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Montag, 1. November 2021

Glossar



Glossar



hier sollen im Laufe der Zeit Begriffe erklärt werden, die in den einzelnen Artikeln benutzt werden und die für das Verständniss der Bedingungen in früherer Zeit wichtig bzw. notwendig sind. Diese Liste wird im Laufe der Zeit immer fortgesetzt

Plan der alten Turnhalle in Kötzting um 1930


 




 




Alleinehüten
Das sogenannte Alleinehüten der eigenen Tiere war von Staats wegen für alle Bewohner des Landes Bayern unter strenge Strafe gestellt und dieses Vergehen wurde auch regelmäßig geahndet und bestraft. Da die Amtspersonen, dem Brauch der Zeit entsprechend, von den Gerichtsstrafen und Gebühren einen persönlichen Anteil erhielten, wurden die Feldfluren auch sehr intensiv beobachtet. 

  




 


Alte und Neue Hausnummern in Kötzting

Kötztinger Zeitung vom Juni 1950





Amtsgefängnis

Zitat aus dem Buch Kötzting 1085-1985 Seite 148 Beitrag von Wolfgang Kerscher:
Schon 1817-1820 war ein Gefängnis als "Fronfeste" auf einem ehemaligen Klostergrundstück in der damaligen von-Schacky-Str, heute Krankenhausstraße erbaut worden. Es enthielt neben Wohnungen 10 Zellen im 1. Obergeschoß mit immerhin 7 - 15 qm Fläche. Zum 1.1.1949 wurde das Gefängnis geschlossen und an Justizbedienstete vermietet. Seit Frühjahr 1961 dient das umgebaute Gebäude dem Staatlichen Gesundheitsamt. 
Eine kleine Korrektur: ich meine, dass die Fronfeste als Ersatzbau für das alte Amtshaus auf dem Gelände des ehemaligen Widtums erbaut worden ist, das sollte damit aber ein Grundstück der Pfarrei Kötztings gewesen sein. das Widtum in Kötzting war der bauernhof des Kötztinger Pfarrers. Der Widtumbauer war kein Bürger Kötztings und das Widtum lag auch ausserhalb der Marktbefestigung.
Näheres zum Vorläuferbau der Fronfeste, dem sogenannten Amtshaus, siehe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham Band 19 von 2002









Birkenberg
ein Form des Niederwaldes, meistens dem Hochwald (=Schwarzwald) vorgelagert. Diente zumeist als Waldweide und Fläche um daraus das Einstreu für das Vieh im Stall einzubringen. Durch regelmäßigen Schnitt hinunter auf den Stock einem idR 6-7 jährigen Turnus wurde diese Fläche als Lichtwald dauerhaft erhalten.
Aufgrund des zügigen Umtriebs waren es fast ausschließlich Laubgehölze, die in den Birkenbergen heranwuchsen. Durch die permanente Entnahme von Laub zum Einstreu und als Notfutter, verarmten die Boden immer mehr und enthielten eigentlich nur noch Pioniergehölze, die auch mit schlechtesten Bedingungen klar kamen. 
Birkenberg bei Kettersdorf
















Braurecht:

nur die (männlichen) Besitzer der Kötztinger Marktlehen hatten lt. Freiheitsbrief das uneingeschränkte Recht im Kommunbrauhaus zu Brauen und das Bier dann im eigenen Hause auszuschenken. Die Söldner hatten diese Recht nur eingeschränkt, das heißt sie durften nur die Menge brauen lassen, die sie zum eigenen Verzehr benötigten. Die Häusler durften erst gar nicht brauen lassen.

CSU in Kötzting

Christlich soziale Union, wohl im Spätherbst 1945 in Kötzting gegründet, da noch im Dezember 1945 die Wahllisten eingereicht worden waren. Nannte sich damals noch Christlich Soziale Vereinigung. Ein genauen Gründungsdatum ist nicht bekannt. Nach der von den Besatzungsmächten initiierten Kommunalwahl kam es dann zum Parteizusammenschluss auf Landesebene.

 

 










Freiheitsbrief
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken. [1]
 Weiter heißt es dann:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.


ganzer Bauer

die Bauernhöfe in den Dörfern wurden nach einem sogenannten Huffuß versteuert. Es gab somit einen - auich im Sprachgebrauch und innerhalb von Dokumenten - ganzen, halben und Viertelbauern. Der ganze Bauer (1/1) und der halbe Bauer (1/2) wurde umganssprachlich auch normal als Bauern un deren Kinder als Bauernsöhne und Bauerntöchter angesprochen. Mit dem Viertelbauern begann der Bereich der Söldner, 1/4 und 1/8 Höfe und auch Söldnerssohn, Söldnerstochter.
Nach den Söldnern kamen in der Steuereinteilung dann die Häusler (1/16 und 1/32)
Im Markt Kötzting entsprach die Einteilung Marktlehner - Söldner - Häusler.
Nur der Hoffuß war für die Höhe der (staatlichen) Steuer ausschlaggebend, es war egal, ob der Besitzer gut oder schlecht wirtschaftete.
Anders war dies beim Zehent, hier wurde der steuerliche Anteil an der Höhe der Ernte gemessen.




 






die Niedere und die Hohe Gerichtsbarkeit


Vorausgeschickt muss hier werden, dass man in den alten Tagen nicht einfach ein Untertan/Bewohner des Kurfürstentums Bayern war, sondern es unterschiedliche Grundherrnverhältnisse gegeben hatte. Solch ein Grundherr  konnte tatsächlich der Kurfürst mit seinen Regierungen in München, Landshut, Straubing und Amberg sein,  dies traf bayernweit aber nur ungefähr auf 1/3 der Bevölkerung zu. Die restlichen 2/3 der Bevölkerung hatten Hofmarksherren (Adels- oder Klosterbesitz  z.B. Runding und Blaibach für die ersteren und  Grafenwiesen und Grub als Beispiel für die zweite Möglichkeit).
In manchen Dörfern gehörten die einzelnen Bauernhöfe zwei, drei oder mehr unterschiedlichen Grundherren an. Spitäler, Klöster und Kirchen konnten weitere Beispiele für Grundherren sein.  
Nur die Hofmarken in Adelsbesitz und die Bürgermeister der Städte und Märkte durften über ihre Untertanen auch selber zu Gericht sitzen einschließlich solcher Rechtsgeschäfte, wie es heutzutage bei einem Notar gemacht werden würde. Man sprach hier von der "Niederen Gerichtsbarkeit". Die anderen Grundherren mussten sich einer staatlichen Aufsicht unterwerfen und einen eigenen Probstrichter bestellen - bei uns zumeist in Personalunion der Landrichter.
Auch heutzutage werden Straftaten ab einer gewissen "Gewichtigkeit" nicht mehr vor einem kleinen Amtsgericht sondern bereits in höherer Instanz verhandelt. Bis herein ins 19. Jahrhundert wurde eben zwischen einer "Niederen" und Hohen" Gerichtsbarkeit unterschieden.

