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Freitag, 26. Juni 2020

Johann Bartholomaeus von Gehring auf Hochentreßwitz

Die Gehringstraße


Epitaph des Johann Bartholomaeus von Görring
auf Hochentreswitz zum Raidenstain in der Kötztinger Sankt Anna
Kapelle. Vor der letzten Renovierung unserer Pfarrkirche war dieser
Stein auf der linken Kirchenseite bei den Beichtstühlen angebracht.
Die Gehringstraße, eine der beiden Hauptstraßen in Kötzting, hat Ihren Namen von einem Landadeligen bekommen, welcher der letzte Besitzer des Sitzes Reitenstein war, sich aber auch nach Hohentreswitz, heutzutage ein Teil der Stadt Pfeimdt in der Oberpfalz, nannte.
Helmut Schnabel hat in den "Gelben Bänden", den "Beiträgen zur Geschichte im Landkreis Cham" von 2008 den 2. Teil seines Beitrages über die Geschichte der Hofmark (Sitz) Reitenstein veröffentlicht und dort auch von Schwierigkeiten geschrieben eine genealogische Verbindung "unserer" Gehrings mit denen auf Hochentreßwitz zu belegen Mit Dokumenten bzw. mit den jeweiligen Pfarrmatrikeln kann dieser Beweis nicht geführt werden. Es gibt einen Wappenbrief, ausgestellt auf einen Bartholomaeus Gehring auf Hochentreßwitz, des Jahres 1653 und auch die Besitznahme des adeligen Gutes Hochentreßwitz durch von Gehring im Jahre 1651 ist belegt. 1682 ist er dann gestorben, sein gleichnamiger Sohn wurde sein Nachfolger. (siehe Hist. Atlas von Bayern Heft Nr. 50 Nabburg)






In den Archivalien des Staatsarchives für Niederbayern(!) in Landshut fand sich dann,2020, der entscheidende Hinweis, dass sich die Göhring von Reitenstein nicht nur nach denen von Hochentreswitz nennen, sondern auch nachweislich von dort abstammen.
Gleichzeitig möchte ich hier gleich anmerken und vorwarnen, dass die Abstammungslinie derer von Gehring zwar sehr, sehr einfach und schlicht ist, da es allerdings nur 2 - in Worten zwei - Vornamen in dieser Familie zu geben schien, wird es in dem folgenden Text nur so wimmeln von Bartholomaeussen und Georgen.
 
  
Wappen derer von Görring auf Hochentreswitz aus dem Epitaph in der St. Anna Kapelle in Kötzting



 Nun aber der Reihe nach, so wir sie belegen und beweisen können: der erste der Familie der Görrings kommt nach Reitenstein:


Johann Bartholomaeus von Görrings
1686-1712 Herr von Reitenstein


 Der Besitz des Sitzes Reitenstein - eine Gründung des späten 16. Jahrhunderts durch eine Kötztinger Bürgersfamilie Raith - wechselte nach dem 30jährigen Krieg mehrmals seine Besitzer. Im Jahre 1686 erstand dann Johann Bartholomaeus von Görrings die Hofmark Reitenstein (Das Attribut Hofmark bzw. Sitz war für viele Jahre strittig) für die Familie und diese behielt sie bis der letzte dieses Namens 1772 kinderlos verstarb und den Markt Kötzting als Alleinerben einsetzte - allerdings mit Hindernissen und Hintertürchen.
Nun zu dem oben angesprochenen Nachweis der Herkunft der Reitensteiner Görrings . Die Regierung der Oberpfalz in Amberg schrieb, über den Umweg der Regierung in Straubing, an den Reitensteiner Hofmarksbesitzer, er möge die, nach dem Verkauf der Hofmark Hochentreswitz in seinen Händen verbliebenen, Aktenstücke herausgeben und nach Amberg übersenden.
In diesem Begleitschreiben findet sich der genealogische Beleg für die Abstammung Johann Bartholomaeus gleichsam in einer "Räuberpistole"
Wir schreiben das Jahr 1707, Bayern ist in Folge das spanischen Erbfolgekrieges von Österreich besetzt und die formale Anrede in den amtlichen Briefen richtet sich immer an den Kaiser oder die kaiserlichen Beamten. Der Vizekanzler der Regierung der Oberpfalz in Amberg, Weinzierl, schreibt an den Vicedomb, eigentlich der Stellvertreter des Kurfürsten, nun eben der des Kaiser, in Straubing:

StALa Regirung Straubing A 4444 Anschreiben der Regierung Amberg an den Vizdomb seiner kaiserlichen Majestät in der Regierung zu Straubing
Denen Herren und Freundten geben Wir hirmit frtl. nachbarlich zu vernehmen, wie daß Johann Bartholome Göhring, so sich uf Absterben seines Bruders in das Landsassen Guth Hohentreßwitz eigenmächtig eingetrungen, aniezo aber, nachdem selbes wegen der herfürkommenen alt: und jung Göhrigschen Schuldten verkaufft werden müssen, hat selber ganz unbefugter weis etwelche zu ersagtem Landsassen Guth Hohentreßwitz gehörige Documenta, Lehen: und andere Briefereyen mit sich hinweg und nachher vor Raithenstein genommen, anstatt deren aber verschiedentliche Schulden hinterlassen, neben deme, daß er Zeith seiner widerrechtlichen Nuznießung oberersagtes Guth sehr starck abgeösiget(?). und so wol zu Dorff als fedt marodlichen deterioriert.

Der Vicekanzler Weinzierl in Amberg schlägt folgende Druckmittel vor:

 ....und zwar durch Abschickung des "Ainspännigen" oder auf andere ernst: und recht zuverlässige weis.
 Der "Einspännige"  ist - laut Wörterbuch Riepl - als ein berittener und gerüsteter Amtsknecht zu sehen, der bei Verhaftungen und Hinrichtungen und zu Kriegszeiten herangezogen werden konnte.
Eigentlich aber wäre es den Herren in Amberg  lieber gewesen, sie hätten den Herren von Görring gleich verhaften können:


.....wie wol man billich Ursach hette, dessen Verschaffung hirhero selbsten zu begehren, wann man nit uff seine Armuth einige Reflexion machte...
Der Brief zeigt, auch im Detail, seine Wirkung, Johann Bartholomäus ist sich der Gefahr durchaus bewusst, als er seine in Händen haltenden Dokumente übersendet. Im Begleitschreiben führt er an:

Antwortschreiben Johann Bartholomaeus von Görring
....Fahls mir unverhalten bleibt, den mann dem Ainspennigen anbefehlchen lassen werde, mich auf meinem Uncosten in dem Schloss Arrest nachher Straubing abzeholen....

Darauf unterschreibt er mit zittriger, wohl eher, ungeübter, Hand:
Joannes Bartholomaeus von Göring uff Hohentreswitz zum Raidenstain
Nun übergibt er die Dokumente, welche er noch in Händen hatte, darunter:
2. Meines Vatters Bärtlmeen von Gehring gehaltenes Lehenregister
3. Hanns Georgen von Gehring meines Brueders seel Lehenregister.
4. Mein Johann Bärtmeen von Gehring junge gehaltenes Registerl
























Wir haben also folgende Situation:

Bartholomaeus von Görring  auf Hochentreswitz hat zwei Söhne, Georg und Johann Bartholomaeus. Der Sohn Georg bleibt als Nachfolger auf Hochentreswitz und Joh. Bartholomaeus der zweite Sohn erwirbt - und zieht in - die Hofmark Reitenstein. Nach dem Tode seines Bruders Georg versucht er wohl noch einmal auf dem Gute seines Vaters Fuß zu fassen, scheitert aber an der Schuldenmasse und zieht sich endgültig auf den Sitz Reitenstein zurück.


