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Mittwoch, 28. Mai 2014

Kötztinger Kinderfestzug

Der Kötztinger Kinderfestzug,    ein Suchspiel......

Sieht man auf die Probleme, die wir im Arbeitskreis Heimatforschung bei den Bildern von - sagen wir mal - 1940 rückwärts in die Vergangenheit haben, jemanden zu finden, der uns die abgebildeten Menschen identifizieren könnte, dann ist es nur folgerichtig das Material nun zu bearbeiten, bei dem diese Schwierigkeiten eigentlich noch  überwindbar sein sollten.


Dieser Beitrag könnte sich also wirklich zu einem gemeinsamen Suchspiel entwickeln in dem die "Schwarmintelligenz" die Lösungen bringt. Es sind private Aufnahmen meiner Familie - meine Mutter hat da mal einen Farbfilm ausprobiert und doch ziemlich verwackelt, obwohl damals offensichtlich die Sonne geschienen hatte und somit eigentlich genügend Licht für scharfe Bilder vorhanden gewesen war. - Manche Personen sind mir bekannt, die allermeisten aber nicht und vor allem auch die Zuschauer im Hintergrund wären interessant.
Auch wenn die Bilder weder professionell gestaltet noch scharf gestellt sind, so zeigen sie doch durch ihre Farbigkeit ein paar liebenswürdige Details, die in den damals üblichen S/W Bildern nicht dargestellt werden können. So sieht man z.B. den damaligen Grasbewuchs (eigentlich war es Klee) auf dem Kötztinger Marktplatz vor dem Haus Nr. 30
Zuerst einmal aber sollen die paar Bilder wie bei den anderen Beiträgen auch einen Blick zurück werfen und das Kötzting unserer Kinderzeit lebendig werden lassen. Wem es Spaß macht an dem Suchspiel teil zu nehmen, der kann sich gerne beteiligen:


Also bei diesen Bildern gäbe es eine Menge zu klären und das könnte mit der Kommentarfunktion im Blog geschehen oder aber - der Beitrag wird wieder bei Facebook gelinkt - durch die Kommentare in FB.

Ich kann dann im Laufe der Zeit die einlaufenden Hinweise in diesen Text einbauen und so alles ergänzen und so können wir gemeinsam für den Arbeitskreis Heimatforschung die Personen benennen und speichern.

Zuerst die Jahreszahl, ich würde sagen 1964/65








Auf diesem Bild erkenne ich gleich gar niemanden
. Schön zu erkennen, dass der Marktplatz in Kötzting teilweise mit Gras bewachsen war.

Wer waren die Kinder und wer der Lehrer?

Auch hier gilt es die Teilnehmer herauszufinden.











   Pfingstbrautpaar: Cousine vom Schötz Heinz und Dieter Kellner, Brautführer rechts Bäbbäb, links Schmitzbeck Schosch Organisatorin, Ausbilderin und Begleiterin: Gerstl Mare

Wer ist das Pfingstbrautpaar und die beiden Begleiter, wer sind die Lehrerinnen und kennt jemand die beiden Zuschauer ?
Lt Anna Tham ist es die Frau Hofmann vom Spitalplatz


In der Mitte sind Annette Auzinger(Kühlmeyer) und meine Schwester Christine, vorne rechts könnte Miethaner Christa (lt Gartner Emma) sein.  Anna Tham hat dies bestätigt und sagt neben Christa geht Edeltraud Meier.
Die Vierergruppe im Hintergrund nach Anne Tham:
zuerst Sie selber mit Elisabeth ? und dahinter  Ulrike Pinzinger mit Maja Schiel

Im Hintergrund als Zuschauer von links: Frau Helene Peters und Mina und Franz Bauer




Erkennt jemand die anderen Zuschauer und Kinder?


Das Biedermeierbrautpaar und viele Kinder, Begleiter und Zuschauer sind gesucht. Rechts Costa Fritz von der Stadtverwaltung.



