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Mittwoch, 20. Juli 2022

Ein Bild und seine Geschichte - die spektakuläre Thenrieder Bürgermeisterwahl

In den 60er Jahren veröffentlichte die Kötztinger Umschau unter der Rubrik - die sich heutzutage niemand mehr so zu nennen trauen würde - : "Unsere Alten im Landkreis" immer wieder Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus dem Landkreis, fortschrittlichen Alters. 
Diese Zeitzeugen konnten dann von ganz besonderen Ereignissen berichten und eines dieser, auch überregional bekannt/berüchtigt gewordenen Vorkommnisse, war das gewaltsame Eindringen einiger Thenrieder Wähler ins dortige Wahllokal - nach erfolgter Auszählung - und das Vernichten der Wahlunterlagen, um ein unerwünschtes Ergebnis zu annullieren.
13 Thenrieder wurden verhaftet und landeten vor Gericht in Straubing, die meisten wurden zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung, zwei Männer aber auch tatsächlich zu einem Gefängnisaufenthalt verdonnert.
Die Haft bzw. Untersuchungshaft schildert einer der Beteiligten Jahrzehnte später noch als ganz passabel.


KU vom September 1968
Auch der spätere Ortspfleger Franz Hollmeier erinnert sich an das Spektakel, mehr allerdings noch an das Erlebnis des ersten Autos, das durch Thenried fuhr.


Einer der - zumindest laut Johannes Linke - Hauptantreiber des Aufstandes soll der Fischer Karl - vulgo Balsen Karl - gewesen sein, dem die KU in ihrer Rubrik auch einen Platz einräumte.







Hier die Zusammenfassung der Ereignisse aus den Akten im Staatsarchiv Landshut von Frau Renate Silberbauer, veröffentlicht in der Kötztinger Zeitung im Jahre 2009 und auch in den Gelben Bänden.
KÖZ vom 14.3.2009 von Frau Renate Silberbauer

Natürlich war das Geschehen - und vor allem die Verhandlung in Straubing - ein Thema in der Presse, die sogar die einzelnen Zeugenaussagen veröffentlichte.
Die zwei in den 60er Jahren als "Unsere Alten in Stadt und Land" vorgestellten Männer, finden sich  auch in den beiden Zeitungsberichten vom Januar 1930.
KÖZ vom 29.1.1930

 Interessant ist hier die Zeugenaussage des Karl Fischer, alias Balsen Karl.




KÖZ vom 30.1.1930




Johannes Linke verarbeitete dieses Geschehen über ganze 10 Seiten hinweg in seinem Buch "Ein Jahr rollt übers Gebirg", verlegt allerdings den Ort der Handlung nach Rimbach.
Linke, ein begnadeter und wortmächtiger Analyst und Beobachter der Menschen und deren Sitten und Gebräuche unserer engeren Heimat, kann bei der Beschreibung des Sturm auf das Wahllokal und der Vernichtung der Unterlagen erzählerisch aus dem Vollen schöpfen.
Für diejenigen, denen dieses Buch neu und unbekannt ist: Johannes Linke  - in den letzten Wintermonaten des Zweiten Weltkrieges an der Ostfront verschollen - wohnte, aus Sachsen stammend, als Wahlbayer in Lichtenegg und veröffentlichte - häufig zusammen mit seiner Frau, die eine sehr gute Fotografin gewesen war - einige betextete Bildbände, Gedichte und eben auch Romane.
Johannes Linke
Frau Käte Linke
   


In diesem Roman -" Ein Jahr rollt übers Gebirg" -  stellte er eine Reihe von Ereignissen, die er in seinem Nahbereich vermutlich selbst miterlebt oder eben am Wirtshaustisch erzählt bekommen hatte, in Form eines Jahreszyklus zusammen. Viele - eigentlich fast alle - seiner Personen- und Ortsnamen sind verschlüsselt. Es ließen sich jedoch in der Vergangenheit die Wichtigsten  dieser Verschlüsselungen auflösen und den richtigen Personen und Orten zuweisen. Vor allem Herrn Silberbauer aus Rimbach hat von einigen dieser - manchmal sehr derben - Anekdoten den wahren, manchmal aber auch traurigen, Wahrheitskern herausfinden können. Sein Vorfahr, ebenso wie er selber mit dem Namen "Gwasch" bekannt, ist im Buch sogar mit diesem "Hausnamen" unverschlüsselt verewigt.



Hier nun ein Auszug aus seiner - literarischen - Version des Aufruhrs, als es nach der Ergebnisbekanntgabe dann sehr schnell ernst wurde. In dem Transkript sind die im Original verwendeten Kunstnamen der Ortschaften bereits "entschlüsselt" .

........Da muss ein Betrug dabei sein! Anders ist das gar nicht möglich!“
Wie der Hauptlehrer merkte, dass er seine amtliche Kundmachung auf diese Weise nicht zu Ende bringen konnte, denn er war ja noch gar nicht damit fertig, sah er sich nach Hilfe um, aber er fand keinen, der ihm vertrauenswürdig erschien, und so zog er sich denn zunächst zur Tür, und von da aus ins Wahllokal zurück.
Die Rimbacher Dörfler hielten das für ein Zeichen seines schlechten Gewissens und fingen nun erst recht an, zu toben und zu schelten. Überdies hatte der Lärm, der über das ganze Dorf hinhallte, die abtrünnigen Musikanten und die ortsbekannten Aufwiegler und Lärmbrüder aus der Kastanie herübergelockt, und noch ehe sie recht begriffen hatten, worum es sich eigentlich handle, mischten sie sich mit ihren Mäulern und Fäusten in den Streit. Nur mit Mühe drängte der Wirt unter dem Beistand des alten Schmiedes und einiger ehrenfester Männer die erhitzten Burschen von den Einödern ab, auf die sie sich in ihrer Wut gestürzt hatten.
„Zerreißt denest das ganze Wahlgeraffel!“ schrie Balsen Karl, der sich in dem Getöse wohlfühlte wie ein Vogel in der freien Luft. „Werft es auf den Mist! Hernach habens nichts in der Hand, und die Wahl ist ungültig!“
„Recht hat er, der Karl!“ schimpfte Berzl Johann. „Verbrennen sollt man den ganzen Dreck, daß er aus der Welt geschafft wär!“
Der alte Nickelbauer verschaffte sich Gehör.
„Manner!“ rief er, „führts nicht solche Reden. Wenn enk einer anzeigt, könnt ihr eingesperrt werden für enkere Sprüch, enkere saudummen!“
„Was, Schmatz!“ hetzte der Bladerer Girgl. „Eine solche Wahl lassen wir uns einmal nicht gefallen. Wir schaffen uns selber ein Recht.“
Aschenbrenner Franz kreischte: „Schauts nicht so lang! Ziehts die Wahlpapierdeln, die gestunkenen, überdüber!“
Schon begann eine Horde gegen die Tür zu drängen.
„Einen Rimbacher wollen wir! Einen Rimbacher!“
Der Schafbauer rief über die erregte Gesellschaft hin: „Manner, schauts auf! Laßts die rotzigen Buben nicht Herr werden!“
„Gehts zurück, Bürscheln!“ drohte der alte Martin Hans. „Gebts eine Ruh!“
Aber es war zu spät zum Ruhestiften. Schon polterten einige Halbwüchsige die Stiege hinunter.

Balsen Karl spuckte sich in die Hände und rieb sie schmunzelnd:
„Das gibt eine Hetz! Bou! Das gibt eine Hetz!“
Lachend und grölend schoben die Lüsternsten; andere ließen sich halbwillig fortzerren, endlich kam die ganze Menge in Fluss, und nur ein paar Alte setzten dem Geschiebe ernstlichen Widerstand entgegen.
„Manner!“ rief der alte Bürgermeister beschwörend, „hörts auf! Das tut kein gut!“ Aber im allgemeinen Aufruhr wurde seine Warnung verweht. Einzig die Männer aus den Weilern und Einöden, die für den Goverhöll gestimmt hatten, blieben oben im Saale.
„Gegen eine Herd wilde Büffel kann ein Gescheiter nichts ausrichten“, sagte der Hastreiter von Thürnhofen. „Warten wir’s halt ab, wie's ausgeht.“
Aber auch die jüngeren Einöder hielten es nicht oben aus. Ihre Neugier trieb sie in das Getümmel.
Unten pochte schon der Aschenbrenner Franz mit seinen Zimmermannsfäusten an die verschlossene Wirtsstubentür und schrie: „Sperrts auf!“ Die Tür blieb versperrt. Von drinnen rief jemand etwas heraus, aber bei dem Getöse konnte kein Mensch ein Wort verstehen. Schon pochten zehn Fäuste bedrohlich an das Holz.
Der Wirt zwängte sich mühsam durch die Menge. In seinen geröteten Augen saß die Angst. „Männer“, sagte er flehentlich, „seids gescheit! Drückts mir meine Tür nicht zusammen!“
Wahrscheinlich hatte kein einziger ernstlich im Sinne, die Stubentür aufzubrechen, aber die sechs oder sieben jungen Leute, die mit den Schultern an dem Türrahmen lehnten, konnten den Druck der hundert Männer nicht aufhalten, splitternd gab das Föhrenholz nach, und krachend flog eine Füllung in die Stube.
Jetzt konnten sie nimmer zurück. jetzt waren sie alle vom Zerstörungstaumel gepackt. Durch das aufgebrochene Türfenster sahen sie, wie drin am langen Tische der Hauptlehrer ratlos vor den Akten stand, während die beiden Beisitzer, Gregori Toni vom Dorfe und der Stadelbauer von den Einöden, an die Öffnung stürzten und mit heftigen Armbewegungen die Andrängenden zurückzuhalten suchten.
Aber das musste vergeblich bleiben. Knatternd barst die ganze Tür, Friese und Füllungen stürzten auseinanderfallend in den Schenkraum, und unter Geheul quoll die Sturzflut den Vordersten nach. Die beiden Böhmischmüllnerbuben wurden von dem plötzlichen Schub zu Boden geworfen, und nur mit Mühe konnten sie ihre Glieder vor den Stiefeln der Nachdrängenden retten. Der Stadelbauer zischte dem Brunner Karl, der mit herausfordernder Gebärde zuvorderst stand, eine Maulschelle ins Gesicht, packte den Berzl Johann bei den Schultern und suchte ihn zurückzustoßen. Aber die Masse der Neugierigen, die auch etwas sehen wollten, schob die Ersten immer weiter vor.


