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Mittwoch, 26. Januar 2022

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und eine seiner Folgen

Ein Zeitungsbericht und seine Hintergründe

Auch 8 Jahre nach Kriegsende waren die Folgen des Zweiten Weltkrieges noch lange nicht ausgestanden.
 Ende April 1945 hatte die Kriegsfront auch den oberen Bayerischen Wald überrollt und zwei Wochen danach war der Krieg zu Ende.

Kurz zuvor kam es noch zu einer außergewöhnlichen und - für Kötzting segensreichen - Kapitulation der 11. deutschen Panzerdivision, der die amerikanische 2nd Cavalry den Großraum Kötzting als Sammlungsraum zugewiesen hatte. 
Die sich ergebenden deutschen Truppen waren um ein mehrfaches größer als es die Amerikaner angenommen hatten und so lagerten in und um Kötzting nicht nur die 11.000 Angehörigen der 11. PD sondern auch eine Unmenge an Fahrzeugen. Manche dieser Fahrzeuge konnten ganz oder teilweise einer zivilen Nutzung zugeführt werden, einige der Panzer wurden von den Amerikanern abtransportiert, die große Masse an Militärgerät jedoch blieb auf den Wiesen rund herum um Kötzting noch jahrelang liegen und wurde langsam ausgeschlachtet.

Bild Josef Barth sen. Auf dieser Wiese grasen in der Gegenwart die Rappen der Brauerei Lindner.


DIA-Repro 2028 ein Panoramabild Kötzting, am rechten Bildrand sieht man noch die 
Fahrzeugreste der 11. PD, die auf der Wiese abgestellt jahrelang ausgeschlachtet wurden.



Ganz anders aber wurde mit der Munition verfahren. Die 11. PD war ja schließlich im Moment der Kapitulation noch kampfbereit und - mit Ausnahme eines geringen Treibstoffvorrats - auch voll einsatzfähig, weshalb nach der Kapitulation nicht nur die Handwaffen - mit Ausnahme weniger Waffen für das Wachpersonal - sondern auch die Granaten und andere Munition eingesammelt und an anderer Stelle vergraben und vernichtet wurden.

Wo dieses "an anderer Stelle" lag, war mir bis zur Zeitungslektüre der 1953er Kötztinger Zeitung unbekannt.  Es war auf der "Holzwiese", einem einsam gelegenen Fleckchen Erde bei Roßberg. Dort wurde die Munition im Frühling/Sommer 1945 wohl gesammelt und - unsachgemäß und schlampig - vernichtet, was eine aufwändige Nachsorgeaktion im Sommer 1953 notwendig machte, die dann allein einen Rest von 30 Tonnen an scharfer Munition sichern konnte. Liest man den Bericht genauer, so steht zu vermuten, dass da noch vieles in den Wäldern um die Holzwiese herum im Boden verteilt liegen könnte und eine mehr oder weniger große Gefahr darstellt.


KÖZ vom Juli 1953




Um die Zeitungsbände zerstörungsfrei abzulichten, muss natürlich auf die
Bindung Rücksicht genommen werden, daher das "verzogene" Schriftbild 

Welche menschliche Tragödie der Krieg auch für unser Gebiet bedeutete, zeigen die nackten Daten: 3700 gefallenen und 800 weiteren vermissten Menschen kostete der Krieg das Leben und nicht zu vergessen auch das Elend der Millionen Geflüchteten und Vertriebenen.

KÖZ November 1955



Dienstag, 25. Januar 2022

Der erste Kötztinger Kindergarten

Ein Bild und seine Geschichte


Nur wenige - ältere - Leser im Internet werden auf Anhieb erkennen, wo dieser Kindergartenbau
gestanden hat.
In diesem winzigen Häuschen wurden 60-70 Kötztinger Vorschulkinder von den Mallersdorfer Schwestern betreut, darunter auch ich und viele meiner Altersgenossen.

Kötztinger Zeitung vom September 1957

An der Stelle dieses kleinen Gebäudes, vorher das Lagerhaus der Kötztinger Obstverwertungszentrale, liegt heutzutage die oberste Zufahrt zum Großparkplatz. Links am Bildrand kann man noch die Steinmauer erkennen, die die Sitzgruppe zur Straße hin abtrennt und links hinter dem Kindergartengebäude spitzt noch ein wenig das Hauptgebäude der Landwirtschaftsschule hervor.
Unsichtbar hinter dem Lagerhaus befand sich der Rundturm mit den Henneberger-Fresken, das einzige Bauwerk dieses Komplexes, das heute noch existiert.

