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Donnerstag, 22. Februar 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 68 beim Lukas

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 68
--- beim Lukas ---

DIA-Repro 396 das Lukasanwesen

Detail aus der Uraufnahme von 1811 aus Bayernatlas.de
Die hier noch eingezeichnete Hausnummer 67 existierte nur sehr kurz und war vor und nach einer
Zeitspanne von knapp 40 Jahren Teil des Besitzes der Hausnummer 68

Wie in manchen vorherigen Fällen ebenfalls, ist auch hier die Suche nach dem ersten belegbaren Besitzer nur in einer Art von Rückschau möglich. 
Es hat so den Anschein, als ob unser gesuchtes Anwesen sich aus der reinen Ledererwerkstatt der Lederer - nacheinander -  Andreas Märkl,  Andreas Österreicher und dann Jakob Passauer entwickelt hat.
Wie wir bei der Behandlung der Geschichte des Hauses mit der alten Hausnummer 71 - heute Meimer - wissen, ist der ganze Bereich des heutigen Spitalplatzes erst ab dem Jahre 1555 bebaut worden.
Andreas Österreicher, der im Jahre 1655 gleich zwei große Anwesen (Alte Hausnummer 72 und 71) besessen hatte, verkaufte zuerst das eine Marktlehen an die Familie Passauer und diese trennten in einem weiteren Schritt die "untere" Ledererwerkstatt vom Hauptbesitz ab und verkauften diesen Teil einfach als ein eigenständiges Haus.
Die Geschichte dieses Hauses/Werkstätte  beginnt also eigentlich ebenfalls bereits im Jahre 1555, als ein Stefan Zackher einen Rotlederbetrieb errichtete. Genaueres kann dann bei der Geschichte des Hauses Nummer 71 nachgelesen werden, wo die Entstehungsgeschichte des Anwesens Teil eines Rechtsstreites gewesen ist.
Wir steigen hier also erst mit der Besitzergeneration ein, die die Abspaltung der Werkstatt betrieben haben, Andreas Passauer und seine Frau Barbara.

Andreas Passauer und Barbara Lärnbecher

Am 23.11.1683 hatte Andreas Passauer, Sohn des Ratsbürgers Jakob Passauer und dessen Frau Margaretha - und damit der Bruder des Hans Passauer - die Müllerstochter Barbara Lärnbecher aus Gmünd geheiratet und das Paar übernahm das kleine Haus am Regen. 
Nach dem Tode des Bruders - Hans Passauer auf der 71 - wechselten Andreas und seine Frau auf ds große Marktlehen weiter regenaufwärts. 
Zumindest die Umschreibung der Grundschuld erfolgte am 7.10.1695, die Eigenthumsübetragung vermutlich bereits Jahre vorher. Die Grundschuld bei der Pfarrkirche, die auf - nun - "Hans Passauers Leederswerchstadt vor der Pruckhen .....sambt denen darzue gehörigen Markhtlehensgrindten" eingetragen wurde, liegt nun wieder bei stolzen 200 Gulden.
Nun in einem Marktlehen mit einer eigenen Lederwerkstatt angekommen, konnten die beiden auf  die "untere Passauerische Lederwerkstatt" leicht verzichten und verkauften diese. 
Aus den Eintragungen der Schuldzinsen bei der Pfarrkirche Kötzting kann man folgende Entwicklung rückschließen.
In einer eigenen Schuldverschreibung des Andreas P. und seiner Frau Barbara aus dem Jahre 1697  ist die Rede, dass sie diesen Kredit in "Erkauffung ihrer herobern Hanns Passauerischen Leederwerchstadt" (=Hanr 71) übernommen hätten.    
Im selben Jahre ist auch der folgende Beitrag dokumentiert:
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1697
"Hanns Grässl burgher und Leederern alhir, und Margaretha seine Eheweib haben inerkhauffung der undern Passauerischen Leedererwerchstadt 200 (!) fl. Capitall zubezallen ybernomben, welche sye dann neben Verzicht weiblichen Freyheit de dato 7. Marty anno 1697 crafft aufgerichten Verschreibung, mitls vorgesezten Hypothec der bemelten Leederwerchstatt all zugeniegen versichert, und erlegen davonn zu H: Weihnachten zünß 10 fl."

Das Ehepaar Passauer - nun als Rotgerber bezeichnet - trennte sich also von der hinzuerworbenen unteren, der Österreichischen Ledererwerkstatt und konzentrierte sich von nun an auf das herkömmliche Anwesen des Vaters und Großvaters. Noch im Jahre 1695 hatten die beiden eine eigene Schuldverschreibung über die 200 Gulden auf die erworbene "untere" Lederwerkstatt unterschrieben.


 Hans Grässl und Margaretha


12 Gulden kostete Hans Gräßl das Kötztinger Bürgerrecht. 
StA Kötzting Marktrechnung von 1696: "Hans Grässl Lederer fol. eijusdem   12 fl."

Am 26.11.1696 heiratete er Margaretha Lärnbecher aus Gmünd. Hans Grassl/Grässl war also nun der Schwager des Andreas Passauer geworden und so ist wohl auch die so ohne großen Aufwand erfolgte Aufteilung des früheren Anwesens des Hans Passauers zu erklären.
PfA Kötzting Matrikel Band 3 vom 26.11.1696
"Am 26. dieses Monats wurden ehelich verbunden Johann Grässl, ehelicher Sohn von Georg und Maria aus Eckersberg aus der Pfarrei Lam mit der Margaretha Lärnpecherin, einer ehelichen Tochter des Adam Lärnbecher, Müllers aus Gmünd, und dessen Ehefrau Barbara.
Die Trauzeugen waren Andreas Passauer und Johann Koller, beide Bürger. Die Trauung vollzog Pater Placidus. 
Johann Grässl, der Bürger und Lederer, verstarb am 12.5.1719. Drei Töchter sind bei seinem Tode noch zu versorgen: Katharina, Anna Maria und Anna Barbara.
Die Vormünder der Kinder übergeben der Witwe Margaretha, unterstützt durch ihren Bruder Andreas Lärnbecher aus Gmünd, das Anwesen und diese reicht es dann an ihren neuen Mann weiter, den Ledererknecht Wolfgang Mühlbauer .


Wolfgang Mühlbauer und Grässl Margaretha


Am 12.1.1720 wird das Anwesen auf die Mutter übertragen - natürlich unter Berücksichtigung der Ansprüche der Kinder auf deren väterliches Erbe - und am selben Tage noch wird der Heiratsvertrag beschlossen.

StA Landshut Markt Kötzting BP von 1720 Seite 21

"Kaufs Beschreibung per 1551 fl:
40 xr.
Hannß Schöllinger Schwarzfärber und Andre Wittmann Marktmüller beede Bürger alhir zu Kötzting alß yber weyl: Hannsen Grässls gewest Burger und Rothgerbers deroth seel nachgelassene Künder verordtnete Vormünder....."
Verkauft wird die Bürger- und Lederwerkstattsbehausung am Regen samt dem Voglacker, der ein "Aigenstuck" war, sämtliches gegerbtes und ungegerbtes Leder zum Schätzwert von 1551 Gulden und 40 Kreuzer.
150 Gulden verspricht der Hochzeiter in die Ehe einzubringen und beide versichern sich gegenseitig ihre Liebe und Treue bis zur priesterlichen Verheiratung.
Lange mussten die beiden nicht auf das "grüne" Licht durch den Priester warten, denn schon am 29.1.1720 konnte Hochzeit gefeiert werden und dadurch erfahren wir, dass Wolfgang Mühlbauer eine Bauerssohn aus Kummersdorf gewesen ist.
Das Kloster Rott ließ in Form einer Tabelle seine Zahlung der Kirchentracht zusammenstellen und diese Tabelle von 1727 bis 1736 hat sich erhalten und stellt gleichzeitig auch immer einen wichtigen "Anker" bzw. eine Bestätigung der bisherigen Annahmen für die Erstellung der Dokumentation für ds jeeilige Haus dar.
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B4
Wolf Mühlbauer Kirchentracht 3 xr. (= die Gebühr für ein Marktlehen)

Das neue Besitzerpaar hatte wohl finanzielle Probelem, die aber auch damit zusammenhängen könnten, dass die Summe, die den drei Grassl-Mädchen als väterliches Erbe festgeschrieben wurde mit fast 900 Gulden weit über dem Barvermögen lag, das vorhanden war und welches die Mitgift des zweiten Mannes nun auch nicht gerade wesentlich erhöht hatte.
Am 6. August 1728 kam es dann zu einem Zwangsverkauf. Der Kaufmann Preindl aus Regensburg war vermutlich die auslösende Kraft und nun sorgten der Kötztinger Gerichtsprokurator Christoph Stadler im Konzert mit 7 Gläubigern, daß sie beim Verkauf des "Hansen Grässl respec. Wolfen Mühbauers burgers und Löders hinterlassene Untere Löder Werchstatt am Regen" auch auf ihre Rechte kamen.
1284 Gulden war das Anwesen nach der neuesten Schätzung nur noch Wert und zu dieser Summe solle das Haus auch an den Michael Frisch von der Sommerau gehen, der eine der drei Grassl-Töchter  demnächst heiraten wollte.

Michael Frisch und Grassl Katharina


Eine ganze Liste an Schulden sind aufgeführt, unter anderem auch 50 Gulden an den Herrn Dechanten in Freising (Passauer). Natürlich mussten auch die verbleibenden Grassl-Töchter berücksichtigt werden und auch seiner zukünftigen Schwiegermutter, Margaretha Mühlbauer, solle der neue Hausbesitzer für mindestens 3 Jahre die freie Herberge zusagen.
12 Gulden muss Michael Frisch für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlen, dass kann er loslegen und zunächst die 150 Gulden Grundschuld bei der Pfarrkirche auf sich umschreiben lassen.
1731 kam er in Konflikt mit der Marktobrigkeit, als er - offensichtlich vorher "gepfändtet" - , dem Kötztinger Pfändtner dessen Lohn verweigerte.
Für sein Vergehen, "dem Pfendtner sein gebührentes Pfendtnerlohn auf öffters anbevelchen nit geben, als hat man ihme hierzue mit gewalt angehalten und dies ungehorsamb halber in den Burgerlichen arrest condemniert. 3 Stunden durfte er in der Zelle darüber nachdenken, ob das ganze eine so gute Idee gewesen war.
Der Stall für die gepfändeten Tiere - zumeist erwischt beim Alleinehüten oder beim Grasen auf verbotenen Flächen - stand im Chamauer Tor und einer der Kötztinger Tor- und Nachtwächter hatte auch die Aufgabe eines Flurwächters und Pfändtners.
Auf den Mund war Michael frisch nicht gerade gefallen, auch wenn ihn ein Spruch gegen das Kötztinger Ratsmitglied Kollmer Christoph, den er als "einen Hundtsfott verscholten" hatte, 17 Kreuzer an Strafe einbrachte.
StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1732
"Die Beleidigungsklage, die der Rotgerber Kolmber (Kollmaier) gegen seinen Berufskollegen Frisch eingereicht hatte, landete wohl wegen seiner "Handwerkerehre" vor dem Pfleggericht, denn für "normale" Beleidigungen war damals schon noch der Magistrat selber zuständig. Handwerkersachen jedoch hatte das Pfleggericht in einem jahrzehntelangen Streit an sich ziehen können.
Eine doppelte Strafe kostete des den Rotgerber Frisch im Jahr drauf, als er seinen anderen Berufskollegen, den Riemer Adam Prunner "einen Sauschwaif und Hundtsfott intituliert" hatte. MF hatte es aber nicht bei den Beleidigungen belassen, sondern den Adam Prunner "solchermassen gewaldtthettig zupoden gestossen, daß er am Ellpogen ganz offen und pluettig worden", was ihm weitere 34 Kreuzer an Strafe enbrachte.
Im Jahre 1738 erfahren wir einmal eine Kleinigkeit über die Anwerbung von Soldaten in dieser Zeit. Offensichtlich geschah dies durch die Einquartierung eines Truppes Soldaten unter der Leitung eines Leutnants, die solch eine Anwerbeaktion in Kötzting durchführten.
MF steht in den Marktrechnungen mit einer Einnahme von 50 Kreuzern "umb er den Herrn Lieutnant von Lembing, uf der Werbung alhir gewesst, 1 Claffter Holz geben und solches ins Quartier geführt."
Als im Jahre 1742 - nach der schlechten Erfahrung, die die Stadt Cham mit ihrem Widwrestand gegen den Baron von der Trenck gemacht hatte - die Kötztinger eher geneigt waren, dessen Brandsteuerforderungen nachzukommen, findet sich MF mit einer Vorauszahlung von 10 Gulden in der Liste der Anleihe.
Michael Frisch wurde offensichtlich auch überregional tätig, hatte sich damit aber offensichtlich im Jahre 1745 verdächtig bzw. sogar strafbar gemacht.
Konkret lautete der Vorwurf er hätte angeblich "ohne Maut Löder (Leder) nach Wien und ausser Landes  gebracht und ist zu 550 fl Strafe verurteilt worden. Da er die Strafe aber nicht bezahlen kann, hinterlegt er bis zur Bezahlung sein gesamtes Vermögen " in specia aber den aigenthumbliche gegen Zeltendorf zu an der Hollgassen ligent grossen langen Ackher
Einschub
Interessant ist hier die Erwähnung der Hohlgasse in Richtung von Zeltendorf. Dieser äusserst tiefe Geländeeinschnitt war noch zu meiner Kindheit sichtbar - und wurde als Mülldeponie genutzt - und wurde erst mit großem Aufwand im Zusammenhang mit der Errichtung der Kötztinger Bundeswehrkaserne saniert und aufgefüllt. Die Hohlgasse und eine Absturz eines Ochsenfuhrwerks herab von den Äckern auf den Weg war - laut der Entstehungsgeschichte - sogar die Gründungsursache für unsere heute noch existierende Schindlerkapelle.
Einschub Ende
Als der Kötztinger Amtmann Balthasar Kern  beim Lederer Frisch - es geht weiterhin um die nicht bezahlte Maut für die Ausfuhr  bzw. den Transport von Leder - wegen der ganzen Angelegenheit vorstellig wurde, wurde er von MF als "ein  aufsässiger Amtmann" betitelt, was ihm erneut 17 Kreuzer Strafe einbrachte.
Im Jahr drauf - 1746 - kommt er finanziell stark unter Druck, denn die Schwester seiner Frau - Barbara Grässl, deren väterliches Erbe in Höhe von 422 Gulden auf seinem Hause ruhen, möchte heiraten und sich in Michelsneukirchen eine Sölde um 350 Gulden kaufen. 
Sie zeigt deshalb ihren Schwager MF vor dem Magistrat an um eine möglichst zügige Auszahlung ihres Erbes zu erzielen, da sie sich mit Johann Melchior Selch, einem Fahnenschneider beim Fuggerischen Dragoner-Regiment verheiraten möchte.
MF gesteht seine Bringschuld unumwunden ein, gibt aber gleichzeitig zu Bedenken, dass er im Moment "nit im Stand seye, der Clägerin weeder vil, noch wenig zuentrichten".
Er schlägt einen "Auszahlungsplan" vor, der vorsieht, beginnend am Lichtmessen des Folgejahres bis an Weihnachten das schuldige Kapital zurückzubezahlen und danach die fehlenden Zinssummen in kleinen Teilschritten abzustottern.
Sie hält in ihrer Antwort sofort fest, dass ihr Schwager die Höhe seiner Schulden unumwunden eingestanden hat, besteht aber auf einer sehr viel zügigeren und umfassenderen Auszahlung ihres Erbes.
Der Magistrat folgt in seinem Bescheid dem "Auszahlungsplan" des Michael frisch und schlägt nur vor, dass siech die beiden Parteien wegen der Zinsauszahlung gemeinsam auf Zahlungsmodalitäten einigen sollten, Actum Kötzting den 20. Xber ao 1746.
Im folgenden Jahr versucht MF sich eine neue Einnahmequelle zu verschaffen und stiftet zunächst für 3 Jahre die markteigene Ziegelhütte an und gleichzeitig wird er auch in den Bürgerausschuss aufgenommen. 
All die folgenden Jahre findet er sich immer wieder mit kleinen Beleidigungen und neuen Schuldverschreibungen in den Akten, bis es am 24.5.1762 plötzlich heißt, dass er den Kötztinger Bürgerausschuss zu sich nach Hause gebeten habe, um vor ihnen seinen letzten Willen kund zutun.
Johannes Dirnberger und Bernhard Auzinger schickte er mit diesem Auftrag zum Magistrat. 
Der Innere Rat Heinrich Straubinger machte sich dann zusammen mit dem Marktschreiber Benno Schreyer auf den Weg und diese dann haben "ihn in einem Böthstättl sizend in ainem klainen Stibel oben auf angetroffen, bey guetter Vernunft und Verstand".
Er legte fest, dass er im "undern" Friedhof beerdigt sein wolle, wo "sich die Frischische Begräbnuss" befände. 50 Gulden für heilige Messen ließ er weiterhin festschreiben. Als Universalerbin setzte er seine Ehefrau ein, nachdem er zuvor aber noch für seine Geschwister 100 Gulden zur freien Verteilung festgelegt hatte.
Am 24.5.1762 machte also Michael frisch sein Testament und setzte dabei seine Frau als Universalerbin ein. Was nicht jedoch nicht wissen konnte, war, dass er noch weiter vier Jahre zu leben hatte, seine Ehefrau aber nicht. Katharina Frisch, die Rotgerberin, verstarb am 18.11.1763; ihr Mann, jedoch erst am 22.5.1766, fast auf den Tag genau 4 Jahre nach Erstellung seines Testaments.
Trotzdem hatte seine Ehefrau natürlich Erben, und als diese sind die Kinder ihrer Schwester aufgeführt, die beiden Buben: Johann und Josef Nürnberger aus Zeltendorf.

