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Sonntag, 3. Dezember 2017

Kötztinger Christbäume - ein Exportschlager

Die "Bayerische Ostmark", das Presseorgan der NSDAP für den Gau Bayreuth, zu dem auch Cham, Kötzting und Viechtach gehörten, titelte 1935 über das "Heu des Bayerwaldes". In diesem Artikel wird nur die positive Seite des Christbaumverkaufes erwähnt, als Arbeits- und Verdienstmöglichkeit für einen, ansonsten von der Wirtschaftsentwicklung abgehängten, ländlichen Raum. Bis nach Hamburg und Königsberg  wurden die Nadelbäume waggonweise ausgeliefert.

Dieses, fast konstruiert und künstlich wirkende, Bild wiederholt sich dann erneut in den 50er Jahren der Nachkriegszeit, als eine ähnlich schwache Wirtschaftsentwicklung bei uns zumindest einen kleinen Schub um die Weihnachtszeit erhält. In den 50er Jahren allerdings gilt es dabei auch einer "klein"kriminellen Entwicklung zu begegnen, dem Christbaumfrevel, oder aber die Versuchung für manch Einen, dort zu ernten, wo er vorher nicht gesät hatte.

Kötztinger Umschau Dezember 1959
Kötztinger Umschau Dezember 1959

In der Nachkriegszeit lag der Schwerpunkt der Berichterstattung also weniger auf dem Stolz einer der großen "Christbaumlieferanten" der Nation zu sein, sondern bereits auf dem Naturschutzgedanken und der Diebstahlsbekämpfung.
Kleine Geschichte zu diesem Thema am Rande: vor vielen Jahren war ich mit Pfadfindern bei mir im Dezember im Wald um Schmuckreisig zu holen.....kommt uns auf dem Waldweg innerhalb meines Gebietes ein Mann entgegen, der eine Tanne hinter sich her zieht...... er sieht mich und sagt ungefragt: "Den hon I fei net aus deim Holz!"  
Alle die damals mit dabei waren amüsieren sich noch heute, wenn das Gespräch auf lustige Ereignisse bei den Pfadis kommen.

Im Dritten Reich also der Jubel über die "Produktionsschlacht und die Ware für die Volksgenossen, in der Nachkriegszeit eher die Nachhaltigkeit der Entnahme im Fokus der Berichterstattung.
Es war aber schon früher für die Behörden wichtig, die willkürliche bzw. kriminelle Entnahme von jungen Fichten bzw. Tannen zu kontrollieren.

Es gibt einen Akt aus dem Bestand des Bezirksamtes/Landratsamtes Kötzting von 1900, in dem es genau um diese Fragen geht. Der Frevel bei der Entnahme von Christbäumen.
Staatsarchiv Landshut BZA/LRA Kötzting Nr. 3462 Frevel beim Christbaumverkauf. Erwähnt werden, als offizielle Verkäufer und Lieferanten von Christbäumen nach Sachsen: die Gütler Alois Deschermeier, Wolfgang Robl und Michael Fink aus Grafenwiesen, der Gastwirt Andreas Dreger aus Kötzting und und der Bauer Altmann von Auhof.

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Unterschrift der informierten Gendarmeriestationen: Hohenwarth - Lam - Neukirchen - Eschlkam und Miltach

Schreiben der Regierung von Niederbayer, Kammer des Inneren an die Bezirksämter
wegen der Waldverwüstungen und Aufforderungen an die Polizeistationen Mengenangaben zu den Christbaumlieferungen zu erstellen..

Meldung der Kötztinger Gendarmeriestation, dass der Bauer Bögl vom Reitenberg eine größere Menge an Holt hat schlagen lassen und die Gipfel zu "Christbäumen verwandte."

Eschlkam meldet 2260 Christbäume aus dem Bereich Aiglhof, Klein und Großaigen, auch diese sollen nach  Sachsen geliefert werden.
 In Eschlkam allerdings kam es zu einem kleinen "Eklat".
 ...Dagegen wurde gelegentlich des Fällens der nach Sachsen verkauften Christbäume Störungen der Sonn- und Festtagsfeier verübt. Es haben nämlich wie sich nachträglich herausstellte drei Händler aus Sachsen welche sich in Klein- und Großaign zum Kaufe der betreffenden Christbäume einfanden, am 8. Dezember Marienfeste und Sonntag 9. Dezember die von ihnen gekauften Christbäume in den Waldungen persönlich abgesägt. Diese Händler namens Albin Ebersbach aus Hohendorf, Otto Rost von Lichtenstein und Karl Meinsold aus Kullnberg werden dem Herrn Amtsanwalt zur Anzeige gebracht. Die betreffenden Waldbesitzer haben sich an dem Absägen der Bäume nicht beteiligt, nur die Waldungen den Händlern angewiesen.
Meldung der Gendarmerie Hohenwarth




Meldung aus Miltach: es gibt nichts zu melden....Fehlanzeige

Gendarmeriestation Neukirchen: der noch Bauer Johann Weber aus Tradthof an den Obsthändler Rost aus Sachsen. Der noch Gütler Karl Denkscherz aus Spindlberg 67 Stück "Gipfel von Schleifholzfahnen" ......

Weit vor der Entstehung von reinen Christbaumplantagen, war es immer ein schmaler Grad zwischen Zuverdienstmöglichkeiten in unserem armen Grenzland und einer nachhaltigen Bewirtschaftung der idR viel zu sehr durch Entnahme belasteten Wälder im Bayerischen Wald.