„So nehmt’s halt einen Verstand an!“ sagte Gregori Toni und machte ein Gesicht, in dem sich Abscheu und Behagen seltsam vermischten.
„Nichts ist’s!“ schrie Lenzen Toni, „Gebts die lumperten Papierdel her!“
„Meine Herren!“ stammelte der Hauptlehrer mit weinerlicher Stimme und spreizte seine Finger über die Schriftstücke, „meine Herren, das sind amtliche Akten!“
„Gewesen!“ schrie Aschenbrenner Franz und schleuderte das Hauptbuch gegen das Fenster, daß es die vereiste Scheibe zerschlug und auf den Hof hinausklatschte.
Der Hauptlehrer war aschgrau geworden und zitterte an allen Gliedern.
Draußen ging ein vielstimmiges Jubelgeschrei an. Im Augenblicke war das Buch zerfledert, und die einzelnen Blätter wurden über die Straße, auf den Misthaufen, in die Odelgrube, über den Hof zerstreut.
Die amtlichen Wahlakten!“ klagte der Hauptlehrer.
„Wir scheißen auf deine amtlichen Wahlakten!“ brüllte Balsen Karl, riß einen Stoß Papiere vom Tische, warf sie auf die Diele, knöpfte seinen Hosenlatz auf und hockte sich darüber.
Ein ungeheures Beifallsgelächter brach los. In der allgemeinen Begeisterung wurden die vereinzelten Warner und Tadler überschrien. Um den aufsteigenden Gestank zu vertilgen, fasste der Lenzen Toni ein Dutzend Stimmzettel aus der Mappe und zündete sie an, daß der Rauch beizend durch die Stube drang.
Von der Küche her, wo die Wirtin mit ihren drei ältesten Töchtern durch den Türspalt lugte, erscholl ein verzweifeltes Kreischen.
„Zuerst stoßen sie uns Türen und Fenster ein, die Hammel, hernach sauen sie uns die Stube voll, die Bärner - und jetzt kendeln sie uns das Haus an! Jegers Mari!“
Die zwei Wahlbeistände gingen mit erhobenen Fäusten auf die Störenfriede los. Einige Burschen hatten sich Wahlzettel zu einem Fidibus zusammengedreht und setzten damit ihre Tabakspfeife in Brand.
„Hörts auf mit Lichteln!“ riefen etliche Besonnene von hinten.
Wie es nichts mehr von den Wahlakten zu vernichten gab, wichen die Burschen und Männer langsam aus der verwüsteten Wirtsstube zurück.
„Das wird etwas geben! Das wird etwas geben! Mein Gott!“ jammerte der Hauptlehrer hilflos vor sich hin.
Der Nickelbauer, der, in die Masse eingekeilt, mehrfach versucht hatte, seine Dörfler zur Vernunft zu bringen, zwängte sich jetzt mit ein paar älteren Männern, die das Treiben nicht billigten, in den Wahlraum.
„Panduren, unnatürliche!“ rief er und drängte die Burschen hinaus, „meints denn, ös könnts mit dem ganzen Gefetz eppes bezwecken? Eingesperrt werdet ihr!“
Der Hauptlehrer hatte endlich, da er sich von nüchternen, ehrengeachteten Männern umgeben sah, seine Haltung wiedergefunden. Er schaute mit ergrimmten Blicken um sich.
„Und überhaupt“, ereiferte er sich, „ist das alles ja ein Unsinn, weil ja die Wahl noch gar nicht gültig gewesen wäre!“
„Noch gar nicht gültig?“ rief der alte Benno Hans und griff sich in seinen langen weißen Bart.
„Freilich war sie noch nicht gültig!“ wetterte der Hauptlehrer. "Es muss doch für einen Bewerber eine vollständige Mehrheit da sein. Dazu hätte es noch eine Stichwahl gebraucht.“
Der alte Bürgermeister geriet in Wut.
„Du bist denest ein rechter Aff, Herr Hauptlehrer!“ schrie er. „Warum hast denn das hernach nicht gleich gesagt? Ha?“
Der hagere Schulmeister duckte sich und sah die Dorfalten schief an.
„Immer wieder hab ich’s versucht! Natürlich hab ich’s ihnen sagen wollen! Aber sie haben mich ja überhaupt nicht reden lassen“
„Man hält’s nicht für möglich“, sagte der Franzenbauer geringschätzig, „was es für Leut auf der Welt gibt, und im voraus bei den Schullehrern.“
Der Wirt kam hinzu und besah sich grinsend das Trümmerfeld.
„Was soll es nun werden?“
„Wir müssen sofort eine Anzeige erstatten!“ schimpfte der Nickelbauer. „Nichts anders bleibt uns nicht übrig! Spann gleich dein Roß an, Wirt, und zieh den Schlitten aus der Schupfe! Du fahrst mit mir und mit dem Herrn Hauptlehrer direkt nach dem Markt aufs Gericht. Sonst wird die Viecherei noch ärger.“
Als sie nach einer halben Stunde zu dritt unter Schellengeläut abfuhren, war das Wirtshaus von Wählern und Trinkern geräumt. Einzelne Trupps standen lachend oder scheltend vor den Hütten. Vom Kastanihause herüber erscholl die schrille, unausgeglichene Musik der Bader Kapelle und das Lärmen der Zecher.
„Das ist, wie ich mich auskenne, ist das Landfriedensbruch!“ schimpfte der alte Bürgermeister vor sich hin. „Das wird eppes werden! Bou, das wird eppes werden!“
Bis zur Wöhrmühle hin lagen überall Blätter und Fetzen der Wahlakten auf der Dorfgasse verstreut.

Am andern Vormittage fuhren zwei Lastkraftwagen durchs Dort. Sie waren mit schwer bewaffneten Landespolizisten stark besetzt, die mit schussbereiten Pistolen in die meisten Häuser eindrangen und die Hauptschuldigen abführten. Siebenundzwanzig Rimbacher wurden aufgeladen, und von Thenried herüber holten sie den Balserer.

Anfangs hing über dem verängstigten Dorfe eine ungewohnte Stille. Kein Mensch sprach ein lautes Wort, und sogar die Weiber verkniffen sich ihre Scheltgelüste. Nur die Schulbuben der Oberklasse liefen neugierig und begeistert über das große Ereignis den langsam die Dorfgasse daher rollenden Wagen nach. Aber wie sich die beiden Autos immer mehr mit Häftlingen füllten, brach der unverwüstliche Lebensübermut, der sich eine Weile verkrochen hatte, wieder durch.
Als alle verladen waren und die Wagen zur Abfahrt nach Straubing bereit standen, kam der Berzl Gang mit seinem unbändigen Bombardon angekeucht, und der Saurerbub folgte ihm mit dem Horn. Auf dem Dorfplatz vor den zwei Linden, wo sich alles, was nur laufen konnte, angesammelt hatte, stellten sich die beiden Bläser auf und schmetterten einen Tusch.
„Hoch! Hoch! Hoch!“ schrien die Unverdächtigen, und die armen Sünder schwenkten von den Wagen herunter die Kappen und schrien mit: „Hoch! Hoch! Hoch!“, während die Landjäger nicht wussten, ob sie schelten oder lachen sollten.

Die beiden Lastkarren ratterten an. „Jetzt geht’s dahin mit uns!“ riefen die Burschen und Männer herab. Die Buben rannten nebenher und warfen Schneeballen hinterdrein.
Über das Stampfen der Motore brüllte Balsen Karl: „Singen wir noch eins zum Abschied!“
Und mit großem Stimmaufwand, siegesfreudig, sangen die achtundzwanzig Friedensstörer, während sie dem Untersuchungsgefängnis entgegenfuhren:
„Der Waldler vertraut halt auf Gott!
Drum leidt er aa selten a Not!“

Hier ein Beispiel für die "Entschlüsselung dieses Romans". Franz Loeschke, Winfried Neppl und Kurt Kühlmeier haben sich die Arbeit gemacht, einige Personen aus dem Roman zu dechiffrieren und echten Menschen zuzuordnen.  Der - im Text öfters genannte - Balsen Karl, dem im Buch jeder Schabernack und Streich angedichtet worden ist, war im richtigen Leben der Thenrieder Karl Fischer.  




Hier noch einmal zum Abschluss die Würdigung des Balsen Karls zu seinem 75. Geburtstag in der Kötztinger Umschau.
KU vom November 1960

Vielen Dank an Herrn Silberbauer, Rimbach, von dem ich viele Hinweise und Dokumente von und über Johannes Linke bekommen habe.


Freitag, 8. April 2022

Vor dem Vergessen bewahren: das "Fischerpeter" Haus

Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.
Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 41
beim Fischer Peter



Auszug aus der Uraufnahme des Marktes Kötzting von 1811 Teil der Karte vom Vermessungsamt Cham

Nun bereits im zweiten Sommer erkennt man beim genauen Hinschauen, dass das fahlgraue und, von der Fassade her, schmucklose Haus in der Marktstraße nicht mehr bewohnbar ist und nur noch auf den Abriss wartet.
Trotz seines einfachen Erscheinens ist es doch ein Gebäude, dessen Besitzer in der Vergangenheit zu den Marktlehnern gehörte, zur Kötztinger Oberschicht also. Siehe Einleitung zur Kötztinger Häuserchronik  (hier kann die Entstehung Kötztings nachgelesen werden)
Wir wissen seit vielen Jahren, dass die Grundstruktur Kötztings, also die Anzahl und Lage der Häuser in der Marktstraße und den wenigen Seitengassen bereits seit dem Mittelalter gleichgeblieben war,
 auch wenn wir die Hausbesitzer aus den einschlägigen Listen vom 15. und 16. Jahrhundert nicht eindeutig einzelnen Häusern zuordnen können.

Die erste Archivale, die gesichert das haus und einen Besitzer nennt, ist eine Grundbeschreibung des Klosters Rott aus dem Jahre 1651. In diesem Jahr nimmt Türrigl Adam aus Grub zusammen mit seiner Frau Margaretha eine "Hypothek" auf sein "Anwesen" in Kötzting auf. Seine Frau erhält als rechtlichen Beistand - per Definition ist eine Frau in der damaligen Zeit nicht rechtsfähig und benötigt männlichen Beistand -  den Bruder ihres Mannes, den Kötztinger Probstrichter, ebenfalls Türrigl Adam mit Namen.


Einschub Adam Tirrigl


In einem Geburtseintrag eines der Kinder Türrigl Adams - des Probstrichter - ist der Zusatz VOM RIEGELSTEIN angegeben. Damit ist die Verbindung zu dem Adelsgeschlecht der Türrigl vom Riegelstein nachgewiesen. Über diese Familie und vor Allem über einen späteren berühmten Nachkommen Johann Kaspar Thuerrigel,  gibt es eine Reihe von Darstellungen und Veröffentlichungen. 
Für die weitere Entwicklung Kötztings spielten die beiden Türrigls eine wichtige Rolle. Das historische Kötzting litt seit jeher unter einem großen Grundstücksmangel. So gut wie Alle Marktlehner hatten neben ihrem Handwerksgewerbe und ihren - wie groß auch immer - Gasthäusern natürlich auch noch einen landwirtschaftlichen Betrieb. Für die vielen Tiere, nicht zu vergessen das lebende Schlachtvieh der 5-6 Metzger, fehlte die ausreichende Menge an Wiesen und Feldern. Die Weide auf dem Galgenberg - dem heutigen Ludwigsberg - war hoffnungslos abgeweidet und glich eher einer Heidelandschaft als einer üppigen Wiese. Zwischen dem Kloster Rott, dem damaligen Hofmarksherren von Grub, und dem Marktmagistrat gelang es in langen Verhandlungen sich auf einen Verkauf des Strohhofes an den Markt Kötzting zu einigen. Bis hinein ins beginnende 19. Jahrhundert war der Markt Kötzting Besitzer des Strohhofgebäudes, welches er an zwei Parteien vermietete. Die Strohhofgründe  - Wiesen und Felder - wurden nun gleichmäßig an alle Kötztinger Marktlehner und Söldner verteilt. Diese neuen Gründe wurden nicht dem einzelnen Besitz zugeschrieben sondern wurden über alle die folgenden Jahrhunderte als Gruber Grundstücke in den Verträgen weitergeschrieben. Der historische Strohhof ist heutzutage die Gärtnerei in Grub
Einschub Ende


Doch zurück zum Kötztinger Anwesen des Adam Türrigls,  bei der Schuldverschreibung vom 11.11.1651 beleihen sie ihre im Markt zwischen Herrn Johann Pillich und Herrn Hans Schreiners am Platz liegende Prandtstatt. Das Geld für diese Hypothek erhält er aus der Vormundschaft von Eva Bauer, der Tochter des verstorbenen Kötztinger Lebzelters Jobst Bauer. 

Mit dieser "Ortsbeschreibung": das Haus liegt zwischen den Häusern von A. und B. ist zuerst nur eine vorläufige Lagebeschreibung möglich. Wenn man allerdings die gebundenen Briefprotokolle, also die gebundenen einzelnen Urkunden der Hausverkäufe, Schuldverschreibungen und ähnlichem  systematisch auswertet, dann steht in manchen dieser "Ortsbeschreibungen" manchmal auch ein Nachbar bzw. ein Nachbargebäude, das man kennt und schon ist die Abfolge wie hier: Schreiner - Türrigl - Pillich - Türanck - Rathaus aufgelöst und die Zuordnung auf das Haus mit der späteren Hausnummer 41 ist möglich.

