfalls alle Ehre zu Theil wurde......
......auf die dringende Bitte des Wolfgang Plötz von Hundzell, und nachdem dieser den Wolfgang Ralinger weis gemacht hatte, daß gehorsamst unterzeichneter ein Sohn seines in Cham ansäßigen Bruders sei, willigte der Denunziant Ralinger nur aus diesem Grunde ein, die Verhaftung des Heigl bei den ersten maligen betreten der Gegend von Holzschlag zu bewerkstellingen, weil Plötz und Ralinger miteinander zu Hundzell aufgewachsen und innige Jugendfreunde sind....
 
Weiter sagte Ralinger aus: "Das böse Spiel, welches Heigl der königlichen Regierung und den Unterthanen in den Auwasser dermalen mache, freue ihn, Ralinger grade so sehr, als die übrige Menschheit von gemeinem Stande"
Bei der Heimreise machten die beiden "Spione" Mittag in einem Gasthaus und trafen dort auf einen weiteren "Heiglfreund"; dieser sprach "viel Gutes von ihm und hob vorzüglich die schöne Handlung hervor, daß Heigl blos Größköpfe ausraube". Im selben Wirtshaus hörte er auch die Nachricht, dass Heigl plane, die Kasse des Bezirksamtes in Viechtach auszurauben.
Suffa schickte nun seinen Begleiter zum Ralinger zurück, um diesen sich erneut mit der ausgedachten  Räuberpistole auf ihrer Seite zu versichern. Er selber ging weiter nach Neuern, zum k+k Postenkommandanten, dem Korporal Bäumel, dem er den ganzen Tatbestand eröffnete.
Grundsätzlich zeigt sich Suffa überzeugt, dass Heigl in diesem Sommer gefangen werden könnte.
Gez:  Andreas Suffa Brigadier


Und so wird es Juni des Jahres 1953 und Heigl befindet sich immer noch in Freiheit, wie Hauptmann Frays an seine Vorgesetzten schreibt.

2.6.1853   Bericht des Hauptmann Frays an die Regierung von Niederbayern:

Bei Gelegenheit seiner jüngst vorgenommenen Musterung in Kötzting persönlich gewonnener Wahrnehmungen:
Die am 31.3.angeordnete Exekution in Hohenwarth ist am 1.4. in Wirksamkeit getreten, hat jedoch noch zu keinem Resultat geführt. Dien Mannschaft dieser provisorischen Gendarmerie Station unter dem Kommando des Brigadiers Suffa, welcher nach der mündlichen Versicherung des kgl Landgerichtsvorstandes, dessen vollständiges Vertrauen besitzt, ist aus tüchtigen und erprobten Gendarmen diesseitiger Kompanie ausgewählt,  wie überhaupt bei der Wahl der übrigen im kgl Landgerichte Kötzting und Viechtach dislocierte Mannschaft stets nur die tauglichsten und mutigsten Individuen Berücksichtigung erhielten.

Gendarm Lutz, unter dem Namen Wenzl in der dortigen Gegend bekannt, noch immer als Forstaufseher dem kgl Revierförster von Kraft beigegeben, genießt das unbedingte Vertrauen der Einwohnerschaft, weiß sich allenthalben beliebt zu machen, konnte aber seither ebenso wenig, trotzdem daß er Tag und Nacht in verschiedenen Posten lauert, und allenthalben Nachrichten einzuziehen bemüht ist, dieses flüchtigen Verbrechers ansichtig werden, als nur sichere Nachrichten über dessen Erscheinen in dortiger Gegend erfahren.
Heigl lässt sich von Zeit zu Zeit sehen, doch stets nur auf kurze Momente und dies nur bei Leuten, die ihm vollkommen gewiss sind. Die allgemeine Sage in dortiger Gegend spricht davon, dass Heigl jenen ärmeren Bauern, welche den Kosten des Exekutions Commandos unterworfen sind, diese Gebühren vergüten will, damit nicht – durch die Not gezwungen – dieselben vielleicht an ihm zum Verräter werden müssten.

Der verkleidete Gendarm Lutz will solche Äußerungen, wie auch in Wirtshäusern, wo Bauern anwesend waren, welche sich gegenseitig über diese Verhältnisse aussprachen, vernommen haben, daß nicht leicht ein Einwohner dieser Gegend vom Heigl zum Angeber werden könnte. Da ja alle mehr oder weniger durch Verbergen p.p. desselben kompromittiert wären.

Dieser Verbrecher irrt unstet von Wald zu Wald, hält sich nur kurze Zeit in abgelegenen Einödhöfen auf, durchwandert die kgl Landgerichte Kötzting, Viechtach, Regen, Mitterfels, Cham, Roding und Waldmünchen und die böhmischen Wälder, sucht die Einwohner durch ausgestoßene Drohungen wie durch Versprechungen für sich zu gewinnen, wenigstens sich deren Schutz und einen Unterschlupf zu sichern, und bisher hat die Erfahrung gezeigt, daß alle Mittel fruchtlos blieben, irgend einen verlässigen Mann auszumitteln, welcher bereit wäre, Heigl den Händen der Gerechtigkeit zu überliefern.
Nach des ergebenst Unterfertigten unmaßgeblichen Dafürhalten würde vielleicht eine höhere Aufbringungsgebühr leichter zum Ziele führen können.
Wenn auch die Summe von 200 fl für einen armen Teufel verlockend genug erscheinen mag, so möchte dieselbe doch nicht hinreichen, im Falle der Versuch der Arretierung des Heigls missglücken sollte, dessen Schaden, welcher durch die Rache dieses Verbrechers demselben zugefügt werden könnte. Gut zu machen. Ein solches Individuum muss bei den obwaltenden Umständen Gut und Blut in die Schanze schlagen, wenn ein unglücklicher Zufall dessen angelegten Plan scheitern ließe. Eine Summe von 600 fl würde verlockender erscheinen, und doch eher – trotz bevorstehender Gefahren, Hände finden lassen, welche wenigstens ihre Unterstützung im Falle des Zusammentreffens mit p. Heigl, sei es um durch Verrat oder durch Zufall, nicht verfangen würde. Bei diesem erhöhten Preis – für Manche ein Vermögen – dürfte wohl mit einiger Hoffnung, entweder die gänzliche Entfernung des Heigl aus dieser Gegend, oder dessen endliche Arretierung in Aussicht gestellt werden können.
……obwohl bei der unglaublichen Verstocktheit und Verschmitztheit der dortigen Bevölkerung selbst ein Preis von 600 fl noch keine sichere Gewähr zu Heigls endlicher Habhaftwerdung zu leisten im Stande ist.
….die vom Unterzeichnenden im Monat Dezember getroffenen Anordnungen wurden noch strenge vollzogen (Späheposten)
Nach Gerüchten soll Heigl bei jeder Hinrichtung in Straubing gegenwärtig sein, auch hierwegen wurden Anstalten getroffen, und drei verkleidete sehr zuverlässige Gendarmen mit Brigadier Suffa werden der demnächst in Straubing stattfindenden Hinrichtung beiwohnen.
….Exekutionskommando in Hohenwarth müsse bestehen bleiben, ja sogar das Einlegen einer größeren Zahl von Liniensoldaten solle angedroht werden.

 Am 2.6.1853 läuft also Michael Heigl zum Leidwesen der Behörden noch frei im Landgericht Kötzting herum und soll sogar die Frechheit besitzen, inkognito sich in Straubing unter die Zuschauer bei öffentlichen Hinrichtungen zu mischen.

Aber.... der Krug geht nur solange zum Brunnen, bis er bricht, und zwei Wochen später sollte er brechen. 
Am 17.Juni 1853 ist es vorbei mit der großen Freiheit, Michael Heigl und Therese Pritzl werden bei einem heimlichen Flussübergang gesehen und dann beginnt die letzte große Jagd auf den Heigl. 


Freitag, 31. März 2023

Michael Heigl Teil 11 beim Jahreswechsel 1852-1853

 

Michael Heigl

 Dezember 1852 


Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.

Wie ist die Situation: Nach all den Verbrechen, die im LG Kötzting im November 1852 passiert waren, auch wenn nicht alle dem Michael Heigl zugerechnet werden konnten, riss der Regierung endgültig der Geduldsfaden und zog die Zügel an mehreren Fronten an.
Der Gendarmerieleutnant Fürst kam für einige Zeit zur Inspektion.
Wirtshäuser wurden geschlossen bzw. ihnen die Schließung angedroht, Personen wurden reihenweise verhaftet bzw. unter Polizeiaufsicht gestellt, laufende Patrouillen und Streifgänge wurden angeordnet - ungeachtet der strengen Winterszeit  und bei Tag- und Nachtzeit durchgeführt - und nicht zuletzt die Mannschaften verstärkt und die Aufgriffsbelohnung verdoppelt. All dies blieb jedoch zunächst ohne sichtbaren Erfolg, bis auf die Tatsache, dass Heigls Kompagnon, Michael Raimer, hatte gefasst werden können.
Gleichzeitig kommen nun zwei neue Personen ins Spiel, die eine Schlüsselrolle haben werden, die beiden Brigadiers Sommer und Suffa, der eine mit einer tragischen und der andere mit einer eher heroischen Rolle.
Screenshot aus dem Räuber-Heigl-Film von 1973, die Gendarmen bei einer Hausdurchsuchung


Auf der Karte des Landgerichts Kötzting von 1822 - es ist das Exemplar, das den Original-Heigl-Akten beilag und das Carl von Paur benutzte, um seine Terrain-Schwierigkeiten zu erläutern, indem der die im Plan bereits vorhandenen Waldflächen mit Bleistiftschraffuren weit in die Täler hinein verlängerte - kann man die beiden nächsten Tatorte erkennen. Beide liegen im Landgericht Viechtach, bzw. in dem Teil des Zellertals, das als strittig zwischen den beiden Landgerichten im Historischen Atlas von Bayern eingezeichnet war. Der erste Tatort liegt in Pirka, der zweite dann in Weidenhof.