Hier habe ich zwar eine Vermutung aber nix Gewisses weis man nicht, wer also waren die Käfer und
die Lehrerin in lindgrün....



der Taferlbub ist der Treitinger "Fonse"


Zigeunergruppe mit vermutlich Irlbeck Marianne rechts im Hintergrund, aber der Rest..und wer kennt man auch die Menschen am Straßenrand?

links: Christa Rabl-Dachs und ich glaube ganz rechts am Rande Frau Rabl, die Nachbarin meiner Kindheit. Mitte wieder Irlbeck Marianne

Robert Auzinger war damals der "Kaiser von China"


 

Also noch einmal, interessant für uns sind die Kinder, die Begleitpersonen UND auch die Zuschauer und vlt weiß jemand der selbst dabei war, in welcher Klasse er damals war und so bekommen wir auch die Jahreszahl raus, also viel Spaß...



Donnerstag, 1. Mai 2014

Eine Schießstätte beim Lindnerbräu und die Furcht der Weissenregener...

Die Kötztinger Schiessanlagen I



Wir schreiben das Jahr 1895 und die Feuerschützengesellschaft Kötzting beabsichtigt auf den im beiliegenden Situationsplan näher bezeichnete Besitzobjekten des Bierbrauereibesitzers Carl Lindner dahier eine Schießstätte mit Kugelfang und Schießhalle zu errichten. So beginnt ein Antragsschreiben des Schützenvereins am 25.April 1895 an des königliche Bezirksamt Kötzting. Das Bezirksamt,(BZA), der Vorläufer des heutigen Landratsamtes, war im Gebäude des jetzigen Rathauses untergebracht.
Die amtlichen Vermerke am Rande des Aktes zeigen, dass das Bezirksamt zuerst einmal am 3. Mai beim Forstamt in Kötzting eine Beurteilung erbat, welche die Unbedenklichkeit der Anlage am 5.5. auch beurkundete, mit der Maßgabe, dass die Sicherheitseinrichtungen auch plangemäß ausgeführt würden.
Plan der technischen Ausrüstung der neuen Schiessanlage beim Lindner
 Am 7. Mai bereits ging beim Magistrat in Kötzting die Antwort vom BZA ein welches den Markt aufforderte den Vorstand der Kötztinger Feuerschützengesellschaft zu veranlassen, die Plannummern des Lindnerschen Besitzes in den Lageplan einzuzeichnen und die Grundstücksbesitzer zu benennen, welche dem Lindnerschen Grundstück in Schussrichtung benachbart lägen
Am 17. Mai nun kommt es zu einer ersten Arbeitssitzung, es treffen sich:
Herr Carl Lindner, Brauereibesitzer
Herr Xaver Windorfer, Fabrikbesitzer
Herr Friedrich Rett, Privatier und
Herr Franz Müller Hausbesitzer sämtliche von Kötzting: mit ihrer Unterschrift bestätigen die vier, dass sie gegen die Bezirksamtliche Verfügung durchaus keine Einwendungen hatten.

Mit Datum vom 17. Mai gibt nun der Magistrat Kötzting grünes Licht für die Anlage, jedoch schickt das Bezirksamt den neuen Lageplan mit der eingezeichneten Gemeindegrenze zur Beurteilung auch an die Gemeinde Weißenregen und damit geht der Zauber los:

Am 17. Juni nun schreibt der Vorstand des Feuerschützenvereins erneut an das BZA, weil er Nachricht erhalten hat, dass Angehörige der Gemeinde Weißenregen Widerspruch eingelegt hatten gegen die Erbauung einer Schießanlage, wegen Gefährdung des in Schußrichtung liegenden Fußweges nach Hafenberg sowie der in der gleichen Richtung liegenden Grundstücke.
Der Vorstand vermutet, dieser Widerspruch würde lediglich auf ungenügender, vielleicht auch gänzlicher Unkenntnis der verschiedenen die Schieß=Anlage betreffenden Sicherheits=Vorrichtungen gründen
und schlägt daher vor die betreffenden Grundeigentümer zur Augenscheinannahme an Ort und Stelle einzuladen. Dazu würde sie im Einverständnis mit dem Bierbrauer Herrn Lindner vor dessen im Baue befindlichen Faßhalle beziehungsweise auf der dieser gegenüberliegenden Wiese mittels Aufstellung von Stangen, Brettern und dergleichen die beabsichtigte Schießanlage im Skelett errichten.
Damit könnten die Grundbesitzer sich über die Beschaffenheit und den Zweck der verschiedenen Sicherheitsvorrichtungen und über die Unmöglichkeit der Gefährdung des Fußweges informieren.
5 Tage später kam es zur so genannten Tagfahrt, angegebene Dauer: 1 Stunde, alle geladenen waren erschienen mit Ausnahme der Bauerswitwe Therese Schilitz.
Sicherheitsdetail bei den Schießscheiben
Forstmeister Hubrich und Bezirksbautechniker Bauer erklärten die Sicherheitsmaßregeln, die anhand des errichteten Skelettes erklärt werden konnten. Nach nach praktischen Versuchen erklärte Bezirksgeometer Schmeisser die Funktion der Schiessöffnungen im Zusammenhang mit den Kugelfängen, welcher 6 m hoch und 8 m lang werden sollte. Es wurde konstatiert, dass ein Schuss entweder die Bohlenwand oder den Kugelfang oder die Scheibe treffen musste. Anschließend kamen die Grundstückseigentümer an die Reihe, diese erklärten dass sie den Zweck der Sicherheitsmaßnahmen verstünden und auch erkannten, dass nur unter außergewöhnlichen Umständen ein Unglück würde geschehen können, dass aber das Gefühl der Sicherheit durch die projektierte Anlage in hervorragender Weise beeinträchtigt werde. Sie würden sich beim Schießen nicht getrauen ihre Felder hinter dem Kugelfang zu betreten.
Bürgermeister Vogel gibt an, dass er für seine Person nichts gegen diese Anlage hätte, jedoch von der Therese Schilitz vom Gemeindeausschuss beauftragt sei deren Widerspruch gegen diese Anlage bekannt zu geben.
Der Gemeinde als solche sei als Eigenthümerin des Weges von Kötzting nach Hafenberg daran interessiert, dass bei den Passanten auf diesem Wege das Gefühl der Beunruhigung durch die in der Richtung des Weges abgegebenen Schüsse nicht hervorgerufen werde.

 Es unterschrieben:
 Vogl Bürgermeister (von Weißenregen)
 Bergbauer Josef
 Hofmann Johann
 Müller Michael

Unterschriftenliste

 Müller Josef
 Hubrich Forstmeister
 Bauer Bezirkstechniker
Bezirksamtskommission Jolas Assessor

 Schmidt Protokollführer








Schon wenige Tage später fasst der Gemeindeausschuss von Weißenregen einen ablehnenden Bescheid.

Zwei unterschiedliche Varianten waren ursprünglich vorgestellt: Projekt I mit Schussrichtung Ludwigsberg und Projekt II mit Schussrichtung auf den Kirchenweg. Das Forstamt hatte Projekt I abgelehnt, weil sonst weniger Menschen auf den Ludwigsberg gehen würden und Projekt II favorisiert, weil da eh nur wenige Kirchgänger und diese eben am Vormittag gehen würden......Das war nun natürlich Wasser auf die Mühlen der Weißenregener, sie schrieben: dieser Fußweg ist einer der verkehrsreichsten der Gemeinde Weißenregen, bis auf den Ludwigsberg eine Person geht, gehen auf diesem Wege fünfzehn Personen, zu jeder Tageszeit verkehren hierauf Passanten aus den Ortschafften Hafenberg, Weißenregen, nur teilweise Sackenried, Riedersfurth, Ried, Ahrain, Lehen, Wimbach, Schwazendorf, Krailling und Obergschaid, kurz alle die aus diesen Ortschafften auch 1 1/2 Stunden in dieser Richtung nach und vor Kötzting kommen. Die Leute, die die nach Plan vorgesehenen Sicherheitsvorrichtungen nicht wissen und kennen, würden sich beim Schießen beängstigt fühlen und nicht mehr getrauen diesen Weg zu passieren.
Die Bewohner Hafenberg protestieren entschieden dagegen mit de4r Äußerung, wenn die ganze Sache so harmlos wäre, warum hat das königliche Forstamt das Projekt auf den Ludwigsberg nicht genehmigt, weil die Leute sich fürchten würden - und wir sollen keine Furcht davor haben? Die Leute sind so Aufgebracht, dass sie alle Beruhigungen auf Grund der sachverständigen Gutachten nicht annehmen würden. Man sagt auch: die Herren sitzen während wir arbeiten, oder gehen auf dem Wege beim Schießen in Gesellschaft bei einander und können wie jedes andere Menschenkind auch scharf angetrunken sein und folglich den Schußstand noch nicht erreicht haben und durch eine unrichtige Manipulation mit dem Gewehr neben der Blende, Scheibe und Kugelfang vorbei schießen, wo folglich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen bleibt ein Menschenleben zu töten.
Lageplan mit der Gemeindegrenze zwischen Kötzting und Weißenregen

