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Donnerstag, 26. Januar 2017

Der Kötztinger Spielmannszug Teil 2

von der Trommlergruppe hin zum großen Spielmannszug

Auch wenn wir uns hier in einem Zeitrahmen bewegen, an den sich einige Beteiligte noch gut erinnern können sollten, so gibt es offensichtlich doch unterschiedliche Erinnerungen und vor allem decken sich diese nicht mit den Unterlagen, die sich im Archiv und aus den Zeitungsberichten ergeben.

Sicherheitshalber hier noch der Link zum ersten Teil:


Eine kleine Notiz aus der Chronik der Feuerwehr Kötzting gibt zumindest einen Startpunkt bekannt, den sie selber damals festgelegt hatten, auch wenn der Sachverhalt damals ein anderer war, aber dazu später.
Zuerst einmal die Kurznotiz, so wie es die Kötztinger Feuerwehr bekannt gab und dann anschließend die ersten Einsätze der Fanfarenbläser:



Auftritt des Spielmannszuges bestehend aus der Trommler und der Fanfarengruppe
anlässlich der Heirat des damaligen Landrates Nemmer  in Altrandsberg
So einfach und schrittweise aufbauend stellt sich die Geschichte des Spielmannszuges dar, wenn man nur die eigene Vereinschronik der FFW Kötzting berücksichtigt....
es gibt da aber noch eine andere Geschichte.
Doch zuerst einmal zurück zu der ursprünglichen Trommlergruppe. Schon kurz nach dem Krieg wurde eine solche wieder gegründet - immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Name Michael Irlbeck, ein musikbegeisterter Kötztinger, der obwohl er nach Viechtach umgezogen war, trotzdem hier vor Ort diese Trommlergruppe aufgebaut und geleitet hatte und auch an der Weiterentwicklung beteiligt war.

Zuerst aber gab es nun mal nur die Trommlergruppe, die für die richtige "Marschmusik" bei den unterschiedlichsten Aufzügen sorgen musste.
Ausschnitt aus der Chronik der Kötztinger Freiwilligen Feuerwehr aus dem Stadtarchiv
Spielmannszug noch als reine Trommlergruppe, wohl beim Bierzelteinzug, also nach/ab 1949 entstanden, der Trommler - vom Betrachter aus gesehen - vorne rechts ist Irlbeck Michael

Es wurde Sommer 1956 und die Pfadfinder in Kötzting feierten ihr 10 jähriges Stammesjubiläum. Wie bei allen "Vereinen" üblich, so schickten auch befreundete Verbände ihre Abordnungen und die Amberger Pfadis kamen mit ihrem Spielmannszug und mit dabei waren, unüberhörbar und unübersehbar: ein Fanfarenzug.
Hier nur ein paar Bilder von deren Auftreten in den Kötztinger Straßen, eine genauerer Bericht kann in dem Blog aus dem Jahre 2014 nachgelesen werden.

Amberger Fanfarenzug auf Besuch bei den Kötztinger Pfadfindern im Sommer 1956




















 
Nicht zu überhören und nicht zu übersehen
 Nun war das Interesse geweckt, vor Allem bei Barth Georg und seinen Mannen bei der Feuerwehr.
Die Lösung war aber eigentlich sehr einfach, auch wenn in dieser Lösung dann schon kurze Zeit später dann doch einiges an Konfliktstoff steckte.
Es kam zu einem "Gemeinschaftsspielmannszug",  bestehend aus den Trommlern der Feuerwehr und aus Fanfarenbläsern gebildet sowohl aus Mitgliedern der Feuerwehr und von Pfadfindern und Mitgliedern des Burschen- und Wanderervereins.
Bitte um Zuschuss für die Felle der Trommlergruppe

Noch an Pfingsten 1956 bemühten sich die Verantwortlichen der Trommlergruppe darum, die stark abgenutzten Trommelfelle mithilfe der Stadt Kötzting auswechseln zu lassen, der Magistrat genehmigte einen Zuschuss und verband dies mit der Bitte den Trommlerzug der Feuerwehr Kötzting auch weiterhin bei den Pfingstfeierlichkeiten einsetzen zu können..


Das war die Situation im April 1956 und auch dann anlässlich der Pfingstfeierlichkeiten und dann kam der Sommer, die Fanfarenbläser von auswärts und dann ging es ganz schnell.
Fast zeitgleich gingen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting und der Kötztinger Pfadfinder daran sich Musikinstrumente zuzulegen und zu üben, dies aber offensichtlich nicht einzeln sondern durchaus in dem Sinne eine "Kötztinger Spielmannszuges" zuerst einmal gemeinsam, ja es wurden sogar Regeln vorgestellt, bei welchen Auftritten die Tücher auf den Fanfaren
das "Logo" der Feuerwehr und wann das der Pfadfinder zu sein hatte.



 In diesem kleinen Zeitungsausschnitt vom Sommer 1956 spricht der Kreisbrandinspektor Barth Josef selber von dem Wunsche der Feuerwehrler nach Fanfaren, nachdem Sie die Amberger Pfadfinder mehrmals in den Kötztinger Straßen gehört und gesehen hatten.

Kuglmeier Hans, Kötztinger "Altpfadfinder" mit seiner
Fanfare inkl. dem Tuch der Kötztinger Pfadfinder.


 Wie oben angeführt ging es recht schnell und schon Ende des Jahres spielte die Kötztinger Feuerwehr mit Trommlern und Fanfarenbläsern anlässlich der Hochzeit des Kötztinger Landrates Nemmer in Altrandsberg auf.
Hochzeitsspalier für Landrat Nemmer in Altrandsberg
Kötztinger Umschau April 1957

Noch im Sommer 1957 scheinen die beiden Gruppierungen an einem Strang zu ziehen, wie ein Brief der Pfadis Kötzting an den Stadtrat zeigt, in dem von den verschiedensten Aktivitäten der gemeinsamen Gruppierungen die Rede ist und auch von dem Wunsche, in Zukunft bei den Pfingstfeierlichkeiten eingesetzt zu werden.
Ausschnitt eines Briefes vom Stammesvorstand Brandl Wick an den Stadtrat in dem er die Mitwirkung des Kötztinger Spielmannszuges, vor allem des gemeinsamen Fanfarenzuges an der Spitze des Pfingstrittes vorschlägt.

das obige Angebot an den Stadtrat unterschrieben der damalige Kötztinger Kooperator Haltrich und der STAVO Ludwig Brandl. Zwischen den Zeilen kann man noch ein gutes Einvernehmen der beiden Gruppierungen herauslesen, aber schon im Jahr drauf scheint es gewaltig zu knirschen und auch hier haben wir nur die Argumentation der Pfadfinder, die sich in den Unterlagen finden. Diese wenden sich an den Bürgermeister Kroher, um ihm sowohl den Brief der Pfadfinder an die Feuerwehr in Kopie vorzulegen als auch um seine Vermittlung bei einigen Konfliktpunkten baten. Der damalige Stammesvorstand war Maimer Ferdinand.
Nun kann man zwischen den Zeilen sehr gut - und vor allem in den äußerst undiplomatischen Forderungen - herauslesen, dass es zwischen den beiden Trägern des bisherigen Spielmannszuges doch ziemlich knirschte. Nicht desto trotz kann man erkennen, dass noch 1958 Alles im Flusse war.
Hier ein paar Beispiele aus dem Schreiben der Pfadis an die Freiwillige Feuerwehr.


