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Sonntag, 9. März 2025

Der Holledauer Fidel

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

Unsere Bildersammlung ist die eine wichtige Quelle für diesen Blog, eine andere sind die Tageszeitungen Kötzting, seit 1900 der Kötztinger Anzeiger und seit 1928 die Kötztinger Zeitung. Die Erste überlebte das Dritte Reich nicht und die Zweite erschien nach einer kurzen Pause nach dem Krieg wieder in unveränderter Form. Als zweite Zeitung kam dann sogar etwas früher die Lokalausgabe der Mittelbayerischen Zeitung, die Kötztinger Umschau hinzu.

Bei der Erarbeitung des Materials für die Jahreschroniken 1925 und 1975, also kurz für Kötzting vor 100 bzw. vor 50 Jahren fielen mit zwei Artikel auf, die nicht nur im Abstand von 50 Jahren das gleiche Thema bearbeiteten, sondern sogar aufeinander Bezug nahmen. Dies stellt für mich einen bisher einzigartigen Fund dar, von dem ich hier berichten möchte.

Den Anfang dieses besonderen Fundes war ein Zeitungsbericht - geschrieben von der Chefin selber, Frau Renate Serwuschok - in der Umschau vom April 1975, der auf die bevorstehende Aufführung des Singstückes "Der Holleduaer Fidel" durch das Südostbayerische Städtetheater in der Jahnhalle verwies und auch in dem Vorbericht bereits hervorhob, dass es die Kötztinger selber gewesen waren, die dieses Stück vor gut 50 Jahren aufgeführt hatte.


In ihrer Titelzeile schrieb Frau Serwuschok, dass es zwar nur "spärliche Dokumente", jedoch viele "lebhafte Erinnerungen" an die Aufführung des MGOV gäbe. Eine Aussage zur Dokumentenlage, die sicherlich für 1975 korrekt ist. Sie konnte aber noch Zeitzeugen befragen, die uns heute nicht mehr zur Verfügung stehen. Und einer davon - der früher sogar Teil des Kötztinger Orchesters gewesen war - war Franz Wensauer, der zusammen mit dem Bader August Hofner viel zu erzählen wusste.

So konnte Frau Serwuschok viele Details von den Zeitzeugen erfahren:





Was mit hier besonders gefällt. ist die "Reaktion" des Publikums, die ähnlich wie heutzutage bei der "Rocky Horror Picture Show", Teil der Aufführung geworden waren.

Nun aber zurück zu meinen Recherchen. Franz Wensauer war sich nicht mehr ganz sicher, ob es 1923 oder 1924 gewesen sei, als er Teil der Aufführung gewesen war. Beide Jahresausgaben des Kötztinger Anzeigers haben sich in München erhalten, weshalb es nicht schwer gewesen war, das richtige Datum herauszufinden.
Zunächst jedoch gilt es die Entwicklung des Kötztinger MGOVs vorzustellen, die sich damals von Aufgabe zu Aufgabe steigern konnten und deren damaliger künstlerische Aufschwung eben mit diesem Singspiel begonnen hatte, der sich bis zur Aufführung einer kompletten Operette im Jahre 1925 dann steigern noch weiter konnte. 
Aus diesem Grund hier zunächst die Rezension einer Operette, in der der Reporter 1925 den Bogen vom Holledauer Fidel des Jahres 1923  bis zu dieser Operette schlug.



