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Montag, 31. Juli 2023

Erinnerung an Altkötzting - Teil 2 Der Biergarten beim Schmidtbräu

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen Blick zurück erlauben auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden, eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem an Menschen.


Die Kötztinger Fischer feiern im Schmidtbräugarten


Von diesem kleinen Biergarten existieren nur noch wenige Bäume, die eben bei der Renovierung des Schmidtbräuanwesens hin zum "Haus des Gastes" nicht im Wege standen.
Frau Renate Serwuschok, der wir es zu verdanken haben, dass sich solch ein großer Schatz an Negativen erhalten hat, war die Redakteurin und im denke, dass viele bekannte Gesichter auf den Bildern zu erkennen sind.



Am Ende noch der  >>>>> Link <<<<<  zu den bereits erschienenen - und die demnächst folgenden - Beiträge unter dieser Rubrik.

Sonntag, 1. Januar 2017

Kötzting im Jahre 1907



Kötzting vor 110 Jahren 

in mittlerer weile guter Tradition möchte ich zu Jahresanfang einen Überblick geben, wie und was es in unserer Heimatstadt vor 110 Jahren so Alles gegeben hat. Warum 110 Jahre?  Ganz einfach, in der Pfingstbeilage der Kötztinger Zeitung schreibe ich seit 16 Jahren eine Rubrik "Kötzting vor 100 Jahren" und mit diesem Zeitungsdatengerüst und der Möglichkeit dieses Blogs, fast unbegrenzt Bilder und Dokumente hinzuzuladen, betreibe ich im besten Sinne ein Datenrecykling.

Gleichzeitig sehe ich hier natürlich ein klitzekleines Problem......ich bearbeite zZ. im Archiv sehr intensiv die Nachkriegszeit bis in die Mitte der Sechziger Jahre und wenn ich jetzt den kleinen mathematischen Dreisatz anwende dann müsste ich noch mindestens 50 Jahre warten, bis ich diese erarbeitete und dichte Information in dieser Rubrik auswerten kann. Nun kurz gerechnet....... 120 Jahre alt zu werden ist vlt. eine etwas unsichere Basis für einen Heimatforscher, wer weiß denn mit Sicherheit ob es das Internet bis dahin überhaupt noch gibt und was mache ich dann....
Also werde ich wohl vlt. zur Jahresmitte eine neuen Jahresrückblick einführen, der so ca. um 1947 einsetzt. Die direkten beiden Nachkriegsjahre werde ich wohl unter dem Aspekt des Kriegsendes und der Militärregierung dauerhaft separat in thematischen Einzelbeiträgen immer wieder aufgreifen. Doch nun geht's erst mal in altbekannter Weise weiter mit



dem Jahresreigen in Kötzting im Jahr 1907



  Die Auswanderung nach den vereinigten Staaten von Amerika war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ein stetes Thema und es gab seriöse und unseriöse Agenturen und Agenten. Zeitgleich gab es in den Kötztinger Zeitungen Anzeigen für lokale Vermittlungsbüro und die Warnung vor einer solchen Auswanderung.

Auch die billige Masche - heutzutage zu Zeiten des Internets die Nigeriamethode genannt -  leichtgläubige Menschen mit Geldsummen zu ködern gab es schon vor 110 Jahren und auch damals war es schon eine in der Bevölkerung bekannte Methode: die spanischen Schatzschwindler

 