Ich denke aus heutiger Sicht kann man den Brief durchaus als ETWAS undiplomatisch nennen und nachdem in dem Begleitschreiben an den Bürgermeister Kroher von "nun aufgetretenen Schwierigkeiten" von Seiten der Feuerwehr die Rede ist, kann ich nur vermuten, dass die Feuerwehr Kötzting auf die Forderungen d er Pfadis nicht eingegangen ist, die Zusammenarbeit beendete und ab nun als Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting ihre eigenen Wege ging.
Schaut man auf die Fanfarenbläser in der zweiten Reihe, so glaube ich Hans Kuglmeier und Maimer Ferdi zu erkennen, dies KÖNNTE damit ein Auftritt der noch vereinigten Fanfarengruppe sein. Bild stammt von Hans Traurig
Tambour: Theo Heigl
v.l. Franz „Stutz“ Traurig – Xaver Wellisch – Wack Traurig
hinten: Hans Kuglmeier – Ferdinand Maimer
ganz hinten rechts: SZ-Leiter Georg Barth


Bild von Haymo Richter: hier haben wir dann kurze Zeit später die reinrassige Fanfarengruppe des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting beim Einsatz in Miltach
Kötztinger Umschau November 1958 , Zuschuss nur noch für den Spielmannszug der FFW, die Pfadis sind draußen.

 Mit Sicherheit gingen die beiden Gruppen bereits 1959 ihre eigenen Wege, sicherlich aber wissen wir es von 1960, als die FFW Kötzting um einen größeren Zuschuss beim Stadtrat vorstellig wurde. Damit ist uns auch der erste Leiter des Spielmannszuges bekannt: Georg Barth
Antrag auf einen größeren Zuschuss, Stadtarchiv Kötzting Pfingsten 1960

Kötztinger Umschau 1959 im April


Nun war die Grundlage gelegt, zum Trommlerzug kamen die Fanfaren, die Lyra wurde angeschafft, eigentlich sollte der Zukunft nichts mehr im Wege stehen, aber die Zeiten änderten sich und es war irgendwann nicht mehr "cool" (auch wenn man damals dieses Wort natürlich nicht benutzt hatte) beim Spielmannszug mitzumarschieren (und zu Üben und Üben). 
1968



1972 die Verantwortlichen haben Motivationsprobleme bei den Mitgliedern ausgemacht



1973 die Verantwortlichen sind dennoch zuversichtlich
Barth Schorsch
Wellisch Xaver
Hier nun auch die einzelnen Leiter des Spielmannszuges:






















Wack Traurig

Hans Traurig, derzeitig Chef des Spielmannszuges

Und weiter in der Geschichte, ein - für die Teilnehmer - wohl unvergesslicher Besuch bei den Kameraden des Spielmannszuges der Hamburg-Bergedorfer, leider sind viele meiner DIAs von damals unauffindbar.

Es muss 1977 gewesen sein, der Kötztinger "Fremdenverkehrsverein" unter der Leitung vom Vorstand Dieter Reithner organisierte eine Fahrt nach Hamburg-Bergedorf mit Bussen und PKW, zusammen  mit der Kapelle Wack Traurig, dem Spielmannszug und vielen Kötztingern. Bereits 1974 traten die "Hamburg-Bergedorfer" übrigens zum ersten Mal bei unserem Pfingstfest in Erscheinung. Diese nun schon so lange Jahre währende Verbindung wurde entscheidend von Fritz Löding (Bergedorf) und Georg Barth (unserem Pfingstbräutigam von 1956) begründet.
Infostand auf dem Hamburger Ratshausplatz
 Die Kurverwaltung - damals wohl noch unter dem Namen Fremdenverkehrsamt - hatte die Gelegenheit genutzt auf dem Hamburger Rathausplatz einen Infostand mit Bärwurzausgabe aufzustellen und dazu spielte dann auch der Spielmannszug damals noch mit dem "Heijterl" Karl als Tambourmajor. Was wir Alle nicht wussten war, dass an diesem Tag auf dem Rathausplatz eine Demonstration von ungefähr 2000 Motorradfahrern angemeldet war und so gingen wir ein wenig unter unter all den Bikern.

Natürlich durfte auch eine Hafenrundfahrt nicht fehlen - über den Rest schweigt der Berichterstatter, es war eine denkwürdige Reise zu den Hamburg Bergedorfer Freunden mit deren Spielmannszug


Rennfahrt zweier Barkassen im Hamburger Hafen





















Es ist ganz natürlich, dass die Entwicklung eines jeden Vereins Höhen und Tiefen durchmacht. Nach den Schwierigkeiten in den frühen 70er Jahren, die Mitglieder motivieren zu können, ging es dann aber mit der Entwicklung stetig aufwärts und so präsentiert sich der Spielmannszug mittlerer weile in einer imposanten Größe und Zuverlässigkeit und es erhöht alljährlich die Vorfreude auf Pfingsten, wenn man, manchmal schon Wochen vorher und nur leise im Hintergrund, im Markt die probenden Musikanten hören kann.

der Spielmannszug der Kötztinger Feuerwehr mit dem neuen Tambourmajor: Thomas Kybelksties




















 

Zum Ende nun noch ein paar Ausschnitte aus den Tageszeitungen zu diesem Thema:
Kötztinger Umschau Januar 1961
 Nimmt man diesen Blogeintrag als Ganzes, so sind es viele Köpfe und Hände, die zum Erfolg dieser Truppe beigetragen haben, trotzdem ist es vor Allem der Familienverband TRAURIG, der hier heraus sticht. 
Hier dazu noch ein Zeitungsbericht zu diesem Thema:

Und dann möchte ich nicht versäumen auch noch auf einen zweiten Spielmannszug der Feuerwehr im Bereich Kötzting hinzuweisen: der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Ansdorf: Auch die gab und, so weit ich weiß, gibt es noch.



