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Donnerstag, 24. Januar 2019

Der Ludwigsberg mit dem Ludwigsturm

Vom Galgenberg zum Naherholungsgebiet und Volksfestplatz


Volksfest beim Ludwigsturm Bild aus dem Privatbesitz von Frau Vogl um die Jahrhundertwende



Was hat er nicht alles erlebt unser Ludwigsberg.......
Ludwigsturm aus der Feder von Mathias
Heilmeier, in etwa aus derselben Zeit wie
das obige Bild, man erkennt rechts gut die
abgebildete Kiefer in beiden Ansichten
Zuerst einmal musste er jeden Tag die Viehherden der Kötztinger Bürger und Metzger ernähren, die mit den Hirten durch eine Furt durch den Regenfluss zogen und die Anhöhe ratzekahl abfraßen.
Dann, von Zeit zu Zeit, wurde es lebendig auf dem kahlen Buckel, eine Schranne (Absperrung) wurde errichtet, die Galgen und andere zur Hinrichtung notwendigen Einrichtungen wurden überprüft und nötigenfalls ausgebessert. Es stand wieder einmal eine Hinrichtung an, was für die Bevölkerung sicherlich eine willkommene Abwechslung gewesen war.
1813, nach der letzten Hinrichtung am Kötztinger Galgenberg - die Exekutionen wurden danach nur noch in der Hauptstadt (für uns Straubing) durchgeführt- wurde es wieder ruhiger mit den Menschenmassen auf dem sogenannten Galgenberg bis man später im 19. Jahrhundert auch den touristischen Wert dieses Geländevorsprungs erkannte.
Die Errichtung des Ludwigsturms (aus der Privatschatulle Carl von Paurs) und die Aufforstung des fast unfruchtbaren Berges gingen Hand in Hand und so entstand über die Jahrzehnte unser Ludwigsberg - übrigens nicht nach unserem Märchenkönig benannt, sondern nach Kaiser Ludwig der Bayer. Seit der Eröffnung der Ludwigsturmes wurde das Plateau vor dem Turm regelmäßig auch für fröhliche Feste genutzt. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand dort sogar eine 800m lange Rodelbahn, die die Gäste aus nah und fern anlockte und heutzutage dient der Turm als Kulisse für die Festspielgruppe und für einen stimmungsvollen Weihnachtsmarkt.



Aber nun zuerst der Reihe nach:

Doppelnutzung: als Galgenberg und als Viehweide


das bayerische Gerichtswesen kannte in der Zeit vor der Regierungsumbildung zu Anfang des 19. Jahrhunderts 2 Kategorien, die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit. In unserem Raum bedeutete dies, dass die drei Märkte (Eschlkam, Neukirchen beim hl. Blut und Kötzting) und die eine Stadt (Furth im Wald) zusammen mit den adeligen Hofmarken die niedere Gerichtsbarkeit über Ihre Untertanen hatten. Dies bedeutete, dass diese "Gebietskörperschaften" kleinere Delikte selbstständig ahnden konnten.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug, mit Beispielen für Strafen der "niederen" Gerichtbarkeit, Pranger stehen und "in den Stock schließen"
 
Das Landgericht Kötzting, in Person des Landrichters, hatte neben dieser niederen Gerichtsbarkeit über seine eigenen ihm direkt untergebenen Untertanen auch die hohe Gerichtsbarkeit, dies nun über alle Bewohner des Landgerichts, bzw. auch über Verbrecher, die hier bei uns auf frischer Tat ertappt worden waren. Die gerichtischen Maleficanten (=Bösewichter) wurden im Amtshaus bis zur Verurteilung eingekerkert und dort auch gefoltert. Die Verhöre wurden im Pflegerschloss in der Kirchenburg geführt. Zu diesem Zwecke bekam der Amtmann die Gebühren zum Aus- und erneuten Einschließen der Gefangenen, welche die Marktgasse öffentlich hinunter und wieder hinauf geführt worden waren - sicherlich zum Gaudium der mitlaufenden Kinder.
Dieser Lageplan des Ludwigsberges zeigt den Umfang der Kötztinger Gemeindeweide






































Als Richtstätte für die Aburteilung diente dann der damals so genannte Galgenberg, eine kahle Anhöhe mit einzelnen freiliegenden Felsen, die durch übermäßige Beweidung - die Kötztinger hatten für ihre Verhältnisse seit jeher viel zu wenig Weide- und Futterplätze- eher einer Heidelandschaft als einer Grasweide glich.
Als Richtstätte war der Galgenberg Teil der landgerichtischen, hohen, Gerichtsbarkeit. Die Todesurteile, natürlich nach entsprechenden vorgeschriebenen Verfahren, wurden dort oben, frei sichtbar und sicherlich unter größter Beteiligung der Kötztinger Bevölkerung vollstreckt. 
Als Hinrichtungsmethoden kamen das Hängen, Rädern und Köpfen mit dem Schwert zur Ausführung. Die Hingerichteten blieben in der Regel zur Abschreckung am Galgen, oder Eingeflochten auf den auf gestelzten Rädern, hängen.
der Richtplatz für die Hinrichtung mit dem Galgen

Hinweisschild am Richtplatz
 Wenn dann die menschlichen Reste herabgefallen waren, war es die Aufgabe des Abdeckers von Reitenstein, diese Überbleibsel auf ungeweitem Boden zu "entsorgen". Solch eine gerichtliche Untersuchung mit einem nachfolgenden "Gerichtstag" folgte festen Regeln. Die benötigten "Materialien" bzw. das Instandsetzen der zur Hinrichtung notwendigen Gerätschaften wurden in der Regel den Handwerkern als Gemeinschaft aufgebürdet, um nicht die Ehre eines einzelnen Handwerkers anzutasten.
Die landgerichtischen Müller zum Beispiel waren für die Errichtung des Galgens zustängig. Die Wagner für den Bau eines Rades.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug der FFW Kötzting
mit der Schilderung einer Hinrichtung
















Da solche Verhandlungen manchmal sehr lange dauerten und dies auch sehr ausführlich in den Rechnungsbänden nachgelesen werden kann, werde ich solch eine Räuberpistole - leider mit sehr unglücklichem Ausgang für die erwischten Räuber- in einem separaten Blog zusammenfassen und erklären.


Durchsucht man die Pfleggerichtsrechnungsbände, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts fast lückenlos überliefert sind, in Hinblick auf Hinrichtungen, so kann man im Durchschnitt von mindestens einer Hinrichtung im Jahr ausgehen.
Der Vorgang in dem oberen Link, in dem eine ganze Raubmörderbande abgeurteilt wurde, ist da sicherlich eher eine Ausnahme. Trotzdem herrschte auf dem Galgenberg das ganze Jahr über hindurch reger Betrieb, denn es war, wie in der Einleitung bereits erwähnt eigentlich und hauptsächlich


die Kötztinger Gemeindeviehweide......






Da manche der Gehängten solange hängen blieben, wie es der Galgenstrick halt mitmachte, ergab dies wohl einen seltsamer Anblick.
900 Jahre Kötzting 1985 Festwagen Chamer Tor
beim oberen Friedhof
Die Galgen auf dem Höhenplateau inmitten einer Schranne (aus Planken errichtete Absperrung) mit dem im Winde pendelnden toten Körper und außen herum die grasenden Rinder und Schafe.
Trotz dieser makabren Umstände sprach man allgemein bei dem Weidegang von einem "Blumbbesuch", also von einem Besuch der Blumen. Das so genannte "Alleinehüten" der Bauern, auch auf deren eigenen Wiesen und Feldern, war bei Strafe verboten und dieses Verbot wurde streng überwacht (Flurwächter) und auch laufend bestraft. Zu diesem Zwecke gab es in Kötzting auch einen Pfädterstall im oberen, dem Chamer, Tor, in dem die Tiere eines Bauern, der beim Alleinehüten erwischt worden war, bis zur Bezahlung der Strafe gepfändet wurden. (Genaueres siehe im Beitrag von Ludwig Baumann und Georg Prantl in den "Gelben Bänden" von 1997 " Das Chamer Tor und die Marktbefestigung)


Die Kötztinger Gemeindeherde wurde vom Hirten durch den Regenfluss hindurch zum Galgenberg geführt. Die Brückenlandschaft, so wie wir sie heutzutage kennen, gab es damals noch nicht.

Staatsarchiv Landshut Regierung Straubing A 4227 von 1653
130 Jahre später dann gab es schon eine Brückenkombination, wie sie der bis in die 50er Jahre sehr ähnlich war.
auf diesem Plan, im Original schön koloriert, sieht man immer noch die Ähnlichkeit zu 1653 aber auch bereits die Brückenkombinationen abgelegt wie bis 1956


fast weiß man es nicht mehr, aber über diese Brückenkombination mit einer großen "Insel" ist man früher aus
dem Markt heraus gefahren


 Auf dem Ausschnitt des Situationsplans, der vom Flussbauamt 1890 wegen des Lindnersteges erstellt wurde, sieht man die Fluss- und Brückenlandschaft, die man vom Ludwigsberg aus genießen konnte,

Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 871

Diese Situation, einerseits grausame Hinrichtungsstätte und andererseits friedliche Viehweide mit einer malerischen Aussicht, blieb über viele Jahrhunderte so. Es musste jemand von außen kommen, der das ganz Besondere an diesem Fleckchen Erde erkennen konnte und diese Person war.