Kellermeier Adam und Hueber Barbara


Am 1.12.1763, zwei Wochen nach dem Tode seiner Frau, trennte sich Michael Frisch von seiner "Färberwerkstatt, am 26.08.1728 gekauft, ausserhalb der Prucken, negst am vorbeifliessendem Regenfluss  entlegen". Der Kaufpreis lag bei 2125 Gulden und beinhaltete auch das "Grassgärtl nechst dem Haus, item die aigen stuckh als  2 agger, der erste gegen Zeltendorf, der ander aber im Groith  ligt,
anschließend viel Werkzeug. 
Als seine Herbergsunterkunft bestimmte er "das ober Stiebl und hindere Poden zur Wohnung wie auch das Bachen  und Waschen und die Holzleg bey dem Poding neben der Mauer  lebenslang genommen."
An Kreditschulden schlugen noch zu Buche 50 fl zur Kirche Kötzting und 115 fl beim Bürgerspital.
Als Michael Frisch dann im Jahre 1766 verstorben war, war der Kaufpreis, den Adam Kellermeier noch zu bezahlen hatte, noch lange nicht abbezahlt und so standen eine Reihe von Erben des Michael frisch auf dem Teppich, um sich diese Summe zu sichern.
Erst im Jahre 1781 stellten die "Frischischen Erben" dem Johann Adam Kellermeier - nun selber in der Ausnahm - eine Quittung aus über die erhaltenen 1000 Gulden an Restsumme.
Frisch Josef, ein Söldner in der Sommerau und dessen "Vettern" waren die Nutznießer, im einzelnen waren dies:
Wolfgang Frisch Ausnahmsnießer zu Scheiben
Balthasar Frisch Inwohner zu Neukirchen
Ander Frisch Inwohner zu Sommerau
Mathias Frisch Inwohner zu Eisenstein
Johannes Frisch Lederer zu Ellhamb im Salzbürgerischen
Hans Georg Frisch gewester Lederer  zu Wullenstorf in Östereich
Nur gut ein halbes Jahr nach seinem Einkauf war Adam Kellermeier ledig geblieben, dann heiratete der ursprünglich aus Lam stammende Halbbauerssohn die Höfinger Inwohnerstochter Hueber Barbara.
Bei dieser Heirat zeigt sich ein Problem:
Der Heiratseintrag spricht eindeutig von einer Hueber Barbara aus Höfing, die die Braut sein soll. Bei den - dokumentierten - sechs Geburten ihrer Kinder heißt die Mutter immer mit Vornamen Barbara, wird aber abwechselnd als eine geborene Huber oder eine geborene Artmann bezeichnet. Abwechselnd also, einmal so und dann wieder anders, so dass eine zweite Heirat hier nicht als Lösung möglich ist.
Einschub
Diese unterschiedliche Benennung der Mutter der Kellermeier-Kinder war natürlich ein Rätsel, dass es zu lösen galt.
1. Heirat Kellermeier: Dort heißt es genau, dass seine Braut, Barbara Hueber, eine Inwohnerstochter des verstorbenen Josef Hueber und dessen noch lebenden Ehefrau Barbara gewesen war.
2. Heirat Artmann/Hueber
Am 25.1.1747 hatte der Witwer Melchior Artmann aus Reitenstein die Höfinger Barbara Hueber geheiratet, eine Witwe des Josef Hueber, eines Soldaten beim Morawizischen Reiterregiment, und dieser war selber - nun ein Kötztinger Bürger -  am 22.5.1762 in Kötzting verstorben.
Es ist daher zu vermuten, dass die Witwe Hueber Kinder mit in die Ehe eingebracht hatte und dieses einen Namenswechsel von Hueber zu Artmann ausgelöst hat, welche beide dann in der nächsten Generation - wechselweise und gleichberechtigt - als der Geburtsname der Mutter angegeben wurden.
Einschub Ende
Im November 1764 schlossen die Beiden einen Heiratsvertrag, in welchem die Braut versprach, 350 Gulden an Heiratsgut mitzubringen.
Die Aktenlage des Paares Kellermeier/Hueber bleibt jedoch trotzdem verwirrend.
Geburtsmatrikel PfA Kötzting eines Augustin Kellermeier 1764
Vater der Lederer JA Kellermeier, die Mutter Barbara, eine geborene Artmann.
Taufpate Augustin Vogl aus Arndorf

Geburtsmatrikel PfA Kötzting eine Maria Theresa Kellermeier 1778
Vater der Lederer A Kellermeier, die Mutter Barbara, Tochter des bayerischen Reiters Josef Hueber
Taufpatin Schöllinger Maria Therese 

Beim nächsten Eintrag geht's dann gleich kunterbunt durcheinander.
Geburtsmatrikel PfA Kötzting eines Anton Gregor Kellermeier 1781
Vater der Lederer JA Kellermeier, die Mutter Barbara, Tochter des bayerischen Soldaten Melchior Artmann
Taufpatin Schöllinger Therese 

Noch seltsamer wird es, als das Ehepaar Kellermeier am 17.7.1780 ihr Anwesen an den Thürnhofener Rotgerber Josef Stoiber verkaufte.
Wie in solchen Fällen üblich, musste die Ehefrau, da Frauen zu derzeit nicht als geschäftsfähig galten, einen männlichen Beistand benennen, der im Vertrag als "Wolfgang Greil, einem Zimmergeselle UND Vetters der Ehefrau" bezeichnet wurde.
 
StA Landshut Briefprotokolle Markt Kötzting von 1780

"Kaufbrief um aine burgerliche Rothgärbers Behausung cum omnibus pertinetiis, dann sonderbahred Eigenstückhen pr 2200 fl und 2 bajerische Thaller Leykauf."
Nicht nur der Beistand der Ehefrau kam aus der Verwandtschaft. Der neue Käufer wird im vertrag als "ihrem freundlich geliebten Vöttern Josephen Stoiber von Thiernhofen der Baron Boisslischen Hofmark Hohenwarth, seiner Profession ein Rothgärber und angehender Bürger alhir" bezeichnet.
Die verwirrenden Daten über die Herkunft und Abstammung der Barbara Kellermaier haben keinen Einfluss auf die Erstellung der Besitzerabfolge, sind jedoch vielleicht ein Anzeichen, dass auch damals ein Protokollant nicht unfehlbar gewesen war.
Das verkaufte Anwesen wird beschrieben als das am "01.10.1763 gekaufte Frischische Lederwerkstatt vor der Prucken unterhalb dem Häusl des Jakob Trumb entlegen sambt dem vorhandenen Stadel und Stahlung und anderen  Nebengebäuden der hinterhalb der Behausung entlegene Grasgartten dann den  weiters sich gegen den Trumb hinüberbezeigenden kleinen Wurzgärtl desgleichen den zur Marktmühl giltbaren Lohestampf. "An Schulden mussten übernommen werden 150 fl bei der Pfarrkirche Kötzting, in zwei Posten, und weitere 115 fl beim Bürgerspital.
Kellermeier Barbara, nun nach dem Verkauf nur noch als Inwohnerin bezeichnet, starb im Alter von 74 Jahren am 2.12.1805. Ihr Mann, Adam Kellermeier, war bereits am 21.3.1785 gestorben.
Nach dem Tode das JA Kellermeier kam es zu einer gerichtlichen Verteilung des väterlichen Erbes an die - noch lebenden - Kellermeier-Kinder.
Auslöser dieser Erbverteilung war, dass nach dem Tode des Vaters nun kurz nacheinander auch der in München studierende Augustin Kellermeier und sein erst 5 Jahre alt gewesener Bruder Anton Kellermeier verstorben waren. Als deren Erben wurden nun die Mutter Barbara Kellermeier und die zu diesem Zeitpunkt 17 jährige Schwester Anna Maria - genauer der eheleiblichen Schwester des Verstorbenen -  angegeben. 
Ursprünglich hatten die beiden Brüder einen Anspruch auf das väterliche Erbe in Höhe von insgesamt 527 Gulden. 
Herr Dr. Pesterl - ein "Vätter in München" - ließ den verstorbenen Studenten "zur Erde bestätten, dagegen aber behielt er seine Bücher und weniges Gewand"
Die Mutter ließ ihm "hier wie in München einige heilige Messen lesen auch in seiner Krankheit hat er noch verschiedene Kleinigkeiten nothwendig, und endlich musste sie noch den kleinen Knaben beerden lassen..."  
Was die Sache hier aber wieder verkompliziert ist, dass Anna Maria Kellermeier in dem Vertrag als die "Pflegstochter" der Barbara Kellermeier bezeichnet wird.
Sie ist also "eheleibliche" Schwester des Augustin und Pflegstochter der - nunmehrigen - Barbara Kellermeier. Dies würde darauf hindeuten, dass JA Kellermeier doch ein zweites mal geheiratet hatte und der Geburtseintrag des - nun auch verstorbenen - kleinen Buben Anton Kellermeier auf diese zweite Ehe hindeutete.

HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5
Auch hier in der Tabelle der Kirchentracht von 1777-1800 kann der Wechsel von Kellermayr auf Stoyber gut nachvollzogen werden.
"Adam Kellermayr Rottgärber   Joseph Stoyber"

Josef Stoiber und Ziegler Katharina


Im Jahr des Kaufes - am 26.11.1780 -  heiratete der Kötztinger Gerber Josef Stoiber die Deggendorferi Schmiedtochter Katharina Ziegler.
Mit 20 Gulden konnte Josef Stoiber sich das Kötztinger Bürgerrecht sichern und
In den folgenden Jahren trennte sich JS von seinen freieigenen Grundstücken. Da er zeitgleich Quittungen für den Erhalt von Teilbeträgen des Hauskaufs erhielt, versuchte er sich wohl dadurch zu refinanzieren. Zusätzlich lieh er sich noch 200 Gulden von der Pfarrkirche in Neukirchen b. hl. Blut.
Als er sich im Jahre 1787 erneut Geld - von der Kötztinger Pfarrkirche - lieh wurde auch eine Begründung mit protokolliert, es brauchte das Geld "zu besseren Betrieb ihrer Ledererprofession bei dermalig höchen Häuth und  Zeug Preiß".
Und dies war noch nicht die letzte Verschuldung: a, 26.11.1790 lieh er sich sogar 500 Gulden vom Straubinger Eisen- und Lederhändler Johann Georg Kaiser, dem er seine Behausung samt der Rotgerbersgerechtigkeit verschreiben musste.
Um die Jahrhundertwende ist JS hoch verschuldet und bittet höheren Orts - vor Allem wegen der Schulden bei der Kirche und beim Spital, die ja beide einer staatlichen Kontrolle unterlagen - um ein Moratorium.
Als im Jahre 1804 die markteigenen Gründe am Galgenberg durch Losentscheid auf alle Bürger verteilt wurden, verkaufte er sofort seinen kleinen Anteil an den Galgenfeldern. 
Dasselbe ereignete sich auch gleich nach der Aufteilung der Wiese am Hütanger.
JS und seine Frau Katharina verkauften - ebenfalls noch 1804 - "ihren, bei der im fertigen Jahr stattgehabten Gemeins Weyde  Abtheilung erhaltenen Grund zu nächst des Hütangers, an die  Loderische Scheibelwiese angränzend und ca 1/8 Tw gross, durch welches aber die unterhalb liegenden Scheiblwiesbesitzer die  Wasserleitung berechtiget sind. und wesswegen sich mit selbigen  besonders verstanden werden muss."
Die finanziellen Schwierigkeiten waren damit aber noch nicht beseitigt und so schritten die Beiden zu einem fast verzweifelten Schritt, sie teilten einfach ihr Haus in der Mitte und verkauften die Haushälfte.

