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Dienstag, 25. Juni 2019

Die Kötztinger Friedhöfe Teil I

Mitten in unserer Kirchenburg, Kötztings erster Friedhof

St. Veitskirche am Marktplatz
Unser früherer Stadtpfarrer Heitzer entwickelte vor Jahren einmal eine Theorie, in welcher er meinte, die St. Veitskirche am oberen Markt könnte Kötztings Urkirche gewesen sein. Da es höchstwahrscheinlich ist, dass zwei der Kötztinger Urhöfe im oberen Markt gelegen waren (der Voglhof und der Ecklshof), könnte es tatsächlich so gewesen sein, ABER, bei keiner der vielen - auch tiefgründigen - Sanierungsarbeiten rund um die Veitskirche und am oberen Marktplatz sind zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur kleinste Spuren eines frühen Friedhofs aufgetaucht. Solch ein (eingefriedeter) Hof rund herum um eine Kirche/Kapelle wäre aber der entscheidende Hinweis, dass diese Kirche das erste religiöse Zentrum des frühen Kötztings gewesen war. Den einzigen Fund von menschlichen Überresten kenne ich nur von unseren eigenen Umbaumaßnahmen in der Metzstraße, anlässlich der Tieferlegung und Umbauung einer früheren Wohnung in den jetzigen Laden des Schildermalers Rio. Bei diesem Fund spricht aber alles dafür, dass es sich dabei um ein Opfer der "schwedischen" Brandschatzung im November 1633 während des Dreißigjährigen Krieges gehandelt hatte, der räumliche Abstand zur Veitskirche, als möglicher Urkirche, ist einfach zu groß

Sanierungsarbeiten am Sockel und Fundament der St. Veitskirche im Rahmen der Marktplatzsanierungen in den 80ern
sogenanntes Pestkreuz am früheren Dirnberger Haus, Bild von Bepp Fischer
Eine weitere Theorie für einen frühen Friedhof habe ich vom unvergessenen Friseur, Pongratz Max, dem "Bader" Max mit seinem Friseurladen im Fischerpeter-Anwesen, am Lindnerstammtisch erfahren. Über Stunden versuchte er mich vor Jahren zu überzeugen, dass hinter dem Dirnberger Haus in der Rathausgasse früher ein (Pest)Friedhof gelegen habe. Sein einziges Argument war das alte Pestkreuz, welches eben am alten Dirnbergerhaus außen angebracht gewesen war. Er war keinem einzigen Argument zugänglich, dass wir sehr genau räumlich und zeitlich, wissen, wo in Kötzting der Pestfriedhof angelegt worden war. Er war sich sicher, hinter dem Dirnbergerhaus und sonst nirgends. Manche Stammtischsitzungen beim Lindner können auch anstrengend sein.....









In diesem Ausschnitt aus der Uraufnahme Kötztings zu Anfang des
19. Jahrhunderts ist der Bereich rund um die Pfarrkirche noch
als Friedhof markiert. Das alte Pflegerschloss teilen sich zu der
Zeit der Pfarrer mit seinem Pfarrhof und das königliche Rentamt
also das damalige Finanzamt, später zog dort das Forstamt ein, bis Mitte
der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts die Kirche  - unter Pfarrer Josef
Augustin - endgültig den ganzen Komplex übernahm.
Somit sind wir bei dem Friedhof, der in Kötzting bis zum Ausgang des 16. Jahrhundert Kötztings einziger und danach bis knapp herein ins 20. Jahrhundert einer der beiden Beerdigungsstätten gewesen war, der Innenbereich der Kirchenburg links und rechts der Pfarrkirche.
Leider haben wir von diesem Raum, als er noch ein Friedhof gewesen war, nur ganz wenig Bildmaterial. Eigentlich sind es nur zwei Bilder, die ich kenne, auf dem echte Gräber bzw. Grabstellen zu erkennen sind. Mit "unechten" Gräbern meine ich symbolische Grablegen im Zusammenhang mit dem zweiten Weltkrieg bzw. Erinnerungsstelen, die an verstorbene Vereinsmitglieder erinnern sollen.
rechts im Bild das Grabmonument der Brauersfamilie Schrank (Hotel zur Post), links daneben zwei unbekannte Gräber.
Nach der Auflistung später im Blog KÖNNTE es sich um die Grablege der Geistlichkeit handeln, die damals jedenfalls nachweislich auf dieser Seite des Friedhofes gelegen war.
Unsere historische Kirchenburg war in der Vergangenheit ein "Zwitterwesen", dort wo heutzutage das katholische Pfarramt, die Wohnung des Stadtpfarrers und die anderen kirchlichen Räume sich befinden, wohnte und arbeitete bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts der Landrichter mit all seinen Abteilungen und Mitarbeitern. Auch das Militär, also die Soldaten, die Waffen, die Munition (siehe der Pulverturm vulgo der Hungerturm) befanden sich in der äußeren Umbauung. Der Pfarrer selbst wohnte bis dahin in seinem Pfarrhaus (später das Priorat), welches heutzutage unser Rathaus ist. Im Inneren der Kirchenburg hatte der Pfarrer damals aber auch nur in der Kirche selbst und auf dem Friedhof seine Entscheidungsfreiheit.

Zu diesem (rechtlichen) Inneren der Kirchenburg gehörte eindeutig nicht der Zugang über die Brücke bis hin zum Eingangstor der Pfarrkirche. Dieses kleine aber wichtige rechtliche Detail benutzte der Landrichter, um in manchen Fällen Kötztinger Bürger verhaften zu lassen, deren er auf andere Weise nicht habhaft werden konnte. (Der Markt Kötzting war rechtlich selbstständig, der Bürgermeister -Kammerer - war, anders als heute, auch Richter und "Polizeichef" für und über seine Bürger). Der Landrichter durfte innerhalb der Grenzen des Marktes Kötzting mit seinem Dienstpersonal keine Verhaftungen vornehmen lassen, außer eben auf der Brücke über den Burggraben.
meines Wissens das einzige Bild, das uns den Zustand des "alten" Friedhofs rund um die Pfarrkirche zeigt.

Nun haben wir also den engräumigen Friedhof rund um die Kirche für eine einzelne Pfarrei, welche aber um einiges größer war, als sie es heutzutage ist. In den frühen Pfarrmatrikeln finden sich daher auch - später umgepfarrte - Orte wie Thenried, Meinzing, Haibühl, Hohenwarth, Hudlach, Grafenwiesen und all die vielen Orte ganz weit hinein in das Zellertal. In dem Gerichtsakt ist die Rede, dass die Pfarrei - ohne die Jugend - 1600 Kommunikanten umfassen würde.
Man muss sich dabei aber vor Augen halten, dass in diesem Rundgebäude auch die Pflegersfamilie mit wohnte, und es wäre auch heutzutage nicht unbedingt nach jedermanns Geschmack, dass Leichen der gesamten Pfarrei praktisch unter dem persönlichen Wohnzimmer und vor den Fenstern der eigenen Wohnung antransportiert und vergraben werden. Auf den möglichen Zustand der Leichen unter den damaligen vortechnischen Bedingungen und der damit einhergehenden Geruchsbelästigung der Schlossbewohner möchte ich nicht näher eingehen, aber wir wissen, dass mit Einsetzen der Pest in unserem Gebiet im ausgehenden 16. Jahrhundert dieser Zustand offensichtlich untragbar geworden war. Der Landrichter - angeschoben von seinem Ehegespons - drang an oberster Stelle auf die Errichtung eines neuen Friedhofes außerhalb des Marktgedings für die Pesttoten.


Staatsarchiv Landshut Regierung Straubing A 4135
..... dies einem fürstlichen Pfleger welcher in fürstlichem Schloß hausen muess und demselben die verstorbenen Leichnam strackh vor seinem Zymmer darynnen er wohnen thuet für und zur begrebnus tragen werden, hoch beschwerlich genueg sein und fallen wurde.......
Der Kötztinger Pfleger Cornelius Meder, in Personalunion auch Kastenamts- und Vogtrichter im Landgericht, also auch für die Einnahmen an Steuern und Naturalien und für die rechtliche Herrschaft der Untertanen im Landgericht Kötzting zuständig, welche das Kloster Rott als Grundherren hatten, fand bei seinem Amtsantritt bereits einen Pestfriedhof oberhalb und außerhalb des Marktes vor. Gleichzeitig, wir schreiben das Jahr 1611, wurde eine Kompagnie Soldaten, das Viechtacher Fändl, nach Kötzting verlegt und deren Unterbringung hätte er gerne innerhalb des Schlosses organisiert. Was wäre dazu besser geeignet gewesen als der Friedhof rund um die Pfarrkirche?


