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Donnerstag, 26. Januar 2017

Der Kötztinger Spielmannszug Teil 2

von der Trommlergruppe hin zum großen Spielmannszug

Auch wenn wir uns hier in einem Zeitrahmen bewegen, an den sich einige Beteiligte noch gut erinnern können sollten, so gibt es offensichtlich doch unterschiedliche Erinnerungen und vor allem decken sich diese nicht mit den Unterlagen, die sich im Archiv und aus den Zeitungsberichten ergeben.

Sicherheitshalber hier noch der Link zum ersten Teil:


Eine kleine Notiz aus der Chronik der Feuerwehr Kötzting gibt zumindest einen Startpunkt bekannt, den sie selber damals festgelegt hatten, auch wenn der Sachverhalt damals ein anderer war, aber dazu später.
Zuerst einmal die Kurznotiz, so wie es die Kötztinger Feuerwehr bekannt gab und dann anschließend die ersten Einsätze der Fanfarenbläser:



Auftritt des Spielmannszuges bestehend aus der Trommler und der Fanfarengruppe
anlässlich der Heirat des damaligen Landrates Nemmer  in Altrandsberg
So einfach und schrittweise aufbauend stellt sich die Geschichte des Spielmannszuges dar, wenn man nur die eigene Vereinschronik der FFW Kötzting berücksichtigt....
es gibt da aber noch eine andere Geschichte.
Doch zuerst einmal zurück zu der ursprünglichen Trommlergruppe. Schon kurz nach dem Krieg wurde eine solche wieder gegründet - immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Name Michael Irlbeck, ein musikbegeisterter Kötztinger, der obwohl er nach Viechtach umgezogen war, trotzdem hier vor Ort diese Trommlergruppe aufgebaut und geleitet hatte und auch an der Weiterentwicklung beteiligt war.

Zuerst aber gab es nun mal nur die Trommlergruppe, die für die richtige "Marschmusik" bei den unterschiedlichsten Aufzügen sorgen musste.
Ausschnitt aus der Chronik der Kötztinger Freiwilligen Feuerwehr aus dem Stadtarchiv
Spielmannszug noch als reine Trommlergruppe, wohl beim Bierzelteinzug, also nach/ab 1949 entstanden, der Trommler - vom Betrachter aus gesehen - vorne rechts ist Irlbeck Michael

Es wurde Sommer 1956 und die Pfadfinder in Kötzting feierten ihr 10 jähriges Stammesjubiläum. Wie bei allen "Vereinen" üblich, so schickten auch befreundete Verbände ihre Abordnungen und die Amberger Pfadis kamen mit ihrem Spielmannszug und mit dabei waren, unüberhörbar und unübersehbar: ein Fanfarenzug.
Hier nur ein paar Bilder von deren Auftreten in den Kötztinger Straßen, eine genauerer Bericht kann in dem Blog aus dem Jahre 2014 nachgelesen werden.

Amberger Fanfarenzug auf Besuch bei den Kötztinger Pfadfindern im Sommer 1956




















 
Nicht zu überhören und nicht zu übersehen
 Nun war das Interesse geweckt, vor Allem bei Barth Georg und seinen Mannen bei der Feuerwehr.
Die Lösung war aber eigentlich sehr einfach, auch wenn in dieser Lösung dann schon kurze Zeit später dann doch einiges an Konfliktstoff steckte.
Es kam zu einem "Gemeinschaftsspielmannszug",  bestehend aus den Trommlern der Feuerwehr und aus Fanfarenbläsern gebildet sowohl aus Mitgliedern der Feuerwehr und von Pfadfindern und Mitgliedern des Burschen- und Wanderervereins.
Bitte um Zuschuss für die Felle der Trommlergruppe

Noch an Pfingsten 1956 bemühten sich die Verantwortlichen der Trommlergruppe darum, die stark abgenutzten Trommelfelle mithilfe der Stadt Kötzting auswechseln zu lassen, der Magistrat genehmigte einen Zuschuss und verband dies mit der Bitte den Trommlerzug der Feuerwehr Kötzting auch weiterhin bei den Pfingstfeierlichkeiten einsetzen zu können..