Doch zuerst einmal zum Häuserregister des Kötztinger Probstrichters Adam Türrigl vom Riglstein - (Hauptstaatsarchiv München Landshuter Abgabe Kloster Rott B2 von 1650). Dieses Grundbuch ist nur ein Fragment, während die ersten 25-30 Marktlehen - immer der bekannten Abfolge vom oberen Markt hinunter bis zum Rathaus usw. folgend - noch sehr ausführlich und genau beschrieben werden, fallen bei der "benötigten" Hausnummer 41 bereits auf, dass einige Lücken, vor Allem bei Größenangaben und Nachbarnamen, bewusst gesetzt wurden, um nachträglich die genauen Werte einzusetzen. Ab dem Gschwandhof (Nr. 91) sind es dann nur noch die bloßen Hausbesitzernamen.;
Bei den Grundstücken für Kötztings Hausnummer 3 (heutzutage das Hotel Amberger Hof) fällt bei der Beschreibung der Grundstücke eine besondere Bezeichnung auf, wie bei den Häusern selbst wurden auch bei den Feldern und Gärten deren Lage durch die angrenzenden Nachbargrundstücke definiert:
Hier kann man also zum ersten Mal erkennen, dass Adam Türrigl Grundstücke besaß, die vorher einem "Yettinger" gehört hatten. 



 Interessant bei den nun folgenden Haus und Grundstücksbeschreibungen sind die vielen Ortsbezeichnungen - heutzutage noch bekannte oder gänzlich verschwundene - Mer gegen dem Siechhaus  ain Agger mit Pifang so mit Gersten angepaut, zwischen Andreen Östereichers und Michaeln Schirlitz Agger ligt, mit einem Orth auf Herrn Billichs Pfarrers in der Lamb und auf Adamen Türrigls Yettinger Aggers und mit dem andern Orth auf die Straßen welche von hir auf Camb gehet.









Wolf Christoph Yettinger


Hier sind mehrere Details interessant: erstens gibt es schon mal einen ersten Hinweis, dass Türrigls Besitzvorgänger ein Christoph Yettinger gewesen war und zweitens wird hier deutlich, dass in der Kötztinger Feldflur offensichtlich in vielen Fällen dieselben "nachbarschaftlichen Verhältnisse " herrschten wie bei den Häusern, auch dort ist nämlich Türrigls Nachbar der Pfarrer Billich aus Lam gewesen.
Bei der Beschreibung des Anwesens seines Oberliegers, des Hans Schreiner, wird Türrigls Haus dann sogar noch besser beschrieben, als einen Eintrag später als es um sein Haus selber ging. 


HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B1 Beschreibung des Hauses von Hans Schreiner

Hannß Schreiner burger des Raths und Peckh hat ain Behausung sambt dessen Zuegehörung, aufm Plaz, zwischen Anna, weillendt Hannsen Zaglmanns gewesten Marktschreibers alhir seel: und Adamen Türrigls Yedtinger Haus oder Prandtstatt darzue gehört ain halbs Markhtlehen, mit nachvolgenten Grundt und Poden"

Nun gilt es also zuerst herauszufinden welcher Yettinger und wer möglicherweise vor ihm das Anwesen besessen haben könnte. Dabei braucht man auch gar nicht an die Kötztinger Bürgersfamilien zu denken, , denn die Yettinger waren eine adelige Familie aus Chamereck, deren Mitglieder immer wieder in unserem Raum die verschiedensten Funktionen beim Staat übernommen hatten.. 

In einem Schreiben des Kötztinger Bürgers und Kloster Rottischen Verwalters Hans Schlegl  an das Kloster (HStA München Hofkammerakten Rep 92 Verz. 8 Fasz. 67/207) muss er nach mehrmaliger Aufforderung eine Empfehlung für den Dienst al Probstrichter abgeben und empfiehlt dabei den langjährigen Hauptmann in/aus Furth Matthias Rosenhammer. Die Begründungen, die er dabei anführt, liegen sehr nahe an einer Erpressung, denn angeblich hätte Rosenhammer - würde er den Dienst nicht bekommen - als langjähriger Kenner der Gegend viel in der Hand, um dem Kloster im - dauerhaften -Kampf mit den weltlichen Behörden großen und laufenden Ärger zu bereiten.
In diesem Schreiben spricht er vom "gewest Herrn Hauptmann Landrichter und E(euer) G(naden) Brobstrichter alhir, Wolf Christoph Yettinger von Chamereck.
Es gibt eine gedruckte Zusammenstellung der bayerischen Beamten aus dieser Zeit - kurz "der Ferchl" - und dieser führt in Kötzting zwischen 1637 und 1642 einen Landrichter diesen Namens in Kötzting auf.

Bayerische Behörden und Beamte 1550-1804 von Georg Ferchl

 Im einem Steuerbuch des Klosters Rott aus dem Jahre finden wir als Besitzer den, oben angeführten Landrichter Wolf Christoph Yettinger, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben sein müsste. Solche eine Vorgehensweise ist aber nicht unüblich gewesen, vor Allem wenn die Erbsituation noch nicht abgeschlossen war.
HStA München Kloster Literalien KL Rott 10 von 1620

In dem nächsten Rechnungsbuch des Klosters Rott sind es dann seine Erben, die die Abgaben bezahlen und diese Erben können wir auch aus "dem Ferchl" entnehmen.


HStA München Landshuter Abgabe KL Rott R1 von 1638
Christoph Yettingers Erben vom halben Lehen

 
Hier aus der Liste der Kötztinger Pfleger:



Seine Tochter Maria Magdalena und der weitere Erbe Johann Adam Kazenberger, seines Zeichens der Hofmarksbesitzer in Haus, bezahlten ihre Abgaben für ein Marktlehen, welches bis 1651 nachweislich noch nicht aufgebaut worden war.

Adam Türrigl und Margaretha


Doch nun zum Anwesen selber, welches zwar noch als "Brandstätte" tituliert wurde, dessen Pertinenzgrundstücken, den Grundstücken also, die nicht vom Anwesen weg verkauft werden durften, jedoch im Markt Kötzting mit seinen notorisch zu kleinen landwirtschaftlichen Flächen trotzdem einen enormen Wert darstellten. 




Adam Tirrigl hat ein Haus
welches noch nit erpauth, so
zwischen Hansen Schreiner
burger des Raths und
Herrn Johann Billichs Pfarr=
ers in der Lamb Heusern
am Plaz ligt, darzue ge=
hört ain halbs Marckhtlehen
mit nachfolgenten grundt
und Poden





Velder

Erstlichen ainen Agger hünder
dem Obernfreudthof mit
XX Pifang, zwischen Herrn Johann Pillichs Pfarrers
in der Lamb und Herrns
Hanns Raidten, des Innern
Raths und Cammerers Ägger
ligt, mit ainem Orth auf












die Schanz bey dem Obern
Feudthof, und mit dem
andern orth auf (Lücke)
Agger stosset so
mit Wüntterkhorn ange=
pauth


Mer ain Agger gegen Gestorf
mit xx Pifang, zwischen Hern Georgen Tenscherzen des Innern Raths und
(Lücke) Äggern ligt
mit einem Orth auf Zelten=
dorffer Fartweg und
mit dem andern orth auf
(Lücke) Agger stoßt
ist mit Habern angepaut


Mer ain Agger gegen Grueb
ein Stainpruch
mit xx Pifang so neben Georgen Lärnpecher Müllers




und burgers alhir an der
Wißmüll, dann Adamen Türrigls Marckhtschreibers
auch Herrn Georgen Löfflers des Eissern Raths und
Sigmundten Raithen Zwerch
Äcklher, welche auf diesen stossen
und neben (Lücke)
Äggern ligt, mit einem Orth
auf die Anwandten beim Keidischpach und mit dem anderen Orth auf die Grueb=
er Straß stosst, ist mit Winterlhorn angepauth



Gartten


Ain Gartten mit 4 Pifang und 3 Trümmer zwischen
(Lücke) und
(Lücke) Gärten
ligt mit einem Orth auf



und mit dem andern Orth
auf (Lücke) Gärtten stosst





Wißmath




Ain Wißen zwischen Herrn Hansen Schreiners und
Herrn Thoman Rothauers
Churfrtl Gerichtsschreibers
wißen, mit ainem Orth auf Andreen Weissen Mez=
gers Gartten und mit dem Andern Orth auf dem Tämpach stosst


















Unser gesuchtes Anwesen, bzw. die Brandstatt, war also, wie oben angeführt, im Besitz - bzw. in Teilbesitz - des Mauerers Adam Türrigl. Der Probstrichter, der hier auch zusätzlich noch als Marktschreiber titulierte ANDERE Adam Türrigl, war sein Bruder. Der Keiterspach heißt heute Gruberbach und der Tämpach ist der Dampfbach. Die angesprochene Schanz beim Obern Freudhof war Teil der damaligen Marktbefestigung, also der aufgeworfene Wall, der sich offensichtlich gut für den lokalen Gemüsebau eignete, weil viele Gärten der Kötztinger Marktlehner sich auffallend nahe oder sogar auf der jeweiligen Schanz befanden.

Ebenfalls im Jahre 1651 finden sich die beiden "Adam Türrigl", einerseits der Probsteiverwalter - verheiratet mit Maria - und andererseits "Adam Türrigl der Jünger" bei einem Kauf untereinander. Es geht um einen Hofanteil in Grub. Es ist der später so genannte "Gruberhof", den der Markt,  nach langwierigen Verhandlungen mit dem Kloster Rott ankaufen wird und anschließend dessen umfangreiche Äcker und Wiesen parzelliert an alle Kötztinger Bürger verteilen wird.
Wir bleiben im selben Jahr. Adam Türrigl leiht sich 33 Gulden von seiner Stiefmutter Maria.
 
PfA Kötzting Band 1 Status animarum der Kernfamilie Türrigl (des Probstrichters) mit dessen zweiter Frau Maria.

 
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll P 1
"Schuldbrief
Adam Tierrigl zu Grueb entlehnt von seiner Stiefmutter Maria Tierigl zu Khözting von ainem Jahr auf ander gegen halbjeriger Aufsagung 33 Ducaten und 3 Kopfstuckh, anderst khein Giltzeit allein lesst entnemmer der herleyherin mit dem gewöhnlichen Zünß, den Gartten under seiner Prandtatt, so an die Hirnerin und an den Rathstadl stosst, sambt dem Wißflöckhl am Tämpach und andern zu der Prandtstadt gehörigen Ackher.
"


PfA Kötzting Band 1 Seite 174
"Am 26. desselben Monats (Juni 1648) haben öffentlich in der Kirche geheiratet der ehrenwerte Jüngling Adam Tirrigl von hier und ehrenwerte Margaretha Lieblin von Raidnstein. "


In einer weiteren Schuldverschreibung, ein halbes Jahr später, leihen er und seine Frau Margaretha, unter Beistand des Vaters und nun auch Marktschreibers Adam Türrigl, sich 39 Gulden aus der Erbschaft des verstorbenen Kötztinger Lebzelters Jobst Bauers. Auch hier ist die Lage der Brandstatt, die sie als Sicherheit hinterlegen, zwischen Hans Schreiner und Johann Pillich angegeben.
Von Adam Türrigl, dem Sohn, finden sich später aber dann nur Einträge, die als seinen Wohnort Grub benennen. Nachdem die Familie Türrigl bereits mehrfach Immobilien und Kapital untereinander  ausgetauscht hatten muss es im Zeitraum zwischen 1652 und 1661 zu einem Verkauf gekommen sein.
Möglicherweise hatte er auch seine Schuldzinsen nicht bedient musste deshalb den potentiellen Bauplatz abgeben.


Adam Türrigl und Maria

Als Adam Türrigl, der Probstrichter, im Jahre 1661 stirbt, findet sich in seinem Inventarium, also der Auflistung seiner Besitztümer, an dritter Stelle - er selber wohnte im Haus neben der St. Veitskirche, heutzutage Eisdiele DOLCE VITA -   die Yettingerische Prandtstatt zwischen Billich und Schreiners Häusern gelegen.
 
(StA Kötzting AA XI/15)
Inventarium des Adam Türrigl: "
Ain Garten beim Egglhof so aigen
Die Yettingerische Prantstatt neben Herrn Billichs aus der Lamb und Hansen Schreiners Peckhens Behausung gelegen.
Ain Garten under solcher Prantstatt so ain aigen Stuckh
"

 


Leider gibt es in der Überlieferung der Kötztinger Hausverkäufe eine große Lücke. Band 1 deckt die Jahre 1651-1653 ab, Band 2 beginnt dann erst wieder im Jahre 1700. 
Es gibt jedoch immer wieder einzelne Bürger- und Steuerlisten, die in Listenform häufig die Aufeinanderfolge der Häuser in der Wirklichkeit abbilden.