Einschub
Die kurze Lebenszeit dieses "neuen" Hauses wurde bereits in dem vorherigen Beitrag zur Kötzting der Häusergeschichte bearbeitet.
Hier der link >>>>> Kötzting, die alte Hausnummer 67
 

Der Teilungsvertrag  mit der Familie Greimel enthielt folgende Details: 
Das Ledererehepaar verkaufte "... von ihrer Bürgerlichen Behausung den südlichen Teil von der Mitte des Flezfensters bis zur Mitte des Kuchelfensters an abschneiden  und wo sofort eine Neue Scheidewand entstehen muss,  nebst dem oberen Stockwerk in der neml. Weite und Länge, dann den  Hausboden bis auf den Durchzug wo ein neuer Verschlag auf Kosten  des Käufers angebracht werden muss.
Die Kuchel wird auf diese Art gemeinschaftlich und die beiden  Contrahenten machen sich verbindlich, auf gleiche Kosten hirin eine Scheidewand aufzuführen, der Kamin ist auf diese Art  ebenfalls commun."
Die beiden Familien Stoiber und Greinel also bekamen quer durch ihre Küche nun eine Scheidewand, um den einen Kamin somit gemeinsam benutzen zu können. 
Diese kurzfristige Aufteilung - kurzfristig, weil bereits bald danach die beiden "Häuser" wieder dauerhaft einem Besitzer gehörten - hatte jedoch langfristige Folgen, da ganz kurz nach der Aufteilung im Jahre 1811 in Bayern der Häuser-und Rustikalsteuerkataster errichtet wurde und eben zu diesem Zeitpunkt das "Häuschen" tatsächlich eine eigenständige Einheit darstellte.
Einschub Ende

Ebenfalls noch im Jahre 1804 verkauften sie ihren "ludeigenen Hausgarten 1 1/2 Tagwerk groß" an den Kötztinger Färber Peter Kraus. Dazu mussten die Stoiberschen Eheleute sogar noch einige Gebäude umsetzen. Die Verkäufer verpflichteten sich " in Zeit Jahr und Tag ihren links der Einfahrt noch  stehenden Stadel abzubrechen und auf die rechte Seite zu setzen, damit Herr Käufer in die Werkstatt mehrer Leichte und im  Haus  Garten Sonne und Zugluft erhält, und soll auch Stoiber, noch seine  Nachkömmliche, keineswegs mehr befugt sein, an bemelten Blatz des  dermaligen Stadelstands auf eine bauliche Entfernung von 20  Werkschuhen gegen die Krausische Behausung, ein Gebäude wie dieses  Namen haben mag aufführen zu dürfen." Glatte 1000 Gulden erhielten die Beiden für dieses Filetstück direkt am Haus.
Im Jahr drauf verkauften sie auch noch das letzte freiverkäufliche Grundstück, "den Acker in der sogenannten  Groithhänge" an den Marktlehner Franz Korherr.
Alle diese Verkäufe brachten das Ledererehepaar aber nicht hinüber ans finanziell rettende Ufer, denn auch danach folgten Bitten um Zinszuschüsse, neue Schuldverbriefungen, die dann aber ab dem Jahre 1810 versandeten.
Aus dem Jahre 1828 - zur Erinnerung, das Anwesen ist in zwei Teile geteilt - kennen wir einen Bauantrag des Nachbarn, der uns einen seltenen Einblick in die Strukturen und vor allem die Hausansicht aus dieser frühen Zeit übermitteln. Das vom Hauptanwesen abgetrennte Nachbarhäuschen war zu der Zeit in Besitz einer Familie Müller.
 
 
StA Kötzting AA XI 67 von 1828

StA Kötzting AA XI 67 von 1828


Anton Müller stellte den Antrag, dass er aus seinem "Stallerl" eine Wohnung bauen dürfe, was seinem Nachbarn, dem Lederer Josef Stoiber aber missfiel.
1. Das Licht zu seiner Werkstatt würde ihm dadurch genommen.
2. Obwohl der Bau mit Steinen ausgeführt werden solle, sei die Feuersgefahr nicht gebannt.
"Diesen Neufang könne er nicht gestatten und zwar um so weniger, als Müller ohnehin nur ein halbes Leerhaus besizt und auch diese zu errichtende neue Wohnung wieder abtrümmern und verkaufen würde."
"Unterzeichnet Joseph Stoiber"
 Da Stoiber die Sache vor Gericht klären lassen wollte, blieb dem Magistrat gar nichts anderes übrig, als Müller aufzufordern, den Bau bis zur Klärung der Frage einzustellen und wird ebenfalls auf den Rechtsweg verwiesen.
Auch wenn bei diesem Bauantrag aus dem Jahre 1828 noch Josef Stoiber als der Besitzer und Kläger dokumentiert ist, so war er zu diesem Zeitpunkt ziemlich sicher nicht mehr der Besitzer des Anwesens gewesen, denn mit Datum des 29. Dezember 1823 ist im Umschreibebuch des H+R Katasters vermerkt, dass er seine "Behausung mit 2 Gärtl und der Lederergerechtigkeit " um 1853 Gulden an Josef Kellner aus Kötzting verkauft hatte.

Josef Kellner


StA Landshut Rentamt Kötzting B28
Eintrag des Verkaufs von Josef Stoiber an Josef Kellner


Wolfgang Ludwig und Anna Kollmaier


Am 19.5.1829 heiratete der junge Lederergeselle Wolfgang Ludwig die Ledererswitwe Anna Kollmaier.
Wir wissen, dass dieser Wolfgang Ludwig beim nächsten Verkauf im Jahre 1840 als der Vorbesitzer genannt wurde. In den Kötztinger Marktrechnungen von 1840 heißt es dazu ganz kurz:
"Am 18. Mai 1840  Jungmann Leonhard led. Bürgerssohn und Lederer von Straubing kauft das Ludwig Wolfgangsche Ledereranwesen, das sogenannte Stoiberhaus um 2400 fl nebst der darauf ruhenden Lederergerechtigkeit erhält die Ansässigmachungsbewilligung und Bürgerrecht. 
Es war bisher noch nicht möglich, den Besitzübergang von Josef Kellner auf entweder Wolfgang Ludwig oder auf Josef Kollmaier, dem vorherigen Ehemann der Anna Kollmaier zu dokumentieren.
StA Landshut Rentamt Kötzting B28

"Den 2ten März 1840 verkaufte Wolfgang Ludwig in Kötzting das Wohnhaus mit Stall, Stadl und realer Rothgärbersgerechtigkeit, dann 2 Gärten um 2400 fl als ludeigen an Leonhard Jungmann in Kötzting ohne sonstige Änderung."

Leonhard Jungmann und Kollmaier Franziska


Am 1.6.1840 hatte der aus Straubing stammende Leonhard Jungmann Franziska Kollmaier, die Tochter Josef und Anna Kollmaiers und gleichzeitig die Stieftochter Wolfgang Ludwigs geheiratet, somit blieb das Anwesen im Besitz der Familie.
ZU dieser Zeit benötigte ein Hochzeitspaar noch die Einwilligung des Magistrats und im Sitzungsprotokoll vom 18.5.1840 steht unter dem Stichwort einer Heiratserlaubnis kurz und knapp: "Jungmann Leonhard Lederer u. Hausbesitzer, Kollmaier Franziska Ledererstochter v K , Beistand Stiefvater Ludwig Wolfgang Lederermeister
Dem jungen Lederer gelang es gleichzeitig auch das 30 Jahre zuvor abgetrennte Häuschen zu erwerben und damit wiederum den früheren Besitzzustand des Anwesens
StA Landshut Rentamt Kötzting B28
"Dem 15. April 1840 verkaufte Anton Müller in Kötzting an Leonhard Jungmann von da sein ludeigenes Wohnhaus nebst Gärtl um 700 fl ohne sonstige Änderung."
In den Marktrechnungen von 1840 findet sich der neue Kötztinger Bürger mit einer Zahlung von insgesamt gut 33 Gulden für das Kötztinger Marktrecht, bei der ausdrücklich vermerkt ist, dass die Summe dem eines Marktlehners gleicht.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
Im Jahre 1840 wurde das Grundsteuerkataster erstellt, bei dem auch die bis in die 1950er Jahre geltenden Hausnummern vergeben wurden. Unter der Nummer 68 steht dort zu lesen:
"Hausnummer 68 in Kötzting Leonhard Jungmann beim Lederer
Das Haus mit realer Lederergerechtigkeit
Gebäude
Wohnhaus und Schupfe unter einem Dache, dann Hofraum"
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038

"Gemäß landgerichtlichem Briefprotokoll vom 2. März 1841 (! ist nicht korrekt) von Anna Ludwig zu Kötzting um 2400 fl erkauft."
Als im Jahre 1841 der sogenannte Mieterkataster erstellt wurde, musste das jungmannsche Anwesen zwar als die Hausnummern 67 und 68 benannt, aber danach als eine Einheit beschrieben:
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

""Leonhard Jungmann bürgerlicher Lederermeister
/:Hauseigenthümer:/
HsNo 67 I 2 Wohnzimmer, 1 Küche und 1 Kammer
HsNo 68 I 2 Zimmer, Kammer,  Küche dann Werkstätte und 1 Laden, Hausboden unterm Dach

2. Nebengebäude
1 Scheune mit Durchfahrt und 2 Trockenböden

3. Nebengebäude
1 Holzschupfe"
Beim Kötztinger Standmarkt - Kirta - hatten ähnlich wie auch heutzutage noch manche Fieranten an immer denselben Plätzen anzufinden sind - die damaligen Standmarktbetreiber fest zugewiesene Plätze.
StA Kötzting AA IX 58
Als der 46. Standlbetreiber hatte Leonhard Jungmann, der Kötztinger Lederer, seinen festen Platz gleich unterhalb des Rötzergartens. Das Rötzergarten war in etwa dort, wo heutzutage der Frisörladen des Wolfgang Wühr im Gebäude der ehemaligen Bäckerei Pongratz sich befindet.
Bereits Josef Stoiber hatte den Leinstampf - oder Ölmühle - des Balthasar Hollmaier gekauft und in den Jahren 1844-1855 (Abgang) findet sich der Lederermeister mit dieser Ölmühle im Kötztinger Gewerbekataster.
Dieser ursprüngliche Ölstampf wurde durch einen kleinen Werkskanal mitten hindurch durch den markteigenen Schussanger angetrieben und diesem "Ortsteil" Kötztings, der mittlerweile der Hochwasserfreilegung geopfert werden musste, war bereits ein Blogbeitrag gewidmet worden.
Der Kötztinger Zimmermeister Franz Obermaier hatte sich am Gruberbach eine neue, vermutlich leistungsstärkere, Ölmühle errichtet, die nicht auch noch unter dem Vorbehalt litt, den die Ölmühle am Regen zu berücksichtigen hatte. Diese Mühle durfte nämlich nur betrieben werden, wenn damit dem anstauenden Marktmüller keine Wasserkraft genommen wurde, bei Niedrigwasser war also der Betrieb am Regen vertraglich verboten.
StA Kötzting AA X 86
Dazu heißt es im Akt des Stadtarchivs und im Beschlussbuch knapp: "Gesuch des Leonhard Jungmann, Lederermeister v K um Betrieb eines Oelstampfs. Zimmermeister Obermeier überlässt Jungmann für 900 fl seine neuerbaute Oelstampf mit Wiese am Gruberbach. Wird genehmigt."
Diesen Ölstampf nutzte der Lederermeister wohl hauptsächlich als Lohstampf, also um Gerbstoffe für seine Lederverarbeitung, die sogenannte Lohe, zu gewinnen, denn bereits im Jahr drauf wird LJ angeklagt.
 "5. Dezember 1845: Michael Stadler br. Bürger dahier belangt heute den Lederermeister Leonhard Jungmann dahier deshalb, weil sich der Letztere erlaubet mittels eines angelegten Steges Tannenrinden über seine sog Mauerstapflwiese auf seinen über den Gruberbach gelegenen Oel-.und Lohstampf überzuführen. Nachdem der Kläger sich die von dem Beklagten angelegte Vorrichtung nicht gefallen lassen könne, indem dem Leonhard Jungmann hierauf kein Recht zustehet, so bittet er dem Beklagten diese Vorrichtung zu inhibieren. Obwohl  an sich zur Hebung dieser Differenz von Vermittlungsamt alle möglichen Vorschläge gemacht wurden so kommt es zu keinem Vergleich."
Im Jahre 1848 wurden die Geschworenen-Gerichte im Königreich Bayern eingeführt und es kam zur Aufstellung von Geschworenenlisten in Kötzting. Im Jahre 1849 heißt es, dass Leonhard Jungmann "als Geschworener aufgenommen wurde".
9 Geburten lassen sich für das Paar nachweisen von denen nur 1 Bub im Alter von 12 Wochen in den Sterbematrikeln zu finden ist.
Der obige Streitfall wegen der Zufahrt zu seinem Ölstampf ist ein Vorgang beim neugeschaffenen Vermittlungsamt, bei dem er als Beklagter erscheint. 1855 benutzt er dasselbe Amt, um zu seinem recht zu kommen:"2. Oktober 1855: Leonhard Jungmann bürgerl Handelsmann v. h. stellt Klage gegen Anna Maria Neumaier, Schuhmacherstochter von hier. Dieselbe auf Vorladen gesteht zu, dem Kläger 30 fl zu schulden und ihm binnen kürzester Zeit die Schulden zurückzahlen will." 
Da das Anwesen ja seit seinen Ursprüngen als Marktlehen gilt, bei dem durch den Kötztinger Freiheitsbrief auch ein uneingeschränktes Brau- und Schankrecht verbrieft ist, versucht JL dieses auf dem Hause ruhende recht zu verkaufen.
Josefa Hofbauer, die an der Straße nach Blaibach einen Fasskeller errichtet hatte, versuchte nun mehr draus zu machen, indem Sie dieses rechte von LJ erwarb und sich nun um eine Genehmigung dieses Transfers bemühte. "Hofbauer Josepha Witwe wegen Transferierung des Tavern- und Braurechts auf ihre Kellerlokalitäten." Zunächst erfolgte eine, Abweisung, Berufung und danach die Genehmigung durch das kgl. Landgericht bei Erfüllung bestimmter Bedingungen. Aus diesem Fasskeller, nun ein Sommerkeller entstand der spätere Röhrlkeller.
StA Kötzting AA X/108 Sommerkeller Hofbauer
Leonhard Jungmann wird nun zumeist nicht mehr als Lederer sondern als Handelsmann bezeichnet und taucht auch 1856 in der Liste der Handelsleute auf, die Kochsalz vertreiben.
Interessant sind hier die Bezugsquellen und die Handelsspanne: "Das Kochsalz wurde bezogen aus Straubing und Reichenhall. Der Einkauf "überall" lag bei 6 fl 33 kr, der Verkauf dann 6 fl 40 kr per Zentner.