Das Gremium bittet aus obengenannten gründen das BZA, die Schützengesellschaft Kötzting mit ihrem Projekte abzuweisen:



 Gemeindeverwaltung Weißenregen am 24.Juni 1895
Vogl Bürgermeister
Bergbauer Beigeordneter
Müller Pfleger
Georg Laumer
Josef Hofmann
Wolfgang Eckl



















 Am 26. Juni  nun schreibt das BZA an den Magistrat in Kötzting, ob sich der Vorstand der Schützengesellschaft sich angesichts der Opposition der Bewohner von Weißenregen und Hafenberg nicht zur Wahl eines anderen geeigneteren Platzes entschließen könnte:
Bürgermeister Drunkenpolz von Kötzting reicht den ganzen Akt an den Vorstand der Feuerschützengesellschaft weiter und dieser berichtet am 5. August 1895 von der kurz zuvor stattgefundenen Generalversammlung, angesichts der Opposition der Bewohner von Weißenregen auf die Errichtung der Schießanlage beim Bierbrauer Carl Lindner zu verzichten, dagegen sie die bisher benutzte Schießstätte auf dem Sommerkeller des Bierbrauers Herrn Chr. Kollmaier dahier wieder in brauchbaren Zustand zu versetzen und soll daselbst die Feuerschützengesellschaft des Marktes Kötzting, welche bis jetzt geruht hat, wieder in Aktivität treten.
 Das BZA, das von diesem Beschluss benachrichtigt wurde, reagierte sofort, und beauftragte den Magistrat unverzüglich der Schützengesellschaft zu eröffnen, dass ihr vor amtlicher Prüfung dieser Anlage (beim Sommerkeller Kollmaier) jede Benutzung derselben verboten sei. Den Nachweis dieser Benachrichtigung musste der Magistrat Kötzting binnen 24 Stunden liefern.
Aber damit war das schöne Projekt gestorben

Detail des Schießstandes mit Kugelfang





Sonntag, 6. April 2014

Aufruhr zwischen Reitenstein und Kötzting


Vor ca.  240 Jahren gab es sehr stürmische Zeiten zwischen Kötztinger und Reitensteiner Bürgern[1] und Alles begann mit dem Testament Johann Bartholomäus Görrings auf Hochtreßwitz, dem Besitzer der Hofmark Reitenstein, das er am 18.02.1762 geschrieben und bei den Behörden hinterlegt hatte.


In diesem Schriftstück wurden neben vielen Seelenmessen und Jahrtagen für sich und seine bereits verstorbenen Familienangehörigen auch mehrere kostspielige Geldlegate vereinbart. Verschiedene Kirchen und Kapellen erhielten genau bezifferte Zuschüsse für Umbaumaßnahmen (siehe die Kötztinger Kirchenglocke) versprochen, vielen Einzelpersonen wurden üppige Geldzuweisungen zugesagt und auch seine Verwalter und manche seiner Angestellten wurden großzügig bedacht. All diese Summen sollte der Universalerbe auszahlen, welcher dafür dann die Hofmark Reitenstein mitsamt den dazu gehörigen Untertanen und all dem übrigen Vermögen erhalten sollte. 
Dieser Universalerbe sollte nach dem Willen von Göhrings der Markt Kötzting sein.

Rund 10 Jahre nach Testamentslegung verstarb Bartholomäus Görring am 01.03.1772 und damit begann in Kötzting eine Entwicklung, die die Bürgerschaft in zwei zerstrittene Lager spaltete, denn mit der Hofmark Reitenstein und dem „übrigen“ Vermögen hatte es so seine Sache.  