Fasching des Lichtenegger Bundes 



Kurzer Fasching im Jahre 1907. Einem ersten Mummenschanz des Lichtenegger-Ritterbundes erlebte der Gasthof „Zur Post“. Die Motive zu diesem Feste sollten zur Eröffnung der Lokalbahn „Kötzting – Viechtach – Bodenmais“ passen. In dem als „Wartsaal III. Klasse hergerichteten Ballsaal entwickelte sich bald eine fröhliches und reges Treiben und „so walzten und rheinländerten nun Bahnpersonal, Bürgersleute, Bauern und reiselustige Fremde, Brotweiber, Wascherlmadeln und alte Schachteln, alle kreuzschnackerlfidel von Station zu Station[1]“. Der Abend verlief so erfolgreich, dass noch im Laufe des Abends der Wunsch aufkam noch im selben kurzen Karneval einen zweiten Abend folgen zu lassen und so konnte bereits in der Woche drauf eine Folgeveranstaltung in den „Gumbierlschen Sälen“ angekündigt werden.
Bis weit in die 70er Jahre hinein gab es in Kötzting eine andauernde Tradition der verschiedensten Bälle. Viele der Leser werden sich aus eigener Erfahrung an diese Abende erinnern können und können sich in der folgenden originalen Schilderungen wiederfinden.
Urkunde für den Ritter des Lichtenegger Bundes Franz Grassl
mit dem Aliasnamen: Ignaz von Damersberg
s.o. hier für Josef Amberger
Beim „Gumbierl“ also in den „Etablissements Wagner“ fand am Faschingsdienstag eine „Unterhaltung der Lichtenegger statt, die der ersten Veranstaltung in diesem Jahr nichts nachgab. Bei feenhafter Beleuchtung flutete eine Menge Menschen – Männlein und Weiblein – durch die Räume, ununterbrochen verlockten die einschmeichelnden Melodien eines starken und noch verstärkten Streichorchesters zum Tanz und im Hintergrund des Saales erhob sich ein mächtiges Zaubertheater a la Schichtl, dessen Besitzer, ein gewisser Rothmayr, dem Publikum die unglaublichsten Sachen vormachte. Sehr viele hübsche weibliche Masken, darunter sehr viele nette Dominos, hatten sich eingefunden und waren bestrebt, aus den Herren Lichtenegger=Rittern die alte Schneid hervorzulocken und diese attaquierten  ( zum Entsetzen ihrer vielleicht anwesenden Gattinnen) auch fest drauf los. Als um 12 Uhr Prinz Karneval schied, war der Tanz, - die Unterhaltung aber noch nicht zu Ende, es soll so lange gedauert haben, wie das letzte Mal. Am andern Tag aber war keine Katzenjammer=Aschermittwochsstimmung, sondern mit viel Humor wurde allenthalben manches nette Ereignis des vergangenen gelungenen Abends besprochen“.
Laut der Satzung des Ritterbundes Lichtenegg, die auf der Ruine Lichtenegg im Jahre 1879 beraten und auf dem Rittertage zu Kötzting am 27.10.1880 verbessert und beschlossen worden war verpflichteten sich die Mitglieder der Förderung des vaterländischen Sinnes durch Pflege von Denkmälern, Kunst, Musik und Dichtung. Sie wollten die landschaftliche und geschichtliche Eigenart des Gaues hervorheben und nicht zuletzt zur ritterlichen Geselligkeit beitragen. Dieses letzte Ziel sollte durch Veranstaltungen auf der Ruine Lichtenegg und durch Abhaltung von Rittertagen in Kötzting erreicht werden.
s.o. für Wolfgang Kolbeck
Die Aufnahme in den Ritterbund geschah durch eine geheime Wahl, nach Prüfung der Eignung eines Bewerbers durch den Großmeister. Bei einem Ergebnis von 2/3 der Stimmen war der Kandidat als Trossbube aufgenommen. Beim nächsten Rittertag konnte dann der Aufstieg zum Knappen erreicht werden um nach einem weiteren verstrichenen Vierteljahr dann am folgenden Rittertag zum Ritter geschlagen. Der Kandidat entschied sich für einen Ritternamen und erhielt diesen dann auch durch eine Urkunde bestätigt. Viele Kötztinger Bürger finden sich in den Urkunden als Ritter wieder.
Der Gasthofbesitzer Josef Amberger zum Beispiel war der Ritter Leoprecht von Viehhausen, Julius Krämer nannte sich Ritter Urach von Münsterburg und der Gastwirt Franz Graßl lies sich als Ritter Ignaz von Hamersberg ansprechen. 