Nun hatte er da aber die Rechnung ohne die Kötztinger Bürger gemacht. Zu Pestzeiten haben die sich ja den in ihren Augen "Ausweichfriedhof" eingehen lassen, aber in normalen Zeiten bestanden die Pfarrangehörigen auf ihren angestammten Beerdigungsplatz rund um die Kirche.


Nun gingen Schreiben und Schreiben hin und her und diese Briefe schildern uns im Detail, wie es um die Kötztinger Begräbniskultur um 1600 bestellt war. 1583 jedenfalls ist das belegte Datum für die Anlage des Kötztinger oberen Friedhofes, umfriedet mit eichenen Palisaden, geschlagen in den fürstlichen Wäldern auf dem Rossberg bei Chamerau und errichtet vom damaligen Pfleger Romanus von und zu Hochholtigen. Dies war aber nun schon 28 Jahre her, die Pest lange abgeklungen und die Kötztinger wollten sich nur unter den Bedingungen der "schlechten Luft und des Landtssterbens", also einer Epidemie, bereit auf den unteren Friedhof zu verzichten. Allenfalls gestehen die Kötztinger zu,  dass Pfarrangehörige, welche nicht im Markte wohnten dort beerdigt werden sollten. Nur zu diesem Zwecke sei der obere Friedhof eingerichtet worden.
Dies umso mehr, als der "obere" Friedhof offensichtlich nie richtig eingeweiht worden war.

Die Kötztinger Bürger schrieben, dass .....vor unnß bei ihr Fürstlicher Herr Bischoff zue Regenspurg, niemals umb die Consecration angehalten worden, und selbiger nur durch Herrn Pfarrer zu Chamerau, dazumalen Dechantsverwalter per aquam benedictam begossen worden........
Nur der damalige Dekanatsverwalter, der Chamerauer Pfarrer, hatte die Erde mit Weihwasser begossen, es wäre also keine "richtige" geheiligte Erde.
Der Landrichter Meder jedoch wollte nicht nachgeben und ließ, sogar ausgehobene Grabstellen wieder zuschütten, um weitere Beerdigungen  zu verhindern und um den Innenraum der Kirchenburg für seine Soldaten zu sichern. Wieder gingen die Kötztinger gerichtlich dagegen vor und berichteten, dass eben diese Soldaten, bei dem Versuch, die Holzpalisaden (Staketa) der Marktbefestigung zu erneuern bzw. zu erweitern, quer durch den oberen Friedhof gegraben hatten und dieser nun den Hunden und Schweinen frei zur Verfügung stehen würde, die Hälfte des Friedhofes wäre weggenommen und der "verbleibende kleinnste Thaill des Freithoffs was wässrig, also daß die verstorbenen Leuth maistens im Wasser liegen und begraben werden muessen."
Weiters vermuteten sie, dass der, dann verbleibende, Restfriedhof rund um die Kirche nur denen von Adel vorbehalten bleiben sollte, und beharrten auf ihren alten herkömmlichen Rechten. Noch nie hätten die Kötztinger Pfarrangehörigen beim Pfleger wegen einer Beerdigung nachfragen müssen und beriefen sich bei der Straubinger Obrigkeit grundsätzlich auf die Unabhängigkeit der Pfarrei in religiösen Dingen und auf ein fürstliches Mandat von 1598, welches den "Missbrauch und die Unsauberkeit an gewichten Orthen und Stetten" unter strenge Strafe stellte.
Dies war nun das gewichtigste Argument, welches die Waagschale auf die Seite der Kötztinger  Bürger und gegen den Pfleger senkte, der Friedhof blieb und der Pfleger durfte sich nicht mehr einmischen - außer in Zeiten der "schlechten Luft", einem umschreibenden Begriff für epidemische Krankheiten wie die Pest.

Nun hatten die Kötztinger Bürger also wieder alle Rechte in ihrem alten angestammten Friedhof rund um die Kirche und, da wenige Jahre später im 30jährigen Krieg die Bevölkerung der Pfarrei sehr stark dezimiert wurde, ( im Status Animarum, der Seelenbeschreibung im ersten Kirchenbuch Kötztings von 1636 zählt man nur noch weniger als 300 Seelen, nun aber mit Kindern, Mägden und Knechten) reichte der Platz im Friedhof sicherlich viele Jahrzehnte, bis dann im 18. Jahrhundert wieder die vorherige Bevölkerungsgröße erreicht worden war. Ab nun wurde es wieder eng rund um die Kirche, aber ein Ausweichplatz am oberen Friedhof war ja immer gegeben und dieser wurde auch nicht mehr als der "Pestfriedhof" angesehen. Die erste Seelenkapelle dort oben wurde von der damaligen Kötztinger Unternehmerfamilie Nr. 1, den Besitzern des heutigen Hotels zur Post, damals Krieger, durch Legat in ihrem Testament vermacht.
Im 18. und 19. Jahrhundert jedenfalls galt weiterhin der "alte" Friedhof als der Hauptfriedhof für die Kötztinger Bürger, aber die alten Probleme blieben, Kötzting wuchs, Hygiene und Volksgesundheit wurden durch die Einführung eines Amtsarztes ein großes Thema und irgendwann kam das Thema: "wir wollen den Friedhof für Beerdigungen schließen"  wieder auf die Agenda.
Und wiederum kam der Anstoß vom Pfleger und Landrichter.
1835 gings los, der Kötztinger Landgerichtsphysikus (Arzt) Dr. Müller - dieser Herr tauchte bereits in vielen zumeist humoristischen Beiträgen auf, er führte mit Stolz ob seiner Gedichte und Kurzgeschichten den literarischen Kampfnamen "Saumüller" - präsentierte am 31. Oktober das Gutachten der Ortsbegehung, welche er zusammen mit dem Kötztinger Pfarrherrn Plöd, dem Bürgermeister Magg und den Gemeindevorstehern von Arndorf, Grafenwiesen und Gehstorf vorgenommen hatte.
Der Pfarrer stellte zuerst einmal fest, dass die Pfarrei Kötzting, mit Ausnahme der Expositur in Hohenwarth und der Filialkirche in Steinbühl, welche aber beide eigene Friedhöfe hätten, folgende Gemeinden umfassen würden: der Markt Kötzting, Arndorf, Gehstorf, Grafenwiesen und Teile der Gemeinde Voggendorf mit einer Gesamtseelenzahl von 2980 Menschen.


... der eine Friedhof befindet sich bei der Pfarrkirche und besteht in zwey Abtheilungen, rechts und linkerseits der Kirche. Linker Seite bestehen nur Familiengrabstätten seit unvordenklicher Zeit welche ihr Dasein wahrscheinlich unter einem onerösen Titel suquiriert wurden. Derselbe ist sehr steiniget, so daß manches Grab schon mittels Ausschießens (darauf muss man kommen, Ausheben eines Grabes mit Schwarzpulver !!)gemacht werden mußte.
In der anderen Abteilung sind solche Familien begraben, welche es ausdrücklich verlangten, mußten aber hirfür ein gewisses Quantum an Geld zur Stiftungsverwaltung der Pfarrkirche entrichten. Derselbe ist sehr überfüllt, so daß die Grabdenkmäler ganz aneinander stossen. Es wäre zu wünschen, wenn mit den neuen Leichenbestattungen in den zweiten Friedhof in so lange geschehen, bis man die in vorgenannten Kirchhofe eingesenkten Särge wieder ausheben könnte. Der alte Friedhof solle also nur zeitweise geschlossen werden, bis die Gräber neu belegt werden könnten.
Es folgt nun eine genauere Beschreibung der Lage und der Bodenverhältnisse und auch hier wird ausdrücklich noch einmal erwähnt, dass, um die vorgeschriebene Tiefe von 6 Schuh zu erreichen, auf der rechten Seite häufig zum Mittel der Sprengung (Ausschießen) gegriffen wurde. Linksseitig soll der Boden sandig und tiefgründig gewesen sein. Die durchschnittlichen jährlichen Beerdigungen der letzten zehn Jahre betrugen 85 Personen. Es folgt eine genauer Berechnung mit durchschnittlicher Belegezeit, zu erwartenden Beerdigungen auch bei einer einmaligen epidemischen Krankheit und der Bezug zur Friedhofsgröße: Resultat: der Raum reicht aus.
Trotzdem kommt im Januar 1836 der Beschluss der Regierung: auf die Dauer von 10 Jahren wird der "untere Friedhof" wegen "Überfüllung und Ungeeignetheit des Bodens" geschlossen.
Der Magistrat fragt zuerst einmal nach, ob dies erstens auch für die rechte Abteilung gilt, auf der die Bürgersfamilien ja seit unvordenklichen Zeiten ihre Familiengräber besitzen und stellt fest, dass von Überfüllung keine Rede sein könne, auch der Boden wäre in Ordnung. Der obere Friedhof wäre, müsste er alleine für alle Pfarrangehörigen dienen, viel zu klein.
Nun geht's ans Eingemachte,
Magistrat und Kirchenverwaltung möchten zuerst einmal die einzelnen Familien festhalten, welche ihre Gräber im unteren Friedhofe besitzen. Zusammen mit seinen beiden Totengräbern Hastreiter und Schreiner erstellte der Gemeindeschreiber Schwarz die Liste anhand der Grabdenkmäler:
Auf der Sakristeiseite:

Messner Arendt von Kötzting
Müller Gmach von der Engelmühle
Schullehrer Schweikl
Schneider Lanzl
Wagner Brebeck
Bauer Pongratz von Matheshof
Brauer Schrank von hier
die Geistlichkeit von hier
die übrigen Honoratioren des Marktes Kötzting
Seiler Holmeier
Kaminfeger Diermeier
Heinrich Leßzkier Gold- und Silberarbeiter
Marktschreiber Schwarz
Messner Mang
Müller Aubeck
Lederer Witwe Katharina Stoiber
Häuslerswitwe Katharina Parzinger


Interessant bei der Liste ist, dass die Honoratioren nicht namentlich aufgeführt sind, man kennt sich wohl gut untereinander.


Auf der anderen Seite, zur St. Anna Kapelle hin, ist die Liste wesentlich länger, hier natürlich auch viele bekannte Kötztinger Namen wie: Windorfer, Auzinger, Robel, Reinhold oder der ehemalige Wiesmüller Rabenbauer, ein Gegenspieler Samuel Luckners.  Auf einem der, wie oben angedeutet, ganz seltenen Bilder des alten Friedhofes, ist eines, das wir von der Familie Staudinger erhalten haben. Bei dem Staudinger Grab dürfte es sich um dieses Rabenbauergrab gehandelt haben, ebenso wie es sich beim Schrankgrab auf der anderen Seite wohl um die Lucknersche Grablege handelte. (siehe: Eine unbekannte Tote.)

Die Regierung gibt aber nicht auf, 1845 jedenfalls kommt der nächste Versuch über die "Absperrung des unteren Friedhofes". Neben einer neuen Beurteilung der Umstände wird verlangt, dass der ganze Vorgang einen eigenen Akt zur Berichterstattung bekommt. Diesmal ist der Landrichter, der die Untersuchung leitet,  kein Geringerer als Carl von Paur, der Erbauer unseres Ludwigsturmes.
Wieder sträubt sich der Magistrat und wieder werden die beiden Friedhöfe verglichen: der untere mit 57 Dezimal ist geringfügig größer als der (damals noch viel kleiner als heutzutage gestaltete) obere Friedhof mit 50 Dezimal. In den letzten 10 Jahren wurde durchschnittlich nur jede 6. Beerdigung  im dem unteren Friedhof durchgeführt. Man schlägt grundsätzlich vor, dass die vorhandenen Grablegen bis zum jeweiligen Aussterben der einzelnen Familien Bestand haben sollten. Im Laufe der Zeit würde damit wieder viel neuer Raum gewonnen, weil der obere Friedhof für die große Pfarrei alleine viel zu klein sei. Ein zusätzliches Argument der Kötztinger war, dass auch die Gräber der Beamtenfamilien sich dort befänden.
Staatsarchiv Landshut BZA/LRA Kötzting Nr. 3303
Schließung des alten Friedhofes betreffend:
Unterschriftenliste inkl. Carl von Paur und Dr. Müller
Dies kontert Carl von Paur sofort, indem er alle seine untergebenen Beamten - auch er selber unterschreibt - für sich und deren Familien unterschreiben lässt, dass sie zukünftig - im Falle des Todes - auf die Beerdigung im unteren Friedhof verzichten würden.
Der nunmehrige Pfarrherr Henneberger sieht kein ernsthaftes Mittel gegen eine drohende Schließung und möchte durch ein Protestschreiben zumindest erwirken, dass der Friedhof nicht irgendwelchen profanen Zwecken zugeführt wird, sondern der Kirche als Eigentum und zu kulturellen Zwecken , z.B. einer Kirchenerweiterung, erhalten bliebe.
Der anwesende Bürgermeister und Handelsmann Michl Schrank erklärt, dass er
für sich und seine Familie, welche gegenwärtig nur aus seiner Ehefrau besteht,
auf die Erdbegräbnis im heruntern Gottesacker bestehe, Unterzeichnet: Michl Schrank
Derselbe Versuch der Freiwilligkeit, der Carl v Paur bei seinen Untergebenen glückte, lief aber bei 
den Kötztinger Bürgersfamilien ins Leere. Reihenweise geben die Kötztinger Bürger zu Protokoll , dass sie auf ihr angestammtes Recht, im Kirchhofe beerdigt zu werden,  sowohl für sich als auch für ihre Familienangehörigen bestehen und bestätigen dies mit ihrer Unterschrift.
ABER, einige gehen auch Kompromisse ein, indem sie entweder tatsächlich ihr Recht aufgeben bzw. insofern einschränken, dass es nur noch für sie selber, aber nicht mehr für ihre Kinder gelten solle.
Alle diese Widersprüche bzw. Einverständniserklärungen mussten persönlich beim Landrichter protokolliert und unterschrieben werden.
Nimmt man einen Überblick über das gesamte Protokoll, so verzichtet die überwiegende Mehrheit auf ihre angestammten Grablegen über die eigene Generation hinaus. Nur wenige bestehen grundsätzlich auf das Herkommen.

1846 nun entscheidet die Regierung in Abstimmung mit dem bischöflichen Ordinariat die "successive Absperrung" des Friedhofes und beauftragt das Landgericht, dies zu organisieren und vom jeweiligen Pfarrer regelmäßig Nachricht einzufordern, wenn einzelne Personen ihr Begräbnis im untern Friedhof einfordern würden.
Dies geschieht auch regelmäßig, so berichtet Pfarrer Franz Xaver Henneberger  im Januar 1850, dass im abgelaufenen Jahr 1849 zwei Personen, die Bäckerswitwe Caecilia Haselsteiner und eine Totgeburt des Bürgermeisters Michael Schrank im untern Friedhof beerdigt worden waren. In diesen Schreiben finden sich aber auch Details, die einem heutzutage eher gruselig vorkommen sind:
in seiner Liste für 1852 schreibt Pfarrer Henneberger u.a.:
daß auch außereheliche Kinder daselbst beerdigt wurden, so ist das eine der Katharina Kollmaier, Wiesmüllerstochter, nun verheirathete Mühlbauer, Bäckerin von hier, in Abwesenheit des Unterzeichneten (eben er, Pfarrer Henneberger) gegen seinen Willen und ohne sein Wissen dahin zur Erde bestattet worden .....
Auch Albert v. Sperl, der Besitzer von Sperlhammer, verzichtet mit Unterschrift auf die Familiengrablege, obwohl sein Schwiegervater, der Herrschaftsrichter v. Garreis aus Winklaern, im Kirchhof beerdigt sei.
1857 muss sich Dr. Müller mit der Frage nach den beiden Familienverbänden Kollmaier, Christoph und Balthasar (der Wiesmüller und der Gerber) befassen und klären in wieweit auch deren Kinder noch berechtigt seien. Solange diese also noch im väterlichen Hause wohnten bliebe auch ihnen das Recht erhalten.
1859 nun möchte der Bezirksarzt und mit ihm das Landgericht langsam zu einem Ende kommen mit dem unteren Friedhof, und stellt immer mehr die Nachteile des unteren und die Vorteile des oberen Friedhofes heraus.
Eng, von Gebäuden umgeben ---- weiträumig liegt außerhalb des Ortes
Bei Epidemien die Leichen durch den Ort ---- ohne den Ort durchqueren zu müssen
Der Boden verhindert eher die Verwesung ------ der Boden erleichtert die Verwesung

Ausnahmen über Ausnahmen:

Trotz dieser negativen Einstellung von Seiten der Behörde kam es aber immer wieder zu Beerdigungen im unteren Friedhof auch wenn der Pfarrer sich jedes Mal im Einzelnen erklären musste.
1870 war es dann der Brauer Ignatz Schrank - 1871 Mitglieder der Windorferfamilie und der Apotheker Bartl Jakob. Da die Apotheke damals im Gebäude der späteren Schmidtbank untergebracht war, wurde er fast vor seiner Haustüre beerdigt.
Für 1877 liegt ein umfangreicher Schriftwechsel im Akt, in dem die Familie Holzapfel um die Beerdigung eines Familienmitgliedes bittet, und wieder wurde die Erlaubnis von Seiten des Magistrats erteilt, was der Bezirksammann Dandl, der Nachfolger Carl von Paurs, nur nüchtern zur Kenntnis nehmen kann..
Aber es werden immer weniger Belegungen, in manchen Jahren dann auch schon mal niemand mehr.
Ganz am Ende des Aktes kommt es dann zum "Showdown", als die Familienmitglieder der Kollmaier, die Jahre zuvor bereits sich das Recht zusichern ließen, dann wirklich beerdigt werden sollten.
Balthasar Kollmaier wurde 1895 noch im alten Friedhof begraben und Karl Kollmaier wollte sich dieses Recht ebenfalls zusichern lassen: im Jahre 1903 spitzte sich die Sache dann zu:
Kötzting den 28.Februar 1903
Die Unterzeichneten bestätigen die Eröffnung der Verfügung des kgl Bezirksamtes Kötzting vom 25. Februar Nro 62 "Absperrung des Friedhofes zunächst der Pfarrkirche in Kötzting betr." nach welcher - falls wieder eine Leiche unbefugter Weise im alten Friedhofe beerdigt werden sollte - deren Exhumierung und Beisetzung im neuen Friedhofe auf Kosten der Beteiligten von Amtswegen angeordnet würde.
Der Unterzeichnete verzichtet nicht auf ob genannte Grabstätte, da für die Kollmaierischen diese Grabstätte im alten Friedhof für Zeit und Ewigkeit gekauft ist.
Karl Kollmaier

Christoph Kollmaier und dessen Ehefrau verweigern die Unterschrift

Staatsarchiv Landshut BZA/LRA Kötzting Nr. 3303 Plan um 1900 um den damals "alten" Friedhof neu zu belegen, hier sind
noch "Rest"gräber markiert.

S.o. auf der Seite der St. Anna Kapelle
das letzte der "alten" Gräber, das Grab der Familie Decker
 Karl Kollmaier gibt sich aber mit dieser seiner Erklärungsabgabe nicht zufrieden sondern reicht eine Beschwerde bei der Kammer des Inneren bei der Regierung von Niederbayern ein.
Im April 1903 weit die Regierung die Beschwerde ab und verweist auf die Regelung aus dem Jahre 1857, dass eben nur die Vatergeneration in den Friedhof dürfe.
So weit so gut und eigentlich eindeutig. Es ist aber dieselbe Kollmaierfamilie, die sich in Prozessen gegen den Zusammenschluss der Bahnstrecken in Kötzting mit Zähnen und Klauen gewehrt hatte und die den Bischof Senestrey erfolgreich verklagt hatte.....Aufgeben war keine Option.
Es kommt noch einmal zu einer Einigung zumindest mit der Marktgemeinde und mit der Kirche -, zu mindestens in einem Vertragsentwurf von 1932, Karl Kollmaier und seine Frau dürften danach bei ihrem Ableben im alten Friedhof beerdigt werden, wenn, er (Karl Kollmaier der jüngere) das jetzige Passauer/Kollmaier Grabmal entfernt und auch alle anderen sich auf den Namen Kollmaier beziehenden dazu. Dann würde ihm ein neuer Grabplatz zugewiesen werden. Die Ausführung des Grabsteines müsse aber vorher zur Genehmigung bei der Kirchenverwaltung vorgelegt werden. Diese Vereinbarung solle sich auf alle Beerdigungen im Hause Kollmaier erstrecken, solange die männliche Abstammung der Kollmaier existierte.  Das Bezirksamt lehnte diesen Vertragsentwurf entschieden ab.

Aber wie gesagt Aufgeben ist für die Familie Kollmaier zuerst einmal keine Option:
Karl Kollmaier der jüngere schreibt 1934 an das Bezirksamt:
Unterzeichneter bittet das Bezirksamt Kötzting um die Genehmigung der Überführung meines verstorbenen Vaters Karl Kollmaier in unser Erbbegräbnis im alten Friedhof, wo unsere Vorfahren nachweisbar seit Ende des 15. Jahrhunderts sämtliche dort begraben liegen, darunter große Wohltäter unseres Gotteshauses. Ich bitte das Bezirksamt mir das Erbbegräbnis zur Verfügung zu stellen und werde mich verpflichten ein künstlerisches Denkmal mit schöner Anlage zu schaffen, das zur Verschönerung des Friedhofes beiträgt.
L. U. Karl Kollmaier 

Seine Bitte wurde komplett abgelehnt, zugestanden wurde höchstens, nach der Vereinbarung von 1857, dass der Vater und wenn gewünscht auch die Mutter dort noch beerdigt werden dürften, danach sei Schluss.
  













In der Liste der Beerdigungen sind handschriftlich noch die letzten Personen aufgeführt, denen es noch erlaubt worden war, im unteren Friedhof beerdigt zu werden.

Nachtrag 1: die beiden Kollmaierbrüder, entsprechend der Vereinbarung von 1857









Nachtrag 2:
Noch einmal Kollmaier
dann Schrank Franziska und
Windorfer Fanny alle noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts.







Nun befindet sich im Umgriff der Kirche nur noch das "Priestergrab". Auch Frau Oberin, Kötztings Ehrenbürgerin,  ist dort begraben und das müsste dann bis jetzt die letzte Beerdigung in diesem Friedhof gewesen sein.

 

 










Wird fortgesetzt mit dem "oberen Friedhof", nun der sogenannte "alte Friedhof", welchen endgültig zuschließen in den 70er Jahren eine ähnlich langwierige, schwierige und umstrittene Handlung war, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist.

Dienstag, 4. Juni 2019

Pfingstrittehr 1949

Über die vielen Neuerungen und Änderungen beim Ablauf unserer Pfingstfeierlichkeiten habe ich ja bereits im April einen Beitrag geschrieben.
Die im April gezeigten Bilder der Uraufführung stammten alle aus dem Photoalbum des Ostmarkonkels Krämer. Nun gibt es noch einen weiteren Bestand an Bildern, geschossen vom damaligen Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock, wobei es durchaus möglich - ja sogar sehr wahrscheinlich- ist, dass die Bilder aus dem Krämerschen Album ebenfalls von Herrn Bock stammen.. Dieser war einer der wenigen Bildchronisten unserer Heimatstadt und bereits in den dreißiger Jahren sehr aktiv mit dem Photoapparat unterwegs.
Die Uraufführung des historischen Schauspiels "Pfingstrittehr" vor dem alten Rathaus und die Menschenmengen am Pfingstmontag auf dem Marktplatz hat er in tollen Bildern eingefangen:
grundsätzlich aber gilt: Bildernachweis: Archiv Arbeitskreis Heimatforschung







das Pfingstbrautpaar im gutbürgerlichen "Biedermeierstil"







der große Chor


Menschenmassen zwischen Rathaus und Kranzlübergabe auf dem Marktplatz



Die Besucher warten auf den Einritt, zum ersten Male auf dem Marktplatz



Premiere, es ist soweit, der Bleichanger vor der Jahnhalle ist Geschichte, dort wartet ja jetzt das Volksfest auf die Besucher



So dicht standen früher die Kastanien und Lindenbäume vor unserer Bäckerei, lange ists her, dazwischen liegen 70 Jahre und zwei Marktplatzsanierungen. Ein Wunder, dass die beiden verbliebenen Bäume all die Abgrabungen überstanden haben


Und am Ende, noch einmal zum Nachlesen, das ganze Pfingstprogramm von 1949 und alle seine Änderungen und Neuerungen.

Hinweise auf die abgebildeten Personen nehmen wir vom Arbeitskreis sehr gerne entgegen, wer also jemanden aus der damaligen Aufführung erkennt, bitte an uns/mich wenden.

Vorausschauen kann ich jetzt schon sagen: Pfingsten 1950, davon haben wir tolle Bilder, eigentlich unglaubliche Bilder, also dann bis nächstes Jahr......







Samstag, 25. Mai 2019

Ein Jahresrückblick auf 1949

eine kleine Jahreschronik von 1949


1949 hat sich bei unserem Pfingstfest (Volksfest, Pfingstfestspiel, Kranzlübergabe am Marktplatz) so viel geändert, dass ich das große Thema Pfingsten 1949 ja schon im letzten Monat in einem separaten Beitrag umfassend zusammengestellt habe.