Kurz gesagt einigten sich 16 Kötztinger Bürger - in Abwesenheit des damals mächtigen Kammerers Samuel Luckner- zusammen mit der Regierung in Straubing darauf, mit privatem Kapital und mit einer Hypothek auf Kosten der Marktkasse eine Summe aufzubringen, welche die Forderungen der außenstehenden Begünstigten zufriedenstellen würde. Bei diesem Handel gewannen die 16 Kötztinger Marktlehner Wald - und Wiesengrundstücke hinzu. Frei verkäufliche Grundstücke waren in Kötzting so gut wie gar keine vorhanden und hier sahen ein paar Bürger die gute Möglichkeit sich zu vergrößern. Auch die Regierung in Straubing wollte die Sache endlich vom Tisch haben - die im Testament mit Geld Begünstigten beschwerten sich bereits bei der Regierung, weil die Vermögensaufteilung durch den Markt Kötzting einfach nicht einsetzen wollte -  und forcierte diesen Handel. Allerdings hatten beide Seiten - also die Regierung in Straubing und die 16 Kötztinger Anteilseigner,  die Rechnung ohne den Kammerer Luckner gemacht und so dauerte der Streit dann von 1772 bis fast zur Jahrhundertwende an und stiftete viel Unfrieden innerhalb Kötztings aber auch zwischen den Kötztingern und Reitensteinern selber. Letztere hatten sich die Zeit zu nutze gemacht und im, durch die langandauernden Prozesse praktisch, rechtsfreien Raum, solange eben immer wieder vor Gericht alles neu verhandelt werden musste, versucht Fakten zu schaffen und sich dann Nutzungsrechte in den Wäldern und auf den Wiesen einfach angeeignet.
Die Reitensteiner Anteilseigner unter den Kötztinger Bürgern,  welche auf dem Weg von ihren Grundstücken nach Hause durch Reitenstein hindurch fahren wollten, wurden attackiert und teilweise schwer verletzt.

Hier soll nur ein kleiner Teil der Streitigkeiten angeführt werden, wer sich intensiver mit der Geschichte beschäftigen möchte, kann dies ausführlich in den "Gelben Bänden" machen.

Schon 12 Jahre ging der Streit munter hin und her und  1784 war endlich ein Vergleich zwischen den Hofbaukäufern und den Reitensteiner Untertanen geschlossen worden[2], in der Form, dass die Untertanen während der laufenden Verhandlung je eine Hälfte des benötigten Laubstreus in den Birkenbergen und die andere Hälfte im Schwarzholz holen sollten. Der Ärger nahm aber trotzdem kein Ende.
Erneut bat die Prozesszwangsgemeinschaft der Anteilseigner um eine beschleunigte Prozessführung, denn je länger den Reitensteinern erlaubt werden würde zu prozessieren, umso mehr würde deren Mutwillen zunehmen. So hätten sich erst am gestrigen Mittwoch den 23 9bris 1785 sammetl. Unterthannen, jung und alt, wider unsere Mitconsorten, die um Birkensträhe durch das Dorf zufahren im Begrif waren, mit erschröcklichen Tremmln, Brigln, Mistgabln, und anderen Mordinstrumenten zusammengelauffen und einen ärger als den anderen beschädigt haben.
  • Franz Seiderer, lediger Peckenssohn wurde mit einem mächtigen Tremmel so gewaltig zu Boden geschlagen, dass er Knall und Fahl auf der Strasse zusammen falle und man über eine Viertel Stund lang kein Zeichen eines Lebens mehr an Ihme verspürn kunnte.
  • Jakob Fischer, Schreinerssohn wurde mit einem Scheid Holz auf die Stirn geschlagen, dass das Blut gleich einem Rohrprunnen herausgesprizet, und mit deme nit genug, schlugen ihme ein andrer das Schulterblat fast entzwey
  • Stephan Dimpfl, bürgerlicher Metzger musste erfahren, dass ihme ein Arm zerschmettert wurde, dessen Sohn aber wurde der Kopf voller Löcher angeschlagen, dass der ganze Kopf abgeschoren werden musste, um nur die vielen Wunden auseinanderzukennen.
  • Wider Michael Liebl, Ratsfreund Sohn wurde sogar die Mistgabl gebraucht und ihme hiermit mehrere Löcher Rückwärts in das dicke Fleisch gestochen.[3]
Hätten die Opfer den Reitensteiner Untertanen einen Anlass gegeben, so wäre wenigsten eine kleine Entschuldigung vorhanden, meinten sie, aber weder mit Worten noch mit Werken hätten die unschuldig Verwundeten und nunmehro schmerzlich unter dem Bader liegenden Personen nur den geringsten Anlass gegeben.
Sie hätten nichts falsch gemacht in Werken, weil sie den Bereich, der den Reitensteinern zum Strährechen zugewiesen worden war, mit keinem Fuss betreten hätten und nicht mit Worten, weil sie eh nur 5 an der Zahl waren und durch den unvermuteten Zulauf sammetlicher Unterthannen, durch den scheuslichen Anblick ihrer mörderischer Waffen und durch das Anhören ihres wittenden (=wütenden) Geschreys viel mehr ertattert und nichts anders als um Rhue und Frieden und um ihr Leben gebeten haben.
So weit war es also nun gekommen, dass sogar tätliche Auseinandersetzungen möglich wurden und es nur dem Zufall zu verdanken war, dass es noch keinen Toten gegeben hatte sondern nur einige Kötztinger Bürger sehr schwer verletzt waren.
Die Kläger erbaten für ihre eigene Sicherheit die Einquartierung von militärischer Exekution, die Kötztinger Bürger wollten also unter dem Schutz von Soldaten ihre Einstreu nach Hause in die Städel fahren. Die Reitensteiner aber sollten all diese Kosten übernehmen müssen, zusammen mit den Arztrechnungen und allen Verfahrenskosten. Ausdrücklich aber erwähnte die Klägerseite der Anteilseigner, dass die Sache sicher schon längst erledigt gewesen wäre, würde nicht das Pfleggericht in Kötzting sondern ein anderes Pfleggericht oder sogar Straubing die Kommission zur Untersuchung bilden, weil das Pfleggericht in Kötzting untätig dem Treiben der Reitensteiner zusähe.