In den Kötztinger Taufmatrikeln finden sich zwei Einträge derer von Gehring (Göhring) auf Reitenstein. Am 21.8.1687, gut ein Jahr, nachdem der Vater das Gut Reitenstein gekauft hatte,  kommt Johann Bartholomaeus als Sohn des ebenfalls Johann Bartholomaeus und seiner Gattin Maria Eva auf die Welt.
Taufmatrikel Pfarrei Kötzting Band 2 vom 21.8.1687: die Taufpate war die Ehefrau Regina in Vertretung des abwesenden Hofmarksrichters Johann Prechtl aus Stachesried.
 Drei Jahre später, am 5.4.1690,  kam dann der zweite Sohn, Johann Georg Benedikt, auf die Welt.


Taufmatrikel Kötzting Band 2 vom 5.4.1690 Geburt des Johann Georg Benedikt Gerring

Wir kennen nicht viel aus dieser Zeit über die Familie von Görring, wissen aber, dass ein Sohn Johann Georg 1712 sein Nachfolger geworden ist. Entweder hatte er sein Gut seinem Zweitgeborenen vermacht und den Erstgeborenen übergangen, oder aber - was gar nicht so selten vorgekommen ist in der Zeit, es hat noch einen - früher geborenen - zweiten Sohn mit Namen Johann Georg gegeben, welcher dann bereits mit seinen Eltern beim Kauf des Sitzes nach Reitenstein mitgekommen ist.

17.7.1707 Sterbematrikel Bad Kötzting Nr. 3 wurde die ehrenwerte Frau Eva Maria Göhring von Reitenstein beerdigt, mit allen notwendigen Sakramenten versehen.

Fünf Jahre später am 16.6.1712 stirbt Johann Bartholomaeus (sen.) von Hochentreßwitz und Reitenstein, wohl überraschend, denn sein Sterbeeintrag trägt den Zusatz:  "mortuus in lecto inventus", was ich mit: "im Bett verstorben/tot aufgefunden" übersetzen würde .
Sterbematrikel Kötzting Band 3 Seite 516 Sterbeeintrag Johann Bartholomaeus von Gehring vom 14.6.1712


Johann Georg von Görring Herr auf Reitenstein von 1712-1748
ein eher unsympathischer und unbeherrschter Grundherr

 Sein Sohn Johann Georg übernimmt die Hofmark und über ihn, und vor Allem wegen seines herrischen Gehabes, hat sich ein Prozessakt erhalten, der ein Schlaglicht auf die damaligen Verhältnisse zwischen adeligem Grundherr und seinen kleinen Hintersassen wirft.
StALa Regierung Straubing A 4454 Unterschrift des Beklagten
Johann Georg von Gehring

In diesem Prozessakt, den sowohl Helmut Schnabel ausführlich in den "Gelben Bänden" behandelt hat, als auch der Kötztinger Lesestammtisch sich dessen bereits angenommen hat, wird eine schier unmenschliche Behandlung, ja sogar Folter der Reitensteiner Untertanen geschildert durch den Hofmarksherren beschrieben, welcher seine Bauern zu kostenloser Arbeit zwingen wollte.
Gleich zu Beginn des Prozesses aus dem Jahre 1712 (Zur Erinnerung im selben Jahr ist sein Vater verstorben)  beschreiben die beklagenswerten Untertanen, dass das "Schloss" in Reitenstein vor 22 Jahren neu erbaut worden war und vom Vater des Beklagten dem Ruin preisgegeben und nie repariert worden war. Beim damaligen Bau wären die Untertanen für ihre Dienstleistungen, welche über die verpflichtenden Scharwerksdienste hinausgingen, bezahlt worden.
Hans Georg, der neue Herr, wollte dies nicht so handhaben und zwang seine Bauern zu kostenlosen Hand und Spanndiensten, weiters zu kostenlosen, und jederzeit von ihm abrufbaren, Boten- und Dienstgängen.


Die Untertanen wandten sich an die Regierung in Straubing und führten ihre außerordentlichen  Belastungen an. Nach der ersten Beschwerdeschrift ergeht von Seiten der Regierung der Befehl an den Hofmarksherren, sich an Recht und Gesetz und an die herkömmlichen Verpflichtungen seiner Untertanen zu halten und ihnen nichts darüber hinaus (ohne Bezahlung) abzuverlangen.
Solch eine Beschwerde an höherem Ort machte wohl den Herrn von Gehring etwas zornig und diesen Zorn lässt er dann erneut an seinen Untertanen aus, dem kurfürstlichen Befehl nachzukommen fällt ihm jedenfalls zuerst einmal nicht ein.
 So wenden sich die "armen Häusler"  ein weiteres Mal an die Regierung und führen ihre außergewöhnlich harten Lasten von Seiten der Herrschaft an:


....dass sie mit Stöhlung der Pagagefuhren, Vorspann oder Reitpferdt, Pothen laufen und Wachten etc. so Taag als nacht geplagt werden....
....hat er uns nit allein fast unaus sezlich zum Potten gehen und zur Scharwerch angehalten sondern auch, da wir umb befürderung des Berichts (=Stellungsnamhe zur Beschwerde bei der Regierung) und entzwischen uns zur Schand gebetten wie die Hund, ganz unbarmherzig und dergestalt
in den Stock geschlagen und mehrers hängen lassen, das wür die Handt und redo Fuess gen berg kheren: und abwerths oder gen Thall sizen müssen, volgsamb kein wunder wäre, wan wür hand und fuess abgebrochen hetten; negst dem haben wür dem Ambtsknecht zue Kezting iedesmahls 25 xr schliess und auslassen gelt bezahlen und noch dazue von unserer Herrschaft anhören miessen, daß er ihme ambtknecht, was dieser auch immer dentwegen begehre nichte absprechen wolle, wardurch dan dem allergnedigsten anbefelchen, nit allein der schuldigste Gehorsamb b´nit gelaistet: sondern im gegenfahl solch nur illudiert worden ist.

Hans Georg von Görring fordert also ein Übermaß an kostenloser Hilfe seiner Bauern, um sein "Schloss" in Reitenstein, welches sein Vater hatte verfallen lassen, und dazu ist ihm jedes Mittel recht.
Dass ihm die Regierung in Straubing, angerufen von seinen Bauern,  in den Arm fallen will, steigert nur seine Wut.
Er - so der Tenor der Beschwerde seiner Untertanen - behandle sie wie Hunde und lasse sie in den Stock spannen. Solch ein Stockeinspannen, in dem Hände und Fuße fixiert sind, verursacht allein schon eine äußerst schmerzhafte Körperhaltung. Wird dieser Stock dann aber auch noch aufgehängt, so dass die Hände und Füße nach oben zeigen (gen Berg), der Körper aber nach unten (gen Tal) durchhängt und das ganze Körpergewicht von den Hand und Fußgelenken getragen wird so ist es wirklich kein Wunder, wenn die armen Bauern sich dabei Hände und Füße gebrochen hätten.
Dass sie dann auch noch den Kötztinger Amtsknecht - der ja diese Folter durchzuführen hatte - für die Rahmenbedingungen dieser Sonderbehandlung (das Aus und Einschließen im Amtshaus eines Delinquenten war eine extra Position in der "Gebührenordnung" der bayerischen Amtsmänner) machte die Schande dann nur noch perfekt.
Die Regierung schickt nun eine Kommission nach Reitenstein und lässt sich beim Ortstermin dann auch noch einzelne Erbrechtsbriefe von Reitensteiner Untertanen vorlegen, die ziemlich deutlich erkennen lassen, wie sehr Hans Georg von Görring über das Ziel hinausgeschossen ist.
Der Akt endet 1713 ohne eine schlussendliche Entscheidung, die Regierung bestätigt lediglich die bereits vorher verfügten Beschränkungen in Richtung des Hofmarksherren.
Aus der Tatsache, dass in den folgenden Jahrzehnten die Anzahl der Häusler in Reitenstein um 8 Hofstellen zunimmt, kann man aber wohl schließen, dass sich das Verhältnis etwas entspannt hat.
Im Rahmen des Prozesses wird auch erwähnt, dass der neue Hofmarksherr die Anzahl der Schafe, welche bei seinem Vater noch unter 20 Stück gewesen waren, nun auf über 200 angestiegen war, was bei den Untertanen ebenfalls ein Problem bei der Beweidung der engfängigen Flächen darstellte.