 Am Ende noch ein Dank bzw. ein Hinweis auf die Herkunft der Bilder: von Ludwig Brandl stammen die Bilder der Pfadfinder. Von Hans Traurig habe ich die meisten der Spielmannszugbilder erhalten. Die Artikel stammen aus den Lokalausgaben der Kötztinger Umschau und der Kötztinger Zeitungen. Die Dokumente stammen alle aus dem Stadtarchiv Bad Kötzting.







 

Sonntag, 1. Januar 2017

Kötzting im Jahre 1907



Kötzting vor 110 Jahren 

in mittlerer weile guter Tradition möchte ich zu Jahresanfang einen Überblick geben, wie und was es in unserer Heimatstadt vor 110 Jahren so Alles gegeben hat. Warum 110 Jahre?  Ganz einfach, in der Pfingstbeilage der Kötztinger Zeitung schreibe ich seit 16 Jahren eine Rubrik "Kötzting vor 100 Jahren" und mit diesem Zeitungsdatengerüst und der Möglichkeit dieses Blogs, fast unbegrenzt Bilder und Dokumente hinzuzuladen, betreibe ich im besten Sinne ein Datenrecykling.

Gleichzeitig sehe ich hier natürlich ein klitzekleines Problem......ich bearbeite zZ. im Archiv sehr intensiv die Nachkriegszeit bis in die Mitte der Sechziger Jahre und wenn ich jetzt den kleinen mathematischen Dreisatz anwende dann müsste ich noch mindestens 50 Jahre warten, bis ich diese erarbeitete und dichte Information in dieser Rubrik auswerten kann. Nun kurz gerechnet....... 120 Jahre alt zu werden ist vlt. eine etwas unsichere Basis für einen Heimatforscher, wer weiß denn mit Sicherheit ob es das Internet bis dahin überhaupt noch gibt und was mache ich dann....
Also werde ich wohl vlt. zur Jahresmitte eine neuen Jahresrückblick einführen, der so ca. um 1947 einsetzt. Die direkten beiden Nachkriegsjahre werde ich wohl unter dem Aspekt des Kriegsendes und der Militärregierung dauerhaft separat in thematischen Einzelbeiträgen immer wieder aufgreifen. Doch nun geht's erst mal in altbekannter Weise weiter mit



dem Jahresreigen in Kötzting im Jahr 1907



  Die Auswanderung nach den vereinigten Staaten von Amerika war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ein stetes Thema und es gab seriöse und unseriöse Agenturen und Agenten. Zeitgleich gab es in den Kötztinger Zeitungen Anzeigen für lokale Vermittlungsbüro und die Warnung vor einer solchen Auswanderung.

Auch die billige Masche - heutzutage zu Zeiten des Internets die Nigeriamethode genannt -  leichtgläubige Menschen mit Geldsummen zu ködern gab es schon vor 110 Jahren und auch damals war es schon eine in der Bevölkerung bekannte Methode: die spanischen Schatzschwindler

 








Fasching des Lichtenegger Bundes 



Kurzer Fasching im Jahre 1907. Einem ersten Mummenschanz des Lichtenegger-Ritterbundes erlebte der Gasthof „Zur Post“. Die Motive zu diesem Feste sollten zur Eröffnung der Lokalbahn „Kötzting – Viechtach – Bodenmais“ passen. In dem als „Wartsaal III. Klasse hergerichteten Ballsaal entwickelte sich bald eine fröhliches und reges Treiben und „so walzten und rheinländerten nun Bahnpersonal, Bürgersleute, Bauern und reiselustige Fremde, Brotweiber, Wascherlmadeln und alte Schachteln, alle kreuzschnackerlfidel von Station zu Station[1]“. Der Abend verlief so erfolgreich, dass noch im Laufe des Abends der Wunsch aufkam noch im selben kurzen Karneval einen zweiten Abend folgen zu lassen und so konnte bereits in der Woche drauf eine Folgeveranstaltung in den „Gumbierlschen Sälen“ angekündigt werden.
Bis weit in die 70er Jahre hinein gab es in Kötzting eine andauernde Tradition der verschiedensten Bälle. Viele der Leser werden sich aus eigener Erfahrung an diese Abende erinnern können und können sich in der folgenden originalen Schilderungen wiederfinden.
Urkunde für den Ritter des Lichtenegger Bundes Franz Grassl
mit dem Aliasnamen: Ignaz von Damersberg
s.o. hier für Josef Amberger
Beim „Gumbierl“ also in den „Etablissements Wagner“ fand am Faschingsdienstag eine „Unterhaltung der Lichtenegger statt, die der ersten Veranstaltung in diesem Jahr nichts nachgab. Bei feenhafter Beleuchtung flutete eine Menge Menschen – Männlein und Weiblein – durch die Räume, ununterbrochen verlockten die einschmeichelnden Melodien eines starken und noch verstärkten Streichorchesters zum Tanz und im Hintergrund des Saales erhob sich ein mächtiges Zaubertheater a la Schichtl, dessen Besitzer, ein gewisser Rothmayr, dem Publikum die unglaublichsten Sachen vormachte. Sehr viele hübsche weibliche Masken, darunter sehr viele nette Dominos, hatten sich eingefunden und waren bestrebt, aus den Herren Lichtenegger=Rittern die alte Schneid hervorzulocken und diese attaquierten  ( zum Entsetzen ihrer vielleicht anwesenden Gattinnen) auch fest drauf los. Als um 12 Uhr Prinz Karneval schied, war der Tanz, - die Unterhaltung aber noch nicht zu Ende, es soll so lange gedauert haben, wie das letzte Mal. Am andern Tag aber war keine Katzenjammer=Aschermittwochsstimmung, sondern mit viel Humor wurde allenthalben manches nette Ereignis des vergangenen gelungenen Abends besprochen“.
Laut der Satzung des Ritterbundes Lichtenegg, die auf der Ruine Lichtenegg im Jahre 1879 beraten und auf dem Rittertage zu Kötzting am 27.10.1880 verbessert und beschlossen worden war verpflichteten sich die Mitglieder der Förderung des vaterländischen Sinnes durch Pflege von Denkmälern, Kunst, Musik und Dichtung. Sie wollten die landschaftliche und geschichtliche Eigenart des Gaues hervorheben und nicht zuletzt zur ritterlichen Geselligkeit beitragen. Dieses letzte Ziel sollte durch Veranstaltungen auf der Ruine Lichtenegg und durch Abhaltung von Rittertagen in Kötzting erreicht werden.
s.o. für Wolfgang Kolbeck
Die Aufnahme in den Ritterbund geschah durch eine geheime Wahl, nach Prüfung der Eignung eines Bewerbers durch den Großmeister. Bei einem Ergebnis von 2/3 der Stimmen war der Kandidat als Trossbube aufgenommen. Beim nächsten Rittertag konnte dann der Aufstieg zum Knappen erreicht werden um nach einem weiteren verstrichenen Vierteljahr dann am folgenden Rittertag zum Ritter geschlagen. Der Kandidat entschied sich für einen Ritternamen und erhielt diesen dann auch durch eine Urkunde bestätigt. Viele Kötztinger Bürger finden sich in den Urkunden als Ritter wieder.
Der Gasthofbesitzer Josef Amberger zum Beispiel war der Ritter Leoprecht von Viehhausen, Julius Krämer nannte sich Ritter Urach von Münsterburg und der Gastwirt Franz Graßl lies sich als Ritter Ignaz von Hamersberg ansprechen. 