Wie lebte es sich also in Kötzting im Jahre 1949, nach der Einführung einer neuen Währung und was war los:

Ein großes organisatorisches Problem für die Kötztinger Behörden - ich nenn jetzt die Militärregierung der Amerikaner ebenfalls eine Kötztinger Behörde, weil die jeweiligen Offiziere sehr bemüht waren, die Verhältnisse in Kötzting zu verbessern - waren die vielen Vertriebenen und deren Grundbedürfnisse. 
 Nach wie vor musste das Kötztinger Landratsamt wöchentliche Meldungen an die Militärregierung abgeben und von den Vorkommnissen berichten.
 

Staatsarchiv Landshut Militärregierung Fiche 100 vom 12.1.1949
Von 488 in Kötzting wahlberechtigten Vertriebenen ließen sich 82 Personen zur Wahl einschreiben, davon gingen dann 45 zur Wahl eines Vertrauensmanns und wählten Herrn Heinrich Pirschke. In Grafenwiesen, ein anderes Beispiel, befanden sich 135 Vertriebene. Laufend liefen bei den Amerikanern die Pflichtmeldungen ein, es war in diesen Jahren eine reine Mängelverwaltung. Nach einem Keuchhustenausbruch in Hohenwarth, zum Beispiel, wurden dort die Schule geschlossen. 
Interessant war die Meinung des Landratsamtes über die Stimmung innerhalb der Bevölkerung:
Staatsarchiv Landshut Militärregierung Fiche 100 vom 12.1.1949: die Silvesterfeierlichkeiten verliefen beinahe so wie in Friedenszeiten. Die öffentliche Stimmung kann man als teilnahmslos beschreiben, die Leute sind an Politik nicht sehr interessiert.
Wie sehr unsere Vorfahren unter der Mangelsituation zu leiden hatten und wie detailliert die Berichte sein mussten zeigen einige Berichte vom Landrat an die Militärregierung: (in englischer Sprache)

Kötzting wöchentlicher Bericht 

am 19. Januar trafen sich die Wirte im Gasthaus Miethaner um ihren Vertrauensmann zu wählen: Herr Heinrich Wagerer aus Grafenwiesen wurde bestätigt.
Am 20.1.1949 wurde das Drama "Des Teufels General" von Carl Zuckmayer durch das Städtetheater Straubing in der Turnhalle in Kötzting vor vollem Haus aufgeführt. Die in dem Stück dargestellten Problemstellungen wurden in den folgenden Tagen sehr lebhaft innerhalb der Kötztinger Bevölkerung diskutiert.
Am 22. Januar trat überraschenderweise ein großes Loch  in der Regenbrücke nahe der Metzgerei Oberberger auf.  Es ist bereits der zweite schwere Schaden in diesem Winter und es ist daher zweifelsfrei notwendig, die Brücke richtig zu reparieren, um schwerere Schäden zu vermeiden, ist vorgesehen, die Brücke für den Verkehr mit Lastwägen zu sperren.

Am 9. Februar ereignete sich ein schwerer Unfall nahe der Eisenbahnlinie bei Gillisberg, Gemeinde Chamerau. Der 18jährige Manfred MERKL aus Chemnitz beschäftigte sich mit herumliegender Flakmunition, welche er sammelte, aufhäufte und anzündete. Um 15.45 Uhr hörten zwei Männer nahe der Eisenbahnlinie eine Detonation und Hilfeschreie. Sie fanden Merkl schwer verletzt, sein linkes Bein schien zerrissen, er wurde ins Krankenhaus nach Kötzting gebracht, wo er verstarb. Da er keine Angehörigen hatte wurde vermutet, dass er Selbstmord verüben wollte.
Am 10.2.1949 kam es zu einem ersten Treffen des Aufsichtsrates der Kreissparkasse Kötzting. Zum ersten Mal nach der Währungsreform konnte ein Überschuss an Einlagegeldern ermittelt werden.
Am 9.2.1949 trafen sich die Erzeuger von Saatkartoffeln im Januelsaal auf Einladung der BAYWA. Die gut besuchte Veranstaltung bewies wie viele Bauern an dieser Art der Bewirtschaftung interessiert sind.
Am selben Tag wurde in Kötzting die Volkshochschule geöffnet

Kötzting, 21.Februar 1949, wöchentlicher Report vom 14. bis zum 19. Februar 1949
Während der Berichtswoche sprachen 116 Personen bei uns im Amt vor. Betrachtet man die allgemeine Rationierung, so gab es keine besonderen Vorkommnisse. Das Besucheraufkommen war etwas geringer als in der vergangenen Woche, was sicherlich der Tatsache geschuldet ist, dass bekannt ist, dass die Textilmarken (30 Coupons) demnächst verteilt werden. Übrigens ist die Nachfrage nach Textilien so groß als zuvor, weil die fraglichen Geschäfte die Marken für Bettbezüge und Leinen in vollem Umfang verlangen. So schließen wir halt die weniger Bedürftigen aus und kontrollieren die Rückläufe. Insgesamt wurden 2907 Marken verteilt.
Alle Marken für Seife, Petroleum usw. wurden ausgegeben und mit den Rückläufern nach Weisung verfahren.
Die Zuteilung an Kohle ist sehr gut, leider haben wir Kohle erhalten, die weder in Firmen noch in Haushalten verwendet werden kann, so dass wir uns in der letzten Woche anderweitig behelfen mussten. .......

Soweit nun der Einblick von der behördlichen Seite.
Neben der Einrichtung und Unterstützung der Volkshochschule und der öffentlichen Bücherei im Kötztinger "Amerikahaus" in der Marktstraße war es der Militärregierung ein Anliegen, an die deutschen Jugendlichen in einem demokratischen Sinne heranzukommen, deren quasi paramilitärischen Beeinflussung in der HJ- und der BDM-Bewegung es zu begegnen galt. Im ersten Vierteljahr seit seiner Eröffnung im Dezember 1948 hatte die Bibliothek im "Amerikahaus" bereits über 6000 Besucher und Nutzer zu verzeichnen.
Ein Ergebnis war eine bayernweite Seifenkistenrennenausscheidung zu welcher auch "Der Große Preis von Kötzting" gehörte, was bereits vor einigen Jahren Thema eines Blogs gewesen ist.











Nun mal weiter im Jahresverlauf, wie er sich in den lokalen Zeitungen abbildete.

Silvesternacht 1948

es "weitzt" in Kötzting in der Rathausgasse

Kötztinger Umschau Januar 1949 ein Stadtgespräch in den lichtarmen Nächten in Kötzting

Januar 1949

Wo bleibt der Burschenverein?

Nach 100jähriger Tradition Zerfallserscheinungen 
titelte die Kötztinger Umschau im Januar. Was war da los: der Burschenverein, erst seit kurzem wieder mit einer offiziellen Zulassung, kämpfte mit der geringen Mitgliederbeteiligung. 130 Mitglieder hatte der BWV aber bei der Mitgliederversammlung beim "Wieser Girgl" (am Ende der Schirnstraße) waren nur 36 Burschen anwesend, so dass die Vorstandswahl verschoben werden musste. Nur bei den Pfingstfeierlichkeiten würde man die Mitglieder antreffen, sämtliche geplante Wanderungen des vergangenen Jahres mussten abgesagt werden. Es geht ans Eingemachte, schlichtweg um die Erhaltung des Burschenvereins. "Kötztings männliche Jugend sollte sich dessen bewusst werden. Daß auch die Flüchtlingsjugend hierzu gehört, dürfte ohne Zweifel sein" (!)

Die provokante Überschrift zeitigte Folgen:

Neues "Frisch auf" beim Burschenverein

Bei der Wiederholung der Vorstandswahl kamen dann 110 Burschen und Ehrenmitglieder und so konnte zur Wahl geschritten werden. Oexler Franz wurde der neue Vorstand und  Karl Liebl zu seinem Stellvertreter gewählt. Besonders Josef Barth, der 1919 die Geschicke des Burschenvereins übernommen hatte appellierte an den Burschenverein, er müsse zum Sammelbecken der Kötztinger Jugend werden und der Flüchtlingsjugend müsse der Verein zu einer neuen Heimat werden.

Auch der Fasching ist nun wieder etwas Besonderes, das Dünnbier ist Vergangenheit, durch die Einführung der D-Mark sind endlich wieder - vermutlich zurückgehaltene - Waren in den Handel gekommen. Offensichtlich waren auch MASKEN vorher verboten gewesen, nun konnte der Kötztinger also zuerst einmal wieder inkognito "Maschkera" gehen.
Das Cafe Regina und Klingseisen, Joe Schuhbauer, der Pächter der "wohldekorierten" Turnhalle und Betreiber eines vollkommen untermotorisierten "Taxi"unternehmens, all das sind Namen, an die sich ältere Kötztinger gerne erinnern, aber nur noch wenige werden es sein, die tatsächlich dort noch Fasching gefeiert haben.
Kötztings Faschingskalender: auch der Kreisverband der KPD feiert ein Faschingskränzchen....