Wer die Niedere Gerichtsbarkeit besaß, konnte über seine  Untertanen zu Gericht sitzen, wenn es sich um genau definierte Fälle von geringer Wichtigkeit handelte.
Darunter fielen zum Beispiel Beleidigungen (ohne Fluchen), kleine Raufereien (Ohne Waffen und ohne dass Blut geflossen sein darf), Leichtfertigkeiten (un- oder vorehelicher Geschlechtsverkehr) und Weidestrafen, um nur einige zu nennen.
Auch Fürkaufstrafen, also ein heutzutage geförderter Einkauf direkt auf einem Bauernhof, wurde wegen der Umgehung des Markplatzzwanges verfolgt.
Die ausgesprochenen Strafen bewegten sich im Bereich einiger Kreuzer bis weniger Gulden und nur in Fällen der "Unvermögenheit" wurden Arreststrafen ausgesprochen. Solch ein "bürgerlicher" Arrest dauerte eigentlich nie länger als 4-5 Tage. Der Markt hatte seinen eigenen Pranger an der Rathausaußenwand und auch eine Geige und Stock strafe wurde angewandt.

Bereits bei Beleidigungen von Handwerksmeistern untereinander endete die Kompetenz dieser untersten Instanz und es musste vor dem Pfleggericht verhandelt werden.
Dieses Pfleggericht sprach natürlich auch Recht nicht nur in Fällen der Hohen Gerichtsbarkeit für sämtliche Untertanen Altbayerns , sondern verhandelte auch die "niederen" Fällen für seine eigenen Untertanen. (nur 1/3 der Bevölkerung s.o.)
Auch das Pfleggericht unterschied grundsätzlich zwischen "Strafen und Wändeln" auf der einen und "Prozesse gegen Malefizpersonen" auf der anderen Seite.
Die Aufgabe des Richters in den ersten Fällen war nicht nur Recht zu sprechen und eine Strafe festzulegen, sondern auch den Schaden wieder gut zu machen, also zu wandeln.
Viele Gerichtsprotokolle enden am Ende des Beschlusses mit der Aussage des Richters, das er nun den Kläger und Beklagten wieder zu "Gueten Freunden" erklären würde.
Beleidigungen oder Schläge wurden durch deine Geldstrafe "gewandelt".
Auch hier wurde nur in Fällen einer "Unvermögenheit" eine Arreststrafe ausgesprochen.
Auch Pranger,  Geigen- und Stockstrafe kamen nur in Anwendung, wenn eine Zahlung nicht geleistet werden konnte. Leichtfertigkeiten wurden hier allerdings anders behandelt, die Strafen waren exorbitant hoch im Vergleich zu den üblichen Strafen, was aber auch im Codex vorgeschrieben war.
Interessant bei vielen Prozessen ist auch das Prozedere, WIE und vor Allem WO ein Verhafteter an den Kötztinger Amtmann übergeben wurde. Es gab offensichtlich genau festgelegte Stellen an den jeweiligen Gebietsgrenzen, an denen solch eine Übergabe durchgeführt wurde.
Ein pfleggerichtischer Amtmann konnte also nicht einfach in ein hofmärkisches Gebiet als Amtsperson hineinmarschieren um einen Verhaftung vorzunehmen bzw. um einen bereits Verhafteten abzuholen.

 








Gschwandhof

der Gschwandhof in Kötzting lag ausserhalb der Marktbefestigung und zählt zu einem der vier Kötztinger Urhöfen. Der Gschwandhof war ein Marktlehen und hatte im Zellertal selbst zwei Afterlehen, Bauernhöfe also, die dem Besitzer des Gschwandhofes abgabenpflichtig waren.
In früheren Zeiten oft in Händen von adeligen Besitzern, wurde es um 1700 vom Stiefgroßvater Luckners zum Gesamtkomplex der Familienfolge  Billich - Krieger -  Luckner - Poschinger - Schrank, nun Haus des Gastes hinzugekauft. Er blieb bis zum Ende des 19. Jahrhundert im Familienbesitz und wurde danach Krankenhaus und Josephsheim und ist nun Heimat der ersten Klinik für traditionelle chinesische Medizin in Kötzting, kurz TCM.


Besitzer auf dem Gschwandhof in Kötzting


Der Gschwandhof war einer der vier Urhöfe Kötztings. Bei der Aufteilung des Gschwandhofes bei der Marktgründung entstanden aus dem Besitz des Gutshofes all die Marktlehen, die aufwärts gesehen an der linken Marktstrassenseite standen[1]. Die dem Hof verbliebenen Gründe wurden dann 1505 weitestgehend abgetrennt. Heute beherbergt das Gebäude die sogenannte TCM- Klinik, die Klinik für traditionelle chinesische Medizin




1462                 Gschwandhof  1/2 oed Lehen und 2 Thaile        KL Rott 111      
1505                 Wirt Jakob Bürger  verkauft an den Staat           BL 94                                    
1505                 Zöhelen Jakob als Lehen vom Landesherrn[2]
1584                 Yettinger Hans                                                            KL Rott 110
1630                 Rosenhammer  Mathias                                              KL Rott R1
1638                 Rosenhammer Mathias Erben                                       KL Rott R1
1647                 Sinzl Hans Georg                                                         Reg SR A 4211
1661                 Perr Hans                                                                    KR Kötzting 1661
1650                 Poxhorn Georg, Bürger                                    KL Rott B1
1650                 Prantl Ander Hammerschmied Stifter
1667                 Dengscherz Georg                                                       KL Rott R2
1706                 Dengscherz Hans                                                        BP Kötzting 3
1706                 Hofmann Martin
1710                 Krieger Hans                                                               BP Kötzting 5
1711                 Raab Jakob Stifter                                                      Rechnungen K
1737                 Schall Johann Stifter                                                    Rechnungen K
1737                 Luckner Samuel                                                           BP Kötzting 13
1738                 Widtmann Hans Adam ehem Marktmüller Stifter BP Kötzting 13
1750                 Rössler Kaspar, Stiftwirt                                              BP Kötzting 16
1750                 Kollmeier Michael Stifter
1784                 Wöhrl Ander Stifter
1811                 Schrank Johann Georg           
1828                 Schrank Ignaz


[1] BayHStA Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B2  von 1654 Seite 58 : Georg Poxhorn hat den Gschwandhof, von welchem der dritte Thaill deß Marckhts genommen worden, ligt die Behausung Stadl und Stallungen negst dem Churfüstl: Schloß und Zehentstädeln.
[2] BayHStA Ausw. Staaten Böhmen Lit. 94  die zum Gschwandhof gehörenden Grundstücke wurden abgetrennt und der Kirche Kötzting als Besitz zugeschlagen, so zum Beispiel die großen Wiesen in der oberen Au, im Genskragen und in der Angerwiese. Beim Gschwandhof verblieben nur das „Haws, hoffstat und ein stadel mit sambt ainem Lehen, das in die drew velld drey äcker hat, die gelegen sein im Marktfeld, auch ainen Krautgarten bey dem Weg gen Grueb und ain Wissfleckel“ .
 