Das war die Situation im April 1956 und auch dann anlässlich der Pfingstfeierlichkeiten und dann kam der Sommer, die Fanfarenbläser von auswärts und dann ging es ganz schnell.
Fast zeitgleich gingen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting und der Kötztinger Pfadfinder daran sich Musikinstrumente zuzulegen und zu üben, dies aber offensichtlich nicht einzeln sondern durchaus in dem Sinne eine "Kötztinger Spielmannszuges" zuerst einmal gemeinsam, ja es wurden sogar Regeln vorgestellt, bei welchen Auftritten die Tücher auf den Fanfaren
das "Logo" der Feuerwehr und wann das der Pfadfinder zu sein hatte.



 In diesem kleinen Zeitungsausschnitt vom Sommer 1956 spricht der Kreisbrandinspektor Barth Josef selber von dem Wunsche der Feuerwehrler nach Fanfaren, nachdem Sie die Amberger Pfadfinder mehrmals in den Kötztinger Straßen gehört und gesehen hatten.

Kuglmeier Hans, Kötztinger "Altpfadfinder" mit seiner
Fanfare inkl. dem Tuch der Kötztinger Pfadfinder.


 Wie oben angeführt ging es recht schnell und schon Ende des Jahres spielte die Kötztinger Feuerwehr mit Trommlern und Fanfarenbläsern anlässlich der Hochzeit des Kötztinger Landrates Nemmer in Altrandsberg auf.
Hochzeitsspalier für Landrat Nemmer in Altrandsberg
Kötztinger Umschau April 1957

Noch im Sommer 1957 scheinen die beiden Gruppierungen an einem Strang zu ziehen, wie ein Brief der Pfadis Kötzting an den Stadtrat zeigt, in dem von den verschiedensten Aktivitäten der gemeinsamen Gruppierungen die Rede ist und auch von dem Wunsche, in Zukunft bei den Pfingstfeierlichkeiten eingesetzt zu werden.
Ausschnitt eines Briefes vom Stammesvorstand Brandl Wick an den Stadtrat in dem er die Mitwirkung des Kötztinger Spielmannszuges, vor allem des gemeinsamen Fanfarenzuges an der Spitze des Pfingstrittes vorschlägt.

das obige Angebot an den Stadtrat unterschrieben der damalige Kötztinger Kooperator Haltrich und der STAVO Ludwig Brandl. Zwischen den Zeilen kann man noch ein gutes Einvernehmen der beiden Gruppierungen herauslesen, aber schon im Jahr drauf scheint es gewaltig zu knirschen und auch hier haben wir nur die Argumentation der Pfadfinder, die sich in den Unterlagen finden. Diese wenden sich an den Bürgermeister Kroher, um ihm sowohl den Brief der Pfadfinder an die Feuerwehr in Kopie vorzulegen als auch um seine Vermittlung bei einigen Konfliktpunkten baten. Der damalige Stammesvorstand war Maimer Ferdinand.
Nun kann man zwischen den Zeilen sehr gut - und vor allem in den äußerst undiplomatischen Forderungen - herauslesen, dass es zwischen den beiden Trägern des bisherigen Spielmannszuges doch ziemlich knirschte. Nicht desto trotz kann man erkennen, dass noch 1958 Alles im Flusse war.
Hier ein paar Beispiele aus dem Schreiben der Pfadis an die Freiwillige Feuerwehr.


Ich denke aus heutiger Sicht kann man den Brief durchaus als ETWAS undiplomatisch nennen und nachdem in dem Begleitschreiben an den Bürgermeister Kroher von "nun aufgetretenen Schwierigkeiten" von Seiten der Feuerwehr die Rede ist, kann ich nur vermuten, dass die Feuerwehr Kötzting auf die Forderungen d er Pfadis nicht eingegangen ist, die Zusammenarbeit beendete und ab nun als Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting ihre eigenen Wege ging.
Schaut man auf die Fanfarenbläser in der zweiten Reihe, so glaube ich Hans Kuglmeier und Maimer Ferdi zu erkennen, dies KÖNNTE damit ein Auftritt der noch vereinigten Fanfarengruppe sein. Bild stammt von Hans Traurig
Tambour: Theo Heigl
v.l. Franz „Stutz“ Traurig – Xaver Wellisch – Wack Traurig
hinten: Hans Kuglmeier – Ferdinand Maimer
ganz hinten rechts: SZ-Leiter Georg Barth


Bild von Haymo Richter: hier haben wir dann kurze Zeit später die reinrassige Fanfarengruppe des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting beim Einsatz in Miltach
Kötztinger Umschau November 1958 , Zuschuss nur noch für den Spielmannszug der FFW, die Pfadis sind draußen.