In den Jahren 1723 und später noch einmal 1740 kam es zu einem Prozess zwischen dem Gotzendorfer Bauern Mühlbauer und dem Herrn von Reitenstein.

Briefkopfdetail des Notars, welcher
die Abschrift des Schillerschen
Kaufsbriefes bestätigte
Mühlbauers Vater hatte ein Waldstück von einem früheren Besitzer der Hofmark Reitenstein - Peter Schiller aus Kötzting - gekauft und gleichzeitig war eine Giltzahlung von einem halben Gulden pro Jahr damit verbunden.
 Mühlbauer - der Sohn - beschwerte sich nun bei Gericht, - und konnte seinen Besitztitel auch mit dem Verkaufsbrief von Peter Schiller beweisen -  dass der Herr von Gehring die Entgegennahme der Giltzahlung verweigere, auf der anderen Seite aber Holz einschlagen lies und damit den Wald verwüstete.
Anfang des Verkaufsbriefs des Peter Schillers Inhabers des
Sitzes und der Hofmark Reitenstein











Akt
Georg Müllbauer Bauer von Gotzen=
dorf ctra den von Göring auf Raitten=
stein Puncto eines Holzwachses so
anderen
des Anno
172340


Mühlbauer berichtet ein nettes Detail: der Vater des jetzigen Hofmarksbesitzers war damals sogar persönlich in den Bauernhof seines Vaters gekommen, um die Giltzahlung abzuholen.

 .... sein Vater seel: offtermahl den Ausgang des Jahr gar nit Erwarttet: sondern es ist derselbe vor der Zeit in die Behausung meines Vatters khommen, und hat den halben Gulden Holtz gilt selbst abgehollet....





Epitaph des Kötztinger Pfleger Johann Jakob von Mayr
in der St. Anna Kapelle in Kötzting
Dieser Mann hatte so seine Probleme mit dem kleinen
Landadeligen Georg von Gehring
Dann gibt es noch einen Akt aus dem Jahre 1731 mit dem Deckblatt:  StALa Regierung Straubing A 4502  Akt Hanns Lemberger Halbbauer zu Eckers=berg Gerichts Kötzting um für ihm neben seinem halben Hof ein Inhäusl erbauen zu dürfen, so anders betr: de Anno 1731
Über diesen Vorgang, der auf dem Aktendeckel angekündigt ist, gibt es in dem Bündel genau einen Brief, der Rest behandelt eine neue Räuberpistole unseres Herrn von Görring.
Ein Schriftwechsel also, der nichts mit dem Deckblatt zu tun hat und ausreichend über die Geisteshaltung des Johann Georg von Gehring aussagt und sich passend an die "Folteranklage" gegen ihn, zu Anfang seines Kapitels, anfügt.
Der Kötztinger "Obristwachtmeister und Pfleger" Johann Jakob von Mayr beschwert sich bei der Regierung in Straubing, dass der Reitensteiner Herr von Gehring bei der Bezahlung des Getreide- und Gelddienstes des zum Kasten Kötzting grundbaren Friesenhofes eine, ich nenns mal, Extrawurst verlange, weshalb er seinen pflichtschuldigen Rechnungsabschluss des Kastens Kötzting nicht termingerecht vorlegen könne.
 ...er thuett villmehr aus pur lautter hocher unnottwendtiger Einbildtung, keckh praetendieren, das man Ihme dentwillen a,mbtshalber allweegen zueschreiben und den tag zu Ablegung ermelten diensts determinieren solle.....

Titel den Entwurfsschreiben zurück an Herrn von Görring: etc. Max Eman(uel) Churfürsst
......Waist dahero dem vorgeschriebenen: und billich erfundtenen anbegehren in ain= so and(ereren) iedesmahlen gehorsambist nachzu=khomben, und zu and(erem) nicht Ursach zu geben. ....
Regierungskanzley Straubing
an Johann Geörg Von Göring abgang(en)

 Dieser Nasenstüber von ganz oben scheint nicht allzu lange gewirkt haben, denn aus dem Jahre 1727 gibt es ein Beschwerdeschreiben von Mayers ähnlichen Inhalts, nur mit noch üblerem Benehmen von Seiten von Görrings::
Wan nun er von Göring sich dessen Abfiehrung aus vorhin anberichteten Ursachen, mehreren thayls aber pur lautterer muettwillen, und gegen dem Gericht ausser aller Ursach fiehrenten Passion wardurch er selben nichts als allerhandt Ungelegenheiten und Verhinderung zu causieren suechet, mehrmahlen verwaigert, und ich beriehrten Traidt: und ....

1731 geht's munter weiter, wieder verweigert Herr von Göhring "seine Castenschuldigkeit" obwohl diese bereits 12 mal seinem Hofbauern und dem Dienstknecht überbracht worden war.  Darüber hinaus hatte er sich auch erlaubt: sich an des Castenknechts Bruedern Hans Adam Khern hechst sträflich zuergreiffen.
Der Kötztinger Pfleger hatte diesen  an einem Dienstag Nachmittag zu Herrn von Göhring nach Reitenstein geschickt welcher diesen dann bei einem seiner Untertanen, dem sogenannten Rehrl antraf. Hans Adam Kern überbrachte den schriftlichen Befehl und richtete dabei aus, daß er von Gehring seinen Traidtdienst übersenden möchte. Den folgenden Text hier in einer kurzen Zusammenfassung: In guter Fürstenmanier, den Boten für den Inhalt seiner Botschaft verantwortlich zu machen, zwingt Herr von Görring den Kötztinger Amtsknecht Kern in den neben seiner Haustüre angebrachten Stock und lässt ihn dort im Freien (es ist Anfang Februar) zuerst einmal stecken.


Doch hier in den Worten des Kötztinger Pflegers von Mayer:


Er darauf vermeldt, daß es ganz Recht seye, er Khern solle nur mit ihme gehen, müsse ihme was mitgeben. Und als er Khern hierauf gefolgt: und mit ihme in seinen Hof bis zu der Haus Thier zu den alda lünckher handt erricht(en) Stockh gangen, ist Er der von Göhring bey solcher stillgestandten, mit vermeldten, weillen sein Pfleger keinen anderen Respekt gegen ihme brauchen thue, so solle er in dem Stockh süzen, dessen sich aber der Khern gewaigert, und fürgewendet, wie das er es nit verschuldet und also auch in den Stockh nit gehen thue, worauf er von Göhring, wan er nit wolle, ihme gleich etwas anderts zuweisen, nit nur gethrohet sondern auch würcklich ainen aldorth gelaindten Raiffsteckhen ergriffen, iedoch solchen widerumben aus dennen handten gelegt, nachgehents dem Khern mit ainer bey dem Linckhen armb genomben mit der andern aber den obern Thaill von dem Stockh aufgehoben, disen damit er offen geblieben uf Spreizen gelegt. Volglich ihme beime armb nidergezogen, und in den Stockh zusizen anbefolchen, aso das Er Khern sich entlich darzue bequemet und daryber bei dieser unaussprechlichen Kelte  (es ist zu Anfang Februar) bey einer Virtl Stundt lang in solchen endthalten, wo nachmals anfenglich des von Gehring Köchin und baldt hierauf er von geöhring auch selbsten kommen, und gesagt, daß er iezt aus dem Stockh gehen solle mit befragen. wer ihme befolchen.Nach dieser Befragung sagte der Herr von Göhring über den Kötztinger Pfleger, dieser wäre ein  "Rechter Alter S:V: Hundsf(ott)".  S:V: bedeutet hier übersetzt "Mit Verlaub"

Georg von Göhring  erwidert nun: : wan nun aber ersagter Pfleger, wie es gebreuchig und auf einem Landsassen gebieren will, der Tag zur iberbringung ermelten Traidtdienst schriftlichen denominieren: und nicht durch seynen Schörgen Knecht..... (anstelle des Kastenknechts) .... gleich einem Pauern hette piethen lassen, dan diser Schörgenknecht sich erfrecht hatte verwichenem Pfinztag zum einen aufm Raidtenstain mit diser Ausrichtung zu khommen und dessen Pfleger mir Göhring entbitten lasset, dass ich den Traidtdienst sogleich iberbringen solle, weillen andere Pauern auch zugleich eingesagt worden seye.....und aber eine Refir bekannte saxche, daß dessen Pfleger seines einbildtenten Hochmuth halbers keinen Adlstand zu tractieren weis, sondern sich pur allein mit gemeinen leithen divertire....