 











Um im Thema des Lichtenegger Bundes zu bleiben, auch über das Jahr verteilt verstanden es deren Mitglieder die Feste zu feiern, wie einige ausgewählte Presseberichte beweisen:


 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, um 1900 Mann in der Mitte hält ein Modell der Ruine Lichtenegg mit der Aufschrift: Zur Restaurierung der Burg Lichtenegg

Ein kurioses Kartenspiel in Miltach


Immer wieder wird in den Kurznachrichten von ausgefallenen Kartenspielen berichtet, eingebettet zwischen den Sitzungsprotokollen des Zuchtstierverbandes und Schilderungen von besonderen Schicksalsschlägen, die einzelne Personen zu erleiden hatten. Gleich anschließend an die Schilderung der Not, die eine Familie Wensauer aus Lederdorn zu ertragen hatte aus deren Mitte im Laufe der letzten Jahre alle erwachsenen Kinder an Tuberkulose verstorben waren, wird vom Postexpeditor Helfer aus Miltach berichtet der am Ende eines Schafkopfabend beim vorletzten Spiel alle „8 Ober bekam“ und dass dann „beim letzten Spiele wiederum 8 Ober bezahlt wurden“.  Ein Schelm, wer dem Mann, der dieses Spiel gemischt hatte, Böses unterstellt, aber wenigstens war die Partie dann finanziell ausgeglichen.


Schlussprüfung der königlich landwirtschaftlichen Winterschule.

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, rechts die Holzschnitzschule in der Bahnhofstraße 

In den Räumen der ehemaligen Schnitzschule in der Bahnhofstraße  fand die Schlussprüfung der königlichen  landwirtschaftlichen Winterschule statt. Für insgesamt 25 Schüler fand sich eine Prüfungskommission ein, die die Schülerzahl an Köpfen überragte. Angefangen vom Regierungsrat, der die Prüfung leitete, übernahmen auch der Herr Kreissekretär, der Kötztinger Pfarrherr und Distriktsschulinspektor HH Pfarrer Elser, der Bezirksamtmann v. Fuchs, der Landrat Geiger, Vertreter des landwirtschaftlichen Kreisausschusses und alle Mitglieder des Lehrerkollegiums ihr Aufgaben bei der Prüfungsabnahme. Auch Mitglieder des Kötztinger Magistrats du viele Eltern fanden sich ein und konnten eine erfolgreiche Prüfung erleben. Unter den Lehrern der Winterschule fanden sich auch bekannte Kötztinger Persönlichkeiten wie unter anderem der königliche Oberleutnant der Reserve Lindner, der königlich Forstmeister Hubrich, der Volksschullehrer Drunkenpolz. Sie alle wurden, wie das gesamte Kollegium, vom Regierungsrat Bader hoch gelobt für ihr aufopferungsvolles Wirken und mit einem dreifachen Hoch auf den Regenten in München endete die Versammlung.

Aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung stammt eine Ansichtskarte aus der Druckerei Oexler, die wohl um die Jahrhundertwende gefertigt worden ist (die Eisenbahnlinie nach Lam ist bereits angedeutet. Die idealisierte Darstellung zeigt aber einige Details, die den Betrachter direkt ins Bild hineinzieht, aus diesem Grund habe ich das Bild auch in der großen Auflösung gelassen, es wirkt schöner so.
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, künstlerische Ansicht von Kötzting mit vielen liebevoll eingezeichneten Details, vor Allem sieht man dass der obere Teil der Gehringstraße, also ab der Ecke Metzstraße Gehringstraße damals noch weitgehend eine Gartenlandschaft war.




Pfingsten 1907

Stadtarchiv Bad Kötzting Pfingstakten von 1907 Pfingstplakat
Seit dem Pfingstritt 1906 gelten für die Aufstellung neue, genauere Regeln, das Protokoll der Sitzung des Pfingstkommitees vom Mai 1906 liegt - vermutlich um Doppelarbeit zu vermeiden - im Akt des 1907er Rittes und dieses legt fest dass der Aufstellungsort der Reiter vor der Veithskirche in der Torstraße beginnt und der Priester dann von zwei Reitern am Pfarrhof abgeholt wird. Mit dem Eintreffen dieser Rittspitze beginnt dann der Pfingstritt. Die Zugordner, durch Achselschleifen kenntlich gemacht, mögen bitte dafür Soge tragen, dass die sich aufstellenden Pfingstreiter nicht bis vor die St. Veithskirche vordringen sollten. Feuerwehrmänner an den Eingangsstraßen des Marktes postiert sollten den eintreffenden Pfingstreitern den Weg zum Aufstellungsort zeigen. Interessant ist hier eine Platzanweisung für einen der Feuerwehrmänner: "1 M(ann) auf die Straße beim sogenannten Auwasser".
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Michael Staudinger und Anna Schötz

Ich vermute, dass es sich dabei um die Furth handelt, an der jetzt die Brücke vom Hallenbad hinüber zum Jahnplatz führt, kann es aber nicht beweisen nur beurteilen, dass man unterhalb des Marktmüllerfalles eher noch nicht vom Auwasser sprach, auch wenn noch weiter regenabwärts die Auwiesen kommen. Es gibt aber in Kötzting den Begriff der "Auwasserer" und damit sind meines Erachtens alle Regenanlieger ab Fessmannsdorf/Grafenwiesen bis hinauf nach Arrach bezeichnet.