 Mit Sicherheit gingen die beiden Gruppen bereits 1959 ihre eigenen Wege, sicherlich aber wissen wir es von 1960, als die FFW Kötzting um einen größeren Zuschuss beim Stadtrat vorstellig wurde. Damit ist uns auch der erste Leiter des Spielmannszuges bekannt: Georg Barth
Antrag auf einen größeren Zuschuss, Stadtarchiv Kötzting Pfingsten 1960

Kötztinger Umschau 1959 im April


Nun war die Grundlage gelegt, zum Trommlerzug kamen die Fanfaren, die Lyra wurde angeschafft, eigentlich sollte der Zukunft nichts mehr im Wege stehen, aber die Zeiten änderten sich und es war irgendwann nicht mehr "cool" (auch wenn man damals dieses Wort natürlich nicht benutzt hatte) beim Spielmannszug mitzumarschieren (und zu Üben und Üben). 
1968



1972 die Verantwortlichen haben Motivationsprobleme bei den Mitgliedern ausgemacht



1973 die Verantwortlichen sind dennoch zuversichtlich
Barth Schorsch
Wellisch Xaver
Hier nun auch die einzelnen Leiter des Spielmannszuges:






















Wack Traurig

Hans Traurig, derzeitig Chef des Spielmannszuges

Und weiter in der Geschichte, ein - für die Teilnehmer - wohl unvergesslicher Besuch bei den Kameraden des Spielmannszuges der Hamburg-Bergedorfer, leider sind viele meiner DIAs von damals unauffindbar.

Es muss 1977 gewesen sein, der Kötztinger "Fremdenverkehrsverein" unter der Leitung vom Vorstand Dieter Reithner organisierte eine Fahrt nach Hamburg-Bergedorf mit Bussen und PKW, zusammen  mit der Kapelle Wack Traurig, dem Spielmannszug und vielen Kötztingern. Bereits 1974 traten die "Hamburg-Bergedorfer" übrigens zum ersten Mal bei unserem Pfingstfest in Erscheinung. Diese nun schon so lange Jahre währende Verbindung wurde entscheidend von Fritz Löding (Bergedorf) und Georg Barth (unserem Pfingstbräutigam von 1956) begründet.
Infostand auf dem Hamburger Ratshausplatz
 Die Kurverwaltung - damals wohl noch unter dem Namen Fremdenverkehrsamt - hatte die Gelegenheit genutzt auf dem Hamburger Rathausplatz einen Infostand mit Bärwurzausgabe aufzustellen und dazu spielte dann auch der Spielmannszug damals noch mit dem "Heijterl" Karl als Tambourmajor. Was wir Alle nicht wussten war, dass an diesem Tag auf dem Rathausplatz eine Demonstration von ungefähr 2000 Motorradfahrern angemeldet war und so gingen wir ein wenig unter unter all den Bikern.

Natürlich durfte auch eine Hafenrundfahrt nicht fehlen - über den Rest schweigt der Berichterstatter, es war eine denkwürdige Reise zu den Hamburg Bergedorfer Freunden mit deren Spielmannszug


Rennfahrt zweier Barkassen im Hamburger Hafen





















Es ist ganz natürlich, dass die Entwicklung eines jeden Vereins Höhen und Tiefen durchmacht. Nach den Schwierigkeiten in den frühen 70er Jahren, die Mitglieder motivieren zu können, ging es dann aber mit der Entwicklung stetig aufwärts und so präsentiert sich der Spielmannszug mittlerer weile in einer imposanten Größe und Zuverlässigkeit und es erhöht alljährlich die Vorfreude auf Pfingsten, wenn man, manchmal schon Wochen vorher und nur leise im Hintergrund, im Markt die probenden Musikanten hören kann.

der Spielmannszug der Kötztinger Feuerwehr mit dem neuen Tambourmajor: Thomas Kybelksties




















 

Zum Ende nun noch ein paar Ausschnitte aus den Tageszeitungen zu diesem Thema:
Kötztinger Umschau Januar 1961
 Nimmt man diesen Blogeintrag als Ganzes, so sind es viele Köpfe und Hände, die zum Erfolg dieser Truppe beigetragen haben, trotzdem ist es vor Allem der Familienverband TRAURIG, der hier heraus sticht. 
Hier dazu noch ein Zeitungsbericht zu diesem Thema:

Und dann möchte ich nicht versäumen auch noch auf einen zweiten Spielmannszug der Feuerwehr im Bereich Kötzting hinzuweisen: der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Ansdorf: Auch die gab und, so weit ich weiß, gibt es noch.