StA Landshut Rep. 168-1 Nr. 63944-III 

Die Kötztinger Gendarmen sind Anfang Dezember hektisch damit beschäftigt, Michael Heigls Basis an Unterstützern und Hehlern einzuschränken.
7.12.1852: Franz Buchberger aus Atzlern wurde verhaftet, verurteilt und für 4 Monate ins Arbeitshaus gesteckt.
Der Grafenwiesener Wirt Georg Wieser, dessen Wirtshaus, wie  im vorigen Teil der Heigldokumentation bereits beschrieben, im November auf amtliche Anordnung geschlossen worden war, versuchte sein Glück als Pächter der Metzgerei des Wirtes von Hohenwarth, jedoch ohne sein Gewerbe anzumelden. Als Reaktion der Behörde wird sein Pachtvertrag sofort annulliert und Wieser angewiesen, sogleich nach Grafenwiesen zurückzukehren. 
Eine angeordnete Streife am 8.12.1852 der Kötztinger Gendarmerie und aller Rechtspraktikanten unter Leitung des Herrn Assessors Yberle, die den ganzen Tag angedauert hatte, erbrachte als einziges Resultat die Verhaftung des Anton Prantl, Inwohnerssohn von Atzlern,  der der Verbindung mit Heigl verdächtigt wurde.
Am 10.12.1852  wurde der Stiefsohn des obigen Grafenwiesener Wirtes, Joseph Zachmann, verhaftet und anschließend für 4 Monate ins Arbeitshaus abtransportiert.
Und dann kam der verhängnisvolle 12. Dezember, mit dem folgenreichen Zusammentreffen von Gendarmerie und Michael Heigl in Pirka.


Der Zusammenstoß in Pirka

An diesem Tage gehen der Brigadier Sommer und der Viechtacher Gendarm Baierl um 11.00 Uhr mittags auf Patrouille und beim Söldner Johann Zitzelsberger werden sie gleich fündig. Sie entdecken eine Spieldose, die aus einem vorherigen Raub stammte. (siehe Bericht über den Raub in der Irlmühle, Gericht Mitterfels, im letzten Beitrag der Heigl-Dokumentation)


Ganz kurz und knapp - später wird der ( stellvertretende) Brigadier Suffa den Vorgang wesentlich ausführlicher schildern - heißt es im Rapport, dass "Brigadier Sommer und Gendarm Baierl in den obigen Boden des J. Zitzelsperger gehen wollten" und "so filen(!) sogleich drey Schuß nacheinander, wo zwey Schuß dem Brigadier Sommer, einer in der rechten Hand, und einer in den Unterleibe und Oberschenkel getroffen haben, wozu Sommer befunden verwundet wurde.
Nach Aussage des Söldners Johann Zitzelsperger welcher verhaftet ist, der Michl Heigl Gerichts Kötzting mit noch zwey Consorten gewesen seyn, die drey Individuen haben sich nach der That geflüchtet und bis jetzt noch nicht habhaft gemacht werden können.
...
Unterschrieben:  "Wegen schwerer Erkrankung des Brigadier Sommer
Johann Mayer Gendarm"

Nun überschlagen sich zunächst die Ereignisse, dies um so mehr, als ja zur der Zeit, als dieser Zusammenstoß Sommers mit Heigl gemeldet wird, der Gendarmerie-Leutnant Fürst schon seit einer Woche die Leitung in Kötzting übernommen hatte. 
Es hat den Anschein, dass bisher die Akten, die ich einsehen konnte, sich mit denjnigen decken, die auch Dr. Sommerfeldt für seinen umfangreichen Heiglbeitrag benutzen konnte.
Die Akten des "Königlichen Corps Commando" aus dem Staatsarchiv in München waren ihm offensichtlich unbekannt, denn der obige Zusammenstoß wird von ihm nur so kurz behandelt, wie er in den Gerichtsakten vorkommt.
Leutnant Fürst jedoch beauftragt den stellvertretenden Brigadier Suffa, einen wöchentlichen Rapport über den Gesundheitszustand des verletzten Brigadiers Stefan Sommer zu erstellen, zu welchem Zweck Suffa zuerst das Geschehen genauestens repetiert, um auch die Art der Wunden erklären zu können.
StA München Gend-KK_316 Andreas Suffa intermistischer Brigadekommandant

Suffa bringt nun in seiner Schilderung des Vorganges  - unterm Datum des 23.12.1852 -  den Überfall in der Irlmühle und die Durchsuchung des Söldners Zitzelsberger in einen Zusammenhang:

"In der Nacht vom 9ten auf den 10ten des Monats wurde zum Schaden der Müllerseheleute Joseph und Katharina Fendl von der Irlmühle königlichen Landgerichts Mitterfels ein Raub verübt, wobei ein 2 fl 24 xr Stück, mit dem Gezeuche(?) der Stadt Augsburg und der Jahreszahl 1626 geraubt worden ist. Dieses Stück Geld brachte der Häusler Johann Zitzelsberger von Pirka LG Viechtach kurz nach obigem Raube zu dem hiesigen Zeugmacher Tobias Seiderer und zahlte damit Zeugwaren aus.
Brigadier Sommer brachte dieses in Erfahrung, verfugte sich hierauf am, 12ten dieses Monats zwischen 12 und 1 Uhr nachmittags, als er mit Gendarm Joseph Baierl, der ohne dieß in der nämlichen Richtung auf Streifpatrouillen abging, nach Pirka und in die Behausung des Häuslers Johann Zitzelsberger. Dort angelangt, zog vorerst Sommer Erkundigung ein, ob niemand Fremder hier sei?
Was durch Zitzelsberger und dessen Eheweib in Abrede gestellt wurde, und immer behaupteten, es sei kein Fremder Mensch im Hause, schien aber das fragliche Ehepaar hierbei verlegen zu sein.
Dieses veranlasste den Brigadier sich mit seinem Gendarmen in die dunkle Nebenkammer des Wohnzimmers zu verfügen, wo ihnen ein kleines Hündchen entgegenkam, welches Zitzelsberger als ein ihm vor 8 Tagen zugelaufenes bezeichnete. In diesem Moment erblickte Gendarm Baierl auf dem Fensterbrett dieser Kammer eine Spieldose, welche eben bei obigen Raub mit Abhanden gekommen ist. Nun kündigte Brigadier Sommer dem Zitzelsberger die Arretierung an, da er sich nicht glaubwürdig ausweisen vermochte, wie er zu obiger Dose gekommen sei."

Jetzt kommt Sommers entscheidender Fehler, der ihm auch nachträglich zum Vorwurf gemacht worden ist.

Zugleich vernahm Gendarm Baierl festen Schritts auf dem Boden ober ihrer gehen. Von der Kammer auf den Boden führt die Kommikation eine schmale Stiege und ist am Ende derselben im Boden, eine sogenannt Falltür, angebracht; Sommer, nun voraus, Baierl hinter ihm, jeder mit gespanntem Hahn, auf die Stiege um auf den Boden gehen zu wollen. 
Kaum hatte Brigadier Sommer die Stiege betreten, als ihm von oben herab schon ein derber Säbelhieb entgegenkam, welcher jedoch fehl schlug. Nun folgten in dieser Richtung auf die Gendarmen herab drei Gewehrschüsse in Blitzesschnelle aufeinander. Zu diesem Behufe war die fragliche Falltür zur Hälfte geöffnet. Der erste Schuss ging Brigadier Sommer durch die rechte Hand, der zweite traf ihn zwey Schrött im Unterkeib fünf derselben im linken Oberschenkel, der dritte desselben war auf den Gendarm Baierl gerichtet, welcher ihm aber ungetroffen vom Kopfe vorüber ging.
In diesem Momente stürzte Brigadier Sommer, den ihn begleitenden Gendarmen in die Arme zurück und verlangte die heiligen Sterbesakramente. Baierl hatte nun zwei Gewehre und einen dem Anschein nach sterbenden Brigadier in Händen.
Detail aus der historischen Karte von Bayernatlas.de, die beiden alten Hausnummern 3 und 11 

"Vor Allem dem Rufe seines Brigadiers folgend, brachte er denselben mit Mühe in die Wohnung des Bauers Joseph Amberger zu Pirka, wohin 700-800 Schritte waren.
Dort angelangt übergab Baierl seinen Brigadier dem genannten Bauern zur vorläufigen Bewirthung und eilte zum kgl Landgerichtsarzt Dr. Pregler und zum kgl. Landgericht Viechtach. Zugleich wurde auch ein Seelsorger requiriert
"


Detail aus der Luftbildarstellung  von Bayernatlas.de, die beiden alten Hausnummern 3 und 11 



Der Herr Kooperator Fischer von Viechtach war der erste, der den Brigadier in seiner misslichen Lage getroffen hat. Gleich nach diesem kam der genannte LGarzt an Ort und Stelle an, welcher Folgendes getroffen haben will: „ Brigadier Sommer lag bei dem Bauern Joseph Amberger nach seiner Verwundung auf einer Bank auf welcher bereits ein Bett zurecht gerichtet war in halb sitzender, halb liegender Stellung mit Montur, die verwundete Hand in einer großen mit kaltem Wasser gefüllten Schüssel, leichenblass, außerordentlich matt und erschöpft, aber bei Bewusstsein.
Nach Abnahme seiner Montursstücke wurde er zeitweilen von Ohnmacht befallen, der Puls war außerordentlich klein und schwach, die Blutung aus der Hand, Bauch und Schenkelwunden war seh bedeutend.
Kurz, sein damaliger Zustand war sehr bedenklich“

Der Häusler Zitzelsberger stand bisher in gutem Rufe, dass er ein Mitglied der Heiglschen Bande ist, war gar nicht bekannt, dieses war auch die Ursache, dass Sommer nicht wußte, mit wem er es zu tun hatte.
Das Landgericht Viechtach, welches nun sogleich im Hause des genannten Zitzelsberger Visitation vornahm, fand dort mehrere Effekten, Kleidungsstücke, wovon ein Hemd blutig war, Munition, ein Gewehr, welches wahrscheinlich bei dem genannten Raub zur Ihrlmühle mit geraubt worden ist, verschiedene Lebensmittel, ein Bett und Asenik.

Nun wurde zur Verhaftung des Häuslers Zitzelsberger geschritten, welcher anfangs alles leugnete, später aber erklärte, dass er aus Furcht vor dem Heigl nicht eingestanden habe, Michl Heigl von Beckendorf sei schon bereits 8 Tage in seinem Hause gewesen, obige Effekten und alles, was gefunden wurde, sei Eigentum des Heigl und er, Zitzelsberger, sei Geschwisterkind zum Heigl.

Dieser Häusler Zitzelsberger vom LG Kötzting kommend, machte sich erst vor kurzem zu Pirka ansässig, dieses war auch die Ursache, dass man ihn zu Viechtach nicht näher kannte.

Brigadier Sommer befindet sich dermalen im kgl Gendarmerie Lokal unter gerichtsärztlicher Behandlung, ist äußerst matt und erschöpft, wenigstens 14 Tage vergehen noch, bis er transportabel wird. Sein Leben wird durch diese erhaltene Verletzung nicht verkürzt sein, zum kgl Gendarmeriedienste wird er aber durchaus nicht mehr fähig sein. Da seine rechte Hand einer gefährlichen Behandlung unterliegt und wahrscheinlich ganz unbrauchbar werden wird.