Carl von Paur

Carl von Paur Landrichter in Kötzting
Der Kötztinger Landrichter und später, nach der Behördenreform, erste Bezirksamtmann des Landgerichtes Kötzting war ein ganz besonderer Förderer in unterschiedlichsten Ebenen seines Wirkungsbereiches. Das Spital- und Krankenhauswesen, die St. Josephspflege, der Kornverein und eine Art Grundversicherung für landwirtschaftliche Arbeiter, dies und noch Vieles mehr wurde von ihm angeschoben.
Hier soll er als Person in seinen Aktivitäten für seinen Ludwigsturm und den Ludwigsberg vorgestellt werden. Carl von Paur wird im Rahmen unserer Schilderaktion einen eigenen Beitrag und ein damit auch eigenes Hinweisschild erhalten, er hat es sich mehr als verdient......






StaLa LGäO Kötzting Nr. 199: Viehweide: die rosa eingefärbten Flächen stehen in Kötzting der Gemeindeherde zur Verfügung, neben kleinen Flächen auf der Platte und beim heutigen Jahnplatz ist dies im Wesentlichen nur der heutige Ludwigsberg

Carl von Paur jedenfalls - seine handschriftliche Chronik, die an die sogenannte Schuegrafchronik Kötztings zeitlich anschließt und bis zu seiner Abberufung aus Kötzting reicht - zeigt dies in seinen eigenen Worten, bezeichnet den Standort für seinen "Ludwigsturm" als einen der besten im ganzen Bayerischen Wald. Sein Schwärmen über den Ausblick ist so überzeugend und modern, dass sein Absatz über diese besondere Lage selbst heutzutage noch jeden Tourismusprospekt Kötztings schmücken würde:
Er schreibt selbst über den Bau des Ludwigsturmes:



Ludwigsturm auf einem Farbdia vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock
ca. um 1937
 
1849 

Der k. Landrichter v. Paur erbat sich am 9. März vom Magistrate die Erlaubnis auf dem Gemeindegründe zunächst am Markt, unter dem Namen "Galgenberg" katastriert, in loyalster Gesinnung ein Denkzeichen der Dankbarkeit an Kaiser Ludwig den Bayer, dem Wohltäter des Marktes aus eigenen Mitteln errichten zu dürfen, und zu gestatten, daß das benöthigte Steinmaterial daselbst dürfe gebrochen werden. Der Magistrat faßte hierüber am 13. July Beschluß des Inhalts, daß die beabsichtigte Errichtung des Monumentes nicht nur bewilliget sondern dem k. Landrichter bey wirklicher Ausführung dieser edlen Absicht der Dank der Marktgemeinde ausgedrückt werde.
Der Ausbruch des benöthigten Steinmaterials am bezeichneten Platze wurde gestattet.

Sofort wurde der Bau begonnen, als Form des Denkmals der Mittelalterliche Thurm gewählt, und die Bauausführung dem Mauerermeister Johann Wilhelm übertragen, mit dem bemerken, daß die Terrasse zu 10 Fuß und der Thurm auf 45 Fuß Höhe herzustellen sey.
Neben dem Standort des Monumentes wird bemerkt: die bezeichnete Gemeindeödung befindet sich zunächst am Markte, erhebt sich terrassenförmig in beträchtlicher Höhe in drey Abstufungen. Die Vermessung konstatiert 

bis zum ersten Plateau 170
bis zum mittleren 235
bis zum oberen Hochplateau 335 Fuß Höhe
Diese Baustelle wurde gewählt wegen der geringen Entfernung vom Markte und wegen der hohen Lage, die eine sehr genußreiche landwirtschaftliche Rundschau gewährt.
Photo von Georg Rauscher, Blick vom Ludwigsberg, regenabwärts, man sieht noch ganz klein das alte Fußballstadion
 Da liegt zu Füßen der Markt mit der alterthümlichen Burg und der stattlichen Kirche, umgeben von feuchtreichen Hügeln und Obstgärten und umflossen vom Weissen Regen, der aus dem Lamer Thale in raschem laufe daher kommt, und durch das üppige Wiesenthal ebenso rasch enteilt.
 
Aufnahme vom Kötztinger Gymnasiallehrer Schwarz mit dem Haidstein im Hintergrund

 
Über die nahen Hügel erhebt sich das Terrain immer mehr in größeren Bogenlinien, theils bebaut, theils bewaldet, und schließt immer höher steigend in schön geformten Bergen ab.
Da ist der freundliche Haidstein - das Kirchlein auf dem Haidstein, weithin sichtbar, eine Zierde der Gegend ist dem Hl Ulrich geweiht - der ernste, lang hingestreckte, Hohenbogen, der das Regenthal umschließt und der rötlich blinkende Silberberg bei Bodenmais, der das liebliche Zellerthal abschließt.

 
"das Schwarzgrün der Tannenwälder" im Zellertal, Photo des Kötztinger Lehrers Schwarz, hier ist heute der Kreisverkehr bei der Wanninger Tankstelle





Da findet der Naturfreund an den Bergformen und dem Farbenwechsel der Waldungen  von dem hellgrau der Birkenberge bis zum schwarzgrün der Tannenwälder eine entzückende Augenweide, so daß wohl niemand diesen Standort anders als mit voller Zufriedenheit verlassen wird, da es in der That im bayerischen Walde nur wenige große landschaftliche Parthien von gleicher Schönheit gibt.
 das ist doch mal eine Ansage, oder?
 
"das Grau der Birkenberge"  Weg vom "Stauner" zum Richtplatz, bzw. Schwedenstein

Blick aus dem Birkenwald des vorherigen Bildes nun in Richtung Kötzting. Bild von Josef Bock von 1938


1851, am 31. Oktober, war es dann soweit, wieder in den Worten Carl von Paurs:

war ein Tag freudiger Erregung. Es galt den nunmehr vollendeten Thurmbau auf der Höhe des Galgenberges die Weihe zu geben und die um dieselben  befindliche Ödung mit Bäumen und Gesträuch zu bepflanzen.
Zu diesem Zwecke wurde von dem k. Landrichter v. Paur, dem Erbauer und Eigenthümer des Thurmes, ein Fest angeordnet, wozu die H. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer mit der Schuljugend eingeladen wurden.
Das Vorhaben der gemeinschaftlichen Baumpflanzung fand allenthalben besonders aber bey der Schuljugend sogleich Anklang, so daß das Ganze sich zu einem sehr rührenden Feste gestaltete. Unter der Mittagszeit versammelten sich mehrere Hn. Honoratioren und Bürger sowie die Lehrer mit einem Theile der Schulkinder vor dem Landgerichtsgebäude (heutzutage unser Rathaus), von wo aus der Zug unter Vortragung der vaterländischen Fahne auf die Berghöhe sich begab.
Es waren etwelche 50 Schulkinder anwesend, von welchen die Meisten Bäumchen, gezieret mit weiß-blauen Bändern, in den Händen trugen, auch mehrere der erwachsenen Personen trugen junge Bäume auf den Schultern zum Einpflanzen bestimmt. Am Platze angekommen begrüßte der k. Landrichter die Anwesenden in einer kurzen Ansprache, in welchem er als den Zweck der Erbauung des Thurms hervorhob, daß der Bau geführt worden sey in rein patriotoischen Gefühle für den größten Fürsten aus dem erlauchten Hause Wittelsbach, Kaiser Ludwig den Bayer, der Beschützer Deutschlands und Bayerns, dem besonders auch dem Markte Kötzting durch Bestätigung und Erneuerung seiner alten Privilegien Wohltaten erwiesen hat, die zu seinem Gedeihen und Aufblühen so wesentlich beytrugen, daß die Marktgemeinde ihm zum immerwährenden Dank verpflichtet ist, ferner daß durch die vorhabende Baumpflanzung der Sinn für die Baumkultur angeregt und die Marktgemeinde aufgemuntert werde, die umher liegende Ödung aufzuforsten und nutzbringend zu machen, auch soll das Ganze beytragen das landschaftliche Bild der Umgegend zu verschönern: denn wer seine Heimat lieb hat, wüncht auch, dass sie schön sei, endlich wurde unter allseitiger Zustimmung ausgesprochen, daß von nun an und für immer die Berghöhe der "Ludwigsberg" und der Thurm der Ludwigsturm benannt werde.
Die Ansprache schloß mit einem allgemeinen Hoch auf Se. Majestät den geliebten König Max II.