Hier die komplette Besetzung beim Singspiel von der "Winzerliesl", der Kötztinger MGOV also in seiner Großbesetzung. Schön zu sehen und ein weiterer Beweis für seine gute Integration im bürgerlichen Kötzting ist die Mitgliedschaft der Julius Kirschner im Orchester.
Im Zeitungsartikel befindet sich eine bessere Personenbeschreibung der dargestellten Personen, als wir sie selber in unserer Sammlung haben. Wir haben das bessere Bild aber Frau Serwuschok hatte eine bessere Beschreibung. 
1. Reihe v.l. N.N., Michael Herre, Kooperator , Franz Liebl,Lehrer Weiß, Hermannsdorfer, Franz Wensauer, Andreas Krämer
2. Reihe v.l. Sperl Schorsch, Albin Klingseisen, Rösch, Fuchs, Siertle, Georg Schmidl, Frl Lukas, Alfons Liebl, August Hofner, Julius Kirschner, Franz Kulzer, Franz Heigl
3. Reihe: Zenta Zeuner, Gretl Lesßzkeur (verh. Lautenschlager), Käthe Schmidl, Frau Forster, N.N., Maria Praller, Rudi Michl, Klara Tethbauer, F. Kaffka, Greisinger, Elise Waldmann, N.N., Gretl Hofner
4. Reihe: Pleyer, Bindl Franz, Amalie Heigl (verh. Mehringer, Gendarm, Lina Hörauf verh Wolf, Fritz, N.N., Mädchen mit Kranz, Josef Dittrich, N.N., N.N., dahinter Amor Tochter des Marktschreibers Forster.
Die Winzerliesl war die Großproduktion des Jahres 1924 und aufgeführt wurde sie vom 1. FC Kötzting, was ebenfalls wieder den Bogen zu Julius Kirschner schließt, den man mit Fug und Recht als den damaligen "Mr. FC Kötzting" bezeichnen könnte.


Nun aber zu dem historischen "Dokumenten", die sich von der Kötztinger Aufführung des Holledauer Fidels erhalten haben:
Im Februar, noch unter den Spätwirkungen der Hyperinflation leidend und aus Solidarität mit den Bewohnern des Ruhrgebietes, lud die "Deutsche Wacht", eine patriotische überparteiliche Vereinigung, in den Januelsaal, zur Vorführung des Singspiels von der Holledauer Fidel.
Der Eintrittspreis - ganz war die Inflation noch nicht abgeklungen - betrug stolze 500 Mark. Das Zeitungspapier war teuer und die Druckerschwärze ebenfalls, was man der Druckqualität der damaligen Tageszeitung auch ansah.



Und dann der Bericht über die Premiere:



Wie sich Franz Wensauer richtig erinnerte, musste die Aufführung mehrfach wiederholt werden und, wie im einleitenden Bericht erwähnt wurde, war es für das Publikum und die Darsteller ein Vergnügen gewesen, da sich sogar aufeinander reagierten.



Und nun noch einmal zurück zum Anfang und zum Bericht der redaktionsleiterin Frau Serwuschok, die ihre Rezension der 1975er Aufführung fast im Stile ihres Scheinwerfers entwarf und am Ende es erneut schaffte den Bogen von 1925 nach 1975 zu schließen.
Die gebundenen Tagenszeitungsbände lassen leider ein verlustfreies Kopieren von Inhalten, die nahe der Buchbindung sich befinden nicht zu.
KU von 1975
Das NB - Nota Bene - hier nun ganz groß.

 Nicht nur für Haymo Richter gab es ein überraschendes Treffen, sondern die Ehefrau des erwähnten Kreisbaumeisters Hermann Seilers war Ida, die Schwester Julius Kirschners, die anders als die Familie ihres Bruders die Naziherrschaft überleben konnte.
Ich schließe mit den Worten von Frau Serwuschok: "Man möchts wirklich nicht glauben!!!! 



Donnerstag, 6. März 2025

75 Jahre Skiabteilung im TV-Kötzting

In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtägen, Bällen, und vor allem mit Menschen.

Im März 1975 feierte die Skiabteilung des Kötztinger Turnvereins sein 25jähriges Jubiläum und kann somit in diesem Jahr auf stolze 75 Jahre zurückblicken. 
Hier die Bilder der Jubiläumsfeier und die Ergebnisse des ebensolchen Skirennens vor 50 Jahren aus den Exemplaren der Kötztinger Umschau vom März und April 1975.


Die Skiabteilung feiert ihr Jubiläum

Hier zunächst die Zusammenfassung der Anfänge des Kötztinger organisierten Skibetriebs nach dem Kriege. 