Auch in Kötzting selbst schlugen die Wogen hoch, bei vielen der Anteilskäufer, die Geld auf ihre Kötztinger Häuser aufgenommen hatten um die Anteile erwerben zu können und die noch nichts aus ihrem Besitz herausholen konnten um sich  zu refinanzieren, lagen die Nerven blank und so kam es sogar zu Übergriffen auf den in ihren Augen Hauptsschuldigen: auf den Kammerer Luckner:

Unter anderem aus Luckners Feder selbst kennen wir den Vorgang - natürlich berichtet er seine Sicht der Dinge:

 Undank ist der Welten Lohn, so meinte er, als er das Opfer eines tätlichen Angriffs in seinem eigenen Hause, ja in seiner Amtsstube, geworden war. Wohlweislich verschwieg er den eigentlichen Hintergrund dieses Angriffs auf sich, sondern führte nur den, für ihn sicherlich schmerzlichen, für den Hauptvorgang aber vollkommen unerheblichen Übergriff von fünf Bürgersfrauen auf ihn in seinem eigenen Haus an.
So berichtete er, empört über so viel Undank: „als ich nämlich als qua amtierender Kammerer im Jahre 1783 und zwar den 5 April Fastenzeits höchst landesherrliche Gefäll (=Steuern) der weitteren Versendungs Willen in meiner Wohnung gewöhnlichermaßen einnehme, rotheten sich 5 Weiber von denen Raithensteinischen Theilhabern zusammen, wartheten den Zeitpunkt ab, wo niemand fremdter als sie allein da waren, da ich nun von selben die Einschreibbüchl und ihre Schuldigkeit abbegehrte wagte es des Hans Georg Auzingers Eheweib mich rückwärts ins Gesicht und in die Augen nach ihren Kräften zu schlagen, welcher auch die Übrigen beygefallen und so viel ihnen möglich beleidiget haben, bis endlich ich mich durch Beyhilf meines Eheweibs von ihnen losgerissen, wonach selbe sich aus dem Staub gemacht, auf der Gassen aber noch mit Steinen und Sand, kurz mit deme was sie erwischt auf mich geworfen“.

Die Männer der 5 "Damen" saßen bei dem ganzen Vorgang "zufällig" auf der Kirchenmauer und wussten angeblich nichts von dem Vorhaben ihrer Ehefrauen......