 







 Häusler, siehe Freiheitsbrief, siehe ganzer Bauer
Die (Leer)Häusler im Markt Kötzting  hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewohner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem Haus ausüben. Sogar die Viehhaltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern zu Verfügung standen. Da es ja die Eigenheit deines Hausanwesens war, eben keinen Grund und Boden zu besitzen, hätte ja ein Häusler sein Tierfutter nur illegal besorgen können, unter die Gemeindeherde auszutreiben war ihm ebenfalls untersagt.
Auf den Dörfern war ein Häusler ebenfalls eine steuerliche Größe.
Hier begann der Häusler bei einem Hoffuß von 1/16 bis 1/32. Auf vielen Dörfern war es Häuslern allerdings erlaubt - anders als im Markt Kötzting, wo die Marktlehner ein Vorkaufsrecht hatten und es auch ausübten - ein frei verkaufbares Grundstücke zu erwerben.







  Innerer Rat
der Innere Rat im Magistrat Kötzting bestand aus 4 Mitgliedern. Die inneren Räte 
stellten abwechselnd den Amtskammerer.
  
Inwohner
Schlechter gestellt als die Bürger  waren die sogenannten Inwohner, die am besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die  Alteigentümer der Anwesen nach der Übergabe zu rechnen. Der sogenannte Leibtümer, vorher möglicherweise ein stolzer Kötztinger Marktlehner, verlor also alle seine Bürgerrechte im Moment der Übergabe an den Übernehmer oder Käufer und fand sich am unteren Ende der Sozialleiter wieder.
Auch die Be3amten des Pfleggerichtes waren in Bezug auf den Markt Kötzting, so sie nicht zufällig auch ein Anwesen besaßen, nur Inwohner und hatten kein Bürgerrecht, auch der Pfarrer übrigens nicht.

Italiener in Kötzting

bedingt durch den sogenannten "Schwedeneinfall" 1633 beginnen viele Kötztinger Archivalien erst nach dieser Zäsur. Aber auch in den wenigen Akten, die wir aus anderen Archiven aus der Zeit vor diesem verheerenden Stadtbrandt haben, tauchen bereits Hinweise auf italienische Mitbürger auf,  also nicht Mitbewohner sondern volle Bürger mit Hausbesitz und Bürgerrecht. So kennen wir aus dem Ende des 16. Jahrhundert einen Maurermeister, der in den Rechnungsbänden des Pfleggerichtes wahlweise als "welscher Mauerer" bzw. "Maister Christian" benannt wird.
Ende des 17. Jahrhunderts erhält ein italienischer Kramhändler mit Namen Türanck das Kötztinger Bürgerrecht, ein Zweig dieser Familie ist auch in Neukirchen beim hl. Blut ansässig. Eine langjährige Tradition italienischer Kaufleute finden wir auf dem heutigen Anwesen Voithenleithner.  Ganzini und Fabrici sind die überlieferten Namen dieser italienischen Familien.
Eine Erinnerung an Johann Baptist Fabrici  ist die Marienstatue, die heutzutage vor der St. Anna Kapelle in der Kirchenburg steht.


Kammerer
Was in anderen Märkten und Städten der Bürgermeister war, wurde in Kötzting "Kammerer"
genannt. Die vier inneren Räte vergaben untereindnder wechselnd  im Halbjahresturnus das Amt des "amtierenden Kammerers" und das des "Vicekammerers". Anders als heutzutage war ein Kammerer bzw. Bürgermeister allerdings nicht nur Chef einer Verwaltung sondern auch, um mit heutigen Worten zu sprechen, Polizeichef, Bauleiter, Richter und Steuereinnehmer.

 





Leikauf
Sogenanntes Drangeld, Aufgeld auf den eigentlichen Kaufpreis eines Objektes, oder beim Viehkauf. Erst die Bezahlung des Drangeldes machte einen Verkauf rechtsgültig. Sehr häufig wurde der Leikauf dann anschließend bei einer Einkehr verzehrt, wobei der Käufer die Zeche zu bezahlen hatte.


 







Marktlehner siehe Freiheitsbrief
 Im Freiheitsbrief wird die Aufteilung des Marktes bei seiner Entstehung dokumentiert.  Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teilen.  Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen, und nur  diese, die Erlaubnis im Kommunbrauhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Über 700 Jahre lang stand der Begriff Marktlehner für eine privilegierte Bürgerschicht in Kötzting. Ursprünglich hatten wohl auch nur die Marktlehner das Recht der freien Handwerksausübung. Um hier keinen Wildwuchs aufkommen zu lassen und um ein einträgliches Miteinander im Markt zu ermöglichen, ist es wohl dann im Verlauf der Jahrhunderte zu Einschränkungen der Handwerksausübung gekommen, so dass eine genau festgelegt Anzahl z. B. der Bäcker und Metzger niemanden zu sehr belastete.
Die Marktlehner (und Söldner) konnten Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten, auch bereits verbrieften, Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen. Sie hatten ein Einstands- bzw. Vorkaufsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz im Magistrat und in den Ausschüssen beeinflusste, waren  die Marktlehner dort  sehr stark überrepräsentiert.




reverendo, manchmal auch s.v.
mit Verlaub, dieser Ausdruck wird in Schriftsätzen benutzt wenn von unanständigen oder stinkenden Dingen die Rede ist, also wenn es um Tiere, Schmutz, Kot, Unterwäsche oder um Nacktheit geht


 







Söldner, allgemein siehe Marktlehner und ganzer Bauer
Die Söldner im Markt Kötzting dagegen hatten das Braurecht der Marktlehner nur eingeschränkt, das heißt, Söldner durften nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr), das Schankrecht besaßen die Söldner überhaupt nicht.
Die Hofgröße war in der Regel auch kleiner als bei den Marktlehnern
Für Söldner auf den Dörfern siehe: ganzer Bauer


Stadtbrand von 1867

in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni ca gegen 23.oo Uhr brach in einem Hintergebäude des brauenden Bürgers Amberger (heutzutage die Gastwirtschaft Dreger) Feuer aus. In kürzester Zeit fraß sich das Feuer über zahlreiche Feuerbrücken bis hinauf zum Torplatz und bis hinunter zu dem Bereich der heutigen unteren Marktstraße, dort wo jetzt die Firma Oexler ist. Allerdings hat es damals diese Straße nicht gegeben. In diesem Ortsteil stand unter anderem die Wuhn und das Bürgerspital, beide wurden ein Opfer der Flammen. Als Lehre aus dem erneuten verheerenden Brand wurden beim Wiederaufbau Brandschneisen gelassen, d.h. mehrere Anwesen wurden nicht wieder aufgebaut und der Straßenverlauf wurde an manchen Stellen geändert.