In einer großen Feierstunde wurden die "Gründungsväter" geehrt und ausgezeichnet und Josef Iglhaut -Senigl - berichtete von den Schwierigkeiten und den Herausforderungen in der Anfangszeit.
Die Bilder und der Artikel von dieser Jubiläumfeier stammen von einem Reporter mit dem Kürzel "krs"
Josef Iglhaut

Josef Iglhaut und Bürgermeister Karl Seidl

Josef Iglhaut und Betz Erich

Der Kreis der Geehrten.
V.l. Rudi Wanninger- Xaver Zach - Theo Heigl - Barth Schorsch - Ludwig Eckert- Marianne Kretschmer - Georg Pongratz - Sepp Iglhaut - Hans Wanninger -  Martin Müller - Willi Bergbauer


Hier der Bericht über die Jubiläumsfeier vom 17.3.1975 aus der Kötztinger Umschau. Immer wieder kommt in den Berichten  - neben Sepp Iglhaut, Martin Müller und Hans Wanninger - auch der Name Heinrich Huber vor, der für die technischen Einrichtungen zuständig gewesen war. Viele unter uns - halt die Älteren - werden sich noch an den kleinen Schlepplift erinnern können, den Heinrich Huber manchmal auf dem Gehsberg vor sich hin tuckern ließ.



Am selben Wochenende wurde dann am Arber die Kötztinger Stadtmeisterschaft organisiert und der Bericht über diese Rennen und die Ergebnislisten sind gespickt mit Namen, die wir auch heute noch alle kennen. Diesmal kommt das Material von einem Reporter mit dem Kürzel "kse".

Sepp Iglhaut Stadtmeister 1975

Carolin Eckert, die Stadtmeisterin von 1975





Im April 1975 kam es dann noch zur großen Siegesfeier.
Ein Paar Ski für die frischgebackene Stadtmeisterin Carolin Eckert

Ich denke der junge Gewinner hier war Barth Schorsch


Den Pokal des Stadtmeisters erhielt Sepp Iglhaut aus der Hand des Bürgermeisters Karl Seidl

Vom Kötztinger Maler August Philipp Henneberger gabs dann auch noch ein Bild für den Stadtmeister
Das Geschenk Hennebergers für Sepp Iglhaut



Hans Wanninger, auch ein Gewinner in seiner Altersklasse

Das Gruppenbild der Sieger bei der Stadtmeisterschaft 1975
Dank an Sepp Barth für die Aufschlüsselung des Bildes:



1 Hans Dachs

2 Hans Wanninger

3 Robert Wanninger

4 Anita Eckert

5 Josef Iglhaut

6 Birgit Eckert

7 Carolin Eckert

8 Margot Eckert

9 Irmgard Aschenbrenner

10 Marion Zach

11 Gerhard Iglhaut

12 Sepp Barth

13 Georg Pongratz

14 Georg Barth


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Montag, 3. März 2025

100 Jahre Jahnhalle und 100 Jahre Leichtathletikabteilung des Kötztinger Turnvereins

 

Kötzting bekommt eine Turnhalle 



Am 5. März 1925 erfolgte der Startschuss; der Kötztinger Turnverein mit seinem umtriebigen Vorstand Liebl an der Spitze lud ein und stellte dabei sein zukünftiges Hauptprojekt der Öffentlichkeit vor.   Danach ging es Schlag auf Schlag, so dass noch im selben Jahr die Hebefeier stattfinden konnte.
Wer mehr über die Geschichte des heutigen Jahnplatzes und den Bau und die Fortentwicklung der Jahnhalle erfahren möchte: >>>>>>> Der Jahnplatz und die Jahnhalle<<<<<<<<<<


Auch der Kötztinger Marktgemeinderat unterstützte die Planung.









Wie in dem Artikel bereits ausdrücklich erwähnt ist, fehlte es hinten und vorne an Geldmitteln, weshalb von Anfang an auf die Mithilfe und die Geldmittel der Kötztinger Bürger appelliert wurde.
Es blieb nicht bei dem Appell. Gleich zu Beginn wurden ganz konkret Spenden- und Hilfsaufrufe  gestartet. Den Anfang machte ein Vortragsabend gestaltet von Eugen Hubrich mit seinen eigenen Texten.