 Nun begannen die Schulkinder das vom Lehrer Franz Paul Führlbeck gedichtete Festlied /:nach der Melodie des Wallhallaliedes:/ zu singen, welches hier wörtlich als Aufbewahrungswert niedergeschrieben wird:
Festlied 
der Knabenschule zu Kötzting 
zur 
Baumpflanzung um das 
Kaiser Ludwig Monument 
auf 
dem Ludwigsberg : 

Brüder laßt in schöner Reihe
ordnen festlich unsern Gang
Aufwärts zu des Äthers Bläue
töne unser Festgesang

Seht ihr bergwärts und erhaben
Kaiser Ludwigs Ehrenmal
dahin ziehen wir deutsche Knaben
Bayerns Sprossen treu wie Stahl



Es erklinge vom Gemüthe
was sich freudig ihm ergießt
Schön schön ist´s wenn des Volkes Blüthe
Seiner Fürsten Ruhm begrüßt

Ludwig mit der deutschen Kron´
Ludwig Bayer wache auf
Sieh zu deines Ruhmes Sonn´
Eilen wir im raschen Lauf
Groß und herrlich preist dein leben 
der Geschichte schönstes Blatt
Wie dich oft vom Feind umgeben
hoher Mut gezieret hat
Wie du selbst des Feindes schontest
der dann zitternd vor dir stand
und den Hass mit Liebe lohntest
die aus deiner Brust sich wand
Wie du warst des Volkes Frteude
und sein Schirm und seine Lust
das dich auch in jedem Leide
Schützet an der treuen Brust 

Noch bedenken wir dein Sterben
in des Landmanns treuen Arm
Sieh wir sind das Land der (unleserlich)
in der Treue fest und warm
Ludwig Kaiser, Ludwig Bayer
Hebe dich aus deinem Grab
Segne dieses Tages Feier
Sende Segen uns herab

Schau auf dieses Denkmal nieder
das die Ehrfurcht dir geweiht
Noch sind Bayern fromm und bieder
Wie zur heil´gen Kaiserzeit

Sieh die Bäumchen die wir pflanzen
um dein hehres Monument
daß siegleich den deutschen Lanzen
aufwärts stehn zum Firmament

Sicher wie der bayern Treu
Stehen sie fort in Sturm und Noth
Treue ist die schönste Weihe
und der Völker Hauptgeboth

Laßt uns Brüder eh wir kehren
laßt uns schwören fest und rein
Ewig unserm Landesherren
bis zum Tode treu zu sein.

Dass dies Denkmal immer wehrn
Sorgen unsere Enkel fort
Und es netz der Liebe Zehrn
Ewig diesen heil´gen Ort

Zur Erläuterung: "netz der Liebe Zehrn" in der letzten Strophe, wenn jemand überhaupt bis dahin gelesen hat: "die Tränen der Liebe" sollen diesen heiligen Ort "benetzen".

Das Fest war damit aber noch nicht zu Ende:
Nach Absingen des Liedes ging es den ganzen Nachmittag über froh und rührig her, mit Einpflanzen der Bäumchen und Gesträchue, und als dieß geschehen war, schloß ein wiederholtes kräftiges Hoch auf Se. Majestät den König die festliche Arbeit.
900 Jahre Kötzting 1985 Festwagen des Bayr. Waldvereins, Carl von Paur
hatte Recht mit seiner Vorausschau, auch seine Enkel hielten den Turm in Ehren
Eltern, welche sich unter den Zuschauern befanden, sehen gerührt dieser schönen Soiree zu, und hielten sich überzeugt wenn schon so früh den Kindern edle Gefühle eingeprägt und sie auf die Natur und Kultur aufmerksam gemacht werden, dass es dann weder Baum- noch andere Frevel mehr geben und die Menschen eine bessere Gesinnung und Gesittung, für sich und Andere zum Wohle annehmen werden.
Unter solchen Gefühlen verließen die Anwesenden die Ludwigshöhe in der Voraussicht daß sie mit ihrer naturschönen Rundschau noch oft in kommenden Zeiten der Sammelplatz zu Festlichkeiten und gesellschaftlichen Zusammenkünften seyn werde. Bemerkt wird das bei der hohen und windigen Lage des Standortes und wegen der Viehweide Obstbäume zur Einpflanzung nicht verwendet werden konnten und sich mit Waldpflanzen zu begnügen war. Nach vorliegender Aufschreibung haben sich dey dieser Baumpflanzung ausser den Schulknaben 48 Personen aus dem Honoratioren und Bürgerstand betheiliget und sind im ganzen 317 Bäume und Sträucher eingepflanzt worden.

1854, der Ludwigsturm erhielt einen hohen Besuch.... weiter mit den Worten Carl von Paurs in seiner Chronik:

Am .. und .. September waren die zwey jungen Prinzen Paul und Hugo, Söhne des Herrn Fürsten von Thurn und Taxis in Regensburg mit ihrem Hofmeister auf einer Vakanzreise begriffen in unserem Markte. Dieselben begaben sich am zeiten Tage ihrer Anwesenheit in Begleitung des Hofmeisters des k. Landrichters v. Paur, des Bürgermeisters Michael Schrank (Hotel zur Post), des Schullehrers Schürlbeck und einige Schulkinder auf die Ludwigshöhe.

Nachdem die Prinzen sich in weiter Umschau an der mahlerisch gruppierten Landschaft mit Hügeln und bewaldeten Bergen erfreut hatten wurde in Erinnerung an deren gegenwart zwey Eichbäumchen eingepflanzt. Anbei wurde ihnen ein von gedachtem Lehrer verfaßtes Weihegedicht überreicht.
die grünen Hügel rings um Kötzting, hier die Straße nach Wettzell, im Vordergrund das Dach des Autohauses
Biller &Hobrack
In einem Weihnachtsgruß an den Landrichter äusserten sich die Prinzen voller Huld über den Besuch auf dem Ludwigsberg und hofften, wenn sie nach Jahren mal wieder in die Gegend kämen, im Schatten der frisch gepflanzten Bäume ruhen zu können.

Als im Jahre 1855 der Kötztinger Landgerichtsassessor Dr. Ludwig Schmid ans LG Passau befördert worden war, richtete er aus Passau einen Scheidegruß an Kötzting, ein wehmütiges Abschiedsgedicht.
Um hier nicht erneut ein längeres Gedicht aufzuführen bringe ich hier nur den Abschluß, der einen Bezug zum Ludwigsberg und seiner Lage hat:
.........
Hin zur Ludwigshöh´schwebt der Glockenklang
Vom Marienkirchlein und Haidstein
Und dem Hügel mit dem jungen Hain
entlang ruht mein Kötzting hell im Sonnenschein
Gute Menschen dort im alten kaiserort
laßt mich ferner nicht vergessen sein



Aus dem Jahre 1856 kennen wir dann bereits das erste "Volksfest" auf dem Platz vor dem Ludwigsturm. Der Anlass war ein landwirtschaftliches Distriktsfest, mit Preisverleihung, Glückshafen, Festschiessen und Volksbelustigungen am 24. und 25. August. Am zweiten Tage, gleichzeitig auch dem "Geburts und Namensfest Sr Majestät des Königs" gab es dann neben einem erneuten Festschiessen auch "Gesangsproduktionen" der Schullehrer und Abends dann eine Beleuchtung des Ludwigsturms zusammen mit einem Feuerwerk.
So wie wir heutzutage unser Volksfest als Teil unserer Pfingstfeierlichkeiten kennen (seit 1949), so war es in den früheren Zeiten das landwirtschaftliche Zentralfest, das als Rahmen für ein Volksfest dienen musste.
Auch 1857 treffen sich die Kötztinger wieder am Ludwigsturm zum Scheibenschießen und zur "Volksbelustigung". In diesem Jahre aber wurde noch eine Erweiterung gemacht:

Der Schwedenstein entsteht

Der Schwedenstein in einer stimmungsvollen Aufnahme von Josef Bock

In den Worten Carl von Paurs: wurde unter Bezug auf den Ludwigsthurm auf einem großen, isoliert liegenden Felsenblock /:Findling:/ folgende Schrift eingemeißelt
Zum Gedächtnis der in der
Schreckensnacht
des 29. Novembers 1633
von Feindeshand erschlagenen Bürger

Dieses Naturdenkmal wurde mit Gesträuch umpflanzt, die Schulkinder bey Gelegenheit des Vereinsfestes vom Oberlehrer dahin geführt, und sie über den Inhalt der Schrift belehrt, sofort für die unglücklichen Bürger eine Hl. Todtenmesse in der Pfarrkirche gelesen.
900 Jahre Kötzting 1985 Festzug, hier der Wagen mit dem Schwedenstein
Wir schreiben das Jahr 1862, als Folge des Gesetzes vom November 1861 trat die Trennung von Verwaltung und Gerichtswesen in Kraft. Der frühere Landrichter Carl von Paur wurde damit der erste Bezirksamtmann im neuen Amtsbezirk Kötzting. Das Richteramt versah ab nun ein eigens angestellter Richter.
Im Juli desselben Jahres trafen sich auf Einladung des Kötztinger Pfarrer Leibolds 25 Priester, welche gemeinsam in den Jahre 1836 und 1837 ordiniert worden waren. Mit Ihnen feierten noch 21 Priester aus der näheren Umgebung. Nach dem großen Festgottesdienst in der Kirche und dem Festessen im Hotel zur Post war dann:
Nachmittags und abends war Reunion auf der Ludwigshöhe, wo unter einem zunächst am Wachtturm aufgestellten großen Zelte die vereinten Freunde unter Betheiligung der Ortseinwohner in Freude und Herzlichkeit vergnügte Stunden zubrachten., wozu das überaus günstige Wetter, die Rundschau in der so schönen Gegend sowie die sehr gute Bewirthung Vieles beitrug.
Im Herbst desselben Jahres dann beschloss der Magistrat des Marktes Kötzting: die Aufforstung am Ludwigsberge mit Birken und Lärchenbesamung
Diesem Beschluss war eine mehrjährige Beratung mit unterschiedlichen forstamtlichen Gutachten vorausgegangen.