Der hässliche Nachfolgerflachbau, gegenüber in den Burggraben hineingequetscht - Königin der Engel -, ist ja mittlerweile ebenfalls bereits Geschichte.

Sonntag, 23. Januar 2022

Die Bluthochzeit von Arrach

Nur wenige Exemplare von Zeitungen - und dann sind es nur Einzelstücke von besonderen Ereignissen - haben sich in privater und öffentlicher Hand aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs erhalten. In manchen Fällen kann hier die bayerische Staatsbibliothek in München weiterhelfen, die von einigen Zeitungen ganze Jahresbände konserviert hat.
Neben dem Kötztinger Anzeiger waren es für mich auch die Druckausgaben der NSDAP, die für die einzelnen Partei-Kreise eigene Zeitungen herausgab.
Bei uns waren dies die "bayerische Ostmark" - erhalten von von 1934-1942 - und die "Waldzeitung"  - erhalten von 1942-1944 -, die uns einige Einblicke in den Alltag in Nazideutschland gewährt, auch wenn über den  Kötztinger und Viechtacher Bereich von Seiten der Kreisleitung in Cham eher dürftig berichtet wurde.


Anders als die "bayerische Ostmark" entsprach die "Waldzeitung" eher dem Typ einer Tageszeitung und brachte auch viele heimatkundliche Beiträge, so auch den folgenden über die Bluthochzeit von Arrach, einer Massenschlägerei während einer Hochzeit im Jahre 1893.
Hier also der Bericht über  




Samstag, 22. Januar 2022

Die Kötztinger Matthäuskirche entsteht

Vorab eine kurze - sicherlich bei weitem nicht vollständige - Einführung der Geschichte der evangelischen Gemeinde in Kötzting.

Die Geschichte der protestantischen Kirchengemeinde in Kötzting beginnt - in den Archivakten - Ende des 19. Jahrhunderts, als der Magistrat im Jahre 1889 den eigenen Rathaussaal für insgesamt 6 Gottesdienste pro Jahr der Kirchengemeinde zur Verfügung stellen wollte, was vom zweiten Gremium, dem des Gemeindekollegiums, abgelehnt wurde. (332-1)
Seine kgl. Hoheit Prinz Luitpold  genehmigte auf Antrag der Kirchengemeinde eine protestantische Reisepredigerstelle in Cham mit 9 Gottesdiensten im Jahr, gleichzeitig wurde auf den Rathaussaal verzichtet.
In dem Briefwechsel, der dem Akt im Stadtarchiv beiliegt, ist die Rede von 10 Protestanten und dem ersten Reiseprediger, Herrn Christian Wilhelm Albert Küspert aus Bischofsgrün.
10 Gottesdienst sind nun pro Jahr vorgesehen, mit anschließender Christenlehre.

Schon sehr bald konnte die evangelische Kirchengemeinde ihren eigenen "Beetsaal" beziehen und schon in den ersten Ausgaben des Kötztinger Anzeigers finden sich Hinweise  auf diesen, was bedeuten würde, dass diese bauliche Lösung auch sehr bald nach dem obigen Hickhack um Platz und Raum gefunden wurde.

Bild Josef Bock: 

Das Gebäude, in dem die evangelische Kirchengemeinde ihre neue Heimat gefunden hatte, war ein Neubau aus dem Jahre 1897. Herr Lang war der Bauherr und im Staatsarchiv in Landshut lassen sich auch die Baupläne finden.
StA Landshut Baupläne Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3281






Auch aus dem Beetsaal selber gibt es eine Aufnahme aus dem Jahre 1904.
DIA Repro 2606 Aufnahme um 1904

 
Kötztinger Anzeiger von 1909

Hier ein Ausschnitt aus einer Postkarte ziemlich sicher - aufgrund des
Gebäudeschmuckes - an Pfingsten aufgenommen.
 Fast beängstigend oben drüber: die Schreinervilla.

