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Mittwoch, 17. November 2021

Das Kötztinger Stadtarchiv als Rückspiegel ---- Winter 1973

      Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Nachdem der Arbeitskreis Heimatforschung schon eine umfangreiche Datenbank an personenbezogenen Bildern hat wäre es für uns schön, wenn wir bei einigen der folgenden Bildern, vor allem bei den Personengruppen, Hinweise und Namenslisten erhalten könnten, die wir dann anschließend in unsere Datenbanken einpflegen könnten. Manche allerdings auch nicht und so wäre es schön, wenn wir bei dem einen oder anderen Bild auch eine Rückmeldung erhalten würden.

Zur Orientierung, wir befinden uns im Winter 1973    Kötzting sucht seine Stadtmeister im Skifahren, die Freiwillige Feuerwehr lädt zum traditionellen Feuerwehrball und in der Herrenstraße kommt es zu einem spontanen Faschingsauftritt.


Die Rennleitung: Der Senigl, Josef Iglhaut senior, und Betz Erich am Funk

Die Stadtmeister 1973
Anita Eckert und Iglhaut Gerhard mit ihren laaaangen Skiern
Der folgende Artikel ist mit "sef" gekennzeichnet, vielleicht kann einer meiner Leser diese Abkürzung entschlüsseln und mir mitteilen.




Die Feuerwehr feiert:    
Der Artikel ist mit "ad" gekennzeichnet, damit können wir Alois Dachs für die Bilder danken.

Michael Traurig und Michl Fleischmann die beiden
Spitzenkräfte der Kötztinger Feuerwehr



So gefüllt waren damals die Kötztinger Bälle

Bei der Kapelle auch kein Wunder. Von vorn nach hinten:
Wack Traurig, Schlagzeugen ist mir unbekannt, Treml Ernst am Saxophon
und ganz hinten Hans Traurig







Die Negative - einen  dazu gehörigen Artikel habe ich nicht gefunden - trugen die Aufschrift: 
"Ersatz für Faschingszug"



Sonntag, 14. November 2021

Vor 60 Jahren .... Willy Brandt in Kötzting

 Unter den Materialien, welche wir von der langjährigen Redaktionsleiterin der Kötztinger Umschau, Frau Renate Serwuschok, nach ihrem Tode erhalten haben, befindet sich auch ein flache Schachtel, mit mehr als 60 Kleinbildfilmbüchsen. Sowohl die Büchsen als auch der Schachteldeckel sind mit der klar identifizierbaren Handschrift von Frau Serwuschok beschriftet und viele haben einen Themenschwerpunkt, auch wenn sich in den Büchsen manchmal ein „Schnipselchaos“  befindet,  passend zum beschriebenen Thema.
In einer Büchse - beschriftet als "Jahresgeschehen 1961" finden sich auch die Bilder, als der spätere Bundeskanzler und SPD Vorsitzende, damals aber noch regierender Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, aus Furth kommend, auch Halt in Rimbach und Kötzting machte, wo er zur Bevölkerung sprach und sich anschließend in unser Goldenes Buch eintrug.

Kötzting, am 4. August 1961, gerade mal 9 Tage vor dem Beginn des Mauerbaus(!)


v.l. Bürgermeister Hans Kroher - Willy Brandt - ? - Fritz Costa

Die dazugehörigen Zeitungsartikel - und wohl auch die Bilder - stammen von "na" und "rs", also von Frau Serwuschok selber und von Herrn Schampel.

Willy Brandt vor dem Kötztinger Rathaus

Willy Brandt vor dem Kötztinger Rathaus













Der Kötztinger Künstler August Philipp Henneberger
durfte Willy Brandt dann noch schnell portraitieren, was
Frau Serwuschok dann auch in ihrem "Scheinwerfer" in einen 
schwarz-roten Zusammenhang brachte.



Freitag, 5. November 2021

Familiengeschichtsforschung - ein überraschender Kontakt

 Vinzenz Lormier 
geboren am 7.4.1807


Es gibt ja viele unterschiedliche Arten Ahnenforschung zu betreiben, die einen sind auf der Jagd nach den ältesten belegbaren Vorfahren, die anderen versuchen die Verwandtschaft mit allen Geschwistern, Onkeln und Tanten so breit wie möglich aufzudröseln, andere wiederum - und zu denen gehöre eher ich,  weil ich bei der Suche nach den Ahnen mittlererweile schon zu oft an "dead ends" gestoßen bin-, versuchen dann "Fleisch auf das nackte Datengerippe zu bekommen und das Leben und Handeln von Familienmitgliedern wieder ein wenig "lebendig" werden zu lassen.
Diese Suche nach Einzelheiten aus dem Leben der Vorfahren benötigt dann zwangsläufig Wissen über die Strukturen des jeweiligen Heimatortes und führt somit ganz schnell zu Kompetenzen in der Heimatforschung.
Beginnend in den frühen 80er Jahren habe ich unsere Ahnentafel mit mehr als 3000 Vorfahren gut aufgefüllt und schon ab Mitte der 90er Jahre lag mein Forschungsschwerpunkt bereits auf der Heimatforschung. In etwa zu diesem Zeitpunkt kam es in Kötzting zur Gründung des Arbeitskreises Heimatforschung und beginnen unsere regelmäßigen Lesestammtische.
Dies bedeutet, dass ich locker seit fast 30 Jahren mich nicht mehr mit meinen eigenen Vorfahren beschäftige, weil ich denke, dass ich das für mich, mit vernünftigem Aufwand,  Erreichbare beisammen habe und in einigen Fällen auch sehr weit in die Vergangenheit zurückstoßen konnte.
Einige überraschende Fälle des Ahnenverlustes - verwandtschaftliche Beziehungen innerhalb der eigenen Ahnentafel oder mit der meiner Frau  -, Beispiele von ganz besonderen Menschen oder einfach nur  überraschende Ortswechsel meiner Ahnen haben mir die Suche nach meinen Vorfahren sowohl erschwert als auch bereichert. 