Ein Gutachten des Magistrates stellt schon 1853 ganz nüchtern fest: "die Ortsgemeinde Kötzting besitzt auf dem Ludwigsberg eine 55 Tagwerk umfasende Ödung, welche gegenwärtig als Weidefläche benützt wird und als solche einen ganz unbedeutenden Ertrag liefert, indem dieselbe größtenteils mit Heide so dicht überzogen ist, daß nur selten ein Gräschen daneben aufzukommen vermag."
Die Ursache dieses geringen Ertrages liegt darin, weil der Boden in seinem gegenwärtigen Zustand sich wieder verbessern noch seine ursprünglich mineralische Kraft erhalten kann, sondern einer beständigen Verschlechterung preis gegeben ist, da nämlich durch die ungehinderte Einwirkung der Sonnenhitze die Oberschicht des Bodens vertrocknet, verflüchtiget und von dem Regengüssen fortweichend der niederen Lage zugeführt wird.
Lösung: könnte auf eine leichte Weise, nämlich mittels Aufforstung durch Birken abgeholfen werden.
- leichte Belaubung =leichte Schattierung und leichte Düngung damit erfolgt eine Förderung des Graswuchses
- auf die mittlere Sicht auch ein Holzertrag, eine Einnahme, die den Ausgaben durchaus ebenbürtig ist und zwar schon kurzfristig.

(Einschub, wer jemals gesehen hat wie schlecht Gras unter Birken wächst, bekommt einen Eindruck WIE schlecht die Lage auf der Gemeindeweide vorher gewesen war......)
Zeitlich solle jedes Jahr 1 1/2 Tagwerk der Nutzung entzogen werden, so dass nach 36 Jahren der gesamte Ludwigsberg die Maßnahme abgeschlossen sein könne.
In der genauen Ausführung sollten es dann nur noch 20 Abteilungen werden.
In den Jahren bis 1863 waren dann bereits 10 Tagwerk mit Waldpflanzen kultiviert.   
1865 beschwerte sich der Bevollmächtigte Diermeier beim Magistrat, dass nichts mehr vorwärts gehe und beschrieb dabei das bisherige Prozedere:
Es wurde so vorgegangen:
1. Abschälen der Gras/Heideschicht und entfernen der lockeren Steine.
2. Trocknen der Rasensoden
3. Abbrennen der Rasensoden und Sammeln der Asche als Dünger

4. Aufbringen des Düngers auf den abgeschälten, nun freien Flächen und Ausbringen einer Getreidesaat
5. Nach Auflaufen des Getreides im Frühjahr zusätzliche Einsaat (Schattengare) der Baumsamen

Folge: üppige Getreideernte, welche versteigert wurde und die Kultivierungskosten weitgehend deckten.
Zusätzlich wurden mit den bei Punkt 1 gesammelten Steine um alle kultivierten Flächen niedere Steinmauern gezogen.
Wie gesagt, plötzlich stockte das Vorhaben. Diermeier schreibt an das Bezirksamt, um über diesen Weg den Magistrat anzuschieben.
Im Juni fordert Carl von Paor den Magistrat auf, sich dazu zu äußern.
Im Juli erfolgt das nächste Schreiben an den Markt Kötzting
Am 2. August: "wiederholt moniert zu Erledigung binnen 3 Tagen bey Strafeinschreibung: Paur"

Hier eine kleine Tabelle für den Ablauf der Ludwigsbergkultivierung, bis zu diesem Zeitpunkt:
1813 die letzte Hinrichtung auf dem Galgenberg
1849 Genehmigung zum Bau des Ludwigsturms
1851 Einweihung
1856 erstes Volksfest vor dem Turm
1857 Volksfest mit Einweihung des Schwedensteins
1863 10 Tagwerk sind bepflanzt
1865 das Vorhaben stockt


 Die Ludwigsbergstiftung


Grabstein Carl von Paurs......
im Mment noch gesichert auf dem
städtischen Bauhof
Nach seiner Pensionierung verstirbt Carl von Paur 1873 im Alter von 69 Jahren. Sein Begräbnis in Kötzting wird zu einem auch in der überregionalen Presse beachteten Politikum, da er, wie viele andere Kötztinger Bürger, infolge der Beschlüsse des ersten vatikanischen Konzils zu den Altkatholiken gewechselt war und ihm das katholische Pfarramt in Person des Pfarrherrn das Glockengeläute verweigern wollte. In einer letztwilligen Verfügung vom 18.10.1873 bestimmte er eine Ludwigsbergstiftung:
 Sein Nachfolger im Amt Dandl bestätigte im Stiftungsdokument die Summe von 1750 Gulden.
Der "Verwaltungsrat bestünde  demnach aus:
dem königlichen Bezirksamtmann, einem Mitglied des Magistrats und aus dem ersten Lehrer in Kötzting. Die Zinsen aus der Stiftungssumme sollen danach wie folgt aufgeteilt werden:
aus 500 fl Kapital für den baulichen Unterhalt des Ludwigsturms
aus 500 fl Kapital für die Abhaltung eines Jugendfestes in Kötzting
aus 500 fl Kapital für die Anschaffung von Schulbüchern und Schulmaterialien für arme Schulkinder der Schule in Kötzting
aus den verbleibenden 250 fl für die Bestreitung der Regiekosten der Stiftungsverwaltung.
dass die Ludwigsbergstiftung im Sinne des Verstorbenen arbeitete, konnte man bereits im Jahre 1876 erkennen. Es ist ein kleines Wunder, dass aus dieser Zeit 1(!) Exemplar einer mir bis dahin völlig unbekannten Kötztinger Wochenzeitung existiert, das wohl vom ersten Kinderfest  - nach dem Tode Carl von Paurs,  aber in seinem Sinne und von ihm gestiftet - berichtet.
Erinnerungstafel an den Erbauer an der Turmnordseite

Staatsarchiv Landshut Rep 164-8 Nr. 4228 Ludwigsbergstiftung




In den Jahren um Carl von Paurs Abschied von Kötzting und seinem frühen Tod stockt zwar der systematische Ausbau des Waldes am Ludwigsberg aber nun schlägt die Stunde der beiden " Fremdenverkehrspioniere" des Forstmeisters Johann Hubrich und des Oberlehrers Karl Holzapfel.
Mit dem Kötztinger Verschönerungsverein, einem Vorläufer des bayerischen Waldvereins, errichteten, markierten und erhielten sie nicht nur einen der bedeutendsten Höhenwanderwege im bayerischen Wald - vom Arber zum Kaitersberg - sondern waren auch federführend in der Kultivierung und Ausgestaltung des heutigen Stadtwaldes am Ludwigsberge. Beide Personen wurden unabhängig voneinander, aber nur wenige Jahre nacheinander, um die Jahrhundertwende zu Kötztinger Ehrenbürger ernannt.


















Gedenktafel für die beiden Kötztinger Ehrenbürger Johann Hubrich und Karl Holzapfel : zum Gedächtnis von der Marktgemeinde  - Waldvereinssektion Kötzting.
Die Gedenktafel befindet sich am südlichen Aufgang des Ludwigsturms. Photo von Nik Heinrich




der Ehrenbürger Johann Hubrich inmitten seiner großen Mineraliensammlung
 
In einem Erinnerungsartikel an einen weiteren Kötztinger Ehrenbürger, Eugen, dem Sohn Johann Hubrichs, berichtete die Kötztinger Zeitung aus seinen Erlebnissen mit dem Oberlehrer Karl Holzapfel.
 Vergessen sollte man bei der Aufzählung all der Männer, denen der Ludwigsberg am Herzen lag, auch den späteren Bezirksamtmann Freiherrn von Schacky nicht, er war es, der die Treppenanlage und die ansteigenden Podeste um den Turm herum erbauen lies, der dem Turm erst seinen schönen Rahmen gab.