Hans Raab

Im Jahre 1670 haben wir einen Hans Raab auf dem Anwesen. Da sich in dieser Zeit mehrere Raab-Familien in Kötzting belegen lassen, macht es keinen Sinn auf einen einzelnen "Hans Raab" zu deuten, obwohl zumindest sein Heiratsdatum (1665) für den Hans Raab, Sohn des Wolf Raab spricht, weil der Besitzübergang ja zwischen 1661 und 1670 gewesen sein muss. (Wie bereits geschrieben, mit aller Vorsicht: die (Wolf) Raabs saßen damals auf dem Haus mit der Hausnummer 141 - Miethaner-Anwesen, nun ein moderner Neubau am Marktplatz)


HStA München Landshuter Abgabe KL Rott R2 von 1670

Herr Ander Billich vom Zaglmann- Haus  und 5 Thaill  20 xr 2 dn   Hausnummer 39
Georg Hofbauer  17 kr 1 dn -Hausnummer 40 - 
Hanns Rab          17 kr 1 dn - Hausnummer 41
Georg Billich       17 kr 1 dn

Zwei Jahre später erkennt am in der nächsten Steuerliste den Wechsel:
 
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott R3 von 1672

Nun steht zwischen Georg Hofbauer und Georg Billich plötzlich der Schneider Hans Hofman.

Hans Hofmann und Maria Lucia Türrigl


1672 haben wir also den Schneider Hans Hoffmann auf dem Haus in der heutigen Marktstraße und wir wissen, dass um die Jahrhundertwende, gesichert bereits um 1688, Michael Hofmann der Besitzer des Anwesens war. 
Blickt man aber in die Kötztinger Heiratsmatrikel, so findet sich dort die Lösung.
Am 27.7.1667 hatte der Kötztinger Schneider Johannes Hofmann - Sohne des Paulus - Maria Lucia, die Tochter des Kötztinger Bräugegenschreibers (auch diesen Posten hatte er zwischendurch) Adam Türrigl und seiner Frau Maria geheiratet.
PfA Kötzting Band 1 Seite 228
Heiratseintrag des "Johannes Hofmann und der Maria Lucia Tyriglin"

Dies KÖNNTE bedeuten, dass Hans Raab in der Zwischenzeit nur das Anwesen gepachtet hatte, allerdings mit der Auflage alle fälligen Abgaben und Steuern zu begleichen.
11 Kinder bekam das Paar zwischen 1669 und 1688
Im Jahre 1674 finden wir den Bürger und Schneider Hans Hofmann in den Kötztinger Marktrechnung unter der Rubrik: Strafen. Er hatte einen Brau-und Wirtekollegen der Zauberei bezichtigt.

StA Kötzting Marktrechnung von 1674 Seite 9
"Bezichtigte Zauberey
Hannß Hofmann burger und Schneider alhir zu Közting hat obigen Hannßen Märckhel [Dieser wurde in einem gleich darüber stehenden Beitrag zu einer saftigen Strafe verurteilt, weil er trotz Aufforderung seine Abgaben nicht zahlen wollte.] am Fest Corporis Christi im Pfarrhof alda bezichtigt, er mieste Zaubern khinden, weillen er sein Praunes pier sobalden verleith gebt, und obwollen derselbe yber beschechene Vorwendtung vorgeben, dass dißes in Voller weiß vorgangen, und von ihme Märckhel nichts unrechtes zusagen...." 1/2 Pfund Regensburger Pfennige, also 34 Kreuzer und 2 Heller kostete ihn diese Beleidigung.
Im selben Jahr findet sich der Hinweis, dass Hans Hofmann auch bereits Kirchenprobst war, denn der Markt zahlt bei ihm in dieser Funktion seine fälligen Abgaben für die "Baumanns Hofstatt"
StA Kötzting Marktrechnung von 1674 Seite 36


PfA Kötzting Deckblatt der Kirchenrechnung von 1674 mit den Kirchenpröbsten Andreas Pachmayr und Hans Hofmann.

Im Jahr drauf durfte er sich das Kötztinger (Markt-) Gefängnis für einen halben Tag von innen anschauen, weil er "die Magdalena Goettlinger, die auf seiner Wiese grasen lies, mit Straichen ueberfahren und sein selbst Richter gewesen"
Im Jahr 1676 nehmen er und seine Frau Lucia sich 50Gulden bei der Pfarrkirche auf. als sie den, zur Pfarrkirche gehörenden, Schleglacker und eine Wiese kauften.


PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1676 Schuldverschreibung über 50 Gulden

Hans Hofmann kommt nicht aus den "Schlagzeilen heraus, diesmal hat er Ärger mit dem Abrosius Tyranckh, was ihm eine Strafe von 1 Pfund Pfennigen einbrachte.
Er hatte "
 sich unterstanden Ambrossen Tueranken, auch Buerger und Cramer, in seiner Behausung dergestalt im Unwillen einer Mauer halb haimbzesuchen ,das er deme nach wenig worttwexln zu Harr gefallen,, weillen dan hierueber des Tuerankhen Stiefvater Hans Greymueth zuegelauffen und ihm, Hofmann, hinderrucks mit ausgebenen Streichen also bey den Harren genommen das derselbe  ihme Greymuethen in Zorn auch ainen rdo Schelmb und Hundsfott tituliert."

StA Kötzting Marktrechnung von 1676 Seite 10

"Einnamb an Straffen und Wändeln
Hannß Hofmann burgr und Schneider al, hat in bezechter Weis mit ainem Handwerch ainen Zanckhhandl angefange, und mit redo hundsfott und Schölbmen beschentung zuegeworffen
.... 1 Pfund Pfennige = 1 Gulden 8xr 4 H.

Im Jahre 1680 findet sich ausnahmsweise Hans Hofmann auf der Klägerseite vor Gericht, als es um die Handwerksehe geht. Der Schuster Hans Georg Mayr, hatte einen ihm offiziell vom Schneiderhandwerk übergebenen "Schein, neben ander Ungebühr despectirlich zerrissen"
Aber schon im drauffolgenden Jahr zahlt er wieder eine saftige Strafe, weil er den Kötztinger Marktschreiber unrechtmäßig hatte und gleich noch einmal 1/2 Pfund, weil er "den Mitmeister Hans Pfeffer ins Gesicht geschlagen" hatte
Seine größte Strafe bekam er vom Magistrat verpasst, als er in einer Streitsache gegen den Ratsbürger Andreas Lobendanz sein recht nicht vor dem Magistrat, sondern gleich beim Landrichter suchte. Dieses respektlose Übergehen des Magistrats kostete ihn fast 2 1/2 Gulden. (kann man fast mit 500 Euro heutzutage gleichsetzen.)
1687 wird Hans Hofmann als ehemaliger Kirchenprobst bezeichnet, der noch mit einigen Zahlungen im Rückstand sei.  


Nun haben wir erneut eine Lücke in der Beweisführung, da in der Steuerliste der Kirchentracht nun im Jahre 1688 der Gerichtsprokurator Balthasar Wachter erscheint.

Balthasar Wachter und Katharina

GL_Fasz_1829_62_0016 Kirchentracht von 1688

Auch hier stimmt wieder die Aufeinanderfolge der jeweiligen Nachbarsbesitzer.
Kurz zuvor, am 26.6.1684 
finden wir die Hochzeit des Witwers Michael Hofmann mit seiner Tochter Anna. 

Hofmann Michael und Anna Wachter


Pfarrarchiv Kötzting Pfarrmatrikel Kötzting 2 vom 26.6.1684 26. nuptias celebravit in parochiali Eccla. Michael Hoffmann viduus cum Anna Wachterin filia legit Dmi Balthasari Wachter et Cath. conj. huius loci














Bei diesem verwitweten "Michael Hofmann" KÖNNTE es sich um den früheren Müller aus Grub gehandelt haben, denn ein solcher erwirbt im Jahre 1683 das Kötztinger Bürgerrecht.
Damit wäre er ein enger Verwandter des obigen Schneiders Hans Hofmann, der über seinen Vater ebenfalls von der Grubermühle abstammt.
Um diesen Besitzübergang auf Michael Hofmann belegen zu können, - wir sind immer noch vor dem Beginn der Briefprotokollreihe - ist es nötig auf die nächste Steuerliste zu blicken, die die Häuser in der richtigen Reihenfolge abbildet und die stammt aus dem Jahre 1727.
Dort finden wir einen auf diesem Haus einen Andreas Billich, von welchem aus es möglich ist, die Besitzübergaben rückwärts zu belegen bis eben zu diesem Michael Hofmann. Dessen Einstieg auf diesem Haus zwar nicht, aber Manches andere aus seiner Lebenszeit dann doch  in den Bereich dieser Briefprotokolle fällt. 
Gleich mit Beginn dieser Reihe - ab 1700 - verkauft er seinen  "Ziegelgarten bei des Marktmüllers Wiese".  Ein Detail dieses Vertrags ist typisch für die damals herrschende hierarchische Gliederung Kötztings. Der Verkauf des Gartens geht an einen Bräupfannenknecht Wolf Kurz aus Kötzting. Dieser war zwar Bürger in Kötzting, aber eben kein Marktlehner und sollte ein Solcher -fristgerecht - Einspruch gegen diesen Verkauf erheben, so müsste dieser sofort rückgängig gemacht, und der Garten dann - allerdings zum gleichen Preis -  an diesen Marktlehner verkauft werden. 

In einer Schuldeinschreibung aus dem Jahre 1701 widerlegt das Ehepaar ihr Marktlehen gegen eine eingestandene Schuld von 100 Gulden die durch eine Lieferung von Fluderbäumen durch Greil Thomas aus Gotzendorf entstanden war. Ich habe weiter oben bereits die Vermutung geäußert, dass der, bei seiner Bürgeraufnahme im Jahre 1683 als Müller von grub bezeichnete Michael Hofmann, mit unserem gesuchten identisch ist. Dazu würde dieser Holzhandel mit Fluderbäumen auch gut passen, zu dem er sich Geld leihen wollte. .
Staatsarchiv Landshut Briefprotokolle Kötzting P 2 vom 5.2.1701 Schuldverschreibung über 100 fl für verkaufte Fluderbäume von Thomas Greill aus Gotzendorf
1702 nun verpachtet das Ehepaar noch ein Gartengrundstück an den pensionierten Leutnant König um zu ein wenig Bargeld zu kommen. Seit 1700 tobte in Europa der Spanische Erbfolgekrieg und ab 1703 wollte auch Bayern in der großen Lotterie um den Spanischen Kaiserthron mitspielen, was dann sehr schnell in einer Besetzung Bayerns durch u.a. österreichische Truppen endete.
Für den August 1803 gibt es in den Kötztinger Pfarrmatrikel einige Todesfälle, bei denen nur ganz kurz vermerkt ist, dass die Männer durch Husaren getötet wurden. Darunter ist auch ein Bürger Michael Hoffmann. Nun war der Name "Michael Hoffmann" in Kötzting damals mehrfach vorhanden ABER er war Bürger UND bereits in den nächsten Beurkundungen in den Briefprotokollen, die sein Haus betreffen, also 1705, wird unser Michael Hoffmann als bereits  verstorben bezeichnet.
Pfarrarchiv Kötzting Pfarrmatrikel 3 Seite 785 vom 18.8.1703 sepultus Michael Hofmann civis ab Husaris omibus.  auch Johannes Stahl aus Kötzting, Ander Jungböckh aus Grub und der Kötztinger Georg Strasser wurden Opfer der fremden Soldaten

Vieles deutete bereits in der Vergangenheit drauf hin, dass das Hoffmannsche Ehepaar verschuldet war, nun, nach seinem Ableben und nach Durchführung der Formalien wie der Erbverteilung und Ermittlung der Erben - die sich auch auf dreimaliges Auffordern nicht vor dem Magistrat gemeldet hatten - handelte der Markt Kötzting, um Schlimmeres zu verhindern.
Mathias Dengscherz, ehemaliger "churbayerischer Proviantbäcker", konnte 1705 für 15 Gulden das Haus auf zwei Jahre pachten, musste allerdings der Witwe - ohne Entgeld -  das obere Seitenstüberl überlassen. 
Nach Ablauf dieser Pachtzeit greift dann sogar die Regierung in Straubing ein und ordnet für 1708 einen Zwangsverkauf an. 