[1] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29

Mittwoch, 20. Februar 2019

Das Widtum

das Widtum wird
                            das Gefängnis, wird
                                                             das Gesundheitsamt, wird 
                                                                                                       Teil des Finanzamtes



Das Widtum
ohne alte Hausnummer, hatte keine, weil der Bewohner kein Kötztinger Bürger war....


Wikipedia , die Online Datenbank, beschreibt ein Widtum als:

"Wittum (lateinisch vidualitium), Widum oder Witthum ist ein Begriff aus der mittelalterlichen Rechtssprache. Das Wort „widum“ und „wittum“ leitet sich von derselben Wurzel her wie „widmen“; Widum und Wittum bezeichnet also ein „gewidmetes Gut“, in Tirol und Südtirol heute noch gebraucht als Bezeichnung für einen Pfarrhof. "
und:
"In Schwaben, Bayern und Tirol ist Widum oder Widdum auch die Bezeichnung für das unbewegliche Vermögen der Pfarrpfründe und insbesondere für das Pfarrhaus. Widumhof genannte landwirtschaftliche Betriebe dienten bis in die Neuzeit der Versorgung von Geistlichen. "


Auch der Kötztinger Pfarrer besaß solch einen Widtumshof, der von einem Widtumsbauern betrieben wurde. Dieser kleine Bauernhof lag an derselben Stelle, an dem nun der mächtige Bau des Kötztinger Gesundheitsamtes, vor wenigen Jahren nun umgewidmet zu einer Außenstelle des Chamer Finanzamtes, steht.
Der Widtumsbauer war ausdrücklich KEIN Bürger des Marktes Kötzting, sondern in der sozialen Rangstellung im Markt auf der Höhe ganz normaler Bediensteter anzusehen.
Da der Widtumbauer und das Widtum zum Pfarrhaus, also zum Haushalt des Pfarrers bzw. des Priorats gehörte,  erklärt dies auch, warum über das Widtum nichts in den Kirchenrechnungen zu finden ist. Auch sonst sind die Hinweise auf dieses Anwesen und seine Bewohner sehr spärlich gesät.
Aus dem Jahre 1605 kennen wir einen kleinen Hinweis (HaStA München KL Rott am Inn 59 Num 847) dort steht beim Verkauf einer Wiese an den Kötztinger Bürger Jakob Zadler die Beschreibung:
 ..."neben den Widengrundt bei Geestorf lieget, darauß ein Weuer gemacht"

Zu dem wenigen, was wir wissen gehört auch der Name einer Familie, die für viele Jahre das Pfarrwidtum gepachtet hatte:
Im Jahre 1740 kommt es zu einem Heiratsvertrag zwischen dem Kötztinger Bürger und Küfner Martin Dirnberger und seiner Ehefrau - die Hochzeit hatte bereits 6 Jahre zuvor stattgefunden - und seiner Frau Elisabeth, einer Tochter des Widtumsbauern Georg Greil und dessen Frau Margaretha.
Staatsarchiv Landshut Briefprotokolle Kötzting 14 vom 8.11.1740 ......der sich albereits vor 6 Jahren zu seiner nunmahligen Ehewirthin Maria Elisabetha, Georgen Greull, Widtenpauern uf dem sogenannten alhiesigen Pfarrhofs Widtenguet und Margaretha dessen Eheweib, beede seelig, nachgebliebener Tochter.........
Dieser Georg Greil/Gräll taucht bereits zu Ende des 17. Jahrhundert in Kötzting als Widtumsbauer auf und hat im Jahre 1697 seine erste Geburt beurkundet.
Geburt eines Sohnes Sebastian: Georg Gräll ab der Pfarrwiden

Geburt der Tochter Maria Elisabeth: Georg Gräll von der
Pfarrwidten




Heiratseintrag seines Sohnes Mathias: ....Georg Gräll villicus praedi
Parochialis: Pächter auf dem "Landgut" der Pfarrei

 

am 10.2.1721 stirb Georg Greil und es scheint, dass nach ihm auch niemand mehr als Pächter das ganze Widtumgut bewirtschaftet hat. Nach der Säkularisation fällt der komplette Grundbesitz des Klosters Rott und, da das Kötztinger Priorat auch den Pfarrer stellte, damit auch der Grundbesitz des Pfarrhofes zuerst mal an den Staat. Die "Grundstücksverwertungsverwaltung" - deren erklärtes Ziel es war solche Grundstücke meistbietend versteigern zu lassen - unterstand der Königlichen Spezial Kloster Kommission.
Schon 1810 beschrieb das Kötztinger Rentamt das "Widtumshäusl" "dieses gezimmerte und nur mit wenig Bruchsteinen untermauerte Häusl steht schon lange vom wiederlichen Gesindel von Thüren, Fensterstöcken und Böden entblößt und ist dem Einsturz nahe.  Nichts ist daran als blos das alte Holz und wie dieses zusammenstürzt, so ist es auch schon richtig, daß über Nacht , wo nicht alles so doch das meiste gestohlen ist." (KL Fasc 633)
 
Das Widtum Kötztings, das nur noch aus einem Häuschen bestand, sollte aber offensichtlich zuerst verpachtet werden: Im Hauptstaatsarchiv München findet sich unter KL Fascikel 633/27 folgendes Schriftstück:


KL Fascikel 633/27 



Kötzting den 11. Febr. 1811

Königliche Special Kloster Commission

Pfarr Kötzting Widtum
Häuschen betreffend

auf den allher erfolgt allergnädigsten Befehl vom 8. Januar et praes 8ten dieß hat man zue Verpachtung dieses Häuschen den gestrigen Tage und die Stunde hierzu von 2-3 Uhr nach vorausgegangener Bekanntmachung angesetzt, allein niemand erschien, und die Ursache ist diese:
Das Häuschen ist nahe dem Einsturze, ohne Türen, Fensterstöcke und ohne Ofen, kurz ein leeres, ein ausgeplündertes und halb wankendes gezimmertes Gebäude, wie man dieß schon mehrmals berichtlich angemerkt hat. Wer wird also so eine Hütte auf unbestimmte Zeit stiften und Geld hierauf verschütten. Nur gering gerechnet dürfte jeder blos für Herstellung einer schmalen Wohnung 60 fl aufopfern und dann ist erst....