Hier sind nun ganz besondere Details zum Vorschein gekommen.
Zitzelsberger Johann war also ein Geschwisterkind zu Michael Heigl. Zur Erinnerung - siehe der Heigl Beitrag Teil 2 -: Heigls Eltern hatten 1803 geheiratet und Heigls Mutter war eine geborene Zitzelsberger:
Heigl Josef, der Sohn des Beckendorfer Inwohners Wolfgang Heigl und der Anna, einer geborenen Egner aus Wettzell, heiratet am 8.2.1803 in Kötzting Anna Zisslsberger, die Tochter des Häuslers Georg und der Anna Maria geb. Dreger aus Grafenwiesen.
Die Trauzeugen waren der Schneider Adam Vest und der Häusler Josef Hasensteiner, beide aus Reitenstein
(Pfarrmatrikel Kötzting 408/84)


Ein Abgleich mit dem Urkataster zeigt uns Johann Zitzelsberger auf dem Haus - hier genannt als dem Restkomplex des ehemaligen halben Haimerl- oder Grotzhofes -  mit der Nummer 3 in Pirka.

StA Landshut Grundsteuerkataster von Blossersberg Nr. 10686 Urkataster von 1840


Auch der Staatsanwalt führt diesen Angriff auf die Beamten in seiner Liste als seine Nummer 43 auf und bemerkt am Rande, dass für diese Tat laut dem damaligen Strafgesetzbuch eine Zuchthausstrafe von  13-16 Jahren und anschließend von 4-8 Jahren Arbeitshaus vorgesehen sei.


Unterleutnant Clemens Fürst entscheidet, dass Andreas Suffa zur Brigade Viechtach abkommandiert wird und rügt im Nachhinein in mehreren Punkten das Verhalten des Brigadiers Sommer.
"aus dem Bericht des Hauptmanns Fürst geht hervor, dass Heigl und Consorten sich bereits 8 Tage in Pirka sich aufgehalten hatten ohne, dass die Gendarmerie Kenntnis davon hatten.
Dies bedeutet entweder, dass dieser Ort zu lange unbeobachtet geblieben war und /oder der Ortsvorsteher, dem die Anwesenheit unmöglich unbekannt geblieben sein kann, unzuverlässig sein muss, was die Gendarmerie doch auch wissen müsste.

An den Rand des Gendarmerieparrots notiert er : "…es geht ferner daraus hervor, dass Brigadier Sommer und Gend. Baierl obgleich sie vor der Haussuchung bei dem Zitzelsberger von ihm die Information erhielten, es sei kein Fremde im Hause, von der Unwahrheit dieser Aussage überzeugt sein mussten, da sie feste Fußtritte über sich warnahmen, und ohne die Verlogenheit des Zitzelsbergers und seines Weibes nicht entsinnen.
Zitzelsberger musste ihnen durch das Auffinden der entwendeten Spieldose schon als sicherheitsgefährlich erscheinen und es von daher bei der Beschaffenheit der Lokalität höchst unvorsichtig, ohne weiters in den oberen Teil des Hauses zu dringen, was auch die sehr bedauerliche Verwundung des Brigadier Sommer zur Folge hatte.
Es ist dies nun schon das zweite Mal, dass Heigl der Gendarmerie aus Mangel an Umsicht und Vorsicht entwischen und das Komp. Komdo wird ebenso weiters nicht verkennen, dass Sorgfältigkeit jener Inspektion dringend notwendig ist, und dass vorzüglich auf Intelligenz der dort verwandten Mannschaft zu sehen ist.

Der Leutnant Clemens Fürst in Kötzting

Zuerst ein kleiner Sprung zurück um eine Woche. Seit dem 8. Dezember 1852 befindet sich der "Unterleutnant Clemens Fürst" in Kötzting und beschreibt von nun an Seiten über Seiten von Berichten über seine Aktivitäten und Anweisungen für die hier stationierten Mannschaften.
Zuerst jedoch würdigt er die Maßnahmen, die Carl von Paur bereits durchgeführt hatte, die Verhaftungen und die Wirtshausschließungen.
"Diese Maßregeln und sind ganz geeignet, dem Heigl wenigstens jeden Zufluss allmählich ab zu schneiden. Wären diese Maßregeln früher ins Leben getreten und mit der nunmehrigen Energie durchgeführt wurden, so würde die habhaft Wertung des Heigls gewiss längst ermöglicht sein. Am 11. Dezember mittags 1:00 Uhr ging der erste Streifzug unter der Führung des Unterzeichneten über Beckendorf durch die Kaitersberger Waldung, durchstreifte die Rosenau, Hohenwarth, Gotzendorf, Bergpretzel und Schönbuchen, wo selbst auf der dortigen Anhöhen versteckt bis zur Tagesanbruch gelauert wurde, und kehrte sodann am 12. Dezember früh 7 1/4 Uhr nach Kötzting zurück.
Die erste von Lt Fürst angeordnete und von ihm selbst angeleitete Patrouille im Dezember 1852


Schon zwei Stunden nach dem fatalen Zusammentreffen Sommers mit Heigl war Leutnant Fürst durch einen Boten aus Viechtach informiert worden und traf noch am selben Abend in Viechtach ein, wo er sogleich eine Streife vor Ort anordnete und durch einen Boten nach Kötzting dort veranlasste, dass noch am selben Abend um 23.00 Uhr sich eine eigene Streife speziell Reitenstein, Reitenberg und die Wasenmeisterei vornahm. Als diese Streife um 6.00 Uhr morgens wieder einrückte, hatte sie zumindest den Inwohnerssohn Johann Baptist Zitzelsberger von Haus schnappen können, den sie als Heigls Mitwisser verhafteten.
Am nächsten Tag wieder zurück in Kötzting veranlasste er gleich noch für den Abend desselben Tages einen weiteren Streifzug über Beckendorf, Sperlhammer, Grafenwiesen, Watzhof, Schönbuchen, Gotzendorf und Kaltenbrunn.
Zeitgleich wurde von Cham aus eine Streife über Thenried, Rimbach, Schafhof, Offersdorf, Unterzettling, Oberzettling, Lichtenegg, Riebenzig und Hundzell und eine dritte von Furth in Verbindung mit Eschlkam aus, über Stachesried, Unterhaselbach, Neukirchen, Atzlern, Rittsteig, Kolmstein, Jägerhaus, Hall und Leonholz angeordnet.
Auch die Lamer Gendarmerie musste ausrücken. Ihr Gebiet erstreckte sich von Lam über Englshütt, Ottenzell, Haibühl, Auhof, Kummersmühle und Großmühle.
Arnbruck hatte den Bereich übers Eck, Schönberg, Ottmannszell, Trailling und Arrach abzudecken und die Viechtacher kamen über Pirka, Wettzell, Rogenmühle, Grub, Kammern, Arndorf, Reitenstein, Reitenberg, Vorder- und Hinterhudlach und Ober- und Unterschlsaign in den Kötztinger Raum herein.
Alle diese Streifen trafen am Morgen des des 14. Dezembers früh um 8 Uhr in Hohenwarth zusammen, wo sie sich wieder trennten und beim heimwärts gehen noch all die Orte und Waldungen visitierten, die sie beim ersten Teil der Streife nicht durchsucht hatten, so dass alle erst um Mitternacht auf ihren Heimatstationen eintrafen.
Nur die Viechtacher fanden bei ihrer Durchsuchungsaktion ein "mit Blut beflecktes Hemd, das Eigenthum des Heigl sein sollte."
Sofort am nächsten Tag führte der Gendarmerieleutnant Fürst erneut seine Kötztinger Mannschaft, verstärkt durch das Forstpersonal, in die Kaitersberger Wälder. Am selben Tag, wir sind immer noch am 15.12.1852, ging unter seiner Führung abends eine weitere Streife los, diesmal in Richtung Blaibach bis hinaus nach Zandt, wo sie mit dem Chamer Streifzug zusammentrafen und erst am 16.12.zur Mittagszeit wieder zuhause waren. Wenigstens den Chamern gelang ein Aufgriff; der wegen Straßenraubs gesuchte Josef Simeth ging ihnen ins Netz.
Auch die Mannschaften der anderen 4 Stationen waren erneut in den ihnen zugewiesenen Ortschaften und Wäldern unterwegs.
Und weiter gings: Am 16. Abends mussten erneut die Kötztinger die bekannten Wege von Beckendorf bis Gotzendorf durchsuchen, bis sie am 17. erschöpft um 2 Uhr Nachmittags wieder in Kötzting eintrafen. Sie hatten " mehrere bisher noch unbekannte Schlupfwinkel des Heigl gefunden und nahmen zu Arndorf mehrere gestohlene Gegenstände ab"
Auf dem Boden der harten Realität im Landgericht Kötzting aufgeschlagen, schrieb Fürst fast resignierend: " Die Kräfte sind aufgezehrt und trotz dieser übergroßen Anstrengung kein günstiges Resultat erzielt."
Seinen eigenen Leuten und dem Landgerichts- und Forstpersonal stellte Fürst jedoch ein sehr gutes Zeugnis aus; vor allem lobte er die letzten beiden, da diese ja "bei Tag seinen übrigen Obligenheiten nachzukommen hatten."
Auch war er gezwungen gewesen, "Landwehr zu requirieren, die sich diesem Dienst bereitwillig unterzog" und kommt am Ende zu eben denselben Schlüssen, die auch bereits vorher als Gründe für das Versagen herangeführt worden waren, das Gelände und noch viel mehr die Bevölkerung des Landgerichts Kötzting.

Die Ursachen für das bisherige Misslingen:

Wahrlich dies ist eine Aufgabe der trotz der Aufopferung alle zur Zeit zu Gebote stehenden Kräfte fast unübersteigbare Hindernisse im Wege stehen, die bei dem höchst ungünstigen Terrainverhältnissen in Verbindung mit der fast unglaublichen Schlechtigkeit der Bevölkerung noch keine Aussicht auf ein baldiges günstiges Resultat gewähren.

Über Tal und Hügel, von Fall zu Fall führt der Weg an die meisten Schlupfwinkel des oft genannten Heigl deren Bewohner, durch die nahe Waldung gedeckt, den Verbrecher mit offenen Armen empfangen.
Die Verstocktheit und Schlechtigkeit der Bevölkerung hat schon so tiefe Wurzeln geschlagen, dass selbst Kinder, wenn sie den Verstand erlangen zu Schlechtigkeit mit bestimmt werden, und selbe als würdige Abkömmlinge ihrer Ahnen hartnäckig leugnen, und so eingeschult sind, dass sie auf keine Weise zu irgendeiner Mitteilung zu bringen sind. Wenn auch einen oder dem anderen Gewissensskrupel kommen, so werden sie teils aus Furcht niedergehalten, teils aber hilft man sich durch eine Wallfahrt Heiligenblut bei Neukirchen, dort erlangt man durch Ablass gemeine Vergebung der Sünde und der Seele, wenn auch noch so schwarz, wird sie im dortigen Brunnen (Heiligenblut) wieder weiß gemacht, so der Volksglaube.