 Am Ende noch ein Dank bzw. ein Hinweis auf die Herkunft der Bilder: von Ludwig Brandl stammen die Bilder der Pfadfinder. Von Hans Traurig habe ich die meisten der Spielmannszugbilder erhalten. Die Artikel stammen aus den Lokalausgaben der Kötztinger Umschau und der Kötztinger Zeitungen. Die Dokumente stammen alle aus dem Stadtarchiv Bad Kötzting.







 

Mittwoch, 1. Januar 2014

Kötzting im Jahre 1904



Kötzting vor 110 Jahren

1904

Der Jahresverlauf der Veranstaltungen in Kötzting folgte auch vor 100 Jahren festen Regeln. Auch wenn viele dieser Ereignisse feste Termine im Kalender hatten, so gab es doch die eine oder andere Feierlichkeit oder Veranstaltung, die aus dem gewohnten Allerlei herausstach und deshalb in der örtlichen Presse[i] groß herausgestellt wurde.  

Umgebung von Kötzting, hier Gehsdorf um 1904, es sollte noch 10 Jahre dauern, bis die Straße erneuert wurde Bild von Mathias Heilmeier
Bürgermeister Liebl, der Vater von Frau Paula Dittrich

Gleich zu Anfang des Jahres 1904 gab es für die Kötztinger Kirchengemeinden eine Neuerung. Der Verein der Protestanten Kötztings hatte kurz zuvor das Lang’sche Anwesen am Bahnhof gekauft und konnte am 6. Januar die Einweihung des Beetsaales feierlich begehen.
Bezirksamtmann Herr von Fuchs und der Kötztinger Bürgermeister Liebl waren unter den Ehrengästen, gefeiert wurde anschließend im Hotel zur Post.
Den Reigen der Generalversammlungen der einzelnen Vereine eröffnete traditionell immer der Turnverein, der am 8. Januar einen neuen Vorstand wählte. Brauereibesitzer Karl Lindner sollte nun den Verein im neuen Jahr führen. Im Hintergrund waren die bewährten Kräfte allerdings gleichgeblieben. Turnwart blieb der Konditor Alois Klingseisen und als Zeugwart diente Kötztings Vorzeigeturner, der Schlosser Josef Liebl.



Ein paar Wochen später traf sich der Lichtenegger Bund, ein Verein, der sich einerseits  dem baulichen Erhalt der Ruine Lichtenegg verschrieben hatte, andererseits aber dafür sorgte, das der Spaß und das   wozu der Vergnügungsausschuss die Gäste einladen sollte. Nun war der offizielle Teil zu Ende und es hieß anschließend: die weitere Versammlung nahm einen sehr animierten Verlauf.
beim Dimpfl, Ecke Metzstraße Brandstraße, ein beliebtes Wirtshaus in Kötzting
Vergnügen der Mitglieder nicht zu kurz kam. So wurde kurz und bündig verfügt, dass die zu verteilenden Einnahmen in diesem Jahr aufgeteilt werden in 75 Mark für die Ruine und 140 Mark für die Unterhaltung. Bei dieser Versammlung wurde auch gleich ein Unterhaltungsabend anberaumt, der im Vereinshaus Georg Mühlbauer, beim Dimpfl (Eckgebäude Metzstraße und Brandstraße), organisiert wurde
Hoch zu Roß
Mit Knapp und Troß
mit Schwert mit Schild und Sporen
Vermummt bis an die Ohren

So sprengt mit finsterm Trotz
Der Hans vom Hotzenplotz
--- zum Dimpfl ---
Beim Ritter Kuno vom Dimpfleck auf Plattenburg wurde mit großem Aufwand der Saal als Burg Lichtenegg hergerichtet und dort trafen sich die  maskierten Gäste um, nach dem Absingen des Böhmerwaldliedes, den Burggeist zu erwarten, der die Begrüßung durchführte.
Es wurde wohl wieder ein fröhlicher Abend, denn erst spät gegen Morgen, berichtete der Redakteur, dachte man endlich ans Heimgehen und um ¾  Uhr des Vormittags am anderen Tag sprengten die letzten Ritter nachhause und suchten ihr Burgverlies auf. Küche und Keller des Herrn Burgwirtes haben allgemein befriedigt; das helle Lichtenegger Gold der Brauerei Lindner fand allgemeinen Beifall. Halloh.
Kötztinger Honorationen auf dem Hohenbogen um 1904  - zentral vermutlich der Bezirksamtmann von Fuchs Bild von Mathias Heilmeier

Auch die anderen Vereine führten ihre Unterhaltungsabende durch, so der Turnverein und der Männergesangsverein.