Was sind nun diese Reitensteiner Anteile und wer hat diese erworben.
Entwurf für den Neubau des Reitensteiner Amtsgebäudes Plan im Stadtarchiv Kötzting


Gleich als Luckner von seiner Geschäftsreise zurückgekommen und die Bescherung gesehen hatte, hat er den Vorgang für die erste Prozessserie beschrieben und dort auch die Namen der Anteilseigner aufgeführt:


Rentmeister Ellersdorfer, schrieb er empört, hätte sich wider alle klare Intention des Erblassers nach Kötzting begeben und anstatt der Verfiegung dass ieder bemittelt oder unbemittelte Bürger, nach proportion seines Innhabens ... etwas von dem Grund und Boden hätte bekommen sollen, unter Anführung des allhießigen Marktschreibers und zugleich Reittensteinischen Verwalters Georg Kajetan Magerer welcher kein Bürger und dabei de genere prohibitorum(allgemein verboten) ist, dass weder Beamte noch andere Bediente in dem ihnen anvertrauten Jurisdiktions Gezürk Gründe besizen derffen, nachfolgenden fünfzehn Burgern inclus: deß Marktschreibers als Theillhabern 16 benanntlich letzberieten
Kajetan Magerer,                                                                                   
Josef Fischer Amtkammerer, 
Franz Seiderer des Rats,
Baptist Fabrici auch des Rats,
Joseph Weiss iniglich des Rats,
Egidi Fischer eben des Rats, 
Michael Rabenbauer zweimal, als Marktlehner und als Inhaber der Wiesmühle,
Michael Stadtler,
Michael Wagerer,
Anton Schillinger,     
Michael Liebl,
Georg Auzinger,   
Adam Münch,
Joseph Henneberger,
Stephan Dimpfl,  
Franz Irlbacher,  
zusammen 16 Köpfen, dass Hofgebäu cum pertinentiis dann die Schwarzwaldung zu 80 Tagwerch nebst aller mobiliarschaft Eydlich estimierter maßen... per 6000 fl verkauft.

Anhand der Bürgerliste und der Verteilung im Plan weiter vorne sieht man dass es die Kötztinger Marktlehner, also die obersten Bürger der dreigliedrigen Bürgerschaft Kötztings, waren, die sich die Wälder auf dem Kaitersberg aneignen wollten.
Der ganze komplexe Vorgang kann in den "Gelben Bänden" nachgelesen werden. Diese Bücher können beim Verfasser hier oder über die Kulturabteilung im Landratsamt Cham bezogen werden. Traditionell im März wird der jeweils neue Jahresband in abwechselnden Gemeinden des Landkreises Cham vorgestellt. Natürlich sind die Bände auch in den Kötztinger Buchhandlungen und in der Kurverwaltung vorrätig. Manche der Bände sind vergriffen, viele der älteren, aber wegen des Inhalts natürlich zeitlosen, Bände sind aber noch erhältlich.
Auf  einer Nebenseite meiner Homepage kann auch der Inhalt der älteren Bände eingesehen werden.


Was aber hat sich nun Neues ergeben, dass ich hier das Thema noch einmal aufgreife: ich habe einen wunderschöner kolorierter Plan der Anteilsverteilung gefunden und dieser Plan sagt viel aus über den Zustand des Waldes im allgemeinen damals und des Kaitersbergs im Speziellen.
Wohl im Zusammenhang mit einem der späteren Prozesse wurde 1791 ein Plan der Anteile gezeichnet. 
Zentral in der Mitte ist die Lichtung Reitenberg, -  heutzutage weiträumig von Fichtenwald umgeben -  nach Süden wird hier hier aber der Kaitersberg nicht als mit "Hochwald" sondern als Birkenberg bezeichnet.
die Anteilseigner und die Verteilung der einzelnen Anteile, der Markt war 1791 bereits Besitzer von 2 Anteilen(!), auch der Wiesmüller Rabenbauer besaß - allerdings von Anfang an - 2 Anteile



die Besitzer dieser zwei kleinen Hochwaldanteile waren die Verursacher dieses Streites unter Anteilseignern und damit der Anlass, diesen Plan zu zeichnen.