Wenn man Gerüchten Glauben schenken darf, so findet Heigl selbst in frommem Hallen ein sicheres Asyl; er liefert Wild und so ein Böckchen ist dem Herrn Pfarrer ein willkommener Bissen.
Nur dadurch, dass die Gegend beständig beunruhigt ist durch Streifen, visitieren etc. und dadurch, dass die Ablieferung der mit Heigl in Verbindung stehenden Individuen in Arbeitsanstalten, wenn auch nur wegen Dienstlosigkeit, fortgesetzt wird, werden diesem Verbrecher allmählich alle Mittel abgesehen und die Einwohner werden sich wohl hüten, ihn zur beherbergen, da sie keinen Augenblick mehr der Haussuchung sicher sind und sie bei geringsten Verdacht eingezogen würden.
Hiervon dürfte aber gar keine Ausnahme gemacht werden, sondern alles müsste den getroffenen Maßregeln unterworfen werden, denn bei der jüngsten Streife hat man Schlupfwinkel in Besitzungen entdeckt, von deren Besitzen man sich so etwas nicht versehen hätte.

Er schlägt vor eine halbe Kompagnie Soldaten hier zu stationieren und diese Drohung der militärischen Exekution auch wahr werden zu lassen, weil sonst die Ortsvorsteher diese schon oft angedrohte aber nie vollzogene Maßnahme als Schwäche der Behörden auslegen würden.
gez. Fürst Lieutenant.
 

Hauptmann Frays, der Vorgesetzte Fürsts, nimmt den Bericht entgegen und reicht den Inhalt - seine eigenen Formulierungen benutzend - an das Innenministerium weiter, nicht ohne auf Kostenersatz zu drängen für den 11 tägigen Sondereinsatz des Leutnants Fürst, der mit fast 50 Gulden zu Buche schlägt.  


Hauptmann Frays in Kötzting 



Am 21. Dezember schreibt Hauptmann Frays seinen Bericht fürs Ministerium noch aus Landshut und  am 23. Dezember 1852 trifft er bereits selber in Kötzting ein, und lässt sich, ähnlich wie zwei Wochen vorher der Leutnant Fürst, zunächst einmal über alles berichten.
Am Heiligabend 1852 formuliert er das Ergebnis seiner Beratungen und kommt eigentlich auch zu keinem anderen Ergebnis, wie seine Vorgänger und meinte: "Heigl ist zu schlau und vorsichtig um auf solche Art sich zu überliefern. Es ist hier die größte Verschwiegenheit und Vorsicht nötig um zum Ziel zu gelangen; derselbe muss vor allem wieder sicher gemacht werden, es muss ihm die Furcht vor Entdeckung wieder verlassen.  In jüngster Zeit wurde der Heigl in verschiedenen Richtungen gesehen, die einen wollen ihn im Landgericht Regen wieder andere im Landgericht Mitterfels und Viechtach gesehen haben. Nirgends hatte er eine bleibende Stätte, er fliegt von Ort zu Ort wie ein gejagtes Wild, ohne irgendwo einen längeren Aufenthalt zu nehmen..

Für den Abend des 24.12. lässt Hauptmann Frays drei Suchtrupps aus Kötzting, Lam und Arnbruck losmarschieren, zu deren gemeinsamen Treffpunkt er dann selber hinzustoßen möchte.
An Weihnachten 1852, um 2.00 Nachmittags, kam er dann von diesem Zusammentreffen zurück und berichtete, dass in Hohenwarth jedes einzelne Haus und sogar das Schloss des Herrn Schrank durchsucht worden war....... Ergebnis: Nirgends eine Spur vorhanden.

Weiter berichtet er, dass den Gendarmen immer mehr und immer öfter falsche Spuren gelegt würden.
"Diese anhaltenden Streifen, welche die Kräfte der Mannschaft nur aufreiben, aber bisher ohne Resultat waren, scheinen überhaupt hier nicht mehr auszureichen. Durchsucht man auch alle verdächtigen Häuser und Winkel, so ist Heigl gewiss bei einem in gutem Rufe stehenden Bauern zugekehrt, nicht selten wurde er bei einer angenommenen Streife in entgegengesetzter Richtung gesehen, obwohl vorher sichere Nachrichten seinen Aufenthalt in der einmal eingeschlagenen Streifrichtung bezeichnet hatten. Überall hat er Zuträger und Freunde; selbst Kinder geben auf Befragen falsche und befangene Antworten und werden bei derartigem Ausforschen durch das Gebärdenspiel der Älteren beherrscht. Während der in der vorhergehenden Woche vorgenommenen allgemeinen Streife, gleich nach dem Vorfall in Pirka, soll Heigl in Kleinaign als Rosenkranzhändler und in Warzenried und Hinterbuchberg, als Bettler gekleidet, gesehen worden sein. So irrt derselbe von Ort zu Ort, stets durch Waldungen, zeigt sich nur selten auf Straßen und auf kurze Zeit in Häusern"

Nachdem die Streifpatrouillen nichts gebracht hätten, schlüge er nun folgende Maßnahmen vor:

"Es sind nämlich sowohl im Patrouillenbezirk Kötzting wie Lam zum großen Teil jene Wege und Richtungen bekannt, wo Heigl sehr häufig gesehen worden sein soll, doch natürlich zu ganz verschiedenen Zeiten, gewöhnlich aber abends oder in aller frühe. Diese Punkte nun fortgesetzt zu bewachen, dürfte das einfache Spähen und Vigilieren von 2 Mann hinreichend erscheinen. Es werde nun jeden Abend und früh morgen 2 Patrouillen, jede zu 2 Mann nach verschiedenen Richtungen, an einen gewissen Ort im Wald geführt, wo Heigl sehr oft zu den herum liegenden Einzelhöfen herüberwechselt. Diese Punkte werden bewacht und nicht viel verändert. Die Patrouille hat sich wenig zu bewegen, sondern nur zu lauschen und zu spähen, wie auf dem Anstand gegen ein Wild. Jede Bewegung würde dem herannahenden Verbrecher die Nähe von Menschen verraten und zu Vorsicht mahnen. Diese Maßnahme wird natürlich ohne alle Unterbrechung tag täglich fortgesetzt, bis neue Anzeichen, weitere Streifen veranlassen.

Er wirbt um Zustimmung zur Verstärkung der Stationen und dass dies Männer auch Zivilkleidung tragen dürften. Auch das Laden der Gewehre mit Schrot solle erlaubt werden und empfiehlt sich mit seiner Unterschrift..

Unterschrift  Frays Hauptm.



Am Rande des Berichts von Hauptmann Frays, der ebenso wie Leutnant Fürst mit leeren Händen wieder nach Landshut zurückkehren musste - ich möchte nicht wissen, wie die beiden im warmen Büro in Landshut sich über die Bevölkerung im Kötztinger Raum ausgetauscht haben, wenn sie schon in ihren Berichten kein Blatt vor dem Mund genommen hatten - schrieb das Generalkommando die Notiz für seine Antwort:
"Auf den von Hauptmann von Frays erstellten Bericht:
Die gewünschte Beorderung von 7 Gendarmen zur Verstärkung der Brigaden in Kötzting und Viechtach wird bei der Regierung vorgelegt und wohl genehmigt.
Der Wunsch, dass die Mannschaft sich „nunmehr grobem Schrot und nicht einer Kugel bedienen solle, wird genehmigt, aber dies ist nur mit Vorsicht zu gebrauchen, sodass nun wenigstens ein Mann einer Patrouille mit Kugel geladen haben solle, um auch auf große Entfernung wirken zu können.
Lauerposten sind genehmigt.
Es scheint, dass Heigl vorzüglich den obern Teil des Thales des Weißen Regens zum Aufenthalt nimmt, wo ihm die gegen dem Ossa und Lohberger Glashütten-Wald, gegen Bayrisch Eisenstein, den Arber und den Lamer Wald gelegenen Glashütten und forstliche Einzelhöfe sowie den Waldungen und vielen Schluchten sichere Schlupfwinkel bieten können.
Wenn die gefundenen Notizen nichts anderes an die Hand geben, so wird besonders diese Gegend im Auge zu behalten sein.
"

Neben dem Bericht für seine Vorgesetzten verfasste Hauptmann Frays auch Regeln für zukünftige Spähstationen. 
Eindeutig sprach er den vor Ort agierenden Bridagiers Suffa und Schmidt sein Vertrauen aus, legte folgende Verhaltensregeln für die Spähposten fest und auch, auf welche Art Visitationen in Häusern zukünftig vorgenommen werden sollten, um ein ähnliches Fiasko wie in Pirka zu vermeiden..


"Jeden Abend sobald es anfängt zu dämmern wird eine Patrouille von 2 Mann und zwar von den Stationen Kötzting, Viechtach, Lamm, Arnbruck in folgender Weise aufgestellt.
2 Mann von Kötzting stehen in der Richtung zwischen Abdecker und Grafenwiesen
2 Mann von Viechtach zwischen Stockmühle und Wettzell
2 Mann der Station Arnbruck zwischen Stanzen und Eck
2 Mann von Lam zwischen Eschlsaign und Hinterhudlach

Diese Posten werden mitten im Walde, auf dem Fußwegen wo möglich an einem Platze, wo sich mehrere Fußwege kreuzen, aufgestellt und bleiben stehen bis 10 Uhr abends.
Dem andern Tages früh 2 Uhr begibt sich eine andere Patrouille auf denselben Platz und lauert gleichfalls wieder bis zur 7. Oder 8. Stunde des Morgens. In dieser Weise werden jeden Abend und Morgen die Posten ohne irgend eine Unterbrechung aufgestellt und die beiden Brigadierskommandanten werden sich öfters gleichfalls in Begleitung eines Gendarmen von dem richtigen Vollzug dieser Anordnung Überzeugung verschaffen. Zu bemerken habe ich jedoch noch, dass diese Patrouillen nie denselben Weg einschlagen, sondern immer nach verschiedenen Richtungen auf diese Posten abgehen, damit alles Aufsehen vermieden bleibt.