Die Regierung hat nun ein genaues Auge auf diese Vorgänge und der Pfleger berichtet in dem Folgejahr nur knapp dass Herr von Gehring zwar seine Schuldigkeit für das Jahr 1732 bezahlt habe, dass es aber sehr lästig sei, 6,8 ja 10 mal einsagen zu müssen und der Kastenknecht - außer er würde durch eine Aussage des Herrn von Gehring Sicherheit erhalten - sich weigern würde diesen Dienst auszuführen.


Wir wissen nicht viel weiteres von Johann Georg von Gehring, erst mit dem Sterbeeintrag in den Kötztinger Matrikeln taucht er wieder auf, als Georg Benedikt von Görring, Herr in Reitenstein, als er am 27.12.1748 stirbt.

Sterbematrikel Pfarrei Kötzting Band 18 vom 27.12.1748 für den Ehrenwerten Herrn Johann Georg
Benedikt von Gerring von Hohentreswitz Herr auf Raittenstein









Nun übernimmt sein Bruder Johann Bartholomaeus die Hofmark, es ist der Herr von Gehring, nach dem in Bad Kötzting die Gehringstraße benannt ist..



Johann Bartholomaeus von Görring Herr auf Reitenstein (1748-1772)


Fangen wir mit seinem Tode an, Johann Bartholomaeus von Görring stirbt am 3.3.1772, mit 84 Jahren - so stehts auf seinem Grabstein in der Pfarrkirche Bad Kötzting. Da bei (Johann) Georg Benedikts Sterbeeintrag - seinem Bruder und Vorgänger als Hofmarksherr- kein Alter angegeben ist, ist es nicht klar, ob er, Bartholomaeus,  Erstgeborene war, oder ob es einen späteren Sohn gleichen Namens gegeben hat. Helmut Schnabel jedenfalls bezeichnet Johann Bartholomaeus als den Bruder und Nachfolger des verstorbenen Georg von Görring. Zeitlich würde es passen.

Nun, ebenso wie von den beiden vorgegangenen Generationen derer von Gehring, hat sich in den Archiven fast nichts erhalten.
Wir kennen einen Prozess mit dem Kloster Rott um das Jagdrecht am Kaitersberg aus den Jahren 1758-1769 des weiteren einen ebensolchen um die Sicherstellung, dass Reitenstein als Hofmark und nicht nur als Sitz bezeichnet werden darf. Dies ist deshalb wichtig, weil eine Hofmark eine wesentlich höhere Stellung hat und auch die eigene Gerichtsbarkeit beinhaltet. Dieser Prozess, von J.B. Gehring begonnen, wird nach seinem Tode vom Markt Kötzting erfolgreich weitergeführt.

Johann Bartholomaeus heiratet



Am 18.Januar 1751, im hohen Alter von 65 Jahren heiratet J.B. von Gehring die jungfräuliche Maria Anna Viktoria Margaretha, Tochter des ehrwürdigen, bereits verstorbenen,  Herrn Franz Albert von Rainer in Hackenbuch und Chamereckh und seiner noch lebenden Frau Maria Eleonora Franziska, einer geborenen Baronin von Schrenck auf Notzing. Als Trauzeugen fungierten der ehrenwerte Herr Sigismund von Prenner auf Tallersdorf und der Kötztinger Arzt Joseph Anton Halser.

 

Das erste Testament

StALa Regierung Straubing Nr. 4576

Schon kurz nach der Heirat, am 24.7.1755 entschließen sich die Beiden ein Testament zu verfassen und bitten den Kötztinger Pflegskommissar von Francken um einen Termin bei ihm, um die Urkunde bei Gericht deponieren zu dürfen. Der Pflegskommissar antwortet sofort und so kann am 30.7.1755 das von beiden unterzeichnete Testament in Kötzting bei Gericht deponiert werden.
Die beiden Kötztinger Gerichtsprokuratoren Johann Christoph Magerer und Georg Druckmüller bezeugen den Vorgang.
StALa Regierung Straubing Nr. 4576

 



 

 

 

 

Sterbeeintrag der edlen Frau Anna Maria von Gering in Reitenstein, einer geborenen Rainer von Chamereck.
Sterbematrikel Kötzting Band 18 von 1758. Auch wenn in dem Eintrag bereits der Monat Juli als Überschrift eingetragen ist, denke ich es war der 27. Juni. Der in der Liste  nachfolgende Sterbeeintrag trägt das Datum vom 6.7. 
Auch in dem amtlichen Schreiben wegen der Testamentseröffnung ist die Rede, dass Frau von Gering Ende Juni verstorben sei.
Schon 3 Jahre nach der Testamentsdeponierung und nur 7 Jahre nach der Eheschließung verstirbt Frau von Gehring am 2. Juli und das Gericht Kötzting setzt einen Termin zur "Publizierung des Testaments" fest. Es bittet sowohl Herrn von Gehring als auch die "Notherbin" der Erblasserin Marie Eleonora von Rainer zu dieser Testamentseröffnung zu erscheinen und setzt dazu den 10. Juli 1758 fest.
Da das Testament offensichtlich auch - vermutlich als Erst- oder Zweitschrift - bei der Regierung in Straubing hinterlegt worden ist, fordert nun Herr von Gehring das Straubinger Exemplar mit Schreiben vom 17.10.1758 ebenfalls zurück, " da meine Frau nunmehro das zeitliche gesegnet, mithin sich er ganze Status vollkommen geändert..."
Der Straubinger "höchste Bannrichter und Regierungs und Landschaftsadvokat Johann Conrad Hayder protokolliert zu seiner eigenen Sicherheit, dass er das Testament, auf Anforderung des Herrn von Gehring aus dem "Geheimen Casten" entnommen hat.
Wiederum 4 Jahre später errichtet Johann Bartholomaeus Gehring am 18.2.1762 sein eigenes Testament, welches er dann wenige Jahre vor seinem Tode noch einmal geringfügig (zulasten einer Klause in Weißenregen und zugunsten der Kötztinger Kirchenglocke)  abändern wird
Sterbeeintrag des Johann Bartholomaeus von Göring in Hohentreswitz und Reitenstein vom 3.3.1772
Im Jahre 1772, am dritten März, verstarb Johann Bartholomaeus von Göhring Herr auf Reitenstein und wurde auf dem Friedhof in Kötzting begraben.
In der St. Anna Kapelle - damals Zentrum des Kötztinger Friedhofs - befindet sich heutzutage sein Epitaph.

Ruhet der hochedelgebohrene Herr Herr Johann Bartlmae von Görrung uf Hochentreswitz um Raidenstain. Erster Guetthätter der Alhiesig Grossen Pfahr Gottshausglocken. dan sonderbahr Guett letzten Willens Gemeinen Markts Kötzting im Alter 84 Jahren. Letzter dessen Stammes. In Gott Entschlaffen den 1. Martii in Anno 1772 Gott Verleihe ihm die Ewige Ruehe Amen
Im Stadtarchiv Bad Kötzting befindet sich eines der Exemplare des Testamentes von Johann Bartholomaeus von Göring