Für Mitte März war anlässlich der Prüfungen der Landwirtschaftsschule in Kötzting der Besuch des Regierungspräsidenten Freiherrn von Andrian vorgesehen.
Gleich nach seiner Ankunft am Kötztinger Bahnhof, wo von Andrian  aufs herzlichste begrüßt wurde begann eine Besichtigungstour, die von der Schnitzschule gleich beim Bahnhof über das Rentamt und die St. Josefsanstalt bis hin zum Distriktskrankenhaus führte. Vom Grafenwiesener Kirchenweg – der schönen Aussicht wegen -  bis zum Armenhaus und der Leichenhalle, alles musste sich der Regierungspräsident anschauen und abends trafen sich die Kötztinger Beamtenschaft und Vertretungen der Bürger im Hotel zur Post zu einem geselligen Abend.


Am nächsten Tag, nach überstandenen Prüfungen, folgten dann noch Besichtigungen bei der Fischzuchtanstalt und der Bullenhaltung,  die Gschaider’sche Zündholzfabrik und  die Mühle des Raiffeisenverbandes (=Hammermühle) wurden gestreift  und, so wie es heutzutage wohl auch geschehen würde, schloss sich ein Besuch von Herrn Lindners Etablissement an.
„Viel hilft viel“ müssen sich die Bürger Kötztings gedacht haben und veranstalteten zu Ehren ihres hohen Besuchs einen spontanen Fackelzug, bei dessen Durchführung, trotz der kurzfristigen Anregung, alle Kötzting Vereine mitmachten. Die Überraschung war gelungen, der Regierungspräsident konnte vom Fenster herab die Ovationen der Bürger und Vereine entgegennehmen und versprach wiederholt, sich für die Belange Kötztings einzusetzen und beendete mit einem Hoch auf den Markt Kötzting seine Ansprache.
Anschließend begab er sich unter die Vereinsmitglieder und Fackelträger, nahm dann den wohlgeordneten Parademarsch entgegen, der vom Feuerwehradjutanten Meidinger kommandiert worden war und lud die Anwesenden zu einem Abendtrunke in den Saal ein, wo der Senior der Beamtenschaft Herr kgl. Forstmeister Hubrich auf das herrliche Einvernehmen der Beamten und Bürger in Kötzting hinwies.
Der Redakteur, hingerissen von der patriotischen Stimmung und der Begeisterung des Abends,  endet mit den Worten: Das Volk kennt seinen wahren Freund.
Am 15. April gaben die drei Kötztinger Buchbinder- und Druckereibetriebe: Josef Weissenbach (=unterer Oexler), Leopold Henneberger und Vitus Oexler bekannt, dass Kooperator Mehler, der in Kötzting seit 4 Jahren wirkte, seine  Gedenkblätter aus Kötztings Vergangenheit und der Pfingstritt veröffentlicht hatte. Die Bürger wurden aufgefordert das Werk mit seinen  76 Seiten und 22 Bildern reichlich zu kaufen, weil es verdiene in weiten Kreisen bekannt zu werden.
In derselben Ausgabe wurde von einem schweren Brand  im Sägewerk Lindner berichtet, bei dem neben den Kötztinger Feuerwehrmännern noch Wehren aus 7 Dörfern erschienen waren. Das Sägewerk war völlig eingeäschert worden und zwei Säger wurden schwer verletzt, bei einem hieß es, dass er bedenklich dran sein soll.
Ende April fand im Wirtshaus des Josef Wagner (= heutzutage Heigl Theo in der Marktstrasse) die Frühjahrs Wanderversammlung des Bienenzuchtvereines statt. Bezirksamtmanns von Fuchs, als erster Vorstand, und der Landwirtschaftslehrer Bergmann, die beide wesentlich zur Gründung dieses Vereins beigetragen hatten, gaben ihre Berichte ab. Auch dieser Verein, der nach dem zweiten Weltkrieg 1945 wieder neu gegründet worden war, kann in Kötzting bereits auf eine über hundertjährige Tradition blicken.
Eine andere, zu der Zeit sehr bekannte, Persönlichkeit feierte ein seltenes Jubiläum. Der Kötztinger Lehrer Johann Singer der in Wettzell die Schule hielt, feierte sein 30 jähriges Dienstjubiläum, was vor allem deswegen so bemerkenswert war, weil er all die langen 30 Jahre hindurch  jeden Tag und bei jedem Wetter die Strecke Kötzting Wettzell und zurück zu Fuß zurückgelegt hatte.