St. Sebastiani Bruderschaft 


Über 300 fl Schulden hatten sich bereits alleine bei der St. Sebastiani Bruderschaft Kötztings angehäuft. Nachdem sich im laufenden "Gandtprozess" kein Käufer gefunden hatte, durfte die oben angesprochene Bruderschaft für einen Kaufpreis von 500 fl das Anwesen übernehmen. Nach Abzug der 300 fl Schulden bei ihnen, musste die Bruderschaft die Differenz an die verbliebenen Schuldner der Hoffmannschen Eheleute auszahlen.
Bereits Tags darauf verpachtete die Bruderschaft das Haus mit der "praunen Pierschenk Gerechtigkeit"  an den Inwohner und bürgerlichen Beisitzer Hans Georg Pachmayr, wiederum um 15 fl auf 1 Jahr. Die Witwe Anna durfte weiter bis St. Jakob desselben Jahres im Hause verbleiben, dann allerdings solle sie sich "außer Haus begeben".
Das Ganze scheint für die Bruderschaft ein gutes Geschäft gewesen zu sein, dann schon im Jahre drauf, also 1709 fand sich endlich ein Käufer für das Anwesen. Der frühere gräflich Nothhafftische Hofmarksverwalter von Eisenstein Johann Siegmund Schlögner kaufte um 575 Gulden die Michael Hoffmannsche Bürger- und Marktlehensbehausung cum pertinentiis - also mit allen zum Anwesen fest gehörenden Grundstücken - zwischen Hans Georg Schwarzen und Adamen Türanckhens Häusern liegend. Die 300fl Schulden bei der St. Sebastiani Bruderschaft wurden dabei gleich mitprotokolliert.  Für weitere 8 Gulden erwirbt Sigmund Schlögner gleich noch das Kötztinger Bürgerrecht und taucht dann auch prompt in den Pfleggerichtsrechnungen auf. 

Johann Siegmund Schlögner 




Vor dem Landrichter musste er sich verantworten, weil er Agnes Manghauerin ledigen Standts von Stachesried, in Zeit, als sye sich bei Hans Schwarzen Bürgern allhier vor eine Spinnerin aufgehalten bezichtiget, sye hette ihme ainiges Leinwandt Gwandt entwendet. 
 
Rentkastenamt Straubing R 2397 Pfleggerichtsrechnung von 1710 Verfahren gegen Schlögner wegen Diebstahlsbezichtigung, die er nicht beweisen konnte: Strafe 1 Pfund Regensburger Pfennige = 1 Gulden 8 Kreuzer 4 Pfennige, so ca. gut 100 Euros heutzutage

 Da er aber seine Anschuldigungen nicht beweisen konnte, musste er wegen Verleumdung der Frau seine Strafe zahlen.
Es sind unruhige Zeiten in Kötzting, Kriegszeiten, Johann Sigmund Schlögner, ein Sproß der Kötztinger Wundarzt Familie Schlögner, nun wieder Nothafftischer Verwalter in Eisenstein UND Bürger in Kötzting verstifftet sein Anwesen an den Bürger Christoph Wieser für drei Jahre, allerdings mit dem Zusatz, dass er Wiser noch dazu die anfahlende Steuern nebst Einquarthierungen in Durchmärschen mit den dach und Fach zu tragen hätte und davon dem Herrn Verstifter nichts abzurechnen haben solle. 
Nach Ablauf der Pachtzeit nun bekommt das Anwesen einen neuen Besitzer, Johann Siegmund Schlögner nennt sich nun "kayserlicher Graeniz Zohleinnehmber", also kaiserlicher Zöllner, und verkauft das Marktlehen am 24.7.1718 an Wolf Billich aus Kötzting um 570 fl.  - ein gutes Geschäft hat er also damit im Gegensatz zur Bruderschaft nicht gemacht - 
Er verkauft das Haus ausdrücklich mit allem Hausrat, als Piervässer, Poding, Schrägen, böthstädt und alte disch.


Wolf Billich 


Vier Jahre später quittiert Schlögner dem Billich die vollständige Bezahlung der Kaufsumme und schon geht es weiter, am 30.1.1719 übergeben Billich Wolf und seine Frau Margaretha das Marktlehen -  zwischen Hans Georg Diernberger, Küfer, und Hans Georg Schwarzens  des Rats , Bürger Häusern - an den Sohn Ander Billich, der 1717 die Witwe Barbara des Kötztinger Metzgers Metz geheirastet hatte. Die Übergeber behalten sich nur die lebenslange Herberge im oberen Stübl ausgenommen.
Bei der, beim Übergang von Wachter auf Michael Hofmann angeführten, schwierigen Beweislage und dem Zwang, diesen Beweis dann eben rückwärts führen zu müssen, war es das folgende Dokument, das diesen Beweis möglich machte:
In den Jahren 1727 bis 1736 findet sich Andreas Billich auf dem Anwesen gelegen zwischen dem Küfner Dirnberger (Hanr 40) und Hans Georg Schwarz (Hanr 42). (s.o.)
Mitverkauft wurde mit allen Pertinenzien auch der "Voglischen Teil in 6 Äckhern und 1 Wiese"
Mit demselben Tag quittierten die Käufer ihrer Schwägerin - Anna Maria Lischentin, einer Krämergattin zwei Häuser weiter, die Summe von 342 Gulden, die der Barbara Billich als Heiratsgut noch zustanden. 
StA Kötzting Spitalrechnung von 1721
Am 5.6.1721 leihen sich Andreas Billich und seinen Frau Barbara 40 Gulden vom Kötztinger Spital und hinterlegen das Marktlehen "zunegst des Schwarzen" und sie verzichtet zusätzlich noch auf ihre "weiblichen Freiheiten", was bedeutet, dass die Schuldentilgung einer möglichen Auszahlung ihres Hochzeitsgutes vorrangig gestellt sein würde.
Zwei Jahre später brauchen sie erneut 40 Gulden, diesmal leihen sie sich die Summe von der St. Sebastiani Bruderschaft. 1737 versetzt das Paar ihren Pertinenzacker (gehört untrennbar fest zum Anwesen), "vor dem obern Tor nebst dem Züsstler Ander und Hans Adamen Greil entlegen", an den Bäcker Hans Georg Dreger und drei Jahre später, im April 1740, verkaufen sie dann sogar einen " Planckhengarten teils ein Acker und teils eine Wiese" um 200 Gulden an den Marktmüller Stephan Irlbacher.
Noch im Sommer desselben Jahres trennten sie die Beiden dann endgültig von ihrem Marktlehen, das nach den turbulenten Zeiten im Wechsel zum 18. Jahrhundert zumindest einmal eine ganze Generation in der Hand eines Besitzers geblieben war. 
Billich Ander übergibt das Anwesen für 900 Gulden an den Aufschläger (Steuereinnehmer) Johann Ferdinand Mayr und dessen Frau Catharina.  Am selben Tag bezahlt er seine Schulden beim Bäcker Dreger, sonst hätte er den beliehenen Pertinenzacker ja nicht verkaufen können.


Johann Ferdinand Mayr und  Catharina Obermayer  


Nun wirds es kurzfristig sehr kompliziert:


Am 11.4.1740 heiratete der Zandter Hofmarksadministrator Johann Ferdinand Mayr mit Erlaubnis des Consistoriums in Regensburg  - warum auch immer, vlt war sie zu jung oder waren die Verwandtschaftsbande zu eng, es wird kein Grund angegeben - die Wirtstochter Anna Katharina aus Haselbach.
Pfarrarchiv Kötzting Matrikel 14 Fiche 375 Seite 96

Die Trauzeugen sind ebenfalls außergewöhnlich, der Janitor, also der eine war Pförtner beim bischöflichen Ordinariat und auch der zweite, Mario Westermayr wird als Nuntio, als Bote des Consistoriums bezeichnet. Die Trauung vorgenommen hatte ein Franziskaner Pater von St. Ullrich, also der Dompfarrei in Regensburg deren Betreuung die Franziskaner seit 1602 übertragen bekommen hatten. Hoher Besuch also in Kötzting und ein Geheimnis, das es noch zu lösen gilt.
Im November 1740 wird ein Heiratsvertrag zwischen den Beiden protokolliert, die Braut bringt 1500 fl (!) als Heiratsgut mit. Allerdings muss Johann Ferdinand diverse Schulden begleichen, bzw. durch Schuldverschreibungen anerkennen, so zum Beispiel 300 fl von seinem Bruder Johann Georg Mayr einem Doktor der Philosophie und Medizin. 
Andreas Billich quittiert am 6.3.1741, dass er vom Brautvater(!) des Käufers 900 Gulden erhalten hatte.
Mit der Kaufsumme hatte sich Andreas Billich im Januar 1741 um 610 Gulden ein, fast gegenüberliegendes, Marktlehen vom überschuldeten Metzger Jakob Räbel gekauft. (alte Hausnummer 128). Dies ist deswegen interessant, weil es in der Folgezeit zu einer Schlägerei zwischen den beiden Männern kommen wird, die Andres Billich ein Auge kostete und die daher auch vor dem Landrichter verhandelt werden musste. Ferdinand Mayr allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt bereits erneut sein Haus gewechselt.  
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1746

"Von Ferdinand Mayr landschaftlicher Aufschläger alhier wurde sich unternommen, Andreen Pillich burgern derohrten in der Mackschen Behausung nit nur das Pier aus einem Glas in das Angesicht zu schütten, sondern noch anzue das Glas mit einem solchen Gewalt in ermeltes Angesicht nachzuwerffen, daß dem Pillich andurch das Lünckhe Aug würcklich zu Grundt gericht "
6 Gulden 30 Kreuzer erhielt Pillich als "Satisfaktion", 4 Gulden als Verdienstausfall und zusätzlich 3 1/2 Gulden musste Mayr als Strafe an das Gericht bezahlen.


Um die ganze Angelegenheit nicht zu einfach zu machen, kommt es nun zu einem Häusertausch:

Der Aufschläger Johann Ferdinand Mayr (Hausnummer 41)  und sein Schwager Johann Georg  Druckmüller (Hausnummer 140) vertauschen am 1.5.1741 einfach ihre beiden Marktlehen, wobei Mayr alle Schulden der beiden Anwesen auf sich nehmen will und zusätzlich die freie Herberge seiner Mutter im ehemaligen Druckmüller Anwesen mit übernimmt. Mayr hat offensichtlich genügend Kapital um sich ein größeres Anwesen leisten zu können und zusätzlich auch noch die Schulden mit zu übernehmen. 


Johann Georg Druckmüller und Anna Maria Mayr


Leider spielte die große Politik nicht mit, wieder kommt es zu einem Erbfolgekrieg und wieder meinte das kleine Bayern im Konzert der Großen mitspielen zu müssen und wieder wurde Bayern besetzt und ausgeplündert. Dieses Ausplündern durch unerhört hohe Kontributionszahlungen forderte vielen Kötztinger Hausbesitzern das Äußerste ab und manchem noch Vieles darüber hinaus. Leider mussten die Kötztinger Behörden ihre Briefprotokollbände ebenso wie die Rechnungsbände zur Revision an die kaiserliche Behörde nach Straubing einreichen und, anders als bei den Rechnungsbüchern, gingen dabei die Briefprotokolle der Jahre 1743-1745 verloren.
Druckmüller Johann Georg jedenfalls wird Prokurator beim Landgericht und taucht ab 1745 als Besitzer des Voglhofes (alte Hausnummer 8), eines der großen Kötztinger Anwesen im oberen Markt auf.  
StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1745
Beedee churfrtl Landtghrts Procuratoren Johann Christophen Magerers und Johann georgen Druckhmillers Besoldtung inhalt Scheins 2 fl 51 xr 3 H. Eine eher sehr mickriger Jahressold. Ziemlich sicher bekamen die beiden ihre Hauptverdienst direkt aus den Gebühren der jeweiligen Gerichtsverhandlungen. 
Dieser Verkauf des Anwesens (Nummer 41 ) fällt genau in die Zeit, aus der wir keine Beurkundungen mehr besitzen. 