Ich, Johann Bartholomae von Görring auf Hochentreswitz zum Raidenstein

bekenne himit und in Kraft dieß offen und gegen iedermänniglich, daß nach öfterer Erwägung wie des Menschen Leben auf dieser Welt sehr kurz und tausend Gefahren unterworffen, auch nichts gewissers als der Tod, nichts aber ungewissers als die Stund desselben seye, ich mich in meinem hohen Alter entschlossen habe, meines zeitlichen Vermögens halber nachfolgende Disposition und letzten Willen......zu verfassen
1. befiehlt er seine arme Seele der Barmherzigkeit des allmächtiogen Gottes .......
2. möchte er in der Pfarrkirche Kötzting, allwo die Göringische Begräbnus, begraben werden.
3. Vermacht er zum Trost des Seelenheils seines verstorbenen Bruders Georg Benedikt und seiner Frau Maria Anna Viktoria Margaretha jeweils 100 Gulden zur Lesung von insgesamt 600 (!) hl. Messen in Kötzting, Schönbuchen und Weißenregen.
4. Vermacht er 25 Gulden zum Franziskaner Kloster nach Neukirchen für 50 hl. Messen zum Trost der Armen Seelen und zusätzlich 25 Gulden für 50 weitere Messen bei den Kapuzinern in Straubing.
5. Fundiert er einen ewigen Jahrtag beim Gotteshaus in Kötzting für die Göringische und Rhainerische (seine Frau) Freundschaft mit 200 Gulden.
(damals waren 5 Prozent Zinsen üblich = 10 Gulden jährlich, diese 10 Gulden sollten aufgeteilt werden zu jeweils 5 Gulden für das Gotteshaus und für den Pfarrer und die Kirchenbediensteten)
Weiters bekommt die Kirche Kötzting 300 Gulden zum Chorbau in der Kirche. 
Dieser Zusatz wird in einem späteren Testamentszusatz (Codicill) abgeändert, am 29.12.1768

6. Zur Erbauung einer Klause oder eines Priesterhauses in Weißenregen vermacht er 1000 GuldenAuch dieser Zusatz wird abgeändert bzw. gestrichen am 29.12.1768.
Zu einer Capelle aufm Raittenstein 50 Gulden dann zu dessen Unterhaltung auch 50 Gulden.

7. Vermacht er seiner freiherrlichen Mam Magdalena von Singer auf Mossau, da sie seine Hauswirthschaft gethreulich gefiehret zu einem prolegat nebst einer redo (mit Verlaub) Khue und Hausfahrnus als Zünn, Kupfer und Leinwand 1500 Gulden.
8.Nun folgen die einzelnen Legate: Den Fischerischen Kindern zu Poppenried 150 Gulden.
Den Anna Levinischen Kindern am Hainhof 150 Gulden
Den Elisabetha Prechtlischen Kindern zu Stachesried 150 Gulden
Den Anna Neybergerischen Kidnern zu Kaitersbach 150 Gulden.
Der Barbara Maltrin zu Attelskofen 150 Gulden.
Dem Dienstmaydl Magdalena Kinigin 150 Gulden.
Denen Hans Görringischen Kindern zu Regensburg 100 Gulden.
Denen Ehelhalten, welche sich in seinen Diensten bei seinem Ableben befanden aufgeteilt 60 Gulden

9. seinem Verwalter Ferdinand Mayr bzw. dessen Kinder welcher seinem Bruder im abgelaufenen Krieg, (Österreichischer Erbfolgekrieg) als auch ihm viele Dienste gratis getan und viele Schriften unentgeldlich verfaßt: das beste vorhandene Pferd, mit bester Schabracken und Zeug, die 2 besten Ochsen samt einem guten Wagen, dann 2 redo Khue, ferners meine Sackuhr, die Straßmayrische Fluiten und beste Baar Pistollen.
10. Als Hauptpunkt und Fundament eines jeden Testamentes bestimmt er als wahren Universalerben den Gemeinen Markt Kötzting, also und dergestalten das derselbe mir nicht allein in meinen eigenthumblichen Sitz und Hofmark Raidenstein, samt denen darzu gehörigen Unterthenan cum pertinentiis, sondern auch in all übrig meinen Vermögen wie solches immer na,men haben mag, succediren möge und solle.....
...geschehen zu Raittenstein den achtzehnten Monatstag Februarii im Aintausend sibenhundert zweiundsechzigsten Jahr
Johann Barthomolme von Göring

In der oben aufgezeigten Testamentsabänderung strich er das Vermächtnis für Weißenregen und den Chorbau und stiftete dafür den Betrag zur Herstellung der großen Kirchenglocke.

Drei Monate nach seinem Ableben wurde im Mai 1772 durch eine Kommission sein Besitzstand inventarisiert. Dieses Protokoll ist heute noch im Stadtarchiv Bad Kötzting vorhanden und ziegt auf wie weit es mit seinem "Schloss" her war. Die Kommission war ansehnlich, die beiden Kammerer Kötztings (heutzutage der erste und zweite Bürgermeister) Luckner und Fischer, Johann Baptist Fabrici (Voithenleitnerhaus) als Marktrat, von Görrings Haushälterin mit ihrem Rechtsbeistand - sie sollte ja das große Legat über 1500 Gulden erhalten - der Marktschreiber, zwei Gerichtsprokuratoren, der Pflegsverwalter von Frank (heutzutage in etwa der Landrat mit allerdings viel, viel umfassenderen Zuständigkeiten) zusammen mit seinem eigenen Gerichtsschreiber und Schätzleute vom Kaufmanns und Bauernstand.
Sie alle durchforsteten das Anwesen, die Stallung, die Scheunen und auch das zum "Schloß" gehörende Hofbauerngütl, bewerteten das, was sie fanden, und gingen auf den Feldern und Wiesen ebenso vor. Alles, aber auch wirklich Alles, hatte damals einen Preis und so kamen dann gerade mal gut 10000 Gulden an Wert zusammen, denen über 8300 Gulden an Legaten und Vermächtnissen gegenüberstanden. Kötzting, der Universalerbe, sollte also mit einem Vermögensüberschuss - für den er sich nichts kaufen konnte, aus dem Erbe von gerade mal 1702 Gulden das Erbe annehmen und sich damit verpflichten die Riesensummen an Legaten in bar auszuzahlen.

Dies war der Anfang für einen fast 30 jährigen erbitterten Streit innerhalb der Kötztinger Bürgerschaft, zwischen den Kötztingern und den Reitensteinern, zwischen Kötzting und der Regierung in Straubing und dem Pfleggericht und umgekehrt. Zwischen all diesen Parteien saß als Prozessbeteiligter und/oder "Zündler" Wolfgang Samuel Luckner, der damals mächtigste Mann in Kötzting, der das Testament in dieser Form nicht annehmen wollte und welcher, bei der Rückkunft nach einer Reise nach München, sich  zuhause vor vollendete Tatsachen gestellt sah, die die Regierung in Straubing zusammen mit einigen wenigen Kötztinger Bürgern durchgesetzt hatten.
Das Thema der "Reitensteiner Anteile" ist zu umfangreich für diesen Blog, wurde auch ebreits ind en gelben Bänden veröffentlicht, ist auch in dem Blogeintrag über Wolfgang Samuel Luckner in Teilen nachzulesen.
Nun, wie mächtig Wolfgang Samuel Luckner damals war,s ieht man auch an der großen Kirchenglocke Kötztings, zu deren Herstellung Bartholomaeus von Görring am Ende 1300 Gulden vermacht hatte. Luckner selber steuerte dann noch 500 Gulden bei.

aus einer Bürgerfestbeilage der Kötztinger Zeitung, der Beitrag stammt vom Kötztinger Ludwig Baumann

aus einer Bürgerfestbeilage der Kötztinger Zeitung, der Beitrag stammt vom Kötztinger Ludwig Baumann

Nun, im Rahmen des Kirchenumbaus im Gotteshaus Kötzting, wurde 1778 der Auftrag vom Kirchenverwalter Luckner für den Glockenguss an die Firma Florido in Straubing erteilt. 1987 Gulden sollte sie kosten, 1300 kamen von von Görring, 500 von Luckner. Die Anweisung in Görrings Testamentsabänderung war ganz klar, dass sowohl sein Wappen als auch sein Name mit dem Zusatz "Gutthäter" auf der Glocke sichtbar sein sollten.
Nun:
Luckner ist deutlich aufgeführt: Sam. Luckner A.K. (d.h. Amtskammerer)
Dann heißt es weiter: IO:B:V:G:U:H:T:U:RT, was nur Eingeweihte entziffern können. Der Leser, der bis hierher gefolgt ist, kann die Buchstaben sicherlich eher zuordnen:
IO(hann) B(artholomaeus) V(on) G(öring) U(f) H(ochen)T(reswitz) U(und) R(eitenstein).