Wird diese Maßregel ununterbrochen fortgesetzt, so kann Heigl nicht entgehen, und wird sicher einmal während seinen Wanderungen durch die Wälder auf einen der aufgestellten Lauschposten stossen. Ich brauche hierbei nicht zu erwähnen, dass diese Schleichpatrouille mit der größten Vorsicht zu Werk gehen hat, der Hahn des Gewehrs bleibt fortwährend gespannt und das Zündhütchen aufgesetzt. Jedes Bewegen und Sprechen ist zu vermeiden. Von drei zu drei Tagen, wenn nicht a0ßerorendtliche Mitteilungen früher eine Streife nötig machen, wird von den 4 oben bezeichneten Stationen nach den Waldungen hin und durch dieselben gestreift und alle auf dem Wege liegenden Einödhöfe und Ortschaften durchsucht.

Ich habe mich selbst überzeugen müssen und der beklagenswerte Vorfall mit dem Brigadier Sommer hat mir einen neuen Beleg hierzu geliefert, dass bei diesen Hausdurchsuchungen mit großer Gleichgültigkeit, wenigstens nicht mit gehöriger Vorsicht zu Werke gegangen wird.
Jedesmal ist der Häusler des durchsucht werdenden Hauses vorauszuschicken und unmittelbar demselben folgt ein Gendarm in Begleitung eines Fanghundes, mit gespanntem Hahn, jeden Augenblick bereit, von seiner Waffe Gebrauch machen zu können.

 
Ganz am Ende des Jahres, am 28.12.1852, greift  Carl von Paur noch ein paar unerledigte Vorgänge auf.
1. Für den im Kötztinger Gefängnis immer noch einsitzenden Michael Raimer möchte er eine bessere - sprich sicherere - Fronfeste finden und korrespondiert mit benachbarten Landgerichten. in Kötzting 

2. Über die Theresa Pritzl von Gotzendorf: .... so wurden alle ergriffenen Verfolgungsmaßregeln auch auf diese Person derselben in der umfassendsten Weise ausgedehnt, wie eine hohe Kreisstelle aus dem Berichte des zur Organisierung der Streifen dahier längere Zeit anwesenden Gendarmerieleutnants Fürst von Deggendorf mittlerweile gnädigst entnommen haben wird. Ihrer speziell in den bisherigen Berichten zu erwähnen, hielt man nicht für nötig, da sie bisher für minder gefährlich gehalten wurde, und sie erst bei der jüngsten stattgefundenen Verletzung des Brigadier Sommer von Viechtach ihre Verwegenheit und hohe Gefährlichkeit an den Tag gelegt hat
.
Hintergrund dieser Verschärfung ist, dass sich mittlerweile herausgestellt hatte, dass Therese Pritzl bei dem Zusammenstoß in Pirka offensichtlich mit vor Ort gewesen war.

3. Desgleichen befinden sich 4 der Verbindung mit Heigl teils überwiesener, teils dringend verdächtiger Individuen da hier in Detention und werden noch geschlossener Instruktion der Akten nach Kloster Ebrach abgesendet vorbehaltlich der Detentionsdauer durch eine hohe Regierung. Das Kloster Ebrach beherbergt auch das Arbeitshaus.

4. Weiter sah man sich veranlasst zu kräftigen Organisierung der Streifen und nachdrucksamen Verstärkung des zur Disposition stehenden Vigilanzpersonals einen dringenden Aufruf zur freiwilligen Teilnahme an diesen Streifen an 9 der beteiligten Gemeinden zu erlassen, zu diesem Behufe die 9 Gemeindevorsteher vor Amt geladen, sie über den Zweck dieser Maßregel zu belehren und sie zur energischen Durchführung der selben aufzufordern.
Wie man sich solch eine Vorladung der Gemeindevorsteher vorzustellen hat, wurde im Film sehr schön dargestellt, es ist eine der schönsten Szenen im Heigl-Film von 1973

Szene aus dem Heigl-Film, als die Ortsvorsteher vorgeladen und instruiert wurden.
v.l. Baumann Hans (Fendl), Stoiber Karl (Roschberger), Bachl Hans (Bgm von Rimbach), Gmeinwieser Franz, Hierstetter Alois - "Meindl Alis" -  aus Walting. Vielen möglicherweise auch als Pfingstreiter in Erinnerung, der die Zügel seines Pferdes an seiner "Eisenhand" befestigt hatte, sein Pferd in Steinbühl auch nicht verließ, sondern die ganze Zeit auf seinem Pferd vor der Nikolauskirche in Steinbühl sitzenblieb. Bauer Karl 

Es blieb nicht ohne Resultat. Von der Gemeindeverwaltung Hohenwarth haben bereits sämtliche aktiven Gemeindemitglieder, 42 an der Zahl, den Sinn für Legalität durch ihr freiwilliges Erbieten zum Streifen durch Unterschrift erklärt, während in der Gemeinde Grafenwiesen 11 ledige Burschen unlängst auf den Michael Heigl aus eigenem Antrieb eine Nacht lauerten. Aus diesem, wie wohl einzeln stehenden, Ereignisse geht hervor, dass die traurige Popularität des Michael Heigl durch schlaues Benehmen und verschiedene künstliche Mittel erworben, beim Landvolk die Wurzeln verliert, sowie die für ihn vorhandenen Sympathien durch die Tag und Nacht fortgesetzten Hausvisitationen, endlich in entscheidender Abneigung gegen ihn übergehen werden.

"Ist aber dieses einmal der Fall, so wird seine Habhaftwerdung wesentlich erleichtert werden, umso mehr, als die wirklich lobenswerte und aufopfernde Tätigkeit des hiesigen Gendarmerie und Forstpersonals sowie des Kaminkehrers Diermayer dahin, der bei jeder Gelegenheit sich an den Streifen beteiligt, und den Heigl bei einer solchen Streife früher schon zwei Schüsse beigebracht hat, nichts Mehr zu wünschen übrig lässt.

Dem hohen Befehle gemäß ist man auch schleunigst mit den böhmischen Bezirkshauptmannschaften und den umliegenden Polizeibehörden unter Mitteilung des Signalements des Michael Heigl ins Benehmen getreten. Seine Individualität ist gegenwärtig umso mehr ausgezeichnet, als nach glaubwürdigen Depositionen mehrerer Zeugen, Heigl eine von der Stirne bis zum Munde sich herabziehende kaum vernarbte Wunde trägt, die er Zweifels ohne bei dem Raub in Irlmühle erhielt – da eine Person dort verwundet wurde, und er sich im Besitz von Gegenständen befand, deren Identität mit den dort Geraubten bereits hergestellt is
t.

Am selben Tag noch bringt Frays einen weiteren schlauen Plan zur Ausführung - er möchte halt nichts unversucht lassen:
Der Unterzeichnete (Hauptmann Frays) benötigte ferner noch einen sehr schlauen, entschlossenen Gendarm, welcher in dieser Gegend gänzlich unbekannt ist und berief den erst vor kurzem nach Eichendorf kommandierten Gendarm Lutz nach Kötzting da dieser Mann in jeder Hinsicht verwendbar und zu der für ihn bestimmten Aufgabe tüchtig erscheint. Derselbe ist nämlich angewiesen, als Jäger gekleidet, die Waldungen zu durchstreifen, die von Heigl öfters besuchten Orte, wovon Hohenwarth der Mittelpunkt ist, zu überwachen, hier Spähe zu halten, ohne Aufsehen oder Verdacht zu erregen und so vielleicht einen ständigen Aufenthalt des Heigl auszumitteln. Diesem ganz verlässlichen Gendarm musste jedoch auch die Erlaubnis erteilt werden, nicht im Gendarmerie Lokal zu übernachten, überhaupt jeden öffentlichen Verkehr mit der Gendarmerie Mannschaft zu vermeiden. Für dessen Unterkunft ist vom Posthalter Schrank zu Kötzting, Besitzer des Schlosses von Hohenwarth, welcher ein sehr braver und gutgesinnter Mann ist, geeignete Vorsorge getroffen.
Gendarm Lutz wird in der Eigenschaft als Holzaufseher und Jäger in Hohenwarth erscheinen und dadurch keinen Verdacht erregen.
Nur durch solch außerordentliche Mittel ist ein Gelingen möglich und Gendarm Lutz scheint dem Unterzeichneten nach allen bisher genommenen Erfahrungen der Mann zu sein, diese Aufgabe zu lösen, da er schon vielfache Beweise an unerschrockenem Mute und seltener Schlauheit gegeben hat. Derselbe wird vom Unterzeichneten mit den genauesten Instruktionen versehen werden.
Die Verstärkungsmannschaften sind eingetroffen.


Nach Silvester lieferte Brigadier Suffa seinen ersten Bericht über den Zustand des verletzten Stefan Sommer ab:
"Der Schuss, welcher dem Brigadier Sommer in Unterleib und im linken Schenkl verwundete, ist bis auf drei Schrottlöcher geheilt. Diese drei Löcher, welch noch offen sind, werden auch bald geheilt sein.
Die Wunde in der rechten Hand wird täglich schöner, jedoch ist selbe noch bedeutend und ist Sommer wegen dieser Wunde noch nicht transportabel. Schmerzen hat er noch ungemein viel und muss ihm durch die Warterin das Essen eingegeben werden"

Hier noch einmal ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.


Wird fortgesetzt

Mittwoch, 15. März 2023

Ein besonderer Fund im Internet - der Räuber Heigl von Oskar von Zaborsky

 Anlässlich eines Treffens der Ortsheimatpfleger im Cordonhaus in Cham, hielt
Frau Dr. Kleindorfer - Marx einen Vortrag über den Bilderschatz, den der Landkreis Cham vom Volkskundler Oskar von Zaborsky verwahrt, welcher ja zusammen mit seiner zweiten Frau, Grete von Zaborsky, in Leckern im schönen Zellertal wohnte und arbeitete.
Dieser Bilderschatz - vor allem mit den Motiven aus der Kötztinger Umgebung - ist es durchaus wert in Teilen auch hier einmal vorgestellt zu werden.
Jedenfalls war dieser Vortrag Anlass, einmal wieder im ZVAB, dem zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher, im Internet nach "Zaborsky" zu suchen und siehe da, Oskar von Zaborsky war auch Mitarbeiter der "Altbayerischen Heimatpost" und hat für diese Beilage eigene Artikel verfasst und diese auch illustriert.


Eine Vorschau des Verkäufers zeigte auch den Artikel, den Zaborsky geliefert hatte und ...... es ging um den Kötztinger Räuber Heigl.
Als promovierter Volkskundler - und auch noch in jahrzehntelanger Praxis - war es für ihn natürlich eine Selbstverständlichkeit, vor Ort die Menschen zu befragen und diese "Interviews" auch in seine Geschichte des Michael Heigl einließen zu lassen.
Der Ablauf des Geschehens entspricht ungefähr dem tatsächlichen bekannten Zeitpfeil der entscheidenden Jahre Heigls auf seiner Flucht.