Einschub Ahnenverlust
aus: https://www.bionity.com/de/lexikon/Ahnenverlust.html

 

Mit dem Begriff AhnenverlustImplex (lat. Verflechtung) oder Ahnenschwund bezeichnet man in der Genealogie die Erscheinung, dass in der Ahnenliste einer Person bzw. eines Lebewesens Ahnen mehrfach auftauchen, so dass die Anzahl der tatsächlichen (verschiedenen) Ahnen niedriger ist als die bei den meisten Lebewesen theoretisch mögliche Anzahl von 2n in der n. Generation.
Bei Geschwisterehe kommt es bereits in der zweiten Generation zum Ahnenverlust, da der Proband nicht vier, sondern nur zwei Großeltern hat. Da in den meisten menschlichen Gesellschaften ein Inzesttabu gilt, tritt Ahnenverlust normalerweise frühestens in der dritten Generation auf, in der Regel aber erst in späteren Generationen. In diesen Fällen treten Geschwister als Ahnen auf, so dass in der nächsten Generation deren Eltern mehrfach als Ahnen auftreten. Es kann auch vorkommen, dass eine Person in verschiedenen Generationen als Ahne auftritt. Dadurch verringert sich die Anzahl der tatsächlich verschiedenen gegenüber der Zahl der theoretisch möglichen Vorfahren, woraus sich der Inzuchtkoeffizient der Ahnenliste schätzen lässt.
Wenn man die Generationenfolge nur weit genug in die Vergangenheit verfolgt, ist Ahnenverlust mathematisch unvermeidbar. Geht man bei einem Menschen 30 Generationen zurück (also etwa 500 bis 1000 Jahre), dann ergeben sich mehr als eine Milliarde Vorfahren, was die damalige Weltbevölkerung übersteigt. Von den damals lebenden Menschen müssen also zwangsläufig viele mehrfach in der Ahnenliste vorkommen. Daraus ergibt sich, dass praktisch alle heute lebenden Menschen (von Angehörigen sehr isoliert lebender Völker abgesehen) entfernt miteinander verwandt sind, was sich gelegentlich sogar nachweisen lässt.

Einschub Ende

Eine wichtige Regel für Genealogen, die mir bereits bei meinen ersten Kontakten mit den Kollegen des Bayerischen Landesvereins nahegelegt wurde, ist, nicht zu lange mit einer Veröffentlichung des Datenmaterials zu warten, da man

1. eh nie fertig werden kann und
2. die eigene Familie in den seltensten Fällen das Hobby und die Sammelwut eines Familienforschers in derselben Intensität teilt wie dieser und somit eher zum "Wegschmeißen" des ganzen "Gerümpels" neigt. 

Mit Beginn des Internet - und vor allem Browserzeitalters - habe ich mir daher die Grundzüge der "HTML"-Programmierung im Selbststudium beigebracht und meine Eckdaten als "Namens- und Ortsverzeichnisse" auf einer eigenen Homepage ins Internet gestellt.

Dort im Namensverzeichnis schlummert nun seit Mitte der 90er Jahre auch ein gewisser Vinzenz Lormier, über den ich damals schon ein paar Lebensdaten herausgefunden hatte und der sich mit den mündlichen Überlieferung der Familie meiner Frau in Teilen deckt.
Dort erzählte man sich über die Generationen hinweg, dass es einen "Südfranzosen" in der Familiengeschichte gegeben hätte.


Die Nummerierung in der obigen Teilahnentafel meines Schwiegervaters folgt der Aufzählung nach "Kekule. Die Probanden - also die Nummer 1 in der Ahnentafel - sind meine eigenen Kinder; somit ist mein Schwiegervater in deren dritten Generation und der gesuchte Lormier bereits in ihrer 7. Nachfolgegeneration.
Kurz zu den hier dargestellten Personen.
Nummer 1:
"Der Schrödel Max" ist sicherlich noch vielen Kötztingern ein Begriff und sein plötzlicher Tod auf Grund eines Herzinfarktes auf dem Fußballplatz im so jungen Alter - von gerade mal 32 Jahren -,  und die tragischen Umstände dabei, waren ein Schock in der Stadt.

Max Schrödel, der Fußballfan



Für viel zu kurze Zeit auch Ehemann und Vater



Nummer 2:
Seine Mutter, eine geborene Schiedermeier, hatte den Lagerhausverwalter Max Schrödel geheiratet, dessen Familie aus dem Großraum Creussen in Franken stammte.


Anna Schrödel, geb. Schiedermeier

Anna und Max Schrödel



Seine Großeltern, Karl Schiedermeier aus Beckendorf und Anna Semmelbauer aus Haus, hatten in Kötzting zuerst das kleine Lebensmittelgeschäft an der Kreuzung Marktstraße/Herrenstraße betrieben, bevor sie sich das größere Haus in der Marktstraße leisten konnten.


Karl Schiedermeier, 

Dieses Haus in der Marktstraße erwarb das Ehepaar Schiedermeier und baute es aus.
Die nächste Generation - rückwärts - führt dann langsam zu unserer gesuchten Person. Die Schiedermeier-Seite läuft über Beckendorf nach Weißenregen und die Semmelbauer-Linie führt nach Haus.

Das Familiengrab der Schiedermeier (Semmelbauer) - Schrödel auf dem alten Kötztinger Friedhof





Als Karl Schiedermeiers Großvater - ebenfalls ein Karl - tauchte dann bei meiner Forschung plötzlich ein Name auf, der so gar nicht zu den bei uns im bayerischen Wald üblichen Namen passte: Lormier Vinzenz. Das Kind - eben Karl - erhielt aber den Familiennamen seiner Mutter, der ledigen Weißenregener Häuslertochter Theres Schiedermeier, obwohl er im Taufmatrikel noch als Karl Lorme auftaucht.

PfA Blaibach Band 8 Register
"Lorme Karol v. Playbach illeg. (Seite) 26 1846 31.März"


PfA Blaibach Band 5:
" Karl illeg.
Geburt: leicht, lebendig
Vater: Vinzenz Lorme, Inwohnerssohn von Eschlkam, kath.
Wohnort: Regen, derzeit Polizeidiener in Zwiesel
Mutter Schiedermeier Theres, Inwohnerstochter, kath
Geburtsort LG Kötzting, Blaibach
Zeitpunkt der Geburt:  31. März 10 Uhr Mittags, am selben Tag getauft durch den Kooperator Kaiser.
Taufpatin: Margaretha Millbäurin ledige Inwohnerin von hier.

Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Kindsvater weder bei der Geburt noch bei der Taufe anwesend gewesen war, nur so ist zu erklären, dass sein Status:" Inwohnerssohn aus Eschlkam" - wohl nach den Angaben der Kindsmutter - ins Taufregister gekommen war, auch sein Name wurde so geschrieben wie er ausgesprochen worden ist: "Lorme"

Bei der weiteren Suche nach dem Unbekannten half nun seine Berufsbezeichnung: Gendarm in Regen und Zwiesel; und dort wartete ein Überraschung auf mich.
Es gab im Stadtarchiv Ziesel einen Akt über den Mann, der voller Beschwerden über ihn war und einen Übergriff des Polizeidieners Lormier nach dem anderen auflistete.


Zwiesel den 6.06.1848

Schreiben wegen Entfernung des Polizeidieners Lormier von Zwiesel:

1.Auf Klagen des hiesigen Hutmachers: weil Lormier den Schuhmacher ohne mindesten Anlass
aus dem Hause des Joh.Ponholz ausgewiesen habe.  
2.Auf Klagen des Webers Lorenz Fussender wegen Schlagens seines Kindes 
3. Johann Pfannenstiel Melber und Anton Rankls wurden, weil dieselben bei einer abschüssigen Petroille nicht auf der Stelle gingen, von Lormier mit Ohrfeigen traktiert und aus dem Wirtshause gewiesen.


Landgericht Regen an den Magistrat Zwiesel : am 2.03.1848

.......zu erfahren welchen Weg ein Theil der Bürgerschaft im Verein mit mehreren Bürgersöhnen eingeschlagen hat, den Magistrat zur augenblicklichen Entlassung des Polizeidieners Vinzenz Lormier zu bestimmen. Es bedarf wohl keiner Erörterung, daß und warum diese Weise, sich eines Gemeindedieners , eines Polizeiorgans, zu erledigen, nicht gerechtfertigt werden kann.

Nachdem Zwiesel nicht dem Wunsche des Landgerichts Regen nachgekommen war, legte der Landrichter nach und benannte die Beschwerden als "Demonstrationen und Ruhestörung". Der Magistrat hätte diesen nie nachgeben dürfen.


28.03.1848

... hat der Magistrat aufzuklären ,warum er etwaige Ordnungswidrigkeiten des Polizeidieners nicht schon längst abgestellt habe, falls aber diese Voraussetzung unrichtig, dann ist sich weiter zu verantworten, warum dem Verlangen der Adressanten sogleich stattgegeben und nicht vielmehr durch den Magistrat die Adresse schon im Entstehen unterdrückt , den Unterzeichnern desselben die Ungesetzlichkeit  ihres Verlangens vorgehalten und dieselben nicht auf die gesetzlichen Folgen von derartigen Demonstrationen und Ruhestörungsversuchen aufmerksam gemacht worden seyen.

Zwiesel gibt hier nicht nach, bzw. geht nicht darauf ein und so, da keine keine Antwort von Zwiesel kommt, wird der ganze Vorgang vom Landgericht an die Regierung verwiesen und, siehe ad,  von dort kommt am 19.06.die Bestätigung der Kündigung mit dem Verweis an den Magistrat.
Um ihren unliebsamen Polizeibeamten nun auch ganz sicher los zu werden, stellte der Magistrat Zwiesel seinem geschassten Polizeidiener aber ein famoses Dienstzeugnis aus, mit dem sich der Herr sicherlich gut an anderer Stelle hatte bewerben können.
Erneut ist das Landgericht "not amused" und beanstandet dieses schäbige Verhalten des Zwiesler Magistrats.

...Wie endlich der Magistrat Zwiesel dem fraglichen Polizeidiener wegen dienstwidrigem Benehmens nach Beschluss vom 21.03. d Jahres entlassen und am nämlichen tage ihm das amtliche Zeugnis ausstellen konnte, daß derselbe während seiner Dienstzeit als Polizeidiener sich durch ordentliches und männliches Betragen, durch Treue und Fleiß ausgezeichnet habe und der besten Empfehlung würdig erschiene....konnte nur befremden. Solche Widersprüche müssen notwendigerweise das amtliche Ansehen herabzusetzen.

Es gibt einen Hinweis auf eine Anstellung als Polizeidiener in Zwiesel mindestens seit dem Jahre 1842.
Vinzenz Lormier, der Polizeidiener, verließ aber Zwiesel nicht, zumindest nicht für lange Zeit, denn am 7.1.1852 heiratete der die Zwieseler Hausbesitzerin Therese Moser und wurde so zu einem gut situierten Bürger Zwiesels. Mit dieser Heirat haben wir nun endlich die Herkunft des Zwieseler Polizeidieners, nun Hausbesitzers, lösen können:


Vinzenz Lormier, geboren am 7.4.1807 in Furth im Wald, ist der uneheliche Sohn des französischen Offiziers Martin Lormier aus Aitreville mit der Further Hausbesitzerstochter Barbara Hoppinger.

Nun, der nächste Schritt war also das Bischöfliche Zentralarchiv in Regensburg und die dortigen Pfarrmatrikel von Furth im Wald, wo sich auch der Geburtseintrag fand.
Im Heiratseintrag hieß der Geburtsort des Vaters "Aitreville", im Geburtseintrag "Etreville".
Im fraglichen Zeitpunkt befand sich Bayern im Verbund mit Napoleons Armee im Kriegszustand und ein Aufenthalt eines französischen Offiziers in der Grenzregion zum feindlichen Österreich war mehr als nur nachvollziehbar.
Diese Information habe ich seit September 1988 und das war einer meiner "toten Punkte" in meiner Familienforschung, ärgerlich aber eben nicht zu ändern.  