Eine Woche vor Pfingsten traf sich der Kötztinger Ableger des deutschen Flottenvereins, der aus 22 Mitgliedern bestand, um einige wichtige Angelegenheiten zu regeln. Mit seinem Motto: „Mit Volldampf voraus“ eröffnete der Vorstand, Herr Postexpeditor Pongratz, die Versammlung. Es war den Mitgliedern zwar ein großes Bedürfnis die Wichtigkeit und Notwendigkeit solch einer Vereinigung herauszustellen, trotzdem wurde der Flottenverein, vor allem bei den Faschingsveranstaltungen der anderen Vereine, regelmäßig verspottend aufs Korn genommen.
Aber schon kommt Pfingsten näher und in einem Vorbericht schreibt der Redakteur über die eifrigen Hände der Frauen, die Girlanden zum Schmuck des Marktes winden, über die Männer, die Übungsritte machten und sich über die Pferde austauschten. Das Pfingstkomitee hatte alle Hände voll zu tun und über allem schwebte die alljährliche Frage: Wer wird der Pfingstbräutigam und wer die Braut? 
 „Das Pfingstkränzchen für den dieser Tag gewählt werdenden Pfingsthochzeiter ist schon fertiggestellt, und in der Auslage des Kaufmannsgeschäftes der Witwe Frau Ring zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt. Dasselbe, Filigranarbeit, wurde von den Schwestern aus dem Mutterhause Mallersdorf in der hiesigen St. Josefspflegeanstalt gefertigt und gefällt ob seiner geschmackvollen, künstlerischen Ausführung allgemein“.
Die Erwartung der Kötztinger ist groß: „Der Magistrat hat auch heuer keine Kosten gescheut, das erhabene Fest äußerst effektvoll zu gestalten und steht wegen der heuer gemachten riesigen Reklame von Auswärts sehr zahlreicher Besuch zu erwarten“.
Reverend Frins
Am 20. Mai, wenige Tage vor Pfingsten, steht dann der Pfingstbräutigam fest, Josef Irlbeck, Gastwirts- und Bäckerssohn. Die Feldmesse wird in diesem Jahr der in  Kötzting geborene und nunmehrige Reverend P. Wilfried Frins, Pfarrer und Rektor der „14 Martyrerkirche“ in Baltimore, USA, zelebrieren, der zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder seine Heimatstadt besucht. Die Familie Frins wohnte seit vielen Generationen als Sattlerfamilie in Kötzting in der Metzstrasse, heute das Haus Sperl. Weiter ergeht die Aufforderung an die Gastwirte, „während der so erhebenden Feier der Feldmesse ihre Lokale zu schließen“.

"Wie seit Jahrtausenden blickte auch am gestrigen Tage das altehrwürdige Felsenhaupt des Kaitersbergs herab auf die seinem Fuße umgrenzende reizenden Täler, um als Symbol der Unwandelbarkeit nicht allein das Hasten und Drängen in unserer raschlebigen Zeit zu schauen, das seine Wellen und manche Woge auch in den tiefsten Talwinkel unseres Waldgebirges hereinsendet“.
So beginnt am 24. Mai der Bericht über den Pfingstritt. Die Zahl der Teilnehmer stieg auf 204, in Steinbühl selbst waren es dann sogar 264.
Auch die Zahl der Zuschauer stieg von Jahr zu Jahr. Einen besonderen Eindruck machte es, dass die sogenannte Feldmesse von einem Sohne Kötztings gehalten welcher nach 25 jähriger Abwesenheit seinen Geburtsort wieder besuchte, von Seiner Hochwürden Herrn Frins Benediktinerpater in Baltimore. Die Kötztinger Blasmusikkapelle Mühlbauer trug mit ihren sehr gediegenen musikalischen Vorträgen sehr zur Erhebung der Gemüter bei der Feldmesse bei.
Nach der Rückkehr der Reiter fand auf dem Bleichanger die Kranzlübergabe statt und auch hier fielen, entsprechend dem Lebensgefühl in dieser Zeit die passenden Worte:
Pfingstbräutigam Josef Irlbeck mit seiner Braut Mühlbauer Magdalena die Begleiter waren: Hastreiter Franz und Huber Xaver




 Zur Erhöhung der Feier trug auch die so schön gehaltene und ganz aus dem Herzen und zu den Herzen gehende Ansprache Sr. Hochwürden Herrn Kooperators Franz  Späth bei, bevor er das goldene Kränzchen an Josef Irlbeck, Bäckers und Gastwirtssohn von Kötzting überreichte.