StA Kötzting Krämerarchiv Oskar von Zaborsky

Was den Text allerdings besonders macht, sind einige Informationen und Anekdoten, die er von Nachfahren Heigls und seiner Zeitgenossen erfahren haben will.

So dürfte er die Quelle gewesen sein, der Heigls Geburtsort  - fälschlicherweise - auf dem Kreuzberg verortet und er zitiert auch den Köppl vom Reitenberg, dessen Ablaufröhre seiner Quellfassung im Kaitersberghang Heigl immer dann verstopfte, wenn er dem Bauern - am anderen Ende der Röhre - sein Kommen ankündigen wollte. 
Auch sein Entweichen ins Ungarische (gleich zwei mal) erscheint bei Zaborsky.


Es ist bezeichnend - lt. Frau Dr. Kleindorfer-Marx -  für das Arbeiten Oskar von Zaborsky, dass er es bevorzugte, bei seinen Illustrationen eher zu zeichnen als Fotos zu verwenden, ja sogar lieber Fotos abzeichnete.
Das ist in diesem Falle schade, denn er behauptet, bei einem Nachkommen Heigls ein Bild des Michael Heigl gesehen zu haben, welches er folgend dann abgezeichnet und in seinem Beitrag veröffentlicht hatte.
Anders alle alle späteren Darstellungen Heigls ist zumindest die Abbildung  "dieses" fast bartlosen Michael Heigl näher an der historischen Figur als sonst üblich.
Hier nun "Das Leben und Ende des Räubers Heigl" von Oskar von Zaborsky.



Nimmt man seine Portraitzeichnung des Heigl als Maßstab, so "könnte" eine seiner Marionettenpuppen - Stichwort Hinterleckern - diesem Bildnis nachgeformt worden sein.

Marionette aus der Sammlung
Zaborsky

Auch dieser kleine Fund passt gut hinein in die Datensammlung und Dokumentation über "unseren" Michael Heigl.  Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.


Foto Pongratz: Der Grabstein Zaborskys auf dem Alten Friedhof in Kötzting



Als unbeabsichtigtes Beiwerk findet sich in den vier Heftchen auch noch ein Lebensbild und eine ausführliche Würdigung des Kötztinger Trachtlers Conrad Krämer der Alte, des Heimatlers und Ostmarkonkels.






Freitag, 10. März 2023

Michael Heigl Herbst 1852 - 10. Teil

 

Michael Heigl

Der November 1852 

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.

Screenshot aus dem Heigl-Film von 1973: Heigl in der Nacht vor dem Fenster eines Einödhofes


Es wird November im Jahr 1852 und die Ereignisse überschlagen sich, vor allem, weil Michael Heigl nun offensichtlich wieder einen neuen Kumpanen hat, Michael Raimer aus Anstorf. Diesem war es, wie aus den Akten hervorgeht, gelungen, aus dem Kötztinger Gefängnis zu entkommen und sich MH wieder anzuschließen.

Hier zunächst in Kürze das Geschehen, welches im November - natürlich - immer sofort dem Michael Heigl zugeordnet wurde.
7.   November  Raub in Ecklshof
9.   November Raub in Irlmühle
12. November Raubmord in Hudlach
15. November Verwundung und Misshandlung des Martin Fendl
16.-25. November Eine Verhaftungswelle setzt ein.
26. November Michael Raimer wird gefasst. 
Doch nun der Reihe nach.


Der Raub in Ecklshof


Am 13.11.1852 musste Carl von Paur wieder einmal einen Bericht an das KdI (Kammer des Inneren) abfassen.
Carl von Paur 
"Am Sonntag den 7. November des Jahres wurde um 8:00 Uhr früh das 73-jährige Austrägerseheweib Anna Maria Pritzl zu Ecklshof, der Gemeinde Arrach, dies Gerichts während sie sich ganz allein in ihrem Austragshaus befand, von einem vermummten Burschen überfallen, lebensgefährlich bedroht und in den Keller gesperrt, worauf der Räuber in der Schlafkammer eine Truhe und auf dem Boden einen Hängkasten gewaltsam aufsprengt und ungefähr 200 Gulden an barem Geld und mehrere Effekten mit sich genommen. Übrigens hörte die Beraubte, während sie in den Keller versperrt war, in der Kammer leise sprechen, woraus zu schließen ist, dass der Räuber noch einen Genossen hatte, welchen die Beraubte nicht zu Gesicht kaum, in dem diese von den Räubern in den Keller eingesperrt gelassen und erst von ihrem, Nachmittags zwölf von der Kirche zu Hohenwarth heimkehrenden, Ehemann aus dem Keller befreit wurde. Verdacht diese Tat besteht gegen den berüchtigten Flüchtling Michael Heigl von Beckendorf und gegen den vor wenigen Wochen aus der hiesigen Fronfeste entwichenen Michael Raimern von Anstorf, welcher seit seiner Flucht mit Heigl in steter Gemeinschaft steht. Die Untersuchung ist im Fall im Laufen, Gendarmerie und Gerichtsdiener Personal in voller Tätigkeit.
In tiefster Ehrfurcht, der königlichen Regierung
Karl von Paur Landrichter in Kötzting

Diese beschriebene Tathergang findet natürlich auch Eingang in die staatsanwaltliche Prozessvorbereitung und dort finden sich einige Zeugenaussagen zum Thema, wo Heigl sich in den Jahren zuvor - als er aus dem Kötztinger Raum geflohen war - aufgehalten hatte und was er dort gemacht haben soll.
In einer munteren Runde von Menschen, auf die er sich wohl verlassen zu können glaubte, hatte er einige Geschichten aus seiner Vergangenheit erzählt.
Zuerst wiederholt der Staatsanwalt - unter der Nummer 42 seiner Auflistung der Taten Heigls - die von Carl von Paur oben zusammengestellten Punkte und führt danach - zur Beweisführung der Täterschaft Heigls - weiter aus:
Angeschuldigt Heigl und Raimer Michael, ledig von Ansdorf.
Vier Zeugen wegen Verdachts und Verwandtschaft zur Auskunft vernommen, Mutter und Schwester des Raimer, Dienstmagd der Pritzlschen geben zu, daß sie die Nacht vor dem Raube den Heigl und Raimer in der Inwohnung der Barbara Hamberger zu Eggershof, welche Inwohnung mit dem Austragsstüberl der Pritzlschen ein Continuum bildet, und unter einem Dache steht, beisammen waren und Heigl seine im Jahre 1848 und 1849 in Ungarn als Weinwirth erlebten Abentheuer erzählte.
Auch Raimer. der bald darauf gefangen, hierüber vernommen wurde gestand zu, daß er am fraglichen Tage abends mit dem Heigl bei dem Hamberger gewesen.
Damnifikantin (die Geschädigte) will bei der Befragung die länglich gestreifte Hofe des Raimer erkannt haben.
Rainer leugnet übrigens.
beruht auf Vernehmung des Michael Heigl.

Einschub
Aus dieser Episode der Strafverfolgung Heigls stammt also die Info über sein Entweichen ins Ausland nach Österreich-Ungarn.
In dem Heigl-Film aus dem Jahre 1973 erzählt Michael Heigl seine Geschichten im Wirtshaus den interessierten Zuhörern.

Szene aus dem Heiglfilm: Michael Heigl erzählt......
v.l. x, Guggenberger Hans, Bauer Karl (Roschberger Karl), Schedlbauer Wolfgang, x


Einschub Ende

Der Raub in Irlmühle

Und erneut verließ Michael Heigl schnell den Großraum Kötzting, denn der nächste Tatort liegt im Landgericht Mitterfels, genauer ein Überfall in der Irlmühle.


"Der Unterzeichnete meldet gehorsamst, dass am 9ten des Monats nachts 11:00 Uhr bei den Austragseheleuten Josef und Katharina Sandl zu Irlmühl, königliches Landgericht Mitterfels, von zwei bewaffneten Mannspersonen eingebrochen, beide Eheleuten unter Androhung des Todes bedeutent jedoch nicht lebensgefährlich verwundet, und an Geld und Effekten zu circa 110 Gulden beraubt wurden, worauf sich die Thäter gegen die Gränze des Landgerichts Kötzting entfernten.....
Es wurden so gleich Patrouillen abgeschickt, und die umliegenden Stationen durch Zirkulare in Kenntnis gesetzt, jedoch konnten die Täter aber bis jetzt noch nicht entdeckt werden.
Den königlichen Korpskommando war die gleiche Meldung erstattet

Alois Schwandner Stationskommandant


Was sich im Polizeibericht in seiner Kürze so unproblematisch liest, war in Wirklichkeit sehr viel dramatischer und vermutlich in seinen Auswirkungen - wegen der Verwundung des Heigl - der Anfang vom Ende seiner Zeit in Freiheit..... nicht jedoch seiner Verbrechen.
Der Staatsanwalt schreibt unter der Straftat Nummer 44,  für die allein er bereits auf Todesstrafe plädierte:
Beide Eheleute wurden in der Nacht von 2-3 Räubern gebunden, überfallen und geknebelt, vielfach ohne Schemung ihres vorgerückten Alters mißhandelt und unter lebensgefährlicher Drohung zur Herausgabe des Geldes aufgefordert.
Die Frau wußte sich von den Banden zu befreien und ein neben dem Bette liegendes Beil zu ergreifen, womit sie einem der Räuber einen Hieb versetzte, mehr wusste sie nicht.
Das warme Blut spritzte ihr in das Gesicht heraus.
Beide Müllerseheleute wurden so misshandelt, daß sie 10-12 Tage das Bett hüten mußten.
Geraubt wurde das Geld /: Augsburger Thaler und als charakterische Sache eine Spieldose, die deshalb auch aufgeschrieben wurde, an Geld bei 100 fl.
Angeschuldigt Michael Heigl als Urheber im Complotte, der kurz nach diesen Attentat mit einer frisch blutenden Wunde gesehen wurde
.
 Diese Spieldose und die Augsburger Taler werden beim nächsten großen Zusammenstoß Heigls mit der Polizei noch eine entscheidende Rolle spielen.

Der Raubmord in Hinterhudlach


Die Aufregung -  und die daraufhin folgenden Patrouillengänge der Wachtmannschaften -  über die Misshandlung des alten Ehepaars war noch in vollem Gange, als die Nachricht über einen grausamen Raubmord in Hinterhudlach hereinplatzte, ein Mord mit fürchterlichen Verletzungen des Opfers.