Die einzige Zusatzinformation, die ich noch herausfand, war, dass Barbara Hoppinger ungefähr 2 Jahre vorher schon einmal einen Sohn mit Namen "Vinzenz" geboren hatte, der aber nicht lange lebte. Der Vater damals war ein Passauer Soldat namens Stephan Kastl.

Etwas 10 Jahre später eroberte auch die Familienforschung das Internet und weltweit vernetzt, können nun viele Tools be- und genutzt werden, die bei der Suche halfen können. Selbst im gescholtenen Facebook mit seinem manchmal rüden Umgangston - vor allem in den Fachforen - erlebe ich ein permanentes Geben und Nehmen an Erklärungen und gegenseitigen Übersetzungen und Hilfen. (siehe meine eigenen Erfahrungen z.B. bei der Recherche für Susanne Kirschner)

Ich kann zwar kein Wort Französisch, aber die Suchmasken konnte ich ausfüllen, und so war schnell klar, dass der bei uns so unbekannte Familienname "Lormier" selbst in Frankreich nur eine überschaubare Verbreitung hatte.

http://www.geopatronyme.com: Häufigkeitsverteilung des Familiennamens "Lormier"

Auch wenn dieser Datenbestand nur einen Zeitraum ab 1891 umfasste, so wird doch deutlich, dass die Herkunft meines "Martin Lormier" die Normandie sein musste und es dort auch einen Ort mit diesem Namen, Aitreville, gab.
Das wars aber dann auch, und so ruhte die "Karteileiche" - ich habe sämtliche Ahnen, durchnummeriert nach Kekule, einzeln auf DINA5 Karteikarten in 17 Schubern im Regal stehen - seit Mitte der 1990er Jahre, und wenn sie nicht gestorben sind, so ruhen sie noch heute....

Bis im Herbst 2021, genauer am 23.9.2021 bei mir eine E-mail ankam:

"Guten Tag Herr Pongratz,

 In meinen Recherchen zum Dragonerregiment der kaiserlichen Garde Napoléons, habe Ich auf Ihre Webseite gesehen, dass ein Vinzenz Lormier am 7. April 1807 in Fürth-im-Wald geboren wurde. Der Vater soll ein französischer Offizier gewesen sein, namens Martin Lormier.

 

Im Dragonerregiment gab es tatsächlich ein Soldat Martin Lormier, geboren am 19. Mai 1782 in Intraville, Departement von Seine-Maritime. Als Kürassier im 12. Kürassierregiment nahm er Teil von der Kampagne in Preußen in 1806 und in Polen in 1807. Er könnte zwar wahrscheinlich der Vater von Vinzenz Lormier sein. Er wurde am 1. März 1813 Dragoner im kaiserlichen Dragonerregiment. Er wurde vom Dienst entlassen am. 20. November 1815 und Starb den 12.September 1852 in Eu, Seine-Maritime. Dekoriert mit dem Ehrenlegion am 3. April 1814.

In Anhang finden Sie eine ausführliche Biographie sowie eine Kopie von seine Dienstleistungen als Soldat.

Ich möchte Ihnen gerne fragen ob Sie weitere Informationen über Martin Lormier und Vinzenz Lormier haben, und ob Sie mir Kopien davon schicken können?

Es ist mein Acht ein Buch über das Dragonerregiment zu veröffentlichen, und dazu könnte weitere Details mir helfen.

Ich werde mir freuen von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüße,

Niels Stevnsborg"



Ich habe Herrn Stevnsborg meine Dokumente über den Polizeidiener Lormier geschickt und zuerst einmal jemanden gesucht, der mir seine Dokumente, natürlich auf Französisch, übersetzen würde.

Vermutlich wäre es auch mit Google-Translate gegangen aber es waren doch einige Ausdrücke, bei der ein menschlicher Übersetzer die Varianten abwägen konnte.


Hier zunächst die Originale aus Frankreich




Hier nun die Übersetzung des Lebenslaufes, wie sie der Autor zusätzlich übermittelt hatte:


Lormier, Martin (429), geb. 19. Mai 1782 in Intraville, Seine-Maritime, Sohn von Remy Lormier gen. Richard, Beruf Weber, geb. ca. 1749 in Intraville, gest. am 3. Juni 1820 in Intraville, verh. 26. Juni 1779 in Intraville mit Marie Anne Vépierre, geb. ca. 1755 in Intraville, gest. 16. Juni 1819 in Intraville.

Am 21. Januar 1797 in Dienst gestellt beim 12. Kürassierregiment. Am 1. April 1808 zum Gefreiten befördert. Am 17. Dezember 1809 als Gendarm beim 6. Geschwader der spanischen Gendarmerie und am 16. Dezember 1810 als Gendarm bei der 1. Legion der spanischen Gendarmerie.

Am 1. März 1813 zum Dragonerregiment der kaiserlichen Garde zugelassen und eingetreten als Dragoner, Registriernummer 1810, 4. Kompanie. Sein Zustand war: ein Meter 74 Zentimeter groß, ovales Gesicht, hohe Stirn, blaue Augen, wohlgeratene Nase, mittlerer Mund, rundes Kinn, braune Haare und Augenbrauen.

1815 hatte er die Personenkennziffer 429, 4. Schwadron, 4. Kompanie.

In 1804 und 1805 unternahm er Feldzüge an den Küsten, 1805 in Österreich, 1806 in Preußen, 1807 in Polen, von 1808 bis 1812 in Spanien und Portugal, 1813 in Sachsen, 1814 in Frankreich und 1815 in Belgien.

Am 18. Juni 1815 in Waterloo durch einen Schuss einer biscaïen (=große Muskete) verwundet.

Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion am 3. April 1814 mit der Nummer 3740 und bestätigt am 24. November 1814, erneuert am 18. August 1819 unter der Nummer 17227.

Am 20. November 1815 wurde in Saintes ein Dienstnachweis erstellt; er trat am 21. November 1815 unbeschränkten Urlaub an.

Er kehrte nach Seine-Maritime zurück und lebte in Glicourt, wo er eine Anstellung als Tagelöhner fand. Als Existenznachweis, wie dieses Schreiben bezeugt, das er an die Großkanzlei der Ehrenlegion schickt und um die Zahlung des jährlichen Trinkgeldes an bedürftige Legionäre bittet:

„Seiner Exzellenz, Monsignore der Großkanzler des Königlichen Ordens der Ehrenlegion. In Paris.