Weiter wünschte das Komitee, dass die in den Vorjahren ausgezeichneten Pfingstreiter ihre Ehrenfahnen mit brächten und vor allem solle der Zug bis zum Eintreffen bei der Pfarrkirche beisammen bleiben.  Die Veitskirche und der umliegende Platz solle besonders effektvoll dekoriert werden und im Markte hauptsächlich auch bei der Veitskirche und am Bleichanger Triumpfbögen aufgestellt werden. Wenn nötig kann auf dem Platze bei der St. Veitskirche am Vorabend während des Zapfenstreiches bengalisches Feuerwerk angezündet werden. Das Abbrennen von bengalischen Hölzern durch Kinder ist gegen Strafe verboten. Weitere Regeln betreffen die Aufstellung der Hengste und Anweisungen für den Bräutigam und die Gendarmen. Diese 1906 aufgestellten Regeln werden für 1907 übernommen, aber natürlich traf sich das Pfingstkomitee auch im Jahre 1907, welches, geleitet vom Bürgermeister Liebl und dem Pfarrer Elser auch aus den Magistratsräten Stauber und Stoiber, den Herren Drunkenpolz, Carl Lindner, Georg Dreger, dem Commandanten Karl Vogl, Franz Schmidt und abschließend noch aus Karl Obermeier bestand



Pfarrer Elser wählte aus der Vorschlagsliste des Magistrats den Elektrizitärsbesitzerssohn Michael Staudinger aus, der sich die Bürgerstochter Anna Schötz als Pfingstbraut auserkor.
Im Stadtarchiv befindet sich die Einverständniserklärung, unterschrieben vom neuen Pfingstbräutigam, darin erklärte er sich bereit: die Pfingsthochzeit am Pfingstdienstag pünktlich um Mitternacht beenden zu lassen und den (früher immer üblichen) Ausflug aller am Pfingstgeschehen Beteiligten am Dreifaltigkeitssonntag nach Grafenwiesen zu unterlassen. Darüber hinaus hat er Sorge zu tragen, dass sich die "Brautführer und sonstige junge Leute in der Behausung der Pfingstbraut" nicht "zu größeren Unterhaltungen zusammen gesellen" und dass keine auswärtigen Personen zur Hochzeit eingeladen würden.
Unterschrift: Staudinger

Die Wahl fiel auf Michael Staudinger, schrieb Pfarrer Elser in seiner Stellungnahme, weil er erstens einer der beiden vorgeschlagenen Kandidaten des Magistrates gewesen war und weil zweitens der Andere schon längere Jahre ortsabwesend sei. Es müsse in Aller Interesse sein, dass nur ein Jüngling ausgewählt werde, "welcher sichere Garantie für ein einwandfreies Vorleben gewährleiste. Das kann aber nur geschehen, wenn die Genannten auch hier unter den Augen der Bevölkerung leben, so daß die Wahl eines nicht Würdigen möglichst ausgeschlossen erscheint."

Es folgte noch eine Bekanntmachung von Seiten des Magistrats nach Aufforderung durch das Pfarramt. Hintergrund ist wohl das Ärgernis für den Pfarrer, dass die Gäste der verschiedenen Wirtshäuser am Marktplatz den Feldgottesdienst bei der Veitskirche wohl gerne aus den Fenstern heraus betrachteten, womöglich auch nicht mit einem Glas oder einer Flasche Bier in der Hand.
Jedenfalls mussten alle Wirte am oberen Markt
Stoiber
Irlbeck  (Apotheke Adamek)
Korherr
Kermer (Bäckerei Pongratz)
Greisinger
Mühlbauer (Osl)
Decker (Kaufhaus Wanninger)
Miethaner
Amberger (Amberger Hof)

diese Bekanntmachung unterschreiben und es stand die Drohung im Raum, dass bei erneuter Zuwiderhandlung es niemals mehr eine Feldmesse auf dem Marktplatz geben würde.





Nun konnte es endlich Pfingsten werden und die Zeitungen waren voll von Ankündigungen und Werbeanzeigen der Kötztinger Wirte:

 

 

 

 

 Bericht über den Pfingstritt 1907 im Kötztinger Anzeiger:

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Ausritt 1907

Erneut war in diesem Jahr Kooperator Späth der amtierende Geistliche, der hinter der Spitze des Zuges, gebildet von Kreuzträger, 2 Signalisten und 2 Laternenträgern, die Wallfahrt der mehr als 200 Pfingstreitern um ½ 8 Uhr anführte.
„Die Feldmesse musste heuer wegen der vorherrschenden regnerischen Witterung unterbleiben, jedoch wurde eine hl. Messe in der Pfarrkirche gehalten. Gegen ½ 1 Uhr kam die Prozession wieder aus Steinbühl nach Kötzting zurück, wo eine Menge Menschen anwesend war. Die Glocken läuten, die Böller knallen während die Pfingstreiter unter lautem Gebete einziehen – ein seltener erhebender Anblick. Auf dem sogenannten Bleichanger nahm die Prozession Aufstellung, allwo der amtierende Geistliche Herr Kooperator Späth, eine Ansprache hielt und am Schluße seiner Rede die Überreichung des Tugendkranzes (Filigranarbeit aus Gold) an den Bürgerssohn Michael Staudinger von hier, vornahm Außerdem wurde eine Ehrung durch den Magistrat zuteil Herrn Franz Kirschbauer von hier für 40 jährige und Herrn Josef Bergbauer von Gmünd für 25jährige Beteiligung am Pfingstritte. Der Zug nahm seinen Weg bis zur Pfarrkirche wo er sich auflöste. An diese Feierlichkeit reihte sich die Pfingsthochzeit. 

Der dekorierte Jüngling erwählte sich die Bürgerstochter Fräulein Anna Schötz als Braut. Gegen 5 Uhr nachmittags folgte der übliche Burschen- und Brautzug und abends der Ehrentanz. Wenn auch die regnerische Witterung viele vom Besuche des Pfingstrittes abhielt, so war die Beteiligung doch eine gute“.

 
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenzug in der Jahnstraße

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenverein beim Pfingstbräutigam 1907
 

 

Tragische Unglücksfälle


Im Mai wird aus Miltach berichtet, dass ein 13jähriger Junge aus Anzenberg, der in Pulling bedienstet war, sich in Kötzting eine Flobertpistole gekauft hatte. Beim stolzen Herumzeigen seiner Erwerbung löste sich ein Schuss und drang dem jungen Besitzer in den Unterbauch. Am Abend desselben Tages verstarb der Bub und die Zeitung ermahnt die Eltern und Kaufleute solches Spielzeug nicht zu dulden.
In Kötzting ereignete sich ein Unfall im Zusammenhang mit dem Böllerschießen am Fronleichnamstag. Der Hausbesitzer Josef Wensauer besorgte dieses wie immer und machte sich daran die letzten vier Böller zu laden. Leider ging ein Schuss zu früh los und verletzte den Unglücklichen derart am linken Auge, dass dessen Sehkraft verloren ging.
„Außerdem wurde er an einer Schulter verwundet und sein Schurz fing zu brennen an; wäre seine Ehefrau nicht des Weges gekommen, welche die Flammen erstickte, so hätte Wensauer auch noch Brandwunden wenn nicht den Tod erlitten. Der Verunglückte machte den Feldzug 1870/71 mit und wird allgemein bedauert“.