DIA Repro Arbeitskreis 1804 Theaterstück Glück vom Riedhof, siehe Trachtenvereinsartikel



Probleme sind da, um gelöst zu werden, pragmatische Lösung in Grafenwiesen

 Februar

die Volkshochschule beginnt
Wie in den einleitenden Berichten des Landratsamtes an die Militärregierung bereits berichtet wurde, begannen in Kötzting, nach Genehmigung durch das Kultusministerium in München, im Februar die Vorträge im Rahmen der Volkshochschule. In einem Nebenzimmer des Gasthauses Kollmaier finden zukünftig an jedem Mittwoch, jeweils in der Zeit von 8 bis 10 Uhr, zwei Vorträge von etwa einer Stunde Dauer statt.


Die Kötztinger Hütte wieder aufgebaut

Kötztinger Hütte, so wie sie bis zum 2. Mai 1945 ausgesehen hat, Bild vermutlich vom Kötztinger Lehrer Josef Bock. Am 2. Mai 1945 wurde dieser Bau von einer in Wettzell stationierten amerikanischen Artilleriestellung unter Beschluss genommen, weil man dort versprengte Wehrmachtsangehörige vermutete, bzw. solches gerüchtweise verbreitet worden war.1948 war dann erneut der Baubeginn des Wiederaufbaus und im Februar 1949 war es soweit:


hier die Kötztinger Hütte in derselben Ansicht wie in der Zeichnung von Hermann Seiler: die feierliche Einweihung der Kötztinger Hütte erfolgte am 26. Juni, an dem Tag, als auf den umgebenden Hügeln die Johannisfeuer brannten......
In seiner Festrede anlässlich der (Wieder)Eröffnung der Kötztinger Hütte stellt Herman Seiler die vielen Personen heraus, die tatkräftig zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen hatte.
Maßgeblichen Anteil hatte wohl der Chef der amerikanischen Militärregierung in Kötzting Mr. Pearce, der es selber zwar nicht schaffte zur Eröffnung zu kommen es sich aber vorbehielt später zu einer kleineren Feier auf den Mittagsstein zu kommen.
Hier nun drei Ausschnitte aus der Eröffnungsrede Herman Seilers:
Krämerarchiv im Stadtarchiv Kötzting: Seilers Rückblick auf die Zerstörung der "alten" Kötztinger Hütte

Krämerarchiv im Stadtarchiv Kötzting: die Hilfe zum Wiederaufbau durch die Militärregierung in Kötzting

Krämerarchiv im Stadtarchiv Kötzting: Der Moment der Einweihung


März



Rückschau: wir schreiben den Mai 1945, die 11. Panzerdivision kapituliert und ca 11.000 Mann mit Waffen und Gerätschaften biwakieren im Großraum Kötzting. Aus Platzmangel wird auch in Sperlhammer - dem von Captain Sperl so geliebten "Weißen Haus"- eine Baracke für die Soldaten errichtet. Eigentlich gedacht als ein Provisorium, sind die Behörden später, nach Eintreffen der Flüchtlings- und Vertriebenenmassen, glücklich solch einen freigewordenen Wohnraum zur Verfügung zu haben, und nichts hält eben länger als wie ein gutes Provisorium. Nun im März 1949 soll die Baracke endgültig verschwinden.
Sta La Rep 164-8 Nr. 3520 Baracke der 11. PD in Sperlhammer
Die Fraktion der Bayernpartei, in Person des "Fraktionsvorsitzenden und Revierförsters Volkholz in Watzlsteg", beantragte die Baracke abzureißen um dem Grundstücksbesitzer wieder einen ungetrübten Nutzen aus seiner Wiese zu ermöglichen. Dazu gibt es einen Akt im Staatsarchiv in Landshut, allerdings gibt das Landratsamt angesichts der andauernden Wohnungsnot nicht nach, sondern verweist auf die ursprünglich vereinbarten Bedingungen.

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Die Pfadfinder beziehen den Pulverturm

Schon vor mehreren Jahren habe ich die Geschichte der Kötztinger St. Georgspfadfinder mit ihren ruhmreichen Anfängen und dem kläglichen Ende zusammengestellt.





























Im März 1949 nun beginnt die Erfolgsgeschichte mit dem Umbau des früheren Pulverturms. Interessant an dem Artikel ist - ich wusste es vorher nicht - das in diesen Räumen - vermutlich nur nach dem Kriege - die Gemeindekanzlei von Arndorf, Gehstorf und Haus untergebacht war. Arndorf zumindest war bis zur Gebietsreform mit seinem Standesamt dann in einem kleinen Häuschen beim Gschaider in der Pfingstreiterstraße untergebracht.




Der Fremdenverkehr

Es ist sicherlich nur eine Binsenwahrheit, aber man kann ein Bett und ein Zimmer nur einmal belegen. Angesichts der anhaltenden Wohnungsnot durch die immer noch großen Vertriebenenzahlen, sind auch die in der Vergangenheit vorhandenen "Fremdenzimmer und Betten", der Not gehorchend, mit Flüchtlingen belegt worden. Die Statistik spricht ein deutliches Wort, von den 342 Fremdenbetten des Marktes Kötzting im Jahre 1938 standen 1949 nur noch 27 für diesen Zweck zur Verfügung. 1938 hatte Kötzting in der Sommersaison noch 16000 Übernachtungen aufzuweisen. Es besteht der dringende Wunsch, die zweckentfremdeten Gasthausbetriebe und Privatwohnungen wieder ihren ursprünglichen Bestimmungen zuzuführen, denn "allem Anscheine nach sind Kötzting und Lam wieder bereit, im Fremdenverkehr ihren Platz zurückzuerobern. Der Markt Kötzting gibt in diesem Jahre wie früher die hübschen Briefverschlussmarken heraus, welche besonders eine Werbung für das Pfingstfest erzielen sollen.

Die Neukirchener Kirchenglocken, die im Zuge der Buntmetallabgaben im Weltkrieg vom Turme abgenommen und folgend eingeschmolzen worden waren, wurden 1949 neu gegossen und feierlich in Neukirchen wieder geweiht


OGV Kötzting wieder gegründet

das BRK, mehr als nur für Krankentransporte zuständig:

Wie in den alten Zeiten: Holztrift herunter von den Arberwäldern:
Nicht mehr lange wird es diese Form des Holztransportes in unserer Gegend geben, in dem Maße, wie die Straßenverbindungen hinauf zum Arber ausgebaut werden, wurden diese Transporte dann auf die Straße verlegt. Noch aber fehlt diese Möglichkeit und auch die Kosten waren damals offensichtlich mit dem Triften leichter in den griff zu bekommen. Im Artikel wird das genaue Prozedere, auch was die Kontrollen am Flussverlauf betrifft, sehr gut beschrieben.


April

April 1949, das Kriegsende und dessen Folgen sind überall mit Händen greifbar, trotzdem erscheint im April eine erste Rückschau und Zusammenstellung der Ereignisse vom April 1945, die vor Allem die Auswirkungen der großen Bevölkerungsverschiebungen durch die Vertreibungen in den Mittelpunkt stellte.

Politische Vertretung der Vertriebenen

Ziemlich genau ein Drittel der Bewohner im Altlandkreis Kötzting bestand in den Jahren 1945-48 aus Vertriebenen und Flüchtlingen - was ebenfalls bereits Thema eines Blogs gewesen ist -, ohne allerdings, wegen ihrer Zersplitterung auf die verschiedensten Ortschaften, mit entsprechendem politischen Gewicht ausgestatten gewesen zu sein. Dies sollte sich nun ändern. Nachdem die schiere Not einigermaßen gelindert worden war und sich die Dinge langsam, aber sicher zum Besseren wandelten, schlossen sich die unterschiedlichen Gruppierungen und Ortsvereinen nun auch politisch zusammen.
im April 1949 kam es dann endgültig zur Wahl des Vorstandes dieser Interessenvertretung: erster Vorstand wurde Herr Alfons Heiduk aus Kötzting

Die Kötztinger Konservenfabrik
 
Auch wenn diese Fabrik mittlerer weile schon seit vielen Jahren Geschichte ist und sich bald niemand mehr beim Fahren in der Pfingstreiterstraße daran erinnern kann, die Konservenfabrik war einmal einer der größten Arbeitgeber in Kötzting. Vor allem in der Sommersaison war es für Frauen ein gesuchter Arbeitsplatz.
Neben der sehr guten Beschreibung der Geschichte und des Geschäftsverlaufes der Konservenfabrik, fiel mir besonders das vorletzte Wort auf: "kostbares Volksgut", interessant und verständlich, angesichts der Nahrungsmittelkrise, aber sehr nahe an der Sprache des Dritten Reiches.