Lormier, Martin ehemaliger Dragoner der ehemaligen Garde, Ritter des königlichen Ordens der Ehrenlegion vom 24. November 1814 unter der Nummer 3740 2. Serie im Alter von 36 Jahren, im unbeschränkten Urlaub.

Monsignore,
er legt Ihnen dar, dass er keine andere Existenzgrundlage als die eines Tagelöhners hat, dass er für seine alten und gebrechlichen Eltern verantwortlich ist. Aus diesem Grund bittet er demütig seine Exzellenz, Monsignore, damit er in den Genuss des jährlichen Trinkgeldes käme, das seine Königliche Majestät bedürftigen Rittern gewährt.

Mit dem Gefühl der Ehre eines tiefsten Respekts, Monsignore, Exzellenz,

 Ihr sehr demütiger und sehr gehorsamer Diener.

Signiert: Lormier

Wir, Bürgermeister der Stadt Glicourt, zur Beglaubigung der Unterschrift von Sieur Lormier und zur Bescheinigung, dass der Inhalt der Erklärung andererseits echt ist und Vertrauen darin besteht. Im Rathausamt am 31. Oktober 1817.1 »

Verheiratet mit Marianne Daranty, geb. ca. 1785 in Arhan, Pyrénées-Atlantiques, gest. 7. April 1853 in Eu, Seine-Maritime.

Während seines Militärdienstes begegnete er Mitte 1806 auf der Durchreise durch Deutschland einer Frau, die am 7. April 1807 im bayerischen Furth-im-Wald, heute in Bayern, ihren Sohn Vinzenz zur Welt brachte. Der Sohn wird Polizist in Zwiesel, Oberpfalz, Bayern2.

Martin Lormier starb am 12. September 1852 in Eu, wo er Träger des nationalen Ritterordens der Ehrenlegion war.


Wir haben nun also in unserer Ahnentafel keinen Südfranzosen, wie es die Familiensage übermittelte, sondern einen Herrn aus der Bretagne, nicht aus Aitreville, nicht aus Etreville sondern aus Intraville.
Die dunklen, ja schwarzen, Haare in der Familie meiner Frau führten diese auf den ominösen Herrn aus Südfrankreich zurück. Nun stellt sich heraus, dass das Aussehen - und damit der Genpool - des Herrn Lormier eher dem eines Norddeutschen glich.

Einen Meter 74 Zentimeter groß, ovales Gesicht, hohe Stirn, blaue Augen, wohlgeratene Nase, mittlerer Mund, rundes Kinn, braune Haare und Augenbrauen. - 

Nachdem er erst 1808 zum Gefreiten befördert worden war, hat er bei der Werbung um das Further Bürgermädchen wohl ein wenig geflunkert und ihr einen Offizier vorgegaukelt.
Ich vermute, dass, ebenso wie eine Generation später, der Kindsvater bei Geburt und Taufe gar nicht mehr anwesend war und der Priester das eintragen musste, was die Kindsmutter noch vom Vater glaubte zu wissen.

Hier endet nun - wer weiß, vielleicht erneut vorläufig - die Suche nach unseren französischen Vorfahren und es ist für mich immer wieder frappierend, mit wie wenigen Generationen rückwärts man sich in einem ganz anderen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Umfeld sich befindet.
Hier also sind wir ganz ruck-zuck in den Napoleonischen Kriegen.


Montag, 1. November 2021

Glossar



Glossar



hier sollen im Laufe der Zeit Begriffe erklärt werden, die in den einzelnen Artikeln benutzt werden und die für das Verständniss der Bedingungen in früherer Zeit wichtig bzw. notwendig sind. Diese Liste wird im Laufe der Zeit immer fortgesetzt

Plan der alten Turnhalle in Kötzting um 1930


 




 




Alleinehüten
Das sogenannte Alleinehüten der eigenen Tiere war von Staats wegen für alle Bewohner des Landes Bayern unter strenge Strafe gestellt und dieses Vergehen wurde auch regelmäßig geahndet und bestraft. Da die Amtspersonen, dem Brauch der Zeit entsprechend, von den Gerichtsstrafen und Gebühren einen persönlichen Anteil erhielten, wurden die Feldfluren auch sehr intensiv beobachtet. 

  




 


Alte und Neue Hausnummern in Kötzting

Kötztinger Zeitung vom Juni 1950





Amtsgefängnis

Zitat aus dem Buch Kötzting 1085-1985 Seite 148 Beitrag von Wolfgang Kerscher:
Schon 1817-1820 war ein Gefängnis als "Fronfeste" auf einem ehemaligen Klostergrundstück in der damaligen von-Schacky-Str, heute Krankenhausstraße erbaut worden. Es enthielt neben Wohnungen 10 Zellen im 1. Obergeschoß mit immerhin 7 - 15 qm Fläche. Zum 1.1.1949 wurde das Gefängnis geschlossen und an Justizbedienstete vermietet. Seit Frühjahr 1961 dient das umgebaute Gebäude dem Staatlichen Gesundheitsamt. 
Eine kleine Korrektur: ich meine, dass die Fronfeste als Ersatzbau für das alte Amtshaus auf dem Gelände des ehemaligen Widtums erbaut worden ist, das sollte damit aber ein Grundstück der Pfarrei Kötztings gewesen sein. das Widtum in Kötzting war der bauernhof des Kötztinger Pfarrers. Der Widtumbauer war kein Bürger Kötztings und das Widtum lag auch ausserhalb der Marktbefestigung.
Näheres zum Vorläuferbau der Fronfeste, dem sogenannten Amtshaus, siehe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham Band 19 von 2002