Die Gendarmeriestation Lam meldete mit Datum des 12. Novembers 1852 an die Gendarmeriebrigade in Kötzting, dass am Vortage "früh die alleinig zu Hause befindlichen Bäuerin Anna Maria Mühlbauer von Hinterhudlach auch königliches Landgericht Kötzting in ihrer Wohnung von zwei Räubern  überfallen wurde, welche ihr die Gurgel abschnitten, die Hirnschale einschlugen und mit einer  Pflugsäge das Gesicht von der Stirne über die Nase bis zum Kinn zerspalteten, wodurch sie augenblicklich ihren Geist aufgeben musste. Die Mörder schleppten selbe sodann in die Nebenkammer, erbrachen dort mit einer Holzaxt gewaltsam den Kasten und raubten aus demselben 200 Gulden an barem Geld und entfernten sich aus dem Hause. Ein bei der Ermordeten noch zu Hause befindliches zweieinhalbjähriges Kind gibt an, dass zwei Männer die Ermordete in den Hals gestochen und dann in die Nebenkammer geschleppt haben.
Der Verdacht richtete sich natürlich sofort auf Michael Heigl und Michael Raimer, auch weil MH häufig in Hudlach sich aufgehalten hatte und "von den dortigen sämtlichen Bewohnern vielfache Unterstützung" genoss.
Wie immer in diesen Fällen, kamen später noch weitere Details hinzu, so dass Carl von Paur  am 15.November eine wesentlich genauere Schilderung der Begleitumstände an das KdI weiterreichte.
"Am Donnerstag 11. November (Martinstag) des Jahres wurde ungefähr um 7:00 Uhr morgens die Bauers Ehefrau Anna Maria Mühlbauer zu Hinterhudlach (der Gemeinde Ansdorf) welche während des Frühgottesdienstes und da ihr Ehemann, mit Vogel schießen beschäftigt, sich auf ungefähr eine halbe viertel Stunde Entfernung vom Hause weg begeben hatte, mit zwei dreijährigen Kindern allein zu Hause war, räuberisch überfallen und in der Kammer neben ihrer Schlafkammer mit einer Ofenkachel, dann eine Hacke und einem Pflugeisen so grässlich zu Tode gemartert, dass ihr Gesicht von mehreren klaffenden Todeswunden bis zur gänzlichen Unkenntlichkeit entstellt und ihr Hals mit der Ofenkachel mehr als zur Hälfte nach seiner ganzen Quere durchbohrt war, und die Unglückliche von mehreren kurz danach im Vorbeigehen dort auf Besuch zusprechenden Burschen in ihrem Blute schwimmend und entsetzlich entstellt tot in der Nebenkammer gefunden wurde.
Nun aber, bereits drei Tage nach der Tat, bekam die Geschichte eine neue Wendung und so schrieb Carl von Paur weiter: "Der Verdacht dieser schauderhaften Tat bestand im aller ersten Augenblick gegen die beiden flüchtigen Genossen Michael Heigl und Michl Reimer zu deren endlicher habhaft Werdung die Gendarmerie Tag und Nacht in Tätigkeit ist. Durch mehrere heutige Vernehmungen hat sich indes starke Vermutung auch gegen den Dienstknecht des Bauern Josef Mühlbauer und der Ermordeten, den Neunzehnjährigen Georg Fechter aus Gotzendorf, dieselben Gerichts, ergeben, dessen sofortige Arretierung man heute zu verfügen sich gesetzlich veranlasst fand.
Die Kötztinger Gendarmen Blüml und der Brigadier Schmidt hatten den ledigen Dienstknecht und Inwohnerssohn von Gotzendorf, Georg Fechter, mit einer "bedeutenden Barschaft" aufgegriffen und in die Kötztinger Fronfeste eingeliefert.
Brigadier Schmidt schilderte den Vorgang genauer: "nachdem man das geraubte Geld in den Koffer des Räubers Fechter gefunden habe, welches verborgen in einer Ecke sich befand, derselbe sich dadurch des angeschuldigten Raubmordes überwiesen fühlte, legte er sogleich ein unumwundenes Geständnis ab, daß er in Verbindung mit dem flüchtigen Michael Raimer von Ansdorf den fraglichen Raubmord verübt habe."

Detail der historischen Karte von Hinterhudlach aus Bayernatlas.de

Detail der Luftaufnahme von Hinterhudlach aus Bayernatlas.de

Nun war zwar Michael Heigl aus der Schusslinie bei diesem Verbrechen, jedoch wurde sein  Kompagnon der Tat beschuldigt und als Folge wurde der allgemeine Fahndungsdruck noch einmal erhöht. Daher bestand auch für ihn die Gefahr, nun doch geschnappt zu werden und so erklärt sich wohl seine nächste Tat.

Mit Datum des 18.11.1853 schrieb Carl von Paur an das Ministeriums und berichtigte seine letzte Meldung insofern, als nun der ledige Georg Fechter alleine als der Täter sich herausgestellt hatte.
Fechter war seit Lichtmess 1852 bei den Bauersleuten in Hinterhudlach als Knecht im Dienst und von diesen sehr geschätzt worden. Als sein Tatmotiv hatte er "Verdruss wegen erhaltener Zurechtweisung von Seite der Dienstbäurin aus ganz geringfügiger Veranlassung und Habsucht" angegeben. Das geraubt Geld sei aufgefunden und in Verwahrung und der Täter habe gestanden, den Raubmord ganz alleine durchgeführt zu haben, obwohl " einzelne Nebenumstände auf eine Beyhilfe schließen lassen."
Carl von Paur gestand durchaus ein, dass, bereits bevor der wirkliche Täter gefasst und bekannt geworden war, die allgemeine Meinung "sich dahin aussprach, daß Heigl der Thäter nicht sey, da man demselben nicht für so unklug halte, daß er eine derley, jedes Gemüth empörende, Blutthat, welche ihm den Haß der Gesamtbevölkerung zuziehen und ihm die bisherige Fluchtbegünstigung ganz sicher entziehen würde, im Bereiche seines Aufenthaltes begehen werde, - eine Annahme, die sich nunmehr verifiziert.
Weiters berichtet er - um die mögliche Täterschaft des Heigl auch von einer anderen Seite zu entkräften - , dass der Bauer Josef Mühlbauer von Hinterhudlach, dem allgemeinen Gerede nach, unzweifelhaft  als früherer Unterstützer des Heigl anzusehen ist, auch wenn ihm dies niemals hatte nachgewiesen werden können.
Ansonsten wurden folgende Maßnahmen eingeleitet, um Heigl und Raimer zu erwischen:
1. Die Tag- Nacht- und Kirchenwacht wurde im ganzen Landgerichtsbezirk erneuert.
2. Wurden die Gemeinden Hohenwarth, Arndorf, Grafenwiesen, Gotzendorf, Arrach, Ansdorf, Rimbach und Liebenstein dahingehend informiert, dass sie einer möglichen militärischen Exekution mit mindestens 100 Mann entgegensehen würden bei gleichzeitiger Bestätigung einer Belohnung für den Aufgriff in Höhe von 100 Gulden.
3. Wurden folgende Personen verhaftet, die der Hehlerschaft dringend verdächtig geworden waren. 
Adam Heigl, Inwohnersohn von Beckendorf /: Bruder des Flüchtlings:/
Wolfgang Pfeffer, verheuratheter Inwohner von Stanzen
Josef Mühlbauer , Wirtssohn von Grafenwiesen
Josef und Wolfgang Wurzer Inwohnerssöhne von Watzlhof

"Weitere Arretierungen werden noch vorgenommen werden, darunter jene des Wolfgang Heigl /:zweiter Bruder des Flüchtlings:/ die man bisher aus dem grunde unterließ, da man hofft, bei ihm desselben eher als anderswo habhafft zu werden.
Auch die drei Buben des Michael Heigl:
Michael 16 Jahre alt
Christoph 13 Jahre alt und
Georg 10 Jahre alt, 
die sich bei ihrer Mutter, der ledigen Weibsperson Anna Maria Gruber in Reitenberg aufhalten, wird man zu detinieren veranlasst werden, da sie im Verdachte stehen, dem Vater Nahrungsmittel zuzuschleppen, und hat man wegen Unterbringung dieser 3 verwahrlosten Kinder , da sie hierorts aus 
Furcht vor dem Vater, niemand annehmen will, nach Auswärts Korrespondenz eröffnet."
Zwei weitere junge Männer wurden unter Polizeiaufsicht gestellt: Franz Kerscher von der Zittensäge und Peter Bablick aus Grafenwiesen. Auch wurde Beiden der Wirtshausbesuch in Grafenwiesen, Schönbuchen und Hohenwarth für das nächste halbe Jahr verboten. Dieses Verbot musste in den entsprechenden Wirtshäusern auch öffentlich angeschlagen werden.
4. "Die Wirtschaft des Korbzäuners Hastreiter in Kötzting, welche er ohne polizeiliche Bewilligung pachtweise seit ein paar Jahren ausübte, wurde wegen Beherbergung schlechten Gesindels und namentlich von Burschen, die der kameradschaftlichen Verbindung mit Heigl verdächtig sind, gesperrt." Gegen diesen Beschluss hatte Hastreiter Widerspruch eingelegt, was jedoch keinerlei aufschiebende Wirkung hatte; das Wirtshaus wurde zunächst geschlossen.
Einschub
Der Korbzäuner" Josef Hastreiter hatte im Jahre 1832 das Kötztinger Armenhaus an der Straße nach Gehstorf gekauft und sich offensichtlich das Recht der Ausübung einer Gaststätte vom Lebzelter Johann Liebl auf Zeit gepachtet.
Haus - und zugleich Wirtshaus - des Korbzäumers Josef Hastreiter


In den Akten des Landshuter Innenministeriums befindet sich ein Akt, als Josef Hastreiter gegen die Schließung seiner Gaststätte - die er offensichtlich in seiner Wohnung betrieben hatte - Protest einlegte.
StA Landshut Reg. v. NB KdI Nr. 3525

Act
der
Koeniglichen Regierung 
von Niederbayern
Kammer des Innern
über
das Gesuch des Joseph Hastreiter
um Ausübung einer in Pacht genommenen Tafernwirtschaft
in Kötzting
königl, Landgericht Koetzting
1852

Natürlich wurde das kgl. LG Kötzting um seinen Bericht gebeten und Carl von Paur rechtfertigte die Schließung der Gaststätte:
"Die rubr: Betr: verwachsenen Aktenprodukte werden nebst der eingelegten Berufung des Joseph Hastreiter, Korbzäumer und Pachtwirts von Kötzting zur hohen Entscheidung in Vorlage gebracht und erlaubt sich die unterfertigte Behörde gehorsamst noch beizufügen, daß die Sperrung der genannten Gastwirtschaft vom sicherheitspolizeilichen Standpunkte aus dringend indiziert war, indem Joseph Hastreiter im verdachte steht, den Räuber Heigl und sonstiges liederliches Gesindel häufig beherbergt zu haben,  und dieses Wirthaus am äussersten Ende des Marktes befindlich schwer zu überwachen ist. ........."