Johann Haselbeck und Maria


ABER, am 18.2.1746 wird der nächste Weiterverkauf des Anwesens protokolliert und dabei ist auch das Ankaufsdatum vermerkt. Der Wirt Jakob Haselbeck und seine Frau Maria aus Heitzelsberg verkaufen das Haus, welches sie selber am 3.3.1744 von Johann Georg Druckmüller gekauft hatten, an den Schuhmacher Johann Georg Silberbauer und seine Frau Eva. 

Hans Georg Silberbauer und Eva

Die Preise sind gefallen, das Marktlehen wechseln nun für 470 Gulden den Besitzer, allerdings fehlen dem Anwesen seit der Zeit von Billich Andreas ein paar wichtige Grundstücke, die Silberbauer JG 1762 um 500 Gulden wiederum an sich bringen kann.

Gemeinsam mit Qualbert Lecker, mit dem er Jahre später einen erbitterten Streit um Abfallwasser führen wird - siehe anschließend -, steht JG Silberbauer nach einer Posse vor Gericht, die beiden eine Gefängnisstrafe einbringen wird. Es geht um ihr empörendes Verhalten gegenüber einer Ehefrau des verarmten und kranken Kötztinger Seilers Pabinger. .
StA Landshut Pfleggericht Kötzting P45
Vor dem Landrichter klagen der Magistrat und der Marktschreier Schreyer gegen Qualbert Löcker und JG Silberbauer.

Im Nammen des Burgerlichen Magistrats alhier, clagen Johann Georg Seiderer dermaliger Ambtskammerer, und Johann Baptist Schreyer, als beede Abgeordnete, Johann Qualbert Löckher und Hans Georgen Silberpaurn alda, ermelter Silberpaur hat den 11. April ao dis bey Ablegung gedachten Herrn Seiderers 1743isten Gemainen Marktsrechnung under Verraichung des gewohnlichen halben Viertl Piers des armb krankch gelegenen Sailer Pabingers Eheweib, die ...
...umb 1 Maß Pier und 1 L: Brot für bemelt ihren Ehemann gekommen, und gebetten, derselben den Krueg genommen, mit grössten Zorn zum Rathausfenster offentlich hinaus geworffen, auch noch dazue zu dem Ratstisch hinzugangen, an welchen der Inner und Äussere Rhat gesessen, mit miteingehenter Hizigkeit yber villes abbitten zu zweimahlen uf den Tisch hinein geschlagen, Löckher hingegen, wie  ersagte Saillerin weitters und zum andertenmahl mit einem Krueg gekommen, derselben solchen aus der Hand gerissen, zerschlagen und mit denen S.V. Fuessen zu Scherben zerstossen, Nebst deme auch in hechster Furi aufgeschrien, dass all die jenige welche dorthmahl regiert, wie der Luckner seinen Keller bey dessen Stadl auferbauen lassen, samentlich S.V. Hundtsf:(ott), Schelmen und Spizbueben seyen, so folgents auch Löckher erweislichen ausgesprengt, ehe man einen Alten zu einem Amt lassen, man selben zuvor abschlagen solle. Nitminder under dennen Kriegszeiten ein von Inner: und Äussern Rhat gemachte Anlagsrepartion, ein Schelmische Repartion  (siehe nächstes Bild) betitelt, welches von einem Ausschuss ia ein wunderbahre Aufführung ist, das wan ein gemainer Burger sich dergleichen Undernemmen wurde, sye dem solches abstellen sollen."
Da der Magistrat sich solche Beleidigung nicht gefallen lassen kann bittet er um die Wiederherstellung der Ehre und um eine Bestrafung der Angeklagten, wobei sie vorsorglich schon mal eine mögliche Prozesskostenübernahme ablehnten.
Antwort
Silberbauer meinte das es einen Beschluss gegeben hatte, "dass kein Pier von Rathaus kommen solle" weshalb er "uf Zuesprechung ander und aus purem Gespäss solchen Krueg iedoch ohne ainzige Hizigkeit yber das Fenster hinuntwer uf dem Plaz geworffen, kan auch nit laugnen das er uf Zueschreien der Ratsverwandten alwo selbe und der Inner Rats gesessen, zu dem Tisch gangen sye um aldorten von dem Marktdiener ein Gespräch gehalten, das sye demme hinkonfftig fein ein Pis (?) einlegen sollen. Auch dabey mit 2 Finger ganz glimpflich und mit aller mania hineingedruckhet, keines Weegs aber mit Gewalt, mit der ganzen Handt hinangeschlagen habe. Der Löckher hingegen erindert, wie ersagte Saillerin abermahlen mit ainem alten Krueg gekommen, und der Markhtdiener inn solchen hinzuegesetez, er eben mit aller Klimpflichkeit und aus puren Gespäss selben ain und andersmahl unden am Tisch geklopfet, warvon ihm der obern Thaill hiervon zerbrochen, wo ihme folgent solcher solcher gar aus der Handt gerathen und zu Poden gefahlen, ab welchen der die zerbrochenen Scherben mit denen S.V. Fuessen under den Tischschambl hineingeschoben, das er aber in aller Furi uf den Rathaus ufgeschrien: und gemelt haben solle, all die ienige, welche bei Erbauung des Luckhnerischen kellers regiert,s eint S:V: Hundtsfott, Schelmen, so anders miesse er von darumben wiedersprechen, weillen damalls von diesen Sachen gar nicht sgesprochen wordten."
Die erstellte Repartionsliste halte er, Löcker, nach wie vor für zu hoch, er glaube, dass er und Silberbauer sich wenig zu Schulden hätten kommen lassen und unterwürfen sich natürlich der richterlichen Urteilssprechung.
Die Kläger bleiben bei ihrer Aussage und die Beklagten beschweren sich darüber, dass bei der - offensichtlich vorher stattgefundenen - Zeugeneinvernahme ausschließlich Personen gefragt wurden, die auf der Seite der Anklagevertreter stünden.
Die Strafe war saftig:
Die Strafen


Straf:    2 Mans Persohnen       2 und 4 Teg bey Wasser und Brodt im Ambtshaus, dan 
absonderlich .2. Teg  Vor: und Nachmittach  .1. Stündt offentlich im Stock

Trotz dieser "Schandstrafe" laufen die Geschäfte des Schuhmachers JG Silberbauer offensichtlich hervorragend gut, weil er sich im Laufe der Jahrzehnte eine beeindruckende Liste an Grundstücken und sogar eine zusätzliche Sölde aneignen konnte.
Vom Magistrat kaufte er um 205 Gulden 1749 "den sogenannten Graimuth Gartten in der untern Au", 1749 "zu Abzahlung der durante bello gemachten Schulden [während des Kriegs gemachte Schulden] den Strich zwischen Regen und der Wiese des Hans Georg Dreger entlegen" um 115 Gulden, 1750 um 36 Gulden einen Teilacker von Franz Anton Seiderer und am 1.2.1753 sogar ein zusätzliches Haus, die Sölde neben der Fleischbank. (alte Hausnummer 23)

Am Ende besorgte er sich noch den sogenannten Märklgarten von Elisabeth Greil, einer Fläche, in die hinein er laut Vertrag auch befugt war, das "Wilde Wasser" einzuleiten. Offensichtlich war dies aber nicht so eindeutig denn mit Johann Georg Silberbauer als einen Hauptakteur gibt es im Stadtarchiv einen größeren Akt, der genau dieses strittige "Wildwasser" behandelt. Diesem Akt liegt auch eine kolorierte Skizze bei, die über die reine Darstellung der "Wasserverhältnisse" hinaus auch die damalige Abfolge der Hausbesitzer in der Marktstraße dokumentiert. 
Hintergrund des Streitfalles ist ein wie gesagt der Kampf um "Wildwasser". Wir befinden uns in der Zeit in der es in Kötzting noch keine Kanalisation gegeben hatte und es auch noch kein genaues Wissen über die Vorteile einer Düngung gab. Das Wässern der Wiesen galt als die wichtigste Maßnahme um zusätzlich zum ersten Schnitt im Spätfrühjahr noch einen weiteren Grasschnitt erzielen zu können. Dieses Wildwasser also, das nach einem Gewitterguss  in dem schmalen Gässchen von der Metzstraße hinunter zum Amtshaus (=Gefängnis) schoss und den Gefangenen in den Kellerräumen sicherlich nicht zum Vorteil gereichte, war ein begehrtes Nass. Vor dem Amtshaus konnte dieses Wildwasser mittels eines eingelegten Baumstammes entweder nach links den steilen Weg hinab geleitet werden oder, wenn dieser Teil gesperrt war, dann floss das Wasser eben geradeaus in Richtung Kommunbrauhaus weiter, wo sich oberhalb der Brauerei eine der wenigen Wiesen INNERHALB der Marktbefestigung befand. Diese Wiese hatte sogar einen Eigennamen, sie hieß "die Hirnerin". 
Nun kam es wie es kommen musste, zwei Wiesenbesitzer an zwei unterschiedlichen Zufahrtswegen gelegen, stritten sich um das Wildwasser für die Wiesenbewässerung, der Fall kam vor den Magistrat als unterste Gerichtsinstanz und am 1.8.1760 kam es zu einem Ortstermin worauf dann auch eine wunderschön kolorierte Planskizze angefertigt worden war, die wir im Stadtarchiv besitzen.

Der Fludermeister Qualbert Löckher, der Besitzer der "Hirnerin" konnte mit vielen Zeugenaussagen belegen, dass er und seine Vorbesitzer bereits seit Menschengedenken das Wildwasser der Fleischgasse zur Bewässerung seiner Wiese benutzten.
Stadtarchiv Bad Kötzting AA VI 32
Erkläuterung: das Amtshaus ist der "Wiesergirgl" also das Gebäude, das die Schirnstraße am Ende abschließt, das "Heysl" daneben ist "der Dengscherz", damals in Besitz des Herrn Adam Wurmb, am Anfang der "Wurmhöhe". Womöglich ist der damalige Leineweber Adam Wurm der Namensgeber dieser Flurbezeichnung, auch wenn wir als Kinder die Verlängerung der Metzstraße als solche "Wurmhöhe" bezeichnet haben, aber ich habe mich von Hackl Franz gerne eines Besseren belehren lassen.
Der Zeuge Wurmb bestätigte, dass Lecker, als Besitzer der Hirnnerin - und dessen Vorbesitzer - schon immer das Wildwasser zur Wässerung benutzt hatten, weil, so lange er denken konnte und es auch sein Vater bereits so beschrieben hatte, bei heftigem Gewitter vor dem Haus ein Baum eingelegt wurde um die Gred zu schützen.
Silberbauer, der den alten "Märklgarten" gekauft hatte forderte nun einen Anteil am Wildwasser und beruft sich dabei auf seinen Kaufvertrag, indem ein solches eingetragen worden war.
Legende:
Nr. 1: alte Rinnen und erste Wassereinkherung
Nr  2: zweyte Wassereinleitung
Nr. 3: gewestes Weyerl
Nr. 4: Graben des Wilden Wassers für die Gegentheil (die gegnerische Partei hier Löckher)
Nr. 5 Brust (sprich Brustwehr, Barriere, Wall)
Nr. 6 Baumb (Sicherung der Gred des Adam Wurmb)
Nr. 7 die Wiese die Hrinnerin
Nr. 8 Anwesen Pirzer (nun Pfeffer Walter)
Nr. 9 Anwesen Corherr (Nun Schuhhauer Mühlbauer-Liebl)
Nr. 10 Anwesen Silberbauer
Nr. 11 Anwesen Greil (Nun Heigl)
Nr. 12 Welisch (=italienischer Krämer, nun Voithenleithnerhaus
Nr. 13 Gartenstreifen
Nr. 14 Marktgasse vom Blaz

Erklärung:

Nro 3 zeiget an, das von unfürdenklichen Jahren das Wilde=Wasser aufgefangen und sodann dem Garten ausgeteilt worden
Nro 5 haben die Gegentheil zu Abscheidung dess Wassers in der STrassen eine Brust aufgeworfen
Nro 6 ist der Gredpaumb umb 10 Schuech länger als sonsten gelegt worden, damit das Wasser bey der 2. Wassereinleitung seinen Rinnsaal nicht nehmen kann
von Nris 8 Besitzer haben die Gegentheil alles Wild=Wasser zu geniessen
Nro 13 seint 4 Gärtten nebeneinander
Nr 14 Markhtgassen von Blaz

Stadtarchiv Kötzting AA VI 32 Beginner Zeugenaussage des Adam Wurmb

Detail der Zeugenaussage

keinen andern last haben sye nit zuertragen als was Gezeugenfiehrer der articulant einen Paumb bey den Wurmb ietz aber Denkscherz häusl einlegen ,mues, mitls welchen Paulb die diesortige Grödt schadlos halten miessen

















Leider ist der Ausgang des Streits nicht in den Akten zu finden, aber bei Durchsicht des Zeugenaussagen könnte man zum Schluss kommen, dass Qualbert Löcker, der Besitzer der Hirnerin, die besseren Karten, sprich Zeugen, auf seiner Seite hatte.
Das Landgericht und Silberbauer Hans Georg sehen sich öfter in den Jahren ab 1750
1750: Pachmayr Hans Georg gegen HG Silberbauer wegen "ein Naigl Pier ins Gesicht schütten"
1750: HG Silberbauer gegen Karl Reinmhold wegen "Haar raufen und Faust Streichen"
1751: Christoph Präntl gegen HG Silberbauer wegen öffentlicher  "Sauschwanz" Betitelung.