Herr Hofmann, Bauer in Kaitersbach erhielt für die 25jährige Rittteilnahme ein Ehrenfähnchen. Ein Hauptjubilar wird besonders erwähnt:  Herr Andreas Costa, Bader und Chirurg von hier, welcher vor 50 Jahren mit dem goldenen Kränzchen ausgezeichnet wurde, feierte trotz seines Alters die Wiederkehr seines Ehrentages durch Beteiligung am Pfingstritte“.
Wie tief die Sympathie für den Pfingstritt in den Herzen der Bürgerschaft Kötztings wurzelt, möge überdies aus dem Anschlusse aller Vereine mit Fahnen bei den Aufzügen zur Feldmesse und zum Empfang des Reiterzuges, sowie daraus ersehen werden, dass der kgl. Bezirksamtmann Herr v. Fuchs sowie die hiesige und teilweise auswärtige Hochwürdige Geistlichkeit durch ihre Beteiligung die Pflege dieses altehrwürdigen Gebrauches zu erhalten und zu fördern bemüht sind.
Als Pfingstbraut erwählte sich der Bräutigam Fräulein Leni Mühlbauer, Gastwirtstochter von hier, die Pfingsthochzeit fand im Lokal der Eltern des Bräutigams statt.

Weihbischof Freiherr von Ow hielt im Juni in Kötzting die Firmung ab und wurde von Pfingstritt=Geistlichen zusammen mit 16 Reitern in Thenried, von Neukirchen kommend, erwartet und nach Kötzting geleitet. Dort wird er feierlich im Pfarrhof empfangen und firmte am folgenden Montag 700 und am Dienstag 640 Firmlinge. Nach Besichtigung der karitativen Einrichtungen Kötztings  und der Wallfahrtskirche Weißenregen folgte auch schon der Abschied, bei dem erneut Pfingstreiter auftraten und den hohen Gast bis nach Miltach begleiteten.

Es wird Sommer und die Fremdenlisten wurden aufgestellt. Am 22 Juli stellte die am magistratischen Fremdenbüro aufgestellte Liste fest, dass 92 Passanten und 44 Personen zum längeren Aufenthalt in Kötzting weilten.

Bild aus der gedruckten Mehlerchronik
Fristgerecht zum Eintreffen der Gäste wurde in Kötzting ein neuer Wanderweg eröffnet, der neu angelegte Gangsteig zwischen dem Roten Steg und Regenstein. Der ganze Weg ist bequem in einer Viertelstunde zu begehen und darf wohl zu den schönsten Spazierwegen unserer Umgebung gerechnet werden.

Am 1. August kommt die Nachricht, dass der langjährige Kötztinger Oberlehrer Karl Holzapfel, auf sein eigenes Ansuchen hin, in Ruhestand versetzt worden ist. Am selben Tag  wurde das Kommunebrauhaus in eine Genossenschaft umgewandelt und in  Brauhaus Kötzting“ umbenannt.







Eine Woche später fand die Gründung des 20. Vereins in Kötzting statt,  Verein Laetitia, also Wohltätigkeit, hieß die neue Gruppierung. Der Verein wollte durch Theaterspiel Einnahmen erzielen, die wohltätigen Zwecken zugute kommen sollen. Spielort der Theatergruppe ist das Vereinslokal Lemberger..