Ludwig Baumann schreibt weiter: Die große Glocke wurde am 13. September 1779 zum erstenmal geläutet. Seitdem geleitete ihr voller Klang die Reitensteiner auf ihrem letzten Weg zum Pfarrfriedhof - eine Reverenz an den reitensteiner Guttäter und ein liebenswerter Brauch, der den geänderten, neuzeitlichen Beerdigungsformen zum Opfer fiel.
Dieser Brauch ergibt sich zwar nicht aus dem Verfügungen J. B. von Gehring, scheint aber in Kötzting vor Generationen durchaus gebräuchlich gewesen zu sein. Nimmt man das Benehmen der Herren von Görring ihren Untertanen gegenüber zum Maßstab, so erscheint solch eine Reminiszenz dem Hofmarksherren gegenüber auch mehr als fragwürdig.
Stadtarchiv Kötzting AA VII/3 Deckblatt
Verhör und Briefprotokoll
dann
Inventur und Vormundschaftsbuch
der
hochadelichen Görring(schen)
Hofmarch Raidenstein
de ais (annis)
1768
et
1769

Wie streng der Herr v. Görring auch bei Kleinigkeiten war, zeigt ein Ausschnitt aus einem Verhörsprotokoll der Hofmark Reitenstein vom 27.4.1769. Die Hühner seiner Untertanen waren dem Herrn ein Dorn im Auge und so verpflichtete er seinen "Hofmarksrichter" seinen Untertanen anlässlich der Zahlung der Georgigilt (es gab zwei "Steuerzahltermine" an Michaeli und Georgi), wenn eben alle Untertanen eh versammelt seien, diesen zu eröffnen, dass ab nun jeder Untertan dafür Sorge zu tragen habe, dass die Hühner nicht in die Felder und Gärten eindringen. Jedes Huhn würde "konfisziert" und der (Hühner)besitzer müsse 1ß Pfennig bezahlen (pro Stück Huhn) und den Schaden darüber hinaus.












 

 

 

 Die Gehringstraße


Nach dem großen Marktbrand von 1867  bestand die Notwendigkeit, die Straßenführung im Markt neu auszurichten und so entstand zu Ende des 19. Jahrhunderts der untere Teil der jetzigen Gehringstraße neu, bis hinauf zum jetzigen Parkhaus und der Abzweigung bei der ehemaligen Bäckerei Kerscher. Erst ins 20. Jahrhundert herein wurde dann peu a peu auch der oberste Teil bebaut und zu Anfang erhielt die Straße dann sogar kurzfristig den Namen zu Ehren eines damaligen Bezirksamtmannes "von Fuchs", welcher von 1903 bis 1912 in Kötzting wirkte. Später jedoch wurde die Straße dann endgültig dem Reitensteiner Hofmarksherren "Gehring" gewidmet, allen unterschiedlichen vorherigen Schreibweisen zum Trotz, welche zumeist auf Göring und Görring lauteten. 



Das "Schloss" Reitenstein

HaStA München GL fasc. Nr. 1816
"Raidenstein war den in den ältesten Zeiten eine blosse Einöd: Martin Raid sass circa 1500 in dasigen hölzernen Hauß"
 

 
Vermessungsamt Cham Ausschnitt aus Uraufnahmhekarte: NO_050_41_1831 von 1831

Das Grundstück südöstlich des Dorfweihers, gelegen am heutigen Schlossweg, ist die Stelle, an der früher das "Schloss" Reitenstein bis zum Jahre 1772 gestanden hatte. Wir müssen es uns als ein kleines gezimmertes Haus mit, aus rauhen Steinen, gemauertem Erdgeschoss vorstellen, mit vier Zimmern zu ebener Erde und einem zusätzlichen Zimmer und einer Bodenkammer im ersten Stock.
Die, nach dem Tode J.B. von Gehring, vorgenommene Aufnahme aller seiner Güter beschreibt den Inhalt jedes einzelnen seiner Zimmer und auch seine Lage.
Stadtarchiv Kötzting AA VII/14
Im Jahre 1790 erstellte der Kötztinger Marktbaumeister Hummel (sein "Dienstposten" und sein Wohnhaus, das nun sogenannte Kamplmacherhaus, wurden extra für ihn, wenige Jahre zuvor, eingerichtet und gebaut, weil der Kötztinger Kammerer Luckner die märktischen Bauvorhaben nicht mehr unter Regie durchführen lassen wollte) einen Entwurf und einen Kostenvoranschlag für ein offizielles "Amtsgebäude" in Reitenstein, welches die Reitensteiner Untertanen von ihrem Grundherren (=Markt Kötzting) einforderten. 
Dieses - nie errichtete - Gebäude kommt vermutlich dem vorherigen "Schloss" sehr nahe; zumindest stimmen die Zimmeranzahl und die Funktionen gut mit denen des Inventariums des alten "Schlosses" J.B. von Gehrings überein - mit Ausnahme einer Arrestzelle. Aber zu diesem Zwecke hatte der Herr von Gehring ja seinen "Stock" gleich neben der Haustüre stehen, siehe weiter oben.



Stadtarchiv Kötzting AA VII/14


Dies also ist die Geschichte derer von Gehring/Gerring/Göhring und Görring von Hohentreswitz und Reitenstein, die Namensgeber unserer Gehringstraße

Luftaufnahme Krämerarchiv:Mitte der 60er Jahre, erste Marktplatzsanierung:  Marktstraße und die parallele Gehringstraße die weiße Linie zeigt die Lage der ehemaligen Bollburggasse mit dem Chamauer Tor








Sonntag, 6. April 2014

Aufruhr zwischen Reitenstein und Kötzting


Vor ca.  240 Jahren gab es sehr stürmische Zeiten zwischen Kötztinger und Reitensteiner Bürgern[1] und Alles begann mit dem Testament Johann Bartholomäus Görrings auf Hochtreßwitz, dem Besitzer der Hofmark Reitenstein, das er am 18.02.1762 geschrieben und bei den Behörden hinterlegt hatte.


In diesem Schriftstück wurden neben vielen Seelenmessen und Jahrtagen für sich und seine bereits verstorbenen Familienangehörigen auch mehrere kostspielige Geldlegate vereinbart. Verschiedene Kirchen und Kapellen erhielten genau bezifferte Zuschüsse für Umbaumaßnahmen (siehe die Kötztinger Kirchenglocke) versprochen, vielen Einzelpersonen wurden üppige Geldzuweisungen zugesagt und auch seine Verwalter und manche seiner Angestellten wurden großzügig bedacht. All diese Summen sollte der Universalerbe auszahlen, welcher dafür dann die Hofmark Reitenstein mitsamt den dazu gehörigen Untertanen und all dem übrigen Vermögen erhalten sollte. 
Dieser Universalerbe sollte nach dem Willen von Göhrings der Markt Kötzting sein.

Rund 10 Jahre nach Testamentslegung verstarb Bartholomäus Görring am 01.03.1772 und damit begann in Kötzting eine Entwicklung, die die Bürgerschaft in zwei zerstrittene Lager spaltete, denn mit der Hofmark Reitenstein und dem „übrigen“ Vermögen hatte es so seine Sache.  