Lukas Gerhard und Anna Stoiber


Laut dem revidierten Kataster von 1860 hat Gerhard Luaks das Anwesen am 20.4.1855 von Leonhard Jungmann um 5300 Gulden erworben, einschließlich des Hauses mit der alten Hausnummer 67.
 
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047
Das Kötztinger Bürgerrecht und die Heiratserlaubnis erwarb Gerhard Lukas, der aus Ruhmannsfelden stammte, im Jahre 1855. Seine Ehefrau wird Anna Stoiber, die Tochter des Straubingerboten Johann Stoiber und dessen Ehefrau, Anna Baumgartner.
Schon im Jahre 1857 geht Gerhard Lukas vor das Vermittlungsamt, um sein recht einzufordern.
"11. Februar 1857: Der hiesige Lederer Lukas hat gegen die Häuslerin Anna Maria Prandl wegen Beschimpfung als deren Grund die Ausübung einer Fahrt angegeben wird, Klage gestellt. Die Beklagte gesteht die Beschimpfung zu, nachdem jedoch der Kläger sich zufrieden stellt, wenn die Beklagte das Versprechen abgibt, sich auf jede fernere Insultierung zu enthalten, was diese auch sofort verspricht." 
Im Jahre 1863 steht er als ein "Curator" im Amtsblatt des BZAs Kötzting: "Curatel über den vormaligen Sattler Franz Futscher von Kötzting wegen Verschwendung, Curator ist Lukas Gerhard, Lederermeister."

Die Lukasgasse, wird im Jahre 1857 dem Regenfluss abgerungen. Die rote Linie am/im Fluss markiert den neuen verlauf des Weges zum Lukasanwesen.

Die Legende:
"Erklärung
1 Behausung des Lederers Lukas
2 Obstgarten des Lederers Lukas
3 Haus von der Wittwe Prandl Garten
4 Haus und Garten vom Färber Holzapfel
5 Fußweg
6 Fahrtweg zur Behausung von Lukas welcher 5´breite erhält
Kötzting den 6ten August 1857
Obermaier Zimmermeister
"




Im Jahre 1868 reichte GL einen Bauplan für die Errichtung eines neuen Stadels ein.

StA Kötzting 602-1
11 Kindstaufen sind in den Kötztinger Geburtsmatrikel zwischen 1857 und 1876 verzeichnet, wobei vier von diesen Kindern im Kleinkinderalter verstarben und einer, vermutlich der als Betriebsnachfolger vorgesehene Gerhard im Alter von 18 Jahren und 6 Monaten an einer Lungenentzündung verstarb. Wie angesehen die Kötztinger Familie Lukas zum zeitpunkt seines Todes - 1879 - bereits war, kann man auch daran ersehen, dass die Familie die Todesanzeige auch in den überregionalen Zeitungen veröffentlichte.
Straubinger Zeitung von 1879




Eine Wirtshausschlägerei in Kötztings bester Gesellschaft

Zur Vorgeschichte:

In Kötzting war es zu dieser Zeit vorbei mit dem guten Einvernehmen innerhalb der Bürgerschaft und zwischen Bürgern und Beamten. Der Grund lag im ersten Vatikanischen Konzil und in dessen Beschlüssen, die den Kötztinger Pfingstritt eines seiner Kernpunkte beraubte und in Folge dessen Kötzting einer der "Hotspots" der sich neu gebildeten Altkatholiken geworden war. 
Siehe der Beitrag zu Carl von Paur und den blamablen Begleiterscheinungen bei dessen Beerdigung.
Der im Bericht erwähnte Assessor Anton Lukas war ein Bruder des Kötztinger Lederermeisters und stammte, wie dieser, von der Ruhmannsfeldener Lederersfamilie Lukas ab. In Kötzting hatte Anton Lukas die Regener Marktschreiberstochter Magdalena Stubenrauch geheiratet,  war nun als Assessor im Landgericht Neunburg vorm Wald angestellt und offensichtlich häufig in Kötzting und mit den dortigen "Streitigkeiten" nicht nur gut vertraut sondern auch "Partei", ebenso wie sein Bruder.
Hier der genaue Bericht über den Hergang, wie er im Gerichtssaal geschildert wurde.
Das Wirtshaus war der "Weiß auf der Höhe" und der weitere Tatort die Kötztinger abschüssige Rathausgasse.



Am 11. November 1870 kam es in Straubing zu einer spektakulären und überregional beachteten Gerichtsverhandlung, die für einige Mitglieder der Familie Lukas - in erster Instanz - in saftigen Gefängnisstrafen resultierte, die allerdings in später folgenden Berufungsverhandlungen aufgehoben wurden.
Hier zunächst das erste Urteil, veröffentlicht in der Straubinger Zeitung.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Herrn Alfred Silberbauer, Rimbach, bedanken, der mir diese Fundstellen vermittelt hat.:

6 1/2 Monate Gefängnis für einen königlichen Justizbeamten sind schon einmal eine Hausnummer.
Was da bei den Zeugenvernehmungen während der Verhandlung und bei den bekannt gewordenen Absprachen im Hintergrund zu Tage trat, war eigentlich eine Justizposse, die in den Zeitungen genüsslich breitgetreten wurde.
Ausführlich berichtete auch die Straubinger Zeitung über den Tathergang, wie er sich vor Gericht dargestellt hatte:



"Der Herr Landgerichtsassessor Anton Lukas von Neunburg ist wegen Raufexzesses mit seinen sämmtlichen Mitangeschuldigten verutheilt worden.
Der Herr Kooperator Kriner von Kötzting hatte einen angesehenen Bürger einen Judas mit dem Geldbeutel genannt und sich auf Zurechtweisung später am 27. November v.(origen) Jahres damit entschuldigt, er habe mit dieser Bezeichnung nur eine Anspielung machen wollen auf die Eigenschaft des also Titulierten als Gesellschaftskassier.
 "
Die hier angesprochene "Gesellschaft" war der damalige Verein Concordia.
"Nach dieser Erklärung verließen die Geistlichen Herren das Wirtshauslokal, indem es anfing ungemüthlich zu werden. Bäckermeister Tröger (=Dreger) hielt sich eine Weile darüber sauf, ehrliche Bürger mit dem Namen des nichtsnutzigen Apostel zu bezeichnen; Bäckermeister Tröger gilt als liberal; das war Grund genug für die Herrn Ultramontanen, die Wirthstochter aufzufordern, ihm kein Bier mehr einzuschenken, worauf Tröger in der derben Sprache, die er führt, der Wirthstochter einen nicht artigen Namen an den Hals warf, jedoch nicht im beleidigenden Sinne, wie er selbst erklärte und wie wir nach der Art der anwesenden Gäste auch glauben."
Einschub
Mit dem Schlagwort der "ULTRAMONTANEN" wurden in der damaligen Zeit  - in Preußen sprach man sogar vom Kirchenkampf - die Katholiken bezeichnet, die Gläubigen also, die von jenseits der Berge (=Alpen) beeinflusst wurden. Liberal zu sein war unter diesen Kreisen ein ebenso großes Schimpfwort, wie es heutzutage in den USA zu sein scheint.
Einschub Ende 
Ein plötzlich feinfühliger Glasermeister Süß warf sich zum Vertheidiger der gekränkten Unschuld auf und bot dem Bäcker Ohrfeigen an. Als dieser daraufhin aufstand, den Stuhl wie zur Abwehr vor sich hinhielt und gehen wollte, packte ihn der Assessor beim Kragen links, rechts sein Bruder, der Gerbermeister Gerhard Lukas, von hinten der Wirtsssohn, Hausknecht Niggl und Glaser Süß assistierten, und schneller als der Leser dies liest, lag der Angegriffene vor der Thüre draußen mit zerbrochener Rippe auf dem Steinpflaster.
Ein anderer liberaler Bürger Kötztings, der die abwehrende Bemerkung machte, das ist noch schöner, wenn die Beamten mit den Bürgern raufen, wurde der Reihe nach von den Gebrüdern Lukas und dem Hausknecht gedrosselt und schließlich dem Bäcker, der vor der Thüre draußen um seinen Hut rief, als Kopfbedeckung ein Halbeglas an den Kopf geworfen, daß er aufs neue blutend zusammenstürzte. SO erzählten haarklein alle Details 5 beeidigte Zeugen.
Die endlose Reihe der Entlastungszeugen hat nur "nichts gesehen", kann aber ausdrücklich nicht sagen, es sei unmöglich, daß die Hrn Lukas und Consorten das Reat nicht verübt hätten. Der Entlastungsbeweis ist völlig mißglückt, nur eine Zeugin, die Wirthstochter, behauptete, sie habe deutlich gesehen, daß Assessor Lukas bei dem Akt des Hinauswerfens nicht betheiligt gewesen. Schon soll die Verhaftung der Zeugin ausgesprochen werden wegen dringenden Verdachts des Meineids, die Zeugin tritt vor den Präsidenten, der ihr eindringlich zuspricht, Alles erwartet den Widerruf, da stellt sich plötzlich unvermuthet und unaufgefordert Assessor Lukas an ihre Seite und gibt ihr mit Pathos das Zeugnis einer wahrheitsliebenden Person, die nicht lügen könne.
Die Zeugin schweigt, widerruft nicht; peinliche Stille im Saale - 
Nachmittags geschah dann der Widerruf dennoch: Sie wollte der Scene den Rücken zugewendet haben.
Nicht minder Aufsehen erregend war ein anderer Vorfall. Der Angeschuldigte Obermeier legte gegen Abend das Geständnis ab, Kooperator Kriner habe ihn auf briefliche Aufforderung des Assessors ermahnt, zu gestehen, daß er - Obermeier - das Glas auf Tröger geworfen, Tröger in Folge des Glaswurfes gestürzt und sich die Rippe gebrochen habe. Als Mitglied der Gesellschaft meint Hr. Kooperator - solle Obermayer die Schuld auf sich nehmen und dem Lukas durch dies Geständnis heraushelfen. Die Angeklagten verlegten sich auf hartnäckiges Leugnen, vor Allem der Assessor, der durch sein ganzes Gebahren ein schlimmes Licht auf seinen Charakter wirft, um so schlimmer, wenn man bedenkt, daß er, der Richter, selber zu Recht sprechen muß. Und dann welch ein Recht. Gerhard Lukas ruft 3 Zeugen hervor, die den Bäcker Tröger als rohen Menschen verdächtigen sollen; aber die drei Zeugen schütteln das Haupt; sie wissen nichts von dem, was sie zu bestätigen gerufen sind. Dem Allen gegenüber hatte die Vertheidigung einen schwierigen Stand und konnte auch keinen Erfolg erzielen; die Verutheilung war das nothwendige Resultat der Verhandlung. Das Urtheil wurde bereits mitgeteilt. (Straubinger Zeiung)
".
Sogar im Ausland - hier Österreich - konnte man von dieser Wirtshausschlägerei nachlesen.
Die in Wien erscheinende "Neue Freie Presse" zitierte genüsslich aus einem Zeitungsbericht des Frankrfurther Journals"

Neue Freie Presse






Das von den Verurteilten angerufene Appellationsgericht kassierte im Februar 1871 das Urteil und so wurde im Juni desselben Jahres neu verhandelt.

Das Bayerische Volksblatt - ein eher konservatives Organ - zitiert das Straubinger Volksblatt, dass fast ein Jahr nach der Verurteilung der Brüder Lukas  - der Lederer Gerhard Lukas war mittlerweile Landtagsabgeordneter geworden - das Appellationsgericht die beiden Brüder freigesprochen habe, und blickts mit mit dem selben Ausmaß an Häme und Polemik zurück und schildert das Geschenken aus der Sicht der Angeklagten.

Bei ihm war nun nur noch die Wirtstochter und deren Bruder an dem Rauswurf beteiligt. Die Gesellschaft im Wirtshaus habe aus patriotischen Bürgern bestanden, in die sich zwei "rothe Fortschrittler" gedrängt hatten.....


 Aus diesem Bericht aus der Berufungsverhandlung erfahren wir auch den zweiten Namen der Hinausbeförderten, es war dies der Metzger Dimpfl aus der Metzstraße gewesen. Und das Schimpfwort des Bäckers Dreger in Richtung der Wirtstochter war "dummes Luder" gewesen.
Die Brüder Lukas wurden nun freigesprochen, nur dem Messner Obermaier konnte nicht aus der Patsche geholfen werden, sein Geständnis mit dem Bierglaswurf lag ja unwidersprochen vor, bei ihm blieb es bei den 10 Tagen Arrest.