Aber weiter mit den Hausbesitzern:


Josef Silberbauer und Anna Maria Pongratz


Es kommt zu einem ganz normalen Hausübergabe, der Vater Johann Georg Silberbauer übergibt das Marktlehen an den Sohn Joseph im Jahre 1772 zum Preis von 2000 Gulden. Beim Haus heißt es nun es liege zwischen den Häusern des Johann Korherr und der Witwe des Josef Hager. An diesem, dem unteren, Nachbarhaus ist heutzutage eine Erinnerungstafel an die beiden Kötztinger Bildschnitzer und Künstler der Familie Hager angebracht. 4 Jahre später heiratet Josef  seine Frau Anna Maria, einer geborenen Pongratz aus Madersdorf. Sie bringt ihm 400 Gulden an Heiratsgut mit in die Ehe.
Es gibt eine weitere Kirchentrachtliste des Klosters Rott, diese deckt den Zeitraum zwischen 1777 und 1800 ab und hier finden wir durchgehend den Schuhmacher Josef Silberbauer als Besitzer.
HaStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 von 1777-1800


Da der Bürger Josef Silberbauer am 14.7.1811 im Alter von 75 Jahren an Auszehrung gestorben ist, ist nur noch seine Witwe Anna  bei der Uraufnahme der Kötztinger Anwesen im Jahre 1811 eingetragen, bei der der Gesamtbesitz genauer beschrieben und bewertet wird. Dort  heißt es bei der Hausnummer 41: Anna Silberbauer, gemauertes Haus, hölzerner Stall und Stadel, Haus 1020 Gulden, Anwesen 1479 Gulden.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27

Aus diesem "Urkataster" wird dann auch deutlich, welche Mange an Grundstücken Johann Georg Silberbauer, der Vater im Laufe seiner Zeit hatte erwerben können.
"PN  410  Das Ackerl am Dampfbach
PN  882  Der Galgenbergacker
PN  884  Noch ein Galgenbergacker
PN  688  der Hengacker
PN  584 das Krautackerl
PN1005  das Ackerl hinterm Freudhof
PN  334 das Ackerl in der Zeltendorfer Gasse
PN 560  der Wisinger Acker
PN1074  die zweimahdige Fischergartenwiese
PN 1082  die zweimahdige Auwiese
PN 868  Gemeindetheil am Galgenberg
PN 753 und 717 Acker und Wiese vom Strohhof bei Grub
"
Diese Strohhofanteile verdanken die Kötztinger Bürger den ganz oben als Hausbesitzer angeführten Adam Türrigl, Vater und Sohn und dem Kloster Rott, das bei diesem Deal, für alle Zeiten auf den An- und Abstand bei diesem Hof verzichtet hatte, weil es mit dem Markt als Besitzer natürlich keinen Generationswechsel mehr gab, der sonst auf ewige Zeiten (die im Jahre 1803 endeten, aber das ahnte im 17. Jahrhundert natürlich niemand) regelmäßige Einnahmen gebracht hätte.
Diese alten sprechenden Flurnamen lassen sich durch diese Uraufnahme gut entschlüsseln, manche Ausdrücke werden ja heute noch verwendet. Wo aber war der Hengacker oder der Krautgarten? 
Der Hengacker lag im Flurstück "Schwarzweiher", heutzutage ungefähr der Bereich der Leonischen Drahtwerke.
Das Krautackerl, ein längliches Gartenstück stieß im rechten Winkel an den Gruberbach]praktisch zum Bewässern], ungefähr and er Stelle, an der die Lehmgasse in die Pfingstreiterstraße einbiegt, also nahe beim Pfingstreiterkreisverkehr. 

Silberbauer Jakob und Röhrl Anna Maria


Am 26.1.1821 übernimmt Silberbauer Jakob das Anwesen von seiner Mutter, nachdem er im selben Jahr das Kötztinger Bürgerrecht erworben hatte. 3080 Gulden hatte er seiner Mutter zu bezahlen. 
Im Ratsprotokoll von 1837 wird der brauende Bürger Silberbauer Jakob dann auch als Gemeindebevollmächtigter abgeordnet. 
Im Jahre 1840 wird ein Grundkataster für den Markt angelegt und beim Haus mit der Nummer 41 heißt es:

 besitzt Jakob Silberbauer und gehören hierzu ein Stall und Stadel, welch letztere Gebäude zur Landwirtschaft verwendet werden.
Die Hälfte des Wohnhauses hat der k. Assessor Titl Fritz in Miete wofür derselbe jährlich 60 Gulden Miethzins bezahlt. Unterzeichnet
Hz (=Handzeichen, da sie nicht schreiben konnte) +  der A.M. Silberbauer
Aus dem Jahre 1840 kennen wir einen Streit des JS mit dem Kommunalbraumeister. (AA VIII/12 Nr. 277)
Klage des Jakob Silberbauer bräuender Bürger von Kötzting gegen den Communalbräumeister Kaspar Weiß von Kötzting wegen Entschädigung für eine nicht gehörig gegorene Sud Bier, welche dem Kläger Verleit  zugeben polizeilich verbothen worden ist, konnte zuerst kein Vergleich zustande kommen. Vor der Unterschrift geht der Bräumeister doch folgenden Vergleich ein: Daß er Silberbauer sechs Kreuzer Entschädigung geben wolle, welcher es sogleich erlegt. Silberbauer ist damit zufrieden nimmt die 6 Kreuzer in Empfang. 



Beim richtigen Mieterkataster, angelegt 1842, zeichnet dann nur noch Jakob Silberbauer verantwortlich.

StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 8-23-9 Mieterkataster
Hier finden wir auch eine genauere Raumbeschreibung des Hauses und seiner Nutzung

Hauptgebäude

1. Jakob Silberbauer Marktlehner /:Hauseigenthümer:/ 
unter der Erde 1 Keller  
I: 1 Wohnzimmer und 1 Kammer dann der Hausboden unterm Dach.
Unterschrift Silberbauer

Simon Fritz kgl Landgerichtsassessor /:Miether:/
II 2 Wohnzimmer, 1 Kochzimmer und 1 Küche
Nebengebäude
II 1 Bodenkammer
Unterschrift Fritz Landgerichtsassessor

ad 2 Nebengebäude:

Jakob Silberbauer Eigenthümer

I. 1 Küche mit Backofen und Waschgelegenheit
II 1 Kammer

3. Nebengebäude
Stallung

4. Nebengebäude
Eine Scheuer mit Dreschtenne un darunter befindlichen Bierkeller
Unterschrift Silberbauer
 
Im Jahre 1844 streitet JS mit seiner Nachbarin, der Lebzelterwitwe Anna Maria Viertl, weil diese ein sogenanntes Deichselrecht geltend machen möchte, das er in Abrede stellt.
Das Deichselrecht bedeutete, dass bei einem untergestellten Wagen der Besitzer die lange auskragende Deichsel dem Nachbarn auf sein Grundstück hineinragen lassen darf.
"Der bräuende Bürger Jakob Silberbauer von Kötzting stellt gegen die Lebzelterwitwe Anna Maria Viertl deshalb Klage, weil diese Letztere sich erlaubt in seinen eigentümlichen Stadll ein Deichselrecht geltend zu machen  wodurch  sie ihm die zwischen ihrem Stadl angebrachte hölzerne Wand schon beschädigt hat. Anna Maria Viertl will das angegebene Deichselrecht behaupten und als Subsität ansprechen und bittet Klage und Ausfertigung zur Verfolgung der Rechte." 
Im Jahre 1847 wird der Sohn Josef der Kötztinger Pfingstbräutigam und erhält vom Markt 10 Gulden als Aufwandsentschädigung, eine Neuerung seit der Wiedereinführung des Rittes im Jahre 1821. 
Seine Pfingstbraut, Peppi Windorfer, stammte gleich aus der Nachbarschaft.



Silberbauer Joseph und Schwimmer Anna Maria




Am 2.11.1857 dann der Übergang auf Silberbauer Joseph. Im selben Monat wurde er als Bürger aufgenommen und erhielt er die Heiratserlaubnis. 
Seine Mutter - auch eine Anna Maria Silberbauer - macht am 8.5.1871 nach dem Tode ihres Mannes, und krank im Bett liegend,  ihr Testament. Als ihre Kinder führt sie auf den brauenden Bürger Josef, die Tochter Anna Maria, einen Sohn Franz, Lehrer in Kirchberg bei Eggenfelden, Michael, einem Bäcker in Tegernsee und Wolfgang derzeit ebenfalls in Kirchberg. 
Staatsarchiv Landshut Rep 166N-12 Nr. Schachtel 1 von 1871 Silberbauer 
Abschluss der Testamentsurschrift mit dem Handzeichen des Anna Maria Silberbauer






Im Staatsarchiv Landshut gibt es einen Riesenbestand an Verlassenschaftsakten des Landgerichts Kötzting seit den 1850er Jahren.
Unter der Signatur: Rep 166N-12 Schachtel 20 Nr. 106 Silberbauer Wolfgang von Kötzting  von 1876 findet sich ein Testament des Brauknechts Wolfgang Silberbauer und in diesem Akt auch ein kompletter originaler Verkaufsbrief des Anwesens von Jakob auf Joseph Silberbauer mit all den Details, die damals üblich waren.
 







Wolfgang Silberbauer, bereits sehr schwer an "Brustwassersucht" erkrankt macht im Vollbesitz seiner Kräfte sein Testament, welches er auch noch eigenhändig unterschreibt. Als Universalerben über 500 Mark Bargeld und weniges Mobiliar setzt er seine Schwester, nun verheiratete Karl aus Kötzting ein. Seine zittrige Unterschrift zeigt, wie es ihm an Kraft fehlt.

Übergabebrief für 7500 fl für Josef Silberbauer



Testament mit Unterschrift

 
 Mit der folgenden Urkunde übergeben Jakob Silberbauer und seine Frau Anna Maria  am 3.11.1857 ihr "Haus mit Marktlehen bestehend in dem Communbreu= und Tafernrecht" an den Sohn Josef Silberbauer
An Grundstücken sind aufgeführt:  53 Tw zum Rentamt zinsbare Grundstücke, die, eingangs angesprochenen, Strohhofgründe mit 26 Tw, welche zur Marktkammer Kötzting zinsbar sind. 13 Tw Watzelhofgrundstücke sind ao. 1804 ebenfalls zu dem Anwesen hinzuersteigert worden. All das zusammen mit den gesamten Futtervorräten und Zugehör übergeben sie an den Sohn Joseph zum unbeschränkten Eigentum.  