Kurz gesagt einigten sich 16 Kötztinger Bürger - in Abwesenheit des damals mächtigen Kammerers Samuel Luckner- zusammen mit der Regierung in Straubing darauf, mit privatem Kapital und mit einer Hypothek auf Kosten der Marktkasse eine Summe aufzubringen, welche die Forderungen der außenstehenden Begünstigten zufriedenstellen würde. Bei diesem Handel gewannen die 16 Kötztinger Marktlehner Wald - und Wiesengrundstücke hinzu. Frei verkäufliche Grundstücke waren in Kötzting so gut wie gar keine vorhanden und hier sahen ein paar Bürger die gute Möglichkeit sich zu vergrößern. Auch die Regierung in Straubing wollte die Sache endlich vom Tisch haben - die im Testament mit Geld Begünstigten beschwerten sich bereits bei der Regierung, weil die Vermögensaufteilung durch den Markt Kötzting einfach nicht einsetzen wollte -  und forcierte diesen Handel. Allerdings hatten beide Seiten - also die Regierung in Straubing und die 16 Kötztinger Anteilseigner,  die Rechnung ohne den Kammerer Luckner gemacht und so dauerte der Streit dann von 1772 bis fast zur Jahrhundertwende an und stiftete viel Unfrieden innerhalb Kötztings aber auch zwischen den Kötztingern und Reitensteinern selber. Letztere hatten sich die Zeit zu nutze gemacht und im, durch die langandauernden Prozesse praktisch, rechtsfreien Raum, solange eben immer wieder vor Gericht alles neu verhandelt werden musste, versucht Fakten zu schaffen und sich dann Nutzungsrechte in den Wäldern und auf den Wiesen einfach angeeignet.
Die Reitensteiner Anteilseigner unter den Kötztinger Bürgern,  welche auf dem Weg von ihren Grundstücken nach Hause durch Reitenstein hindurch fahren wollten, wurden attackiert und teilweise schwer verletzt.

Hier soll nur ein kleiner Teil der Streitigkeiten angeführt werden, wer sich intensiver mit der Geschichte beschäftigen möchte, kann dies ausführlich in den "Gelben Bänden" machen.

Schon 12 Jahre ging der Streit munter hin und her und  1784 war endlich ein Vergleich zwischen den Hofbaukäufern und den Reitensteiner Untertanen geschlossen worden[2], in der Form, dass die Untertanen während der laufenden Verhandlung je eine Hälfte des benötigten Laubstreus in den Birkenbergen und die andere Hälfte im Schwarzholz holen sollten. Der Ärger nahm aber trotzdem kein Ende.
Erneut bat die Prozesszwangsgemeinschaft der Anteilseigner um eine beschleunigte Prozessführung, denn je länger den Reitensteinern erlaubt werden würde zu prozessieren, umso mehr würde deren Mutwillen zunehmen. So hätten sich erst am gestrigen Mittwoch den 23 9bris 1785 sammetl. Unterthannen, jung und alt, wider unsere Mitconsorten, die um Birkensträhe durch das Dorf zufahren im Begrif waren, mit erschröcklichen Tremmln, Brigln, Mistgabln, und anderen Mordinstrumenten zusammengelauffen und einen ärger als den anderen beschädigt haben.
  • Franz Seiderer, lediger Peckenssohn wurde mit einem mächtigen Tremmel so gewaltig zu Boden geschlagen, dass er Knall und Fahl auf der Strasse zusammen falle und man über eine Viertel Stund lang kein Zeichen eines Lebens mehr an Ihme verspürn kunnte.
  • Jakob Fischer, Schreinerssohn wurde mit einem Scheid Holz auf die Stirn geschlagen, dass das Blut gleich einem Rohrprunnen herausgesprizet, und mit deme nit genug, schlugen ihme ein andrer das Schulterblat fast entzwey
  • Stephan Dimpfl, bürgerlicher Metzger musste erfahren, dass ihme ein Arm zerschmettert wurde, dessen Sohn aber wurde der Kopf voller Löcher angeschlagen, dass der ganze Kopf abgeschoren werden musste, um nur die vielen Wunden auseinanderzukennen.
  • Wider Michael Liebl, Ratsfreund Sohn wurde sogar die Mistgabl gebraucht und ihme hiermit mehrere Löcher Rückwärts in das dicke Fleisch gestochen.[3]
Hätten die Opfer den Reitensteiner Untertanen einen Anlass gegeben, so wäre wenigsten eine kleine Entschuldigung vorhanden, meinten sie, aber weder mit Worten noch mit Werken hätten die unschuldig Verwundeten und nunmehro schmerzlich unter dem Bader liegenden Personen nur den geringsten Anlass gegeben.
Sie hätten nichts falsch gemacht in Werken, weil sie den Bereich, der den Reitensteinern zum Strährechen zugewiesen worden war, mit keinem Fuss betreten hätten und nicht mit Worten, weil sie eh nur 5 an der Zahl waren und durch den unvermuteten Zulauf sammetlicher Unterthannen, durch den scheuslichen Anblick ihrer mörderischer Waffen und durch das Anhören ihres wittenden (=wütenden) Geschreys viel mehr ertattert und nichts anders als um Rhue und Frieden und um ihr Leben gebeten haben.
So weit war es also nun gekommen, dass sogar tätliche Auseinandersetzungen möglich wurden und es nur dem Zufall zu verdanken war, dass es noch keinen Toten gegeben hatte sondern nur einige Kötztinger Bürger sehr schwer verletzt waren.
Die Kläger erbaten für ihre eigene Sicherheit die Einquartierung von militärischer Exekution, die Kötztinger Bürger wollten also unter dem Schutz von Soldaten ihre Einstreu nach Hause in die Städel fahren. Die Reitensteiner aber sollten all diese Kosten übernehmen müssen, zusammen mit den Arztrechnungen und allen Verfahrenskosten. Ausdrücklich aber erwähnte die Klägerseite der Anteilseigner, dass die Sache sicher schon längst erledigt gewesen wäre, würde nicht das Pfleggericht in Kötzting sondern ein anderes Pfleggericht oder sogar Straubing die Kommission zur Untersuchung bilden, weil das Pfleggericht in Kötzting untätig dem Treiben der Reitensteiner zusähe.


Auch in Kötzting selbst schlugen die Wogen hoch, bei vielen der Anteilskäufer, die Geld auf ihre Kötztinger Häuser aufgenommen hatten um die Anteile erwerben zu können und die noch nichts aus ihrem Besitz herausholen konnten um sich  zu refinanzieren, lagen die Nerven blank und so kam es sogar zu Übergriffen auf den in ihren Augen Hauptsschuldigen: auf den Kammerer Luckner:

Unter anderem aus Luckners Feder selbst kennen wir den Vorgang - natürlich berichtet er seine Sicht der Dinge:

 Undank ist der Welten Lohn, so meinte er, als er das Opfer eines tätlichen Angriffs in seinem eigenen Hause, ja in seiner Amtsstube, geworden war. Wohlweislich verschwieg er den eigentlichen Hintergrund dieses Angriffs auf sich, sondern führte nur den, für ihn sicherlich schmerzlichen, für den Hauptvorgang aber vollkommen unerheblichen Übergriff von fünf Bürgersfrauen auf ihn in seinem eigenen Haus an.
So berichtete er, empört über so viel Undank: „als ich nämlich als qua amtierender Kammerer im Jahre 1783 und zwar den 5 April Fastenzeits höchst landesherrliche Gefäll (=Steuern) der weitteren Versendungs Willen in meiner Wohnung gewöhnlichermaßen einnehme, rotheten sich 5 Weiber von denen Raithensteinischen Theilhabern zusammen, wartheten den Zeitpunkt ab, wo niemand fremdter als sie allein da waren, da ich nun von selben die Einschreibbüchl und ihre Schuldigkeit abbegehrte wagte es des Hans Georg Auzingers Eheweib mich rückwärts ins Gesicht und in die Augen nach ihren Kräften zu schlagen, welcher auch die Übrigen beygefallen und so viel ihnen möglich beleidiget haben, bis endlich ich mich durch Beyhilf meines Eheweibs von ihnen losgerissen, wonach selbe sich aus dem Staub gemacht, auf der Gassen aber noch mit Steinen und Sand, kurz mit deme was sie erwischt auf mich geworfen“.

Die Männer der 5 "Damen" saßen bei dem ganzen Vorgang "zufällig" auf der Kirchenmauer und wussten angeblich nichts von dem Vorhaben ihrer Ehefrauen......