Der Veranstaltungsort, die Klosterschmiede, ist die frühere Metzgerei Schoierer.

Aufmerksam waren die Kötzting auf diese Möglichkeit durch einen Abdruck eines Artikels in der Geislelhöringer Zeitung geworden, die von einer Lesung des gebürtigen Kötztingers berichtete.

Wie notwendig solch eine allwettertaugliche Übungs- und Veranstaltungshalle war, sieht man an der folgenden Bekanntmachung, in der zum Üben in die Toreinfahrt des Schlossers Liebl eingeladen wurde.



Im Mai dann der nächste Aufruf mit der Bitte um tatkräftige Unterstützung, verbunden mit dem Dank an die bisherigen Helfer.



Nachdem der schlichte Aufruf um Hilfe in der Zeitung wohl nicht ausreichende Resultate erbracht hatte, zündete  der Turnverein die nächste Stufe und begann mit einer Haus-zu-Haus Sammlung mit einer Unterschriftenliste.

Da sich die Baumaterialien auf dem Bleichanger - der damals ja einsam und allein vor den Toren Kötztings lag - häuften, galt halt auch das Motto: " Gelegenheit macht Diebe" und dem galt es vorzubeugen.

Natürlich war der Bau und die rund herum lagernden Baumaterialien ein Problem für den Spielbetrieb des 1. FC Kötztings, der dies jedoch relativ gelassen auf sich zu kommen ließ, um dann umso energischer eingreifen zu können, wenn es die Situation der Baustelle denn überhaupt zuließ.




Im August war es dann soweit, der Dachstuhl konnte gehoben werden und die Hebefeier stand an.


DIA-Repro 3459 Der Hallenbau nach der Hebefeier

Das Bild hält vermutlich ein ganz besonderes Ereignis fest, das im Zusammenhang mit der Hebefeier veranstaltet wurde, den Hermannslauf, einem Stafettenlauf durch die Straßen Kötztings..

Hier das Ergebnis des Stafettenlaufes:






Ein weiterer Artikel im August über den Turnverein lässt wieder einmal tief blicken auf die ewige Konkurrenz zwischen Viechtach und Kötzting. Die Viechtacher weihten in diesem Monat bereits ihre neue Turnhalle ein, hatten ziemlich sicher mit dem Bau bereits im Jahre 1924 begonnen, was dann den Kötztingern keine Ruhe ließ und dann in diesem Jahr versuchte - wenn auch ohne genügend Eigenmittel - es den Nachbarn unbedingt nachzumachen. Ähnliches passierte mit dem Antrag zur Stadterhebung 1952 und dem Bau einer Realschule und, und, und, und.


Bei der Organisation des Turnhallenbaues und der Finanzierung gab sich der Kötztinger Turnverein ganz modern und der Zeit angepasst. Umso mehr fällt eine Klarstellung des Vereins aus dem Rahmen, den er im September in der Zeitung einrücken ließ:   Sportlerinne mit einer "Bubikopffrisur" solle die  Aufnahme in Turnvereine verboten werden. 

100 Jahre Leichtathletikabteilung des Kötztinger Turnvereines 



Am Ende dieses Beitrags über den Kötztinger Turnverein noch ein weiterer 100 jähriger Geburtstag und zwar der der Leichtathletikabteilung des Turnvereins.
Der oben angeführte Staffellauf anlässlich des Hermannstages war bereits die zweite Veranstaltung dieser neuen Abteilung. Bereits im Juni hatte es einen Staffellauf durch die Straßen Kötztings gegeben und von dieser Premiere haben wir nicht nur eine genaue Starterliste sondern kennen auch den genauen Streckenverlauf.
Bei der Premiere war der Startpunkt und Zielpunkt der Kötztinger Bahnhof gewesen.



Wer mehr über die Geschichte des heutigen Jahnplatzes und den Bau und die Fortentwicklung der Jahnhalle erfahren möchte: >>>>>>> Der Jahnplatz und die Jahnhalle<<<<<<<<<<