Der Turm mit seinen vorgelagerten Terrassen und der Treppenanlage, freigelegt bei den Säuberungsaktionen in den 80er Jahren.



Um 1890 dann kam der endgültige Wendepunkt für den Ludwigsberg. Bis dahin noch doppelgenutzt, als touristisches "Naherholungsgebiet" und als Waldweide, verbot der Magistrat die zukünftige Weidenutzung. Der Ludwigsberg wurde zu dem, was wir heute unseren Stadtwald nennen.

Stadtarchiv Kötzting 723-3 Nutzung landwirtschaftlicher Flächen

In der Entscheidung den Gemeindehirten Georg Müller 1890  für ein weiteres Jahr in Dienst zu behalten wird weiters festgelegt, dass der Ludwigsberg "für das Hüten geschlossen ist, nachdem die Anpflanzung desselben sehr Schaden leidet und der noch nicht angepflanzte Theil um laufenden Jahre zum größten Theile angepflanzt wird. Dieser Beschluss rechtfertigt sich damit, daß die unteren Hänge auf der Lindnerseite schön längst mit Birken angeflogen wäre, wenn das Vieh die jungen Triebe nicht abgefressen hätte".



















Schon wenige Jahre später, mit dem Anschluss Kötzting an das bayerische Eisenbahnnetz, stiegen die Besucherzahlen, vor allem der Tagesbesucher Kötztings und so wurde der bequeme Ausflug auf den Ludwigsberg und zum Stauner, Waldfrieden oder der Brauerei Lindner zu einem Standartprogramm der Ausflügler.

"Gemma vorn auffe und hint owa oder gemma hint auffe und vorn owa"

Die Kinder- und Waldfeste...hier das Kinderfest von 1909

Von solch einem Kinderfest haben wir zwei Beschreibungen, zum einen von Frau Paula Dittrich und zum anderen aus der lokalen Berichterstattung des Kötztinger Anzeigers.
Was mir in der Erzählung von Frau Dittrich so fasziniert ist, dass sie von einer regelmäßigen und fast "zwanghafte" Entscheidung berichtet, die auch in unserer Familie bei jedem Besuch auf dem Ludwigsberg getroffen werden musste:
"Gemma vorn auffe und hint owa oder gemma hint auffe und vorn owa"
in den Worten von der unvergessenen Frau Paula Dittrich:
 Wir - in unserer Familie -haben uns, wie gesagt, auch immer genau diese Frage gestellt, OBWOHL wir uns nie anders entschieden haben, wir sind IMMER vorne rauf und hinten runter gewandert. Diese Gewissensfrage scheint in Kötzting von Generationen zu Generationen hat neu beantwortet werden müssen, bis, ja bis die neue Straße nach Miltach die Verhältnisse umkrempelte, jetzt kann man nur noch "hinten auffe" gehen, auch wenn man dann, fad, oben auf den vorderen Aufstiegsweg zurückwechseln kann.

Dann waren die Kinder beim Turm:

Und dann war da noch das große Kinderwaldfest:

dies sind Ausschnitte aus der Erzählung "S´Waldfest"  aus dem Buch: Kinder, Nachbarn und andere Leut von Frau Paula Dittrich erschienen 1992 im MZ Verlag


Und so berichtete dann die Presse von dem frühen Volksfest: „Unter den Klängen der Musik und freudigem Gejauchze marschierten Nachmittags 8 Uhr den Ludwigsberg hinan mindestens 200 Kinder in den buntesten Trachten kostümiert, darunter allerliebste Dingerchen. Die im Gabentempel aufgereihten Preise reizten zum Wettbewerb im Schiessen und Werfen, ein Kasperltheater erregt allgemeines Halloh, Brot und Wurst und Erfrischung labten die hungrigen Mägen“. Die Knaben der St. Josephs Pflege führten einen Fahnenreigen durch und führten eine Wiedergabe des Münchener Schäfflertanzes vor. Auch die Erwachsenen sollten nicht zu kurz kommen, es war gesorgt „für körperliche Labung und guten Trunk (Brauerei Lindner), für Augenweide durch das am Turme abgebrannte Feuerwerk für musikalische Unterhaltung durch die Vorträge des Männer=Gesangs=Vereins und unserer bewährten Musikkapelle Sperl

Von Frau Vogl, Kötzting, habe ich vor einigen Jahren die Erlaubnis, erhalten ihr Familienalbum zu digitalisieren. Darin findet sich ein Bild genau dieses Waldfestes - zwar beschriftet mit: 1910(?) - aber schon das Fragezeichen macht es klar, es war das Waldkinderfest des Verschönerungsvereins von 1909. Schön ist auch, daher habe ich die persönlichen Anmerkungen bei dem Bild hier gelassen, dass, wie in einem Suchwimmelbild für kleine Kinder, es möglich ist, die bezeichneten Personen aufzuspüren.


 1909 eine Rodelbahn entsteht am Ludwigsberg




Rechnung von Wolfgang Ludwig für Herrn Lehrer Drunkenpolz
für Arbeiten der Rodelbahn 3.50 Mark
Eine größere Gesellschaft von Damen und Herren des Chamer Wintersportvereins machten einen Ausflug nach Kötzting um die 800m lange Rodelbahn auf dem Ludwigsberg zu benutzen, die den Anforderungen einer Sportbahn vollkommen genügen würde und nur der Auslauf in die Distriktsstrasse hinein wäre etwas hinderlich jedoch  könne dieser Übelstand leicht bereinigt werden. Angesichts der Bestrebungen um Touristen könne es sich Kötzting nicht leisten ins Hintertreffen zu geraten, daher wird dringend vorgeschlagen, dass sich auch in Kötzting ein Wintersportverein gründen möge









In meiner Kindheit waren es dann die sonntäglichen Wanderungen auf den Ludwigsberg, die entweder beim "Gschaider" oder beim "Stauner" zum Kaffeetrinken endeten.
Nun habe ich bei der Suche nach Materialien über und vom Ludwigsberg noch ein paar Raritäten am Rande gefunden, bei einige davon - die Wehrübung - musste ich ganz schön lange rumrätseln, bis ich die Zuordnung zum Ludwigsberg sicher erkannt hatte.

Gebirgsjäger stürmen den Ludwigsberg

Wenn ich das Helm/Mützenabzeichen eines Soldaten, das man erkennen kann, richtig zuordne, dann waren das Soldaten der Gebirgsjäger, die hier offensichtlich eine Flußüberquerung und das Erstürmen eines Felsenhanges übten.

Hier erkennt man an der Mütze das Edelweißabzeichen der Gebirgsjäger


 Anscheinend Vorbesprechung hinter dem Eisenbahndamm auf der Hammerwiese



Zuerst musste der Fluss überquert werden, im Hintergund die Brauerei Lindner








 Zuerst ein Beschuss
 Dann nachdem sich der Pulverdampf verzogen hatte....

wurde der vordere Anstieg erstürmt. Es ist derselbe EInstieg in den Ludwigsberg, den auch die Kindergruppe um Paula Dittrich gewählt hatte.......vorn affe.



Am Ende dann Besprechung der Lage. An dieser Stelle liegt heutzutage die Kreisstrasse Kötzting-Miltach









hier unten dann deutlicher zu erkennen.


An der Stelle, dem Böschungseinschnitt an der Straße nach Weissenregen entwickelte sich dann in den Jahren nach den zweiten Weltkrieg ein Schrottlagerplatz (Schwarz Eugen), der dann erst Mitte der 60er Jahre dem neuen Straßenprojekt weichen mußte.
Diesen Moment habe ich per Zufall am Rande eines Bildes gefunden:
In den 50er und 60er Jahren war der Blick vom ersten Absatz des Ludwigsberges nicht mehr so malerisch (in der direkten Nähe) wie von Carl von Paur beschrieben, aber dafür war die Lage wesentlich ruhiger als jetzt mit dem brausenden Durchgangsverkehr. Im Hintergrund das Sagheusl, danach kommt die Brauerei Lindner

Die neue Straße und die neue Kreuzung entwickelten sich in den ersten Jahren zu einem Kötztinger Umfallschwerpunkt, so dass die Verkehrswacht und die Polizei reagieren mußten:
Zuerst wurde in den 60er Jahren die Regenbrücke erneuert und Mitte der 60er jahre war es dann die so lange schon projektierte Straße von Kreuzbach nach Kötzting, die die "alte Blaibacher" Strecke überflüssig machte. Während es vorher regelmäßig im Steinbachtal an der Engstelle krachte, war es nun die Kreuzung in Kötzting und vor allem die laaanggezogene Kurve zwischen Kötzting und dem Pullinger Weiher aka Blaibacher See die den ungeduldigen Bayerwald Autofahrern zum Verhängnis wurden.
Zur Verkehrszählung war das Ruhebankerl nun hervorragend geeignet....(das Negativ hat schon sehr gelitten durch die Jahre)