Waldschmidtdenkmal


„Am Sonntag den 13. Mai wurde in Kötzting der Ausschuss für Errichtung eines Denkmales für Herrn Hofrat Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt, königlicher Hauptmann a.D. gewählt und zugleich beschlossen, dass das Denkmal für unseren berühmten Waldler am 11. August auf dem Riedlstein enthüllt werden soll. Leider sind bis jetzt freiwillige Beiträge noch wenig eingegangen und die Kosten noch nicht zum 10. Teil gedeckt. Es ergeht also ein Aufruf fleißig zu spenden und diese Beiträge in der Buchdruckerein zu hinterlegen

Nach wenigen Wochen war dann der Entwurf eingetroffen und so konnte festgestellt werden, dass aus dem vorher beabsichtigten Obelisken ein Turm geworden war, mit einer quadratischen Grundfläche von 2,60 m Kantenlänge und einer Höhe von 6 Metern. An einer Wand wird ein Bronzemedaillon im Wert von 1500 Mark befestigt. Die Namen aller Guttäter (=Spender) sollen in einer Dose im Grundstein hinterlegt werden. Da allein der Antransport des Materials einen ansehnlichen Betrag verschlingen wird, ergeht erneut ein Aufruf fleißig zu spenden.
[2]Der Plan für die Denkmalserrichtung geht zunächst aus von dem Konservenfabrikanten Biller in Arnbruck und dessen Buchhalter, verdankt also seine Entstehung mehr geschäftlichem Reklamebedürfnis als ideellen Gesichtspunkten" schreibt der Viechtacher Bezirksamtmann Wißling am 19. Juni 1907 an das Regierungspräsidium in Landshut.
Es gab freilich noch andere Beweggründe. 1906 war Hofrat Schmidt auf Einladung von Alois Biller für einen Tag, 1907 für mehrere Tage in Arnbruck. Beim zweiten Besuch überraschte ihn abends ein Kreis von Verehrern mit der Mitteilung, "dass geplant sei, ihm ein würdiges Denkmal für seine hohen Verdienste zu errichten". Der Ausdruck hohe Verdienste meint wohl die Tatsache, dass der Schriftsteller auch den Bayerischen Wald zum Schauplatz seiner Romane und Erzählungen gewählt, die Waldheimat dadurch gleichsam auf eine höhere Ebene gehoben und   einem großen Publikum bekannt gemacht habe. Noch höher dürften seine Verdienste um die Regionalförderung geschätzt worden sein.
Maximilian Schmidt jedenfalls war von den Arnbrucker Plänen gerührt und sehr angetan. Er ist "den Arrangeuren auch mit Ratschlägen über die Durchführung zur Hand gegangen; es soll ein Bronzemedaillon von Überlebensgröße in den Felsen eingelassen werden. Die Fertigung des Entwurfs hat Professor Hauberrisser in München zugesichert und zwar als Freund des zu Ehrenden unentgeltlich". Der Guss des Bronzemedaillons erfolgte in der Gießerei Rupp, München.




Primiz in Kötzting


Im Juli diesen Jahres hatte die Pfarrei Kötzting wieder einmal Grund einen Primizianten aus ihrer Mitte zu feiern. Herr Primiziant Josef Aschenbrenner aus Ried wurde von Reitern und der freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatgemeinde Liebenstein in Kötzting begrüßt und in die Pfarrkirche begleitet wo er den zahlreichen Gläubigen als Neupriester seinen Segen spendete.

Eröffnung des neuen Januel=Saales


Das Januelgasthaus ist nun bis auf den äußeren Verputz vollendet; die Lokalitäten und auch die Gänge sind äußerst geräumig und zweckmäßig gebaut und besonders hat der Saal dadurch, dass die Theaterbühne in einem eigenen den Saal beherrschenden Raum verlegt worden ist; eine bedeutende wohltuende Vergrößerung erfahren; er ist den Flächeninhalt nach der größte Saal des Marktes.“
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Theatergruppe: "die Chinakrieger" an der Treppe beim Gasthof Januel: aus dem Treppenpodest 1.v.re Oexler max, 2.v.re. Krämer Julius, untere Reihe Mitte m-. weißem Kniestrümpfen Krämer Konrad, 2. Reihe v.li. Huber Drechsler neben den 3 Frauen, untere Reihe 3.v.re Traurig

Wenn nun, wie bis vor wenigen Jahren üblich,  bei der Pfingstkneipe der Kötztinger Burschen und Wandererverein die Pfingstfeierlichkeiten beim Januel eröffnete, so konnte er im Januelsaal noch genau die Strukturen erkennen, die vor 100 Jahren dem katholischen Gesellenverein (=Vorgänger des Kolpingsvereines) als Theaterbühne dienten. Am Mittwoch den 24. Juli 1907 wurde der neue Januelsaal  durch eine Namensfestvorfeier seines Vizepräses Jakob Elser eingeweiht.




Die Firmreise des Regensburger  Bischofs von Henle:

 

 

 

 

 

 

 

Lichteneggfeier


Lange angekündigt veranstaltete der Kötztinger Lichtenegger Bund am letzten Juli Wochenende sein Burgfest. „Bei schönem Wetter kann ein jeder auf den Hohenbogen  aber im größten regen darartige Spaziergänge zu machen bringen nur die Todesmutigen vom Lichtenegger Bund zustande. Sogar die Musikkapelle spielte trotz des größten Ungemachs  zum Tanze auf.“ Im von Forstmeister Hubrich geschmücktem Forsthaus und mit dem guten Kötztinger Deckerstoff entwickelte sich eine rührende Gemütlichkeit und als die Sonne einige Minuten lächelte waren sogar ein paar Tänze auf dem grünen Rasen möglich. Dann aber prasselte der Regen wieder und nur „tanz und puff=feste“ Wesen drehten sich dann weiter im Saale. Viele wackere Ritter versammelten sich um die Humpen und nach den Festreden der Herren Hubrich und Bergmann folgte ein flotter Marsch und „bergab gings durch dick und dünn, durch Naß und Trocken dem harrenden Extrazug entgegen. Ein schriller Pfiff, ein letztes feuriges Halloh und in wenigen Minuten waren alle Teilnehmer des Ausfluges in Kötzting!“ „ So ein Extrazug ist eine Wohltat, kein Heidelbeer=Verladen, kein Rangieren

Das neue Schulhaus

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, das 1907 neu erbaute Schulhaus

Im September wurde das neu erbaute Schulhaus, „die Perle des aufstrebenden Marktes“ mit einem Gottesdienst, einem Festzug der Schulkinder mit dem gesamten Lehrpersonal und einem Festakt. Der königliche Bezirksamtmann v. Fuchs, der Bürgermeister Liebl und der Kötztinger Pfarrherr und gleichzeitig Schulinspektor HH Pfarrer Elser sprachen auf dieser Feier. Mit einem Toast auf den Prinz=Regenten Luitpold endete die Veranstaltung.
Das neue Schulhaus ist eine Zierde unseres lieben Marktes und macht auf den Beschauer einen großartigen Eindruck. Ein solemner Festfrühschoppen im Weinrestaurant Rothmayr reihte sich an die schön verlaufene, denkwürdige Feier.“


[1]  Bayerische Staatsbibliothek München, 4Eph.pol.3cel 1907 ff
[2] http://www.waldverein-arnbruck.de/waldschmidtdenkmal.htm

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Weihnachtsgeschenke für einen Kötztinger Heimatforscher

erste Forschungsreise in diesem Winter

Nächste Woche geht's ab nach München, 3 Tage Archivarbeit im Hauptstaatsarchiv, Staatsarchiv München und in der Bayrischen  Staatsbibliothek. Da die Kollegen da oben nicht auf jeden Kundenwunsch sofort ins Magazin eilen sollte man diese Besuche vorbereiten und dann kommt irgendwann ein Brief , dass die gewünschten Archivalien zur Einsicht vorliegen oder nicht.