Doch zurück zum ersten Prozess. In einem Artikel vor Prozessbeginn schilderte die Straubinger Zeitung mit Datum des 1. November 1870 nicht nur über diesen Prozess und die Vorgänge, sondern schildert auch einige Vorkommnisse im Markte Kötzting, durch die der Riss gut zu erkennen ist, der damals durch die Bürgerschaft ging.
Die Häme und die Polemik im Artikel sind ein Kennzeichen der damaligen Zeit, in der innerhalb eines Artikels die reine Berichterstattung und die Meinung des Reporters bzw. die politische Linie der einzelnen Zeitung frei vermischt wurden.
Herauskommt ein Spiegelbild/Zerrbild der Zustände in Kötzting im Jahre 1870

"Kötzting, 1. Nov. Kommenden Montag den 7. Vormittags kommt die ultramontan=patriotische Clique von hier wegen "Schlägerei" beim k-. Bezirksgericht Straubing zur Verhandlung. An der Spitze steht Assessor Lukas von Neunburg. Dieser Herr kam nämlich, seit er in Neunburg angestellt, jedesmal hieher, so oft es eine Wahl galt, um da für die patriotische Partei zu agitieren; denn seinen bürgerlichen verwandten mit den hiesigen Schwarzen von Habit und Seele hatten den Bürgermeister und den Marktschreiber ins Schlepptau genommen und konnten so ziemlich entscheidend über die Angelegenheiten des Marktes und der Umgebung bestimmen."

Hier finden wir wieder die "Ultramontanen" und mit den "hiesigen Schwarzen in Habit und Seele" sind die Kötztinger Geistlichen gemeint. Beide zusammen würden in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und dem Marktschreiber das Kötztinger Leben bestimmen.

Schon hätten sie einen neuen Bürgermeister sammt Magistratsräthen im Projekt fertig; als sie ein paar Tage vorher eine unglückliche Schlacht verloren, vom Volkswitze "Schlacht am weißen Berge" genannt (da man das Wirtshaus "Weiß auf der Höh" nennt), was sofort der Gemeindewahl eine andere Wendung gab.
In gedachtem Wirthshause kam es in der Gesellschaft Concordia, in der sie sich, wie früher beim Gesangsvereine, durch allerlei Machinationen der Ausschussstellen bemächtigt hatten, zwischen ihnen und einem wackeren Bäcker, der nicht ihre Anschauungen theilt, zu einem Streit, ursprünglich wegen des Cassabestandes, den die Schwarzen zu Gunsten des zu schaffenden Schulschwesterninstituts, die andern aber wie herkömmlich, zu einem Katharinenball verwendet wissen wollten. 

Die "Schwarzen" hatten sich also bereits vorher beim Gesangsverein ihren Einfluss sichern können und wollten dies auch bei der Concordia weiterführen.

Hiebei wurde der Ehrenmann zum Hause hinausexpediert, wobei sich dieser ein paar Rippen brach; überdieß soll der feine Sakristan (=Messner) von hier mit einem Bierglase nach ihm geworfen und ihn am Kopfe verletzt haben.
Um die Aufmerksamkeit von sich, den Thätern, abzulenken und die öffentliche Meinung über den wahren Thatbestand irre zu führen, kam gleich darauf im Straubinger Lügenblatt ein Artikel, in welchem geklagt wurde, daß zwei rohe Fortschrittler in die friedliche Gesellschaft eindrangen, daß diese vom Sohne des Hauses hinaus expediert werden mußten, wobei sich einer "etwas verletzt haben soll". daß man aber nicht Anstand nimmt, mit der Täterschaft einen höchst ehrenwerthen, auswärtigen Beamten in Verbindung zu bringen u. dgl. m. 
Zugleich erschien ein Artikel nach dem anderen, jedesmal darauf berechnet, Kötzting, weil vom Fortschritte angesteckt, als den Herd aller Ruchlosigkeit vor aller Welt zu brandmarken.
So z.B. wurde in einem Artikel erzählt, daß des Meßners "Magd" - es war aber dessen junge üppige Schwester, welche sich stets in der unmittelbarsten Nähe des Altars postirte und die Herren Cooperatoren nicht nur in der Sakristei, sondern auch am Altare bediente - beim Gebetläuten am Morgen des St. Stephansfestes vor. Js von einem Vermummten überfallen, furchtbar mißhandelt, ja förmlich "wie ein Teig geknetet" wurde. Als jedoch der Bezirksarzt die Schöne untersuchte, fand er an der Gekneteten nicht ein blaues Fleckhchen" Die Geknetete bekam Krampfanfälle, wurde stumm, natürlich immer nur für ein paar Tage, wobei Hr. Cooperator M. sich große Verdienste um das Seelenheil der beliebten Sakristanin erwarb.
In einem weiteren Artikel wurde in umständlichster Weise ein Einbruch ins Rathhaus und dabei die Gefahr des Hrn Marktschreibers geschildert; die Sache aber war - reine Erfindung!. Bürgermeister und Vorstand der Bevollmächtigten hatten schon eine öffentliche Erklärung vorbereitet gehabt, die aber aus Gründen des allgemeinen Friedens wieder unterblieb. In einem dritten Artikel fiel man über den Untersuchungsrichter Hrn. Schuh, dann über den hiesigen Hrn Rentbeamten, Advokaten Müller her, welche bei den Landtagswahlen ihnen in den Weg getreten waren. 
Eines schönen Morgens war der ganze Markt voll des Entsetzens über die Frevelthat der Demolierung der Grabmäler und des Einbruchs in die Nebenkapelle der Pfarrkirche. Als aber die lose Fama auf den kühnen Gedanken kam und ihn auch bald aussprach: ob eben die bekannte rohe Hand selbst die That vollbracht, um eben dem Fortschritt wieder etwas anzuhängen, da trat mit einem Male vollständiges Stillschweigen in der Sache ein, während sonst gewiss eine Philippika über den Fortschritt von der Kanzel herab losgelassen worden wäre. Meine weitere Ausholung in der Sache hat den Zweck, Ihre Leser mit den verwerflichen Mitteln der ultramontan=patriotischen Sippe dahier bekannt zu machen. Vielleicht interessiert sich der eine oder andere in Straubing und wohnt der Verhandlung gegen unseren patriotischen Kraftadel bei. Die Mühe wäre es werth und ein Einblick in so manche traurige Verhältnisse ließe sich daraus gewinnen. (Die Verhandlung ist Montags den 7. d. früh 8 Uhr am k. Bezirksgerichte. Ein k. Landgerichtsassessor wegen Rauf=Excesses angeklagt - schöne Gegend das-)


Auch wenn es die Angeklagten geschafft hatten, im Wege der Berufung dann schlussendlich doch freigesprochen zu werden, so zeigt die Berichterstattung sehr deutlich, dass die Situation in Kötzting sehr angespannt war, und die Kötztinger Mitglieder der neu gegründeten Altkatholiken zwar in Kötzting eine Mehrheit gewonnen hatten, sie aber überregional zunächst mit dem Rücken zur Wand gestanden hatten. Die Teilnahme von Kötztinger Bürgern bei einem Treffen der Altkatholiken in München (als Bierkonzil verspottet), der Prozess gegen den Regensburger Bischof v. Senestrey und vor allem die unwürdigen Begleitumstände bei der Beerdigung des verdienten BZA-Mannes Carl von Paur  waren weitere außergewöhnliche Vorkommnisse, die Kötzting überregional in den Fokus brachten.
Dieser Riss innerhalb der Kötztinger Bevölkerung zeigte sich auch in der Einstellung gegenüber der Teilnahme und Beteiligung des Kötztinger - katholischen - Priesters am Pfingstritt.
StA Kötzting Beschlussbuch 1872-1875

Am 12. Mai 1875 trafen sich - auf Aufforderung des Magistrats -  die Mitglieder des Gemeindeausschusses unter der Führung von Gerhard Lukas; das Thema des Sitzung: " Die Abhaltung des Pfingstrittes". Der Hintergrund ist der Ausbruch einer Viehseuche im Zellertal und der Wunsch den Pfingstritt in diesem Jahre nach Schönbuchen durchzuführen.
Folgender Beschluss wurde gefasst:
1. Sey an das kath. Pfarramt dahier unter Darlegung der Verhältnisse nochmals das Ansuchen um Abhaltung des Rittes nach Schönbuchen zu stellen.
2. Im Falle wiederholter Ablehnung wird sich dem Magistratsbeschlusse angeschlossen, wonach der Ritt für heuer unterbleibt, indem den vom Pfarramte gestelten bedingungen nicht stattgegeben werden kann.
Bei dem Punkte ad 1: war Stimmeneinhelligkeit. Zum Punkte ad 2 wurde ein weiterer Antrag gestellt, als nämlich der Ritt auch ohne Betheiligung der Geistlichkeit abgehalten und die Vertheilung des Kränzchens durch ein Magistratsmitglied grschehen soll.
Diesem Antrag konnte jedoch von der Mehrheit des Kollegiums nicht beigestimmt werden, weil
a: ein Ritt ohne Geistlichkeit dem Zwecke entfremdet
b: der Unfug beim Ritte selbst ein größerer und
c: dadurch eine Neuerung geschaffen wird, die für die Wiedereinführung des früheren Zu....

"...standes hinderlich sein könnte.
Für den Beschluss aus Ziffer 2 stimmten die Mitglieder 
Herr Lucas, Decker Paul, Wensauer, Denk, Münch und AMberger, während für den Antrsg auf Ritt ohne Geistlichkeit stimmten: Herren Windorfer X. Dreger Andreas, Dreger Michl und Dimpfl Josef.
Von Seite des Gemeindevorstandes wird noch constatiert, daß er sich mit der Bedingung des Pfarramtes auf Wegfall des Dienstages aus Gründen der Sittlichkeit und Ordnung einverstanden erklären müsste, während er die Beiziehung eines Kindes als Braut nicht nur für unthümlich sondern auch für unpassend halte.
Gemeindecollegium Lucas."
Von drei Bauvorhaben des Herrn Gerhard Lukas finden sich im Staatsarchiv landshut noch die Bauakten:
1885 

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3147 Lukas Gerhard 1885






1894 die Errichtung eines Backofens

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3259 Lukas Gerhard Backofen 1894

1900 die Erbauung eines Stadels im Überschwemmungsgebiet des Weißen Regens

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 23 Nr. 3334 Lukas Gerhard 1900



Im Staatsarchiv Landshut sind auch die Nachlassakten aus dem BZA/AG Kötzting aufbewahrt.
 


StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 43 Nr. 78 Hanr 67 Lukas Anna von 1902




Im Alter von 66 Jahren 3 Monaten und 18 Tagen verstarb die Ledermeistersgattin Anna Luckas am 18.November 1902 , nachmittags 5 Uhr, in Kötzting im Haus Nr 67/8.


Als ihre Erben sind aufgelistet:
Ihr Ehemann Gerhard Lukas, Lederermeister in Kötzting
Ihre Kinder: Lukas Maria geboren 30.11.1864 zu Kötzting und wohnhaft zu Kötzting
Lukas Anton, geb. 26.7.1867 zu Kötzting, wohnhaft in Frontenhausen
Lukas Creszenz, geb. 22.4.1872, wohnhaft zu Kötzting
Lukas Johann, geb. 18.6.1873 zu Kötzting und wohnhaft zu Kötzting
Lukas Ludwig, geb. 6.2.1875 zu Kötzting, k. Eisenbahnadjunkt zu Priem
Lukas Anna geb. ? (vermutlich 26.6.1859), verehelichten Lehner, Lehrer in Massing.

Die bereits auswärtig lebenden Mitglieder der Familie erklären sich als bereits von den Eltern ausbezahlt und verzichten auf weitere Ansprüche.
Unterschriftenliste unter das Nachlassprotokoll.
Dem Nachlassakt ist auch eine Abschrift des ursprünglichen Heiratsvertrags Lukas/Stoiber beigelegt, in welchem Anna Stoiber eine Heiratsgut in Höhe von 2000 Gulden einzubringen verspricht.r




Im Umschreibeheft des Katasters nach 1860 finden sich folgende Besitzwechsel:

Nachdem die Lederersgattin Anna Lukas am 18.11.1902 im Alter von 66 Jahren verstorben war, wurden ihre Kinder zunächst gemeinschaftlich in das Erbe miteingesetzt, bevor Johann Lukas dann am 4. September 1907 das Erbe antrat.





Die Zellertalbahn und der Abgeordnete Lukas


1879 bereits, 12 Jahre bevor zumindest die Eisenbahnverbindung Kötzting-Cham realisiert wurde, hielt der Kötztinger Abgeordnete Gerhard Lukas im Landtag eine flammende Rede zugunsten der Waldbahn - Zellertalbahn - , die eine durchgehende Verbindung zwischen Cham und Passau herstellen und von Kötzting aus auch das Zellertal erschließen sollte.
Diese Rede wurde anschließend auch im offiziellen Amtsblatt des Bezirksamtes Kötztings gedruckt und veröffentlicht.


StA Kötzting Bezirksamtsblatt von 1879 4. Quartal






Das "Drama" mit dieser Zellertalbahn nahm hier den Anfang und führte auch zu keinem guten Ende, da es auch für eine alternative Streckenführung starke Kräfte gab, die sich schlussendlich durchsetzten und es Ende der Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts dann zu einer Zugverbindung von Blaibach nach Viechtach kam.
Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die Politiker das Landkreises Kötzting noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren, um verkehrstechnisch nicht abgehängt zu werden. Aber aller Aufwand war vergeblich und als kleines - aber angesichts der Kötztinger Straßenverhältnisse völlig ungeeignetes -Trostpflaster kam dann 1953 der Schi-Stra-Bus zur Anwendung, der aber nach vielen kleinen und größeren Unfällen dann wieder eingestellt wurde.
In einem kleinen Einakter machte sich der Kötztinger Ehrenbürger und Schriftsteller Eugen Hubrich darüber lustig - und seine Gedanken - wie es denn gewesen wäre, wenn an einem Pfingstmontag sowohl der Pfingstritt als auch eine Dampflokomotive zeitgleich in Steinbühl angekommen wären.

Doch nun weiter mit der Familie des Gerhard Lukas; von ihm haben wir im Stadtarchiv auch einen Familienbogen.