 Schöner wurde der Ausblick vom ersten Ruhebankerl auf dem Ludwigsberg zuerst einmal nicht aber auch der Anblick des Stufenaufgangs war gewöhnungsbedürftig geworden.


es sieht aus, als wäre es hier wohl sicherer geworden hinten anstelle von vorne raufzugehen
Aber Rettung nahte, der Kötztinger Stadtrat war sich des Schatzes den er mit seinem
Stadtwald hatte wieder bewusst geworden und nach und nach entstand dann der Waldlehrpfad und der Ludwigsberg erhielt wieder den Charme, den er durch die neuzeitlichen Bauprojekte an seinen Flanken und schlichtweg durch Vernachlässigung verloren hatte.
In einer Rückschau 1983 schrieb Georg Rauscher, der Autor von "a Kirm voller G´schichten",
Leider gab es auch, hauptsächlich nach den Kriegen, Zeiten des Niederganges für Kötztings einzigartigen Naturpark. Wege und Pfade blieben ungepflegt, wurden von Unkraut überwuchert, Markierungen verblassten, die meisten Unterstandshütten verfielen oder verschwanden, kurz der einstmals so saubere Ludwigsberg machte einen verlotterten Eindruck, der nicht zu Gunsten unserer Stadt sprach. Glücklicherweise ist diese Periode vorbei und die Anlegung eines Wanderlehrpfades wurde für den Berg zu einem neuen Gewinn.


der Stadtrat und städtische Mitarbeiter vor Ort







































Schild vom Wanderlehrpfad





Nun erneut ein paar Jahre weiter kommt zusätzliches Leben auf dem Ludwigsberg, auf der südlichen Flanke des Turmpodestes hat die Kötztinger Festspielgemeinschaft ihre Heimat und ihre Bühne gefunden. Klassiker in bayerischer Mundart sind ihre Spezialität. Der Faust, Jedermann, Der Weiberstreik, das Haus der Bernada  und Sommernachtstraum sind nur einige der Schauspiele, die dort oben in der freien Natur ihre Besucher, die von weit her angereist kommen, in den Bann ziehen.
Ich habe dort oben eine "Sommernachtstraum" Aufführung gesehen, die aufgrund der Möglichkeiten die die grüne, üppigen Natur bietet und mit der ganz speziellen darauf eingehenden Inszenierung eines der besten Theaterstücke erlebt, die ich jeh gesehen habe .......und das trotz einsetzenden Starkregens. Es war eine Aufführung, die ich sicher nie vergessen werde.
Solch eine Möglichkeit bietet eben nur eine Bühne im Grünen.
Der Sommernachttraum nach William Shakespeare in der Inszenierung des Kötztinger Festspielkreises

Und dann kommt seit ein paar Jahren auch in der Adventszeit Leben zum nächtlichen Ludwigsturm:
Rund um den Turm entsteht eine Budenstadt mit Handwerkermarkt und Allem was man sich so auf einem Weihnachtsmarkt wünscht.




Und so wird der Ludwigsturm, wie von seinem Erbauer Carl von Paur 1852 erwünscht, immer wieder und imme rnoch zum Mittelpunkt pulsierenden Lebens, auch wenn es nicht mehr Lampions sind, die den Platz vor und den Turm selber erleuchten.
der Ludwigsturm illuminiert durch wechselnde Laserstrahlen






Mittwoch, 23. Januar 2019

Rädern, Erdrosseln und Erhängen, ein Kriminalprozess von 1664

von der Verhaftung bis zum "Gerichtstag"


Staatsarchiv Landshut:
Amtsrechnung churfürstliches Landgericht
Kötzting de Anno 1664
für die Erforschung des Lebens unserer Vorfahren bieten die vorhandenen Rechnungsbuchreihen des Pfleggerichts, des Kastenamts und des Vogtsgerichts eine solide Grundlage, weil herauf bis zum Jahre 1764 (in diesem Jahre wurde eine andere, viel nüchterne Buchführung verpflichtend eingeführt) jede, und sei sie noch so klein, Ausgabe detailliert mit allen sie begleitende Umstände erläutert wird.
Der Prozess, der am Ende die ungeheuere Summe von 754 Gulden (je nach Umrechnungsmethode zwischen 75.000 und 150.000 Euros) verschlungen hat, wird im Rechnungsbuch auf mehr als 80(!) Seiten in allen seinen Ausgabenfacetten aufgedröselt.
Vor allem aber sieht man wie in Zeiten ohne Fax und Telefon solch eine komplexe Untersuchung auf dem Botenwege durchgeführen mußte.










Die folgende Untersuchung ist sicherlich nur für besonders Interessierte lesenswert. Vielleicht aber geben die detaillierten Karten auch dem schnellen Leser einen Überblick über die komplexen Dienstwege vor Gericht in der damaligen Zeit. Aus diesem Grunde auch habe ich diesen Spezialbericht aus dem "Ludwigsbergblog" herausgelöst. Nun aber der Prozess von 1663/4


Es geht los mit einer Verhaftung, noch im Jahr des Herrn 1663:

Eine Räuberbande wird abgeurteilt

Philipp Bauer, Mauerer am Kolmstein - Christoph Unfried aus Krailling - Stephan Pichlmayer Badknecht von Furth - Adam Schuster von Röhrenbach - Wolf Windstauber aus Kolhamb in Böhmen - Magdalena Pichelmayr und der Hans Fischer, Stadtzimmermeister aus Furth sind die Personen, gegen die im Verlaufe dieses Prozesses ermittelt wird.

 Die erste Verhaftung:




Ganz am Anfang steht die Verhaftung des Philipp Bauer, eines Maurers von Kolmstein. Dieser soll "auf der Kager" und "Lamberg" 2 Pferde gestohlen und nach Böhmen gebracht haben. Er wurde am 16. Juni 1663 von der Arbeit weg auf einer Baustelle in Warzenried verhaftet und am selben Tag noch nach Kötzting ins Amtshaus gebracht. Das Kötztinger Amtshaus, heutzutage mit dem Hausnamen des "Wieser Girgl",  diente als Untersuchungsgefängnis. Gefängnisstrafen im heutigen Sinn waren damals für die niedere Bevölkerung nicht in Gebrauch. Dort im Keller des Gebäudes waren sogenannte Keuchen(=Zellen) eingerichtet und die Gefangenen waren dort auch angekettet. Der Kötztinger Amtmann (wegen des Ein und Ausschließens manchmal auch Eisenamtmann genannt) wohnte mit seiner kompletten Familie und den Amtsknechten ebenfalls in dem Haus, allerdings zu ebener Erde, wo auch die Verhörstuben und die Folterkammer untergebracht waren. Die Keuchen befanden sich im feuchten Kellergeschoss.
Bildunterschrift hinzufügen
LG Kötzting: In diesem Vernehmungszimmer fanden die ersten Befragungen statt, das Ergebnis wird am 2. Juli nach Straubing an die Regierung berichtet.  Die Regierung in Straubing überprüft seine Aussage und will wegen seines Aufenthalt in Oberhaus (Passau) dort nach dessen Leumund nachfragen lassen. Es gehen also - wir kennen den Inhalt des Teilgeständnisses nicht - Boten ab an die Veste Oberhaus in Passau und wegen der Pferde auch nach Bistritz (einem Ortsteil von Neuern) in Böhmen. Dies sind wohl die ersten beiden Orte die der Verhaftete genannt hatte. Gleichwohl hatte Straubing noch Nachfragebedarf beim Delinquenten.
Und nun wird's ernst.....
Der Landrichter vernimmt Philipp Bauer noch einmal gütlich und sendet am 31.Juli einen neuen Bericht nach Straubing aber die sind dort nicht zufrieden mit der Aussage, daher wird eine Vernehmung unter Folter - in loco tortura  also in der Folterkammer - angeordnet.
Der genaue Wortlaut ist: "in loco tortura ohne und mit Gewicht nach Gestalt seiner Leibsposition"

Rechnungseintrag, nachdem die Durchführung der Folter an Bauer angeordnet worden war.
Bauer solle also gefoltert werden, durchaus auch verschärft, aber unter Berücksichtigung dessen, was sein Körper aushalten könne. Der Scharfrichter Michael Schönsteiner aus Straubing kommt zur Folter am 7.August extra angereist und bekommt dafür 10 Gulden ausbezahlt. (ca. 1000 Euros)
Bei dieser Folter konnte man seinem Gedächtnis offensichtlich auf die Sprünge helfen, Bauer benennt einen seiner Mittäter, Mathias Härtl, der aber bereits in Regen inhaftiert ist.
Offensichtlich hatte Bauer unter der Folter auch noch einen unrechtmäßigen Kuhverkauf gestanden, daher wird am 10.8. erneut ein Bote nach Bistritz gesandt um zu erfahren ob es wahr sei, dass der Wirth in Kolheimb in Böhmen wirklich eine Kuh von Bauer angekauft hatte.
Das Ergebnis der Vernehmung unter der Folter wird in Straubing eingereicht.
Pabälcka in Böhmen, habe ich nicht gefunden, Babcice, ist der Ort, der dem am nächsten kommt. Der Bote nach Bistritz musste jedenfalls gleich nach "Pabälcka" weitergehen um weiter Nachforschungen anzuleiern.