Manchmal gibt's da ein paar Überraschungen, positive wie negative.

Ahnentafel des sogenannten "Pongratzprozesses" Staatsarchiv Landshut Pfleggericht Cham A 405


Was bekomme ich nächste Woche im Hauptstaatsarchiv München (hoffentlich) zu sehen:



hier geht's um die Bestallung von zwei Kötztinger Botenstellen im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, dem sogenannten Straubinger und dem Regensburger Boten. Interessant wird sein, was die Arbeitsbedingungen und die jeweiligen Auflagen sind, die die Bewerber erfüllen mussten.

Dann geht's weiter mit einer Münchner Entscheidung über eine Kötztinger Wasserleitung, die der Kötztinger Bürger Windorfer beantragt hatte. Hier möchte ich genauer wissen, was an dieser Entscheidung so schwierig war, dass sogar München darüber urteilen musste.

Der letzte Akt aus diesem Stapel betrifft unter anderem  die Hofmark Reitenstein, die, zu diesem Zeitpunkt,  noch nicht im Besitz des Marktes Kötzting war sondern noch eine eigenständige Hofmark bildete.

Interessant wird bei der nächsten Bestellung:
Bei dem ersten Akt erwarte ich eine Art: " die seltsamen Methoden des Inspektors Wanninger", das war eine Fernsehkrimiserie in den Sechzigern. Hier geht es um die besonderen Tricks, die der Chef der Kötztinger Gendarmerie, Suffa,  1853 angewandt hatte um den Räuber Michael Heigl endlich dingfest zu machen.
Beim zweiten Bündel sollte es - hoffentlich - um die Bande eines gewissen Vogl aus Traidersdorf gehen, der in den 80er Jahren ebenfalls in den Presse genannt wird wobei die Kötzting er sich in Gegendarstellungen heftig darüber beschwert hatten, dass der Räuber Vogl in der überregionalen Presse  als Kötztinger bezeichnet worden war. "Traidersdorf wäre eine eigenständige Gemeinde und im Übrigen mindestens 1 1/2 Stunden von Kötzting entfernt."
Ich vermute mal, dass Bob Vogel, der Sheriff  aus Florida, dessen Urgroßmutter ja aus Traidersdorf stammt, sicherlich sich sehr freut, wenn er einen leibhaftigen Räuberhauptmann in der Verwandtschaft hat.
Und dann gibt's noch ein Schmankerl oben drauf, der nette Mitarbeiter in München hat noch einen Akt über Michael Heigl ausfindig gemacht, nämlich über dessen Verurteilung zum Tode und die nachfolgende Begnadigung. Mal schauen, was da so alles drinsteht


Im Staatsarchiv München findet sich ein Aktenbündel, das sich mit dem sogenannten "Pongratzprozess" beschäftigt.
Meines Wissens nach hat es wegen eines - möglicherweise fiktiven möglicherweise echten - Erbfalles über sage und schreibe 220 MILLIONEN holländische Gulden zum Ende des 18. Jahrhunderte knapp unter 80 Prozesse gegeben. So weit ich weiß hatte die letzte Prozessgemeinschaft in den 1950er Jahren zuletzt versucht über eine Petition im bayerischen Landtag eine Neuaufnahme des Prozesses genehmigt zu bekommen.
Die "Räuberpistole", die zu dieser Prozessserie geführt hat ist im Neukirchener Heimatbuch von Mathilde Baumann unter dem Titel: "Der Goldbrief von Atzlern" schon detailliert
beschrieben worden. Ich habe in Landshut sogar schon die dazugehörigen Folterprotokolle des angeblichen Bösewichts gelesen. Auch wenn ich auf die Abstammungslinie des Erblassers - möglicherweise - erst mit dessen Großvater treffe, da der Bösewicht "Semmelbauern Hansl" hieß und meine Frau väterlicherseits von den Semmelbauern  abstammt ist diese Geschichte sowohl heimat- als auch familiengeschichtlich sehr interessant. 
hier noch einmal die Ahnentafel, die schon eingangs als Illustration verwendet worden war: auf dieses Erbe wollten natürlich vor mehr als 200 Jahren Viele aufspringen, die diesen Familiennamen führten. Diese wunderschön gemalte Ahnentafel - im Original sicherlich 50 cm in der Diagonale  man beachte die Trachten des ausgehenden 18. Jahrhundert - half aber nichts, Geld gab´s trotzdem keines, wie auch später nichts.

Nachdem diese holländische Erbschaft, wenn es sie überhaupt gegeben hat, vom Hause Wittelsbach - Teile von Holland waren mit dem Hause Wittelsbach in Straubing verbunden -, eingestrichen worden war, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass König Ludwig seine Schlösser mit UNSEREM Geld gebaut hatte. ;-))

Nun zur negativen Überraschung: in den online lesbaren Repertorien des HStAs findet sich ein Hinweis auf die Auswanderung eines Kötztinger jüdischen Mädchens nach Palästina.


Kirschner, Susanne, Jude, geb. 22.11.1927 in Kötzting; 1939 nach Palästina ausgewandert.



Susanne Kirschner, geboren im November 1927 bekam die Erlaubnis 1939 nach Palästina auszuwandern. Diesen Akt habe ich aber wegen des noch bestehenden Datenschutzes nicht bekommen. Ich finde es aber äußerst bemerkenswert, dass ein junges Kötztinger Mädchen im Alter von 12  Jahren es während oder kurz vor dem zweiten Weltkrieges geschafft hat aus Deutschland zu entkommen und sich bis nach Palästina durchzuschlagen. Eine Unternehmung übrigens, die ihr Vater Julius Kirschner 1940 schaffte. Dieser starb - angeblich mit Herzversagen - auf dem Donauschiff URANUS in Bulgarien auf der Fahrt ins Donaudelta, wo er bereits auf der Passagierliste für einen Überseedampfer, der PACIFIC stand, welcher dann ebenfalls nach Palästina fahren sollte. Die jüdisch askenasische Kulturgemeinde in Rustschuk in Bulgarien bestätigte die Beerdigung auf deren jüdischem Friedhof am 9.9.1940.