 ....noch der Kosten um von dem Einsturze dieses Häuschen gesichert zu sein. Kein Pächter wird sich also bei dieser Beschaffenheit hervorthun und all weitere Verpachtungsversuche auf unbestimmte Zeit sind vergebens.

Um aber doch noch einen Erlös von diesem Gebäude zu erhalten weil der Platz wegen Erbauung einer Fronfeste einstweilen noch reserviert bleiben muss, so wäre man, wie schon öfters der amtliche Antrag war, der pflichtgemäßen Meinung dieses Häuschen auf Abbruch zu versteigern, und hierzu ist schon unterm 29. 9ber (November) berichtlich angezeugten Schätzungs Werthe per 10 fl zubenützen., man gibt aber hierzu keine Maaß, überläßt das Ganze der tieferen allergnädigsten....


.....Einsicht und empfiehlt sich alleruntertänigst treugehorsamst
der königlichen Special Kloster Commission
alleruntertänigstes treugehorsamstes Rentamt Koetzting
Schredl Rentschreiber

Im Jahre 1810 ist offensichtlich bereits die Entscheidung gefallen, das verfaulte Amtshaus am Ende der Schirngasse - das Landgerichtsgefängnis also - durch einen Neubau auf dem Grundstück des Widtumsbauernhofes zu errichten. Bis es so weit war, hätte München wohl gerne Geld aus der Verpachtung des Hauses erzielt......aber..... siehe oben.







Das neue Amtsgefängnis


Im Jahre 1817 war es dann soweit, das Widtumshäuschen war verschwunden und bis zum Jahre 1820 dauerte es bis dann das "neue" Amtsgefängnis fertiggestellt worden war. Dieses erwies sich sehr schnell als zu klein und so schritt man bereits im Jahre 1837 zu einem Anbau und zu einer Erhöhung um ein weiteres Stockwerk.
In den Akten der Regierung von Niederbayern findet sich nur wenig zum Kötztinger Gefängnis, aber es gibt einen Mischakt über viele Jahre (1850-1906) hinweg.
StA Landshut: Regierung von Niederbayern KdI Nr. 8310
Als erstes wird das Entweichen zweier Gefangenen moniert und die Bauinspektion Deggendorf muss sich unter dem Betreff: das Entweichen der gefangenen Georg Seiderer und Andreas Fischer aus der Frohnfest zu Kötzting mit einem Kostenvoranschlag äußern:
"Die Haustüre in der Frohnfeste zu Kötzting ist an sich noch in ganz gutem Zustand. Die Versperrungsweise derselben ist jedoch nicht von solcher Konstruktion, wie dieses für eine Frohnfeste erforderlich. Sie kann von Innen ohne Schlüssel mit einiger Kraftanstrengung geöffnet werden." Mein Vater hätte dazu gesagt: " a Reiberl für a Hehnanest"



"Die Entweichung der rubrizierten Arrestanten soll übrigens auf folgende Art stattgefunden haben. An der Hausthüre befindet sich ein sogenannter Zug, mittels welchen das Gerichtsdieners=Personnal vom Zimmer aus die Hausthüre öffnen kann, dann eine Hausglocke im Flötz nächst der Thüre, aussen zum Anschellen. Die Arrestanten Seiderer und Fischer an der Hausthüre im Flötz angekommen setzten die Glocke, die leicht zu erreichen ist, in Bewegung, und das Gerichtsdienerspersonnal im Zimmer, in der Meinung es wolle jemand in die Fronfeste, zog auf, die Gefangenen entwichen."
Die Tür wurde gemäß des Kostenvoranschlages um 16 Gulden umgebaut und die Glocke entfernt, weil diese ja nur der Bequemlichkeit des Personals diente.

Der nächste Teil in dem Akt ist ein amtliches Gutachten des Kötztinger Gerichtsarztes Dr. Müller, (der Mann mit dem Kampfnamen: Saumüller), berühmt und berüchtigt für seine mitunter sehr derben Spottgedichte.
Hintergrund ist der Vorwurf des Hausarztes Dr. Schmid von der Strafanstalt in Kaisheim: "daß die aus hiesiger (=Kötztinger) Frohnfeste abgelieferten Büßer in der Regel schon mit Krankheiten behaftet in die Anstalt kommen."  Dies findet der Kötztinger Amtsarzt "wirklich zu gewagt und sieht sich daher bemüssiget die Verhältnisse der hiesigen Fronfeste etwas näher einer hohen Regierung auseinanderzusetzen.
1. die Lage: diese läßt nichts zu wünschen übrig. Ganz frey von allen Nebengebäuden, liegt die Frohnfeste mitten unter grünenden Wiesen und Gärten, und die Luft kann daher nur rein sein, um so mehr, als keine Sümpfe, Pfützen, Weyher pp vorhanden sind, welche die Luft verunreinigen könnten.

2. Das Wasser, wenn auch gerade nicht das Frischeste, so ist es doch klar und hell ohne Zoophitische oder cryptogenische Beymischungen, und da der Brunnen im Hofe der Fronfeste jährlich 2mal geräumt wird, so vermag der gehorsamiste Unterzeichnente auch hierin kein, auf die Inhaftierten schädlich wirkendes, Agens zu erbliken.
3. das Gebäude: dieses läßt freylich viel zu wünschen übrig, es ist leicht von einfacher Reihe übereinander gelegten Ziegeln aufgeführt und wegen der freyen Lage des Gebäudes den starken Frösten ganz frey gegeben, daher auch in kalten Wintern ohne 2maliges Heitzen die Inhaftierten viel über Kälte klagen und besonders rheumatische und artritische Kranke ihren Zustand viel verschlimmern. Anscheinend hatte die Regierung das "doppelte Heizen auch bei der strengsten Kälte" unter allen Umständen verboten. In einem Randvermerk wird nun angeordnet, dass der Amtsarzt in eigener Verantwortung das 2 malige Heizen anordnen darf.
4. Beköstigung: Brod und Fleisch läßt keine Beschwerde zu, wie sich der kgl. Gerichtsarzt fast täglich zu überzeugen Gelegenheit hat. Das schönste saftigste Kornbrot und das Fleisch nur aus den öffentlichen Bänken genießt der Inhaftierte in solcher Qualität, wie jeder hiesige Einwohner auch.
Ebenso sind Strohsäcke und Wäsche reinlich gehalten, erstere monatlich gefüllt und gewaschen, die wollenen Decken werden jährlich gereinigt. Es wäre demnach keine Ursache aufzufinden, welche ein Erkranken oder ein allmähliches Siechtum erklären könnte mit einziger Ausnahme der Kälte.
Er berichtet aus den letzten 22 Jahren habe es nur einen einzigen Todesfall, einen 75 jährigen Greis gegeben, der an Altersschwäche gestorben war. Im Jahre 1852/53 war laut Tagebuch des Gefängnisses die Zahl der Kranken auf 13 gestiegen, "während doch die Überfüllung in der Heiglschen Untersuchung eine außerordentliche gewesen und im Jahre 1853/54, bey 70 Criminalarrestanten, nur auf 12 herausstellte, welche alle vollkommen genasen. Ein Typhus aber seit den 22 jährigen Wirken des gehorsamist Unterzeichneten als Gerichtsarzt in hieiger Frohnfeste nicht vorgekommen."
Allein ein Umstand scheint dem Hausarzt Dr. Schmid unbekannt zu sein: dass jeder Inculpat vor der Verhandlung beim K. Kreis- und Stadtgericht sowohl als beym Schwurgerichtshof 3-4 auch 6 Wochen oft theils länger in der Frohn Veste nach Straubing abgeliefert wird, daß aber dort eine Überfüllung der Art ist, dass die Gesundheit der Gefangenen gefährdet werden muß.
Weiter führt er - nicht unlogisch -  aus müssten die Erfahrungen in Ebrach und München, wohin die Kötztinger viel größere "Contingente liefern" würden als nach Kraisheim und Amberg, ja wohl genauso sein, aber im Gegenteil, aus diesen Strafanstalten kamen bisher keine Klagen über kranke Kötztinger Schubhäftlinge.