Liebl Josef, Kötztings Vorzeigeturner
Im Hochsommer, Ende August hielt der Turnverein Kötzting ein Kellerfest beim Dregerkeller, seinem abwechslungsweise verschiedene Übungen vorgeführt.  Es war eine Freude die beiden Vereine bei diesem Feste in echt turnerische Weise miteinander verkehren zu sehen. Die Viechtacher Gäste blieben bis weit in die Nacht bevor die Stunde des Abschieds schlug, und mit einem gestifteten Pokal, überreicht vom Vorstand Karl Lindner, kehrten die Viechtacher Turner nach Hause zurück, die Kötztinger Festteilnehmer blieben noch lange zusammen.
Festplatz, ab. Der befreundete Verein aus Viechtach der besonders eingeladen worden war, erschien mit 40 Festteilnehmern und beide Vereins zeigten ihr Können dem Publikum. Von den Turnern der beiden Vereinen wurden vor allem auf dem Reck
Ende September folgte dann die lange vorbereitete Abschiedsfeier für den Kötztinger Oberlehrer Karl Holzapfel. Im Hotel zur Post hielt der Magistrat und der Gemeindeausschuss eine Abschiedsfeier ab und gleich zu Beginn dankte Bürgermeister Liebl dem Scheidenden für all die Mühen und Opfer, die er zu Gunsten des Marktes Kötzting und seiner Umgebung (Ludwigsberg) gebracht hatte. Aus Dankbarkeit hatte der Markt ihm schon vor Jahren die Ehrenbürgerwürde übertragen, nun sollte als neue Ehrung eine Straße die Benennung Holzapfelstraße erhalten.
Mit begeisterten Zurufen wurde diese Ehrung des allverehrten und verdienten Mannes von den zahlreichen Festteilnehmern entgegengenommen. Pfarrer Elsner feierte seine Verdienste als Lehrer und Chorregent, Lehrer Drunkenpolz sprach für das Lehrerkollegium und überreichte dem Geehrten einen Regulator.

der sehr beliebte Lehrer Holzapfel verabschiedet sich von den Kötztingern


Der Männergesangsverein brachte das Lieblingslied  des Herrn Oberlehrers zum Vortrag, da dieser lange Jahre Dirigent dieses Vereins gewesen war. Forstmeister Hubrich, nun Vorstand des Männergesangsvereins, ehrte Holzapfel zusätzlich auch noch als Gründungsmitglied des Verschönerungsvereins. Bezirksamtmann von Fuchs gedachte auch noch der Verdienste Holzapfels  als Mitglied der Waldvereinssektion Kötzting.
Oberlehrer Holzapfel bedankte sich sehr herzlich und versprach oft wieder zu kommen, er der so viele Sommeraufenthalte hat bereiten helfen, wollte nun selbst als Sommerfrischler kommen. Tags darauf bedankte er sich mit einer ganzseitigen Anzeige im Kötztinger Anzeiger.
Jäger und Jagdfreunde und insbesondere die Liebhaber von Hasenbraten und Ritschisachen hatten sich zu einem fidelen Hasenessen bei Herrn Lindner am Samstag den 5.November abends vereinigt. Zu später Stunde, als die Hasen in bekannter Bierseligkeit schwammen und die Ritschi die gewünschte Sesshaftigkeit hervorgebracht hatten, da erscholl so manches frohe Lied. In allen künftigen Jahren werden wir uns gerne des Herrn scheidenden Bezirksgeometers Schmeißer (=auch Vorsitzender des Flottenvereins Kötztings) erinnern, der der Vater unserer hiesigen alljährlichen Hubertusfeier ist. Bedauerlicherweise war ein hervorragender Hubertusverehrer wegen Seekrankheit am Erscheinen verhindert. Oh der Flottenverein, wie notwendig, dass wir alle seetüchtig werden.
Zum Abschluss des Jahres gab es dann wieder die alljährlichen Theatervorstellungen  der St. Josefspflege, die im Theatersaal des katholischen Gesellenvereins (=heutzutage Kolping), beim Januel, ihre Stücke mit vollem Erfolg aufführten.
Am selben Tag gab es erneut eine Vereinsgründung, der Eislaufverein in Kötzting e.V. wurde eingerichtet. Hauptzweck dieses Vereins  war es den Mitgliedern die ungestörte Ausübung des Eislaufsportes zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde der Höcherl’sche Baumweiher während des Winters angemietet und ausschließlich den Vereinsmitgliedern vorbehalten.
Das Eisschießen ist auf dem Platze auch den eigenen Vereinsmitgliedern verboten.
Mit diesen Nachrichten klang das alte Jahr aus und die Menschen freuten sich auf die Faschingssaison des neuen Jahres.


[i] Die zitierten  Ausschnitte und Zusammenfassungen stammen aus den alten Exemplaren des Kötztinger Anzeigers, der in der Bayerischen Staatsbibliothek in  München unter der Signatur  4Eph.pol.3cel 1900 ff zu finden ist. Die Bilder stammen aus dem Bestand des Arbeitskreises Heimatforschung Kötzting, vielen Dank an Frau Rabl-Dachs und an Frau Kretschmer für die Auswahl.