Birkenberg
ein Form des Niederwaldes, meistens dem Hochwald (=Schwarzwald) vorgelagert. Diente zumeist als Waldweide und Fläche um daraus das Einstreu für das Vieh im Stall einzubringen. Durch regelmäßigen Schnitt hinunter auf den Stock einem idR 6-7 jährigen Turnus wurde diese Fläche als Lichtwald dauerhaft erhalten.
Aufgrund des zügigen Umtriebs waren es fast ausschließlich Laubgehölze, die in den Birkenbergen heranwuchsen. Durch die permanente Entnahme von Laub zum Einstreu und als Notfutter, verarmten die Boden immer mehr und enthielten eigentlich nur noch Pioniergehölze, die auch mit schlechtesten Bedingungen klar kamen. 
Birkenberg bei Kettersdorf
















Braurecht:

nur die (männlichen) Besitzer der Kötztinger Marktlehen hatten lt. Freiheitsbrief das uneingeschränkte Recht im Kommunbrauhaus zu Brauen und das Bier dann im eigenen Hause auszuschenken. Die Söldner hatten diese Recht nur eingeschränkt, das heißt sie durften nur die Menge brauen lassen, die sie zum eigenen Verzehr benötigten. Die Häusler durften erst gar nicht brauen lassen.

CSU in Kötzting

Christlich soziale Union, wohl im Spätherbst 1945 in Kötzting gegründet, da noch im Dezember 1945 die Wahllisten eingereicht worden waren. Nannte sich damals noch Christlich Soziale Vereinigung. Ein genauen Gründungsdatum ist nicht bekannt. Nach der von den Besatzungsmächten initiierten Kommunalwahl kam es dann zum Parteizusammenschluss auf Landesebene.

 

 










Freiheitsbrief
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken. [1]
 Weiter heißt es dann:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.


ganzer Bauer

die Bauernhöfe in den Dörfern wurden nach einem sogenannten Huffuß versteuert. Es gab somit einen - auich im Sprachgebrauch und innerhalb von Dokumenten - ganzen, halben und Viertelbauern. Der ganze Bauer (1/1) und der halbe Bauer (1/2) wurde umganssprachlich auch normal als Bauern un deren Kinder als Bauernsöhne und Bauerntöchter angesprochen. Mit dem Viertelbauern begann der Bereich der Söldner, 1/4 und 1/8 Höfe und auch Söldnerssohn, Söldnerstochter.
Nach den Söldnern kamen in der Steuereinteilung dann die Häusler (1/16 und 1/32)
Im Markt Kötzting entsprach die Einteilung Marktlehner - Söldner - Häusler.
Nur der Hoffuß war für die Höhe der (staatlichen) Steuer ausschlaggebend, es war egal, ob der Besitzer gut oder schlecht wirtschaftete.
Anders war dies beim Zehent, hier wurde der steuerliche Anteil an der Höhe der Ernte gemessen.




 






die Niedere und die Hohe Gerichtsbarkeit


Vorausgeschickt muss hier werden, dass man in den alten Tagen nicht einfach ein Untertan/Bewohner des Kurfürstentums Bayern war, sondern es unterschiedliche Grundherrnverhältnisse gegeben hatte. Solch ein Grundherr  konnte tatsächlich der Kurfürst mit seinen Regierungen in München, Landshut, Straubing und Amberg sein,  dies traf bayernweit aber nur ungefähr auf 1/3 der Bevölkerung zu. Die restlichen 2/3 der Bevölkerung hatten Hofmarksherren (Adels- oder Klosterbesitz  z.B. Runding und Blaibach für die ersteren und  Grafenwiesen und Grub als Beispiel für die zweite Möglichkeit).
In manchen Dörfern gehörten die einzelnen Bauernhöfe zwei, drei oder mehr unterschiedlichen Grundherren an. Spitäler, Klöster und Kirchen konnten weitere Beispiele für Grundherren sein.  
Nur die Hofmarken in Adelsbesitz und die Bürgermeister der Städte und Märkte durften über ihre Untertanen auch selber zu Gericht sitzen einschließlich solcher Rechtsgeschäfte, wie es heutzutage bei einem Notar gemacht werden würde. Man sprach hier von der "Niederen Gerichtsbarkeit". Die anderen Grundherren mussten sich einer staatlichen Aufsicht unterwerfen und einen eigenen Probstrichter bestellen - bei uns zumeist in Personalunion der Landrichter.
Auch heutzutage werden Straftaten ab einer gewissen "Gewichtigkeit" nicht mehr vor einem kleinen Amtsgericht sondern bereits in höherer Instanz verhandelt. Bis herein ins 19. Jahrhundert wurde eben zwischen einer "Niederen" und Hohen" Gerichtsbarkeit unterschieden.

Wer die Niedere Gerichtsbarkeit besaß, konnte über seine  Untertanen zu Gericht sitzen, wenn es sich um genau definierte Fälle von geringer Wichtigkeit handelte.
Darunter fielen zum Beispiel Beleidigungen (ohne Fluchen), kleine Raufereien (Ohne Waffen und ohne dass Blut geflossen sein darf), Leichtfertigkeiten (un- oder vorehelicher Geschlechtsverkehr) und Weidestrafen, um nur einige zu nennen.
Auch Fürkaufstrafen, also ein heutzutage geförderter Einkauf direkt auf einem Bauernhof, wurde wegen der Umgehung des Markplatzzwanges verfolgt.
Die ausgesprochenen Strafen bewegten sich im Bereich einiger Kreuzer bis weniger Gulden und nur in Fällen der "Unvermögenheit" wurden Arreststrafen ausgesprochen. Solch ein "bürgerlicher" Arrest dauerte eigentlich nie länger als 4-5 Tage. Der Markt hatte seinen eigenen Pranger an der Rathausaußenwand und auch eine Geige und Stock strafe wurde angewandt.