Der Räuber Heigl

Die Flucht Heigls ließen dann die Unterdrückungsmaßnahmen anlaufen:
Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III:
"Michael Heigl, lediger Inwohnerssohn von Beckendorf k. Landgerichts Kötzting welcher sich bei Gelegenheit der Eröffnung an denselben bezüglich seiner Ablieferung in das Zwangsarbeitshaus im Frühjahr 1943 sich aus dem Verhör-Zimmer der hiesigen Frohnfeste geflüchtet hat, und seit dieser seiner Entweichung nicht mehr in Verhaft gebracht werden konnte, hat sich seitdem laut vorliegender chronologischen Zusammenstellung das k. Landgerichts Kötzting vom 3. d. Monats wegen mehr als 40 Reaten(?) theils Polizei-Übertretungen, größten Teils aber Vergehen und Verbrechen, und darunter namentlich mehrere Widersetzungen und Raubübefälle verdächtig gemacht, betreffs derer die erlangten Überweisungsgründe vielfach so gestaltet......"















































Dr. Müller schrieb in seinem Gutachten - siehe oben - von einer "Überfüllung in der Heiglschen Untersuchung" nun, diese Überfüllung war eine Folge der fast hilflosen Zwangshandlungen von Seiten des Bezirksamtes, das es einfach nicht fassen konnte, dass die Gendarmen des Michael Heigl einfach nicht habhaft werden konnten. Als Folge dieser Blamage, welche die Beamten zum, auch überregionalen, Gespött (die Kötztinger Gendarmen wurden auf dem Straubinger Viehmarkt öffentlich wegen Unfähigkeit angepöbelt) machte, versuchte Carl von Paur einfach sämtliche bekannt gewordenen (oder vermuteten) Kontaktpersonen Heigls zu verhaften. 1843 jedenfalls, ganz am Anfang, konnte Heigl während einer Verhörpause - damals ging es nur um kleinkriminelle Verbrechen, die aber trotzdem eine Einweisung in ein Arbeitshaus, vermutlich Ebrach, zur Folge haben würden - einfach die Fliege machen. Die Geschichte seines zurückgelassenen Hutes brachte den Gerichtsassessor entsprechenden Spott ein und ist heutzutage noch eine, gerne erzählte, kleine Anekdote. Als Folge, wie oben gesagt, setzte nun eine Verhaftungswelle ein. Hier ein paar Auszüge aus den "Heiglakten" im Staatsarchiv Landshut, die diesen Moment dokumentieren:
Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III: die Verhaftungswelle läuft an: 17. November 1845 durch Gendarmerieanzeige wurde Josef Dobmaier, ledig v. Watzlhof der Verbindung mit Heigl verdächtigt und wegen Müßiggangs angezeigt. War mit Heigl gemeinschaftlich im Wirtshaus zu Thenning nebst ihm auch Josef Schuderer von Thenning, Gemeinde Gotzendorf.

Staatsarchiv Landshut Rep 168-1 Nr. 63944 III: zweiter Teil: wurde Josef Dobmaier /:Gemeinde Grafenwiesen:/ durch die Gendarmerie am 17.11.1845 eingeliefert, deß gleichen Josef Schuderer, Hütterssohn von Thenning. Durch Polizeibeschluss vom  19. Dezember 1845 wurde ersterer unter Anrechnung derr 18 tägigen Detention als Strafe mit 15 Ruthenstreichen gezüchtiget. Schuderer, der zur Ablieferung ins Arbeitshaus verurteilt und wegen Vagierens in eine Strafe von 15 Ruthenstreichen verurteilt. Im Berufungswege wurde diese Strafe erlassen. Dauer der Detention  des Schuderer im Arbeitshaus auf 4 Monate festgesetzt wohin er sofort abgeliefert wurde.
 In diesem "Krisenmodus" ging es nun die nächsten 10 Jahre munter weiter, bis dann endlich per Telegramm nach Landshut und folgend nach München der große Fang gemeldet werden konnte:

bayr. Hauptstaatsarchiv München Gendarmeriekommando: Polizeiberichte Räuber Heigl 1852 1853
Teleg(ramm) Dep(esche)  Landshut den 19.6. 7 Uhr 30 vormittags München 19.6. 7.30 vormittags:
Hauptmann Frays beehrt sich mitzuteilen daß Heigel in Ktz arret(iert) wurde.
Nach 10 langen Jahren der Suche und des öffentlichen Gespötts, hohen Kosten für den Staat und den Zwangsmaßnahmen für die in Verdacht geratenen Gemeinden, konnte Heigl endlich verhaftet werden musste aber, da Straubing hoffnungslos überfüllt war, zunächst noch einige Wochen in Kötzting verbleiben, was sicherlich für einige schlaflose Nächte beim Landrichter Carl von Paur gesorgt hatte 