 











Um im Thema des Lichtenegger Bundes zu bleiben, auch über das Jahr verteilt verstanden es deren Mitglieder die Feste zu feiern, wie einige ausgewählte Presseberichte beweisen:


 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, um 1900 Mann in der Mitte hält ein Modell der Ruine Lichtenegg mit der Aufschrift: Zur Restaurierung der Burg Lichtenegg

Ein kurioses Kartenspiel in Miltach


Immer wieder wird in den Kurznachrichten von ausgefallenen Kartenspielen berichtet, eingebettet zwischen den Sitzungsprotokollen des Zuchtstierverbandes und Schilderungen von besonderen Schicksalsschlägen, die einzelne Personen zu erleiden hatten. Gleich anschließend an die Schilderung der Not, die eine Familie Wensauer aus Lederdorn zu ertragen hatte aus deren Mitte im Laufe der letzten Jahre alle erwachsenen Kinder an Tuberkulose verstorben waren, wird vom Postexpeditor Helfer aus Miltach berichtet der am Ende eines Schafkopfabend beim vorletzten Spiel alle „8 Ober bekam“ und dass dann „beim letzten Spiele wiederum 8 Ober bezahlt wurden“.  Ein Schelm, wer dem Mann, der dieses Spiel gemischt hatte, Böses unterstellt, aber wenigstens war die Partie dann finanziell ausgeglichen.


Schlussprüfung der königlich landwirtschaftlichen Winterschule.

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, rechts die Holzschnitzschule in der Bahnhofstraße 

In den Räumen der ehemaligen Schnitzschule in der Bahnhofstraße  fand die Schlussprüfung der königlichen  landwirtschaftlichen Winterschule statt. Für insgesamt 25 Schüler fand sich eine Prüfungskommission ein, die die Schülerzahl an Köpfen überragte. Angefangen vom Regierungsrat, der die Prüfung leitete, übernahmen auch der Herr Kreissekretär, der Kötztinger Pfarrherr und Distriktsschulinspektor HH Pfarrer Elser, der Bezirksamtmann v. Fuchs, der Landrat Geiger, Vertreter des landwirtschaftlichen Kreisausschusses und alle Mitglieder des Lehrerkollegiums ihr Aufgaben bei der Prüfungsabnahme. Auch Mitglieder des Kötztinger Magistrats du viele Eltern fanden sich ein und konnten eine erfolgreiche Prüfung erleben. Unter den Lehrern der Winterschule fanden sich auch bekannte Kötztinger Persönlichkeiten wie unter anderem der königliche Oberleutnant der Reserve Lindner, der königlich Forstmeister Hubrich, der Volksschullehrer Drunkenpolz. Sie alle wurden, wie das gesamte Kollegium, vom Regierungsrat Bader hoch gelobt für ihr aufopferungsvolles Wirken und mit einem dreifachen Hoch auf den Regenten in München endete die Versammlung.

Aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung stammt eine Ansichtskarte aus der Druckerei Oexler, die wohl um die Jahrhundertwende gefertigt worden ist (die Eisenbahnlinie nach Lam ist bereits angedeutet. Die idealisierte Darstellung zeigt aber einige Details, die den Betrachter direkt ins Bild hineinzieht, aus diesem Grund habe ich das Bild auch in der großen Auflösung gelassen, es wirkt schöner so.
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, künstlerische Ansicht von Kötzting mit vielen liebevoll eingezeichneten Details, vor Allem sieht man dass der obere Teil der Gehringstraße, also ab der Ecke Metzstraße Gehringstraße damals noch weitgehend eine Gartenlandschaft war.