 

KA von 1910
Im Jahre 1925 kam es dann Loslösung aus der ev. luth. Pfarrkirchengemeinde Straubing und Bildung einer ev. luth. Pfarrkirchengemeinde Cham und dem "ausmärkischen" Bezirk des Amtsgerichtsbezirkes Kötzting. (332-2 mit Schreiben vom 14.12.1925)

Im Jahre 1931 findet sich noch folgende Ankündigung im Kötztinger Anzeiger:

Soweit zur Vorgeschichte, der Zweite Weltkrieg mit seinen Verwerfungen und Bevölkerungsbewegungen brachte im tiefkatholischen bayerischen Wald nun eine ganz andere Situation zustande, auf die natürlich reagiert werden musste. Die ev. lutherische Pfarrgemeinde brauchte eine eigene Kirche und einen eigenen Pfarrer.
Leider war die Druckqualität der Kötztinger Umschau, die sich fast lückenlos erhalten hat - nur die Pfingstbeiträge sind zumeist zerrupft und lückenhaft -, äußerst mangelhaft im Vergleich zur Kötztinger Zeitung. Aber leider haben sich von der Kötztinger Zeitung nicht viele Zeitungsbände erhalten, deren Verlag aber offensichtlich in den 50er Jahren viel besser in der Lage war, Bilder abzudrucken.
Die Vorverhandlungen mit Erstellung eines neuen Bebauungsplanes für die "Plattenäcker" begannen bereits 1953
Kötztinger Umschau Januar 1954


KU vom Oktober 1954

KÖZ 1955
Und dann gab es endlich grünes Licht:
Umschau

Und schon kam das Richtfest näher:

KU August 1955

KÖZ

KÖZ



KÖZ
Kreisbaumeister Seiler war der Mann von Ida Seiler, einer geborene Kirschner, eine
Schwester von Julius Kirschner. Ida Kirschner hatte unter schwierigsten Bedingungen
die Zeit der Verfolgungen durch die NSDAP im Raum Kötzting überlebt.







DIA-Repro 3371 Aufnahme MZ Bau des Kirchenturmes









Und dann kam der Tag der Einweihung:

Umschau vom November 1955
KÖZ vom November 1955


KU vom November 1955

Noch während der Bauphase wurde an anderen Stellen an den Glocken für den neuen Kirchenbau gearbeitet:


KU von 1956




KÖZ vom April 1956
Hier erkennt man deutlich den Unterschied in der Druckqualität der beiden Zeitungen in den
1950er Jahren 



Der neue Kirchenbau blieb nur für kurze Zeit " auf der grünen Wiese", denn die Plattenäcker waren das damalige Neubaugebiet Kötztings.
KÖZ vom Juli 1957

KÖZ April 1956

KÖZ Januar 1956


Donnerstag, 20. Januar 2022

Drei Kötztinger Kapellen

 Ein Bild und seine Geschichte


Ich bin sicherlich bereits hunderte (eher tausende) Mal dran vorbeigefahren und hab mich meisten über den prächtigen Baum auf der Anhöhe gefreut und weniger auf die Kapelle geachtet.
KB Krämer hat  im Juli 1953 über die Einweihung dieser Kapelle berichtet.


Früher genauso an der "Hauptstraße nach Cham" gelegen wie die Gadsdorfer Kapelle, liegt die Dorfkapelle von Gehstorf nun ruhig und abseits.
Interessant - und mir bis dahin unbekannt - ist das Detail. dass diese Kapelle beim Einmarsch der Amerikaner stark beschädigt worden war.
KÖZ vom November 1957

Eine dritte Kapelle findet sich in der Kötztinger Zeitung - im Jahr drauf - wenn auch im Zusammenhang mit der Anlage eines Löschwasserteiches, die von Beckendorf.

Drei schöne Beispiele für das Leben und den Zusammenhalt in den umliegenden Kötztinger Dörfern. Damals - vor 1972 -  waren dies  aber noch selbstständige Gemeinden und noch kein Bestandteil der Stadt Bad Kötzting.

Mittwoch, 19. Januar 2022

Suchhilfe Burschenverein und mehr


Bilder und ihre Geschichte

Manche Bilder verleiten einfach dazu, mehr über das Dargestellte zu erfahren oder auch Bildinhalte zu analysieren, um Hinweise zu finden, die die Einordnung/Zuordnung erleichtern.
Hier ein Beispiel:

Wir haben im Bestand Negativrollen von Josef Barth sen. mit schönen Filmsequenzen ungefähr aus dem Zeitraum von 1944 bis 1952.
Die meisten der Bilder können aufgrund der Inhalte zeitlich zugeordnet werden, vor allem, da natürlich Pfingstbilder den übergroßen  Anteil der Aufnahmen stellen und da fällt die Zuordnung natürlich leicht.
Es gibt aber Filmrollen, die uns noch Rätsel aufgeben und ein solches Rätsel möchte ich hier vorstellen, mit der Hoffnung verbunden, dass aus der "Schwarmintelligenz" der Leser eine Lösung kommt.
Wir haben eine grobe Vorstellung davon, was das hier Dargestellte gewesen sein könnte, aber Sicherheit haben wir noch keine.