Auch mehrere seiner Kinder bekamen zunächst ein Familienblatt im Markt Kötzting, bevor sie sich in anderen Orten niederlassen konnten.
Anton Lukas, ein Kaufmann, ließ sich in Frontenhausen nieder. Bevor er jedoch dort sein Heimatrecht erhielt, genoss er noch sein Heimatrecht in Kötzting.
StA Kötzting 024 Familienbögen hier Lukas Anton

Wenn solch ein in Kötzting Heimatberechtigter dann nachweislich sich bereits längere Zeit in einem anderen Ort aufhielt, kam sehr schnell ein Brief aus Kötzting, um den neuen Wohnort zu verpflichten, das Heimatrecht für seinen neuen Mitbürger auszusprechen.
Schreiben des Kötztinger Bürgermeisters Liebl an den Markt Frontenhausen mit Bitte um die Beantwortung "gewisser" Details. (Mit dem Ziel Anton Lukas - und seiner Familie - das Kötztinger Heimatrecht zu entziehen und es auf Frontenhausen zu übertragen)

Im Prinzip geschah dasselbe mit dem zweiten Sohn, Ludwig Lukas, der in Deggendorf verheiratet war.

Schreiben des Kötztinger Bürgermeisters Wensauer an den Stadtmagistrat in Deggendorf wegen des Heimatrechtes des Eisenbahnaktuars Lukas und dessen Anstellung in Deggendorf.


Kötztinger Anzeiger vom April 1922




Von einem weiteren Kind Gerhard Lukas haben wir einen Beleg: Im September 1961 verstarb die Tochter Kreszenz Lukas.
1954, anlässlich ihres 82. Geburtstages, erschien in der Kötztinger Zeitung eine Würdigung ihres Lebens.



Doch nun zurück zum Lederermeister Gerhard Lukas.
Erst im Jahre 1912 verstarb -  hochbetagt - der Kötztinger Lederermeister Gerhard Lukas. Ein Nachruf über sein Lebenswerk wurde auch überregional abgedruckt.
 
Zeitungsausschnitt aus "Der Bayerwald" von 1912

 


DIA-Repro 480 Lukas (Lucas) Gerhard, Privatier und früherer Gerbermeister.  Geboren. ca. 1828 in Ruhmannsfelden, katholisch, seit 1855 in Kötzting,  15 Jahre im Gemeindekollegium, 6 Jahre Landrat 18 Jahre Kirchenpfleger, gest. 16.3.1912 in Kötzting im 84 Lebensjahr, Beruf Lederermeister, Rothgerber, 18 Jahre Landtagsabgeordneter im bayerischen Landtag (Straubing 1870/1875 und 1875/1881, Regen 1881 /1886) 1868 Major der Kötztinger Bürgergarde. 50 Jahre lang war er Distriktssparkassenleiter und Sparkassenkontrolleur. Bayerwald 2/1912.
 

Im Staatsarchiv in Landshut befindet sich ein umfangreicher Akt über den Nachlass des Gerhard Lukas.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 53 Nr. 16 von 1912 Hanr 110 c Lukas Gerhard

"Lukas Gerhard
84 Jahre alt
Privatier - verwitwet
gestorben am 16.März 1912 in Kötzting in der Hausnummer 110 c
Ein Testament von 1911 liegt im Kötztinger Notariat.
"
Bei einer Würdigung "älterer" Kötztinger Mitbürger wird im November 1950 auch das "Fräulein Maria Lukas" erwähnt. Hier erfahren wir, dass GH nach der Übergabe an seinen Sohn, mit seinen beiden Töchtern in die Bahnhofstraße 110 gezogen war.



Am 7.10.1908 errichtete GH sein erstes Testament, welches er 1910 - nun bereits mit zittriger Hand -
in einem Punkte abänderte. Offensichtlich war der Sohn Anton in Frontenhausen verstorben und so
änderte er dessen Erbansprüche in einen Barbetrag um und bat seine beiden unverheirateten Töchter
um finanzielle Unterstützung für die drei Mädchen, die Anton Lukas hinterlassen hatte.

Unterschrift auf die Testamentsabänderung 1911



Lukas Johann und Katharina Dreger





Der am 18.6.1873 geborene Johann Lukas, hat - siehe das Umschreibeheft weiter oben - am 4.9.1907 das Lukasanwesen von seinem Vater Gerhard übernommen. Zwei Jahre später, am 22.11.1909, heiratete er die Kötztinger Bürgerstochter Dreger Katharina.
Wie es selbst im Jahre 1909 noch verpflichtend war, musste sich Johann Lukas vor seiner Verehelichung zuerst um Bürgerrecht/Heiratserlaubnis vom Magistrat bemühen.
StA Kötzting 024 Familienbögen Lukas Johann

"Protokoll
Gesuch um Bürgerrecht des Johann Lukas hier betr.
Kötzting, 28. Okt. 1909
Es erscheint der Lederermeister und Realitätenbesitzer Johann Lukas dahier und bringt vor.
Ich beabsichtige mich mit der Gastwirtstochter Katharina Dreger von hier zu verehelichen und auch das Bürgerrecht zu erwerben und bitte um Verleihung desselben gegen Erlag der treffenden Bürgerrechtsgebühren
Johann Lukas"

DIA-Repro 393 Katharina Dreger und Johann Lukas 1909

DIA-Repro das Lukashaus links daneben das "Fa(r)berhäusl"


 
Auch Johann Lukas wurde in öffentliche Ämter gewählt. Der Kötztinger Anzeiger stellte am 17.1.1915 die neuen Mitglieder des Gemeindekollegiums vor.


Luitpold Johann Lukas und Elisabeth Aigner



Am 11.3.1911 kam der Sohn Luitpold Johann zur Welt, der am 20.6.1939 Elisabeth Aigner aus Riedersfurth zum Traualtar führte.
Von Johann - Hans - Lukas haben wir ein paar Bilder aus seiner Jugend- und Kinderzeit.

DIA-Repro 399 Hans Lukas als Kleinkind ca. 1913


DIA-Repro 403 Pfingsten 1921 oder 1919 lt. anderem Original  bei Archiv Serwuschok 1921 oder 1919  Koop. Steinbauer, Karl Decker 10 Jahre rechts, Hans Lukas 8 Jahre links. Laut Aussage von Herrn Lukas ritten bei diesem Pfingstritt zum 1. Mal (wieder) Ministranten mit. 


DIA-Repro 401: 
Schüler m Hauslehrer  bei Dinkelmeyer 1. Reihe von links, Hofner August, Lukas Hans, Richter Georg, Professor Obermeier, Graßl Josef, Praller Luitpold, Weigl Josef, 2. Reihe von links: Geiger Eduard, Kapfer Georg, Lehrer Zeuner, Dinkelmeyer Heinz, Braun Eugen, Mühlbauer Paul.   
Von dieser "Schulklasse" und den Umständen, wie es zu diesem Privatunterricht kommen konnte, gibt es in einem Interview, welches Frau Christa Rabl-Dachs mit Hans Lukas geführt hatte, einen interessanten Hinweis:
"Im dritten Kurs bin ich fortgekommen - nein, zum Dinkelmeyer bin ich hinausgekommen. Sie hatten einen Buben - Karlheinz hat er geheißen . Die Dinkelmeyers besaßen damals eine Bleistiftfabrik - Drehbleistiftfabrik. Sie wollten ihren Sohn, der so "verzogen" war, nicht in eine öffentliche Schule geben. Sie haben es dann fertiggebracht, daß sie in Kötzting zehn Eltern gefunden haben, damit ein Professor gekommen ist, der alle Fächer gegeben hat, außer Zeichnen und Religion. Zum Zeichnen ist dann der Zeiler-Schullehrer gekommen und zur Religionsstunde sind wir alle Mittwoch in die Holzapfelschule gegangen. Der Professor Ostermeier hat das bloß zwei Jahre machen können, weil er dann in den höheren Stufen nicht mehr alle Fächer beherrscht hat. Später ist der Dinkelmeyer Karlheinz
dann ein Doktor geworden. Er ist schon sehr früh gestorben und ist nur circa 40 Jahre alt geworden."




DIA-Repro 398 Hans Lukas als Student 


 Auch im Burschenverein war Hans Lukas engagiert und lässt sich auf einem alten Gruppenbild belegen.
DIA-Repro 603 der Kötztinger Burschen-und Wandererverein beim Lindner 1929
"Burschen-Wander-Verein 3.11.1929  
1. Reihe von oben, v.links  
Costa Xaver, Kolbeck Wolfgang (Gams) Liebl Alfons,Menacher Alois,Wirnshofer Eduard, Plötz Michl, Zahorik Max, Walz Georg, Pongratz Heinrich, Winter Hans, Weber Josef, ?.  
2. Reihe von oben  
Wanninger Rudolf, Decker Karl, Graßl Josef, Kollmaier Karl, Weingut Michl, Höll Karl, Fischer Otto, Hösl Josef, Mühlbauer Karl, Lukas Hans, Irlbeck Josef, Lindner Josef, Herre Fritz, Dachs Max (Weißenregen)  
3. Reihe von oben  
Bäckergeselle Bäckerei Pongratz , Richter Schorsch, Brunner Heinz,Barth Karl, Forster Georg(Marktschreiber), "Schmiedl Schorsch,Schödlbauer Hans, Waldmann Karl, Sperl Schorsch (Buchbinder), Dullinger Josef, Hofner August, Liebl Ferdl, Hofmann Josef (Naze), Aigner Ignaz Riedersfurth, Lindner Karl, Zach Wolfgang(Zaubauer) , Vogl Michl  
4. Reihe von oben  
Zankl Alfons, Costa Xaver sen., Ellmann Richard. Hofmann Franz, Schödlbauer Josef, Traurig Michl, Schwarz Franz (Waldbua), Costa Alois (Bums), Oexler Willi, Röhrl Michl, Sperl Schorsch (oder Leopold), Costa Hans 
 
Aus dem Jahre 1941 hat sich eine ganz besondere Postkarte erhalten, die der frühere Nachbar, Karl Kollmaier, der mittlerweile sich im nahen Sudetenland ein Landgut gekauft hatte, an Johann Lukas geschickt hatte.
Die näheren Umstände, die mit dem Girglhof zusammenhängen, werden bei der Häuserchronik des Hauses Nummer 71 ausführlich dargestellt.
Hier die "ultimative" Postkarte an den Landwirt Johann Lukas:
"Girglhof den 27.8.41
Warum hast du kein Fleisch geschickt? Brauche dasselbe sehr notwendig da ich immer Handwerksleute habe, und nicht aufzutreiben ist, nächste Woche habe ich wieder 4, 1 Zimmermann, 1 Mauerer und 2 Holzarbeiter. Schau daß du noch etwas herbringst, sonst kannst du was erleben.
Gruß Karl."
 
An dieser Stelle nun das längere Interview, das Frau Christa Rabl-Dachs mit Hans Lukas geführt hatte

Interview mit Herrn Hans Lukas, geb. 1911


Kötzting, Am Regen 17 den 22. August 1996

Leider ist die Tonbandqualität durch einen technischen Fehler so schlecht, dass ich bei diesem Interview kein Frage- und Antwortprotokoll schreiben kann. Ich versuche, aus dem Gehörten und meiner Erinnerung zu schreiben.
Auf die Frage, wer mit ihm in Kötzting in die Schule gegangen ist, meinte er: "Der Dejdl Alois (Piendl), der die Lebzelter-Tochter geheiratet hat, dann der Weiß'n Anderl von Arndorf, der Fischer Hans von Haus, die Liebl Paula (Dittrich), der Kapfer Schosch und der Kroher Fritz. Von Kötzting waren uns nicht so viele, die anderen kamen alle vom Land. Ich bin nur vier Jahre in Kötzting in die Schule gegangen, dann bin ich nach Cham zu den Maristen gekommen. Dort haben sie uns alle Tage in die Schule geführt, wie die Anstaltsbuben. Deshalb habe ich mir nach zwei Jahren in der Stadt (Cham) ein Zimmer gemietet. Ich habe es dort im Internat einfach nicht mehr ausgehalten. Wir waren in Cham nicht alle gleich alt. Einige sind älter gewesen, einige um zwei Jahre jünger. Neben dem Höcherl Hermann, dem späteren Landwirtschaftsminister, bin ich zwei Jahre gesessen. Er war ein 13er und ist um zwei Jahre jünger gewesen als ich; er ist aber schon gestorben. Hermann Höcherl ist immer der Beste gewesen. Er hat nur Einser geschrieben“.

Herr Lukas nimmt ein Bild von der Wand und zeigt mir seine Abschlußklasse bei der Abiturfeier. Er holt auch noch die Schulmützen, in denen noch die Unterschriften seiner Mitschüler und Mitschülerinnen verewigt sind. Er erzählt mir, daß auf den Schulmützen jedes Jahr ein anders farbiges Band befestigt worden ist. Daran hat man die Klasse erkannt. Auf dem Bild seien aber nicht alle darauf, denn alle hätten es nicht geschafft. Er zeigt mir den Mähler Franz und den Praller Poidl.

"1928 bin ich heimgekommen. Ich war ein Depp! Weil ich mit den Rossen so narrisch gewesen bin, habe ich keinen Beruf gelernt. Bei meinen Tanten wohnte damals der Direktor von der Vereinsbank als Zimmerherr - Hoffmann hat er geheißen - und er meinte, ich sollte unbedingt zur Bank gehen. Da hätte ich bloß zwei Jahre lernen brauchen, weil ich sechs Jahre die Realschule besucht habe. Ich habe aber nicht gemocht. Mir wäre zu Hause auch nichts weggelaufen. Ja, wenn man so jung ist, läßt man sich nichts dreinreden. Mein Trost ist heute der, daß ich - wenn ich zur Bank gekommen wäre - vom ersten Tag an in den Krieg gemußt hätte. So bin ich aber erst 1942 eingerückt. Ich hatte damals die Stierhaltung. Wenn ich die nicht gehabt hätte, hätte ich sofort einrücken müssen und wäre sofort Offiziersbewerber (Offiziersanwärter) mit Frontbewährung geworden und sie hätten mich bestimmt erschossen. Das ist mein Trost heute“.