Pfingsten 1907

Stadtarchiv Bad Kötzting Pfingstakten von 1907 Pfingstplakat
Seit dem Pfingstritt 1906 gelten für die Aufstellung neue, genauere Regeln, das Protokoll der Sitzung des Pfingstkommitees vom Mai 1906 liegt - vermutlich um Doppelarbeit zu vermeiden - im Akt des 1907er Rittes und dieses legt fest dass der Aufstellungsort der Reiter vor der Veithskirche in der Torstraße beginnt und der Priester dann von zwei Reitern am Pfarrhof abgeholt wird. Mit dem Eintreffen dieser Rittspitze beginnt dann der Pfingstritt. Die Zugordner, durch Achselschleifen kenntlich gemacht, mögen bitte dafür Soge tragen, dass die sich aufstellenden Pfingstreiter nicht bis vor die St. Veithskirche vordringen sollten. Feuerwehrmänner an den Eingangsstraßen des Marktes postiert sollten den eintreffenden Pfingstreitern den Weg zum Aufstellungsort zeigen. Interessant ist hier eine Platzanweisung für einen der Feuerwehrmänner: "1 M(ann) auf die Straße beim sogenannten Auwasser".
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Michael Staudinger und Anna Schötz

Ich vermute, dass es sich dabei um die Furth handelt, an der jetzt die Brücke vom Hallenbad hinüber zum Jahnplatz führt, kann es aber nicht beweisen nur beurteilen, dass man unterhalb des Marktmüllerfalles eher noch nicht vom Auwasser sprach, auch wenn noch weiter regenabwärts die Auwiesen kommen. Es gibt aber in Kötzting den Begriff der "Auwasserer" und damit sind meines Erachtens alle Regenanlieger ab Fessmannsdorf/Grafenwiesen bis hinauf nach Arrach bezeichnet.

Weiter wünschte das Komitee, dass die in den Vorjahren ausgezeichneten Pfingstreiter ihre Ehrenfahnen mit brächten und vor allem solle der Zug bis zum Eintreffen bei der Pfarrkirche beisammen bleiben.  Die Veitskirche und der umliegende Platz solle besonders effektvoll dekoriert werden und im Markte hauptsächlich auch bei der Veitskirche und am Bleichanger Triumpfbögen aufgestellt werden. Wenn nötig kann auf dem Platze bei der St. Veitskirche am Vorabend während des Zapfenstreiches bengalisches Feuerwerk angezündet werden. Das Abbrennen von bengalischen Hölzern durch Kinder ist gegen Strafe verboten. Weitere Regeln betreffen die Aufstellung der Hengste und Anweisungen für den Bräutigam und die Gendarmen. Diese 1906 aufgestellten Regeln werden für 1907 übernommen, aber natürlich traf sich das Pfingstkomitee auch im Jahre 1907, welches, geleitet vom Bürgermeister Liebl und dem Pfarrer Elser auch aus den Magistratsräten Stauber und Stoiber, den Herren Drunkenpolz, Carl Lindner, Georg Dreger, dem Commandanten Karl Vogl, Franz Schmidt und abschließend noch aus Karl Obermeier bestand



Pfarrer Elser wählte aus der Vorschlagsliste des Magistrats den Elektrizitärsbesitzerssohn Michael Staudinger aus, der sich die Bürgerstochter Anna Schötz als Pfingstbraut auserkor.
Im Stadtarchiv befindet sich die Einverständniserklärung, unterschrieben vom neuen Pfingstbräutigam, darin erklärte er sich bereit: die Pfingsthochzeit am Pfingstdienstag pünktlich um Mitternacht beenden zu lassen und den (früher immer üblichen) Ausflug aller am Pfingstgeschehen Beteiligten am Dreifaltigkeitssonntag nach Grafenwiesen zu unterlassen. Darüber hinaus hat er Sorge zu tragen, dass sich die "Brautführer und sonstige junge Leute in der Behausung der Pfingstbraut" nicht "zu größeren Unterhaltungen zusammen gesellen" und dass keine auswärtigen Personen zur Hochzeit eingeladen würden.
Unterschrift: Staudinger

Die Wahl fiel auf Michael Staudinger, schrieb Pfarrer Elser in seiner Stellungnahme, weil er erstens einer der beiden vorgeschlagenen Kandidaten des Magistrates gewesen war und weil zweitens der Andere schon längere Jahre ortsabwesend sei. Es müsse in Aller Interesse sein, dass nur ein Jüngling ausgewählt werde, "welcher sichere Garantie für ein einwandfreies Vorleben gewährleiste. Das kann aber nur geschehen, wenn die Genannten auch hier unter den Augen der Bevölkerung leben, so daß die Wahl eines nicht Würdigen möglichst ausgeschlossen erscheint."