 Der Kötztinger Pfleger musste nun weiter aktiv werden, er schickte Boten nach Arnschwang und Runding an die dortigen Hofmarksherren, um weitere Nachforschungen anzustellen, dann musste er sich noch gegenüber der Regierung in Straubing erklären, weil von den angeforderten anderen Nachforschungen noch nichts eingetroffen war.

Die erste Folterung bringt neue Namen ins Spiel

Dann langen endlich die angeforderten Berichte aus Kager (Pferdediebstahl) und aus Passau ein und am 7. September wird Bauer daher unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse erneut befragt, was dann zur Verhaftung des Christoph Unfried wegen Diebstahls durch die Graf Gatzische Hauptmannschaft in Pystritz führt. Kötzting will nun gleich von Straubing wissen, ob der verhaftete Unfried übernommen werden solle. In derselben Befragung - gütlich - benennt und belastet Bauer noch mehrere seiner Mithelfer: Adam Schuesster, der Stuzfinger genannt, Wolf Winthauer Weber in Kohlhaimb und Stephan Pichelmayr einen Badknechts in Furth im Wald.
Forderung der Hauptmannschaft in Bistritz an Unkosten

Straubing möchte des böhmischen Gefangenen unbedingt habhaft werden und fordert Kötzting auf, die Auslieferung zu beantragen, aber die böhmische Hauptmannschaft hat da noch eine kleine Rechnung offen:
11 Gulden 45 xr stünden da noch an Atzungs (Ernährung) und anderen Unkosten zu Buche, bevor die nicht beglichen wären gäbs keine Auslieferung.


die Vernehmung unter Folter bringt neue Namen,
folgents mehrer Boten und neue Verhaftungen und
Überstellungen an den Tag: rot=Botengänge und Berichte
grün=Auslieferungen
Der in Regen, auf Aufforderung durch Kötzting, verhaftete Mathias Härtl wurde nicht weiter verdächtigt, berichtet Kötzting nach Straubing.
Nach "Bezahlung" der böhmischen Auslagen konnten die gerichtischen Amtmänner den Unfried "an der gewohnlichen Gräniz" übernehmen und in die Kötztinger Fronfeste einliefern. Nun hatten sie dort bereits zwei Gefangene zu betreuen.
Es ging normal weiter, zuerst eine Befragung, danach Boten in die Orte (LG Viechtach und Hofmark Zandt), die vom Unfried benannt worden waren. Trotzdem, Straubing reichte diese nicht: der Scharfrichter mußte wieder anrücken und hatte nun zwei Malefikanten zu "befragen".
Genauer gesagt ordnete Straubing, "den Stuhlfried je nach Beschaffenheit seiner Leibsconstitution  ohne und mit dem Gewicht woll empfindlich aufziechen, den Pauern aber mit Vorlage und Betrohung der Tortur mit dem Painschrauff yber die vorige exprimirte umbstendt nochmals zu examinieren". Bauer sollten also nur die Folterinstrumente gezeigt werden, damit er sich besser erinnern könne... Dies geschah dann am 6. Oktober 1663.
Nun gings zuerst einmal Schlag auf Schlag: der in Straubing inhaftierte Badknecht Pichelmayr und von Bauer eines Mordes in Furth im Wald bezichtigt, wird nach Kötzting ausgeliefert, gleich in der Folterkammer vernommen - nur gezeigt - und der Bericht nach Straubing abgeschickt, die sofort eine dritte Folterung befehlen, unter den üblichen Bedingungen. Der Straubinger Scharfrichter kennt den Weg nach Kötzting in diesem Jahr schon recht gut.
Von ganz anderer Seite kommt nun eine Nachricht: Der Klosterverwalter von Schlegl (Mühlviertel in Östereich)  schreibt an die Regierung in Straubing, dass die gesuchten Adam Schuster und Wolf Windtauer dort verhaftet worden waren.
Pichelmeier jedenfalls sagte unter der Folter aus und belastete seine eigene Mutter der "rdo Leichtfertigkeit", was einen neuen Botengang nach Furth im Wald nötig machte, um herauszubekommen ob dies der Wahrheit entspräche und die Mutter sicherheitshalber einmal dort einsperren zu lassen. Der Scharfrichter berechnete jedenfalls für diese "Wahrheit" satte 13 Gulden und reiste wieder ab.

Das Untersuchungsgebiet weitet sich deutlich aus


Auch nach der Abreise des Scharfrichters verrät Pichelmeier nun neue Namen, ein  Georg Pern zu Waldmünchen, Georg Lindl zu Hammereglsee und ein dritter zu Kesselstein wurden genannt und auch dies bedeutete sofort: Boten zum LG Waldmünchen. Ein Georg Braun aus der Hofmark Stachesried wurde ebenfalls genannt.
 Nach einem Zwischenbericht nach Straubing ordnet die Regierung an, dass Kötzting einen Antrag an das Kloster Schlegl im Land ob der Enns stelle, um die dort Verhafteten zu einer Aussage zu bringen. Nachdem diese dort aber bei ihrer ursprünglichen  Aussage geblieben waren bleibt Kötzting nichts anderes übrig, als deren Auslieferung zu beantragen.
Aber es gibt erneut zusätzliche Beschuldigte, ein Hans Hofer in Regensburg und Hans Hannsill aus Regenstauf,  und wieder mussten die Boten marschieren.
Wir kommen ins Jahr 1664, der Straubinger Scharfrichter Christoph Siegertsreiter schreibt, dass er gerade in Regen zu tun hätte und daher in Kötzting verbeikommen würde, um an Christoph Unfried die "Execution" (hier Ausführung der Folter)  vorzunehmen.
Manchmal werden auch die Namen der Boten genannt, vor Allem, wenn gleichzeitig Mehrere in unterschiedliche Richtungen geschickt werden mussten und die "normalen" Boten damit beschäftigt waren. Martin Rädlinger - heutzutage Blumengeschäft Alchemilla in der Herrenstraße und der Schreiner Lehner (heutzutage das griechische Lokal in der Rathausgasse) müssen nun als Boten aushelfen.
Es gehen Berichte und Anfragen nach Straubing, nach Bistritz wegen des Leumundes (Umgang, guter Ruf) des Stutzfinger und Windtauer, nach Furth wegen des Leumundes der Magdalene Pichelmeier. Straubing ordnet auch die Folter am Stuzfinger und Windtauer an - nach Aktenlage befinden diese sich aber zu dem Zeitpunkt noch in Verhaft beim Kloster Schlegl. 
Das Landgericht in Kötzting schreibt nun an die Regierung und möchte wissen wie jetzt es weiter verfahren solle. Die Aussagen des Stutzfinger und Widtauer machen größere Untersuchungen nötig und so wird der Kötztinger Schreiner Lehner  ins Bistum Passau und in die Böhmische Umgebung geschickt und erhielt für diese "Dienstreise" extra ein "öffentliches Patent"  (wohl eine Art Passersatz), der Botenlohn im "Umgang" von einem Ort zum andern, die er durch unterschriebene Botenzettel belegen musste, betrug von 57 Meilen (eine Meile damals 7.5 km)  "Wegs- und 7 1/2 Tage Wartgeld" 11 Gulden 22 Kreuzer und 3 1/2 Pfennige, heutzutage locker 1000 Euros. Wegen der, damit verbundenen  mehrtägigen, Abwesenheit der Boten dieser beiden Botengänge, griff wohl das Landgericht auf externe Mitarbeiter zurück, sonst wäre der reguläre Botenbetrieb auf Wochen hinaus darniedergelegen.
Ausweitung der Untersuchungen, der Raum wird immer umfangreicher
Der Kötztinger Bürger Georg Amesberger musste in die andere Richtung hin aufbrechen, es ging in den Nürnberger und (ober)Pfälzer Raum. Er kam auf fast 67 1/2 Meilen (=fast 500 km zu Fuß). Zusammen mit 20 Tagen Wartegeld erhielt er dann mehr als 16 Gulden, ein schöner Zusatzverdienst. 

Erneut bringen diese umfangreichen Ermittlungen neue Details hervor und weiter gehts mit den Botengängen und Suchaufträgen:
Hans Märkl marschiert nach Teschenitz, Ander Lehner nach Tenitz, Pötscha, Fraunberg, Kadeusch, Täschlawitz und zum hl. Kreuz.
neue Botengänge Februar und März 1664
Anschließend,  mit einem Zwischenbericht geht wieder Meldung nach Straubing und daneben sollen Furth die "Pichelmeierin" samt wichtigen Zeugen zum Verhör geordert. Leider erkrankt der Zeuge und so ergeht die Order, per Bote, dass der Zeuge vor ort in Furth vernommen werden solle.
All diese Befragungen werden zusammengefasst und nach Straubing geschickt.
Der in Waldmünchen festgesetzte "Lindtl" soll mit der "Pichelmeierschen Aussage" konfrontiert werden.