Marktgemeinderatssitzung beschließt große Änderungen:

Wie einleitend bereits angerissen, wird es in diesem Jahre an Pfingsten zu großen Änderungen gegenüber den Vorjahren kommen, viele Vorschläge wurden zumeist von Seiten des Burschenvereins gemacht, welche tatsächlich alle vom Marktrat angenommen wurden. Da es so viele Neuerungen sind, die bis heute Bestand haben, möchte ich den ganzen Komplex im nächsten Monat, rechtzeitig zum 70jährigen Jubiläum, in einem eigenen Beitrag vorstellen.

Einschub: In dieser Sitzung wurde auch das Rücktrittsgesuch als Marktgemeinderat meines Großvaters - ebenfalls Clemens Pongratz -  angenommen. 1933 war er, zusammen mit den anderen Ratsmitgliedern von der BVP und dem Bürgermeister Schödlbauer,  ja im Sommer von der NSDAP zum Rücktritt gezwungen worden und 1945 von den Amerikanern gleich wieder in Amt und auch als Beisitzer bei den Kötztinger Spruchkammerverfahren bestimmt worden. Aus letzterem Amt hatte er sich bald zurückziehen können - lt Aussage meines Vaters, weil er erleben musste, dass sich die "Kleinen" nicht vernünftig wehren konnten und daher bestraft wurden, während die "Größeren" durch entsprechende Hilfen eher aus dem Schneider waren. Nun kam also der, diesmal echt freiwillige, Rücktritt als Marktgemeinderat aus gesundheitlichen Gründen. Wie bei vielen anderen Kötztinger Bürgern seines Jahrgangs war es der Alkohol.....

Ludwig Volkholz betritt die politische Bühne:
Gegründet im Dezember 1947, kam es dann bereits im Folgejahr zu ersten Positionskämpfen zwischen der Kreistagsführung in Person des Landrats und der Fraktion der Bayernpartei. Nun wurde der Herr Revierförster Ludwig Volkholz als Kreisvorsitzender bestätigt und beschreibt in seiner Antrittsrede, dass zwar die Fraktion im Wesentlichen aus Kötztingern bestehen würde, sie aber zum Wohle des gesamten Landkreises kämpfen würden. Seit der Gründung sei der Mitgliederbestand von 95 auf 517 Personen gestiegen und habe es 157 Versammlungen gegeben. In einem Rundumschlag forderte er die Auflösung des Kreistages, lehnte die neu gegründete Volkshochschule und die Kulturabende ab und wandte sich gegen eine Verunglimpfung der Bauern bei Volksstücken.

Mai


Das Pfingstbrautpaar wird bekannt gegeben:
Anfang Mai wird es bekannt, von den sechs vom Marktgemeinderat vorgeschlagenen Bürgersöhnen hat das Pfarramt den Kaufmann Wolfgang Ludwig, den Vater unseres vorherigen Bürgermeisters, auserwählt, der sich Fräulein Maria Schaffer als Pfingstbraut nahm. Ihm zur Seite als Brautführer stehen der Schlossermeister Hans Graßl und der Kaufmann Hans Dattler.


Erste Umsiedlung von Vertriebenen in die französische Zone
Bayern erhielt eine Quote von 75000 Umsiedlern zugesprochen, nachdem sich die "französische Zone" grundsätzlich zur Aufnahme und damit zur Auflockerung der angespannten Situation in der "amerikanischen Zone" bereit erklärt hatte. Allerdings hatte sich die französische Seite die Möglichkeit einer Auswahl nach Berufszugehörigkeit ausbedungen. Kötzting hoffte, dass der Bayerische Wald als Notstandsgebiet vorrangig behandelt würde, wobei der Grundsatz der Freiwilligkeit in den Vordergrund der Umsiedlung gestellt wurde. In den Jahren zuvor hatten sich viele hier gestrandete Kulturschaffende eine Konzession ausstellen lassen. Nun mit der Möglichkeit der Umsiedlung sind dann in kurzer Zeit die meisten abgewandert. Diese "Szene" der Nachkriegszeit wäre es wert, einmal genauer untersucht zu werden.


 Kötztinger Wanderwege

 Geht man heutzutage, schön entspannt, am Wochenende auf den Ludwigsberg, macht man sich gar nicht bewusst, dass dies vor gar nicht so langer Zeit ganz anders ausgesehen hat. Um finanzielle Lücken zu schließen und um Heizmaterial zu gewinnen hat die Marktgemeinde auf dem Ludwigsberg Bäume schlagen lassen und auf dem Wiesenabhang türmten sich die militärischen Reste der 11. Panzerdivision. Nun aber in das Frühjahr 1949 hinein soll es endlich wieder besser werden:
zeitgenössische Bestätigung der Lagerplätze der Fahrzeuge der 11. PD.

Schulplatznot in Kötzting

Unvorstellbar sind die Zahlen, die hier  genannt werden. 10 Jahre später, als ich dann eingeschult wurde, waren wir zwar im ersten Kurs - beim Lehrer Mieleithner - immer noch über 50 Schüler und im Jahr drauf bei Herrn Ertl waren bei uns Zweitklässler dann noch die Drittklässler mit im Raum, aber danach gings lockerer, bis hin zu ersten Englischstunden beim Krämer Schorsch, aber immer noch mit der -für mich- "ekligen Schulmilchspeisung" aus den braunen Glasflaschen und bald dann auch mit der ersten Schluckimpfung gegen Kinderlähmung. 1949 aber war das Bild in der Volksschule ein ganz anderes:



Juni

Auch wenn ich mich wiederhole, Pingsten 1949 wurde wegen der vielen Änderungen ein eigenes Thema, doch ganz ohne Pfingsten wäre solch eine Jahreschronik nicht komplett, daher hier nur kurz die Zusammenfassung von Pfingsten 1949 in der Presse, sozusagen die Pfingstbeilage von 1949. das Bild der Kranzlübergabe des Vorjahres kann natürlich nur falsch sein, ab 1949 geschah dieses auf dem Marktplatz.




ein schönes Detail:
der Pfingstbräutigam und seine beiden Brautführer, spielten gemeinsam in der Meistermannschaft von 1949


Juli


Politisch gings hoch her in diesem Monat, die Bayernpartei, angeführt von ihrem Kreisvorsitzenden Ludwig Volkholz nahm sich nun die Vertriebenenvertreter - in Person von Alfons Heiduk - zur Brust. (Zwei Monate zuvor waren es noch der Landrat Scholz und die CSU Fraktion, die zum Ziel seiner Angriffe geworden waren). Er schrieb davon, dass seine Partei um die Freiheit Bayerns kämpfe und um Reinigung von allen norddeutschen Insekten, die Norddeutschland ausstauben würde. Inhaltlich ging es dabei um Forderungen der Vertriebenenverbände, denen er einen ungezogenen Ton vorwarf.
 Ansonsten gings im Juli eher beschaulich zu, der Haidstein feierte sein Patrozinium

Auf der Ostmarkstraße außerhalb von Miltach wurde um den "Großen Preis von Kötzting" gekämpft


ich glaube mich noch an den Tierpräparator -vulgo Ausstopfer- von Haus erinnern zu dürfen, wenns derselbe ist, an den ich mich erinnere, so hatte er sein Haus gleich schräg gegenüber dem Kramerladen der "Moama Linerl" in Haus. Von diesem haben wir unsere ersten Goldhamster erhalten, die er nicht umbringen und ausstopfen wollte...... 


der Tierpräparator Karl aus Haus


 August

Es bleibt politisch und es ist wiederum die Bayernpartei: bei der Bundestagswahl am 14. August 1949 erzielt der "Revierförster Ludwig Volkholz aus Watzlsteg bei Kötzting" mit einem Drittel der abgegebenen Stimmen im Wahlkreis Deggendorf den Sieg und zieht damit in den Bundestag nach Bonn ein.
 Aber schon in seiner Stellungnahme gegenüber dem Reporter, der ihn nach dem Wahlsieg aufsuchte und zu interviewen versuchte, kommt seine Gegnerschaft zur CSU deutlich zur Sprache. Der Reporter ist hörbar begeistert von seiner Energie und wohl auch Ausstrahlung.
In dem vorhergegangenen Wahlkampf ging´s hoch her, die SPD versammelte ihre Anhänger beim Januel und keilte gegen CSU und BP. Die KPD, mit 150 Besuchern in die Jahnhalle ausgewichen, bezog ganz klar Position gegen die USA und deren Marschallplan und für die UdSSR und die Unterstützung der "Ostzone". Schwer zu schaffen machte der Partei aber die ausgesprochene Exkommunikation der KPD Mitglieder durch den Vatikan genau jetzt im Bundestagswahlkampf.