Man sieht hier sehr gut, dass die Wälder damals in einem ganz anderen, zumeist viel schlechteren und ärmeren, Zustand waren. Das andauernde Streurechen und ein viel zu massiver Eingriff in die Substanz der Wälder verhinderte, dass sich ein üppiger Hochwald überhaupt bilden konnte. Der damalige sehr schlechte Zustand der Wälder Bayerns war der Anlass für eine vorsichtigere Bewirtschaftung der Wälder und die Geburt des Begriffes der Nachhaltigkeit - erfunden von der bayerischen Forstwirtschaft zu Ende des 18. Jahrhunderts.
Von Mathias Heilmeier kennen wir eine Aufnahme um 1900, auf der der Saum des Birkenberges gut zu erkennen ist. Allerdings sind die Birken bereits überständig. In früheren Zeiten konnten sie sicherlich nicht älter als 7-8 Jahre werden  und wurden dann erneut auf Stock gesetzt. Dies Bild dient nur als Beispiel, wie sehr unsere Vorstellung der Wälder vom jetzigen, satt grünen Bild geprägt ist, das in der Vergangenheit NIE so gewesen war.
Waldsaum mit Birkenbergsaum
Ein eher realistischeres Bild unserer Bergwälder sieht man auf einem Bild, das ich vor vielen Jahren von Frau Anna Schötz in Kötzting erhalten habe, steinige, dürre Abhänge mit spärlichem Bewuchs.

Doch nun im Detail zu dem kolorierten Plan: Wie ein bunter Kranz winden sich die Anteile sowohl des Laubberges wie des Schwarzwaldes einmal um Reitenberg herum. Deutlich sind die 4 Herdstätten, sprich Häuser Reitenbergs zu erkennen und auch die einzelnen Anteile sind - für 1791 - bereits sehr exakt eingezeichnet.
Staatsarchiv Landshut Rep 165 6951 von 1791

 






























Als die Grenzen sind eingezeichnet: ganz links Kloster Rott, dann gegen den Uhrzeigersinn: die Dorfschaft Arndorf, die nach Arndorf gehörigen Laubberge - weiter am rechten Rand Kloster Rott zur Propstei und Pfarrer Wald - im Norden der Bauer Mühlbauer von Gotzendorf.
hier nun dieselbe Situation im Plan der Uraufnahme, Detail aus der Uraufnahme Blatt von Schonbuchen vom Vermessungsamt Cham

Es wäre eine schöne Aufgabe für Geocacher oder einfach geschichtlich interessierte Wanderfreunde, diese Grenze mit den dazugehörigen Grenzsteinen einmal zu finden und zu dokumentieren. Die Grenzsteine zum Klostergrund sollten eine Besonderheit darstellen.

Um den Unterschied zu heute ein wenig klarzumachen, bin ich nach Wettzell hinaufgefahren und habe den, vom Saum bis zum Gipfel, dunkelgrünen Kaitersberg fotografiert und nun einmal die Linie eingezeichnet, die in etwa der Südgrenze der Lichtung Reitenberg entspricht und die, lt. Plan, auch in etwa die Grenze zwischen Birkenbergen und Schwarzwald gewesen ist. Legt man dann auch noch zugrunde, dass dieser Hochwald gleichzeitig auch extrem stark genutzt, das heißt abgeholzt, wurde, so waren in unserer Heimat vor 250 Jahren wirklich jämmerlich karge Wälder vorherrschend.
das dürfte ungefähr der Saumbereich der sogenannten Birkenberge gewesen sein



so saftig und grün, hinunter bis zu den Wiesen waren unsere Wälder in der Vergangenheit so gut wie nie. Durch das permanente Streurechen waren die Böden verarmt und durch die überstarkte Holznutzung auch viel zu ausgedünnt.




 Viel Spaß beim Lesen



















1] Wer genaueres wissen möchte kann die wechselvolle Geschichte der Beziehungen zwischen Reitenstein und Kötzting in den "Gelben Bänden" nachlesen, genauer in den beiden Bänden 2010 und 2011
CLEMENS PONGRATZ: Wolfgang Samuel Luckner , in: Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham (im Folgenden BGLC) Bd. 20 (2006), 
2] StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 13
3] StadtA Kötzting VII/15