Als ich ihn nach der Landwirtschaft fragte, die er von seinen Eltern übernommen hatte, und die ihm heute noch teilweise gehört, meinte er:

"Früher hatten wir den meisten Grund auf der Platte. Vom Lehner (Plattenweg) angefangen, bis hinter zum Richter (Auf der Rast) und zum Dr. Gartner (Auf der Rast). Die ganze "Häng" hatte 12 Tagwerk und gehörte uns. Das Grundstück am Sperlhammer habe ich heute noch. Wo heute die Dattler Anneliese (Bahnhofstraße) ist, hatten wir eine Wiese. Draußen beim Dimpfl in Grub hatten wir ein Feld. In der Ziegelfabrik draußen, wo heute der Stammberger sein Haus hat, haben wir auch ein Feld gehabt. Das habe ich damals vertauscht mit dem Weixel (Besitzer der Ziegelfabrik) gegen Ziegel, wie ich auf das Haus draufgebaut habe. Wo heute der Baumgartner (Busunternehmen) ist, hatten wir ebenfalls ein Feld und das, wo jetzt der Großmarkt (Neukauf - früher Herre, Bahnhofsweg) steht, gehörte uns auch. Holz (Wald) hatten wir nicht viel, nur sechs Tagwerk. Das gehört mir heute noch. Es ist dort, wo man zum Totenbacherl hinauf geht - dort wo das Haus ist, gleich vis-a-vis. Zwei Tagwerk sind das. Ein anderer Teil in der Nähe mit vier Tagwerk ist an den Brandl Max von Grafenwiesen verkauft worden. Beide Grundstücke sind schmale, lange Teile. Von meiner ersten Frau sind dann noch vier Tagwerk in Wettzell - in Richtung Wiesing - (Heiratsgut) dazugekommen. Das gehört mir heute noch“.
"Mein Vater war ein Lederer, ein Gerbermeister, ein Rotgerbermeister. Er hat Schuh- und Oberleder gemacht. Die Leute haben die Häute gebracht und er hat sie dann gegerbt. Alles im Handbetrieb. Das war eine sehr schwere Arbeit.
Die meisten Bauern kamen aus dem "Wingei" (Lamer Winkel) mit den Häuten zu uns, wenn sie Unglück im Stall hatten. Später fing dann der Vogl in Arrach mit der Lederei maschinell an. Dann gingen sie dorthin. Nach ein paar Jahren kamen sie aber wieder zu uns, weil sie nicht zufrieden waren und sagten, das Leder wäre durch die maschinelle Arbeit nicht mehr so gut. Die Haut, die der Bauer brachte, bekam einen Stempel mit einer Nummer und so konnte er sein gegerbtes Leder wieder mit nach Hause nehmen. So bekam jeder wieder sein eigenes Stück
.

Zuerst kam die Haut in den Kalk, damit die Haare ausgingen und dann ein paar Monate in die "Lou" (Lohegrube). Eine "Lou" das sind "herghaute Rind'n" (zerkleinerte Rindenstücke), die in ein Wasserbecken kommen. Wir hatten in Grub - hervorderhalb dem Gruber Gärtner - eine Wasserkraft, da haben wir die Rinde zermahlen. Die Haut lag lange in der "Lou" und ist dann aufgehängt worden, bis sie trocken geworden ist. Dann ist sie "g'weucht" (gewalkt) worden. Wir hatten so einen Apparat, das war so eine marmornerne dicke Tafel, da sind sie immer darauf hin und her gefahren. Ich kann das aber nicht mehr so genau sagen, weil ich es nicht mehr gelernt habe. Mein Vater stammte aus Ruhmannsfelden, und hat das Anwesen im Kötzting gekauft ("umakafft"). Er hatte immer einen Gesellen; der letzte war der Kerscher August“.

Auf die Frage, welcher Kerscher das war, fragte Herr Lukas ob ich die "Stubnvoll" noch gekannt habe.

„Sie wohnten in Kötzting im Armenhaus (zwischen Anwesen Wagerer in der Brandstraße, und dem Anwesen Franz Rabl - früher Maurermeister Weber - in der Schattenau). Sie, die "Stubnvoll" war eine große Frau. Er ist immer am Sonntag ins Wirtshaus gegangen, und da hat er dann immer Gitarre und Harmonie gespielt. Wie die richtig geheißen haben, weiß ich gar nicht“.
Herr Lukas kommt wieder zu seinem Lieblingsthema, dem Backen von Torten. Als ich mit ihm den Termin für das Gespräch ausgemacht habe sagte er mir schon, dass er eine Torte für mich bäckt. Er zeigte mir seine Kochbücher und erklärte mir dann, dass es mit dem Rezept alleine nicht getan sei, sondern Interesse gehöre auch dazu. Seit 27 Jahren - als damals seine erste Frau gestorben ist - backt und kocht er schon. Es sei ihm damals nichts anderes übriggeblieben und deshalb könne er nicht bloß "Schweinernes und Knödel". Das könne doch "jeder Depp".
"Es kommt aber nicht von weit her, denn meine Mutter war eine der besten Köchinnen, die es gegeben hat. Mein Onkel, der ledige Dreger Schosch, der am Dreger-Keller draußen ausgeschenkt hat, ist mit 48 Jahren gestorben. Er hat immer im Sommer ein Pichelsteiner ausgekocht. So ein Pichelsteiner hat es sonst nirgendwo gegeben. Er hatte dazu extra einen großen Topf mit einem verschließbaren Deckel und einem Ventil darauf.
Meiner Mutter fehlte es immer an den Füßen, und deshalb, weil sie nicht mit hinaus aufs Feld konnte, hat sie ihr ganzes Interesse auf das Kochen verlegt. Wenn sie gekocht hat, war auf jedem Deckel ein Löffel zum Probieren drauf. Ist dann das Essen auf den Tisch gekommen, hat nichts gefehlt, weder Salz oder Pfeffer, noch Essig“.

Es folgt ein langes Gespräch über das Backen und Kochen und über verschiedene Backrezepte. Er erzählt unter anderem auch, daß es früher bei ihnen zu Hause alle Tage eine Suppe voraus gegeben hat.

"An den hohen Feiertagen gab es zuerst eine Biskuitsuppe mit ein paar Würstl drin. Dann kam die Soß'- ein Boeuf á la mode, keine "Bratlsoß" sondern eine Fleischbrühe. Es folgte dann der Braten, eine Ente, eine Gans oder je nachdem was wir gerade hatten, ein Sauerbraten. Mein Mutter lernte vor ihrer Heirat das Kochen beim Röhrl-Bräu in Straubing. Danach ist sie nach Hause gekommen, denn sie hatten ein Wirtshaus (Dreger in der Marktstraße). Sie hat dann heruntergeheiratet und ist 73 Jahre alt geworden und der Vater 80 Jahre“.

Herr Lukas erzählt weiter, dass er, als er noch jung (Kind) war, damals kein Interesse für die Gerberei gezeigt hat. Dann ist er zur Schule gegangen und als er heimgekommen ist, hat der Vater die Gerberei schon aufgegeben, weil die Lederei eine harte Arbeit war und man dafür keine Leute mehr bekommen hat.
"Wir hatten vier Kalkgruben und 18 Lohegruben, die alle Tage zweimal gerührt werden mussten. Da war ein Brett, zirka drei Zentimeter dick, und so lang (er zeigt mir mit ausgebreiteten Armen eine Größe). Darauf waren zwei Gestelle und dann wieder ein Brett darüber. Der Knecht und die "Dirn" haben das "Trum" hinunterstoßen müssen und eine Kette ist rumgegangen. An der haben zwei Leute anziehen müssen, dass die Brühe mit den Häuten richtig durcheinander gekommen ist. "Greht" hat man dazu gesagt. Bäume mit einem Boden darauf sind zu einem Floß zusammengebaut und am Ufer festgemacht worden. Die Häute sind auf dem Floß etliche Wochen im Regen rundum festgemacht worden. So konnten die "Hadern" schwimmen und sind somit immer im fließenden Wasser gewesen.
Zuerst kamen die Häute in die Kalkgrube zum Enthaaren. Dann sind sie in den Regen gekommen. Als nächstes kamen sie in die Lohegruben, die alle Tage gerührt werden mussten. Nachdem sie aus den Lohgruben herausgenommen worden waren, wurden sie mit der Hand auf den Marmortafeln bearbeitet. Wir hatten dazu verschiedene Geräte“.

"Wir hatten drei Rösser - Zugrösser. Wenn der Knecht nach Arnbruck fahren mußte war das eine Tagesreise. 1941 - als der Kollmaier da hineingezogen (nach Böhmen umgesiedelt) ist, habe ich die Stierhaltung übernommen. Zwei Stiere habe ich gehabt“.

Auf die Frage, wie das denn so funktioniert hat, erklärt er:

"Wenn die Bauern kapiert haben, daß es soweit war, sind sie mit ihren Kühen gekommen. Da mußte ich zu den Mahlzeiten (Futterzeit) immer da sein. Die anderen Stierhalter sind in Arndorf, in Feßmannsdorf beim Müllner, in Weißenregen beim Schötz gewesen. Ich war zuständig für die Gemeinde Kötzting. Mein Bezirk ging bis hinterhalb Grub, bis zum Bachl. Das ist das Haus, das ganz allein in den Feldern oben steht. Wenn man vom Gruber Gärtner links hineinfährt, hinter und rauf. Er hat mit seinen Kühen auch noch zu mir hertreiben müssen. Ob er zu mir kam oder nicht, bezahlen mußte er sowieso an die Stadt. Das "Sprunggeld" bekam ich von der Stadt. 1100 Mark bekam ich dafür im Jahr, mußte aber die Stiere selber kaufen. Auf den Bauerndörfern war das überhaupt nicht der Fall (Regel), dort mußte die Gemeinde den Stier kaufen. Im Kötztinger Gemeinderat sind zu der Zeit ganz wenig Landwirte gewesen – oder oft gar keine. Sie wollten davon nichts wissen und so hat vor mir der Kollmaier und später ich, die Stiere selber kaufen müssen. Wie ich noch ein Schulbub gewesen bin, hatte der Marktmüller die Stierhaltung“.

"In der Schule hatte ich als Lehrer den Rastinger (Ranzinger), das war ein "bejser Deife" (böser Teufel), und die Ostermeier im zweiten Kurs und da waren Buben und Mädchen zusammen“.

Auf die Frage, was damals die Kinder für Spiele gespielt haben, erklärt er mir:

"Beim Drunkenpolz war damals eine Schmiede dabei und auf der Seite vom Godl (Mühlbauer) ist die Schmiedtüre - die Werkstatt gewesen. Zwischen der Straße und dem Haus ist ein "Koutbodn" (Lehmboden) gewesen - kein Pflaster. Mit der Ferse drehten wir eine Grube und schon konnten wir schussern.
Die Schultaschen warfen wir hin und wir sind dann nicht mehr heimgegangen zum Essen. Hernach bekamen wir Schimpfen, weil wir nicht zur Zeit (Mahlzeit) heimgekommen sind. Die Mädchen spielten mit Bohnen (bohnerlt). Sie haben die Bohnen mit dem Zeigefinger in das Loch schubsen müssen. Wir Buben haben die Schusser mit der vollen Hand hineingeworfen - einzeln aber auch. Da hat es dann geheißen: "Dou her an Boarer" (ein Paar). Der andere gab mir zwei Schusser - ich war ungefähr ein bis zwei Meter weg vom Loch. Dann hat man werfen müssen. Die in das Loch gefallen sind gehörten mir, die anderen dem Mitspieler. Bei den Mädchen war es genauso. Sie haben die Bohnen auseinandergeworfen und mit dem Finger - das war viel schwieriger, weil die Schusser doch rund sind - hineingeschutzt (geschubst).
Angeworfen wurde auch gespielt. Das ging so: Zu zweit wurde mit einem Zehnerl an die Mauer geworfen. Wenn die zwei Zehnerl so nahe beieinander gelegen sind, dass man es spannen hat können mit der Hand, dann hat's der gekriegt, der das zweite Zehnerl so nahe hingeworfen hat, das man es spannen hat können.
Daheim habe ich "Roaftrim" (Reifen getrieben). Im dritten Kurs bin ich fortgekommen - nein, zum Dinkelmeyer bin ich hinausgekommen. Sie hatten einen Buben - Karlheinz hat er geheißen . Die Dinkelmeyers besaßen damals eine Bleistiftfabrik - Drehbleistiftfabrik. Sie wollten ihren Sohn, der so "verzogen" war, nicht in eine öffentliche Schule geben. Sie haben es dann fertiggebracht, dass sie in Kötzting zehn Eltern gefunden haben, damit ein Professor gekommen ist, der alle Fächer gegeben hat, außer Zeichnen und Religion. Zum Zeichnen ist dann der Zeiler-Schullehrer gekommen und zur Religionsstunde sind wir alle Mittwoch in die Holzapfelschule gegangen. Der Professor Ostermeier hat das bloß zwei Jahre machen können, weil er dann in den höheren Stufen nicht mehr alle Fächer beherrscht hat. Später ist der Dinkelmeyer Karlheinz dann ein Doktor geworden. Er ist schon sehr früh gestorben und ist nur circa 40 Jahre alt geworden.

Mit mir sind damals noch der Kapfer Schosch, der Praller Poidl, der Richter Schosch, der Geiger Edi - sein Vater war ein Viehhandler, dem gehörte das Haus vom Dirscherl, das jetzt dem Opre´ gehört, dann von Troidsdorf (Traidersdorf) der Graupert - Mühlbauer Paulus, der Weigl Fritz, der Hofner Gust - von der Schuhbauerin ein Bruder, in die Privatschule gegangen. An alle kann ich mich nicht mehr erinnern. Auf alle Fälle haben unsere Eltern dort - wieviel das war weiß ich nicht mehr – Schulgeld bezahlen müssen. In Cham kostete das neun Mark. Nur das Schulgeld! Das Übernachten und das Essen bei den Maristen kostete dann noch extra“.

Herr Lukas zeigt mir nochmal das Bild von seiner Abschlussklasse in Cham und meint:

"Vier Frauen sind damals mit mir in die Klasse gegangen. Zwei sind aber nur auf dem Bild." Er zeigt auf eine und erklärt: "Das da, war so eine "Gespreizte, das es höher gar nicht mehr geht". Wir Buben hatten die Spickzettel immer im Ärmel. Sie aber, die Kappelsberger Maria, war so raffiniert und hatte die Spickzettel immer daherinnen (er zeigt auf den Busen)".