Also Signatur Barth Josef Filmnummer 27

10 Minuten nach der Freischaltung dieses Suchblogs, kam bereits die Auflösung, Danke, Haymo Richter!


Bild Josef Barth sen.
v.l. links Kerscher Bepp, Wieser Heinrich, Januel Max, Traurig Michl sen., Zenta Januel, die Pfingstbraut des "Costa Baders,  X, Gress Schorsch, Oexler Franz, 

Wir sehen hier eine Gruppe von "Pfingstbräutigammen", möglicherweise ergänzt um Vorstandsmitglieder des BWV und, zentral, eine elegant gekleidete Frau mit Mädchen, von denen eines ein Gebinde trägt.
Mit Kerscher Bepp ganz links befinden wir uns also auf jeden Fall bereits nach Pfingsten 1946 und rechts kann man auch noch den Kötztinger "Heldenfriedhof" mit seinen Birkenkreuzen sehen, die rund um das alte Kriegerdenkmal gruppiert waren. 1947 wäre Feichtner Ludwig der Pfingstbräutigam gewesen, ich erkenne ihn hier nicht drauf - am ehesten noch rechts neben Kerscher Bepp - , meine zeitliche Vermutung geht aber trotzdem auf den Herbst 1947.
Das große Kriegerdenkmal in der Kirchenburg gab es damals noch nicht.  Nach der Errichtung der neuen - noch heute bestehenden - Gedenkstelle wurde das alte Denkmal einfach vergraben und erst in den 70er Jahren wieder ausgebuddelt und gegenüber der Matthaeuskirche erneut aufgestellt,

Bild Josef Barth sen.: Die Grabanlage der Gefallenen im Pfarrhof,
mit dem alten Gedenkstein im Hintergrund.

Nach der Aufnahme  - und vermutlich einem Gottesdienst - marschierte die "Festgemeinschaft" in Richtung der Marktstraße.
Leider gibt es im Jahre 1946 noch keine Kötztinger Lokalausgabe der Mittelbayerischen. 
Es ist bekannt, dass im Oktober 1947 der Burschenverein sein 100jähriges Bestehen feierte, aber blickt man auf die Details im Zeitungsbericht der Umschau, so passen die Bilder und der Text nicht zusammen; es muss sich also bei den Bildern um eine andere Veranstaltung gehandelt haben.



Bei der Auswertung und Vorstellung eines anderen Filmes von Josef Barth gab es im Herbst 1947 gleich zwei kurz aufeinanderfolgende Gründe, ein mal um zu  Feiern und ein anderes mal um zu Trauern und ich vermute, dass diese Bilder zum zweiten Teil gehörten, zur Trauerfeier des so überraschend und früh verstorbenen ehemaligen Pfingstbräutigams Costa Johann aus der Schattenaustraße. Diese Beerdigung war bereits einmal Thema eines Blogeintrages:

 Auf den Bildern der Beerdigung kann man - vielleicht täusche ich mich auch - am Grabe die Mädchen mit ihrem Gesteck sehen. 

Auf dem ersten Film findet sich auch eine  Goldene Hochzeit eines Kötztinger älteren Ehepaares. Auch dieses Paar ist uns unbekannt. Vielleicht kann uns jemand hier auf die Sprünge helfen.
Auch hier kam die Auflösung von Haymo Richter:



v.l. Kroher Traudl, Obermaier Karl, Frau Henneberger, zwischen ihr und ihrem Mann im Hintergrund August Philipp Henneberger, "der alt" Wieser, Plötz Paul.



Es gibt aus diesem Zeitraum einen Bericht über eine Goldene Hochzeit, ob es sich dabei um die abgebildete handelt, kann ich nicht einmal vermuten, da bin ich auf einen "Insider" angewiesen.

Der Zeitungsartikel und die Bilder berichten von derselben "Veranstaltung.



KU vom November 1947