Es folgte noch eine Bekanntmachung von Seiten des Magistrats nach Aufforderung durch das Pfarramt. Hintergrund ist wohl das Ärgernis für den Pfarrer, dass die Gäste der verschiedenen Wirtshäuser am Marktplatz den Feldgottesdienst bei der Veitskirche wohl gerne aus den Fenstern heraus betrachteten, womöglich auch nicht mit einem Glas oder einer Flasche Bier in der Hand.
Jedenfalls mussten alle Wirte am oberen Markt
Stoiber
Irlbeck  (Apotheke Adamek)
Korherr
Kermer (Bäckerei Pongratz)
Greisinger
Mühlbauer (Osl)
Decker (Kaufhaus Wanninger)
Miethaner
Amberger (Amberger Hof)

diese Bekanntmachung unterschreiben und es stand die Drohung im Raum, dass bei erneuter Zuwiderhandlung es niemals mehr eine Feldmesse auf dem Marktplatz geben würde.





Nun konnte es endlich Pfingsten werden und die Zeitungen waren voll von Ankündigungen und Werbeanzeigen der Kötztinger Wirte:

 

 

 

 

 Bericht über den Pfingstritt 1907 im Kötztinger Anzeiger:

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Ausritt 1907

Erneut war in diesem Jahr Kooperator Späth der amtierende Geistliche, der hinter der Spitze des Zuges, gebildet von Kreuzträger, 2 Signalisten und 2 Laternenträgern, die Wallfahrt der mehr als 200 Pfingstreitern um ½ 8 Uhr anführte.
„Die Feldmesse musste heuer wegen der vorherrschenden regnerischen Witterung unterbleiben, jedoch wurde eine hl. Messe in der Pfarrkirche gehalten. Gegen ½ 1 Uhr kam die Prozession wieder aus Steinbühl nach Kötzting zurück, wo eine Menge Menschen anwesend war. Die Glocken läuten, die Böller knallen während die Pfingstreiter unter lautem Gebete einziehen – ein seltener erhebender Anblick. Auf dem sogenannten Bleichanger nahm die Prozession Aufstellung, allwo der amtierende Geistliche Herr Kooperator Späth, eine Ansprache hielt und am Schluße seiner Rede die Überreichung des Tugendkranzes (Filigranarbeit aus Gold) an den Bürgerssohn Michael Staudinger von hier, vornahm Außerdem wurde eine Ehrung durch den Magistrat zuteil Herrn Franz Kirschbauer von hier für 40 jährige und Herrn Josef Bergbauer von Gmünd für 25jährige Beteiligung am Pfingstritte. Der Zug nahm seinen Weg bis zur Pfarrkirche wo er sich auflöste. An diese Feierlichkeit reihte sich die Pfingsthochzeit. 

Der dekorierte Jüngling erwählte sich die Bürgerstochter Fräulein Anna Schötz als Braut. Gegen 5 Uhr nachmittags folgte der übliche Burschen- und Brautzug und abends der Ehrentanz. Wenn auch die regnerische Witterung viele vom Besuche des Pfingstrittes abhielt, so war die Beteiligung doch eine gute“.

 
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenzug in der Jahnstraße

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenverein beim Pfingstbräutigam 1907
 

 