Nun aber weiter mit der Geschichte des Gebäudes:
Im nächsten Schreiben aus dem Jahre 1855 moniert Landshut den Mangel an Trinkwasser im Gefängnis: es besteht der Mißstand, dass der Brunnen ein gutes Trinkwasser nicht liefert was vermutlich seinen Grund darin haben wird, daß die nach der Straßenrinne sich ziehende Jauche wegen der schlechten Beschaffenheit des Pflasters oder wegen des geringen Gefälles in der Nähe des Brunnens stehen bleibt, durch den Boden sickert und in denselben abläuft.
Es  wird beauftragt binnen 6 Wochen diese Einflüsse zu versuchen einzudämmen.
Die Bauinspektion in Deggendorf beschreibt die Lage des Brunnens dann so: zwischen der zur Frohnfeste gehörigen Abtrittgrube, dann der Dunglage und einer außerhalb vorbeiziehenden Jaucheleitung. Die Abtrittgrube ist 33 Fuß, die Dunglage 48 Fuß und das hölzerne Gerinne der Jauchenleitung blos 4 1/2 Fuß vom Brunnen entfernt. ..... das Brunnenwasser ist das ganze Jahr hindurch klar und ohne allen Beigeschmack, nur zur Zeit des Auftauens bekommt es seinen Jauchegeschmack. Als Abhilfe wird, bis zur Reparierung der hölzernen Jaucherinnen, empfohlen auf öffentlich erhältliches Quellwasser umzustellen.
Weiter gehts mit Umbaumaßnahmen und daher wird in einem Vorbericht der Zustand des Gebäudes und seine Nutzung genau erläutert:
...die gegenwärtige Fronfeste in Kötzting hat 9 Arreste und soll für die Zukunft 17 Kriminalarreste, 4 Polizeiarreste zugleich Vagantenstuben und einen Krankenarrest erhalten. Da gegen Südost das Terrain stark abfällt, gegen Nordost die Distriktstraße nach Straubing und Cham hindernd in den Weg tritt, so kann das Gebäude in letzterer Richtung bloß um 15 Fuß verlängert werden. Das Hauptmauerwerk besteht zum größten Theile aus Bruchsteinen, ist jedoch von genügender Stärke um ein weiteres Stockwerk zu tragen, es wird daher beantragt das Gebäude um 15 Schuh zu verlängern und ein 3tes Stockwerk aufzusetzen....... die Baukosten belaufen sich auf 10400 Gulden. Nimmt man eine Nährungsrechnung über den damaligen Bierpreis zur Hand, dann beliefen sich die Baukosten in heutiger Währung um die 1 Mio Euro.



Die Umbaumaßnahmen gehen weiter: 1880 ist das "Hauptgefängnis" in Straubing überfüllt und die Regierung von Niederbayern empfiehlt eine Vergrößerung des Kötztinger Gefängnisses und eine Umwandlung in ein Aushilfgefängnis, um die Straubinger zu entlasten.
Vor Allem die Sträflinge aus den AG Bezirken Kötzting, Neukirchen und Mitterfels sollten - solange Straubing überfüllt war - zukünftig im Kötztinger Gefängnis einsitzen.
Im Moment (1880) waren es einschließlich der "Amts- und Polizeigerichtssträflinge" 20 Personen, nach der Erweiterung musste mit bis zu 30 Einsitzenden gerechnet werden.
Das erste Problem war die Erweiterung der Küchenherde, bei der vor allem die so genannte "Sommerküche" wegen des kalten Pflasterbodens im Winter nicht genutzt werden konnte, als Lösung wurde die Erweiterung des Küchenherdes in der Gefangenenwärterwohnung ins Auge gefasst.

 Kötzting wird an das Telegraphennetz angeschlossen
ebenfalls 1880 findet sich eine Aktennotitz im Gefängnisakt vom bayerischen Staatsministerium der Justiz und erteilt die Erlaubnis, bei der Verlegung einer Telegraphenleitungsstrecke in den Markt Kötzting herein, solchen Draht auch an das Amtsgerichtsgebäude befestigen zu lassen.
Die Leitung soll "von der hinteren Seite des Posthauses an das Amtsgerichtsgebäude dahier" verlegt werden.

Hauptstaatsarchiv München Gend-KK 316 : Hauptmann Freys
beehrt sich mitzuteilen, daß Heigl in Ktz. arretiert wurde.







Die K.B. (sprich königlich bayerische) Telegraphenstation Kötzting, als beantragende Stelle, läßt sich bestätigen, daß durch die projektierte Drahtleitung eine allenfallsige Fluchterleichtermöglichung  für die Gefangenen nicht eintritt, weshalb dieses Gesuch dießseits (Justizbehörde) begutachtet wird.
Gut 20 Jahre vorher, bei der Gefangennahme Michael Heigls konnte München erst von Landshut aus telegraphisch benachrichtigt werden.
Das Telegramm in Landshut am 19. Juni 1853 abends um 20.00 Uhr abgeschickt, berichtet von der erfolgreichen Jagd auf den Räuber, welche in Kötzting bereits am 17.Juni frühmorgens  abgeschlossen war.  2 1/2 Tage dauerte es, bis die gute Nachricht in München angekommen war. Diese geruhsame Zeit fand nun ein Ende, Kötzting war in der schnelllebigen Moderne angekommen.
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 Nach einer Inspektion wird nun das Gebäude 1882 endgültig umgebaut und dazu ein Plan erstellt und ein Kostenvoranschlag errichtet.

 1885 wurde auf Anregung des Oberamtsrichters sogar eine "Badewanne" für die Benutzung durch die Gefangenen angeschafft. Weil das Erdgeschoss aber sowieso eher zu feucht war und man durch einen Einbau eines "Badelokals" eine weitere Durchfeuchtung der Wände befürchtete, einigte man sich darauf diese Wanne in einem Nebengebäude, nämlich in die Waschküche, aufzustellen und den dortigen, seit Jahren nicht mehr benutzten, Backofen dafür abzubrechen.
Am 21.12.1885 verstarb der damalige Gefängniswärter Konrad Bernhard (im Sterbematrikel als Amtsgerichtsdiener betitelt) im Alter von 58 Jahren an Febris Gestrica (Internet übersetzt dies mit einer leichten Form des Typhus) und damit musste die Stelle neu besetzt werden. Bei Bernhards Übernahme  kurz vor dem Jahre 1882 konnte er die Umbaumaßnahme (siehe Plan) erreichen. Nun musste sein Nachfolger Georg Schabdach bei Dienstantritt in Anwesenheit der Witwe Anna Bernhard das Gefängnis mit einem amtlichen Protokoll übernehmen.
Die Witwe verpflichtete sich die Ausbesserungsarbeiten in den Privaträumen binnen eines Monats durchführen zu lassen. Danach wurden das Haupt und das Nebengebäude gemustert. Das Ergebnis spricht Bände (selbst in unserer Zeit kann ich mich daran erinnern, dass immer wieder versucht worden war, die mauern trocken zu legen)
Wegen Dringlichkeit musste im drauffolgenden Sommer ausgeführt werden:
1. Entfeuchtung des Schlafzimmers, in welchem der Hausschwamm den Fußboden und die Thürfutter und Verkleidungen zerstört hat. 
2. Desgleichen Erneuerung des Thürfutters zur gepflasterten Küche.
3. Reparatur der Treppe
4. Reparatur mehrerer geschwundener und zerklüfteter Arrestthüren
5. Gleichzeitig mit den Entfeuchtungsarbeiten wird der Kanal längs der Sockelmauer des Wohn- und Schlafzimmer in Stand gesetzt.
6. Im Nebengebäude bedarf der Sockel der Holzremise und die Bodentreppe mit Verschalung der Reparatur.