Was sind nun diese Reitensteiner Anteile und wer hat diese erworben.
Entwurf für den Neubau des Reitensteiner Amtsgebäudes Plan im Stadtarchiv Kötzting


Gleich als Luckner von seiner Geschäftsreise zurückgekommen und die Bescherung gesehen hatte, hat er den Vorgang für die erste Prozessserie beschrieben und dort auch die Namen der Anteilseigner aufgeführt:


Rentmeister Ellersdorfer, schrieb er empört, hätte sich wider alle klare Intention des Erblassers nach Kötzting begeben und anstatt der Verfiegung dass ieder bemittelt oder unbemittelte Bürger, nach proportion seines Innhabens ... etwas von dem Grund und Boden hätte bekommen sollen, unter Anführung des allhießigen Marktschreibers und zugleich Reittensteinischen Verwalters Georg Kajetan Magerer welcher kein Bürger und dabei de genere prohibitorum(allgemein verboten) ist, dass weder Beamte noch andere Bediente in dem ihnen anvertrauten Jurisdiktions Gezürk Gründe besizen derffen, nachfolgenden fünfzehn Burgern inclus: deß Marktschreibers als Theillhabern 16 benanntlich letzberieten
Kajetan Magerer,                                                                                   
Josef Fischer Amtkammerer, 
Franz Seiderer des Rats,
Baptist Fabrici auch des Rats,
Joseph Weiss iniglich des Rats,
Egidi Fischer eben des Rats, 
Michael Rabenbauer zweimal, als Marktlehner und als Inhaber der Wiesmühle,
Michael Stadtler,
Michael Wagerer,
Anton Schillinger,     
Michael Liebl,
Georg Auzinger,   
Adam Münch,
Joseph Henneberger,
Stephan Dimpfl,  
Franz Irlbacher,  
zusammen 16 Köpfen, dass Hofgebäu cum pertinentiis dann die Schwarzwaldung zu 80 Tagwerch nebst aller mobiliarschaft Eydlich estimierter maßen... per 6000 fl verkauft.

Anhand der Bürgerliste und der Verteilung im Plan weiter vorne sieht man dass es die Kötztinger Marktlehner, also die obersten Bürger der dreigliedrigen Bürgerschaft Kötztings, waren, die sich die Wälder auf dem Kaitersberg aneignen wollten.
Der ganze komplexe Vorgang kann in den "Gelben Bänden" nachgelesen werden. Diese Bücher können beim Verfasser hier oder über die Kulturabteilung im Landratsamt Cham bezogen werden. Traditionell im März wird der jeweils neue Jahresband in abwechselnden Gemeinden des Landkreises Cham vorgestellt. Natürlich sind die Bände auch in den Kötztinger Buchhandlungen und in der Kurverwaltung vorrätig. Manche der Bände sind vergriffen, viele der älteren, aber wegen des Inhalts natürlich zeitlosen, Bände sind aber noch erhältlich.
Auf  einer Nebenseite meiner Homepage kann auch der Inhalt der älteren Bände eingesehen werden.


Was aber hat sich nun Neues ergeben, dass ich hier das Thema noch einmal aufgreife: ich habe einen wunderschöner kolorierter Plan der Anteilsverteilung gefunden und dieser Plan sagt viel aus über den Zustand des Waldes im allgemeinen damals und des Kaitersbergs im Speziellen.
Wohl im Zusammenhang mit einem der späteren Prozesse wurde 1791 ein Plan der Anteile gezeichnet. 
Zentral in der Mitte ist die Lichtung Reitenberg, -  heutzutage weiträumig von Fichtenwald umgeben -  nach Süden wird hier hier aber der Kaitersberg nicht als mit "Hochwald" sondern als Birkenberg bezeichnet.
die Anteilseigner und die Verteilung der einzelnen Anteile, der Markt war 1791 bereits Besitzer von 2 Anteilen(!), auch der Wiesmüller Rabenbauer besaß - allerdings von Anfang an - 2 Anteile



die Besitzer dieser zwei kleinen Hochwaldanteile waren die Verursacher dieses Streites unter Anteilseignern und damit der Anlass, diesen Plan zu zeichnen.



Man sieht hier sehr gut, dass die Wälder damals in einem ganz anderen, zumeist viel schlechteren und ärmeren, Zustand waren. Das andauernde Streurechen und ein viel zu massiver Eingriff in die Substanz der Wälder verhinderte, dass sich ein üppiger Hochwald überhaupt bilden konnte. Der damalige sehr schlechte Zustand der Wälder Bayerns war der Anlass für eine vorsichtigere Bewirtschaftung der Wälder und die Geburt des Begriffes der Nachhaltigkeit - erfunden von der bayerischen Forstwirtschaft zu Ende des 18. Jahrhunderts.
Von Mathias Heilmeier kennen wir eine Aufnahme um 1900, auf der der Saum des Birkenberges gut zu erkennen ist. Allerdings sind die Birken bereits überständig. In früheren Zeiten konnten sie sicherlich nicht älter als 7-8 Jahre werden  und wurden dann erneut auf Stock gesetzt. Dies Bild dient nur als Beispiel, wie sehr unsere Vorstellung der Wälder vom jetzigen, satt grünen Bild geprägt ist, das in der Vergangenheit NIE so gewesen war.
Waldsaum mit Birkenbergsaum
Ein eher realistischeres Bild unserer Bergwälder sieht man auf einem Bild, das ich vor vielen Jahren von Frau Anna Schötz in Kötzting erhalten habe, steinige, dürre Abhänge mit spärlichem Bewuchs.

Doch nun im Detail zu dem kolorierten Plan: Wie ein bunter Kranz winden sich die Anteile sowohl des Laubberges wie des Schwarzwaldes einmal um Reitenberg herum. Deutlich sind die 4 Herdstätten, sprich Häuser Reitenbergs zu erkennen und auch die einzelnen Anteile sind - für 1791 - bereits sehr exakt eingezeichnet.
Staatsarchiv Landshut Rep 165 6951 von 1791

 






























Als die Grenzen sind eingezeichnet: ganz links Kloster Rott, dann gegen den Uhrzeigersinn: die Dorfschaft Arndorf, die nach Arndorf gehörigen Laubberge - weiter am rechten Rand Kloster Rott zur Propstei und Pfarrer Wald - im Norden der Bauer Mühlbauer von Gotzendorf.
hier nun dieselbe Situation im Plan der Uraufnahme, Detail aus der Uraufnahme Blatt von Schonbuchen vom Vermessungsamt Cham

Es wäre eine schöne Aufgabe für Geocacher oder einfach geschichtlich interessierte Wanderfreunde, diese Grenze mit den dazugehörigen Grenzsteinen einmal zu finden und zu dokumentieren. Die Grenzsteine zum Klostergrund sollten eine Besonderheit darstellen.

Um den Unterschied zu heute ein wenig klarzumachen, bin ich nach Wettzell hinaufgefahren und habe den, vom Saum bis zum Gipfel, dunkelgrünen Kaitersberg fotografiert und nun einmal die Linie eingezeichnet, die in etwa der Südgrenze der Lichtung Reitenberg entspricht und die, lt. Plan, auch in etwa die Grenze zwischen Birkenbergen und Schwarzwald gewesen ist. Legt man dann auch noch zugrunde, dass dieser Hochwald gleichzeitig auch extrem stark genutzt, das heißt abgeholzt, wurde, so waren in unserer Heimat vor 250 Jahren wirklich jämmerlich karge Wälder vorherrschend.
das dürfte ungefähr der Saumbereich der sogenannten Birkenberge gewesen sein



so saftig und grün, hinunter bis zu den Wiesen waren unsere Wälder in der Vergangenheit so gut wie nie. Durch das permanente Streurechen waren die Böden verarmt und durch die überstarkte Holznutzung auch viel zu ausgedünnt.




 Viel Spaß beim Lesen



















1] Wer genaueres wissen möchte kann die wechselvolle Geschichte der Beziehungen zwischen Reitenstein und Kötzting in den "Gelben Bänden" nachlesen, genauer in den beiden Bänden 2010 und 2011
CLEMENS PONGRATZ: Wolfgang Samuel Luckner , in: Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham (im Folgenden BGLC) Bd. 20 (2006), 
2] StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 13
3] StadtA Kötzting VII/15