Bereits bei Beleidigungen von Handwerksmeistern untereinander endete die Kompetenz dieser untersten Instanz und es musste vor dem Pfleggericht verhandelt werden.
Dieses Pfleggericht sprach natürlich auch Recht nicht nur in Fällen der Hohen Gerichtsbarkeit für sämtliche Untertanen Altbayerns , sondern verhandelte auch die "niederen" Fällen für seine eigenen Untertanen. (nur 1/3 der Bevölkerung s.o.)
Auch das Pfleggericht unterschied grundsätzlich zwischen "Strafen und Wändeln" auf der einen und "Prozesse gegen Malefizpersonen" auf der anderen Seite.
Die Aufgabe des Richters in den ersten Fällen war nicht nur Recht zu sprechen und eine Strafe festzulegen, sondern auch den Schaden wieder gut zu machen, also zu wandeln.
Viele Gerichtsprotokolle enden am Ende des Beschlusses mit der Aussage des Richters, das er nun den Kläger und Beklagten wieder zu "Gueten Freunden" erklären würde.
Beleidigungen oder Schläge wurden durch deine Geldstrafe "gewandelt".
Auch hier wurde nur in Fällen einer "Unvermögenheit" eine Arreststrafe ausgesprochen.
Auch Pranger,  Geigen- und Stockstrafe kamen nur in Anwendung, wenn eine Zahlung nicht geleistet werden konnte. Leichtfertigkeiten wurden hier allerdings anders behandelt, die Strafen waren exorbitant hoch im Vergleich zu den üblichen Strafen, was aber auch im Codex vorgeschrieben war.
Interessant bei vielen Prozessen ist auch das Prozedere, WIE und vor Allem WO ein Verhafteter an den Kötztinger Amtmann übergeben wurde. Es gab offensichtlich genau festgelegte Stellen an den jeweiligen Gebietsgrenzen, an denen solch eine Übergabe durchgeführt wurde.
Ein pfleggerichtischer Amtmann konnte also nicht einfach in ein hofmärkisches Gebiet als Amtsperson hineinmarschieren um einen Verhaftung vorzunehmen bzw. um einen bereits Verhafteten abzuholen.

 








Gschwandhof

der Gschwandhof in Kötzting lag ausserhalb der Marktbefestigung und zählt zu einem der vier Kötztinger Urhöfen. Der Gschwandhof war ein Marktlehen und hatte im Zellertal selbst zwei Afterlehen, Bauernhöfe also, die dem Besitzer des Gschwandhofes abgabenpflichtig waren.
In früheren Zeiten oft in Händen von adeligen Besitzern, wurde es um 1700 vom Stiefgroßvater Luckners zum Gesamtkomplex der Familienfolge  Billich - Krieger -  Luckner - Poschinger - Schrank, nun Haus des Gastes hinzugekauft. Er blieb bis zum Ende des 19. Jahrhundert im Familienbesitz und wurde danach Krankenhaus und Josephsheim und ist nun Heimat der ersten Klinik für traditionelle chinesische Medizin in Kötzting, kurz TCM.


Besitzer auf dem Gschwandhof in Kötzting


Der Gschwandhof war einer der vier Urhöfe Kötztings. Bei der Aufteilung des Gschwandhofes bei der Marktgründung entstanden aus dem Besitz des Gutshofes all die Marktlehen, die aufwärts gesehen an der linken Marktstrassenseite standen[1]. Die dem Hof verbliebenen Gründe wurden dann 1505 weitestgehend abgetrennt. Heute beherbergt das Gebäude die sogenannte TCM- Klinik, die Klinik für traditionelle chinesische Medizin




1462                 Gschwandhof  1/2 oed Lehen und 2 Thaile        KL Rott 111      
1505                 Wirt Jakob Bürger  verkauft an den Staat           BL 94                                    
1505                 Zöhelen Jakob als Lehen vom Landesherrn[2]
1584                 Yettinger Hans                                                            KL Rott 110
1630                 Rosenhammer  Mathias                                              KL Rott R1
1638                 Rosenhammer Mathias Erben                                       KL Rott R1
1647                 Sinzl Hans Georg                                                         Reg SR A 4211
1661                 Perr Hans                                                                    KR Kötzting 1661
1650                 Poxhorn Georg, Bürger                                    KL Rott B1
1650                 Prantl Ander Hammerschmied Stifter
1667                 Dengscherz Georg                                                       KL Rott R2
1706                 Dengscherz Hans                                                        BP Kötzting 3
1706                 Hofmann Martin
1710                 Krieger Hans                                                               BP Kötzting 5
1711                 Raab Jakob Stifter                                                      Rechnungen K
1737                 Schall Johann Stifter                                                    Rechnungen K
1737                 Luckner Samuel                                                           BP Kötzting 13
1738                 Widtmann Hans Adam ehem Marktmüller Stifter BP Kötzting 13
1750                 Rössler Kaspar, Stiftwirt                                              BP Kötzting 16
1750                 Kollmeier Michael Stifter
1784                 Wöhrl Ander Stifter
1811                 Schrank Johann Georg           
1828                 Schrank Ignaz


[1] BayHStA Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B2  von 1654 Seite 58 : Georg Poxhorn hat den Gschwandhof, von welchem der dritte Thaill deß Marckhts genommen worden, ligt die Behausung Stadl und Stallungen negst dem Churfüstl: Schloß und Zehentstädeln.
[2] BayHStA Ausw. Staaten Böhmen Lit. 94  die zum Gschwandhof gehörenden Grundstücke wurden abgetrennt und der Kirche Kötzting als Besitz zugeschlagen, so zum Beispiel die großen Wiesen in der oberen Au, im Genskragen und in der Angerwiese. Beim Gschwandhof verblieben nur das „Haws, hoffstat und ein stadel mit sambt ainem Lehen, das in die drew velld drey äcker hat, die gelegen sein im Marktfeld, auch ainen Krautgarten bey dem Weg gen Grueb und ain Wissfleckel“ .
 



 







 Häusler, siehe Freiheitsbrief, siehe ganzer Bauer
Die (Leer)Häusler im Markt Kötzting  hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewohner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem Haus ausüben. Sogar die Viehhaltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern zu Verfügung standen. Da es ja die Eigenheit deines Hausanwesens war, eben keinen Grund und Boden zu besitzen, hätte ja ein Häusler sein Tierfutter nur illegal besorgen können, unter die Gemeindeherde auszutreiben war ihm ebenfalls untersagt.
Auf den Dörfern war ein Häusler ebenfalls eine steuerliche Größe.
Hier begann der Häusler bei einem Hoffuß von 1/16 bis 1/32. Auf vielen Dörfern war es Häuslern allerdings erlaubt - anders als im Markt Kötzting, wo die Marktlehner ein Vorkaufsrecht hatten und es auch ausübten - ein frei verkaufbares Grundstücke zu erwerben.