 
Titelblatt des Übergabevertrages


 
Sie bedingen sich einen Zehrpfennig von 1150 fl aus, welcher allerdings, wenn die Eltern es so wollen, bei einer zukünftigen Hochzeit in Jahresteilsummen von 100 Gulden zu zahlen wären. Die oberen zwei Zimmer im zweiten Stock bleiben den Eltern als lebenslange Herberge, welche der Sohn aber in wohnbarem Zustand erhalten müsse. Die Einkünfte an Getreide sind ebenso genau geregelt, wie die Vereinbarung, dass von Ostern bis Allerheiligen täglich 2 Maß Milch abzugeben wären, von Allerheiligen bis Ostern dann nur 1 Maß Milch.
Von jedem großen Sud Bier (das der neue Besitzer nun im Kommunbrauhaus brauen ließe) bekommen die Austrägler 2 Eimer und von jedem kleinen Sud dann eben nur 1 Eimer Bier, wobei "Eimer" hier ein genaues Hohlmaß darstellte. 1 Eimer wird mit 64-66 Liter in der Literatur angegeben. Von jedem Sud müssen auch 2 Maß Brandwein abgeliefert werden.
(Die Altenteiler konnten sich damit kreuzfidel ganz schön die Kante geben.)

Von seinen Geschwister: Wolfgang(sic),  Anna Maria, Michael und Franz, sämtlich großjährig und ledig, erhalten die ersten drei jeweils 500 fl, Franz aber nur 350 Gulden. Die Geschwister, so sie sich nicht verheirateten, sollten lebenslange Herberge im Hause genießen dürfen.
 Interessant ist ein kleines Detail bei der Auflistung der auf dem Anwesen lastenden Schulden. Neben der Hypothek lastet auch eine weitere Schuld von 500 fl gewährt durch den Bruder des Übergebers, Michael Silberbauer, auf dem Haus. Allerdings steht dem gegenüber eine "Kriminalkosten Forderung des k. Aerars auf das künftige Vermögen des Michael Silberbauer, Bruder des Übernehmers, in Höhe von 91fl 45 xr. Der jüngere Bruder Josephs ist wohl etwas mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und hat, da zuerst einmal mittellos als Sicherheit ein zukünftiges Vater (Muttergut) eingesetzt.
Von Michael und Wolfgang lagen Einverständniserklärungen vor, alle anderen Personen waren anwesend und haben auch unterschreiben. Der Landrichter damals war kein geringerer als unser bekannter Landrichter und Kötztinger Wohltäter Carl von Paur.


Unterschriftenliste - nicht original - der anwesenden Personen Unterschrift Paurs ist im Original - der vertrag war ja eine Abschrift für die anderen Begünstigten



Noch 1871, bei der Sammlung für den Sedanstag wird unter dem Haus mit der Nummer 41 der Name Silberbauer vorgetragen aber auch ein Gastgeber mit dem Namen Karl Brändl, möglicherweise ein Pächter des Wirtshauses. (AA I/56).


Repro 1699 Arbeitskreis Heimatforschung
Silberbauer Anna Maria in der Wirtsstube ihres Schwiegersohnes Fischer Peter
 

Fischer Peter und Maria Silberbauer




Silberbauer Maria wird am 16.11.1883 die neue Besitzerin welche mit einem Ehevertrag vom selben Tag das Anwesen dann zusammen mit ihrem neuen Ehemann aus Schwarzhofen: Fischer Peter übernimmt, womit das Haus in der Marktstraße den Hausnamen erhält, unter dem es bis heute bekannt ist.
Den Beiden ist aber zuerst einmal kein Glück auf dem Anwesen gegönnt, im Juli 1891 bricht in einem Hintergebäude der Silberbauers (damals war der Hausname noch Silberbauer, zäh hängt der Kötztinger an den hergebrachten Namen) ein Brand aus und leider weitete er sich auch dieses Mal auf mehrere benachbarte Anwesen aus. Bis nach hinten zum Ende der Schergenstraße, zum Kirschbauer Mauerer,  werden insgesamt 5 große Bürgerhäuser mitsamt aller Nebengebäude ein Raub der Flammen.  In Furth im Wald gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren eine Tageszeitung, "der Bayerische Wald" In der Druckerei Perlinger ist der Bestand erhalten und dort finden sich auch zwei Artikel über den Kötztinger Marktbrand:

Ein Besuch im Stadtarchiv brachte genau zum richtigen Moment ein besonderes Präsent: der große und ausführliche Bericht über den Marktbrand in der "Zeitschrift für Feuerlöschwesen" Nr 15 vom 1.8.1891. Danke an Herrn Vogl aus Miltach für dieses Präsent. Hier also der Bericht aus "fachmännischer" und weniger journalistischer Sicht.



Das im ersten Artikel angesprochene Wirtshaus Wagner, ist der "Gumbirl" heutzutage das Anwesen Heigl ebenfalls in der Marktstraße. Da es in den 1885er Jahren zur Pflicht wurde regelgerechte Bauanträge mit Plänen einzureichen, haben wir vom "Neubau" nach dem Marktbrand einigermaßen genaue Vorstellungen.

Hausneubau 1891: In den 90er Jahren durfte ich, allerdings nur für kurze Zeit und mit nur mittelmäßiger Ausrüstung, einige Baupläne Kötztings abfotographieren. Trotz Stativ, aber nur in einem Nebenraum mit seitlich einfallendem Licht und ohne Blitz. sind die Bilder   alle etwas unscharf geworden. ABER sie geben doch den Eindruck wieder, wie die Fassaden in Kötzting ursprünglich waren und wie die Häuser im Inneren geschnitten waren.
Fassade des Neubaus nach dem Marktbrand im Juni 1891


Repro 1697 Arbeitskreis Heimatforschung Anwesen Fischer Peter Aufnahme ca. 1925



Erdgeschoss
erster Stock



















Lageplan der Neubauten nach dem Marktbrand


Danksagung des Magistrats an alle beteiligten Feuerwehren der Umgebung


Repro 1696 Arbeitskreis Heimatforschung 
Fischer Peter mit seiner Frau Maria geb. Silberbauer mit Ihren Kindern,
der älteste Bub müsste/sollte Karl sein.




Repro 1700 Arbeitskreis Heimatforschung
Karl Fischer, der Sohn und Betriebsnachfolger


DIA-Repro 1702 links Karl Fischer  Atelier Pleier



DIA-Repro 2374 Ansichtskarte ca. 1920 Haus Häfner noch mit Uhr, damals die Werkstatt Kothbauer




Repro 1705 Arbeitskreis Heimatforschung, Aufnahme von vor 1939 - das Rathaus wurde 1939 umgebaut


In den 30er Jahren kam es dann zu Erweiterungen im hinteren Bereich. Dieses schmalbrüstige, wie man in den Schnitten sehen kann - aber schmucke Häuschen entstand im seitlich hinteren Bereich.








Schaut man sich die Raumaufteilung an, dann passierte hier Alles auf sehr, sehr kleinem Raum, aber "Platz ist in der kleinsten Hütte" UND "Schütt Wasser zur Suppe - sind Alle willkommen."


Nach Fischer Peter, dem Wirt, Besitzer einer Bierzentrale und Lohnkutscher wurde der neue Besitzer sein Sohn Karl, ein gelernter Metzger, 1901 geboren und seit 1949 mit Margarethe Kummer verheiratet. 

Fischer Karl und Margaretha Kummer





DIA-Repro 582 ca. 50er Jahre





Photo Lehrer Schwarz. Mitte der 50er Jahre



 
Repro 1695 Arbeitskreis Heimatforschung
Metzgerei Karl Fischer






DIA-Repro 1706 Familie Fischer 1925   v.li. Sofie, Marie, Marianne, Oma Fischer, Otto, Karl
ca.1925 Marktstraße 22


An der Rückseite des Anwesens erbaute sich die Familie Fischer in bester Lage ein kleines freistehendes Häuschen:
DIA-Repro 1707 Haus Fischer Peter  an der Verbindung Jahnstraße Wurmhöhe  

DIA-Repro 1708 Haus Fischer Peter    Verbindung Jahnstraße Wurmhöhe Ziegelgasse

 Mieter im Hause Fischer:


Nun kommt bereits meine eigene Erinnerung ins Spiel, denn in diesem Hause war in den 50er und 60er Jahren der FRISEURSALON HAUSER beheimatet. Und meine ersten Erinnerungen an meine eigene Kindheit sind olfaktorischer Natur. Immer zum Kinderfasching durften wir im Salon Hauser in die Damenabteilung nach hinten  und wurden professionell auf Indianer geschminkt. Und diese Schminke, ich erinnere mich noch wie heute, roch bzw. stank beim Trocknen wie aufgetragene Spucke. Ich hatte immer den Verdacht, dass derjenige, der mich schminkte, andauernd in den Farbtopf spuckte, aber ich musste ja meine Augen wegen des Schminkens geschlossen halten....... Auch das sind Erinnerungen. Und natürlich dann der Herrensalon vorne, mit den beiden Friseurplätzen, den Holzsesseln, bei denen die Sitzfläche umgedreht werden konnte und so weiter.
Egal, die andere Erinnerung ist ein Besuch bei einem meiner "Kindsdeandl, die im Hinterhof hinter einem dieser Wohnungen hinterhalb des hölzernen Umgangs gewohnt hatte. Wie in vielen Handwerkerhaushalten, war es auch bei uns in der Bäckerei so, dass meine Mutter für den Laden zuständig war und gleichzeitig für ALLE Angestellten kochen musste. Manche unserer Bäckergesellen und Lehrlinge (=Bäckerburschen), so sie nicht in Kötzting wohnten bzw. verheiratet waren, wohnten bei uns im Burschenzimmer und wurden, zumindest was die Brotzeit und das Mittagessen betraf, von uns bekocht.  Für uns Kinder, solange wir zu klein für den Kindergarten waren, war dann ein "Kindsdeandl" zuständig. Solch ein Kindermädchen nahm mich einmal mit zu sich nach Hause und ich durfte ihre Stapel an Filmprospekten bewundern. Damals konnte zu jeder der Filmschnulzen, die im Kötztinger Kino liefen, ein sepiabraunes DINA4 Doppelblatt als "Werbeflyer" erworben werden und diese Filmprospekte sammelte mein Kindsdeandl.



Repro 3471 Aufnahme Frau Christa Rabl Dachs




Wer bis zum Schluss im Hause blieb war der "Bader Max", Pongratz Max mit Namen, ein Herrenfriseur, der bis hinauf ins hohe Alter seinen Fassonschnitt den Männern andiente. Als er seinen Friseurladen schloss, endete das Leben im "Fischer-Peter-Haus"

Es gab aber vorher noch eine Tragödie. Auch wenn die Geschichte damals viel Staub aufwirbelte und der ganze Vorgang und mit Klarnamen in der Zeitung standen, so habe ich doch den Familiennamen der Täterin geschwärzt, er tut auch nichts zur Sache. Was damals genau passiert ist steht in den beiden Artikeln der Kötztinger Zeitung








  
    Am Schluss jetzt noch ein Potpourri an Materialien, die sich nachträglich noch zu diesem Haus und seine Bewohner finden lassen:


Kötztinger Umschau vom Juni 1967
     
    Kötztinger Umschau vom März 1976
    Der Zeitungsartikel über den letzten Bader in Kötzting entstand als Reportage und offensichtlich waren auch Frau Serwuschok von der Kötztinger Umschau dabei, denn in Ihren Unterlagen fanden sich einige Bilder dieser "Heilmethode"

    Und ganz am Schluss zunächst das Ende der historischen Bausubstanz:






Aufnahme Pongratz, Bild während des Abbruchvorgangs im hinteren Bereich : der kleine Anbau hinten rechts, vor dem quer stehenden Gebäude müsste der Anbau aus den 30er Jahren gewesen sein.

Zwischenstand der Verwandlung vom Aschenputtel zum ??, mal schauen

Photo Pongratz: die lange Wand zum Heigl-Anwesen

Photo Pongratz: Blickrichtung vom Innenbereich in Richtung Schrödel und Dreger
     
     Zwar ein Bisschen "hoch aufgestiegen", aber trotzdem irgendwie auch wie ein Phoenix aus der Asche.
     
     
    Photo Pongratz 2022