Tragische Unglücksfälle


Im Mai wird aus Miltach berichtet, dass ein 13jähriger Junge aus Anzenberg, der in Pulling bedienstet war, sich in Kötzting eine Flobertpistole gekauft hatte. Beim stolzen Herumzeigen seiner Erwerbung löste sich ein Schuss und drang dem jungen Besitzer in den Unterbauch. Am Abend desselben Tages verstarb der Bub und die Zeitung ermahnt die Eltern und Kaufleute solches Spielzeug nicht zu dulden.
In Kötzting ereignete sich ein Unfall im Zusammenhang mit dem Böllerschießen am Fronleichnamstag. Der Hausbesitzer Josef Wensauer besorgte dieses wie immer und machte sich daran die letzten vier Böller zu laden. Leider ging ein Schuss zu früh los und verletzte den Unglücklichen derart am linken Auge, dass dessen Sehkraft verloren ging.
„Außerdem wurde er an einer Schulter verwundet und sein Schurz fing zu brennen an; wäre seine Ehefrau nicht des Weges gekommen, welche die Flammen erstickte, so hätte Wensauer auch noch Brandwunden wenn nicht den Tod erlitten. Der Verunglückte machte den Feldzug 1870/71 mit und wird allgemein bedauert“.

Waldschmidtdenkmal


„Am Sonntag den 13. Mai wurde in Kötzting der Ausschuss für Errichtung eines Denkmales für Herrn Hofrat Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt, königlicher Hauptmann a.D. gewählt und zugleich beschlossen, dass das Denkmal für unseren berühmten Waldler am 11. August auf dem Riedlstein enthüllt werden soll. Leider sind bis jetzt freiwillige Beiträge noch wenig eingegangen und die Kosten noch nicht zum 10. Teil gedeckt. Es ergeht also ein Aufruf fleißig zu spenden und diese Beiträge in der Buchdruckerein zu hinterlegen

Nach wenigen Wochen war dann der Entwurf eingetroffen und so konnte festgestellt werden, dass aus dem vorher beabsichtigten Obelisken ein Turm geworden war, mit einer quadratischen Grundfläche von 2,60 m Kantenlänge und einer Höhe von 6 Metern. An einer Wand wird ein Bronzemedaillon im Wert von 1500 Mark befestigt. Die Namen aller Guttäter (=Spender) sollen in einer Dose im Grundstein hinterlegt werden. Da allein der Antransport des Materials einen ansehnlichen Betrag verschlingen wird, ergeht erneut ein Aufruf fleißig zu spenden.
[2]Der Plan für die Denkmalserrichtung geht zunächst aus von dem Konservenfabrikanten Biller in Arnbruck und dessen Buchhalter, verdankt also seine Entstehung mehr geschäftlichem Reklamebedürfnis als ideellen Gesichtspunkten" schreibt der Viechtacher Bezirksamtmann Wißling am 19. Juni 1907 an das Regierungspräsidium in Landshut.
Es gab freilich noch andere Beweggründe. 1906 war Hofrat Schmidt auf Einladung von Alois Biller für einen Tag, 1907 für mehrere Tage in Arnbruck. Beim zweiten Besuch überraschte ihn abends ein Kreis von Verehrern mit der Mitteilung, "dass geplant sei, ihm ein würdiges Denkmal für seine hohen Verdienste zu errichten". Der Ausdruck hohe Verdienste meint wohl die Tatsache, dass der Schriftsteller auch den Bayerischen Wald zum Schauplatz seiner Romane und Erzählungen gewählt, die Waldheimat dadurch gleichsam auf eine höhere Ebene gehoben und   einem großen Publikum bekannt gemacht habe. Noch höher dürften seine Verdienste um die Regionalförderung geschätzt worden sein.
Maximilian Schmidt jedenfalls war von den Arnbrucker Plänen gerührt und sehr angetan. Er ist "den Arrangeuren auch mit Ratschlägen über die Durchführung zur Hand gegangen; es soll ein Bronzemedaillon von Überlebensgröße in den Felsen eingelassen werden. Die Fertigung des Entwurfs hat Professor Hauberrisser in München zugesichert und zwar als Freund des zu Ehrenden unentgeltlich". Der Guss des Bronzemedaillons erfolgte in der Gießerei Rupp, München.




Primiz in Kötzting


Im Juli diesen Jahres hatte die Pfarrei Kötzting wieder einmal Grund einen Primizianten aus ihrer Mitte zu feiern. Herr Primiziant Josef Aschenbrenner aus Ried wurde von Reitern und der freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatgemeinde Liebenstein in Kötzting begrüßt und in die Pfarrkirche begleitet wo er den zahlreichen Gläubigen als Neupriester seinen Segen spendete.