 Neuer Krankenwagen fürs Kötztinger Rote Kreuz:

Wie weiter oben in dem Rechenschaftsbericht des BRKs bereits angedeutet, gipfelte die Forderung des Verbandes in eine Ersatzbeschaffung für ihren Sanka, der noch aus Wehrmachtsbeständen, - ich bin mir sicher aus dem Fuhrpark der 1.PD - stammte. Nun gabs einen umgebauten VW Käfer. Auch wenn das Zeitungsbild sehr unscharf ist, so erkennt man doch die technischen Details, die beeindruckend sind. 25 PS also 19 KW bei den damaligen Straßen UND Steigungen sind anspruchsvoll. Aber es geht aufwärts.























Geburtstage: Josef Blau und Josef Liebl


Wer immer sich mit der Geschichte unserer Heimat beschäftigt, kommt um Josef Blau nicht herum. Weniger als Dichter, sondern vor allem als Heimatforscher unseres Grenzraumes ist er unverzichtbar und heute noch ziehe ich in vielen Fällen seine Veröffentlichungen heran. 


 Am Ende des Monats noch ein weiterer Geburtstag:




Der Kötztinger Jedermann

Im August 1949 probten die Kötztinger Pfadfinder unter der Regie von Herrn Röhrich aus Lam, den Jedermann ein und führten ihn vor der St. Anna Kapelle auch auf.
Mehr Infomaterial zu dieser Ausführung und zu den Pfadfindern in Kötzting gibts hier:
Die Jugend in Kötzting Teil II






In dem Blog ist auch die Entstehung eines  Kötztinger dargestellt, der später dann in den Spielmannszug der FFW integriert wurde. Auch die Kötztinger Herolde haben hier ihren Ursprung.






Obere Reihe von links: 1. Fischer Pepp (RA-Sohn) 2. Mühlbauer Annelies (Schuhgeschäft Marktstraße) 3. XX Schwester von Simml Max aus Beckendorf) 4. Foerster Heini (LRA/FWV) 5. Schelenz Irene (Lindner) 5a Heiduk Alfons oder Hans 6. X.X. Hauptdarsteller wohnhaft in Beckendorf) 7. Lickleder Helmut "Jedermann" 8. Attenberger Ludwig (Notar) 9. Mühlbauer Hans (Bergfrieden) 10. Teufel 11. Brandl Ludwig Requisiteur
Zweite Reihe von links: 1. Rektor Röhrich, Lam Regisseur, 2. Heiduk Magda, 3. Sperl A. (Mannig) 4. X.X. 5. Heiduk Klaus, 6. Stadler Lina (Miethanner) 7. Kaminski (Bruder Viktor) 8. Schmidl Lisbeth (jetzt Cham) 9. Liebl Hilde (Lebzelter/Bahnhofstraße) 10. Pater Augustin
Untere Reihe von links sitzend 1.XX, 2. XX 3. Sobania (+Kind) 4. X.X und Kind
5. Gruber Ferdl (Hammermühle) 6. ein Gietl 7. Schmiel Kurt  (Teufelchen)




 September

 10 Jahre Lebensmittelkarten:  seit Ausbruch des Weltkrieges im September 1939 mussten die Kötztinger mit einer Mangelwirtschaft und deren Folgen leben:



 eine besondere Ehrung: Karl Lindner, vulgo der Major



 Beckendorf erhält seine neue Kapelle:

Plan der Beckendorfer Kapelle



Baubeginn war bereits im Jahre 1948


 Zur Erinnerung, neben dem allseits bekannten Ostmarkonkel, ein anderer Förderer des Kötztinger Trachtenvereins:


  Das Problem mit den Kötztinger Brücken


Kötzting ist langsam vom Verkehr abgeschnitten, nachdem im ausgehenden Winter bereits die Oberbergerbrücke (damals meistens noch Kollmeierbrücke genannt, wegen des Wirthauses Kollmaier an der Engstelle, später in Besitz der Familie Meimer) für den LKW Verkehr gesperrt werden musste, erwischte es nun die Höcherlbrücke (bei der Sagmühle). Wie problematisch dies war wird erst erkennbar, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die Straße nach Blaibach und Miltach erst 17 Jahre später erbaut wurde. Die LKWs von der Konservenfabrik mussten, wenn sie am Kötztinger (Haupt) Bahnhof Ware abholen wollten, den Weg über Grafenwiesen, Thenried, Haus und Kötzting nehmen, und ein Miltacher Fuhrunternehmer, der von der Zellertaler Ziegelei Material brauchte musste den Weg über Viechtach und Wettzell nehmen. Das Ganze noch unter dem Einfluss der damals noch vorherrschenden Benzinzuteilung.  Der Markt Kötzting appellierte an den Landkreis, diese Maßnahmen unter die Notstandsarbeiten einzugliedern und vorrangig bereinigen zu lassen. Das Deggendorfer Straßen und Flußbauamt stellte fest, dass die letzte Reparatur, vorgenommen am 5. August, bereits 14 Tage später zu erneuten Bedenken geführt hatte. Die Ausbesserungen könnten keine Tragfähigkeit garantieren. Deggendorf habe bereits um die Bereitstellung entsprechender Mittel gebeten und würde sofort nach der Zusage den alten Belag  und die Schotterdecke entfernen und einen neuen Fahrbahnbelag aus Holz aufbringen lassen.


Oktober

 Was wird aus dem Kötztinger Gefängnis?



Das Kötztinger Krankenhaus wird eröffnet

Nach dem abschnittsweisen Abriss des alten Krankenhauses und dem folgenden Neubau, war es im Oktober soweit, das Krankenhaus, für einige Jahre in den Gasthof "Hotel zur Post" umgezogen - offensichtlich auch mit den Kindern, da die Kindergartenbilder im Postgarten aufgenommen worden sind - erhält seine feierliche Einweihung und Wiedereröffnung im Oktober 1949. Pater Emmeram, der diesen Bau entscheidend auch über die Schwelle der Währungsreform getragen hatte, erhält dafür im selben Jahr auch die Kötztinger Ehrenbürgerwürde.







Diarepro 1024 des Arbeitskreises Luftaufnahme mit dem erkennbaren Teilabriss des Krankenhauses
Kindergartenkinder im Freien im Postgarten, links im Hintergrund das Gefängnis/Gesundheitsamt, im Schatten der Bäume das "Salettl" des Postgartens aus dem Jahre 1909



Ehrenbürgerrechtsurkunde für Pater Emmeram Glasschröder angefertigt vom Kötztinger
Universalkünstler Henneberger



Jugendarbeit in Gemeinschaft der Schulen und der Pfarrei:



Hier in diesem ehemaligen Pulverturm der Burganlage in Kötzting war zuerst eine Gemeindeverwaltung und dann das Jugendheim der Kötztinger St. Georgspfadfinder untergebracht. Lange Jahre diente es auch als Unterkunftsstätte für auswärtige, durchreisende Pfadfindergruppen aus dem ganzen Bundesgebiet.  Vom Pater Augustin als Pfadfinderstamm aufgebaut,  diente das Gebäude nach der Vertreibung der Pfadfinder durch den Stadtpfarrer Augustin  zuerst einmal den Kötztinger Ministranten für deren Gruppenstunden und beheimatet nun des Kötztinger Pfarrarchiv.


November

Eugen Hubrich schreibt....

Eugen Hubrich, der Autor des Spieles von der "Pfingstrittehr", dessen Premiere an diesem Pfingstfest so hoch gefeiert worden war, konnte dieser Premiere nicht persönlich beiwohnen. Sein Spruchkammerverfahren wegen seinen Entnazifizierung war noch nicht abgeschlossen und eigentlich war er, der ursprünglich als Belasteter eingestuft, mit einem Schreibverbot belegt. Im Frühjahr 1949 sah er die Chancen, dass er in der Berufungsverhandlung dann von diesem Bann befreit werden könnte. So bat er im Vorfeld der Pfingstaufführung den Kötztinger Bürgermeister Hans Kroher um eine wohlwollende Beurteilung seines Stückes anlässlich der positiven Aussichten seiner Berufungsverhandlung. Der Coup gelang, Hubrich erhielt eine Ausnahmegenehmigung wegen der positiven Aussichten in einer zukünftigen Berufungsverhandlung, und so konnte das Stück ohne Probleme aufgeführt werden und im Herbst dann durfte Eugen Hubrich auch wieder öffentlich als Autor auftreten und seine Werke vermarkten.

Ignaz Steger aus Ried:





Die endlose Geschichte: die Zellertalbahn