Auch Hastreiters Beschwerdebrief liegt dem Akt bei:


Kötzting den 17. November 1852
...... ich habe im Jahre 1850 vom Lebzelter Johann Liebl in Kötzting, welcher 2 reale Gewerbsberechtigkeiten, nämlich das Lebzelten, melblen und das reale Braurecht besitzt, dessen reales Braurecht uf 10 Jahre gepachtet, u. ich habe nun dieses reale Braurecht bis gegenwärtige Stunde ruhig, ungestört, und ohne Iemands Widerrede ausgeübt.
Ich bin ein ansäßiger Bürger im Markte Kötzting, habe also das Recht gehabt, dieses reale Gewerbsrecht zu pachten.....
Lang und breit argumentiert Hastreiter danach, wie wenig sich die Behörden, trotz seiner mehrmaligen Nachfrage um amtliche Genehmigungen, darum gekümmert hätten, ihm die Ausübung zu untersagen, weshalb er jetzt auch eine Art von Gewohnheitsrecht poche.
Ja mehr noch:

"... da mir sogar während dieser Zeit die polizeiliche Bewilligung zur Haltung eines Bürgerballs zum öffentlichen Verkauf des Bieres in den zwei Märkten zu Weißenregen.... 

"und zu Schönbuchen ertheilt wurde.
Überdies wurde mir die Ausübung dieses Rechtes schon mehr als zwei Jahre gestattet...
.."

.....allerunterthäniger gehorsamster Joseph Hastreiter Hausbesitzer in Kötzting.

Es half ihm nichts, das Innenministerium folgte der Argumentation Carl von Paurs, schmetterte die Eingabe Hastreiter ab und verurteilte diesen sogar noch in die Kosten dieser zweiten Instanz.
Bisher war es nur möglich aufgrund der Aussage Paurs, das Wirtshaus läge am äußersten Rand von Kötzting, auf sein eigenes Haus zu schließen. Im Ablehnungsbescheid des Innenministeriums heißt es allerdings genauer, dass  ..

 die Bewilligung zu Ausübung des von ihm gepachteten Gewerbsrechtes in seiner Wohnung " nicht vorlegen habe können.

Einschub Ende


Auch die  Wirtschaft des Grafenwiesener Wieser solle aus den oben genannten Gründen demnächst geschlossen werden. Wenn die Umstände es zuließen, solle auch gegen die Wirte in Liebenstein und Schönbuchen genauso verfahren werden.
5. Unausgesetzt und ungeachtet der Beschwerlichkeiten würde von Seiten der Stationen  Kötzting und Lam patrouilliert und Streifen angeordnet. Besonders hervorgehoben werden die "Nachstreife vom 14ten und eine Tagstreife vom 20ten d. Mts, woran das Amts- und Forstpersonal freiwillig seh thätigen Antheil genommen hat."
6. In Hinblick auf vertrauliche Mitteilungen gibt sich Paur zwar erwartungsvoll, gibt aber durchaus zu, dass "einer der ersten dißfallsigen Versuche leider zu einer Gewaltthätigkeit Veranlassung gegeben hatte", was ein " Beleg dafür ist, daß dem Heigl nicht leicht etwas unbekannt bleibt."
Heigl würde in solch einem Falle " mit einem Terrorismus verfahren, der schweigsam mache"
Solch ein Akt des "Heiglschen Terrorismus" ereignete sich dann bereits am Tag drauf.




Die erneute Rache an Martin Fendl


Nur einen Tag später musste der Kötztinger Brigadier Schmidt die nächste Anzeige aufnehmen und schrieb an seine vorgesetzte Behörde in Landshut: "Dass gestern mittags zwischen zwölf und 1:00 Uhr sich der flüchtige Michi Heigl von Beckendorf in der Wohnung seiner früheren Geliebten Anna Gruber von Reitenstein, königliches Landgerichts Kötzting, drängte und den dort anwesenden Martin Fendl von Hudlach (früher ein guter Kamerad von Heigl) so gleich mörderisch überfiell und denselben mit einem Schrotschuss am linken Unterschenkel eine bedeutende Wunde bei brauchte. Überdies noch schlug Heigl mit seinem Doppelgewehr den Fendl über den Rücken, so dass in Folge dieser Misshandlung und Verwundung bei demselben längere Zeit Arbeitsunfähigkeit erscheint.
Bei Verübung dieser Misshandlung durch den Michl Heigl, war noch ein zweiter Bursche bei ihm, dem aber Fendl sein Gesicht nicht sehen konnte, daher unbekannt blieb.
Diese Misshandlung von Seiten des Michi Heigl geschah aus Rache, da ihn der Verwundete schon einmal verraten habe. Dem königlichen Korpskommando wurde hierüber gleiche Meldung erstattet

Die Reaktion der vorgesetzten Dienststelle gleicht der des Frühjahrs; sie fordert vom Innenministerium dringend die Genehmigung, die Gendarmeriestationen in Arnbruck, Kötzting und Lam personell aufzustocken. Der nächste Wunsch betrifft die Qualität der Gendarmen, nachdem Carl von Paur bereits einige seiner "fußkranken" und älteren Gendarmen als eigentlich dienstunfähig beschrieben hatte.
Landshut wünscht, dass " alle jene Gendarmen, welche nicht in jeder Beziehung entsprechen, aus den Landgerichtsbezirken Kötzting und Viechtach entfernt werden, und dafür tüchtige und möglichst freiwillig zu diesem Dienst sich meldende Individuen zu wählen."
Gleichzeitig bittet das Bezirkskommando um die Genehmigung des KdI, dass "der 2te Distriktskommandant, Herr Lieutenant Fürst, auf einige Tage nach Kötzting abgeordnet werden darf, damit derselbe vor Allem von den daselbst bestehenden Verhältnissen genaue Einsichtsnahme, nöthigenfalls die Leitung des Dienstes, der vorzunehmenden Streifen persönlich übernehmen könne und überhaupt im Verein mit dem Herrn Landgerichtsvorstand alle sachdienlichen Arrondierungen zu treffen im Stande ist."

Ab dem 18. November geht es nun von Seiten des Landrichters Schlag auf Schlag
Das Grafenwiesener Wirtshaus des Georg Wieser wird geschlossen.
Am 25. November wurden dann die Wirte von Hohenwarth, Schönbuchen, Ottenzell und Liebenstein, die alle der Unterstützung des MH und Michael Raimer verdächtigt wurden, ein letzte Mal ermahnt und der bisher nur unter Beobachtung stehende Bruder des Michael Heigl, Wolfgang Heigl, wird verhaftet und in die Kötztinger Fronfeste verbracht.
 

Heigls Kinder werden der Mutter weggenommen

Carl von Paur, der letzte Kötztinger Landrichter und spätere Bezirksamtmann, hatte viele soziale Einrichtungen Kötztings angeschoben, die auch überregional Beachtung gefunden hatten. Eine dieser Hilfsvereine konnte ihm nun weiterhelfen, der "Verein zur Rettung armer verwahrloster Kinder". Am 25.11. 1852 konnte er nach Landshut berichten, und, da wir seine Handschrift kennen, kann auch festgestellt werden, dass er den, wie auch die meisten der vorherigen Briefe, eigenhändig geschrieben hatte.
"Nachträglich zum unterthänigsten Berichte vom 21. d. Mt wird in Ehrerbietung angezeigt, daß man 2 Buben des flüchtigen Verbrechers Michael Heigl, Namens Christoph 13 Jahre alt und Georg 10 Jahre alt, der Mutter, der ledigen Weibsperson Anna Maria Gruber in Reitenberg, abgenommen. und durch Vermittlung des hierorts bestehenden Vereins zur Rettung armer verwahrloster Kinder bey ordentlichen Pflegeältern untergebracht hat, nämlich den Christoph Heigl als Lehrjungen bei dem Schäfflermeister Kaspar Schafner dahier und den Georg Heigl bei dem Hausbesitzer und Obstler Wilhelm Denkscherz, ebenfalls diesorts."
Für den älteren Buben, Michael Heigl, konnte noch keine Pflegestelle gefunden werden.

Detail aus der Uraufnahme von 1831


Michael Raimer wird festgenommen


Am Tag drauf, am 26. November 1852, konnte Carl von Paur endlich wieder einmal eine positive Meldung nach Landshut ans Innenministerium absetzen. 
Michael Raimer wurde gefasst, als er in den frühen Morgenstunden, bewaffnet mit einem geladenen Doppelgewehr, über die Kötztinger Regenbrücke in den Markt eindringen wollte.
5.45 Uhr war es genau und somit Ende November  - und an dieser Stelle vermutlich ohne Straßenbeleuchtung -  und wirklich dunkle Nacht.
Brigadier Schmidt wurde vertraulich zugetragen - für solche Fälle konnte dieser mittlerweile über eine Geldbelohnung verfügen - dass Michael Raimer in frühester Morgenstunde die Regenbrücke in Kötzting passieren werde. Zusammen mit den Gendarmen Blümel, Lukaseder und Weiß habe er dort gelauert und, als Raimer die Brücke überschritten hatte, diesen ergriffen.
Aus dem Polizeibericht geht auch hervor, dass Raimer  am 13.Oktober aus dem Gefängnis in Kötzting gewaltsam ausgebrochen war. Gerade mal 6 Wochen hatte er also die Freiheit "genießen" können, nun war er endgültig gefangen.
Von Michael Rainers Aussehen haben wir nur eine kurze, aber nichts desto trotz prägnante Beschreibung: Er ist von "ungewöhnlich großem, kräftigem Wuchs und hat ein auffallend langes, sogenanntes Vogelgesicht". 

Durch diesen Fahndungserfolg überzeugt - ausdrücklich angeschoben durch eine Belohnung -, erhöhte die Regierung in Niederbayern die für die Ergreifung des Michael Heigl ausgelobte Belohnung von 100 auf 200 Gulden.
Möglicherweise aufgrund des erhöhten Fahndungsdrucks, möglicherweise aber auch, weil er sicherlich von der Ankunft und den Aufgaben des Gendarmerie-Leutnants Fürst erfahren hatte, verlässt Heigl zunächst das Gebiet des Landgerichts Kötzting. 

So endete der November, angefüllt mit Mord, Raub, Folter und einem ersten Fahndungserfolg.
Obwohl das Jahr 1852 schon so weit fortgeschritten war, sollte in demselben Jahr noch viel passieren. Insgesamt jedoch zieht sich die Schlinge für Heigl langsam zu, selbst in der staatsanwaltlichen Liste der strafbewehrten Taten Heigls finden sich nur noch zwei Anklagepunkte, die jedoch haben es in sich.