7. Endlich bedarf der Brunnen gründliche Ausreinigung und Reparatur der gesprungene Grand der Erneuerung.
Nimmt man den Bauzustand inkl. Brunnen und Kanal als Grundlage und blickt dann auf die Todesursache des vorherigen Gerichtswärters (leichte Form des Typhus) so könnte man eine gewisse Kausalität durchaus vermuten. Heutzutage ein Arbeitsgerichtsprozess, den man leicht gewinnen könnte....
Leider wurde der projektierte AbwasserKANAL wieder nicht ausgeführt sondern nur eine oberflächliche Rinne angelegt, die auch noch das Oberflächenwasser der Dachrinne mehr schlecht als recht abführen musste und von da ab dann in den Straßengraben >>>>>wieder wurde die Wand nass und nässer.
In einer neuen Bauuntersuchung wird bemängelt, dass die Eichendielen in den Türen so lückig sind, dass die Zellen nicht mehr gut (was heißt hier schon gut) geheizt werden können UND die Zelleninsassen mit Personen , die sich im "Schließgang" befinden sich unterhalten könnten.
1894 wird in einem Schreiben der königlichen Oberstaatsanwaltschaft bemängelt, dass im Hof, "welcher als Aufenthaltsort für die holzzerkleinernden Gefangenen" genutzt wird, das Tor schadhaft ist.
1904 muss der Gefängniswärter seine eigenen Fenster durch Bleche schließen, weil die Gläser alle aus dem verfaulten Holzrahmen herausgefallen waren. Die sofort georderten Fenster sollen nun endlich auch mit Winterfenstern ergänzt werden können, was bedeutet, dass das Haus bis dahin nur eine schlichte und schlechte Einfachverglasung hatte.

1909 bekommen die Gefangenen, zumindest sieht es der Bauantrag so vor, eine illustre Nachbarschaft. Der daneben liegende Brauer Karl Schmid - Schmidbräu - hat einen Plan eingereicht, um auf seiner Südwestseite ein Salettl bauen zu lassen. Eine lustige Vorstellung, dass vor den vergitterten Fenstern, nur durch eine 10 m breite Straße getrennt, in den Sommermonaten das fast sprichwörtlich bayerische Landleben mit Bier und Musik sich abspielte und die Gefangenen zuhören konnten, vielleicht reichte man ihnen sogar das eine oder andere Glas durchs Fenster hinein.......


die neue Sommerhalle des Schmidtbräus Staatsarchiv Landshut Baupläne Landkreis Kötzting Nr. 3456 von 1909



Das dies grundsätzlich möglich war, kenne ich aus den Berichten aus der Familie. Als im Sommer 1933 die Nazis meinen Großvater, als Marktrat der BVP, von der SA verhaften ließen, steckten sie ihn in eine der Zellen, von wo aus er seiner Tochter, der späteren Frau Schödlbauer, Anweisungen geben konnte, sie Alle mit Bier und Spielkarten zu versehen. Seine Mitgefangenen in der Zelle und Mitmarkträte, waren gleichzeitig auch seine persönliche Freunde: Januel, Oexler, und Schödlbauer.  Diese Geschichte habe ich im Detail aber bereits einmal geschildert, wenn auch in einem anderen Zusammenhang: Überraschungsfund im Bauschutt des alten Amtsgerichtsgefängnisses.





Das Gesundheitsamt: (und die Stadtwaage)

Die Tage des Kötztinger Gefängnisses sind gezählt, eigentlich schlummerte es bereits seit dem Ende des Dritten Reiches in einem Dornröschenschlaf. Nun wurde das Gebäude wird er geweckt, restauriert und bekam eine neue Funktion, das Kötztinger Gesundheitsamt. Die Bilder der historischen Zeitungen sind nicht besser, aber auch diese sind ein Dokument aus der Vergangenheit.



KU von 1961
Beide Zeitungen berichten von den Arbeiten und wenige Wochen danach, erhält Kötzting ein schmuckes neues Amtsgebäude und auf der Kreuzungsseite seinen ersten "Stadtpark". Generationen von jugendlichen Rauchern sind auf der Mauer gesessen - sehen und gesehen werden war damals wie heute die Devise der jungen Leute; die älteren Kötztinger Bürger standen dafür  am "Stachus" versammelt - und haben den laufenden Verkehr und die Autos bewundert.







später kam dann auch noch die Stadtwaage zum Ensemble hinzu
Bild Archiv Arbeitskreis Heimatforschung
Bild Archiv Arbeitskreis Heimatforschung
im Dachstuhl des Gesundheitsamtes
Bei der ersten Renovierung des Dachstuhls wurde dieses Bild geschossen, als das Gebäude dann vor wenigen Jahren generalsaniert wurde, kamen im Fehlboden, der hier noch weitgehend unzerstört zu sehen ist, die Akten zum Vorschein, die bereits Grundlage eines eigenen Blogeintrags geworden sind.

Bild Archiv Heimatforschung: Dr. Höring bei der Schluckimpfung
in den 60er Jahren



















Bild Archiv Heimatforschung: klassenweises Antreten zur Schluckimpfung im Gesundheitsamt
Bild Archiv Heimatforschung:
Frau Müller vom Gesundheitsamt
Auch diese Phase ging vorüber, die Zentralisierung schritt vor Allem nach der Auflösung des Landkreises Kötzting fort. Das Hauptamt des Gesundheitsamtes war fortan in Cham, Kötzting verblieb als Außenstelle und als das Finanzamt ( auch dies natürlich aus Außenstelle des Chamer Finanzamtes) dringenden Platzbedarf anmeldete, wich das Gesundheitsamt und das Finanzamt bezog das neben ihrem Hauptgebäude liegende ehemalige Gefängnis.
Wieder einmal gab es im Sommer 2017 umfangreiche Verkehrsbehinderungen, weil die Gebäudesanierung, 2013 im Dachgeschoss begonnen, zum wiederholten Male eine Fundamenttrockenlegung benötigte. Nun befindet sich das Gebäude in seiner vierten Nutzungsphase, es ist Teil des Finanzamtes, mal schauen , was in den zukünftigen Jahrzehnten noch draus werden wird.