Eröffnung des neuen Januel=Saales


Das Januelgasthaus ist nun bis auf den äußeren Verputz vollendet; die Lokalitäten und auch die Gänge sind äußerst geräumig und zweckmäßig gebaut und besonders hat der Saal dadurch, dass die Theaterbühne in einem eigenen den Saal beherrschenden Raum verlegt worden ist; eine bedeutende wohltuende Vergrößerung erfahren; er ist den Flächeninhalt nach der größte Saal des Marktes.“
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Theatergruppe: "die Chinakrieger" an der Treppe beim Gasthof Januel: aus dem Treppenpodest 1.v.re Oexler max, 2.v.re. Krämer Julius, untere Reihe Mitte m-. weißem Kniestrümpfen Krämer Konrad, 2. Reihe v.li. Huber Drechsler neben den 3 Frauen, untere Reihe 3.v.re Traurig

Wenn nun, wie bis vor wenigen Jahren üblich,  bei der Pfingstkneipe der Kötztinger Burschen und Wandererverein die Pfingstfeierlichkeiten beim Januel eröffnete, so konnte er im Januelsaal noch genau die Strukturen erkennen, die vor 100 Jahren dem katholischen Gesellenverein (=Vorgänger des Kolpingsvereines) als Theaterbühne dienten. Am Mittwoch den 24. Juli 1907 wurde der neue Januelsaal  durch eine Namensfestvorfeier seines Vizepräses Jakob Elser eingeweiht.




Die Firmreise des Regensburger  Bischofs von Henle:

 

 

 

 

 

 

 

Lichteneggfeier


Lange angekündigt veranstaltete der Kötztinger Lichtenegger Bund am letzten Juli Wochenende sein Burgfest. „Bei schönem Wetter kann ein jeder auf den Hohenbogen  aber im größten regen darartige Spaziergänge zu machen bringen nur die Todesmutigen vom Lichtenegger Bund zustande. Sogar die Musikkapelle spielte trotz des größten Ungemachs  zum Tanze auf.“ Im von Forstmeister Hubrich geschmücktem Forsthaus und mit dem guten Kötztinger Deckerstoff entwickelte sich eine rührende Gemütlichkeit und als die Sonne einige Minuten lächelte waren sogar ein paar Tänze auf dem grünen Rasen möglich. Dann aber prasselte der Regen wieder und nur „tanz und puff=feste“ Wesen drehten sich dann weiter im Saale. Viele wackere Ritter versammelten sich um die Humpen und nach den Festreden der Herren Hubrich und Bergmann folgte ein flotter Marsch und „bergab gings durch dick und dünn, durch Naß und Trocken dem harrenden Extrazug entgegen. Ein schriller Pfiff, ein letztes feuriges Halloh und in wenigen Minuten waren alle Teilnehmer des Ausfluges in Kötzting!“ „ So ein Extrazug ist eine Wohltat, kein Heidelbeer=Verladen, kein Rangieren

Das neue Schulhaus

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, das 1907 neu erbaute Schulhaus

Im September wurde das neu erbaute Schulhaus, „die Perle des aufstrebenden Marktes“ mit einem Gottesdienst, einem Festzug der Schulkinder mit dem gesamten Lehrpersonal und einem Festakt. Der königliche Bezirksamtmann v. Fuchs, der Bürgermeister Liebl und der Kötztinger Pfarrherr und gleichzeitig Schulinspektor HH Pfarrer Elser sprachen auf dieser Feier. Mit einem Toast auf den Prinz=Regenten Luitpold endete die Veranstaltung.
Das neue Schulhaus ist eine Zierde unseres lieben Marktes und macht auf den Beschauer einen großartigen Eindruck. Ein solemner Festfrühschoppen im Weinrestaurant Rothmayr reihte sich an die schön verlaufene, denkwürdige Feier.“


[1]  Bayerische Staatsbibliothek München, 4Eph.pol.3cel 1907 ff
[2] http://www.waldverein-arnbruck.de/waldschmidtdenkmal.htm