Auf die Frage, wo sie als Burschen immer hingegangen sind, meint er:

"Viel Taschengeld habe ich nicht bekommen und wenn ich fortgegangen bin dann zum Godl, zum Dreger oder zum Rabl. Mit den Rabls bin ich sehr "speziell" gewesen. Die Schönste von den Schwestern war die Anne, die beim Oexler gelernt und später in Passau gelebt hat. Dann die Mare (Maria), die Fanny, in Altötting lebt noch eine, die Bettl (Barbara) - sie ist auch eine Schöne gewesen“.

Welche Freunde er denn hatte, wollte ich von Ihm wissen? Er meinte dazu:

"Freunde habe ich keine gehabt, außer dem Wührbinder. Vielleicht kommt das daher, weil ich ein Einzelkind war und ich im Sternbild des Fisches geboren bin. Ich habe ein Kalenderblatt, in dem steht, daß auf den Fisch alles das zutrifft, wie ich mich sehe“.

Wir kommen auf alte Bilder zu sprechen. Er holt sein Fotoalbum und zeigt mir verschiedene Aufnahmen.

"Das ist die Schwester vom Godl Franz, die beim Chor gesungen hat. Heute habe ich aufgeräumt und da habe ich meinen alten Feuerwehrpass gefunden. Ich war als Spritzenmann eingeteilt".

Er zeigt mir ein wunderschönes altes Foto auf dem zwei Herren abgebildet sind und erklärt, dass der Rechte ein Bruder von seiner Mutter, der Dreger Mich, und der Linke ein Marktmüller ist. Beide waren sie Schullehrer.

DIA-Repro 394  Amberger Marktmühle, rechts Dreger Michl
Siehe Interview oben



"Jetzt muss ich ihnen was erzählen: Ich war schon 50 Jahre alt, da habe ich gehört, dass ich einen Bruder habe. Das ging so her: Als ich an einem Sonntag aus der Kirche herausging, klopfte mir jemand auf die Schulter. Es war der Röhrl Mich, ( Klosterschmiede, dann Haushofer und jetzt Schoierer ) gibt mir ein Bild in die Hand und fragt, ob ich den auf dem Bild kenne. Ich verneine, und er sagt, das ist dein Bruder. "Gej fopp mi net, i hon oh gor koan Bruder net", sage ich. Doch sagt er, den Buben, hat seine Schwester - eine Röhrl Tochter - ledig gehabt von meinem Vater. Das hat niemand gewußt!"
Ich frage daraufhin ob das auch amtlich bestätigt ist, und Herr Lukas sagt: "Ja, no freile ( wirklich)! Er ist vor zwei Jahren schon gestorben. Der Röhrl Fritz ( Sohn vom Röhrl Michael ) fragte mich einmal, ob mein uneheliche Bruder und dessen Frau, mich kennenlernen dürften. Sie besuchten mich dann".

Hat das bei ihnen zu Hause niemand gewusst, frage ich: "Mir, hat das niemand gesagt und ob das meine Mutter gewusst hat, weiß ich auch nicht".

Ein altes Porträtfoto von einer schönen Frau ist in dem Fotoalbum. Er fragt mich ob ich die Frau kenne? Die Frau darauf sei seine große Liebe gewesen und er hat sie nicht heiraten können, weil sie von der Landwirtschaft nichts wissen wollte. Wenn die Verdienstmöglichkeiten damals schon so gut gewesen wären wie heute, hätte er sie geheiratet. Gelernt hätte er nichts, weil er bis 1928 in die Schule gegangen sei. Mit 17 Jahren sei er dann aus der Schule gekommen, und andere haben in dem Alter schon ausgelernt. Er aber wollte nur in der Landwirtschaft arbeiten. Später, wie das Hallenbad gebaut worden sei, war er fünf Jahre dort Kassier.

Ein altes Foto zeigt das Anwesen am Regen vom Lukas. Damals, erklärt er, war das Haus noch einstöckig. 1953 habe er erst draufgebaut.
Auf einem anderen alten Foto ist er - bevor er eingerückt ist - seine erste Frau, der Knecht und sein Vater, wie sie auf der Wiese arbeiten.
Wieder ein altes Foto zeigt Leute die um einen Tisch herum sitzen und er erklärt, dass einer davon der Gierl Hans – heute betet er immer bei den Beerdigungen vor - ist.
"Er wohnte zu der Zeit, als er im Lagerhaus bei der BayWa anfing, bei uns. Nachdem ich auf das Haus draufgebaut habe, entstanden dort vier abgeschlossene Wohnungen. In jeder Ecke des Hauses eine“.
Alte Bilder vom Krieg, die ihn und seine Kameraden zeigen, folgen. Er sei bis zum 8.Mai in Russland gewesen - dann war Schluss. Vom Russen gefangengenommen, ist er in ein Lager mit 8.000 Gefangenen bei Sagan/Russland gekommen.



Viele neue Bilder zeigen Hans Lukas auf dem Kutschbock, mit einem Pferdegespann vom Godl (Mühlbauer) Franz.
"Beim Pfingstritt bin ich 38mal mitgeritten. Wenn ich "durchgemacht" hätte, wäre ich bis heute 77mal dabei. Wie ich vom Krieg heimgekommen bin, ist ein Flüchtling - ein gewisser Brose Fritz - bei uns einquartiert worden und den hat man verdächtigt, er hätte eine Schreibmaschine "mitgehen" lassen. Dann wurde eine Hausdurch-suchung gemacht. Am "Speicher" (Dachboden) oben, in einer Schublade, sind sie auf Hitlerfähnlein gestoßen, die dort von der Zeit noch lagen, als man das Haus damit dekoriert hat. Drei Reitsättel und drei Zaumzeuge haben sie dabei auch mitgenommen. Mein Vater ist dann am nächsten Tag zur Militärregierung gegangen und hat gefragt, ob er denn nicht für mich - für Pfingsten - einen Sattel davon wieder haben könnte. Sie hätten ihn daraufhin fast nach Dachau getan. Seitdem bin ich nicht mehr mitgeritten“.

DIA-Repro 1573 Bahnhofsweg Kinder mit Pferd am Bahnhofsweg, auf dem Pferd Lukas Hans

 

DIA-Repro 403 siehe anschließender text des Interviews

Ein Bild an der Wand, das er herunternimmt, zeigt zwei Ministranten mit dem Pfarrer in der Mitte. Der eine Ministrant darauf ist der Decker Karl als zehnjähriger Bub und der andere Ministrant ist Hans Lukas als Achtjähriger. Der Priester ist der Kooperator Steinbauer. Herr Lukas erklärt dazu, daß vorher beim Pfingstritt keine Ministranten mitgeritten sind. Sie beiden sind die Ersten gewesen. Wer das organisiert hat, weiß er nicht mehr. Das Bild ist 1919 gemacht worden. (?)



Er und sein Vater sind im Gemeinderat gewesen. Vor ihm sein Vater und er später, zwei Perioden lang. Das erste Mal, als der Schödlbauer Bürgermeister gewesen ist und wie der Kroher Bürgermeister war, das zweite Mal. Wann das gewesen ist, das weiß er nicht mehr so genau.



Ich frage Herrn Lukas wie das mit dem Hochwasser immer war, unter dem sein Besitz am Regen hat leiden müssen. Er erzählt, daß er das Hochwasser alle Jahre regelmäßig im Haus und im Stall hatte. Einmal mußte er sein Vieh schnellstens aus dem Stall holen und es bis nach Beckendorf treiben, um es dort in einem Stall unterzubingen. Das ging so zu:

"Der Gierl und noch einer von der BayWa saßen in der Früh beim Kaffeetrinken. Wenn die beiden zum Kaffeetrinken aufgestanden sind, bin ich fertiggewesen mit der Stallarbeit am Morgen - früher hat man schon eingespannt, wenn man heute erst aufsteht. Ich setzte mich auch zum Kaffee hin. Es war damals im März, und da ist meistens der Eisstoß gegangen und auf einmal sagt der Gierl: "Do schaungs ausse, do schwimman d'Eisschelln fürs Hoftor einer"! Wir sind sofort in den Stall gelaufen - das Wasser stand schon im Stall - konnten aber nicht hinein, weil ein dicker Eisblock in der Tür steckte. Den mußten wir erst zerschlagen, um die Viecher aus dem Stall herauszubringen. In Becken-dorf, beim Simme, beim Bruj und beim Hastreiter konnte ich die Tiere unterstellen. Das Hochwasser kam alle Jahre - meistens im Frühjahr, bis ins "Fletz" (Hausgang) herein. Einmal, 1956, hatten wir eine "Zucht" (Muttersau), sie war schon am "fahdln" (Geburtsvorgang). Zuerst legten wir ihr Reisigbündel mit Stroh darüber unter ihr Lager. Kaum waren wir fertig, ist das Wasser schon so hoch gestiegen, daß wir sie in einer Roßdecke in den ersten Stock hinauf transportierten. Das war eine schwierige Arbeit, denn die Treppe in den ersten Stock war so eng, daß nur vier Leute - zwei hinten und zwei vorne, die Sau mit mehr als drei Zentner hinauftragen konnten. Der Sau machte das aber überhaupt nichts aus, denn zwei Tage darauf brachte sie sechs Junge zur Welt“.
"Bei der Kommunebrauerei sind damals der Dreger - er war der erste - der Rabl, der Wieser, der Emmeram, der Miethaner, der Leboid und der Graßl Kommanditisten (Teilhaber) gewesen“.


Im Mai 1961 starb Elisabeth Lukas, eine geborene Aigner von Riedersfurth.





 Johann Lukas und Berta Hastreiter

Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete Johann Lukas die junge Angestellte beim Gesundheitsamt, Frau Berta Hastreiter.

Foto Rabl-Dachs Frau Berta Lukas - 1982 -  im Eingangsbereich des 1961 aus dem alten Gefängnis umgebauten  Gesundheitsamtes

Aus dem Jahre 1982 haben wir ein wunderschönes Bild von Frau Christa Rabl Dachs, die Hans Lukas als livrierten Kutscher beim Kinderfestzug ablichtete. Hans Lukas, der zeitlebens mit Pferden zu tun hatte, hatte sichtbar Freude an seinen beiden Schimmeln.



Foto Christa Rabl-Dachs Kinderfestzug 1982

Foto Rabl-Dachs :Der Lukas Stadel 1993








Foto Schwarz mit dem damals noch bestehenden Lukas-Stadel, ca. 1950

Wenige Jahre später eine Luftaufnahme von Siegfried Ehemann mit der großen Lukaswiese.


Dia-Repro 2365: auf dem Bild die sogenannte "Lukasgasse"

Wie im Interview so deutlich beschrieben, musste die Bewohner "am Regen" alljährlich mit dem Hochwasser leben.
Land unter am Regen. (E9548)

Nach der Hochwasserfreilegung nun einigermaßen sicher vor dem Wasser, aber eingesperrt hinter hohen Mauern.  KUSW241

Foto Siegi Wild: "Der gezähmte Regenfluss"

Im Jahre 2017 war es mir möglich, anlässlich eines Wohnungsumzugs, ein paar Bilder des zentralen inneren und eingewölbten Hausflurs zu machen.




Pfingsten im Hause Lukas


Drei Mal finden sich Mitglieder der Familie Lukas in den Annalen unserer Pfingstradition. Zunächst waren es in den Jahren 1877 und 1885 zwei der Lukas-Töchter als die jeweiligen Pfingstbräute, bevor Anton Lukas selber zum Pfingstbräutigam erwählt wurde.








DIA-Repro 698 Maria Lukas und Andreas Costa

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Pfingstrittskomitees, damals noch der Marktmagistrat, zum Thema der Teilnahme von Hengsten am Pfingstritt.

Ratsprotokoll von 1885: Betr.: "Das Mitreiten von Hengsten beim Pfingstritt:
Der Antrag des Bezirkstierarztes Ehrle um einen Erlass des Verbotes zum Mitreiten von Hengsten beim Pfingstritt wird genehmigt und das Mitreiten der Hengste verboten."




Die Teilhabe am Kötztinger Pfingstgeschehen als Pfingstbraut bzw. Pfingstbräutigam ist das eine, das wiederholte Mitreiten an Pfingsten ist eine andere Sache und selbst dafür gibt es im Stadtarchiv Nachweise in den Pfingstakten.
Hans Lukas, der jüngere, berichtet im obigen Interview davon, dass er selbst bereits 37 Rittteilnahmen zu verzeichnen hatte, bevor er sich wegen eines unglücklichen Eingriffs durch die Militärregierung nach dem Kriege dazu entschloss, nicht mehr mitzureiten.

Beim Jubiläumsritt 1912 - er selber war verhindert - war es Anton Lukas ein Bedürfnis, ein Telegramm an den Magistrat zuschicken.
 
StA Kötzting Pfingstakten 1912
"Aufgegeben in München dem 27.5.1912: Am Pfingstjubiläum nimmt im Geiste theil und sendet herzl. Glückwunsch  Lukas. Beantwortet am 31.5.12"
Im Jahre 1914 schrieb der "Eisenbahnaktuar" Ludwig Lukas aus Deggendorf an einen - nicht benannten Freund - in Kötzting
StA Kötzting 320/914 Pfingstakten
"Deggendorf, 22.V. 14

Mein lieber Freund
Auf deine liebenswürdige Anfrage, für die ich frdl. danke, teile ich die gerne mit, daß das Jahr 1914 meine 25te Beteiligung am schönen Pfingstritt erfahren wird, so Gott will.
Ich habe zwar bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, wenigstens zum Ritt abzukommen, weil gerade die beiden Pfingstfeiertage von der Besatzung niemand fehlen soll.
Das dümmste ist noch, daß der Pfingstmontag gerade auf den . Juni fällt. Wenn´s aber 24 mal gelungen"

"ist, hoffe ich, daß die Taktik auch zum 25ten mal nicht versagt!
Wegen verfügbaren oder käuflichen Sätteln könnte ich vorläufig nichts ausfindig machen; werde aber noch umfragen und dir spätestens Donnerstag Nachricht geben.
Auf frohes Wiedersehen am Pfingstmontagmorgen grüßt dich herzl.
dein Fr. Ludwig Lukas."