  Innerer Rat
der Innere Rat im Magistrat Kötzting bestand aus 4 Mitgliedern. Die inneren Räte 
stellten abwechselnd den Amtskammerer.
  
Inwohner
Schlechter gestellt als die Bürger  waren die sogenannten Inwohner, die am besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die  Alteigentümer der Anwesen nach der Übergabe zu rechnen. Der sogenannte Leibtümer, vorher möglicherweise ein stolzer Kötztinger Marktlehner, verlor also alle seine Bürgerrechte im Moment der Übergabe an den Übernehmer oder Käufer und fand sich am unteren Ende der Sozialleiter wieder.
Auch die Be3amten des Pfleggerichtes waren in Bezug auf den Markt Kötzting, so sie nicht zufällig auch ein Anwesen besaßen, nur Inwohner und hatten kein Bürgerrecht, auch der Pfarrer übrigens nicht.

Italiener in Kötzting

bedingt durch den sogenannten "Schwedeneinfall" 1633 beginnen viele Kötztinger Archivalien erst nach dieser Zäsur. Aber auch in den wenigen Akten, die wir aus anderen Archiven aus der Zeit vor diesem verheerenden Stadtbrandt haben, tauchen bereits Hinweise auf italienische Mitbürger auf,  also nicht Mitbewohner sondern volle Bürger mit Hausbesitz und Bürgerrecht. So kennen wir aus dem Ende des 16. Jahrhundert einen Maurermeister, der in den Rechnungsbänden des Pfleggerichtes wahlweise als "welscher Mauerer" bzw. "Maister Christian" benannt wird.
Ende des 17. Jahrhunderts erhält ein italienischer Kramhändler mit Namen Türanck das Kötztinger Bürgerrecht, ein Zweig dieser Familie ist auch in Neukirchen beim hl. Blut ansässig. Eine langjährige Tradition italienischer Kaufleute finden wir auf dem heutigen Anwesen Voithenleithner.  Ganzini und Fabrici sind die überlieferten Namen dieser italienischen Familien.
Eine Erinnerung an Johann Baptist Fabrici  ist die Marienstatue, die heutzutage vor der St. Anna Kapelle in der Kirchenburg steht.


Kammerer
Was in anderen Märkten und Städten der Bürgermeister war, wurde in Kötzting "Kammerer"
genannt. Die vier inneren Räte vergaben untereindnder wechselnd  im Halbjahresturnus das Amt des "amtierenden Kammerers" und das des "Vicekammerers". Anders als heutzutage war ein Kammerer bzw. Bürgermeister allerdings nicht nur Chef einer Verwaltung sondern auch, um mit heutigen Worten zu sprechen, Polizeichef, Bauleiter, Richter und Steuereinnehmer.

 





Leikauf
Sogenanntes Drangeld, Aufgeld auf den eigentlichen Kaufpreis eines Objektes, oder beim Viehkauf. Erst die Bezahlung des Drangeldes machte einen Verkauf rechtsgültig. Sehr häufig wurde der Leikauf dann anschließend bei einer Einkehr verzehrt, wobei der Käufer die Zeche zu bezahlen hatte.


 







Marktlehner siehe Freiheitsbrief
 Im Freiheitsbrief wird die Aufteilung des Marktes bei seiner Entstehung dokumentiert.  Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teilen.  Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen, und nur  diese, die Erlaubnis im Kommunbrauhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Über 700 Jahre lang stand der Begriff Marktlehner für eine privilegierte Bürgerschicht in Kötzting. Ursprünglich hatten wohl auch nur die Marktlehner das Recht der freien Handwerksausübung. Um hier keinen Wildwuchs aufkommen zu lassen und um ein einträgliches Miteinander im Markt zu ermöglichen, ist es wohl dann im Verlauf der Jahrhunderte zu Einschränkungen der Handwerksausübung gekommen, so dass eine genau festgelegt Anzahl z. B. der Bäcker und Metzger niemanden zu sehr belastete.
Die Marktlehner (und Söldner) konnten Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten, auch bereits verbrieften, Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen. Sie hatten ein Einstands- bzw. Vorkaufsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz im Magistrat und in den Ausschüssen beeinflusste, waren  die Marktlehner dort  sehr stark überrepräsentiert.




reverendo, manchmal auch s.v.
mit Verlaub, dieser Ausdruck wird in Schriftsätzen benutzt wenn von unanständigen oder stinkenden Dingen die Rede ist, also wenn es um Tiere, Schmutz, Kot, Unterwäsche oder um Nacktheit geht


 







Söldner, allgemein siehe Marktlehner und ganzer Bauer
Die Söldner im Markt Kötzting dagegen hatten das Braurecht der Marktlehner nur eingeschränkt, das heißt, Söldner durften nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr), das Schankrecht besaßen die Söldner überhaupt nicht.
Die Hofgröße war in der Regel auch kleiner als bei den Marktlehnern
Für Söldner auf den Dörfern siehe: ganzer Bauer


Stadtbrand von 1867

in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni ca gegen 23.oo Uhr brach in einem Hintergebäude des brauenden Bürgers Amberger (heutzutage die Gastwirtschaft Dreger) Feuer aus. In kürzester Zeit fraß sich das Feuer über zahlreiche Feuerbrücken bis hinauf zum Torplatz und bis hinunter zu dem Bereich der heutigen unteren Marktstraße, dort wo jetzt die Firma Oexler ist. Allerdings hat es damals diese Straße nicht gegeben. In diesem Ortsteil stand unter anderem die Wuhn und das Bürgerspital, beide wurden ein Opfer der Flammen. Als Lehre aus dem erneuten verheerenden Brand wurden beim Wiederaufbau Brandschneisen gelassen, d.h. mehrere Anwesen wurden nicht wieder aufgebaut und der Straßenverlauf wurde an manchen Stellen geändert.


[1] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29