DDSG-Raddampfer Uranus, gechartert von der jüdischen »Mossad
Das Bild und die genaueren Umstände der Fahrt der URANUS an das Donaudelta kann hier nachgelesen werden, aus diesem Blog stammt auch das Bild

Vielleicht war dies bei er ganzen Tragödie sogar der einfachere Tod, denn das Schiff sollte nie in Palästina ankommen: siehe den folgenden Bericht aus:
Jürgen Rohwer

JÜDISCHE FLÜCHTLINGSSCHIFFE IM SCHWARZEN MEER (1934-1944) In: Ursula Büttner (Hrsg.): Das Unrechtsregime. Band 2: Verfolgung / Exil / Belasteter Neubeginn.
Hamburg: Christians Verlag 1986. S.197-248.

Inzwischen war es dem Mittelsmann Eichmanns, Storfer, gelungen, einen neuen großen Transport von überwiegend Mossad-Anhängern auf vier DDSG-Schiffen auf den Weg zu bringen. Am 3.9.1940 liefen die SCHÖNBRUNN und die HELIOS mit zusammen 1771 Menschen von Wien aus, darunter 600 freigelassene Häftlinge aus Dachau, 300 alte Menschen und 150 Kinder unter 12 Jahren. Ihnen folgten noch am gleichen Tage die URANUS und MELK mit zusammen 1880 Menschen, darunter etwa 3/4 "Halutzim" aus Österreich, dem Protektorat und Danzig. Dieses Mal hatten die Mossad-Agenten Bar-Pal und Ruth Klüger in den rumänischen Donau-Häfen drei Schiffe bereitgestellt. Am 7.10. lief die ATLANTIC mit den 1771 Flüchtlingen der SCHÖNBRUNN und HELIOS von Tulcea über Sulina aus. Am 11.10 folgte die PACIFIC mit 1000 Passagieren der URANUS von Sulina, und am 19.10. die MILOS (1895, 598 BRT) mit 880 Passagieren der MELK ebenfalls von Tulcea. Auf diesen alten und verrotteten, für weniger als 100 Passagiere eingerichteten Schiffen herrschten unbeschreibliche Zustände. Auf der PACIFIC gab es nur einen Parafinofen und kaum Trinkwasser. Die Flüchtlinge mussten in Schichten schlafen und konnten nur abwechselnd in festen Turns an Deck kommen, um frische Luft zu schöpfen. Auf der ATLANTIC gab es unter Deck keine Ventilation und kein Licht, die sanitären Einrichtungen waren äußerst rudimentär, und teilweise konnten die Flüchtlinge auch nur abwechselnd sitzen. Schließlich brach auf der ATLANTIC eine Typhusepidemie aus, und ehe das Schiff Zypern zur Ergänzung der Vorräte erreichte, starben 15 Menschen. Die weitergefahrenen Schiffe PACIFIC und MILOS wurden am 14.11. vor Haifa von britischen Kriegsschiffen aufgebracht und in den Hafen geleitet. Unter dem Eindruck dieses neuen Ansturms veröffentlichte die Mandatsregierung am 20.11. eine Ankündigung, dass von nun an alle Personen, die versuchten, illegal nach Palästina einzuwandern, in eine britische Kolonie deportiert würden, wo sie bis zum Kriegsende verbleiben müssten. Am 24.11. traf auch die ATLANTIC in Haifa ein. Alle Bemühungen der Jewish Agency, die Entscheidung der Mandatsregierung rückgängig zu machen, hatten keinen Erfolg. Am gleichen Tage begann man, zunächst die Passagiere der PACIFIC an Bord des im Hafen liegenden internierten französischen Passagierschiffes PATRIA (1913, 11.885 BRT) zu bringen, mit dem die Flüchtlinge nach Mauritius im Indischen Ozean deportiert werden sollten. Um die Deportation zu verhindern, hatte ein Kommando der "Haganah" am Rumpf des Schiffes Sprengladungen angebracht, welche das Schiff auf Grund sinken lassen und damit die Fahrt unmöglich machen sollten. Die am 25.11., kurz nachdem auch die ersten 80 Passagiere der ATLANTIC an Bord gebracht waren, detonierende Sprengladung erwies sich jedoch als viel zu stark, so dass die PATRIA innerhalb von 15 Minuten sank und teilweise kenterte. Trotz aller Rettungsmaßnahmen der britischen Marine kamen 254 Personen bei dieser Katastrophe um. Die restlichen Passagiere der ATLANTIC und MILOS wurden zunächst in das Internierungslager Athlit geschickt, wobei die Polizei teilweise Gewalt anwenden musste. Nur 45 besondere Fälle wurden ausgenommen. Am 8.12. brachte man die 1584 restlichen Personen an Bord eines Passagierschiffes, mit dem sie nach Mauritius transportiert wurden, wo sie bis zum August 1945 in Lagern untergebracht waren. Die ursprünglich geplante Deportation der geretteten Flüchtlinge der PATRIA musste jedoch auf Grund von Protesten aus den U.S.A. und nach einer Intervention des Zionistenführers Dr. Weizmann bei Churchill unterlassen werden.51)




Den Hinweis auf die Dampfer habe ich von Frau Dr. Erika Schwarz und ihrem Mann Gerhard erhalten, die an einem Forschungsprojekt in Brandenburg arbeiten und dort auch auf Julius Kirschner gestoßen sind, der dort bis zu seiner Ausreise auf einem landwirtschaftliche Gut arbeiten musste. Beide bereiten eine Veröffentlichung vor, auf die ich schon sehr gespannt bin.

 
Nachdem ich den Akt noch nicht erhalten habe, Datenschutz im bayrischen Archivgesetz, muss ich eben noch warten, eine größere Arbeit zu diesem Thema ist eh erst für 2018 geplant.

Als dritte Anlaufstelle kommt dann noch die Staatsbibliothek dazu, praktischer Weise im Gebäude daneben - hier geht's um ein paar Zeitungskopien, für die 1910er/1920er und 1930er Jahre.
Durch eine Nachfrage nach einem Besuch des Kronprinzen Rupprecht in Kötzting 1926 habe ich einen Hinweis auf eine Chamer Zeitungsnotiz bekommen, wo sich der Autor über die Kötztinger Bürger lustig machte, welche offensichtlich vor dem hohen Besuch sich sehr devot verhielten.


Es werden also drei spannende Tage in München nächste Woche, aber nur für den den´s interessiert.....