Im März nun laufen von mehreren Seiten die verschiedenen Berichte ein, werden zusammengefasst und nach Straubing geschickt, was nun erneut neuere Aufträge zur Nachforschung zur Folge hat.
Im März gibt es nun einen neuen Beschuldigten - in der Sache Frau Pichelmeier- aus Furth im Wald mit Namen Paulus Dimpfl
Aus den "Befragungen" des Stutzfinders ergibt sich auch noch ein neuer Verdachtsmoment. In Oberhaus wird daher nach dem Leumund eines Augustin Ach- aus Leoprechting bei Hutthurm-  nachgefragt und es kommt die Nachricht, dass sich Paulus Dimpfl angeblich in Dillingen aufhalten soll.
Langsam scheint sich das Verfahren zu seinem Ende zuzubewegen und das Landgericht Kötzting informiert den Pfleger in Leoprechting dass die in Kötzting inhaftierten bald abgeurteilt würden, wenn er seinen Gefangenen noch mit Aussagen konfrontieren wolle, solle er sich beeilen....
Nun kommt aber noch eine überraschende Wende: Pichelmayr benennt den Further Stadtzimmermeister als Mittäter bei dem Mord. Kötzting schickt Boten, läßt diesen dort festnehmen und wünscht eine Vernehmung.  
Nachdem Pichelmeier nun auch noch gestanden hatte, dass er in Döbersing von der Weide weg eine Stute gestohlen und in einem Dorf bei "Päschnitz" verkauft hatte, geht der ganze Botenzauber wieder weiter. 
Die Regierung in Straubing möchte nun, da einige der Beschuldigten in Revision gegangen waren - damit ihre Aussagen zurückgezogen hatten - durch eine erneute Folter überprüfen, ob die Malefikanten nicht doch lieber bei den ursprünglichen Aussagen bleiben wollten. 

Von Pichelmeier wollten sie wissen, was er weiters über den Stadtzimmermeister und dessen Sohn aussagt,  und dann eben auch die beiden Böhmen, wieder von neuem zu foltern, weil alle drei in Revision gegangen waren, nun sollten sie ihre alten Aussagen bestätigen.
Die Ergebnisse, welche der Scharfrichter unter Foltereinfluss erzielte wurden in einem Bericht nach Straubing abgefasst und nun wird es ernst. Noch einmal eine Nachfrage am 12. Juni nach Leoprechting, ob diese noch etwas von den Inhaftierten im Zusammenhang mit dem dort inhaftierten Räuber Georg Kern zu wissen begehrten.
Abschluss der Untersuchungen im Sommer 1664





































Nachdem dies nicht der Fall war, stellte Kötzting am 7. Juli in Straubing den Antrag auf die Urteilsverkündigung und auf eine Festsetzung eines Executionstages in Kötzting.
Die Regierung in Straubing spricht das Urteil über die in Kötzting einsitzenden Maleficanten und legt die Hinrichtungen auf den 14. und 15. Juli 1664 fest.
Die Urteile lauten:
Stefan Pichelmayr Badknecht von Furth, Adam Schuster "Stutzfinger" und Wolf Wündtauer werden "ieder an beede Armb mit glühenden Zangen greiffen, von untenauff gerädert, volglich in die Räder geflochten"
Philipp Paur Maurer am Kolmstein "an einer Saul ertrosselet und folgents verprennet"
Christoph Unfried "mit dem Strang vom Leben zum Tod hingerichtet soll werden".
Entlassung der unschuldig Eingesperrten

Georg Lindtl, der in Waldmünchen einsaß, wurde freigelassen, genauso wie die Mutter Magdalena Pichelmeier und der Stadtzimmermeister aus Furth im Wald Hans Fischer, bekamen aber keine Haftentschädigung..."des Verhaffts ohne entgeld widerumb zu begeben."











Nun gings also ums Leben, der Hinrichungstag kam näher:



Für diese Ausführung benötigte man:
Das Handwerk der Wagner für die Räder und andere Instrumenter, Kosten  15 fl 
Das Handwerk der Schmiede zur Beschlagung der Räder, Zangen Schürhaken, Nägel und anderes Kosten 28 fl
An Michael Springinkhle, Kupferschmied von Cham, für "einen kupfernen Kessel, welcher zu der Maleficanten, so mit Zangen gezwückht, zu dem Feuer gebraucht worden".
Dem Zimmermann "Urban Pfliegl zu Gehstorf von Machung einer Stiegen, worauf mann auf den Scheidterhauffen gangen, ainem kleinen Laitterl und Auspuzung der Stangen zu der Schrannen beim Hochgericht guetgemacht".
Hans Silbereisen "Bürger und Sailler zu Kötzting um allerhand hergebene Saill und Geschirr zur Hinrichtung"

Der Scharfrichter zu Straubing erhält für die Hinrichtung der 5 Personen 58 Gulden
Beleg Nr. 88 dem Scharffrichter zu Straubing Michael Schönstainer, ist wegen Justifcierung diser 5 Malefikanten, als 3 Persohnen mit dem Radt, die viertte mit dem Strang und Feuer und die fünffte Persohn mit dem Strang inhalt seiner Zetl bezahlt worden 58 Gulden 22 Kreuzer


Der Landgerichtsamtmann berechnete für das Aus-und Einschließen und für die Ernährung der Gefangenen:
Philipp Bauer 11.6.1663 - 15.7.1664 400 Tage 100 fl
Pichelmayr Stefan 10.11.1663-14.7.1664 249 Tage 64 fl
Für die vom Kloster Schlögl im Land ob der Enns hier verbrachten  Adam Schuster (Stutzfinger) und Wolf Windtauer 19.9.1663-14.7.1664 zusammen 418 Tage 125 fl
Christoph Unfried 22.9.1663-15.7.1664 298 Tage 75 fl
Magdalena Pichelmayr und Hans Vischer wurden aus der Haft entlassen, ihre Unterbringung brachte dem Amtmann noch einmal 44 fl
Dann bekamen die Verurteilten - ab dem Urteil waren sie nicht mehr Malefikanten (=Übeltäter) sondern arme Sünder geistlichen Beistand in ihren letzten Tagen und Stunden
Allein vier Herren Franziskaner aus Cham und Neukirchen auch andere Geistliche standen bereit, "so denen armen Sündern bei Abkhündung des Lebens und der Hinrichtung zugesprochen auch mit dem heyl Sakrament und Beicht versehen an Wein under den währenden 3 Tägen von Ander Billich alhir abgeholt und deme guettgemacht worden  8 fl"
Der Pfarrherr in Kötzting, der diese Geistlichen zu beherbergen hatte bekam für die Verpflegung ebenfalls eine Entlohnung:  Verpflegung für die Franziskaner und Geistlichen 6 fl
Am Ende noch ein Almosen für die Herren Reformatoren von Cham und Neukirchen für ihre "Bemiehungen" 5 fl
Am Ende muss noch einmal ein Bote ran und die Ausführung der Hinrichtungen und die Umstände nach Straubing berichten, dann war der Prozess endlich abgeschlossen.

Wie eingangs bereits erwähnt summierten sich all diese Ausgaben im Laufe des Jahres auf die stolze Summe von 747 Gulden, ein Betrag für den man in Kötzting zu der Zeit sich das schönste Marktlehen hätte aussuchen können.
Summa Ausgab auf die vorgemelt zugleich in verhafft gelegnen und in Thatt miteinander interessiert gewessen 7 Maleficanten tuet:
747 Gulden 42 Kreuzer 1 Pfenni
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Was das Ganze in der Rückschau, neben der Art der Folter und der Hinrichtungen, zusätzlich noch bedrückend macht ist die Vermutung, dass solch eine Hinrichtung große Menschenmassen angelockt hatte, die sich dieses Spektakel, wohl genüsslich schaudernd, angesehen haben. Auch die Kinder haben wohl, vlt aus einiger Entfernung, sich diese Vollstreckung ansehen können. Zur Erinnerung, der Galgenberg war vollkommen unbewachsen und der Galgen, die Säulen und die aufgestelzten Räder waren sicherlich weithin sicht- und das Geschehen hörbar, sie sollten ja auch als Abschreckungsbeispiel dienen..
Hält man sich darüber hinaus noch den Ort der Folterkammer - beim Wiesergirgl im Erdgeschoss - vor Augen, dann steht zu Vermuten, dass auch diese Folterungen von neugierigen Nachbarn inkl. Nachbarskindern miterlebt, mit erlitten, sicherlich aber als sensationelle Abwechslung des täglich mühsamen Lebens dankbar mitgenommen worden sind.